Stadtansichten. Thesen und Positionen für die Stadt von morgen

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Ideen finden Stadt Stadtansichten. Thesen und Positionen für die Stadt von morgen

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Namhafte Experten gehen der Frage nach, vor welchen Herausforderungen Städte in Deutschland stehen.

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Ideen finden Stadt

Stadtansichten. Thesen und Positionen für die Stadt von morgen

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Stadtansichten. Thesen und Positionen für die Stadt von morgen

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Inhalt

6 Vorwort Ulrich Grillo

8 Vorwort Jürgen Fitschen

10 Mythos Stadt Michael Frielinghaus: Faszination baut auf Ideen – Deutschlands Städte

15 Standpunkt Stadt

Thesen und Positionen zur Stadt der Zukunft

16 Motor Wirtschaft Michael Hüther: Wirtschaft ist das Rückgrat der Städte

20 Schauplatz Kultur Martin Roth: Kunst und Kultur als Inspiration für urbane Räume

24 Denkzelle Wissenschaft Hans-Jörg Bullinger: Städte helfen Innovationen auf die Sprünge

28 Energiequelle Umwelt Boris Palmer: Sauber, grün, umweltfreundlich: Naherholungsgebiet Stadt

32 Ideenschmiede Bildung Gerhard de Haan: Urbane Räume schaffen Wissen für alle

36 Treffpunkt Gesellschaft Birgit Quien: Die Menschen sind die Seele der Stadt

40 Stadt, Land, Meinung Umfrage zum Leben im urbanen und ländlichen Raum

42 Wettbewerb 2013/14 Ideen finden Stadt: Wegweisende Projekte

aus ganz Deutschland

44 Wettbewerbsjury „Ausgezeichnete Orte im Land der Ideen“:

Die Jury

46 Quellenverzeichnis, Bildnachweis

47 Impressum

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Liebe Leserinnen und Leser,

Deutschland ist ein urbanes Land. Die Lust auf das Stadt-leben wächst, die Einwohnerzahlen in vielen Metropolen steigen. Großstädte wie München, Frankfurt am Main oder Dresden werden immer mehr zum Wachstumsmotor – auch für ihr Umland. Gleichzeitig schrumpfen viele kleinere Gemeinden, und zwar nicht nur im Osten der Republik. Auch in anderen Regionen Deutschlands müssen sich die Menschen darauf einstellen, dass Bewohner wegziehen. Das sind Entwicklungen, die mit vielen Herausforderungen verbunden sind, von der Finanzierung kommunaler Leistun-gen über die Energie versorgung bis hin zum Verkehr und zum Zusammenleben in den Städten von morgen. Um Antworten auf die Fragen der Zukunft zu finden, brau-chen wir einen Diskurs von Gesellschaft, Wissenschaft, Wirtschaft und Politik. Mit dem Wettbewerb „Ausgezeichnete Orte im Land der Ideen“ wollen die Initiative „Deutschland – Land der Ideen“ und die Deutsche Bank eine breite Debatte anstoßen: 2013 lautet das Wettbewerbsthema „Ideen finden Stadt“. Ziel ist es, eine Plattform für Innovationen und Pro-jekte zu schaffen, die wegweisende Lösungen für die urba-nen Zentren von morgen aufzeigen: Wie machen wir unsere Städte lebenswert, nachhaltig und wirtschaftlich konkurrenz-fähig? Gefragt sind dabei nicht nur Impulse für urbane Räume, sondern auch Ideen für die Zukunft der Gemeinden in Deutschland, die oftmals wirtschaftlich und kulturell eng verzahnt sind mit den Metropolen in ihrer Region.

Deutschlands Urbanisierung steht jedoch nicht nur für Herausforderungen, sondern birgt auch große Chancen für unser Land. Mit ihren Technologielösungen für die Stadt gehört unsere Industrie beispielsweise schon heute zu den wichtigsten Akteuren auf dem Weltmarkt. Im Bereich Umwelttechnologien und -innovationen beträgt der Anteil am internationalen Handel bereits über 15 Prozent.1 Aber auch in anderen Sparten wie Information und Kommunikati-on, Denkmalpflege oder Stiftungskultur kann Deutschland zum globalen Schrittmacher werden.

Die vorliegende Publikation soll Diskussionsgrundlage und Anregung zugleich sein für alle, die sich mit ihren Ideen und Projekten für die urbanen Räume von morgen enga-gieren. Auf den folgenden Seiten beleuchten Experten aus Wirtschaft, Kultur, Umwelt, Wissenschaft, Bildung und Gesellschaft die Zukunft der Städte aus verschiedenen Blick-winkeln. Anstehende Herausforderungen und kontroverse Positionen werden skizziert.

Ich wünsche Ihnen eine anregende Lektüre!

Ulrich Grillo

Präsident des Deutschland – Land der Ideen e.V. Präsident des Bundesverbands der Deutschen Industrie e.V. (BDI)

Vorwort

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Dear Readers,

Germany is an urban country. Urban living is growing in attraction and in many metropolitan areas the population is on the increase. Cities like Munich, Frankfurt or Dresden are increasingly driving growth – their own and that of surround-ing areas. At the same time many smaller local authorities are shrinking – and not just in eastern Germany. People else-where in Germany must get used to the idea that residents are moving away. These trends present many challenges, ranging from financing local authority services, to energy, traffic and transport concerns, to living together in the cities of tomorrow. To find answers to these questions of the future we need a discourse involving society, science, business, and politics. With the “Landmarks in the Land of Ideas” competition the “Germany – Land of Ideas” initiative and Deutsche Bank seek to kick-start a wide-ranging debate. This year’s topic is “Ideas for the City”. The aim is to create a platform for innovations and projects that pinpoint trail-blazing solutions for tomorrow’s urban centres. How do we make our cities worth living in, sustainable and economically competitive? What we need are both impulses for urban areas and ideas for the future of local authorities that are often bound by close economic and cultural links with the metropolitan areas in their region.

Germany’s urbanization not only stands for challenges; it also offers great opportunities for our country. With its technology solutions for the city, our industry, for example, is already a key player in the world market. Germany's share of environ-mental technologies and innovations in international trade already amounts to more than 15 percent.1 Germany also has the potential to become a global pacesetter in other areas such as information and communication, preservation of monuments, or foundation culture.

This publication is intended to serve as both a basis for dis-cussion and an encouragement and motivation for all those who are committed, with their ideas and projects, to the urban areas of tomorrow. On the following pages experts from the fields of business, culture, the environment, science, education, and society focus on the future of the cities from different angles. Challenges that lie ahead and controversial viewpoints are outlined.

I hope you find it makes stimulating reading.

Ulrich Grillo

President, Germany – Land of Ideas President, Federation of German Industries (BDI)

Vorwort

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seit 2008 leben rund um den Globus erstmals mehr Menschen in Städten als außerhalb. Schätzungen zufolge werden im Jahr 2050 drei Viertel der Bevölkerung in urba-nen Räumen wohnen.2 Ein enormes Wachstum, das ohne kreative Lösungen nicht zu bewältigen ist. Innovationen aus Deutschland haben das Potenzial, im Wettbewerb um die besten Ideen für die Städte und Regionen von morgen ganz vorn mitzuspielen.

Ob intelligente Häuser, die sich automatisch den Bedürfnis-sen ihrer Bewohner anpassen, umweltfreundliche Hybridan-triebe, mit denen wir grüner unterwegs sind, oder moderne Verfahren zur Wasserreinigung: Deutsche Expertise ist international gefragt – und wird in Zukunft noch mehr wirt-schaftliche Strahlkraft entfalten. Eine aktuelle Untersuchung unseres Instituts Deutsche Bank Research zeigt: Bereitsseit 2003 führt die Bundesrepublik konstant mehr Dienst-leistungen im Bereich Forschung und Ent wicklung aus, alssie importiert.3 Ideen sind das wertvollste Gut, das unser Land zu bieten hat.

Um die Exportkraft unseres Heimatmarkts weiter zu stärken, brauchen wir noch mehr Sichtbarkeit für Innovationen aus Deutschland. Das zeigt auch unsere Erfahrung als Unter-nehmen, das in über 70 Ländern weltweit agiert und die Besonderheiten der nationalen Märkte kennt. Ideen für die Stadt müssen künftig genauso zum Markenzeichen für den

Standort werden wie viele andere weltweit erfolgreiche Produkte made in Germany – von der Hightech-Prothese C-Leg bis zur Funkarmbanduhr.

Die Deutsche Bank engagiert sich für urbane Technologien und Dienstleistungen aus Deutschland. Schon seit 2006 schaffen wir als Partner der Standortinitiative „Deutschland– Land der Ideen“ eine Bühne, um Innovationen national und international bekanntzumachen. 2013 haben wir die Zukunft der Städte zum Herzstück unseres Engagements auserkoren. Wir möchten kreative Köpfe ermutigen, Verant-wortung zu übernehmen und wegweisende Ideen für die Metropolen von morgen zu entwickeln. Gemeinsam wollen wir urbane und kommunale Zukunft gestalten. Lesen Sie auf den kommenden Seiten, welche Herausforderungen und Fragen in den Städten und Gemeinden auf uns warten. Wir sind gespannt auf Ihre kreativen Antworten!

Jürgen Fitschen

Co-Vorsitzender des Vorstands und des Group Executive Committee, Deutsche Bank AGMitglied des Präsidiums des Deutschland – Land der Ideen e.V.

Liebe Leserinnen und Leser,

Vorwort

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Since 2008 more people have lived in cities around the world than elsewhere for the first time ever, and by 2050 an estimated three quarters of the world’s population will be living in urban areas.2 This constitutes enormous growth that cannot be handled without creative solutions. Innovations from Germany have the potential to play a leading role in competition for the best ideas for the cities and regions of tomorrow.

From smart homes that adjust automatically to the needs of their residents, eco-friendly hybrid engines that enable us to get around in a greener mode, to modern water purification techniques, German expertise is in international demand, and in future it will become even more economically attractive. A recent survey by our Deutsche Bank Research Institute revealed that since 2003 Germany has consistently exported more research and development services than it imports.3 Ideas are the most valuable commodity that our country has to offer.

To further strengthen our domestic market’s export poten-tial we need greater visibility for innovations from Germany. This is where our experience comes in, as a global company that does business in over 70 countries and is aware of the specifics of national markets. Ideas for the city must become just as much of a trade mark for the location as many other successful products made in Germany – from the high-tech C-Leg artificial limb to the wireless-enabled wristwatch.

Deutsche Bank supports urban technologies and services from Germany. Since 2006 we, as a partner in the “Germany – Land of Ideas” initiative, have set up a stage which provides innovations with national and international recognition. In 2013 we have chosen the future of the cities as the core of our commitment. We aim to encourage creative minds to take on responsibility and develop trailblazing ideas for the urban regions of tomorrow. Together we want to shape our urban and civic future. Read on to learn what challenges and issues await us in the cities and urban areas. We eagerly await your creative responses.

