Stadtentwicklungssausschuss 17.10.2013 stellungnahme endfassung

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Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Bürgerinnen und Bürger, „sehr geehrte“ Mitglieder des Stadtentwicklungsausschusses, liebe Medienvertreterinnen und Medienvertreter. Erstmal vielen Dank dafür, dass Sie uns an dieser Stelle ein Rederecht eingeräumt haben. Kurz vorneweg möchten wir das Projekt Inselplatz 9a aus Jena noch einmal vorstellen. Auf der Insel wohnen 18 junge Menschen, die sich dazu entschlossen haben, eine gemeinschaftliche Wohnform zu etablieren, die sich um ökologische Nachhaltigkeit, Selbstorganisation und sozial-politische Verantwortung bemüht. Gemeinsam haben es sich die Bewohner_innen der Insel zur Aufgabe gemacht, Kunst, Kultur und auch politisches Engagement zu unterstützen, indem sie das Haus am Inselplatz und seinen Garten sukzessive in ein soziokulturelles Projekt in Jena verwandelt haben. Auf der Insel findet seit zwei Jahren eine wöchentliche VoKü statt. Diese hat sich lebendig entwickelt und im Jahr 2011 jede Woche über hundert Menschen aller Altersklassen und sozialen Schichten die Möglichkeit zu einem erschwinglichen veganen Abendessen in geselliger Runde geboten. Dazu finden auf der Insel regelmäßig Treffen verschiedenster sozialer, politischer und ökologischer Initiativen statt, die sich etwa in Anti-Rassismus-Arbeit, Minderheitenpolitik und ökologischer Nachhaltigkeit über ihre Ziele und Anliegen verständigen. Zudem bietet die Insel Nachwuchsmusiker_innen aus Jena und anderswo regelmäßig die Chance zu proben (Proberaum), private Konzerte zu geben und anschließend unkompliziert in Gästezimmern zu übernachten. Aber auch Handwerksgesellen_Innen, Pilger_Innen, Artist_Innen und andere sind bei uns gern gesehene Gäste. Außerdem bietet die Insel einen bezahlbaren Wohnraum für Studierende, Promovierende, kreativ Schaffende und prekär Beschäftigte, die sich allesamt ehrenamtlich in diesem Projekt engagieren. Der Platz, auf dem unsere kleine Insel steht, wird aber in den nächsten Jahren Teil massiver städtebaulicher Entwicklungen werden, deren Dringlichkeit uns auf der bisher unbebauten Fläche durchaus einleuchtet. Dennoch gehört das Haus am Inselplatz seit Anfang des vergangenen Jahrhunderts zum Stadtbild von Jena und repräsentiert im Moment den einzigen grünen Fleck in weiter Umgebung. Deshalb glauben wir, dass gerade eine Einbindung dieser letzten soziokulturellen Insel in der Innenstadt eine angenehme Synergie mit der geplanten Neubebauung eingehen kann. Dazu sollte mit einbezogen werden, dass gerade Projekte wie dieses zur kulturellen Vielfalt beitragen und eine lebendige Stadt ausmachen. Eine weitere Zurückdrängung von soziokulturellem Engagement hätte somit letztlich negative Auswirkungen auf das Lebensgefühl in Jena, insbesondere im Zentrum. Die Bewohner_innen und Unterstützer_innen der Insel hoffen, dass der Schutz dieses kleinen Fleckchens - der Insel - den Stadtentwicklern einleuchtet und sie die Insel als genauso erhaltenswert empfinden.

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Page 1: Stadtentwicklungssausschuss 17.10.2013 stellungnahme endfassung

Sehr geehrte Damen und Herren,

liebe Bürgerinnen und Bürger,

„sehr geehrte“ Mitglieder des Stadtentwicklungsausschusses,

liebe Medienvertreterinnen und Medienvertreter.

Erstmal vielen Dank dafür, dass Sie uns an dieser Stelle ein Rederecht eingeräumt haben.

Kurz vorneweg möchten wir das Projekt Inselplatz 9a aus Jena noch einmal vorstellen.

Auf der Insel wohnen 18 junge Menschen, die sich dazu entschlossen haben, eine

gemeinschaftliche Wohnform zu etablieren, die sich um ökologische Nachhaltigkeit,

Selbstorganisation und sozial-politische Verantwortung bemüht. Gemeinsam haben es sich

die Bewohner_innen der Insel zur Aufgabe gemacht, Kunst, Kultur und auch politisches

Engagement zu unterstützen, indem sie das Haus am Inselplatz und seinen Garten sukzessive

in ein soziokulturelles Projekt in Jena verwandelt haben.

Auf der Insel findet seit zwei Jahren eine wöchentliche VoKü statt. Diese hat sich lebendig

entwickelt und im Jahr 2011 jede Woche über hundert Menschen aller Altersklassen und

sozialen Schichten die Möglichkeit zu einem erschwinglichen veganen Abendessen in

geselliger Runde geboten.

