STAATLICHE DATENSAMMLUNG Sind Bürger gefährdet · 2014. 9. 19. · sie und die ihnen nahe...

20
BILDUNG GESUNDHEIT POLIZEI JUSTIZ STAATLICHE DATENSAMMLUNG Sind Bürger gefährdet ?

Transcript of STAATLICHE DATENSAMMLUNG Sind Bürger gefährdet · 2014. 9. 19. · sie und die ihnen nahe...

Page 1: STAATLICHE DATENSAMMLUNG Sind Bürger gefährdet · 2014. 9. 19. · sie und die ihnen nahe stehenden Personen gespeichert haben. ... tient*innen, aber auch Informationen über den

BILDUNG

GESUNDHEIT

POLIZEI

JUSTIZ

STAATLICHE

DATENSAMMLUNG

Sind Bürger gefährdet ?

Page 2: STAATLICHE DATENSAMMLUNG Sind Bürger gefährdet · 2014. 9. 19. · sie und die ihnen nahe stehenden Personen gespeichert haben. ... tient*innen, aber auch Informationen über den
Page 3: STAATLICHE DATENSAMMLUNG Sind Bürger gefährdet · 2014. 9. 19. · sie und die ihnen nahe stehenden Personen gespeichert haben. ... tient*innen, aber auch Informationen über den

Bürger*innen wissen oft nicht, welche Daten Behörden über sie und die ihnen nahe stehenden Personen gespeichert haben. Diese Speicherung kann, auch wenn es gesetzliche Regeln dafür gibt, Grundrechte beeinträchtigen.

Wir glauben, dass die Bürger*innen ihre eigenen Rechte kennen sollten und nicht Politiker*innen und Behörden allein darüber entscheiden lassen sollten, wie die eigenen Daten genutzt werden.

Wir glauben, dass die Bürger*innen nicht nur auf die eigenen Daten, sondern auch auf die von Verwandten und Mitbürger*innen achten sollten.

Dieser Pass informiert Sie über Ihre Rechte und wie Sie auf Ihre Daten achten können. Wenn Sie Ihre Rechte kennen, können Sie sich weiter informieren und die nötigen Schritte zum Schutz Ihrer Privatsphäre unternehmen.

Weitere Informationen erhalten Sie bei den auf der Rückseite genannten Organisationen.

STAATLICHE

DATENSAMMLUNG

Sind Bürger gefährdet ?

1

Page 4: STAATLICHE DATENSAMMLUNG Sind Bürger gefährdet · 2014. 9. 19. · sie und die ihnen nahe stehenden Personen gespeichert haben. ... tient*innen, aber auch Informationen über den

Ziele und Gefahren der Dateien

2

Page 5: STAATLICHE DATENSAMMLUNG Sind Bürger gefährdet · 2014. 9. 19. · sie und die ihnen nahe stehenden Personen gespeichert haben. ... tient*innen, aber auch Informationen über den

BILDUNG

ZIELE

Datenbanken werden im Bildungs­bereich vor allem genutzt, um Ver ­waltungsvorgänge zu erleichtern. Dazu zählen insbesondere die Organisation der Aufnahme in Bildungseinrichtungen bzw. die Zuteilung zu Klassen, Aktivitäten und anderen Angeboten. Auch die Erstellung von Statistiken wird dadurch möglich. Das Ziel einer effi zienteren Verwaltung ist grundsätzlich legitim, z.B. kann so die Anzahl der nötigen Klassen und Lehrer*innen nach Fächern festge­legt werden.

GEFAHREN & NOTWENDIGE VORSICHTSMASSNAHMENDie untersuchten Schuldaten­banken enthalten eine beträcht­liche Anzahl von Daten, auf die Schulen und manche Behörden Zugriff haben. Oft wird dabei die

Verhältnismäßigkeit in Hinblick auf den verfolgten Zweck nicht gewahrt.Nur Daten, die für die Verwal­tung unbedingt notwendig sind, sollten gesammelt werden. Eini­ge Dateien enthalten sensible In­formationen, beispielweise über Gesundheits­ und Geisteszus­tand, Religion oder Herkunft der Schüler*innen. Eigentlich sollten die Zugriff sregeln und Maßnah­men zur Datensicherheit umso strenger sein, je sensibler die Daten sind – dies ist aber in Schulen nicht unbedingt der Fall. Kinder und ihre Familien können so unter Umständen Opfer von Diskriminierungen und sogar An­griff en werden.

