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Stahlgeschossbau – Deckensysteme – Dokumentation 614 Eine Gemeinschaftsorganisation von stahlerzeugenden Unternehmen und dem Deutschen Stahlbau-Verband DSTV

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Stahlgeschossbau– Deckensysteme –

Dokumentation 614

Eine Gemeinschaftsorganisation von stahlerzeugenden Unternehmen und

dem Deutschen Stahlbau-Verband DSTV

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Impressum

Dokumentation 614Stahlgeschossbau– Deckensysteme –

Herausgeber:BAUEN MIT STAHL e. V.Sohnstraße 65 40237 DüsseldorfPostfach 10 48 4240039 DüsseldorfTelefon (02 11) 67 07-828Telefax (02 11) 67 [email protected]

Ein Nachdruck dieser Publikation –auch auszugsweise – ist nur mitschriftlicher Genehmigung des Heraus-gebers bei deutlicher Quellenangabegestattet.

Titelbilderlinks oben:Bürogebäude in Düsseldorf (© Petzinka Pink Architekten/ Hermann Fahlenbrach)links unten:Thermisch aktive Flachdecke „Slimdek“rechts oben:Stahlflachdecke mit Spannbeton-Fertigteilenrechts unten:Innovationszentrum für Informatik in Berlin (© BauBild/Stephan Falk)

Juni 2005

InhaltSeite

1 Decken in Stahlbauweise - Ein aktueller ÜberblickDipl.-Ing. Walter Suttrop 4

2 Stahldeckensysteme mit Spannbeton-FertigdeckenUniv.-Prof. Dr.-Ing. Josef Hegger und Dipl.-Ing. Sebastian Bülte 17

3 Thermisch aktive Stahldecken als Applikation der Betonkern-aktivierungDr.-Ing. Michael Günther 23

4 Büro- und Geschäftsgebäude Karl-Arnold-Platz in Düsseldorf Petzinka Pink Architekten 27

Die Autoren

Dipl.-Ing. Walter Suttrop,Bereichsleiter bei BAUEN MIT STAHL e.V.,Düsseldorf

Univ.-Prof. Dr.-Ing. Josef Hegger,Institut für Massivbau, RWTH AachenHegger + Partner, Beratende Ingenieure,Aachen

Dipl.-Ing. Sebastian Bülte,Institut für Massivbau, RWTH Aachen

Dr.-Ing. Michael Günther,Uponor – VELTA GmbH & Co. KG,Norderstedt/Dresden

Petzinka Pink Architekten,Düsseldorf

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BAUEN MIT STAHL

Einführung

Für die Nutzung von Gebäuden und ihreWirtschaftlichkeit sind die eingesetztenDeckensysteme von entscheidender Be-deutung. Kostenmäßig entfallen auf sieca. ein Drittel der Rohbaukosten, diesentspricht 5 bis 10 % der Gesamtbau-kosten. Sie sind jedoch der Schlüssel fürdie gesamte Gebäudestruktur. Geradedeshalb ist es so wichtig, bereits in derPlanungsphase eines Geschossbaues dieWeichen richtig zu stellen.

Die Optimierung beginnt bereits in derersten Entwurfsphase, wenn die Grund-züge der Gebäudestruktur erarbeitetwerden. Bei der Optimierung der Bau-strukturen geht es neben statisch-kon-struktiven Fragen vor allem um Flexi-bilität in der Nutzung, die Integrationder Haustechnik, die Energieversorgung,Brand- und Schallschutz, die Wirtschaft-lichkeit und die Nachhaltigkeit im Hin-blick auf eine lange Nutzungsdauer.Außerdem sind kurze Bauzeiten anzu-streben, sowohl im Interesse der Wirt-schaftlichkeit, als auch der Umwelt-belange.

Unter all diesen Gesichtspunkten solltendie Planungsarbeiten für ein zu errich-tendes Gebäude weitgehend abgeschlos-sen sein, bevor mit den Arbeiten aufder Baustelle begonnen wird. Eine suk-zessive, gleitende Planung, wie sie inDeutschland im Gegensatz zu unserenNachbarländern vielfach noch üblich ist,verteuert den Bauprozess und verhinderteine effiziente integrative Planung allerTeilsysteme, die insbesondere unterenergetischen Gesichtspunkten immerwichtiger wird.

Neue, zukunftsweisende Baulösungensind mehr denn je gefragt. Stahldecken-systeme in Stahlverbund oder mit Stahl-Flachdecken können bei einer Vielzahl

von Varianten selbst komplexeste Bau-anforderungen erfüllen, sowohl bei Neu-bauten als auch beim Bauen im Bestand,bei Bürogebäuden, Park- oder Waren-häusern ebenso wie bei Schulen oderKrankenhäusern. Der Brandschutz stelltkein Problem dar, alle Brandschutzanfor-derungen lassen sich erfüllen.

Ein entscheidender Vorteil von Stahl-deckensystemen sind ihre großen Spann-weiten. Tragwerksplaner favorisierenhäufig Systeme mit Unterzügen undohne Vorspannung, die den Material-verbrauch für den Rohbau und denAufwand in der statischen Berechnungminimieren, jedoch nur kurze Spannwei-ten ermöglichen. Bauherr und Architektwünschen bei geringen Kosten unterzug-freie Decken mit großen Spannweitenfür ein Maximum an Flexibilität undarchitektonischer Qualität. Mit vorge-spannten Deckensystemen, wie z. B. Slim-flor-Systemen, sind größere Spannweitenund Schlankheiten zu erzielen. Die ge-ringere Deckendicke spart außerdemGebäudehöhe und damit Fassadenkostenund verringert die Fundamentlasten.

Durch die Kombination von Stahlkon-struktionen mit Betonfertigteilen könnenBauabläufe weiter optimiert, Kosten unddie Bauzeit reduziert werden. Der Einsatzindustriell vorgefertigter Stahl- und Be-tonbauteile sichert eine gleichbleibendeQualität, verhindert jahreszeitlich- undwitterungsbedingte Unterbrechungender Bauarbeiten, minimiert Staub- undLärmemissionen und damit Beeinträch-tigungen der Umwelt und der Nachbar-schaft. Die Trockenbauweise mit Stahlkönnte auch in Deutschland zusätzlicheAnwendungsbereiche erschließen.

Noch nicht hinreichend genutzt wird beiStahldeckensystemen die Möglichkeit

einer thermischen Aktivierung der Decke.Der in dieser Schrift enthaltene Beitragsoll noch bestehende Wissenslückenschließen. Gerade bei Deckensystemenmit Verbundblechen oder Tiefsicken-blechen können bei Verlegung von Heiz-/Kühlrohren die Bleche für einen beson-ders effektiven Wärme- bzw. Kühltrans-port herangezogen werden. Denn gegen-über den üblichen Massivdecken mitBetonkernaktivierung reagieren dieStahldeckensysteme wesentlich schneller.Wichtig für die optimale Einbringungder Rohrregister in die Deckenplatten istauch hier eine integrative Planung.

Moderne Geschossbauten in Stahl sindin Deutschland noch immer die Aus-nahme. Der Marktanteil liegt mit 8 bis10 % im Vergleich zu unseren Nachbar-ländern, wie Frankreich, Belgien, Nieder-lande oder Großbritannien, extrem nie-drig. International beträgt der Markt-anteil zwischen 30 und 65 %. Nachfol-gend wird ein von dem Büro PetzinkaPink Architekten entworfenes Büro-gebäude in Düsseldorf vorgestellt, dassin vielerlei Hinsicht als beispielhaft gel-ten kann. Der achtgeschossige Stahlbauwurde in Stahlflachdeckenbauweise mitSpannbeton-Fertigteildecken errichtet.Hervorstechende Merkmale des elegan-ten Bauwerks sind die hohe Transparenz,der leichte und schlanke Baukörper undder hohe ökologische Anspruch an dieArchitektur.

Die vorliegende Broschüre ist entstandenin Anlehnung an ein Fachforum auf derBaufachmesse BAU 2005 in München,das BAUEN MIT STAHL gemeinsam mitdem Bundesverband Spannbeton-Fertig-decken veranstaltet hat und das den Titeltrug: „Moderne Geschossbauten in Stahl“.Wir danken allen Referenten und Auto-ren, die uns hierbei unterstützt haben.

Stahlgeschossbau – Deckensysteme

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Stahlgeschossbau – Deckensysteme

1 Einleitung

Obwohl Stahlkonstruktionen in denletzten Jahren mit zunehmendem Erfolgim Geschossbau eingesetzt wurden, sindsie – gemessen am Gesamtbauvolumenin Deutschland – immer noch die Aus-nahme. Die Gründe hierfür sind vielfäl-tig, sie liegen jedoch nicht zuletzt inder deutschen Bautradition. AußerhalbDeutschlands, besonders in Amerika aberauch in Großbritannien und Skandina-vien, werden mehrgeschossige Gebäudeaufgrund ihrer wirtschaftlichen Vorteilevon tragenden Stahl-/Stahlverbundkon-struktionen dominiert.

Doch neue Entwicklungen beim Werk-stoff Stahl, verbesserte Vorschriften undInnovationen bei Decken- und Stützen-systemen lassen erwarten, dass Stahl-konstruktionen im Geschossbau auch inDeutschland vermehrt eingesetzt werden.Wie sich das gewählte Tragwerk funktio-nal und ökonomisch in das geplante Bau-vorhaben integrieren lässt, hängt von derfachkundigen Beratung des Tragwerks-planers ab.