Dazu finden auf der Insel regelmäßig Treffen verschiedenster sozialer, politischer und

ökologischer Initiativen statt, die sich etwa in Anti-Rassismus-Arbeit, Minderheitenpolitik

und ökologischer Nachhaltigkeit über ihre Ziele und Anliegen verständigen.

Zudem bietet die Insel Nachwuchsmusiker_innen aus Jena und anderswo regelmäßig die

Chance zu proben (Proberaum), private Konzerte zu geben und anschließend unkompliziert in

Gästezimmern zu übernachten. Aber auch Handwerksgesellen_Innen, Pilger_Innen,

Artist_Innen und andere sind bei uns gern gesehene Gäste.

Außerdem bietet die Insel einen bezahlbaren Wohnraum für Studierende, Promovierende,

kreativ Schaffende und prekär Beschäftigte, die sich allesamt ehrenamtlich in diesem Projekt

engagieren.

Der Platz, auf dem unsere kleine Insel steht, wird aber in den nächsten Jahren Teil massiver

städtebaulicher Entwicklungen werden, deren Dringlichkeit uns auf der bisher unbebauten

Fläche durchaus einleuchtet.

Dennoch gehört das Haus am Inselplatz seit Anfang des vergangenen Jahrhunderts zum

Stadtbild von Jena und repräsentiert im Moment den einzigen grünen Fleck in weiter

Umgebung. Deshalb glauben wir, dass gerade eine Einbindung dieser letzten soziokulturellen

Insel in der Innenstadt eine angenehme Synergie mit der geplanten Neubebauung eingehen

kann.

Dazu sollte mit einbezogen werden, dass gerade Projekte wie dieses zur kulturellen Vielfalt

beitragen und eine lebendige Stadt ausmachen. Eine weitere Zurückdrängung von

soziokulturellem Engagement hätte somit letztlich negative Auswirkungen auf das

Lebensgefühl in Jena, insbesondere im Zentrum.

Die Bewohner_innen und Unterstützer_innen der Insel hoffen, dass der Schutz dieses kleinen

Fleckchens - der Insel - den Stadtentwicklern einleuchtet und sie die Insel als genauso

erhaltenswert empfinden.

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Soviel erstmal zu unserem Projekt und nun zu heute:

In der Beschlussvorlage Nr. 13/2273-BV, welche Ihnen heute vorliegt, heißt es im Punkt 001:

„Die Planungsziele für den Geltungsbereich des Bebauungsplanes B-J 03 “Inselplatz”

werden wie folgt angepasst“

Das heißt Sie planen heute eine Veränderung des Entwurfs des Bebauungsplanes B-J 03

„Inselplatz“, vom 18.09.2013.

Die Planungsziele sollen dabei entsprechend der Vorstellungen von Universität und

Wirtschaft angepasst werden. Das heißt, es soll eine Sonderzone für ein Parkhaus und eine

Sonderzone für universitäre Einrichtungen geschaffen werden.

Der Oberbürgermeister wird per Beschluss beauftragt, diese Ziele in den Rahmenplan

Inselplatz aufzunehmen.

Wir stellen fest:

Das Planungsverfahren ist noch nicht abgeschlossen und Veränderungen sind möglich.

Nun werfen sich diesbezüglich auch ein paar sehr dringende Fragen auf, welche bitte an

dieser Stelle mit zu schreiben sind, damit sie im Nachgang bitte auch schriftlich beantwortet

werden.

Die Antworten schicken Sie bitte direkt an den Inselplatz 9a und, oder veröffentlichen Ihre

Antwort bitte an vorgesehener Stelle.

1. Frage:

Im Bürgerbeteiligungsverfahren, im Stadtentwicklungsausschuss, in sämtlichen

Stadtratsfraktionen, im Stadtrat, im Kulturausschuss und nicht zuletzt durch den städtischen

Beirat für Soziokultur wurde seit Planungsbeginn vorgesprochen und auf das Projekt

Inselplatz 9a aufmerksam gemacht.

Nachweislich in jedem Fall schon vor dem Beginn der Bürgerbeteiligung am 15.02. 2012.

Wie kann es also sein, dass in der heutigen Beschlussvorlage kein Wort darüber steht?

Also nicht ein einziges…

2. Frage:

Die zweite Frage nimmt noch einmal Bezug auf die erste.

Sie lautet: Welches Verständnis von Demokratie und Partizipation legt die Stadt eigentlich an,

wenn Sie uns nicht zuhört, geschweige denn, uns erwähnt?

Warum also bezieht sich die Beschlussvorlage Nr. 13/2273-BV nur auf die Belange von

Wirtschaft und Universität, und wie gedenken Sie unserem Anliegen gerecht zu werden?

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Ich möchte das hier an dieser Stelle noch einmal kurz zusammenfassen.

- Seit 2011 führen wir Gespräche mit der Stadt und der Hausverwaltung.