Ziele und Gefahren der Dateien

STAATLICHE

DATENSAMMLUNG

Sind Bürger gefährdet ?

3

Page 6: STAATLICHE DATENSAMMLUNG Sind Bürger gefährdet · 2014. 9. 19. · sie und die ihnen nahe stehenden Personen gespeichert haben. ... tient*innen, aber auch Informationen über den

ZEITRAUM DER DATENSPEICHERUNG IN EINIGEN UNTERSUCHTEN LÄNDERN:

Land Dauer der Speicherung in den untersuchten Bildungsdatenbanken

Großbritannien: unbegrenzt

Frankreich: 5 Jahre nach dem letzten Schulabschluss

Italien: Ende des Jahres des Abschlusses

Luxemburg: bis zu 7 Jahren nach Verlassen der Sekundarschule – Daten über Schulverweise, Sprachen und Nichterscheinen werden nach Abschluss der Sekundarausbildung gelöscht

Initiativen aus der Zivilgesellschaft, die den Datenschutz stärkten2010 entschied in Frankreich das Verfassungsgericht, dass jeder Hinweis auf die Nationalität, das Datum der Ankunft in Frankreich und die Sprache der Eltern aus dem nationalen Bildungsregister entfernt werden muss. Dieses Urteil beruhte auf einer Klage von Nichtregierungsorganisationen. In Deutschland wurde 2006 der Vorschlag einer Schüleridentifikations­nummer aufgrund großen Widerstands in der Zivilgesellschaft aufgege­ben.

WAS DAS GESETZ SAGTder betreffenden Schule gespeichert werden und sichergehen, dass die gesetzlichen Vorgaben eingehalten werden.

Einige Daten können auch ohne Ihre Zustimmung gesammelt werden. Sie sollten sich daher darüber in­formieren, welche Daten aufgrund welcher gesetzlichen Grundlage in

Sensible Daten – z.B. Religion und Herkunft – sollten nicht ohne Zustimmung der Eltern in einer Bildungsdatenbank gespeichert werden. Abgesehen von Student*innen und Schüler*innen kurz vor dem Abschluss, handelt es sich bei den Betroffenen um Minderjährige. Ein Fehler in den Daten oder die Speicherung von nachteiligen Informationen könnte für Schüler*innen negative Folgen während des gesamten Bildungswegs und darüber hinaus haben.

4

Page 7: STAATLICHE DATENSAMMLUNG Sind Bürger gefährdet · 2014. 9. 19. · sie und die ihnen nahe stehenden Personen gespeichert haben. ... tient*innen, aber auch Informationen über den

UNSERE EMPFEHLUNGEN

BILDUNG

ALS BÜRGER*IN SOLLTEN SIE SICH DAFÜR EINSETZEN, DASS

Daten, die für die Verwaltung von Schulen erhoben werden, nur bei den maßgeblichen örtlichen Stellen gespeichert werden. Über die Schwierigkeiten und Schwächen der Schüler*innen muss nur die Schule und vielleicht die örtliche Verwaltung Bescheid wissen.

Daten, sofern sie auf überregionaler Ebene für Statistiken verarbei­tet werden, nur in aggregierter Form gespeichert werden, beson­ders wenn es sich um sensible Daten handelt. Die Anonymisierung der Daten allein reicht oft nicht aus, da der individuelle Datensatz auch ohne Namen weitere Rückschlüsse zulassen kann.

WENN SIE ODER IHR KIND VON DER SPEICHERUNG IN EINER BILDUNGSDATEI BETROFFEN SIND:

FORDERN SIEdarüber informiert zu werden, welche Daten wie genutzt werden, da­mit Sie Ihre Rechte zum Widerspruch bzw. Berichtigung und Löschung durchsetzen können.

ÜBERPRÜFEN SIEdass die schulischen Daten nicht als Grundlage für diskriminierende Maßnahmen genutzt werden, z. B. durch eine Profi lbildung. Einige Datenbanken erstellen allerdings ein Profi l von Schüler*innen, um sie bezüglich ihrer schulischen oder berufl ichen Zukunft beraten zu können.