Jürgen Fitschen

Co-Chairman of the Management Board and Group Executive Committee, Deutsche Bank AGMember of the Presidium, Germany – Land of Ideas

Dear Readers,

Vorwort

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Ein Blick auf die Landkarte zeigt: Es gibt mehr als 3.200 Städte in Deutschland. Sie faszinieren mit ihrer Lebensqualität, ihren über Jahrhunderte gewachsenen Zentren, ihren ausgedehnten Grünzügen und ihrer Vielfalt. Sie sind Anziehungspunkte für Menschen aus den angrenzenden Regionen und aus aller Welt mit unterschiedlichem sozialen Status und Lebensalter. Und sie stehen für Errungenschaften in Kultur und Architektur, für Innovationskraft, Weltoffenheit, Freiheit und Chancen. Aber auch für Modernisierungsbedarf, Kriminalität und soziale Probleme.

Anders als bei vielen europäischen Nachbarn existiert hierzu-lande nicht das eine Zentrum, das alles überstrahlt und auf das die Wirtschaftskraft und das kulturelle Leben des ganzen Landes ausgerichtet sind. Vielmehr bilden unsere Städte ein buntes, vielfältiges Mosaik. Jede einzelne Stadt hat ihren ganz eigenen Charakter, etwas, was sie auszeichnet, unterscheid-bar und besonders macht: Frankfurt am Main steht für die Finanzkraft der Republik, München für Tradition und Moderne und Karlsruhe für Recht und Verfassung. Leipzig ist die Stadt der Bücher. Und Berlin ist der Ort des schnellen Wandels. Im ehemaligen Grenzstreifen zwischen Ost und West ist eine neue Stadt in der alten entstanden – innerhalb von zwei Dekaden.

Faszination baut auf Ideen – Deutschlands Städte

Michael Frielinghaus ist seit 2007 Präsident des Bundes Deutscher Architekten BDA und Mitglied des Fachbeirats „Ideen finden Stadt“.

Von Michael Frielinghaus

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Orte des Hässlichen und des Schönen

„Du bist keine Schönheit, von Arbeit ganz grau“ – so be-sang der Musiker Herbert Grönemeyer einst seine Heimat-stadt Bochum. Sie wurde zum Sinnbild für viele deutsche Städte. Von der Geschichte gezeichnet und doch – oder gerade deshalb – liebens- und lebenswert. Städte ziehen an und stoßen ab, Städte faszinieren und verstören. Das war schon im 19. Jahrhundert so, als der Lyriker Hugo von Hofmannsthal dichtete: „Die dunkle Stadt, sie schläft im Herzen mein, mit Glanz und Glut, mit qualvoll bunter Pracht.“Und das ist heute nicht anders, wenn etwa der Reggae- und Hip-Hop-Musiker Peter Fox über Berlin sagt, dass diese Stadt so „schön schrecklich“ ist. Dass die deutschen Städte uns so faszinieren und in ihren Bann ziehen, ist alles andere als selbstverständlich. Nach dem Zweiten Welt-krieg waren ihre Gesichter oftmals bis zur Unkenntlichkeit entstellt. Es lebte noch der Mythos Stadt, aber nicht mehr die Stadt als solche. Das hat sich geändert. Im Lauf derZeit trat der Doppelcharakter der Zentren als Ort des Über-lieferten und des Neuanfangs deutlich zutage.

Die Lust auf Stadt wächst

Erlebten viele deutsche Städte noch in den 1990er-Jahren Bevölkerungsverluste zugunsten ihres Umlandes, steigt heute wieder die Lust auf Stadt. Moderne Wohnhäuser und Fassaden schließen architektonische Lücken. Immer mehr Städten – kleineren wie größeren – gelingt es, das Zusam-

menwirken denkmalgeschützter und neuer Architektur so zu gestalten, dass ein harmonisches Ganzes entsteht. In Städten wie München oder Berlin, Dresden oder Leipzig, Frankfurt am Main oder Stuttgart wächst die Zahl der Einwohner.4 Und die Attraktivität vieler größerer Städte wird nach Ansicht von Experten weiter steigen.

Doch die Stadt ist nicht nur ein Ort der Chancen, sondern auch ein Spiegelbild unserer Gesellschaft mit all ihren Herausforderungen: Gelingt es künftig, den demografischen Wandel und die Energiewende zu meistern? In den Städten wird sich zeigen, ob politischer Wille den Praxistest besteht. Altersgerechte Wohnungen und Infrastruktur werden gebraucht. Der energetische Umbau der Städte darf nicht auf Kosten der Bewohner gehen, die mit steigenden Mieten zu kämpfen haben. Historische Fassaden dürfen nicht reihen weise hinter Dämmmaterial verschwinden. Augenmaß ist gefragt.

Eine weitere Herausforderung sind die schrumpfenden Städte in Ostdeutschland oder im Ruhrgebiet, die nicht mit den boomenden Metropolen konkurrieren können und weiterhin einen anhaltenden Rückgang der Bevölkerung verkraften müssen: Die Jungen ziehen weg, viele Häuser stehen leer.5 Eine Entwicklung, die aber auch die Gelegenheit bietet, städtebauliche Irrtümer aus den 1970er- und 1980er-Jahren zu korrigieren. Wie das gehen kann, zeigt die Stadt Halle an der Saale: Während in den Plattenbausiedlungen in der Neu-stadt in den letzten Jahren mehrere Tausend leerstehende

Mythos Stadt

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Wohnungen abgerissen oder saniert wurden, gelang es, das totgesagte innerstädtische Gründerzeitviertel Glaucha wiederzubeleben.6 Anlässlich der Internationalen Bauaus-stellung IBA 2010 konnten Eigentümer von Altbauten dafür gewonnen werden, die Gebäude zu sanieren. Gleichzeitig machten viele kleine Projekte den Stadtteil attraktiv – vom Stadtgarten, dem ersten Umsonstladen Halles bis hin zu kulturellen Highlights wie dem französischen Musik- und Straßenfestival Fête de la Musique.7

Beim Umbau der Städte für die Anforderungen von morgen gilt es, ihren Charakter zu bewahren und zu unterstreichen – denn erst ihre Identität macht sie für die Menschen lebens-wert. Wir brauchen keine Einheitsarchitektur, die deutsche Städte austauschbar macht mit Städten in aller Welt. Wir brauchen Gebäude, die den Städten ein eigenes Gesicht geben. Und künftig werden immer stärker Quartiere gefragt sein, die einen Mikrokosmos für sich bilden, kleine Städte in der Stadt, die Arbeiten, Wohnen und Freizeit ohne lange Wege ermöglichen.

Hand in Hand die Zukunft gestalten

Das sind nur einige der zahlreichen Herausforderungen, die sich in den Städten und Regionen von heute und mor-gen stellen. Ihnen allen ist eines gemein: Wir müssen sie zusammen angehen, wenn wir auch in Zukunft in lebendigen und lebenswerten Städten und Regionen leben wollen.

Fachleute verschiedenster Disziplinen müssen sich an einen Tisch setzen: darunter Architekten, Emissionsgutachter und auch Sozialarbeiter sowie Stadtsoziologen. Nicht zuletzt sind die Bewohner der Stadt gefragt. Wie stellen sie sich heute die Stadt vor, in der sie morgen leben wollen? Es ist an der Zeit, den Wettbewerb der Ideen zu eröffnen. Für eine Stadt mit Zukunft.

Fascination Builds on Ideas – Germany’s Cities

German cities exert a fascination with their quality of life, their city centres that have grown over the centuries and their diversity. In transforming the cities for tomorrow’s requirements, their character must be maintained. Their identity is what makes them worth living in. There will be a growing demand for districts – cities within the city where work, life and leisure can be combined without travelling long distances. If in the future we want to reside in vibrant cities and regions worth living in, we must launch the competition of ideas.

Mythos Stadt

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Was macht einen Ort für seine Bewohner besonders lebenswert? (Top 5)

gute Einkaufsmöglichkeiten 79% gute Verkehrsanbindung 76 % freundliche Menschen 71%

gesundes Klima 68 %

schöne Wohngegenden 67 %

Institut für Demoskopie Allensbach, 20119

Menschen leben in Berlin, der größten Stadt Deutschlands.

3,5Mio.

Amt für Statistik Berlin-Brandenburg, 2012 8

Statistisches Bundesamt, 2011 11

Wachsen und Schrumpfen: Bevölkerungsentwicklung in deutschen Städten bis 2030.

Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung, 2012 13

5Einwohner hat die kleinste Gemeinde Deutschlands: Gröde – eine kleine Insel an der NordseeküsteSchleswig-Holsteins.

Statistisches Bundesamt, 2009 10

Jeder 3.wird im Jahr 2060 65 Jahre alt oder älter sein.

Brennpunkt Großstadt: Kriminalität in Deutschland nach Orts- und Städtegrößen (erfasste Fälle pro 100.000 Einwohner)

Bundeskriminalamt, 2012 12

12.638 Fälle

9.871 Fälle

7.297 Fälle

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Six well-known experts look into the challenges that cities and regions are facing in Germany. Their contributions accompany the “Landmarks in the Land of Ideas” competition. In 2013/14, the “Germany – Land of Ideas” initiative and Deutsche Bank are awarding prizes for ground-breaking concepts for the cities and local authorities of the future. The competition and the following chapters focus on six subject areas: Business, Culture, Science, Ecology, Education and Society.

Standpunkt Stadt

Diese Thesen und Positionen sollen zum Nachdenken anregen und begleiten 2013 den bundesweiten Wettbewerb „Ausge-zeichnete Orte im Land der Ideen“: Unter dem Jahresthema „Ideen finden Stadt“ wollen die Initiative „Deutschland – Land der Ideen“ und die Deutsche Bank als Nationaler Förderer des Wettbewerbs Lösungsansätze für die Herausforderungen rund um die Stadt von morgen zeigen und stärken. Eine hochkarä-tige Jury prämiert die besten 100 Projekte und Ideen, die einen nachhaltigen Beitrag für die Stadt der Zukunft liefern.

Sechs zentrale Themenfelder, die sich auch in den Wett-bewerbskategorien wiederfinden, stehen im Fokus dieser Publikation:

Motor Wirtschaft. Michael Hüther erörtert die Frage, wie Städte und Regionen sich künftig als Standort behaupten können. Partnerschaften zwischen Wirtschaft, Gesellschaft oder Wissenschaft sind für ihn dabei entscheidende Erfolgsfaktoren.

Schauplatz Kultur. Kunst und Kultur müssen stärker im Alltag präsent sein, fordert Martin Roth. Digitale Kommu-nikation nimmt für ihn dabei eine Schlüsselfunktion ein: Sie macht Kunst nahbarer und motiviert zum Mitmachen – auch die jüngere Generation.

Denkzelle Wissenschaft. Wie entstehen die Ideen, die deutsche Städte und Regionen voranbringen? Durch die Vernetzung der Wissensakteure, sagt Hans-Jörg Bullinger.

Er ist überzeugt: Städte und Regionen bilden hierfür den Nährboden.

Energiequelle Umwelt. Für Boris Palmer ist nachhaltiges Denken in der modernen Stadtplanung und -entwicklung unverzichtbar. Alternative Energien und Antriebe ebnen aus seiner Sicht den Weg in eine saubere Zukunft.

Ideenschmiede Bildung. Gerhard de Haan sieht unterschied-liche Bildungsakteure in einer wichtigen Vermittlerrolle: Sie müssen künftig Wissen managen und jedem einzelnen lebenslanges Lernen ermöglichen. Zum Beispiel mithilfe von Bildungsbündnissen.