Inhalt

1 Einleitung

2 Funktion und Aufgabe einer Geschossdecke

3 Vorteile von Decken in Stahlbauweise

4 Deckenfeld und Stützenraster

5 Planung von Stahldecken

6 Ausführungsarten

7 Decken in Stahlverbundbauweise

7.1 Verbundträger mit Verbund-blechen und Ortbeton

7.2 Verbundträger mit Halb-Fertigteilplatte und Ortbeton

7.3 Verbundträger mit Betonfertigteilen

8 Deckensysteme in Stahlflachdeckenbauweise

8.1 Stahlflachdecken in Trockenbauweise

8.2 Stahlflachdecken mit Ortbeton8.3 Stahlflachdecken mit Ortbeton

und tiefen Trapezprofilen 8.4 Sonderlösungen mit

Stahlflachdecken8.4.1 Die Hoesch-Additiv-Decke8.4.2 Der Draheim-Träger

9 Brandschutz9.1 Passiver Brandschutz

bei Stahlflachdecken9.2 Feuersichere Anschlüsse

10 Gebäudeinstallationen10.1 Installation bei

Stahlflachdecken10.2 Installation bei

Verbundträgerdecken

11 Zusammenfassung

Decken in Stahlbauweise – Ein aktueller ÜberblickDipl.-Ing. Walter Suttrop

Bild 1a (links): Grand Buildings Trafalgar Square/London (Montage)

Bild 1b (unten): Grand Buildings Trafalgar Square/London (Endzustand):Die Stahlkonstruktionist nicht mehr sichtbar.

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2 Funktion und Aufgabe einer Geschossdecke

Die Decke bildet die horizontale Tren-nung der Geschosse. Dabei übernimmtsie folgende Funktionen:– den optischen Raumabschluss– die Abtragung vertikaler und

horizontaler Lasten– den Schall- und Wärmeschutz zwischen

den Geschossen– die Aufnahme und Führung von

Installationen.

Um diese Aufgaben zu erfüllen, ist meistein vielschichtiger Aufbau erforderlich,der die Gesamtdicke der Geschossdeckebestimmt. Diese beeinflusst wiederumdie Gesamthöhe des Gebäudes.

Allein schon aus bauphysikalischen undwirtschaftlichen Erwägungen werdenBetondecken als Flächenabschluss ver-wendet. Üblich ist außerdem, Installa-tionen im Deckenbereich vorzusehen. Dienotwendigen Installationen erfolgen:– bei geringem Installationsbedarf ober-

halb der Betondecke (aufgeständerteBöden)

– bei höherem Installationsbedarf unterder Betondecke (abgehängte Decke)

– oder wenn die Deckenspeicher-kapazität genutzt werden soll, in die Betondecke integriert (Bauteil-aktivierung).

3 Vorteile von Decken in Stahlbauweise

Um eine hohe Nutzungsflexibilität zu er-zielen, geht im Geschossbau der Trendzu großen, stützenfreien Deckenflächen.Wegen der stark ansteigenden Decken-stärke bei größer werdenden Spannwei-ten und der damit verbundenen Erhö-hung des Eigengewichts, stoßen jedochunterzugsfreie Betondecken schnell andie Grenzen der Wirtschaftlichkeit.

Hier bietet sich der Einsatz von Stahl-deckensystemen an. Sie sind nicht nurin der Lage, alle an Geschossdeckengestellte Anforderungen zu erfüllen,sondern weisen darüber hinaus vieleVorteile auf:

Bild 2 (oben): Aufbau einer Geschossdecke

Bild 3a:Installation über der Decke

Bild 3b: Installation unter der Decke

Bild 3c: Installation in die Decke integriert (Bauteilaktivierung)

BodenbelagEstrichIsolierungDämmungAusgleichsestrichBetondeckenplatte

Stahldeckenträger

Brandschutz-verkleidung

abgehängte Unterdecke

Auflageauf derUnterdecke

Auflageauf derUnterdecke

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Stahlgeschossbau – Deckensysteme

– Sie verfügen über einen hohen Vor-fertigungsgrad und erreichen einenhohen Qualitätsstandard.

– Sie sparen Gewicht. Das wiederumwirkt sich positiv bei der Bemessungder Tragglieder und der Fundamenteaus sowie bei Transport und Montage.

– Durch den Einsatz hochtragfähiger,kleiner Querschnitte wird ein ausge-zeichnetes Raumnutzungsverhältniserzielt.

– Große Trägerspannweiten sorgen fürgrößtmögliche Flexibilität bei derRaumaufteilung.

– Hochtragfähige, niedrige Träger unddie Möglichkeit großer Öffnungenin den Trägerstegen erleichtern dieInstallation.

– Stahltragwerke garantieren eine schnel-le Montage und eine kurze Bauzeit.

– Sie erfüllen die Forderung nach Nach-haltigkeit durch 100 % Recycling unddie Rückbaukosten werden durch dieWiederverwendung oder den Schrott-erlös reduziert.

Gegenüber konventionellen Bauweisenführen diese systembedingten Vorzügeoft zu einer erheblichen Kostenersparnis.

4 Deckenfeld und Stützenraster

Die typische Stahlträgerdecke bestehtaus:– der Deckenplatte aus Beton und – dem Deckenträger aus Stahl.

Charakteristisch für die Stahlträgerdeckesind stabförmige, vorgefertigte Stahlträ-gerelemente und die einachsig gespannteStahlbetonplatte. Das Stützenraster unddie Spannrichtung von Decke und Trägernrichten sich nach den funktionalen undgeometrischen Anforderungen des Ge-bäudes.

Die folgenden Beispiele stellen Raster-varianten für einen 12,5 m breiten Büro-trakt dar.

Beispiel 1

Raster: (5,0 + 2,5 + 5,0) m x (3 x 2,5) m –zwei Innenstützenreihen

Bauart: Trägerverbund und Flächen-verbund mit Ortbeton

Die Trägerlage besteht aus Deckenträ-gern (Sekundärträgern) und Unterzügen(Primärträgern). Die Betonplatte wirktim Verbund mit den Stahlträgern. DieTrägerabstände sind für den Einsatz vonVerbundblechen (Holorib o.ä.) bemessen.

Vorteil:Ein geringes Gewicht durch eine dünneDeckenplatte sowie leichte und niedrigeStahlträger. Es sind keine Schalungs-arbeiten und keine Zwischenunterstüt-zungen der Bleche notwendig.

Nachteil: Man erhält relativ viele Bauteile (14 Trä-ger + 4 Außen- und 4 Innenstützen =22 Elemente) und Anschlüsse. Die Nut-zungsflexibilität durch 2 Innenstützen-reihen ist eingeschränkt.

Beispiel 2

Raster: (7,5 + 5,0) m x (3 x 2,5) m – eine Innenstützenreihe

Bauart: Trägerverbund und Flächen-verbund mit Ortbeton

Der Deckenaufbau entspricht dem Beispiel 1 (Bild 4).

Vorteil:Wie in Beispiel 1 werden die Verbund-bleche ohne Kraneinsatz per Hand ver-legt und bilden im Bauzustand gleich-zeitig Arbeitsbühne und Schalung. Gegen-über Beispiel 1 ergibt sich jedoch einegrößere Nutzungsflexibilität durch denWegfall einer Innenstützenreihe. DieAnzahl der Bauteile im Vergleich zuBeispiel 1 verringert sich von 22 auf 17(11 Träger, 4 Außen- und 2 Innenstützen).

Bild 4: Verbundträgerdecke mit zwei Innenstützenreihen Bild 5: Verbundträgerdecke mit einer Innenstützenreihe

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BAUEN MIT STAHL

Nachteil:Man erhält ein leicht erhöhtes Gewichtdurch die größeren Deckenträgerspann-weiten und die stärker belasteten Unter-züge und Stützen.

Beispiel 3

Raster: 12,5 m x (2 x 3,75) m – keine Innenstützen

Bauart: Trägerverbund mit Beton-fertigteilschale (Filigran o.ä.) und Ortbeton

Durch Wegfall der Innenstützen ergibtsich nur eine Trägerlage aus weitge-spannten Deckenträgern. Die Randträgerdienen als Unterzüge und als Distanz-träger zwischen den Außenstützen. DieAbstände zwischen den Trägern sind sobemessen, dass die Träger die Lasten derBetonfertigteile im Betonierzustand ohneZwischenunterstützung aufnehmen.

Vorteil:Der Verzicht auf die Innenstützen schafftoptimale Raumflexibilität. Zusätzlich wirddie Zahl der Bauteile und der Anschlüsseauf ein Minimum reduziert (3 Decken-träger + 2 Randträger + 4 Außenstützen= 9 Elemente).

Nachteil:Auf Grund der großen, freien Spannwei-ten vergrößern sich die Trägerhöhen unddas Konstruktionsgewicht erhöht sich.

Beispiel 4

Raster: (7,5 + 5,0) m x 7,5 m – eine Innenstützenreihe

Bauart: Stahlflachdecke mit Spannbeton-Fertigdecken

Bei Stahlflachdecken-Systemen bleibendie Decken unterzugsfrei. Die Gesamt-dicke der Decke überschreitet selbst beihöheren Lasten selten 30 cm. Die Spann-beton-Fertigdecken werden in endgül-tiger Stärke auf die verbreiterten Unter-gurte der Stahlträger aufgelegt. Nachdem Fugenverguss ist der Träger in dieBetondecke integriert.

Vorteil:Bis auf den Fugenverguss handelt es sichum eine witterungsunabhängige, trockeneBauweise. Schalungs- und Betonierar-beiten auf der Baustelle entfallen. Durchden Einsatz von Stahlträgern und Spann-beton-Hohlplatten wird das Deckenge-wicht minimiert. Die Deckenunterseitebietet sich für Installationen an, ohnestörende Unterzüge. Es sind nur 9 Stahl-elemente (3 Träger, 4 Außen- und 2 Innen-stützen) pro Rasterfeld erforderlich.

Nachteil:Durch die Fertigteilplatten wird im allge-meinen keine homogene, glatte Decken-oberfläche erzielt. Ist dies gefordert, wirdeine Estrichschicht notwendig. Außer-dem müssen die Fertigteilplatten perKran verlegt werden. Die Anordnung

von Schubbügeln im Trägerbereich unddie Ausbildung der Decken als Schub-felder erfordert zusätzlichen Aufwand.Nachträgliche Kernbohrungen in denDeckenplatten sind nur begrenzt möglich(Gefahr der Spannstahlbeschädigung).