Kontrollieren Sie die erhobenen Daten, gerade wenn um Ihre Zustimmung zur Datenverarbeitung gebeten wird.

5

Page 8: STAATLICHE DATENSAMMLUNG Sind Bürger gefährdet · 2014. 9. 19. · sie und die ihnen nahe stehenden Personen gespeichert haben. ... tient*innen, aber auch Informationen über den

6

Page 9: STAATLICHE DATENSAMMLUNG Sind Bürger gefährdet · 2014. 9. 19. · sie und die ihnen nahe stehenden Personen gespeichert haben. ... tient*innen, aber auch Informationen über den

GESUNDHEIT

ZIEL

Gesundheitsdateien werden dazu benutzt, um die Eff ektivität des Ge­sundheitswesens sicherzustellen, eine persönliche Nachkontrolle von Patient*innen und Versicherten zu gewährleisten, wozu auch die Zusam­menarbeit zwischen verschiedenen Gesundheitsdienstleistern zählt, und den Gesundheitsstatus der Bevöl­kerung durch statistische Daten zu beobachten.

SEHR SENSIBLE DATEN UND BEKANNTE RISIKENGesundheitsdaten sind per Defi ­nition “sensibel”, weil sie Informa­tionen über die Gesundheit von Pa­tient*innen, aber auch Informationen über den sozialen Status und andere persönliche Informationen enthalten können. Diese Daten sollten beson­ders geschützt werden. Das ist aber unmöglich, wenn viele verschiedene Stellen einfach auf die Daten zugreifen

können. Die ärztliche Schweigepfl icht, eine notwendige Voraussetzung für das Vertrauen zwischen Arzt/Ärztin und Patient*in, ist dann gefährdet. In zentralisierten Datenbanken  wer­den Daten oft nicht getrennt auf­bewahrt oder zumindest wird den Zugriff sberechtigten nur ein einge­schränkter Zugang auf spezifi sche Daten gewährt.Die Anonymität von Patient*innen ist nicht immer garantiert, was andere Akteur*innen, wie Arbeitgeber*innen, Versicherungen und Banken, dazu ver­leiten kann, aus wirtschaftlichen Inte­ressen auf die Daten zuzugreifen. Das ist ein Bruch der Vertraulichkeit und kann zu Benachteiligungen aufgrund des Gesundheitszustands führen: eine Bank kann beispielweise einen Kredit versagen, eine Bewerbung für eine Arbeitsstelle kann abgelehnt werden oder eine Krankenversicherung kann sich weigern, eine unheilbar Kranke aufzunehmen.

Ziele und Gefahren der Dateien

STAATLICHE

DATENSAMMLUNG

Sind Bürger gefährdet ?

7

Page 10: STAATLICHE DATENSAMMLUNG Sind Bürger gefährdet · 2014. 9. 19. · sie und die ihnen nahe stehenden Personen gespeichert haben. ... tient*innen, aber auch Informationen über den

WIE LANGE GESUNDHEITSDATEN GESPEICHERT WERDEN:

Land Dauer der Speicherung

Deutschland: lebenslang, auf Wunsch des Patienten können bestimmte Teile vorher gelöscht werden

Frankreich: zehn Jahre nachdem die Akte des Patienten geschlossen wurde

Finnland: dreißig Monate in der zentralen Datenbank für elektronische Rezepte, danach bis zu zehn Jahre in einem gesonderten Archiv

Griechenland: bis zu zwanzig Jahre

Großbritannien: lebenslang

Italien: lebenslang, auf Wunsch des Patienten können Daten vorher gelöscht werden

Tschechische Republik: fünf Jahre (manchmal bis zu fünfzig Jahre)

Ungarn: dreißig bis fünfzig Jahre

Der Zwang zu elektronischen Dateien

In Finnland soll es bald nur noch papierlose Verschreibungen geben, was das Ende von Papierrezepten und eine elektronische Archivierung von Gesundheitsdaten bedeutet. Diesem Informationssystem kann man nicht ausweichen. Das ist eine Verletzung des Rechts, medizinische Aufzeichnungen privat zu halten.