Treffpunkt Gesellschaft. Wie gelingt es, dass aus dem Neben-einander der Kulturen ein Miteinander wird, fragt Birgit Quien in ihrem Beitrag. Ihre Einschätzung: Ohne Bürgerengagement werden es Städte und Regionen künftig schwer haben.

Sechs namhafte Experten gehen auf den folgenden Seiten der Frage nach, vor welchen Herausforderungen Städte und Regionen in Deutschland heute stehen und künftig stehen werden.

Thesen und Positionen zur Stadt der Zukunft

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In Deutschland gibt es rund 3,6 Millionen Unternehmen – vor allem kleine und mittel-ständische. Sie sind das wirtschaftliche Rückgrat der Städte und Gemeinden. Nicht umsonst zielt deren Standortpolitik darauf ab, Unternehmen zu gewinnen und zu halten. Mit günstigen Gewerbesteuersätzen allein ist es heute jedoch längst nicht mehr getan. Gute Chancen haben künftig Städte, die ein zum Leben und Arbeiten gleichermaßen attraktives Umfeld bieten. Dafür gilt es, neue Wege zu gehen. Vor allem aber brauchen Städte mehr denn je Partner, die sie unter-stützen.

Wirtschaft ist das Rückgrat der Städte

Prof. Dr. Michael Hüther ist Direktor des Instituts der deutschen Wirtschaft Köln, Mitglied des Präsidiums des Deutschland – Land der Ideen e.V. und Juryvorsitzender des Wettbewerbs „Ausgezeichnete Orte im Land der Ideen“.

Von Prof. Dr. Michael Hüther

Page 17: Stadtansichten. Thesen und Positionen für die Stadt von morgen

Die Unternehmen zieht es von der grünen Wiese in die StadtDas Gewerbegebiet im Umland wird zur zweiten Wahl: Nicht nur Einkaufszentren drängen zurück in die Innen-städte. Auch Branchen wie die Kommunikations- und Informationsindustrie zieht es in die Zentren. Die Nähe zu anderen Unternehmen, Forschungseinrichtungen und

Kooperationspartnern sowie die Einbindung in entsprechen-de Netzwerke spielen für sie eine immer größere Rolle bei der Standortwahl. Um neue Produkte, Technologien und Dienstleistungen entwickeln zu können, bauen die Unter-nehmen auf Austausch und Wissenstransfer. In Zukunft werden zudem Arbeiten und Wohnen in den Städten enger zusammenrücken. Eine Entwicklung, die den Unternehmen nutzt: Vielfältige Kontakte schaffen Innovation und Mehr-wert. Wissenschaftler erforschen sogar bereits, wie man Produktions stätten in die Städte verlagern kann. Wie aber lässt sich eine solche Entwicklung mit dem Schutz der Umwelt und der Erhaltung des Stadtbildes vereinbaren? Klar ist, dass der Wirtschaftsstandort Stadt alle angeht: die Kommunen und ihre Partner, seien es Unternehmen, Universitäten oder Kultureinrichtungen. Erfolgreich werden die Städte sein, die in Zukunft bereit sind, ihre Innenstädte zu restrukturieren. In Heidelberg zum Beispiel werden schon heute ausgediente Kasernen und Bahnareale genutzt, um Viertel zu schaffen, die für Gewerbe, wissenschaftliche Institute und Stadtbewohner gleichermaßen attraktiv sind.Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft/Wirtschaftswoche, 2012 14

Wirtschaftsfreundlich: Die Topstädte für Unternehmen

1. Osnabrück2. Braunschweig3. Dresden4. Düsseldorf5. Leipzig

Motor Wirtschaft

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Page 18: Stadtansichten. Thesen und Positionen für die Stadt von morgen

Leere Kassen, hohe Schulden: Zahlreiche Städte in Deutschland leiden unter einem Haushaltsdefizit. Fast jede dritte Kommune ist so überschuldet, dass selbst ein wirtschaftlicher Aufschwung die Probleme nur lindert, aber nicht löst. Vor allem die Ausgaben für Soziales schränken den finanziellen Spielraum ein – gleichzeitig wachsen die Ausgaben für den Erhalt von Schulgebäuden, Straßen oder den öffentlichen Personennahverkehr. Aufgaben, die viele Städte in Zukunft nicht mehr allein bewältigen können. Es gilt, verlässliche Partner zu finden. Um Kosten zu sparen, müssen gerade kleinere Kommunen in ländlichen Regionen

künftig stärker als bisher zusammenarbeiten – sei es in der Verwaltung oder im Bereich sozialer Dienste. Auch Partner-schaften zwischen privaten Geldgebern und der öffentlichen Hand können sinnvoll sein. Unternehmen, Gewerkschaften, Vereine und Kirchen müssen zudem stärker Hand in Hand arbeiten und sich gemeinsam für ihre Stadt engagieren – zum Beispiel, indem sie Kitaplätze schaffen oder außer-schulische Bildungsprojekte ins Leben rufen. Jeder Akteur wird mit seinen Interessen und Ressourcen beteiligt und trägt Verantwortung. Es ist die Stunde des bürgerschaft-lichen Engagements.

Weiche Standortfaktoren spielen eine immer größere Rolle

Städte brauchen Partner, um zukunftsfähig zu sein

Die Globalisierung der Märkte, der Wandel zur Dienstleis-tungsgesellschaft und nicht zuletzt die alternde Gesellschaft werden den Standortwettbewerb zwischen den Kommunen verschärfen. Insbesondere größere Städte spüren bereits die wachsende nationale und internationale Konkurrenz. Kommu-nen müssen deshalb künftig mehr und mehr darauf setzen, neben den harten Standortfaktoren, wie zum Beispiel günsti-ge Steuersätze für Unternehmen, auch weiche Standortfakto-ren zu stärken. Dazu gehören unter anderem ein attraktives Wohnumfeld, ausreichend Kinderbetreuungsmöglichkeiten, gute Kultur- und Bildungsangebote und nicht zuletzt eine intakte Umwelt. So mancher Nachteil lässt sich damit wett-

machen: Selbst Kommunen, die mit den Folgen des Struktur-wandels und einer schrumpfenden Bevölkerung besonders konfrontiert sind, haben Entwicklungspotenzial, wenn sie sich auf ihre Stärken konzentrieren und für sie werben. Klei-neren und mittelgroßen Städten kann eine Zusammenarbeit in Netzwerken oder regionalen Verbünden große Chancen bieten. Wegweisende Lösungsansätze für die Kommunen von morgen können darüber hinaus Kooperationen in Form von gemeinsamen Gewerbeflächen oder einer regionalen Tourismus- oder Imageförderung sein. Nicht zu unterschätzen ist auch die Bedeutung einer engagierten Bürgerschaft, die künftig das städtische Leben wesentlich beeinflussen wird.

Dr. Walter Deffaa, Generaldirektor für Regionalpolitik und Stadtentwicklung, Europäische Kommission

Um Städte im Standortwettbewerb zu stärken, braucht es eine nachhaltige und integrative Stadtentwicklung. Dafür müssen Kommunen als Ganzes und unter Berücksichtigung von Umwelt und Res-sourcenverbrauch betrachtet werden.

Motor Wirtschaft

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Page 19: Stadtansichten. Thesen und Positionen für die Stadt von morgen

Prof. Dr. rer. nat. Dr. h. c. mult. Wolfgang Wahlster, Vorsitzender der Geschäftsführung und technisch-wissenschaftlicher Leiter, Deutsches Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz (DFKI) GmbH und Jury-mitglied „Ausgezeichnete Orte im Land der Ideen"

Produktionsanlagen in der Stadt haben ein großes Zukunftspotenzial. Diese urbane Produktion erleichtert es, Familie und Beruf auch räumlich zu vereinbaren, fördert die Erwerbstätigkeit im Alter und schont die Umwelt.

Business is the Backbone of the CitiesThere are around 3.6 million business enterprises in Germany, mainly small and medium in size. They are the economic backbone of cities and local authorities. Not for nothing do regional business development policies seek to attract and retain companies. But low trade tax rates alone have long ceased to be enough. In the future, local authorities must increasingly strengthen soft location factors. They include an attractive living environment, sufficient childcare facilities,

good cultural and educational offerings and, last but not least, an intact environment. New approaches are needed, and the successful cities will be the ones that are prepared to restructure their inner areas. Now more than ever, cities need reliable partners to support them, whether they are local authorities, companies, universities, or cultural institutions. All players will assume a role and bear responsibilities with their interests and resources.

beträgt das Finanzierungsdefizit deutscher Kommunen.

1,4 Mrd. €

Statistisches Bundesamt, 2012 15

Motor Wirtschaft

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Page 20: Stadtansichten. Thesen und Positionen für die Stadt von morgen

Die Stadt bietet eine denkbar gute Bühne für künstlerische Ausdrucksformen. Doch wie schaffen wir es, Kunst zu vermitteln, Dialoge zu entfachen oder – ganz banal – Menschen für ihre Umgebung zu interessieren? Es muss uns gelingen, Kunst und Kultur zu einem festen Bestandteil im Alltag der Menschen zu machen: in Museen, Konzerthallen, aber auch auf Smartphones und im öffentlichen Raum. Kunst ist, losgelöst von den Orten, an denen sie stattfindet, immer eine Erweiterung des Horizonts. Und überzeugt am Ende immer durch ihre Inhalte.

Kunst und Kultur als Inspiration für urbane Räume

Prof. Dr. Martin Roth ist Direktor des Victoria and Albert Museum in London und Juryvorsitzender des Wettbewerbs „Ausgezeichnete Orte im Land der Ideen“.

Von Prof. Dr. Martin Roth

Page 21: Stadtansichten. Thesen und Positionen für die Stadt von morgen

Kulturelle Angebote kommen in die NachbarschaftWie werden Kunst und Kultur in den wachsenden Städten der kommenden Jahrzehnte aussehen? Wird es neben den etablierten Institutionen mehr mobile Räume für kulturelle Erlebnisse wie Ausstellungen oder Konzerte geben? Wie auch immer sich die Form der Präsentation entwickelt: Schlussendlich werden Kunst und Kultur nur durch zeit-gemäße und relevante Inhalte überzeugen. Besondere

Kraft entfalten sie, wenn sie im Alltagsleben der Menschen präsent sind und vor Ort stattfinden. Das Bedürfnis der urbanen Bevölkerung nach kulturellem Angebot in ihrer direkten Umgebung wächst: Jeder fünfte Deutsche wünscht sich mehr davon in seiner Wohngegend,17 jeder zweite findet diesen Aspekt für sein Wohnumfeld im Alter wichtig.18 Kulturquartiere bieten erste alternative Ansätze: Sie vereinen einen Mix aus kreativen Akteuren, Wohnraum, Gastronomie und Handel. Künstler finden hier Arbeitsräume und inspirieren zugleich ihre Nachbarschaft. Der Kultur-campus Frankfurt und das Hamburger Gängeviertel setzen diese Idee bereits erfolgreich um. Auch für kleinere kultu-relle Projekte lassen sich bestehende urbane Räume neu definieren und zu „kreativen Keimzellen“ weiterentwickeln. So kann ein leerstehendes Fabrikgebäude im Hinterhof zum neuen Zuhause einer jungen Designmanufaktur werden. Die Herausforderung für die Stadt der Zukunft und ihre Bürger liegt darin, Ideen für innovative kulturelle Kristallisationspunkte zu schärfen und zu diskutieren.