5 Planung von Stahldecken

Die zuvor beschriebenen Deckenausfüh-rungen und Stützenraster sind lediglichals Beispiele und Planungshilfe zu be-trachten. Sie sollen dazu dienen, ersteKonzeptüberlegungen bei der Planungvon Stahldeckensystemen anzustellen.Die Vielfalt der möglichen Deckensystemeund Stützenraster mit Stahl ist jedochpraktisch unbegrenzt.

Bezüglich der Stabilisierung ist anzumer-ken, dass in der Regel die Stahldecken-systeme als Schubfelder bemessen undausgeführt werden. Daher können Siezur Ableitung der Horizontallasten inder Deckenebene herangezogen werden.

Allgemein kann man sagen, dass die Wirt-schaftlichkeit von Stahldecken gegen-über konventionellen, massiven Beton-decken mit der Spannweite der frei zuüberdeckenden Fläche ansteigt.

Bild 6: Verbundträgerdecke ohne Innenstützenreihe Bild 7: Stahlflachdecke mit einer Innenstützenreihe

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Stahlgeschossbau – Deckensysteme

6 Ausführungsarten

Bei den Stahldeckensystemen habensich in der Praxis zwei Ausführungsartendurchgesetzt:– die Stahlverbundbauweise– die Stahlflachdeckenbauweise

Von Ausnahmen abgesehen, hat der Ein-satz reiner Stahlträger ohne Verbund imGeschossbau keine Bedeutung mehr.

7 Decken in Stahlverbundbauweise

Wird die Stahlbetondeckenplatte nichtnur lose auf die Stahlträger aufgelegt,sondern durch Verdübelung zur gemein-samen Tragwirkung mit dem Stahlprofilherangezogen, ergibt sich ein Verbund-tragwerk. Dabei werden die positivenEigenschaften von Stahl und Beton opti-mal miteinander kombiniert.

Generell wird zwischen Trägerverbundund Deckenverbund unterschieden:– Als Trägerverbund bezeichnet man

das Zusammenwirken zwischen demStahlträger und der Betondecke.

– Als Deckenverbund oder Flächenver-bund wird das gemeinsame Tragver-halten zwischen der Betondecke undden Verbundblechen bezeichnet.

Für den Trägerverbund kann ein plasti-sches Tragverhalten angenommen wer-den. Dabei werden der Betondecken-platte die Druckbeanspruchungen unddem Stahlträger die Zugbeanspruchun-gen zugewiesen.

Die aus der Verbundwirkung resultieren-den Schubkräfte zwischen Stahlträgerund Betonplatte werden durch Verbund-mittel übertragen. In der Regel werdendazu Kopfbolzendübel verwendet. DasErgebnis ist ein biegesteifer, hochtrag-fähiger Querschnitt, der im Vergleichzum reinen Stahlträger geringere Ver-formungen aufweist und weniger anfäl-lig gegen Schwingungen ist.

Verglichen mit einem Träger ohne Ver-bundwirkung werden bei einem Verbund-tragwerk der Querschnitt und die Höhedes Stahlträgers erheblich reduziert.In der Praxis haben sich beim Trägerver-bund drei Systeme bewährt, die nach-folgend beschrieben werden.

7.1 Verbundträger mit Verbundblechen und Ortbeton

Dieses System kombiniert Trägerverbundund Deckenverbund. Es repräsentiert wohlam ehesten die Stahlverbundbauweise.In den angloamerikanischen Ländernwird es bevorzugt eingesetzt.

Die leichten Profilbleche werden ohneKraneinsatz ausgelegt. Anschließend er-folgt die Verlegung der Betonstahlmat-ten und die Aufbringung des Ortbetons.Der Ortbeton bildet eine homogene Ober-fläche und das profilierte Blech sorgt füreine ansprechende Untersicht. Durch diehinterschnittene Profilierung (Schwal-benschwanz) kann das Blech als mittra-gende Bewehrung eingeplant werden. Bild 8: Verbundträger mit Spannungsquerschnitt

Bild 9: Trägerverbund mitVerbundblech

Bild 10: Typisches Aus-führungsbeispiel

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BAUEN MIT STAHL

Darüber hinaus dienen die „Sicken“ alsBefestigungsschiene für Systemaufhän-gungen.

Beim Einsatz von Verbundblechen ist je-doch der Trägerabstand ohne temporäreZwischenunterstützung während derBetonierarbeiten auf ca. 2,5 m begrenzt.

7.2 Verbundträger mit Halb-Fertigteilplatte und Ortbeton

Auf die Stahlverbundträger werdenvorgefertigte Betonschalplatten auf-gelegt (Filigran o.ä.). Wie bei der Lösungmit Stahlverbundblechen entfallen diekosten- und zeitintensiven Schalungs-arbeiten.

Die Fertigteile werden auf Grund ihresGewichts mit dem Kran verlegt. Anschlie-ßend wird mit Ortbeton aufgefüllt. Wiebeim Trägerverbund mit Verbundblech

(siehe Abschnitt 7.1), erhält die Deckeeine homogene, glatte Oberfläche. Umauch eine glatte Untersicht zu erhalten,ist ein Verspachteln der Platten-Längs-fugen erforderlich. Abhängig von derStärke der Fertigteilplatte sind im Beto-nierzustand jedoch größere Trägerab-stände ohne Zwischenunterstützungmöglich.

Nachteilig gegenüber der Variante mitVerbundblechen ist die schlechte Begeh-barkeit der Halb-Fertigteilplatte. Ihre Nut-zung als Arbeitsbühne vor Beginn derBetonierarbeiten ist daher stark einge-schränkt.

7.3 Verbundträger mit Betonfertigteilen

Durch Verlegung von Betonfertigteilplat-ten in endgültiger Deckenstärke wirdeine nahezu völlig „trockene“ Bauweiseerzielt.

Sowohl die Schalungsarbeiten, als auchdie temporären Abstützungen und Beto-nierarbeiten auf der Baustelle entfallen.Direkt nach dem Auflegen der Beton-platten erhält man eine gut begehbareOberfläche. Allein die Fugen müssen nochvergossen werden.

Es werden bei dieser Bauweise jedochhohe Genauigkeitsanforderungen andie Fertigteile gestellt. Das Anpassen derBewehrungsschlaufen an den Verlaufder Kopfbolzendübel ist aufwändig.

Macht die Montagesituation großeKranauslagen erforderlich, ist der Ein-satz dieser Bauweise wegen des hohenMontagegewichts der Betonfertigteilebegrenzt.

Auch der Oberflächenausgleich gestaltetsich kritisch. Um eine glatte Oberflächeohne Versatzkanten zu erhalten, istmeist die Aufbringung einer zusätz-lichen Estrichschicht erforderlich.

Bild 11: Systemaufhängungenam Verbundblech

Bild 12: Trägerverbund mitvorgefertigter Stahl-betonschale

Bild 13: Trägerverbund mit Betonfertigteilplatte

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8 Deckensysteme in Stahlflachdeckenbauweise

Eine geringe Deckenstärke vermindertsowohl die Geschoss- als auch die Ge-bäudehöhe. Insgesamt reduziert sich dasBauvolumen. Daher geht der Trend zueiner Minimierung der Deckenhöhe. Dieshat auch zur Entwicklung von Stahl-flachdecken geführt. Sie begann Anfangder 90er Jahre.

Im Gegensatz zu vor Ort geschalten undbetonierten, massiven Flachdecken han-delt es sich jedoch bei Stahlflachdeckenum eine elementierte Bauweise. Wie beiden Stahlverbunddecken werden auchhier Stahlträger als Unterzüge für dieeinachsig spannende Betondecke ver-

wendet. Allerdings wird bei Stahlflach-decken der Stahlträger nicht als Unter-zug unter der Decke verlegt, sondern inden Deckenspiegel der Betondecke inte-griert.

Allen Flachdecken gemeinsam – mit Aus-nahme der Hoesch-Additiv-Decke – istaußerdem der verbreiterte Trägerunter-gurt. Er dient als Auflage der Flächen-elemente für die Betondecke.

Stahlflachdecken sind sowohl mit, alsauch ohne Trägerverbund möglich.

Stahlflachdecken werden nach zweiAusführungsarten unterschieden:– Stahlflachdecken in Trockenbauweise– Stahlflachdecken mit Ortbeton

8.1 Stahlflachdecken in Trockenbauweise

Die Trockenbauweise ist die reinste Ele-mentbauweise. Alle Bauteile sind vorge-fertigt. Die „trockene“, leichtgewichtigeStahlflachdecke ermöglicht große Spann-weiten und eine besonders schnelle Bau-ausführung. Sie passt daher ausgespro-chen gut zur Philosophie des Stahlbaus:Schnell – weit – leicht. Die Arbeiten aufder Baustelle beschränken sich nach derMontage der Stahl- und Deckenelementeeinzig auf den Fugenverguss.

Diese Bauart, in Skandinavien entwickeltund über Großbritannien zum Konti-nent gekommen, ist mittlerweile auchin Deutschland die meist angewendete

Bild 16 (rechts): Prinzip der Stahlflach-decke

Bild 14a: Bürogebäude in Düsseldorf mit Spannbeton-Fertigteildecken (© Petzinka Pink Architekten/Hermann Fahlenbrach)

Bild 15 (links): Innovationszentrumfür Informatik in Berlin in „Slimdek“-Bauweise (© BauBild/Stephan Falk)

Bild 14b: Bürogebäude in Düsseldorf (Montage)

1 1/2 Ι-Profil2 Unterflansch, angeschweißt3 Hohldiele4 Ortbeton/Estrich

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BAUEN MIT STAHL

Stahlflachdeckenbauweise. Die als Flä-chenelemente verwendeten Spannbeton-Fertigdecken (früher Spannbeton-Hohl-platten), im Zusammenspiel mit der fili-granen Stahlkonstruktion, machen dieseBauweise ausgesprochen leicht.