8

Page 11: STAATLICHE DATENSAMMLUNG Sind Bürger gefährdet · 2014. 9. 19. · sie und die ihnen nahe stehenden Personen gespeichert haben. ... tient*innen, aber auch Informationen über den

GESUNDHEIT

Patient*innen werden informiert, wenn ihre Daten gespeichert werden, wobei sie der elektronischen Aktenführung und den Kriterien, nach denen Dritte auf Teile dieser Daten Zugriff haben, zustimmen müssen. Sie müssen außerdem Zugang zu den Daten bekommen, Dritte vom Zugang ausschließen und die Daten be­richtigen oder löschen können.

Eine unabhängige Stelle muss eine Studie über die Vor­ und Nachteile der verschiedenen Arten der Dokumentation durchfüh­ren.

Gesundheitsdaten müssen besonders geschützt werden, wozu auch eine Verschlüsselung gehört, die Datenlecks verhindert.

Daten, die für Statistiken verwendet werden, müssen vorher ano­nymisiert werden.

Auf Wunsch der Patient*innen müssen alternative Systeme, wie Papierrezepte, benutzt werden.

Die Patient*innen bestimmen darüber, ob elektronische Gesund­heitsdateien verwendet werden.

Elektronische medizinische Daten sollte es nur für Patient*innen geben, die eine teure und lange Behandlung benötigen.

UNSERE EMPFEHLUNGEN

Eine unabhängige Stelle muss eine Studie über die Vor­ und Nachteile der verschiedenen Arten der Dokumentation durchfüh­

Gesundheitsdaten müssen besonders geschützt werden, wozu auch eine Verschlüsselung gehört, die Datenlecks verhindert.

Daten, die für Statistiken verwendet werden, müssen vorher ano­

Auf Wunsch der Patient*innen müssen alternative Systeme, wie

Die Patient*innen bestimmen darüber, ob elektronische Gesund­ Die Patient*innen bestimmen darüber, ob elektronische Gesund­heitsdateien verwendet werden.

Elektronische medizinische Daten sollte es nur für Patient*innen geben, die eine teure und lange Behandlung benötigen.

9

Page 12: STAATLICHE DATENSAMMLUNG Sind Bürger gefährdet · 2014. 9. 19. · sie und die ihnen nahe stehenden Personen gespeichert haben. ... tient*innen, aber auch Informationen über den

10

Page 13: STAATLICHE DATENSAMMLUNG Sind Bürger gefährdet · 2014. 9. 19. · sie und die ihnen nahe stehenden Personen gespeichert haben. ... tient*innen, aber auch Informationen über den

POLIZEI

Elektronische Dateien sind eine wich­tige Arbeitshilfe für die Polizei, um die Bürger*innen vor Gefahren zu schützen und Straftaten aufzuklären. Sie verbes­sern die Möglichkeiten, Ermittlungen erfolgreich durchzuführen und mut­maßliche Straftäter*innen anzuklagen. Allerdings sind in diesen Dateien häufi g auch Menschen gespeichert, bei denen nur der Verdacht besteht, dass sie straf­fällig geworden sind oder gefährlich sein könnten. Daher können leicht die Unschuldsvermutung und das Recht auf informationelle Selbstbestimmung verletzt werden. Mit dem Argument, die Menschen besser schützen zu können, wurden in ganz Europa Dateien für biometrische und genetische Daten eingeführt. Aller­dings steht das Ausmaß der Erhebung und Nutzung dieser Daten oft in kei­nem angemessenen Verhältnis zu dem ursprünglich verfolgten Zweck. Dies ist schon in Rechtsstaaten ein Grund zur Besorgnis. Die Überlegung, dass einige

Staaten rechtsstaatliche Grundsätze aufweichen könnten, bietet einen wei­teren Grund, über die Gefahren dieser Datenverarbeitung nachzudenken.

ZWISCHEN GEFAHREN-ABWEHR UND DISKRIMINIERUNGSGEFAHRDie Polizei speichert persönliche Daten nicht nur von Verurteilten, sondern auch von Tatverdächtigen, Opfern, Zeug*innen und Menschen, die Kontakt zu ihnen hatten. Abhän­gig davon, wie diese Dateien genutzt werden und wer darauf Zugriff hat, können diese Daten zu diskriminie­renden Maßnahmen führen und sich z.B. negativ auf das berufl iche Fort­kommen einer Person auswirken.Oft werden diese Daten zudem unver­hältnismäßig lange gespeichert und schlecht gepfl egt.