Hamburgisches Weltwirtschaftsinstitut/Berenberg Bank, 2012 16

Jobmotor Kulturwirtschaft: Beschäftigte im Kulturbetrieb deutscher Großstädte

49.573 Berlin 40.140 München 38.569 Hamburg 23.517 Köln 22.047 Stuttgart

Schauplatz Kultur

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Page 22: Stadtansichten. Thesen und Positionen für die Stadt von morgen

Wir kommunizieren über Apps, Posts und Tweets – die Digi- talisierung prägt das gesellschaftliche Leben. Die Diskussi-onen um Urheberrecht, Leistungsschutz und den Wert des Werkes sind in vollem Gange. Gleichwohl eröffnet die Digita- lisierung gerade in der Vermittlung städtischer Kultur neue Chancen. Über das Social Web erreicht sie eine breitere Community. Der durchschnittliche deutsche Internetnutzer ist in drei Social Networks registriert.20

Viele Kultureinrichtungen nutzen diese Kanäle deshalb bereits zur aktiven Kommunikation mit Besuchern und Zuschauern. Neben der Interaktion werden digitale Tools auf der Inhaltsebene wichtiger, wie prominente Beispiele zeigen. Die Berliner Philharmoniker streamen Konzerte live in ihrer „Digital Concert Hall“. Münchner Museen ver- anstalten „Tweetups“: Führungen für Twitterer, die ihre Eindrücke live ihren Followern schildern. Das Sukiennice

Kinder und Jugendliche sollen für Theater, Ausstellungen & Co. begeistert werden

Digitale Kommunikation eröffnet neue Chancen

Die Gesellschaft verändert sich: Kulturinstitutionen und Kreativschaffende stehen vor der Aufgabe, den klassischen Kulturkanon neu zu denken und breiteren Bevölkerungs-schichten zugänglich zu machen. Wegweisend für die Stadt der Zukunft sind Angebote, die allen Kulturinteressierten die Möglichkeit gesellschaftlicher Teilhabe bieten. Beson-deres Augenmerk verdienen Kinder und Jugendliche. Um sie bereits früh für Kunst und Kultur zu begeistern, hat sich die Zusammenarbeit zwischen kulturellen Institutionen und Schulen als fruchtbar erwiesen. In den letzten Jahren ist die Zahl der Hauptschüler, die mit ihrer Schule kulturelle Ange-bote besuchten, laut Statistik zwar gestiegen.19 Die Chance, als Realschüler oder Gymnasiast mit der Schule eine Kultur-

einrichtung zu besuchen, ist jedoch immer noch ungleich höher. Ergänzend zum schulischen Engagement brauchen alle Kinder und Jugendlichen daher auch in ihrer Freizeit einen unkomplizierten Zugang zu kulturellen Angeboten. Seit in Großbritannien der freie Eintritt in allen nationalen Museen eingeführt wurde, hat sich die Zahl der jungen Besucher fast verdoppelt. Könnte dieses Konzept nicht auch in Deutsch-land funktionieren? Darüber hinaus gilt es, Kindern Kultur so spannend und unterhaltsam zu vermitteln, dass sie nicht als verordnetes Bildungsprogramm wahrgenommen wird. Wir alle stehen dabei vor einer zunehmend bedeutsamen Aufga-be: Als erwachsene „Kulturlotsen“ können und müssen wir an Kultur heranführen, Lust darauf machen und aktivieren.

Prof. Dr. Susanne Keuchel, Geschäftsführerin, Zentrum für Kulturforschung

Die Stadt der Zukunft baut auf kulturelle Bildung, die Junge wie Alte, bildungs-ferne wie bildungsnahe Bevölkerungs-gruppen sowie Menschen mit Migrations-hintergrund in gesellschaftliche Prozesse einbindet.

Schauplatz Kultur

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Page 23: Stadtansichten. Thesen und Positionen für die Stadt von morgen

Museum in Krakau experimentiert mit Augmented Reality und zeigt den Besuchern über ihr Smartphone zu den Ausstellungsobjekten passende Filmszenen. Für den Rezipienten wird Kultur damit nahbarer, sie unterhält und motiviert zum Mitmachen. Multimediale Vermittlungs- techniken werden die Kultur in der Stadt der Zukunft

nachhaltig prägen. Es wird Aufgabe der kulturellen Insti- tutionen sein, mit dieser Entwicklung Schritt zu halten – und dabei die Inhalte nicht zu vergessen: Sie dürfen dem Publikum nicht nur technische Spielereien bieten, sondern einen echten inhaltlichen Mehrwert.

Prof. Dr. Birgit Mandel, Institut für Kulturpolitik, Universität Hildesheim

Das Web 2.0 hat einen eigenen Kultur-raum geschaffen, in dem sich ein großer Teil städtischer Kultur abspielt.

Art and Culture as an Inspiration for Urban AreasThe city provides the best possible stage for artistic forms of expression. But how do we communicate art, provoke dialogues or, quite simply, interest people in their surround-ings? We must succeed in making art and culture an integral part of people’s everyday lives: in museums and concert halls, on smartphones and in public spaces. We all face an increasingly significant task. As adult “culture pilots” we must introduce children and young people to culture, get

them enthusiastic about it, and activate them. Multimedia communication techniques in particular will make a lasting mark on urban culture. The task for cultural institutions will be to keep pace with this development and not to forget the content. They must offer the public genuine added value and not just technical baubles. Art and culture will, after all, only carry conviction by means of timely and relevant content.

investieren Bund, Länder und Kommunen bis Ende 2013 in den Aufbau und Betrieb der Deutschen Digitalen Bibliothek. Sie wird künftig 30.000 deutsche Kultur- und Wissenschaftseinrichtungen vernetzen.

24 Mio. €

Bundesregierung, 2012 21

Schauplatz Kultur

23

Page 24: Stadtansichten. Thesen und Positionen für die Stadt von morgen

Wie wollen wir in der Stadt der Zukunft leben und arbeiten? Welche Visionen haben wir für die urbanen Zentren von morgen? Eine Beantwortung dieser Frage ist ohne Wissen schaft undenkbar. Ob Datenclouds, die es den Bewohnern der Stadt ermöglichen, immer und überall auf jede Information zuzugreifen, oder Roboter, die zukünftig den Alltag erleichtern: Bereits heute testen Wissenschaftler neue Ideen in Städten auf ihre Zukunftsfähigkeit und treiben den gesell-schaftlichen Umbau voran. Eine erfolgreiche Vernetzung von Forschern, Anwendern und Experten aus der Industrie kann diesen Wandel zusätzlich beschleunigen.

Städte helfen Innovationen auf die Sprünge

Prof. Dr.-Ing. habil. Hans-Jörg Bullinger ist Mitglied des Senats der Fraunhofer-Gesellschaft und Jurymitglied des Wettbewerbs „Ausgezeichnete Orte im Land der Ideen“.

Von Prof. Dr.-Ing. habil. Hans-Jörg Bullinger

Page 25: Stadtansichten. Thesen und Positionen für die Stadt von morgen

Die Stadt von morgen braucht Visionen aus Wissenschaft und ForschungDas Leben vieler Menschen auf engem Raum birgt Heraus-forderungen für die Zukunft – von der Energieversorgung bis zur Sicherheit im öffentlichen Raum. Forscher aus unterschiedlichsten Bereichen arbeiten schon heute an Lösungen. Ihre Visionen beflügeln den Wandel der Städte: Gebäudefassaden, die genug Strom erzeugen, um nicht nur das Haus zu versorgen, sondern auch noch das eigene Elektroauto aufzuladen; Mülleimer, die ihren Füllstand an die Stadtreinigung melden – und die beste Route für die Müllautos gleich dazu; Bürger, die per Smartphone ihre

Geburtsurkunde bei der Stadtverwaltung abrufen oder mit der Monatskarte für die U-Bahn gleichzeitig die Möglichkeit zum Car-Sharing erwerben; begrünte Dächer und Wände, die das Mikroklima der Stadt regulieren – und als Gemein-schaftsgärten fungieren. Unter Schlagworten wie Smart Home, Multi-Energy-Smart-Grid oder OpenData-Portal gibt es viele solcher Ideen und Ansätze, die das Leben in Städten verbessern sollen. Zu den zentralen Herausforderungen der Zukunft gehört es, genau diejenigen Technologien und Innovationen dafür weiterzuentwickeln, die sich an den Bedürfnissen der Menschen in der Stadt von morgen orien-tieren – sowie Akzeptanz für sie zu schaffen und Machbar-keit aufzuzeigen. Partner aus Kommunen, Wirtschaft und Wissenschaft müssen zukünftig noch viel mehr gemeinsam ausloten, welche Ideen das größte Potenzial haben.

in Forschung und Entwicklung investiert.

In Deutschland wurden 2011

74,68 Mrd. €

Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie, 2013 22

Denkzelle Wissenschaft

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Page 26: Stadtansichten. Thesen und Positionen für die Stadt von morgen

Im Gegensatz zu bereits stark urbanisierten Ländern wie Deutschland wachsen die Metropolen in anderen Teilen der Welt in atemberaubendem Tempo: Neuer Stadtraum für bis zu 3,4 Milliarden Menschen muss dafür weltweit in Zukunft entstehen.23 Hier liegt eine Chance für Deutschland als Leitanbieter für Know-how. Sowohl im politischen als auch im technischen und wissenschaftlichen Bereich gibt es viele Ansätze, Ideen und Systemwissen aus Deutschland interna-tional zu vermarkten. Innerhalb der „Morgenstadt“-Initiative der Fraunhofer-Gesellschaft erproben Wissenschaftler

beispielsweise in verschiedensten Projekten und Städten gemeinsam mit internationalen Partnern zukunftsfähige Innovationen. In Santiago de Chile planen deutsche Forscher die Smart City mit sicheren IT-Strukturen und Erdbeben-Notfallplänen. Saudi Arabien setzt bei der Vision einer Post Oil City – einer Stadt, die ihren Energiebedarf vollständig ohne fossile Brennstoffe deckt – auf die Expertise deutscher Forscher und Ingenieure. Von internationalen Projekten wie diesen können deutsche Städte als Wissenschaftsstandorte wirtschaftlich besonders profitieren.