Doch im Gegensatz zur Stahlverbund-bauweise mit Deckenunterzügen und imGegensatz zu den Stahlflachdecken mitOrtbeton, wird bei der Ausführung inTrockenbauweise keine Verbundwirkungangestrebt. Auch der Einsatz von mas-siven Betonfertigteilen hat wegen derhohen Gewichte keine Bedeutung.

Die Auslegung der Spannbetonhohl-platten erfolgt gemäß allgemeiner bau-aufsichtlicher Zulassung.

Zur Ermittlung der Beanspruchbarkeitder Stahlträger kann die plastische Quer-schnittstragfähigkeit nach DIN 18800oder nach DIN V ENV 1993 (Eurocode 3)zugrunde gelegt werden. Hilfreich beider Auslegung von Stahlflachdecken mitSpannbetonhohlplatten sind auch die„Guidelines for the Application of pre-stressed Hollow Core Slabs supportedon Built-in Beams“ (ECCS, Brüssel). Zu-

dem liefert die „Untersuchung des Trag-verhaltens bei Flachdeckensystemen“(Forschungsbereicht Nr. P26 der FOSTA,Düsseldorf) wertvolle Erkenntnisse zurBemessung und Gebrauchstauglichkeit.

Als Stahldeckenträger befinden sich vor-wiegend Doppel-T-Träger mit verbreiter-tem Untergurt im Einsatz. Hut-Profilesind in Skandinavien und den Niederlan-den recht populär. In Deutschland wer-den sie seltener verwendet.

Bereits Anfang der 90er Jahre hat dieFirma Arcelor (früher Arbed) für die Stahl-flachdeckenbauweise mit Spannbeton-Fertigdecken den IFB-Träger entwickeltund das System mit dem Quick-Erect-Anschluss optimiert.

Das IFB-System (Integrated Floor Beam)ermöglicht wirtschaftliche Stützenrastervon bis zu 8 x 12 m. Sinnvollerweise solltedas größere Rastermaß mit den Spannbe-tonhohlplatten und das kürzere mit denStahlträgern überspannt werden. Dadurcherhält man eine nahezu gleiche Bauhöhevon Träger und Deckenelement und mini-miert gleichzeitig den Stahlverbrauch.

Bild 17: Querschnitte Stahlflachdeckenträger

Bild 18 (links): Flachdecke in Trockenbauweise (typ.)

Bild 19 (unten): Stahlflachdecken mit Ortbeton

8.2 Stahlflachdecken mit Ortbeton

Stahlflachdecken mit Ortbeton habenein gemeinsames Erkennungsmerkmal:Sie verwenden Profilbleche oder Beton-Halbfertigteile als Schalungselementefür die Aufbringung von Ortbeton.Dadurch ergibt sich eine Vielzahl vonAusführungsvarianten, die aus Wirt-schaftlichkeitsgründen nahezu alle imTrägerverbund ausgeführt werden.

Um die Deckenhöhe gering zu halten,kommen bei dieser Ausführung gedrun-gene, verhältnismäßig schwere Stahlpro-file zum Einsatz. Aus Gründen der Ge-brauchstauglichkeit werden die Trägerzudem stark überhöht oder müssen wäh-rend des Betonierzustands temporär ab-gestützt werden. Dadurch stößt dieseBauweise bei höheren Spannweitenschnell an ihre Grenzen.

Da der Beton auf der Baustelle aufge-bracht wird, ist sie auch stärker als dieTrockenbauweise von der Witterungabhängig. Zudem hat sie ein höheresEigengewicht.

Vorteilhaft ist die glatte, homogene Ober-fläche der Betondecke. Auch das nach-trägliche Einbringen von Installations-durchbrüchen mit Kernbohrungen ge-staltet sich i. A. problemlos.

Da bei den einachsig gespannten Beton-decken keine Bewehrungskonzentratio-nen im Stützenbereich stattfinden, ent-fallen die bei massiven Flachdecken be-kannten Durchstanzprobleme. Dahersind bei Stahlflachdecken auch im Stüt-zenbereich größere Deckendurchbrüchemöglich. Die Integration von Heiz- und Kühlroh-ren ermöglicht darüber hinaus, die mas-sive Betondecke als Speichermasse zuaktivieren.

Die Bemessung erfolgt nach den derzeitgültigen Vorschriften, der DIN 1045-1,den Richtlinien für die Ausführung undBemessung von Stahlverbundträgernund der DIN V ENV 1994 (Eurocode 4).

Integrated Floor Slim Floor HutprofilBeam (IFB) Beam (SFB)

IFB-Träger mit Quick-Erect-Anschluss1 Stütze2 Verschraubung3 Kopfplatte

4 Hohlkörperdecke5 Flachdeckenträger

1

3

4 5

2

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Stahlgeschossbau – Deckensysteme

8.3 Stahlflachdecken mit Ortbeton und tiefen Trapezprofilen

In Großbritannien wurden die zuvor mitSpannbeton-Hohlplatten eingesetztenSFB-Träger (Slimflor-Beams, siehe auchBilder 17 und 19) zum ersten Mal mittiefen Trapezprofilen vom Typ PMFComFlor 210 verwendet.

Aus dem Slimflor- entstand das „Fast-Track-Slimflor“-System, das erste Stahl-flachdeckensystem mit tiefen, weitspan-nenden Trapezprofilen.

Vorteile dieses Systems gegenüber derAusführung mit Betonfertigteilen sind:– Die leichten Bleche können ohne

Kraneinsatz per Hand verlegt werden.– Sie spannen im Betonierzustand bis

6 m ohne Zwischenunterstützung.Bei der Verwendung des im U. K.üblichen Leichtbetons vergrößert sichdiese Spannweite noch.

– Durch die besondere Profilierung desComFlor-Bleches wirkt das Blech mitdem Aufbeton im Flächenverbund.

– Auch der Stahlträger wird im Verbundmit der Decke eingesetzt. Dadurch wirdeine höhere Steifigkeit des Systemserzielt.

– Im Vergleich mit anderen Ortbeton-Ausführungen hat die durch das Tief-sickenblech entstandene Rippendeckeein deutlich geringeres Gewicht.

– Zusätzlich sind zwischen den Blech-sicken in den Trägerstegen Durch-brüche für die Verlegung von Instal-lationen möglich.

– Durch den Ortbeton erhält die Deckeeine glatte, homogene Oberfläche.

– Die Bleche bilden eine optisch anspre-chende Untersicht ohne Fugen.

Der Nachteil des Slimflor-Systems gegen-über der trockenen Bauweise mit Spann-beton-Fertigdecken ist sein verhältnis-mäßig hoher Fertigungs- und Montage-aufwand.

Ende der 90er Jahre wurde das Slimflor-Konzept durch die Einführung des „ASB-Trägers“ weiterentwickelt. ASB steht für„Asymmetric Beam“, ein in Großbritan-nien gewalztes Doppel-T-Profil mit schma-lem Ober- und breitem Untergurt. Aufdem Obergurt ist ein Riffelmuster einge-walzt um eine Trägerverbundwirkung zuerzielen.

Zusammen mit dem ebenfalls neu ent-wickelten Tiefsicken-Verbundblech „SD225“ der Firma PMF ComFlor entstand einneues Stahlflachdeckensystem mit demNamen „Slimdek“. Es hat heute seinen Vor-gänger „Slimflor“ weitgehend abgelöst.

Auch in Berlin wurden bereits zwei Bau-vorhaben mit dem Slimdek-System rea-lisiert. Allerdings waren hier noch Zu-

stimmungen im Einzelfall notwendig.Derzeit befindet sich das System beimDeutschen Institut für Bautechnik (DIBt)in der allgemeinen bauaufsichtlichenZulassung.

8.4 Sonderlösungen mit Stahlflachdecken

Bei den Stahldeckensystemen ist es prak-tisch unbegrenzt möglich, die einzelnenBauteile zu variieren und auf unterschied-lichste Weise miteinander zu kombinie-ren. Dadurch erhält man Sonderlösun-gen, die auch schwierigste Projektanfor-derungen erfüllen.

8.4.1 Die Hoesch-Additiv-Decke

In Deutschland ist dieses Deckensystembei Parkhäusern fast zur Standardbau-weise geworden. Bei der Hoesch-Addi-tiv-Decke werden ebenfalls Tiefsicken-bleche verwendet. Das Trapezprofil TRP200 wird jedoch nicht wie beim Slimdek-System auf die Trägeruntergurte gelegt,sondern über Stahlknaggen am Träger-obergurt abgehängt.

Durch Einlegen von Längsbewehrung inden Blechsicken entsteht eine leichteBetonrippendecke, die jedoch nicht imFlächenverbund wirkt.

Bild 20: Stahlflachdecke mit tiefen Trapezprofilen „Fast-Track-Slimflor“ Bild 21: Stahlflachdecke mit tiefen Trapezprofilen „Slimdek“

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BAUEN MIT STAHL

Die Tragwirkung von Blech und Beton-decke ist additiv. Das Blech, welches imBetonierzustand einen Trägerabstand vonbis zu 5,8 m erlaubt, nimmt die Lasten ausdem Eigengewicht und dem Ortbeton auf.Die Verkehrslasten werden der Betonrip-pendecke zugewiesen. Auf den Träger-obergurt geschweißte Kopfbolzendübelerzeugen zusätzlich einen Trägerverbund.

Durch Abhängung des 200 mm hohenProfilblechs über die Stahlknaggen redu-ziert sich bei der Hoesch-Additiv-Deckedie Gesamtdeckenhöhe erheblich.

Mit der Hoesch-Additiv-Decke wird beiParkhäusern ein stützenfreies Decken-raster von 16 x 5 m erzielt.

Der Vorteil dieses Systems besteht darin,dass beliebig hohe Trägerprofile einge-setzt werden können. Im Sonderfall, wenndie Trägerhöhe (ca. 200 mm) nicht we-sentlich von der Höhe des Profilblechsabweicht, ergibt sich eine echte Flach-decke.

Die Bemessung der Hoesch-Additiv-Deckeerfolgt über eine allgemeine bauauf-sichtliche Zulassung durch das DeutscheInstitut für Bautechnik (DIBt).