Ziele und Gefahren von polizeilichen Datenbanken

STAATLICHE

DATENSAMMLUNG

Sind Bürger gefährdet ?

11

Page 14: STAATLICHE DATENSAMMLUNG Sind Bürger gefährdet · 2014. 9. 19. · sie und die ihnen nahe stehenden Personen gespeichert haben. ... tient*innen, aber auch Informationen über den

Die heikle Frage der Transparenz Um zu verhindern, dass Ermittlungen gefährdet werden, können persönliche Daten auch ohne Wissen der Betroff­ enen rechtmäßig erhoben werden. Ein verdecktes Vorgehen ist jedoch nur für einen begrenzten Zeitraum gerechtfer­tigt, in der Regel nicht über das Ende der Ermittlungen hinaus. Eine Person, die nicht länger verdächtig ist, sollte über die Einzelheiten der Datenspeicherung informiert und ihre Daten sollten ge­löscht werden.

Die Ausbreitung und Erweiterung polizeilicher DatenbankenDie Anzahl polizeilicher Datenbanken hat über die Jahre stark zugenommen, beispielweise durch die Sammlung von DNA­Daten, Fingerabdrücken oder In­formationen über Einwander*innen, ansässige Ausländer*innen und Per­sonen, die im Rahmen polizeilicher Er­mittlungen wichtig sind. Letztlich kann heute jeder Mensch überall Spuren hin­terlassen, auch an Orten, an denen spä­ter Ermittlungen durchgeführt werden.

Die hohe Wahrscheinlichkeit von FehlernFehler können aus unterschiedlichen Gründen entstehen: Dateien können während oder nach Abschluss der Er­mittlungen nicht aktualisiert werden

(so dass z. B. Entlastete immer noch als „gefährlich“ geführt werden) oder die Daten können falsch eingegeben wer­den (z. B. eine Kategorisierung als „Tä­ter*in“ anstatt „Zeug*in“. Auch können Namen falsch geschrieben werden, was zu Verwechslungen führen kann). Diese Fehler sind zunehmend schwe­rer zu berichtigen, da sie sich in ver­schiedenen miteinander verbundenen polizeilichen oder justiziellen Dateien fortsetzen und sogar in europäische Dateien kopiert werden. Das Euro­dac­System bezieht z. B. Daten aus na­tionalen Dateien, die Fingerabdrücke von Ausländer*innen enthalten. In das Schengener Informationssystem (SIS II) werden Daten über mutmaßliche Terro­rist*innen weitergeleitet. Fehler werden dabei automatisch übernommen.

Die Auswirkung der Zusammenführung auf europäischer EbeneEuropäische Dateisysteme, die auf im­mer ausgefeilteren und eingriffsinten­siveren Techniken beruhen, führen zu einer zunehmenden Überwachung. Die Zusammenlegung dieser Systeme stellt ein zusätzliches Risiko da, zumal eine Diskrepanz zwischen den Zielen der Datenerhebung und der tatsächlichen Datennutzung besteht.

12

Page 15: STAATLICHE DATENSAMMLUNG Sind Bürger gefährdet · 2014. 9. 19. · sie und die ihnen nahe stehenden Personen gespeichert haben. ... tient*innen, aber auch Informationen über den

POLIZEI

ALS BÜRGER*IN SOLLTEN SIE FOLGENDES SICHERSTELLEN:

Sie sollten über die Erhebung und Speicherung Ihrer Daten angemessen informiert werden. Das ist wegen der zunehmenden Zahl von polizeilichen Datenbanken und der möglichen negativen Folgen für die erfassten Per­sonen von besonderer Bedeutung.Sie können sich an die für die Datei verantwortliche Behörde, an die Ge­richte und an die Datenschutzbeauftragen wenden, damit Ihre Daten kor­rigiert oder gelöscht werden.Die Daten werden so gespeichert, dass jede Stelle nur Zugriff auf dieje­nigen Daten hat, die sie benötigt (Einhaltung des Grundsatzes der Ver­hältnismäßigkeit und des Zweckbindungsgebots). Die DNA von Demonstrant*innen und politischen Aktivist*innen wird nicht gesammelt. Die Datenschutzbehörden bewerten die polizeilichen Datenbanken schon bevor diese errichtet werden und überprüfen regelmäßig die gesetzmäßige Handhabung, besonders im Hinblick auf Aktualisierung und sicheren Zugriff .Die für sichere Ausweise gesammelten biometrischen Daten sind strikt von den Daten zu trennen, die während polizeilicher Ermittlungen gewonnen wurden.