Städte müssen Wissensnetzwerke fördern

Wissenschaft macht Deutschland international konkurrenzfähig

Wissen verteilt sich im städtischen Raum auf viele Diszipli-nen und Akteure. Gerade in der Forschung engagieren sich die unterschiedlichsten Institutionen – von Hochschulen über private Stiftungen und Entwicklungsabteilungen in Un-ternehmen bis hin zu Bürgerinitiativen. Wie aber entstehen die Ideen, die Deutschland und seine Städte und Regionen in Zukunft so dringend benötigen? Die Erfolgsformel lautet: Vernetzung der Wissensakteure. Städte sind prädestiniert dafür, das regionale Zusammenspiel aus Wissenschaft, Industrie und Verwaltung zu fördern. Sie bieten eine gute Infrastruktur sowie das kreative Potenzial all ihrer Bewoh-ner – und können auf diese Weise Innovationen anstoßen und befördern. In Karlsruhe zum Beispiel erarbeiten im Innovationsnetzwerk Regional Eco Mobility 2030 mehrere

Fraunhofer-Institute, das Karlsruher Institut für Technologie KIT sowie zahlreiche Partner aus der Industrie Konzepte für die urbane Mobilität von morgen. Im Fraunhofer-Innova-tionsnetzwerk „Morgenstadt: City Insights“ verbünden sich Städte und Regionalcluster mit Forschung und Industrie, um Lösungen für Kooperation und Innovation zu entwickeln. Die Beispiele zeigen: Urbane Räume dienen als Nährboden für vernetztes Handeln. Nur wenn es gelingt, solche Netzwerke stärker zu fördern, wird der Weg von der Idee im Labor bis zur marktreifen Umsetzung beschleunigt. Vor allem kleinere Städte können in Nischen so schnell zu Marktführern reifen, wie die Beispiele Tuttlingen (Medizintechnik), Jena (Optik) oder Stade (Recyclingtechnik) zeigen.

Prof. Christa Reicher, Fakultät Raumplanung, Technische Universität Dortmund

Die Wissenschaft muss Konzepte für urbanes Zusammenleben entwickeln, die Ressourceneffizienz, soziale Balance und Ästhetik in Einklang bringen.

Denkzelle Wissenschaft

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Page 27: Stadtansichten. Thesen und Positionen für die Stadt von morgen

In Zukunft gilt es, verstärkt weltweit Kontakte zu knüpfen und für Forschungsideen aus Deutschland zu werben. Wenn es uns gelingt, das vorhandene Wissen ganzer Städte und Regionen zu bündeln, können wir problemlos kreative Lösungen für die zukünftigen Herausforderungen finden.

Prof. Dr. Gerd Michelsen, Vorsitzender Fachausschuss Wissenschaft, Deutsche UNESCO-Kommission e.V.

Wissenschaft braucht kommunale Partner aus Wirtschaft und Gesellschaft, um wirklich nachhaltige Lösungen zu finden.

Cities Help Get Innovations Up and RunningHow do we want to live and work in the city of tomorrow? What are our visions for its urban centres? An answer to this question is inconceivable without science. From data clouds that enable city dwellers to access any information at any time, anywhere to robots that in future will make daily life easier, scientists are already testing new ideas for sustain-ability in the city and driving social reconstruction forward. A successful network of researchers, users and industry

experts can push this change forward even faster. Both in politics and in science and technology Germany has many ap-proaches, ideas and system know-how that can be marketed around the world. In the future, more attention must be paid to establishing international contacts and advertising research ideas from Germany. If we succeed in combining existing knowledge from entire cities and regions, we will have nodifficulty in finding creative solutions to future challenges.

Land der Ideen: Weltmarktrelevante Patente im internationalen Vergleich (Angaben je Mio. Einwohner)

Deutscher Bundestag, 2012 24

Deu

tsch

lan

d

400

300

200

100

0

368

147

EU

27

US

A

Jap

an

166

250

Denkzelle Wissenschaft

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Page 28: Stadtansichten. Thesen und Positionen für die Stadt von morgen

Das Umweltbewusstsein der Deutschen wächst. Lebensqualität definieren sie zu-nehmend über Nachhaltigkeit und Natur- nähe. Beides wird mehr und mehr zum Standortfaktor für Städte und Gemeinden. Sie stehen vor der großen Aufgabe, dem wachsenden Bürgerwunsch nach idealen Umweltbedingungen wie sauberer Luftoder mehr Grünflächen zu entsprechen.Die Chancen für die Umsetzbarkeit dieser Ziele steigen, wenn die rechtlichen, wirt-schaft lichen und politischen Rahmen-bedingungen stimmen. Und wenn jederEinzelne umweltbewusst denkt und handelt.

Sauber, grün, umweltfreundlich: Naherholungs-gebiet Stadt

Boris Palmer ist Oberbürgermeister der Universitätsstadt Tübingen und Mitglied des Fachbeirats „Ideen finden Stadt“.

Von Boris Palmer

Page 29: Stadtansichten. Thesen und Positionen für die Stadt von morgen

Abgasarme Mobilität lässt Stadtbewohner aufatmenDie Erdölreserven gehen zur Neige, die Preise für fossile Brennstoffe steigen. Auch im Verkehrsbereich steht daher die Energiewende an – und der Abschied vom Statussymbol Auto: Der Pkw wird in der Stadt der Zukunft an Bedeutung

verlieren. Intermodalverkehr, der Wechsel zwischen den Verkehrsmitteln, wird stattdessen zur Formel für mehr Nachhaltigkeit und Flexibilität. Eine wichtige Rolle spielt dabei der öffentliche Nahverkehr. Die Herausforderung für Verkehrsunternehmen, Kommunen und Verbände liegt dar-in, Anreize wie zum Beispiel neue Tarifmodelle zu schaffen, um Stadtbewohner zum Umsteigen auf Busse und Bahnen zu bewegen. Außerdem werden künftig immer mehr alter-nativ angetriebene Fahrzeuge wie Elektro- oder Erdgasautos unterwegs sein. Die Aufgaben für Politik, Wirtschaft und Wissenschaft sind, bezahlbare Modelle zu entwickeln und die Infrastruktur für alternative Kraftstoffe weiter auszubau-en. Besonders Elektrofahrräder entwickeln sich im Stadtver-kehr zur echten Alternative zum Pkw. In den letzten Jahren stieg die Zahl der E-Bikes auf deutschen Straßen bereits auf über 1,3 Millionen.26 Ein Trend, der langfristig die Städte verändern könnte: Pkw-Parkplätze weichen Fahrradstell-plätzen, Autostraßen werden zu Radschnellwegen. Städte wie Kopenhagen oder Paris mit zum Teil kostenlosen E-Bike-Verleihsystemen sind in diesem Feld wegweisend.

Arbeitsgruppe Erneuerbare Energien, 2013 25

Erneuerbare Energien im Vergleich: Windkraft ist in Deutschland Stromerzeuger Nummer eins

33,8 % Wind

30 % Biomasse

15,6 % Wasser

20,6 % Sonne

Energiequelle Umwelt

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Page 30: Stadtansichten. Thesen und Positionen für die Stadt von morgen

Grünflächen sind für 81 Prozent der deutschen Großstädter ein wichtiges Kriterium für Lebensqualität.27 Künftig wer-den Parks oder Wiesen aus diesem Grund schon bei der Planung der neuen Stadtquartiere berücksichtigt: In den Quartieren sollen Wohnen und Arbeiten genauso möglich werden wie Einkaufen oder kulturelles Leben. Grünanlagen werden innerhalb der einzelnen Stadtviertel für Erholung sorgen. Betonierte Flächen zu begrünen, können und wollen sich viele Städte und Gemeinden jedoch nicht leisten. Eine wichtige Aufgabe für kommunale Entscheider, Stadtplaner

und Landschaftsarchitekten ist es daher, vorhandene Anlagen gezielter zu pflegen, damit sie von den Bewohnern besser genutzt werden können. Hier sind Fantasie und innovative Ideen gefragt – wie auch bei den Konzepten, die dabei helfen, naturnahen Lebensraum lebenswerter zu gestalten. Bei der Suche nach Lösungsvorschlägen stehen nicht nur Vertreter der Städte und Gemeinden in der Pflicht. Auch und gerade externe Anstöße vonInstitutionen, Initiativen und Vereinen sind unerlässlich.

In der Stadt der Zukunft wird Energie vor Ort gewonnen

Grüne Oasen werden zum Standard in Stadtquartieren

Sonne, Wind, Wasser: Nach dem fossil-atomaren Ausstieg werden erneuerbare Energien immer wichtiger. Großes Zukunftspotenzial birgt dabei die dezentrale Energieerzeu-gung, bei der Strom oder Wärmeenergie in unmittelbarer Verbrauchernähe gewonnen wird. Die Vorteile: Transport-kosten und -verluste sind deutlich geringer als bei zentralen Kraftwerken. Während derzeit im ländlichen Raum vor allem Solar- und Windkraftanlagen entstehen, setzen Unter-nehmen, Kommunen und Privatpersonen in den räumlich begrenzten Städten bei der dezentralen Energie erzeugung auf Kraftwärmekopplungsanlagen, Blockheizkraftwerke und auf Sonnenenergie. Die Herausforderung für die Städte und Gemeinden: Künftig müssen sie ihre Bewohner noch stärker

vom Nutzen der Solarenergie überzeugen, zum Beispielmithilfe von öffentlichen Photovoltaik-Anlagen oder Wohn-projekten, die sich selbst mit Energie versorgen. Haupt-problem bleibt die Finanzierung, die bisher die schnelle Dezentralisierung der Energieversorgung hemmt. Helfen können Zusammenschlüsse mehrerer Nutzer, die sich auf diese Weise die Kosten für eine Solaranlage teilen. Auch Kooperationen mit der Wirtschaft, so genannte Contracting-Lösungen, bieten sich für Hausgemeinschaften, Unter- nehmen und Institutionen bis hin zu Stadtwerken an. Ein ökonomischer Pluspunkt dezentraler Energieerzeugung in den Städten: Wird die Energie vor Ort erzeugt, kommtdas auch der Regional wirtschaft zugute.

Eric Heymann, Senior Economist, Deutsche Bank Research

Um in Zukunft mehr Menschen für grüne Mobilität zu gewinnen, müssen alternative Antriebe günstiger und die Infrastruktur für nachhaltige Kraftstoffe ausgebaut werden.

Energiequelle Umwelt

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Page 31: Stadtansichten. Thesen und Positionen für die Stadt von morgen

Prof. Dr. Ulrich Gebhard, Fachbereich Erziehungswissenschaft, Universität Hamburg

In der Stadt der Zukunft brauchen wir vor allem für Kinder mehr naturbelassene Freiflächen. Diese wirken sich positiv auf die seelische und soziale Entwicklung wie auch Gesundheit und Wohlbefinden aus. Zudem fördern positive Naturerfahrungen in der Kindheit das spätere Umweltbe-wusstsein von Erwachsenen.

Clean, Green, Eco-friendly: The City as a Local Recreation AreaGermans increasingly define quality of life in terms of sustain-ability and being close to nature. Both will become a key location factor as cities and local authorities face the task of complying with a growing public desire for ideal environ-mental conditions such as clean air or more green spaces. The prospects of achieving these objectives will improve if the underlying legal, commercial and political conditions are right – and if everyone thinks and acts in an eco-friendly

manner. One possibility is to switch to alternative propulsion techno logies. The future will see more and more battery- or natural gas-powered cars on city streets. Politics, business and science must develop affordable models and further upgrade the alternative fuel infrastructure. Local power generation for heating or electricity also has great potential. Innovative ideas are needed to convince more city dwellers of the benefits of solar power.

der Deutschen wünschen sich, künftig weniger auf das eigene Auto angewiesen zu sein: Stadtentwickler sollen dafür sorgen, dass Bürger mehr Wege mit öffentlichen Verkehrsmitteln, Fahrrad oder zu Fuß zurücklegen können.