8.4.2 Der Draheim-Träger

Steigen die Träger-Stützweiten und dieBelastungen der Geschossdecken starkan, stoßen die üblichen Flachdeckensys-teme schnell an ihre Grenzen. Dann sindSonderlösungen gefragt.

Für den Neubau eines Düsseldorfer Kauf-hauses war ein Raster von 12,5 x 12,5 mvorgegeben, und eine Verkehrslast vonbis zu 10 KN/m2 gefordert. Die Gesamt-deckenhöhe war auf max. 86 cm be-schränkt. Trotzdem sollten Installations-durchbrüche von bis zu 1,0 m2 pro Öff-nung für die hochinstallierte Decke be-rücksichtigt werden. Konventionelle,massive Systeme brachten keine wirt-schaftliche Lösung.

Die patentierte Idee des Ing. Büros Dra-heim, eine „trockene“ Stahlflachdeckemit Spannbeton-Fertigteilen und einerUnterspannung des Stahlflachdecken-trägers zu konzipieren, erwies sich als dergünstigste Weg. Zusätzlich konnten dieKosten und die Bauzeit gesenkt werden.

Bild 24a (links): Textilkaufhaus in Düsseldorf mit Flachdecke in Trockenbauweise mitDraheim-Trägern (© HOCHTIEF/Andreas Wiese)

Bild 23 (links): Parkhaus 3 FlughafenHannover (© W & P Architekten undIngenieure)

Bild 24b (rechts): Flachdecke in Trocken-bauweise mit Draheim-Trägern

Bild 22 (oben):Hoesch-Additiv-Decke

1 Stahlverbundträger2 Kammerbeton3 Stahltrapezprofil

4 Stahlknagge5 Kopfbolzendübel6 Kunststoffabdichtkappe

7 Z-Abdichtprofil8 Stahlbetonrippendecke

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Stahlgeschossbau – Deckensysteme

9 Brandschutz

Ein wichtiges Thema beim Geschossbaumit Stahl ist der Brandschutz. Man unter-scheidet– aktiven Brandschutz und – passiven Brandschutz

Der aktive Brandschutz ist baustoffun-abhängig und umfasst vorbeugende undbrandabwehrende Maßnahmen, wie z.B.die Planung der Fluchtwege, die Instal-lation von Brandmeldeanlagen oder denEinsatz einer Sprinklerung.

In erster Linie ist es eine gute Brand-schutzplanung, die die Ausbreitungschwerer Brände verhindert und hilft,Menschenleben zu retten. Darüber hin-aus führt eine gute Brandschutzplanunghäufig zu Erleichterungen bei der Ein-gruppierung der tragenden Konstruk-tion in die entsprechenden Brandschutz-klassen.

Unter passivem Brandschutz verstehtman Maßnahmen, die eine Erwärmungder Tragkonstruktion verhindern. NachDIN, Landesbauordnungen und verschie-denen Sonderbauverordnungen werdendie Gebäudetypen und ihre Tragelementein Brandschutzklassen von F 30 bis F 120eingeteilt. Alle geforderten Brandschutz-klassen sind mit Stahlkonstruktionen zuerreichen.

Geeignete passive Schutzmaßnahmensind:

9.1 Passiver Brandschutz bei Stahlflachdecken

Bei Stahlflachdecken ist der Stahlträgerbis auf den Unterflansch vollständig indie Betondecke einbetoniert. Daher istdie zu schützende Stahlfläche systembe-dingt bereits auf ein Minimum reduziert.

Wahlweise kann der freiliegende Flanschje nach Brandschutzanforderung durchdie zuvor erwähnten Maßnahmen ge-schützt werden.

Eine weitere Möglichkeit bietet der so-genannte „integrierte“ Brandschutz, beidem eine zusätzliche Bewehrung in derBetonvergussfuge vorgesehen wird. DieAuslegung der Zusatzbewehrung erfolgtdann durch „heiße“ Bemessung.

9.2 Feuersichere Anschlüsse

Sind Brandschutzanforderungen gestellt,müssen auch die Anschlüsse feuerhem-mend oder feuersicher ausgeführt wer-den. Dies geschieht entweder mit Hilfeder erwähnten Schutzverfahren oderbei Verbundbauteilen durch feuersichereAnschlüsse.

Stellvertretend für die vielen verschie-denen Möglichkeiten sind der Knaggen-und der Knüppelanschluss dargestellt.

Bild 25: Passive Brandschutzmaßnahmen für Stahl

Bild 26: Flachdeckenträger mit integriertem Brandschutz

Schutzmaßnahme Erreichbare Brandschutzklasse

1. Überdimensionierung (Einsatz höherfester Stahlgüten) F 30

2. Einsatz feuerresistenten Stahls (FR 30-Stahl) F 30

3. Feuerhemmende und feuersichere Beschichtungen F 30, F 60, F 90(Dämmschichtbildner)

4. Feuerresistenter Stahl in Kombination mit einem F 90Dämmschichtbildner (FR 90-Stahl)(derzeit im bauaufsichtlichen Zulassungsverfahren)

5. Spritzputze auf Zement- oder Vermiculite Basis F 30 bis F 120

6. Verkleidung mit Brandschutzplatten F 30 bis F 120

7. Brandschutz durch „heiße“ Bemessung von Stahl- F 30 bis F 120verbundbauteilen (z.B. einbetonierte oder kammer- betonierte Profile, mit Beton gefüllte Hohlprofile, Hohlprofile mit eingestellten, massiven Stahlprofilen)

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BAUEN MIT STAHL

10 Gebäudeinstallationen

10.1 Installation bei Stahlflachdecken

Bei allen Stahlflachdecken können dieInstallationsführungen sowohl oberhalb(aufgeständerte Böden) als auch unter-halb der Betondecke (abgehängte Decke)störungsfrei verlegt werden (siehe auchBilder 3a und 3b).

Bei der Slimdek-Bauweise ist es darüberhinaus möglich, selbst größere Installati-onen innerhalb des Deckenspiegels durch-zuführen. Dies geschieht mit Hilfe vonStegdurchbrüchen zwischen den Profil-blechsicken. Dabei überschreitet die Ge-samtdeckenstärke selten 30 cm.

Auch die Verlegung von Heiz- und Kühl-rohrsystemen innerhalb der Betondeckeist möglich (Beispiel: Sport- und Büro-zentrum Samariterstrasse, Berlin). Sowird nicht nur die Speicherkapazität derBetondecke genutzt. Die Lage der Rohr-register direkt oberhalb der Profilblech-schale sorgt darüber hinaus für eineschnelle Aktivierung der Kühlwirkung.

Bild 27a/b: Knaggenanschluss

Bild 28a/b: Knüppelanschluss

Bild 29a/b: Installationsmöglichkeiten beim Slimdek-System

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10.2 Installation bei Verbundträgerdecken

Werden Stahlträger als Deckenunterzügeeingesetzt, bietet es sich an, Durchbrüchein den Stegen der Träger anzuordnen, umdie Installationsführung zu erleichtern.

Denn im Vergleich zu massiven Unter-zügen sind bei Stahlträgern selbst großeStegöffnungen einfach und kostengüns-tig realisierbar. So können die notwendi-gen Installationskanäle durch die Decken-träger hindurch geführt werden.

Besonders mit den patentierten Cellform-Trägern steht eine wirtschaftliche Lösungfür hochinstallierte Decken zur Verfügung.

Doch auch durch individuell an den In-stallationsbedarf angepasste Träger undTrägerformen lassen sich Installations-probleme intelligent lösen.

11 Zusammenfassung

Deckensysteme in Stahlbauweise habensich in vielen Ländern und bei vielen Bau-maßnahmen bewährt. Sie sind nicht nureine wirtschaftliche Alternative zu denkonventionellen Deckensystemen, son-dern bieten auch Lösungen, wenn andereSysteme bereits an ihre Grenzen stoßen.

Literatur:

Arcelor (ProfilArbed): Stahltragwerke für Flachdecken,Esch/Alzette, Luxemburg

BAUEN MIT STAHL e.V. (Hrsg.): Geschoßbau in Stahl – Flachdecken-Systeme, Dokumentation 605, 3. Auflage, Düsseldorf, Sept. 1998

BAUEN MIT STAHL e.V. (Hrsg.): Stahlgeschossbau - Grundlagen, Dokumentation 612, Düsseldorf, Nov. 2002

H. Bode: Verbundbau, Düsseldorf, 1987

ECCS (Hrsg.): Guidelines for the application of prestressed hollow core slabs supportedon built-in beams, N° 103, Brüssel, April 1998

F. Hart, W. Henn, H. Sontag (Hrsg.):Stahlbauatlas Geschoßbauten, 2. neu bearbeitete Auflage, Institut für internationale Architektur-Dokumentation, München, Augsburg, 1982

H. Weber: Decke und Dach – Wirtschaftliches Bauen mit Spannbeton-Hohlplatten,Kerpen

Studiengesellschaft Stahlanwendung e.V.:Untersuchung des Tragverhaltensbei Flachdeckensystemen (Slim-FloorKonstruktionen) mit verschiedener Aus-bildung der Platten und verschiedenerLage der Stahlträger, Forschung für die Praxis P 261, Düsseldorf, 1997

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Stahlgeschossbau – Deckensysteme

Bild 31: Deckenträger veränderlicher Bauhöhe

Bild 30: Cellform-Träger als Verbunddeckenträger

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BAUEN MIT STAHL

Bild 1a/b: Prinzip der Slimflor-Bauweise

1 Einleitung

Deckentragwerke stellen im Hochbau einwichtiges Konstruktionselement dar, dasie mehr als ein Drittel der Rohbaukostenverursachen. Bei der Optimierung sindneben statisch-konstruktiven Fragen vorallem die Gesichtspunkte Flexibilität inder Nutzung, Integration von Haustech-nik, Brand- und Schallschutz sowie dieWirtschaftlichkeit im Hinblick auf dieGesamtbaukosten zu berücksichtigen.Die Optimierung beginnt bereits bei derBeratung des Bauherrn in der ersten Ent-wurfsphase, wenn die Grundzüge derGebäudestruktur erarbeitet werden. DieAuswahl des Deckensystems löst dabeihäufig Grundsatzdiskussionen aus: – Decke mit Unterzügen oder

Flachdecke?– Stahlbeton oder Spannbeton?– Ortbeton, Halbfertigteile oder

Fertigteile für eine Vollmontage?