Wenn Sie glauben, dass Ihre persönlichen Daten in einer polizeilichen Datei ge-speichert wurden, sei es als Verdächtige*r, Zeug*in oder Demonstrant*in, sollten Sie Ihr Auskunftsrecht bezüglich der über Sie gespeicherten Daten wahrnehmen.

UNSERE EMPFEHLUNGEN

WIE LANGE DIE POLIZEI DNA-DATEN SPEICHERT:Land Dauer der SpeicherungDeutschland: Spätestens nach 10 Jahren bei Erwachsenen und 5 Jahren bei

Jugendlichen muss überprüft werden, ob die Daten zu löschen sind.

Frankreich: 25 Jahre für Verdächtige, 40 Jahre für Verurteilte.

Groß-britannien:

Ursprünglich unbegrenzt, seit 2012 zwischen 2 und 5 Jahren, manche Daten können immer noch unbegrenzt gespeichert werden.

Ungarn: 20 Jahre für Verdächtige von schweren Straftaten und deren Kontakte

13

Page 16: STAATLICHE DATENSAMMLUNG Sind Bürger gefährdet · 2014. 9. 19. · sie und die ihnen nahe stehenden Personen gespeichert haben. ... tient*innen, aber auch Informationen über den

14

Page 17: STAATLICHE DATENSAMMLUNG Sind Bürger gefährdet · 2014. 9. 19. · sie und die ihnen nahe stehenden Personen gespeichert haben. ... tient*innen, aber auch Informationen über den

JUSTIZ

Ziele und Gefahren der DateienZIEL

Das legitime Ziel von Dateien in der Rechtspfl ege ist es, Gefahren abzuwehren und Straftaten zu ver­folgen. Dabei dürfen jedoch die Grundrechte, wie das Recht auf freie Berufswahl oder das Recht auf in­formationelle Selbstbestimmung, nicht verletzt werden.

Bei Gericht werden verschiede­ne Akten geführt. Strafregister, in denen die Verurteilungen von Bürger*innen enthalten sind, sind in allen europäischen Ländern vor­handen. Es gibt außerdem Regis­ter, in denen bestimmte Delikte festgehalten werden, wobei die Bandbreite von Verkehrsverstößen bis zu Mord reicht. Zudem gibt es Dateien mit genetischen und biometrischen Informationen, die teilweise von Polizei und Justiz ge­meinsam genutzt werden.

GEFAHREN

Nicht nur die Täter*innen sind von diesen Dateien betroff en. Auch als Zeug*innen oder Verdächtige können Sie erfasst werden, ohne explizit darüber informiert zu wer­den. In diesem Fall ist es besonders schwierig, etwas dagegen zu un­ternehmen. Außerdem gibt es Fehler in diesen Dateien, die bei der Erfassung, Speicherung oder Übertragung der Daten entstehen können.

Es ist trotzdem möglich, seine Rech­te durchzusetzen und die gespei­cherten Daten zu überprüfen. Dazu muss bei der zuständigen Stelle ein Antrag gestellt werden, die Daten zu korrigieren und zu überprüfen, ob Daten, die zu löschen sind, auch tatsächlich gelöscht werden. Außerdem können diese Datenban­ken für Zwecke benutzt werden,

STAATLICHE

DATENSAMMLUNG

Sind Bürger gefährdet ?

15

Page 18: STAATLICHE DATENSAMMLUNG Sind Bürger gefährdet · 2014. 9. 19. · sie und die ihnen nahe stehenden Personen gespeichert haben. ... tient*innen, aber auch Informationen über den

die nichts mit der Arbeit der Justiz zu tun haben, zum Beispiel wenn im Rahmen einer Bewerbung ein Füh­rungszeugnis verlangt wird. Derar­tige Nutzungen gefährden die Pri­vatsphäre der Person, ohne dass dies in vielen Fällen sinnvoll, nötig oder vorgeschrieben ist.