70%Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit/ Umweltbundesamt, 2012 28

Energiequelle Umwelt

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Page 32: Stadtansichten. Thesen und Positionen für die Stadt von morgen

Lebenschancen hängen vom eigenen Wissen und dem Wissensschatz der Gesellschaft ab, in der wir leben. Die Menge an verfügbaren Informationen wächst dank Computer und Internet rasant: Schreiben sich die Steigerungs-raten der letzten Jahrzehnte künftig fort, dann wird sich unser Wissen 2050 täglich verdop-peln. Angesichts dieser Informationsexplosion brauchen wir ein geeignetes Wissensmanage-ment. Wollen wir dieses Management nicht allein modernen Informationstechnologien überlassen, muss Bildung diese Kompetenz fördern. Soll die Stadt von morgen zukunfts-fähig bleiben, müssen wir das viele Wissen und das Wissen der Vielen so intelligent und wirkungsvoll wie möglich handhaben. Es gilt, Bildungsakteure stärker miteinander zu ver-netzen und eine Kultur des selbstständigen Lernens zu schaffen und zu stärken.

Urbane Räume schaffen Wissen für alle

Prof. Dr. Gerhard de Haan ist Erziehungswissenschaftler an der Freien Universität Berlin und Vorsitzender des Deutschen National-komitees für die UN-Dekade „Bildung für nachhaltige Entwicklung“.

Von Prof. Dr. Gerhard de Haan

Page 33: Stadtansichten. Thesen und Positionen für die Stadt von morgen

Bildung bringt alle Kulturen ins SpielStädte sind Magnete der Zuwanderung. Rund 40 Prozent aller Berliner Kinder und Jugendlichen unter 18 Jahren haben einen Migrationshintergrund.29 Gerade der urbane Raum birgt die besten Chancen für ein Miteinander der verschiedenen Kulturen. In der Stadt der Zukunft wird Bildung zum Vermittler zwischen den Kulturen und festigt das Zusammengehörigkeitsgefühl. Menschen unter-schiedlicher Herkunft besitzen eine große Bandbreite von Erfahrungen und Wissen. Ein Potenzial, das angesichts

der Herausforderungen der globalisierten Welt nicht unge-nutzt bleiben darf. Das Projekt „Stadtteilmütter“ etwa ist ein Versuch, interkulturelles Wissen als Scharnier zwischen Bildungs institutionen und Bewohnern zu nutzen: In Städten wie Berlin, Köln oder Fulda engagieren sich Mütter und Großmütter mit Migrationshintergrund als Erziehungs-beraterinnen, klären bildungsferne Familien beispielsweise über die Notwendigkeit von Sprachförderung auf. Nebenbei können sie einen Abschluss als Sozialassistentin ablegen. Der Erfolg: individueller Motivationsschub, Lebenshilfe und Quartieraufwertung in einem. Insbesondere problemati-schen Stadtvierteln kommt ein solches Engagement zugute. Denn verbessern sich die Bildungsangebote, verändert sich auch das soziale Klima. Die Vernetzung der Bildungsakteure darf dabei kein Inselthema der Institutionen sein: Kom-munale Experten aus Wirtschaft, Kultur oder Verwaltung müssen die integrative Kraft der Bildung und Weiterbildung gemeinsam fördern.

Bildung findet Stadt: Die deutschen Metropolen mit den besten Lernbedingungen

5. Frankfurt am Main

1. München2. Dresden

3. Stuttgart4. Nürnberg

Bertelsmann Stiftung, 2011 30

Ideenschmiede Bildung

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Page 34: Stadtansichten. Thesen und Positionen für die Stadt von morgen

1.500

Bildungsakteure sind die Schrittmacher für Nachhaltigkeit

Digitalisierung, Globalisierung, demografischer Wandel: Die neue Welt verlangt ein permanentes Update unserer Kompetenzen. Einerseits üben wir nicht zwangsläufig ein Leben lang denselben Beruf aus. Andererseits verändern sich die Anforderungen in unseren Berufen rapide. Die Konsequenz: Wir müssen schneller und länger lernen, um mit den Veränderungen Schritt zu halten. Wissen gilt in der Ökonomie mittlerweile als vierter Produktionsfaktor neben Kapital, Arbeit und Natur. Städtische Infrastrukturen übernehmen in Zukunft beim lebenslangen Lernen eine besondere Rolle. Die Aufgabe lautet, Bildungsbündnisse

Bildungsbündnisse stillen lebenslangen Wissensdurst

Wachsende Lärmbelastung, steigende Mieten, zunehmen-der Verkehr: In vielen Städten steht das Wohlbefinden der Bewohner auf dem Spiel. Wollen urbane Räume attraktiv bleiben, müssen sie sich nachhaltig entwickeln. Das geht nicht ohne eine Bildung, die das Bewusstsein schärft und zu Innovationen befähigt. Denn sie hilft nicht nur, Produkte ressourcenschonend zu verbessern, sondern sensibilisiert für einen fairen Umgang mit der Umwelt. Beispiel E-Mobi-lität: Die Macht der Gewohnheit eines eigenen und großen Autos hemmt die Bemühungen, den Individualverkehr mithilfe alternativer Antriebe nachhaltiger zu gestalten. Wer aber mit der Dringlichkeit CO2-neutraler Mobilität von Kindesbeinen an vertraut ist, steht der neuen Technik viel offener gegenüber. Um das Thema Nachhaltigkeit stärker im gesellschaftlichen Bewusstsein zu verankern, haben die Vereinten Nationen die Jahre 2005 bis 2014 zur Weltdekade „Bildung für nachhaltige Entwicklung“ ausgerufen. Nach-haltigkeit muss zur Selbstverständlichkeit werden – beson-ders in urbanen Lebensräumen. Und zwar von Anfang an. Erste Ansätze gibt es. So wurden beispielsweise Methoden und Inhalte für nachhaltige Bildung im Rahmen der Pro-gramme „21“ und „Transfer 21“ an mehr als 2.500 Schulen in Deutschland etabliert. Ein erfolgversprechender Ansatz,

denn jede Aktivität wirkt nicht nur nach innen, sondern vielfach nach außen – von Schülern aufs Elternhaus, von Schulen auf Kommunen. Auf dem Weg zur lebenswerten Stadt von morgen bedarf es jedoch der Einbindung vieler weiterer Bildungsakteure.

Projekte und 15 Kommunen hat die Deutsche UNESCO-Kommission seit 2005 als erfolgreiche deutsche Beiträge zur UN-Dekade „Bildung für nachhaltige Entwicklung“ ausgezeichnet.

Cornelia Quennet-Thielen, Staatssekretärin, Bundesministerium für Bildung und Forschung und Jurymitglied „Ausgezeichnete Orte im Land der Ideen“

Erst gute Bildungsangebote machen Städte und Gemeinden attraktiv. Sie schaffen die Grundlage für persönliche und berufliche Erfolge, setzen Impulse für neue Ideen und damit auch für unsere Zukunftsfähigkeit.

Deutsche UNESCO-Kommission, 2012 31

Ideenschmiede Bildung

34

Page 35: Stadtansichten. Thesen und Positionen für die Stadt von morgen

Urban Areas Create Knowledge for All

zu schmieden, da klassische Bildungseinrichtungen die Fülle der Kompetenzen nicht mehr allein vermitteln können. Die Zusammenarbeit unterschiedlicher Institutionen wie Schule, Kirche, Vereine oder lokale Wirtschaft ergänzt in diesem Zusammenspiel erlerntes Wissen praxisnah. Die Frage heißt künftig: Welche Bildungsmaßnahme ist für wen wann besonders förderlich und wer kann am besten dabei helfen, ein Bildungsziel zu erreichen? Ziel muss es sein, Akteure in den Städten zu identifizieren, die „Lern- biografien“ der Bewohner langfristig begleiten. Die Vision: Kommunale Bildungsnetzwerke verbessern die Bildungs-teilhabe aller Stadtbewohner.

Opportunities in life depend on what we know and on the fund of knowledge of the society in which we live. Thanks to computers and the Internet the amount of available information is increasing rapidly. If the growth rates of recent decades continue, our fund of knowledge will double daily by 2050. In view of this information explosion we need suitable knowledge management. If we do not want to entrust this management solely to modern information technologies, education must promote this competence. If the city of

tomorrow is to remain viable, we must handle all this know-ledge and the knowledge of so many as intelligently and effectively as possible. Mediating between cultures and con-solidating the sense of a common bond among city dwellers will be an important task for the educational sector. A further challenge for the future will be to interlock educational players more closely and to create and strengthen a culture of autonomous learning.

Prof. Dr. Inka Bormann, Institut für Erziehungswissenschaft, Philipps-Universität Marburg und Schirmherrin, studentische Initiative ROCK YOUR LIFE! Marburg e.V.

Die Vernetzung von kommunalen Bildungsträgern, Unternehmen, Jugend-hilfe und -bildung mit Schülerinnen und Schülern aus benachteiligten Situationen ist eine der wichtigsten Aufgaben für die gesellschaftliche Zukunft, um jungen Menschen den Weg in Bildung und Beruf zu ebnen.

Ideenschmiede Bildung

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Page 36: Stadtansichten. Thesen und Positionen für die Stadt von morgen

Globalisierung, demografischer Wandel und Zuwanderung verändern das Gesicht unserer Gesellschaft. Nirgendwo wird sich das in Zukunft deutlicher zeigen als in den Städten. Hier leben immer mehr Menschen unterschiedlicher Herkunft und Religion, aus verschiedenen sozialen Milieus und mit individuellen Lebensstilen zusammen. Eine Vielfalt, die gleichermaßen Chancen und Herausforderungen birgt. Kommunen und Bürger müssen sich künftig daran messen lassen, wie sie diese Herausforderungen meistern. Mitbestimmung und Beteiligung der Einwohner spielen dabei eine herausragende Rolle – denn erst die Menschen machen eine Stadt lebenswert und geben ihr eine Seele.

Die Menschen sind die Seele der Stadt

Birgit Quien ist Präsidentin des Vereins denkwerk-stadt saarbrücken und Mitglied des Fachbeirats „Ideen finden Stadt“.

Von Birgit Quien

Page 37: Stadtansichten. Thesen und Positionen für die Stadt von morgen

Städte müssen die Kluft zwischen den Identitäten überbrückenGesellschaftliche Vielfalt verleiht der Stadtgemeinschaft ihr unverwechselbares Gesicht. Gegensätze entstehen dabei nicht nur durch die soziale Situation. Vielfalt speist sich aus Bildung, Herkunft, Religion, Kultur oder Lebensstilen.