Tragwerksplaner favorisieren häufigSysteme mit Unterzügen und ohne Vor-spannung, die den Materialverbrauchfür den Rohbau und den Aufwand inder statischen Berechnung minimieren,jedoch nur kurze Spannweiten ermög-lichen. Bauherr und Architekt wünschenbei geringen Kosten unterzugfreie De-cken mit großen Spannweiten für einMaximum an Flexibilität und architekto-

mit hohem Installationsgrad in horizon-taler Richtung, da der Raum zwischenUnterkante der Konstruktion und derabgehängten Decke vollständig für dieHaustechnik zur Verfügung steht undnicht durch Unterzüge gestört wird. So-mit lässt sich durch Slimflor-Systeme dieFlexibilität in der Nutzung von Gebäudensteigern.

Typische Anwendungsfälle sind Skelett-bauten mit vergleichsweise regelmäßi-gem Stützenraster wie Bürogebäude,Park- und Warenhäuser oder Schulen.Die Deckenspannweiten liegen üblicher-weise zwischen 7 und 12 m, die Nutzlastzwischen 3,5 und 10 kN/m2.

Inhalt

1 Einleitung

2 Slimflor-Konstruktionen

3 Spannbeton-Fertigdecken

4 Tragverhalten und statische Nachweise

4.1 Allgemeines4.2 Auflagerung

5 Zusammenfassung

Stahldeckensysteme mit Spannbeton-Fertigdecken

Univ.-Prof. Dr.-Ing. Josef Hegger und Dipl.-Ing. Sebastian Bülte

nischer Qualität. Wenn später die Bau-ausführenden hinzukommen, sind ausZeitgründen weitere Optimierungen nurnoch begrenzt möglich.

Mit vorgespannten Deckensystemen, wiez.B. Slimflor-Systeme (Bild 1), bei denenSpannbeton-Fertigdecken auf decken-gleichen Stahlunterzügen aufgelagertwerden, sind größere Spannweiten undSchlankheiten bei gleichzeitig geringe-ren Durchbiegungen möglich.

Die geringere Deckendicke spart außer-dem Gebäudehöhe ein und verringertdie Fundamentlasten. Sie bietet zudemgünstige Voraussetzungen für Gebäude

1 Stütze2 Verschraubung3 Kopfplatte4 Fertigdecke5 Stahlträger

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Stahlgeschossbau – Deckensysteme

Vergleicht man die Rohbaukosten ver-schiedener Deckensysteme, so weicheneinachsig gespannte Decken mit Unter-zügen und vorgespannte Decken meistum weniger als 10 % voneinander ab.Geht man davon aus, dass die Deckenetwa ein Drittel zu den Rohbaukostenbeitragen, die wiederum ein Drittel derGesamtkosten bilden, dann liegen dieMehrkosten bei etwa 1 %. Diese Mehr-kosten werden durch die höhere Flexibi-lität in der Nutzung und durch Einspa-rungen in der Haustechnik wegen ein-facherer Leitungsführung sowie bei derFassade wegen geringerer Gebäudehöhemehr als ausgeglichen.

Aufgrund dieser Vorteile werden in denBenelux-Ländern und in Skandinavienrund 50 % der Deckenflächen mit Vor-spannung ausgeführt. In Deutschlandist jedoch der Anteil der vorgespanntenDecken noch sehr gering. Da bei der Be-messung und Konstruktion von Slimflor-Konstruktionen immer wieder Fragenauftreten, wird hierauf nachfolgend ver-tieft eingegangen.

2 Slimflor-Konstruktionen

Slimflor-Konstruktionen ermöglichenunterzugfreie Decken, in denen auchgroße Durchbrüche im Stützenbereichohne die sonst üblichen Durchstanzpro-bleme angeordnet werden können. DerEinsatz von werksmäßig vorgefertigten,typisierten Elementen garantiert dabeieine gleichbleibend hohe Qualität. Zu-dem wird durch die Verwendung vonSpannbeton-Fertigdecken eine Verrin-gerung des Eigengewichts der Konstruk-tion erzielt, was sich günstig auf dieStützenquerschnitte und den Grün-dungsaufwand auswirkt. Die Verwen-dung von vorgefertigten Elementen er-möglicht eine schnelle und witterungs-unabhängige Bauweise, bei der dieSchalarbeiten weitgehend entfallen.

Zunächst wird das Stahlskelett errichtet,wobei für den Stahlbau typische Schraub-verbindungen verwendet werden. Spe-zielle Montageplatten (z.B. Quick-Erect)ermöglichen das Einheben und eine ein-fache Justierung der Träger vor dem end-gültigen Verschrauben (Bild 2). Aufgrundder Standardbreite der Spannbetonfertig-teile sollte ein Stützenraster von n x 1,2 mgewählt werden.

In der Praxis werden üblicherweise IFB-,SFB- bzw. THQ-Profile als Stahlunterzügeverwendet (Bild 3). Dabei wird in Deutsch-land der IFB-Träger am häufigsten ge-wählt, der sich aus einem halben HE-Profil und einem angeschweißten, ver-breiterten unteren Flansch zusammen-setzt. Bei SFB-Trägern wird der untereFlansch eines HE-Profils durch Flachstahlverstärkt. THQ-Profile – auch Hut-Profilgenannt – sind zusammengesetzte Quer-schnitte.

Die Fertigdecken werden mit speziellenMontagezangen in die Stahlskelettkon-struktion gelegt und anschließend auf derBaustelle mit Ortbeton vergossen (Bild 4).Die Fertigdecken sind direkt nach demVerlegen begehbar. Beim Verlegen ist aufeine gleichmäßige Durchbiegung benach-barter Platten zu achten. Treten unter-schiedliche Durchbiegungen auf, wird derHöhenausgleich durch sogenannte Mon-tageklemmen vorgenommen, die bis zumAushärten des Fugenvergusses in derDecke verbleiben.

Besonders bei hohen Anforderungen anden Brandschutz und bei Betonfertigteil-konstruktionen ist die Verwendung desDelta-Beams (Bild 5) vorteilhaft. Die

Bild 2a/b: Detailausbildung Stütze – Riegel bei Slimflor-Konstruktionen

Bild 3a/b: Gängige Stahlprofile für Slimflor-Konstruktionen in Deutschland

IFB SFB THQ

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BAUEN MIT STAHL

Spannbeton-Fertigdecken werden auchbei diesem System auf dem unterenFlansch des Stahlprofils gelagert. Dasoffene Profil wird durch den Fugenver-guss mit Beton gefüllt, so dass sich einrobuster Verbundträger ergibt. Durcheine gezielte Anordnung von Brandeisenim Inneren des Profils kann ein Feuer-widerstand bis zur Klasse F 120 erzieltwerden.

3 Spannbeton-Fertigdecken

Bei Spannbeton-Fertigdecken handeltes sich um vorgefertigte, vorgespannteDeckenelemente mit einer einachsigenLastabtragung. Als Beton wird nahezuausschließlich Beton der FestigkeitsklasseC 45/55 verwendet. Bild 6 zeigt einentypischen Querschnitt mit den wesent-lichen Elementen einer Spannbeton-Fertigdecke.

Spannbeton-Fertigdecken sind üblicher-weise 1,20 m breit, können aber auch ab30 cm in standardisierten Breiten gelie-fert werden. Die Deckendicken betragenin der Regel zwischen 15 und 40 cm, sodass Spannweiten bis zu 15 m wirtschaft-lich realisiert werden können. Die runden,ovalen oder auch rechteckigen Hohlräume

ergeben eine Material- und Gewichtser-sparnis gegenüber Massivplatten von biszu 40 %. Um die Querkrafttragfähigkeitsicherzustellen, darf die Summe der Steg-breiten nicht kleiner als 30 – 40 % derPlattenbreite werden.

Die Bewehrung besteht ausschließlichaus einer vorgespannten Längsbeweh-rung aus Litzen oder Drähten mit sofor-tigem Verbund. Zur Sicherung der Ro-bustheit der Platten wird abweichendvon DIN 1045-1 [1] keine Betonstahl-bewehrung angeordnet. Stattdessenist entsprechend der Zulassung die Vor-spannung der verwendeten Litzen undDrähte auf 1000 N/mm2 zu begrenzen.Auf die sonst in Stahlbetonbauteilenübliche Schub-, Spaltzug- und Querbe-wehrung wird wegen der Herstellung

mit Gleitfertigern oder Extrudern eben-falls verzichtet. Zum Nachweis der Quer-krafttragfähigkeit werden die Vorspan-nung und die Betonzugfestigkeit in An-satz gebracht.

4 Tragverhalten und statische Nachweise

4.1 Allgemeines

Die Grundlage für alle statischen Nach-weise bildet DIN 1045-1. Abweichungenhiervon sind durch Zulassungen desDeutschen Instituts für Bautechnik ge-regelt (Bild 7). Zur Aufnahme der Bean-spruchungen aus Querkraft, Querbiegungund Spaltzug wird die Betonzugfestigkeitin Ansatz gebracht.

Bild 4a/b: Stahlskelettkonstruktion mit Ergänzung durch Spannbeton-Fertigdecken

Bild 5a/b: Delta-Beam

Bild 6: Querschnitt einer Spannbeton-Fertigdecke

Hohlraum Steg Spannstahl

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Stahlgeschossbau – Deckensysteme

Zur räumlichen Stabilisierung werdendie Decken in der Regel als horizontaleScheiben ausgebildet, um die Horizon-talkräfte in Wände und Kerne weiterzu-leiten. Bei Fertigdecken wird die Schei-benwirkung durch die Fugenbewehrung,den Ringanker und den Fugenvergusshergestellt (Bild 8). Bei der Bemessungund der konstruktiven Durchbildung sindfolgende Prinzipien zu beachten:– Die Scheibe ist Teil eines wirklichkeits-

nahen Tragmodells, das die Verträg-lichkeit der Verformungen der aus-steifenden Bauteile berücksichtigt.