- KEINE REAKTION

- Wir führten Gespräche mit den Ortsteilräten

- KEINE REAKTION

- Wir führten Gespräche in den Ausschüssen und mit der Stadtverwaltung

- KEINE REAKTION

- Gespräche mit den Parteien und Fraktionen

- KEINE REAKTION

- Am 03.Oktober 2012 gab es bezüglich des Projektes Inselplatz 9a und der gesamten

Bewegung für Freiräume und Soziokultur in Jena eine Demonstration mit über 500

Beteiligten und 300 offenen Briefen an den Oberbürgermeister

- KEINE REAKTION

- Am 02. Oktober 2013, vor 13 Tagen, gab es eine erneute Demonstration.

- UND WIEDER: KEINE REAKTION

3. Frage:

Die dritte Frage nimmt noch ein letztes Mal Bezug auf die erste Frage.

Warum unterliegt das durch persönliche Anwesenheit ausgesprochene Interesse hunderter

Bürgerinnen und Bürger und deren zugehöriger schweigender Mithofferinnen und Mithoffer

gegenüber einem 7-stöckigen Bürogebäude, welches der Rahmenplan vorsieht?

4. Frage:

Was hindert die Stadt Jena daran, die Fläche Inselplatz 9a, ebenso wie andere Gebäude des

Platzes, als Bestandsbau zu erhalten beziehungsweise selbige einer kulturellen Nutzung vor

zu behalten?

5. Frage:

Warum also wollen Sie, trotz knapper kultureller und sozialer Mittel, zur Verdrängung selbst

organisierter sowie selbst finanzierter soziokultureller Projekte beitragen und stattdessen ein

weiteres Bürogebäude ermöglichen?

6. Frage:

Warum wurde bislang keiner unserer Vorschläge bezüglich einer Ausweichmöglichkeit für

das Projekt ernsthaft verfolgt?

Wieso kann die Stadt Jena erhebliche Mittel für gewaltige Bauten auf Eich- und Inselplatz

bereitstellen

und sieht gleichzeitig keine Zukunft für ein soziokulturelles Projekt mit unzähligen beteiligten

Jenaer Bürgerinnen und Bürgern?

7. Frage:

Was sollen wir also tun wenn wir uns nicht totschweigen lassen wollen?

Wir haben Ihnen das ja gerade dargelegt.

…wir sagen nur: „KEINE REAKTION“

Seitens der Stadt.

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Wir, möchten aus diesem Grund noch einmal und ausdrücklich öffentlich Stellung nehmen.

„Wir, die Bewohnerinnen und Bewohner des Inselplatz 9a,

wir, die Gestalterinnen und Gestalter des Projektes Inselplatz 9a,

wir, die Befürworterinnen und Befürworter selbst organisierter Soziokultur,

möchten ernsthaft mit der Stadt Jena und allen Beteiligten kooperieren.

Wir haben aber auch keine Lust mehr, uns bei Ihnen die Hörner aufsetzen zu lassen.

Erst vor 13 Tagen haben wir zum heutigen Thema demonstriert und werden dennoch nicht

einbezogen.

Wir bitten daher erneut und anhaltend um Kenntnisnahme unserer Anliegen und fordern die

Einbeziehung in den Planungsprozess.

Wir fordern die Einplanung einer Sonderzone Soziokultur für das Grundstück Inselplatz 9a,

die Anerkennung des Gebäudes als Bestandsbau oder nachvollziehbar realistische Planungen

für eine Ausweichmöglichkeit des Projektes.

Wir sind überzeugt, dass die Stadt Jena zu mindestens einer dieser Lösungen in der Lage ist.

Es geht neben unseren Wohnungen eben auch und vor allem um einen in Geld nicht

aufwiegbaren Freiraum für Kultur und Miteinander, welchen viele, viele Menschen gerne

nutzen und daher möchte die Bewegung rund um Freiräume und Soziokultur die

Notwendigkeit unkommerzieller selbst organisierter Räume anerkannt wissen.

Erinnern möchten wir diesbezüglich auch noch an die vielen vergangenen Projekte von

Wiesenstraße bis Neugasse und Caleidospheres, welche zwar alle gut besucht und gern

gesehen waren, aber dennoch ersatzlos weichen mussten.

Im Fall Inselplatz hat es nun die Stadt Jena in der Hand den Bauplan nach der gegenwärtigen

Nutzung aus zu richten, oder geeignetere Schritte einzuleiten.

Schlussendlich möchten wir öffentlich feststellen, dass wir dem bisherigen Planungsverfahren

in aller Deutlichkeit widersprechen und das Projekt Inselplatz 9a fortführen werden.

Unter Vorbehalt weiterer Schritte bitten wir Sie nochmals und voller guter Hoffnung unsere

Positionen zu berücksichtigen.

Mit freundlichen Grüßen

und auf ein schnelles Wiedersehen,

die Bewohnerinnen und Bewohner des Inselplatz 9a,

die Gestalterinnen und Gestalter des Projektes Inselplatz 9a,

die Befürworterinnen und Befürworter selbst organisierter Soziokultur.