Die Fragen für die Zukunft lauten: Wie wird aus dem Nebeneinander der Identitäten ein Miteinander? Und wie können Kommunen Gemeinsamkeiten stiften und fördern? Für sie, ihre Bürger und ortsansässige Unternehmen ist die Vielfalt der städtischen Gemeinschaft Chance und Herausforderung zugleich. Beispiel Migrationshintergrund: Menschen aus anderen Kulturkreisen sind Impulsgeber – ob im sozialen Miteinander, für Kunst und Kultur oder im Wirtschaftsleben. Künftig muss es jedoch gelingen, jeden mit seinen Kenntnissen und Fähigkeiten zu beteiligen.Denn wird die Vielfalt nicht genutzt und gefördert, droht die Gefahr der sozialen Verinselung und die Spaltung der Stadtgesellschaft – am deutlichsten sichtbar an der Ent-stehung von so genannten „Problemvierteln“. Wie also können neue Formen des Zusammenhalts entstehen, die die städtische Gemeinschaft stärken? Sowohl die Kommu-nen als auch die Bürger sind bei der Bewältigung dieser Aufgabe gefragt, um die Lebensqualität in den Städtenund Gemeinden von morgen zu erhalten. Bestehende Ansätze reichen von Aktionsbündnissen oder Bürgerinitia-tiven bis hin zu sozialen Netzwerken im Internet, die mehr Mitbestimmung ermöglichen und Beteiligung fördern.

Menschen mit Migrationshintergrund aus 194 Ländern leben in Deutschland.

10,7Mio.

Statistisches Bundesamt, 2012 32

Treffpunkt Gesellschaft

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Page 38: Stadtansichten. Thesen und Positionen für die Stadt von morgen

Im Jahr 2060 wird jeder dritte Deutsche 65 Jahre oder älter sein.35 Der demografische Wandel zwingt die Städte zum Handeln: Schon heute fehlen rund 2,5 Millionen Wohnungen für Ältere.36 Auch Wohnumfeld und Infrastruktur gilt es an-zupassen. Dazu gehören barrierefreie öffentliche Verkehrs-mittel und -wege, aber auch eine medizinisch-pflegerische Versorgung, Einkaufsmöglichkeiten und Treffpunkte direkt im Wohnviertel. Ziel muss sein, die gesellschaftliche Teilhabe der „aktiven Senioren“ zu erhöhen. Denn ihre Erfahrungen sind ein Schatz, von dem alle Generationen profitieren. Soll eine integrierende Stadtteilentwicklung verwirklicht werden und das soziale Miteinander der Generationen in den Wohn-quartieren der Zukunft gelingen, müssen alle Beteiligten –

Kommunen, Wohnungsunternehmen, Wohlfahrtsverbände und Senioren-Selbstorganisationen – ihre Arbeit verzahnen. Um die individuellen Bedürfnisse der Bürger stärker zu berücksichtigen, sollten diese bereits bei der Planung einbezogen werden – mehr Dialog ist gefragt. Erste gute Beispiele gibt es schon: „Runde Tische“, Netzwerke oder Quartiersprojekte, die von Kommunen und Bürgerschaft getragen werden. Davon brauchen die Städte noch viel mehr. Die Mühe lohnt sich: Ältere können weiterhin in ihren vertrauten Wohnquartieren bleiben. Heimaufenthalte werden verzögert oder sogar vermieden. Davon profitieren Bürger und Kommune nicht nur finanziell.

Die Stadt von morgen braucht das Engagement ihrer Bürger

Kommunen profitieren von mehr Lebensqualität im Alter

Angesichts gesellschaftlicher Veränderungen wird bürger-schaftliches Engagement als soziales Kapital immer wich-tiger. Fördert es doch Zusammenhalt und Gemeinsinn – Stärken, die die Städte von morgen brauchen. Schon heute beteiligen sich Bürger vielerorts an der Gestaltung des öffent-lichen Raumes: sei es, indem sie Parks pflegen, Bürgerbusse organisieren oder Kitas in Eigenregie betreiben. Mehr als ein Drittel der Menschen und rund 64 Prozent der Unternehmen setzen sich unentgeltlich für andere ein.33 Doch bürgerschaft-liches Engagement ist kein Selbstläufer. Immer weniger

Menschen sind bereit, sich langfristig zu engagieren und zum Beispiel ehrenamtliche Leitungsfunktionen zu überneh-men. Stattdessen nehmen kurzfristige oder unregelmäßige Formen des Engagements zu.34 Um sich künftig entfalten zu können, braucht Engagement bessere Rahmenbedingungen: finanzielle Unterstützung und Wertschätzung seitens der Politik, Wirtschaft und Gesellschaft sowie vor allem den notwendigen Freiraum. Werden dafür die Voraussetzungen geschaffen, gewinnen in Zukunft alle: Bürgerschaftliches Engagement macht eine Stadt lebenswert.

Prof. Dr. Roland Roth, Institut für Demokratische Entwicklung und Soziale Integration

Bürgerschaftliches Engagement entfaltet nur dann seine Wirkung, wenn die Bürger mitentscheiden und gestalten können. Ein Lückenbüßer für wegfallende kommunale Aufgaben ist es nicht.

Treffpunkt Gesellschaft

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Page 39: Stadtansichten. Thesen und Positionen für die Stadt von morgen

Prof. Dr. Dr. h.c. Gesine Schwan, Präsidentin der Humboldt-Viadrina School of Governance in Berlin

Städte sind gefragt, verschiedene kommunale Akteure wie Wohnungs-wirtschaft, Wohlfahrtspflege, Architekten oder Seniorenorganisationen zusammen-zubringen, damit sie gemeinsam für eine alters- und bedarfsgerechte Wohn- und Infrastruktur sorgen.

People are the Soul of the CityGlobalization, demographic change, and immigration are changing the face of society. Nowhere will that be more readily apparent in the future than in the cities. The cities are the place where more and more people of different origins and creeds, from different social backgrounds and with individual lifestyles live together. This diversity offers opportunities and poses challenges in equal measure. In the future, cities and citizens will be measured by how well they master these challenges. Co-determination and participation of residents

will play a key role because it is people who make a city worth living in and give it a soul. In view of societal changes, participation of older people will grow increasingly important, and civic commitment as social capital will gain a new signifi-cance. If it is to unfold in the future, this commitment must, however, receive financial support and be held in esteem by politics, business, and society, while enjoying the scope that it needs for development.

Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, 2012 37

Sport, Schule, Kirche: Das Spektrum bürgerschaftlichen Engagements

Bevölkerung ab 14 Jahren, Angaben in Prozent, Mehrfachnennungen

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10,1

6,9 6,9

5,2 5,24,6

Treffpunkt Gesellschaft

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Page 40: Stadtansichten. Thesen und Positionen für die Stadt von morgen

Stadt, Land, MeinungWie wohnen die Menschen heute in der Stadt und auf dem Land? Was schätzen sie an den Metropolen? Was bereitet ihnen Sorgen und was wünschen sie sich für die Zukunft? So denken die Deutschen über das Leben im urbanen und ländlichen Raum.

der Städter schätzen das attraktive Wohnumfeld.

46%

der befragten Frauen wünschen sich künftig autofreie Stadtzentren. Unter den befragten Männern stimmt dem nur jeder Vierte zu.

42%

Jeder 5.Landbewohner möchte künftig lieber in der Stadt wohnen.

Jeder 2.Städter macht sich Sorgen, dass die Mieten oder Preise für Wohneigentum künftig steigen.

Page 41: Stadtansichten. Thesen und Positionen für die Stadt von morgen

aller Deutschen möchten stärker mitbestimmen, wofür Steuergelder an ihrem Wohnort verwendet werden.

¾

der Befragten in ländlichen Regionen wünschen sich mehr kulturelle An gebote in der Nähe ihres Wohnorts.

45%

Jeder 3.Landbewohner glaubt: Im Alter lässt es sich in der Stadt besser leben.

Etwa jeder 3.Deutsche wäre bereit, für Strom, der umweltfreundlich vor Ort produziert wird, mehr zu bezahlen.

Nur 8%der Landbewohner glauben, dass Kinder in der Stadt glücklicher sind.

der Befragten wünschen sich, dass private Initiativen für Kindergärten oder Kinderbetreuung durch die Kommunen stärker unterstützt werden.

79%

Studie von TNS Infratest im Auftrag der Deutschen Bank, Februar 2013

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Page 43: Stadtansichten. Thesen und Positionen für die Stadt von morgen

Ideen finden Stadt: Wegweisende Projekte aus ganz Deutschland

Wie wird der Verkehr in den Metropolen in Zukunft klima-freundlicher? Was kann man tun, um Städte und Gemein-den, aus denen die Menschen wegziehen, wieder attraktiv zu machen? Wie werden Jung und Alt in einer alternden Gesellschaft zusammenleben? Dies sind nur einige von vielen Fragen, die die Städte und Gemeinden von heute und morgen bewegen. Der Wettbewerb „Ausgezeichnete Orte im Land der Ideen“ würdigt 2013/14 zum Jahresthema „Ideen finden Stadt“ Projekte, die richtungsweisend sind für die Zukunft der urbanen Räume und Regionen Deutsch-lands. Gefragt sind Innovationen, die sowohl nationalen als auch internationalen Vorbildcharakter haben und andere inspirieren.

Am Wettbewerb teilnehmen können Unternehmen und Forschungsinstitute, Kunst- und Kultureinrichtungen, Universitäten und Initiativen sowie soziale und kommunale Einrichtungen.

Der Wettbewerb „Ausgezeichnete Orte im Land der Ideen“

Mit viel Kreativität, Leidenschaft und Einfallsreichtum entwickeln Menschen in ganz Deutschland jeden Tag aufs Neue Ideen und Innovationen. Projekte, die eine Bühne verdienen, auf der sie wahrgenommen werden. Mit der Auszeichnung und Würdigung dieser Ideen machen die Initiative „Deutschland – Land der Ideen“ und die Deutsche Bank die Innovationskraft kreativer Köpfe im In- und Ausland sichtbar. Seit 2013 steht der Wettbewerb im Zeichen eines Jahresthemas undprämiert jährlich 100 Projekte, die Lösungen für die Herausforderungen des jeweiligen Themas bieten.Die Preisträger haben mit ihren Projekten und Ideen nationale und internationale Vorbildwirkung.

Hervorgegangen ist der Wettbewerb aus der Veran- staltungsreihe „365 Orte im Land der Ideen“. Im Zuge des Wettbewerbs haben die Initiative „Deutschland – Land der Ideen“ und die Deutsche Bank seit 2006 bereits mehr als 2.500 wegweisende Projekte in ganz Deutschland ausgezeichnet.

Weitere Informationen unter ausgezeichnete-orte.de

Ideas for the City: Pioneering Projects from Across Germany

The annual “Landmarks in the Land of Ideas” topic for 2013/14 is “Ideas for the City” – trend-setting projects for the future of urban spaces and regions in Germany. It seeks to identify the 100 best national and international pioneering ideas in business, the arts, science, ecology, education and society. The “Germany – Land of Ideas” initiative and Deutsche Bank thereby aim to highlight the innovative force of creative minds at home and abroad.

Wettbewerb 2013/14

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Vorsitz

• Prof. Dr. Michael Hüther Direktor und Mitglied des Präsidiums, Institut der deutschen Wirtschaft Köln e.V.