– Die Scheibentragwirkung wird in derRegel durch ein Strebenfachwerk oderein Bogen-Zugbandmodell beschrieben.Der Betonquerschnitt bildet die Druck-streben und die Bewehrung in denFugen die Zugstrebe.

– An den Knoten und den Verbindungenzu den aussteifenden Bauteilen sinddie Einleitung der Betondruckkräfteund die Verankerung der Zugkräfteüber Verbund nachzuweisen.

4.2 Auflagerung

An den Auflagern der Fertigdecke fordertdie Zulassung ein Mörtel- bzw. Betonbettoder gleichwertige Zwischenlagen, dienegative Auswirkungen auf die Standsi-cherheit ausschließen. Von besondererBedeutung für Fertigdecken ist hierbeidie Aufnahme der Querzugspannungen,die aus der Verformung des Auflagers ent-stehen können. Da die Betonzugfestigkeitgleichzeitig auch bei der Spannkraftein-leitung und der Querverteilung von Las-ten in Ansatz gebracht wird, steht für

Zusatzspannungen aus Auflagerverfor-mungen nur eine begrenzte Kapazitätzur Verfügung.

Der Einfluss der Auflagerung auf die Trag-fähigkeit von Spannbeton-Fertigdeckenwurde erstmals von Pajari in FinnlandAnfang der 90er Jahre untersucht [2, 3].Anhand von Großversuchen, bei denendie Ausführung der Unterzüge (Stahlbe-ton, Spannbeton, deckengleiche Stahl-träger) variiert wurde, bestimmte er dieTragfähigkeit von Fertigdecken im Auf-lagerbereich. Nach diesen Versuchenkann eine biegeweiche Lagerung eineReduktion der Querkrafttragfähigkeitder Fertigdecken von bis zu 50 % bewir-ken. Gleichzeitig wurden Längsrisse ent-lang der Litzen im Auflagerbereich fest-gestellt, die zu einer verminderten Ver-bundfestigkeit der Spannbewehrungführen. In Bild 9 wird die Beanspruchungeiner Spannbeton-Fertigdecke in Quer-richtung infolge biegeweicher Lagerungverdeutlicht.

Die Platten liegen in Bild 9 auf demUntergurt eines Stahlträgers auf. Dabeiwird die Platte in Feldmitte des Unter-zuges auf Querbiegung beansprucht. Sielagert infolge der Trägerkrümmung nuran den Rändern auf. Das in der Zugzonedes Stahlträgers aufgelagerte Fertig-deckenelement erhält eine zusätzlicheZugbeanspruchung. Den Platten am Endedes Unterzuges wird eine Querverzerrungaufgeprägt. Nach den Versuchen vonPajari, bei denen entsprechend den Bil-dern fünf Spannbeton-Fertigdecken aufden Unterzügen aufgelagert waren, tratdas Querkraftversagen immer zuerst an

Bild 7: Statische Nachweise für Spannbeton-Fertigdecken

Bild 8: Bemessung und konstruktive Durchbildung der Deckenscheibe

Querschnittsbemessung

Vordimensionierung Rechnerischer Nachweis

Statistischer Nachweis unter Berücksichtigung der Zulassung und Prüfberichte

Bemessungsprogrammeder Hersteller

z.B. bei großen Aussparungen,Einzellasten

Anwendung von Tragfähigkeitstabellen

Regelfall für üblicheDeckenplatten

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BAUEN MIT STAHL

den äußeren Platten auf, d.h. an denEnden der Unterzüge. Aus den Versuchs-ergebnissen zieht Pajari folgende Schluss-folgerungen:– Die Verformung der Stahlträger kann

die Querkrafttragfähigkeit der unbe-wehrten Fertigdeckenstege um bis zu50 % reduzieren.

– Die Abminderung lässt sich nichtallein mit der Durchbiegung undKrümmung des Unterzuges erklären.Neben der Biegesteifigkeit des Unter-zuges sind die Reibung zwischen Fer-tigdecke und Unterzug, die Schlank-heit der Fertigdecke und die Aktivie-rung als Verbundquerschnitt beste-hend aus Unterzug und Fertigdeckevon Bedeutung.

– Die Längsrissbildung im Bereichder Spannkrafteinleitung vermindertdie Querkrafttragfähigkeit vermut-

lich zusätzlich, da der günstige Ein-fluss der Vorspannung verloren geht.

In Bild 10 sind Ergebnisse aus eigenenFE-Simulationen dargestellt. Durch dieSpannkrafteinleitung im Alter von 10 bis14 Stunden werden bei Aktivierung desHoyer-Effektes Hauptzugspannungen imBeton erzeugt, die bis an die Betonzug-festigkeit zu diesem Zeitpunkt heranrei-chen können. Im Zuge der weiteren Erhär-tung von ca. 25 auf 60 N/mm2 baut sichallerdings eine zusätzlich ausnutzbareZugfestigkeit auf, die zur Aufnahme vonQuerzugspannungen zur Verfügung steht.

Ein rissfreier Spannkrafteinleitungsbe-reich ist für die Verbundfestigkeit derSpannbewehrung von entscheidenderBedeutung [4]. Bei einer Längsrissbildungmit größeren Rissbreiten geht die günstigeWirkung des Hoyer-Effektes vollständigverloren, so dass für den Nachweis derEndverankerung nur eine deutlich ver-minderte Verbundfestigkeit angesetztwerden darf [1].

Im europäischen Ausland werden Spann-beton-Fertigdecken unter Berücksich-tigung der Abnahme der Querkrafttrag-fähigkeit VRd infolge Schubverzerrungbemessen [5]:

Bild 9: Spannbeton-Fertigdecken bei Auflagerung auf deckengleichen Stahlträgern

Bild 10: Spannungszustand im Spannkrafteinleitungsbereich – Schematische Darstellung des Hoyer-Effekts (links) und Hauptzugspannungen bei Spannkrafteinleitung (rechts)

l · b 1VRd = –––––– · (––– √ (fctd

2 + 0,9 · α · σcpm · fctd) – τ2 – 0,9 · τsp)S K

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Stahlgeschossbau – Deckensysteme

Die Formel für die maximale Querkraft-tragfähigkeit der Fertigdecke wird hier-bei um den Einfluss der Schubspannungin Querrichtung τ2 abgemindert. Der Werthängt u.a. von der Geometrie des Trägersund der Fertigdecke sowie der Ausbildungder Lagerung ab. Eine mögliche Längs-rissbildung wird durch eine pauschaleAbminderung der Vorspannbewehrungberücksichtigt.

In Deutschland gibt es zurzeit noch keinenormativen Regelungen für biegeweichgelagerte Spannbeton-Fertigdecken. Da-zu fasst Hartz in [6] die Diskussion imSachverständigen-Ausschuss „Spannbe-ton-Fertigdecken“ zusammen. Bis aufWeiteres fordern die Regelungen der Zu-lassung eine starre Lagerung der Fertig-decken, d. h. die Auflagerung auf biege-weichen Trägern ist durch die Zulassun-gen zunächst nicht abgedeckt. Dennochist eine Abweichung von der starren La-gerung möglich, wenn die Querkrafttrag-fähigkeit der Fertigdecke angemessenreduziert wird. Dies stellt bei der Bemes-sung häufig kein Problem dar, da dieQuerkrafttragfähigkeit nach Zulassungnur selten voll ausgenutzt wird. Solangekeine neueren Erkenntnisse vorliegen, em-pfiehlt sich in Deutschland für die Be-messung und Konstruktion von Slimflor-Systemen folgende Vorgehensweise [7]:

– Bei Auflagerung auf Stahlunterzügensollte die Querkrafttragfähigkeit derSpannbeton-Fertigdecken nach Zulas-sung grundsätzlich nicht voll ausge-nutzt werden.

– Für Unterzüge, die schon im Gebrauchs-zustand Verformungen von l/300 er-fahren, sollte die Querkrafttragfähig-keit nach Zulassung auf 50 % redu-ziert werden.

– Um die Endverankerung der Spann-stähle am Auflager zu verbessern,sollte die Auflagertiefe vergrößert unddie Fugenbewehrung verstärkt wer-den. Außerdem empfiehlt es sich jeFertigdecke ein bis zwei Hohlkammernam Auflager auszubetonieren und miteiner Stabstahlzulage zu bewehren(vgl. Bild 4).

Unter Beachtung dieser Grundsätze sindSlimflor-Konstruktionen eine sichere undwirtschaftliche Bauweise.

5 Zusammenfassung

Slimflor-Decken bestehen aus vorge-spannten Spannbeton-Fertigdecken undStahlträgern, deren verbreiterter untererFlansch zur Auflagerung der Fertigdeckendient. Die unterzugfreie Decke ermöglichteine sehr offene Architektur und einefreie Verlegung von Leitungen und Kanä-len. Durch den Einsatz von werksmäßigvorgefertigten typisierten Elementenlassen sich Tragkonstruktionen schnellund in trockener Bauweise mit gleichblei-bend hoher Qualität erstellen. Bei Beach-tung der spezifischen Konstruktions-regeln bietet sich hiermit dem Anwendereine neue wirtschaftliche und sichereBauweise, die in Zukunft weiter an Be-deutung gewinnen wird.