Das Problem Führungszeugnis

Wenn Sie sich bewerben, können Ar­beitgeber*innen ein Führungszeug­nis anfordern. Diese Forderung kann routinemäßig und unabhängig von der angestrebten Stelle erfolgen. Die Bedingungen für eine solche Abfrage unterscheiden sich allerdings stark von Land zu Land. Teilweise stellt die zuständige Stelle einen vollständigen Registerauszug zur Verfügung, teil­weise wird nur ein Auszug erstellt, der lediglich die schwersten Taten oder die Taten enthält, die im Zusammen­hang mit der angestrebten Stelle von Bedeutung sind.

Auch hier zeigt sich wieder, dass ein Datenaustausch zwischen EU­Mit­gliedstaaten, der zudem nicht in jedem Fall notwendig ist, zu Diskrimi­nierungen führen kann.

Austausch zwischen Ländern: ECRIS – Europäisches Straf-registerinformationssystem

ECRIS ist ein System zum Aus­tausch von Informationen über Straftäter*innen zwischen den Mitgliedstaaten der Europä­ischen Union. Problematisch ist dabei, dass die nationalen Straf­vorschriften teilweise stark von­einander abweichen: was in ei­nem Land eine Straftat ist, kann in einem anderen Land gänzlich straff rei sein. Außerdem werden Informationen über Straftä­ter*innen unterschied lich bear­beitet und verschieden lange gespeichert.

Grundsätzlich gelten bei dem Tatbestand der Straftat und den Aufbewahrungsfristen die Regeln des Mitgliedstaates, in dem die Täter*innen verurteilt werden. Werden Täter*innen im Ausland verurteilt, müssen diese Daten an das Herkunfts­land übermittelt werden. Dort werden sie im Strafregister ge­speichert und an jeden anderen Mitgliedstaat weitergegeben, der sie anfordert.

16

Page 19: STAATLICHE DATENSAMMLUNG Sind Bürger gefährdet · 2014. 9. 19. · sie und die ihnen nahe stehenden Personen gespeichert haben. ... tient*innen, aber auch Informationen über den

JUSTIZ

DAS SOLLTEN SIE WISSEN:

Wenn Sie als Arbeitgeber*in ein Führungszeugnis verlangen, sollte Ihnen bewusst sein, dass die darin enthaltenen Informationen kein Hindernis für eine Wiedereingliederung oder eine Diskriminierung des/der Bewerber*in sein dürfen.

Als EU-Bürger*in haben Sie Rechte:

Das Recht auf Information über den Inhalt Ihrer Strafakte

Das Recht auf Datenschutz: Akten und Daten müssen nach den Regeln der Erforderlichkeit und Verhältnismäßigkeit zum verfolgten Zweck behandelt werden.

Bei Fehlern haben Sie das Recht, diese den Justizbehörden zu melden und korrigieren zu lassen oder eine Beschwerde an die Daten­schutzbeauftragten zu richten.

In einigen Ländern geben die Gesetze Arbeitgeber*innen das Recht, eine Kopie des Führungszeugnisses zu verlangen. In Frankreich und Luxemburg gibt es für Abfragen aus dem Strafregister jedoch keine gesetzlichen Regeln.

17

Page 20: STAATLICHE DATENSAMMLUNG Sind Bürger gefährdet · 2014. 9. 19. · sie und die ihnen nahe stehenden Personen gespeichert haben. ... tient*innen, aber auch Informationen über den

Die Verantwortung für den Inhalt dieser Veröff entlichung trägt allein der Verfasser; die Kommission haftet nicht für die weitere Verwendung der darin enthaltenen Angaben.

LDH, Ligue des droits de l’Hommewww.ldh­france.org

HU, Humanistische Unionwww.humanistische­union.de

ALOS-LDH, Action Luxembourg Ouvert et Solidaire - Ligue des Droits de l’Hommewww.ldh.lu

AEDH, Association européenne des droits de l’Hommewww.aedh.eu

HCLU, Hungarian Civil Liberties Unionwww.tasz.hu/en

MEDEL, Magistrats européens pour la démocratie et les libertéswww.medelnet.eu

Dieses Projekt wurde mit Unterstützung des Fundamental Rights Programms der Europäischen Kommission fi nanziert.

QU

ART

R -D

esig

n CR

EATO

NE

- Par

is

TESTEN SIE IHR

WISSEN