• Prof. Dr. Martin Roth Direktor des Victoria and Albert Museum, London

Mitglieder

• Jan Bayer Vorstand WELT-Gruppe und Technik, Axel Springer AG

• Stephanie Bschorr Präsidentin, Verband deutscher Unternehmerinnen e.V. (VdU)

• Prof. Dr.-Ing. habil. Prof. e. h. mult. Dr. h. c. mult. Hans-Jörg Bullinger Mitglied des Senats, Fraunhofer-Gesellschaft

• Dr. Ansgar Burghof Leiter der Intendanz, Deutsche Welle

• Christofer Habig Managing Director, Global Head of Brand Communica-tions & Corporate Citizenship, Deutsche Bank AG

• Sabine Heimbach Stellvertretende Sprecherin der Bundesregierung

• Prof. Dr. Claudia Kemfert Abteilungsleiterin Energie, Verkehr, Umwelt, Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung e.V. (DIW) und Professorin für Energieökonomie und Nachhaltigkeit, Hertie School of Governance

• Thomas Krüger Präsident, Bundeszentrale für politische Bildung

• Andrej Kupetz Fachlicher Leiter und Geschäftsführer, Rat für Formgebung

Eine unabhängige Expertenjury aus Wissenschaftlern, Wirtschaftsmanagern, Journalisten und Politikern wählt die 100 besten Ideen in den Kategorien Wirtschaft, Kultur, Wissenschaft, Umwelt, Bildung und Gesellschaft aus. Unterstützt wird sie dabei von einem hochkarätigen Fachbeirat.

„Ausgezeichnete Orte im Land der Ideen“: Die Wettbewerbsjury

Wettbewerbsjury

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Fachbeirat „Ideen finden Stadt“

• Univ.-Prof. Dr.-Ing. Klaus J. Beckmann Wissenschaftlicher Direktor und Geschäftsführer, Deutsches Institut für Urbanistik gGmbH (Difu)

• Michael Frielinghaus Präsident, Bund Deutscher Architekten (BDA)

• Boris Palmer Oberbürgermeister, Universitätsstadt Tübingen

• Birgit Quien Präsidentin, denkwerk-stadt saarbrücken e.V.

• Prof. Dr. h. c. Klaus-Dieter Lehmann Präsident, Goethe-Institut

• Holger Lösch Mitglied der Hauptgeschäftsführung, Bundesverband der Deutschen Industrie e.V.

• Prof. Dr. sc. nat. Christoph Meinel Institutsdirektor und Geschäftsführer, Inhaber des Lehrstuhls für Internet-Technologien und Systeme, Hasso-Plattner-Institut

• Cornelia Quennet-Thielen Staatssekretärin, Bundesministerium für Bildung und Forschung

• Judith Rakers Journalistin und TV-Moderatorin

• Mehmet Tanriverdi Präsident, Bundesarbeitsgemeinschaft der Immigrantenverbände in Deutschland e.V. (BAGIV)

• Prof. Dr. rer. nat. Dr. h. c. mult. Wolfgang Wahlster Vorsitzender der Geschäftsführung und technisch- wissenschaftlicher Leiter, Deutsches Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz (DFKI) GmbH

Wettbewerbsjury

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Quellenverzeichnis

1 Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (Hg.): Umweltwirtschaftsbericht 2011. Daten und Fakten für Deutschland, 2011, S. 6.

2 UN-HABITAT (Hg.): State of the World Cities 2020/2011. Nairobi, United Nations Humans Settlements Programme 2007, zitiert nach: Bundes-ministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit (Hg.): Perspektiven der Urbanisierung – Städte nachhaltig gestalten, 2012, S. 12.

3 Deutsche Bank Research (Hg.): Mehr Wertschöpfung durch Wissen(swerte), 2012, S. 10.

4 Institut der deutschen Wirtschaft Köln (Hg.): Pressemitteilung „Regional-entwicklung: Deutschland schrumpft, Metropolen wachsen“, 05.12.2012.

5 Ebd.

6 Stadt Halle (Hg.): IBA Stadtumbau 2010 in Halle, URL: http://www.halle.de/de/Rathaus%2DStadtrat/Stadtentwicklung/ Stadtumbau/Stadtumbaugebiete/Neustadt/, Stand: 10.04.2013.

7 Ebd.

8 Amt für Statistik Berlin-Brandenburg (Hg.): Pressemitteilung „Anhaltende Bevölkerungszunahme in Berlin 2012“, 04.09.2012.

9 Institut für Demoskopie Allensbach, Bundesverband Deutscher Anzeigen-blätter (Hg.): Was macht einen Ort besonders lebenswert? Umfrage zur Lebensqualität von Orten, 2011.

10 Statistisches Bundesamt (Hg.): Bevölkerung Deutschlands bis 2060. 12. koordinierte Bevölkerungsvorausberechnung, 2009, S. 14.

11 Statistisches Bundesamt, Einwohnerstand: 31. Dezember 2011.

12 Bundeskriminalamt (Hg.): Polizeiliche Kriminalstatistik Bundesrepublik Deutschland. Berichtsjahr 2011, 2012, S. 58.

13 Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung (Hg.): Deutschland-Atlas 2030, 2012.

14 Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft, Wirtschaftswoche (Hg.): Niveauranking, sortiert nach „Wirtschaftsfreundlichkeit“, 2012.

15 Statistisches Bundesamt (Hg.): Pressemitteilung „Kommunen reduzieren ihr Defizit im 1. bis 3. Quartal 2012“, 14.12.2012.

16 Hamburgisches Weltwirtschaftsinstitut, Berenberg Bank: Kulturstädte-ranking 2012. Die 30 größten Städte Deutschlands im Vergleich, 2012, S. 13.

17 Comdirect Bank (Hg.): Wohnen heute und im Jahr 2020, 2010, S. 10.

18 Deutsche Telekom AG, F.A.Z.-Institut für Management-, Markt- und Medien-informationen GmbH (Hg.): Älterwerden in Deutschland, 2011, S. 15.

19 Institut für Kulturforschung (Hg.): 2. Jugendkulturbarometer. Fazit und Ausblick – Entwicklungen seit 2004, aktuelle Trends und Perspektiven, 2012, S. 1.

20 Roland Berger Strategy Consultants, Westfälische Wilhelms-Universität Münster (Hg.): German Social Media Consumer Report 2012/2013, 2013, S. 13.

21 Bundesregierung (Hg.): Deutsche Digitale Bibliothek, 2012, URL: http://www.bundesregierung.de/Webs/Breg/DE/Bundesregierung/BeauftragterfuerKulturundMedien/medien/dtDigitaleBibliothek/_node.html, Stand: 10.04.2013.

22 Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie (Hg.): Jahreswirtschaftsbericht 2013. Wettbewerbsfähigkeit – Schlüssel für Wachstum und Beschäftigung in Deutschland und Europa, 2013, S. 20.

23 Bullinger, H.-J./Röthlein, B. (Hg.): Morgenstadt: Wie wir morgen leben, 2012.

24 Deutscher Bundestag (Hg.): Bundesbericht Forschung und Innovation 2012, 2012, S. 395.

25 Arbeitsgruppe Erneuerbare Energien – Statistik (Hg.): Entwicklung der erneuerbaren Energien in Deutschland im Jahr 2012, 2013, S. 15.

26 Zweirad-Industrie-Verband, Gespräch mit Siegfried Neuberger, 2013.

27 BAT Stiftung für Zukunftsfragen (Hg.): Umfrage: Lebensqualität in Deutsch-lands 10 größten Städten aus Sicht der Bewohner, 2008.

28 Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit, Umweltbundesamt (Hg.): Umweltbewusstsein in Deutschland 2012. Ergebnisse einer repräsentativen Bevölkerungsumfrage, 2012, S. 34.

29 Amt für Statistik Berlin-Brandenburg, veröffentlicht in: Zeitschrift für amtliche Statistik Berlin-Brandenburg, Heft 3 /2008.

30 Bertelsmann Stiftung (Hg.): Deutscher Lernatlas. Ergebnisbericht 2011, 2011, S. 17.

31 Deutsche UNESCO-Kommission e.V.: Pressemitteilung „Dresden wird Stadt der Weltdekade ‚Bildung für nachhaltige Entwicklung‘“, 15.11.2012.

32 Statistisches Bundesamt (Hg.): Pressemitteilung „10,7 Millionen Migranten aus 194 Ländern leben in Deutschland“, 18.12.2012.

33 Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (Hg.): Erster Engagementbericht 2012. Für eine Kultur der Mitverantwortung, 2012, S. 11f., 23.

34 Ebd., S. 14.

35 Statistisches Bundesamt (Hg.): Bevölkerung Deutschlands bis 2060. 12. koordinierte Bevölkerungsvorausberechnung, 2009, S. 14.

36 Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (Hg.): Studie: Wohnen im Alter, 2011.

37 Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (Hg.): Erster Engagementbericht 2012. Für eine Kultur der Mitverantwortung, 2012, S. 12.

BildnachweisGetty Images: Seiten 1, 4, 10, 12 (rechts), 13, 14, 16, 24, 28, 32, 36, 40 /41, 42 plainpicture: Seiten 5, 11, 12 (links), 20

Quellenverzeichnis

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ImpressumEine Publikation der Deutschen Bank AG und der Land der Ideen Management GmbH, © 2013

HerausgeberDeutsche Bank AG Taunusanlage 12 60325 Frankfurt am Main

Thorsten Strauß, Global Head of Communications & CSR & Public AffairsChristofer Habig, Global Head of Group Brand Communications & Corporate Citizenship

Deutschland – Land der IdeenLand der Ideen Management GmbH Kurfürstendamm 21 10719 Berlin

Holger Lösch, Mitglied der Hauptgeschäftsführung, Bundesverband der Deutschen Industrie e.V. und Vorsitzender des Aufsichtsrats, Land der Ideen Management GmbH Ariane Derks, Geschäftsführerin, Land der Ideen Management GmbH

PublikationskonzeptChristoph Blumenthal, Paul René Frigo, Christian Rummel (Deutsche Bank)Anke Müller, Stefan Volovinis (Deutschland – Land der Ideen) Marco Wedemann (fischerAppelt, relations)

Redaktion und Text Sandra Haake-Sonntag, Nadine Klingert (Deutsche Bank) Anne Rohloff (Deutschland – Land der Ideen) Inga Beutler, Kristin Lübcke, Katharina Rotha, Sophia Vassilev (fischerAppelt, relations) Antje Heidböhmer, Marlen Knapp, Sandra Schmid, Till Schröder, Anna Schunck, Katrin Tettenborn (redaktionelle Mitarbeit für fischerAppelt, relations)

Gestaltung, Layout und GrafikMarie Bauer, Katharina Fiedler, Nadja Piepenstock (grafische Mitarbeit für fischerAppelt, relations)

ÜbersetzungPaul Bewicke

LektoratKlaus M. Klose, Alan Reid

ProduktionFrederek Dreyer (fischerAppelt)

DruckereiEurodruck – Eurocaribe Druck und Verlag GmbH, Hamburg

Die in dieser Publikation veröffentlichten Inhalte unterliegen dem deutschen Urheberrecht. Jede Art der Vervielfältigung, Bearbeitung, Verbreitung und jede Art der Verwertung außerhalb der Grenzen des Urheberrechts bedarf der vorherigen schriftlichen Zustimmung des jeweiligen Urhebers bzw. Autors.

Die Herausgeber waren bemüht, alle Reproduktionsrechte zu klären. Eventuelle rückwirkende Ansprüche bitten wir über [email protected] an die Deutsche Bank zu richten.

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