Literatur:

[1] DIN 1045-1: Tragwerke aus Beton, Stahlbeton undSpannbeton – Teil 1: Bemessung undKonstruktion. Ausgabe 07/01

[2] Pajari, M.; Koukkari, H.: Shear Resistance of PHC Slabs supportedon Beams. I: Tests. Journal of Structural Engineering, September 1998, S. 1051–1061

[3] Pajari, M.: Shear Restistance of PHC Slabs supportedon Beams. II: Analysis. Journal of Structural Engineering, September 1998, S. 1062–1073

[4] Hegger, J.; Nitsch, A.: Neuentwicklungen bei Spannbeton-fertigteilen – aktuelle Forschungs-ergebnisse und Anwendungsbeispiele. Beton+Fertigteil-Jahrbuch 2000, S. 95–109

[5] Special design considerations forprecast prestressed hollow-core floors:Guide to good practice by fib Commission 6, Januar 2000

[6] Hartz, U.: Auflagerung von Hohlplatten. Mitteilungen des Deutschen Instituts fürBautechnik, Heft 5, 2000, S. 174–175

[7] Hegger, J.: Bemessung und Konstruktion von vorgespannten Decken im Hochbau. Der Prüfingenieur, Mai 2003, S. 19–28

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BAUEN MIT STAHL

1 Einleitung

Bereits seit den 30er Jahren werden Be-tonbauteile zum Heizen und Kühlen vonIndustrie- und Gewerbebauten genutzt.Man erkannte frühzeitig, dass mit bau-werksintegrierten Rohren und Rohr-registern das nutzbare Raumvolumengegenüber Gebäuden mit nachträglichmontierten Heiz- und Kühleinrichtungenvergrößert werden kann. Zudem resul-tierte aus dieser integralen Planung undAusführung von Gebäude und Anlagen-technik ein thermisch behagliches Raum-klima – frei von Zugerscheinungen undmit angenehmen Oberflächentempera-turen an Boden, Wand und Decke. Inge-nieurtechnisch anspruchsvoll war auchdie Aufgabenstellung, die Stahlrohrregis-ter in statische Betrachtungen einzube-ziehen, um das konventionelle Beweh-rungseisen zu reduzieren.

Zu Beginn der 90er Jahre wurde – vorran-gig in der Schweiz – die Idee der Strah-lungskühlung und -heizung mit demBaukörper wieder aufgegriffen. Unterden Bezeichnungen „Thermisch aktiveBauteile (TAB)“ bzw. „Betonkernaktivie-rung“ etablieren sich seitdem Systeme,die das Speichervermögen des Betonsnutzen. Die Betriebsweise sieht vor, diezur Verfügung stehende Speichermassedes Betons nachts aufzuladen, um damitam Tage die Kühl- oder Heizlasten zukompensieren. Dabei werden anlagen-seitig weit geringere Investitionen erfor-derlich als bei konventionellen Verfahrender Raumkühlung und -heizung.

2 Einsatzbereiche der Betonkernaktivierung

Die Betonkernaktivierung ist in den ver-gangenen Jahren zu einem festen Be-standteil der modernen Architektur, ins-besondere von Büro- und Verwaltungs-gebäuden, geworden. Sie wird jedochauch in Schulen, Krankenhäusern, Pfle-geheimen und Museen immer häufigereingesetzt. Im Sommer gelingt es dabeiim Regelfall, die Raumtemperatur umca. 3 bis 4 K niedriger zu halten als inGebäuden, bei denen auf eine aktiveRaumkühlung verzichtet wird. Im Winterübernimmt das System die Funktion einerGrundlastheizung.

Das theoretische Rüstzeug zum Planenund Ausführen der Bauteil integriertenRohrregister ist in den letzten Jahrenbeträchtlich erweitert worden. Im Mittel-punkt aktueller Betrachtungen stehenverstärkt die Abnahme und Betriebs-führung, Möglichkeiten und Grenzen

des Systems unter Berücksichtigung derNutzeranforderungen.

Bei der Betonkernaktivierung werdenmeist Decken, gelegentlich auch Wände,thermisch aktiviert. Bei diesen Systemenliegen die Rohrregister im Kern des Bau-teils, um das Speichervermögen auszu-nutzen.

Werden Rohre und Rohrregister ober-flächennah in ein Bauteil integriert, solltevon „Bauteilheizung bzw. -kühlung“ ge-sprochen werden. Der Begriff „Bauteil-temperierung“ bezieht sich dabei aufmoderate Systemtemperaturen, die naheder Raumtemperatur liegen.

Auch im Zusammenhang mit der Vor-fertigung von Betonfertigteilen fürStahltragwerke werden zunehmendRohrregister integriert. Damit erfahrendiese Bauteile eine Funktionserweite-rung, ohne dass dabei beträchtlicheMehrinvestitionen entstehen.

Inhalt

1 Einleitung

2 Einsatzbereiche der Betonkernaktivierung

3 Thermisch aktive Stahldecken als Applikation der Betonkern-aktivierung

4 Zusammenfassung

Thermisch aktive Stahldecken als Applikation der Betonkernaktivierung

Dr.-Ing. Michael Günther

Bild 1: Crittall-Strahlungs-heizdecke, die auch zur sommerlichenRaumkühlung einge-setzt wurde (um 1936)

Bild 2: velta contec – konfek-tionierte Rohrregisterin der Stahlbetondeckeeines Büro- und Geschäftshauses

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Stahlgeschossbau – Deckensysteme

3 Thermisch aktive Stahldecken als Applikation der Betonkernaktivierung

Das große Anwendungspotenzial vonAktivspeichersystemen hat nicht zuletztdurch die Wettbewerbssituation zwi-schen System- und Rohrherstellern beiKonzeption und Planung dieser Anlagenzu einer „Leistungsolympiade“ geführt.In diesem Zusammenhang werden dieunterschiedlichen Charakteristika (z.B.Rohrlage oberflächennah oder mit einerBetonunterdeckung von mehr als 10 cm)und Randbedingungen zum sinnvollenEinsatz (reaktionsschnelle Lastkompen-sation oder Nutzung der speicherwirk-samen Bauwerksmasse) von thermisch

aktiven Flächen und/oder Aktivspeicher-systemen leider nur ungenügend be-rücksichtigt. Dies soll nachfolgend aneinem Beispiel erläutert werden.

Trotz zahlreicher Vorteile ist der Stahl-und Verbundbau im Bereich von Büro-Verwaltungsgebäuden mit einem ge-schätzten Marktanteil von nur ca. achtProzent gegenüber dem Betonbau inDeutschland deutlich unterrepräsentiert.In Großbritannien wird die Stahlbauweisedagegen sehr geschätzt, woraus sich einMarktanteil von ca. 50 Prozent erklärt.Erschwerend kam für die Stahlbauweisein der Vergangenheit hinzu, dass deut-sche Architekten ein neueres Argumentheranführten, um die traditionelle Beton-

bauweise zu favorisieren: die Möglich-keit der Betonkernaktivierung zur Nut-zung der vorhandenen Speichermasse,die im Stahlbau weitgehend fehlt.

Die in den Bildern 5 a - d dargestelltethermisch aktive Stahl-Flachdecke(System „Slimdek“) eines Berliner Büro-gebäudes war zunächst als Aktiv-Spei-chersystem mit klassischer Betonkern-aktivierung geplant worden. Die Befür-worter der Stahlbauweise sahen jedochdie Möglichkeit, erstmalig Rohrregisterzum Kühlen und Heizen bei dieser Bau-weise einzusetzen, die im Wettbewerbzu dem Betonbau (hohe Speichermasse)steht.

Bild 3a/b: Thermografischer Nachweis einer wirksamen Deckenkühlung bei Betonkernaktivierung

Bild 4a - c: Thermisch aktive Betonfertigteile fürStahltragwerke

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Während der Montage wurden die Rohr-register auf die tiefen Trapezprofile auf-gelegt. Die Tiefsickenbleche erzeugen mitdem Aufbeton einen Flächenverbund, sodass außerdem eine gute Wärmeleitungsichergestellt ist. Die oberflächennaheRohrlage garantiert im Zusammenwirkenmit der Deckenkonstruktion höhereKühlleistungsdichten, als mit einer klas-sischen Betonkernaktivierung erreichtwerden können.

Die Berechnung der Kühlleistungsdichtemit Hilfe eines FEM-Programmes zeigtsehr gut die Unterschiede in Leistungs-vermögen und Zeitverhalten der Flach-decke (12 cm) mit oberflächennahenRohren (Bild 6 a – d und Bild 7) im Ver-gleich zu einer dicker ausgeführtenDecke (24 cm) mit Rohrregistern in derstatisch neutralen Zone. Daraus ergebensich Konsequenzen sowohl für die Pla-nung, als auch für die Betriebsführung.

Bild 5 a - d: Thermisch aktive Stahl-Flachdecke „Slimdek“ in einem Berliner Büro- und Sportzentrum mitvelta-contec-Modulen

Bild 6 a - e: Thermisch aktive Flachdecke und Aktivspeicherdecke im Vergleich (vgl. Deecke/Günther)

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Im Vergleich zu einer massiven Beton-decke mit Rohrregistern in der Decken-mitte führen die oberflächennahe Rohrebei der Stahl-Flachdecke zu einer ca. 50Prozent höheren Kühlleistungsdichte –und das bei gleichen thermischen Rand-bedingungen.

Nach Abschalten der Wasserzirkulationkühlt die Stahl-Flachdecke jedoch we-sentlich schneller aus. Ein nächtliches„Speichern“ der Kühlkälte und ein Tag(RLT-Anlage einschl. Nachkühlung) -Nacht (Betonkernaktivierung)-Betriebist somit nur in geringerem Maße mög-lich.

Aus diesen Berechnungen resultierenjedoch auch neue Lösungsansätze. Sokönnten bei der Stahl-Flachdecke dieRohrregister auf den Beton verlegt undin einen Verbundestrich eingebettetwerden. Damit wird eine genügend großeUnter- und Überdeckung erzielt, so dassdiese modifizierte Decke weitgehendder klassischen Betondecke einschl. aus-reichender Speicherkapazität entspricht(Bild 8).

4 Zusammenfassung

Nachdem die klassische Betonkernak-tivierung insbesondere bei modernenBüro- und Verwaltungsgebäuden zu-nehmend angewandt wird, erschließensich durch neuartige Baukonstruktionenimmer weitere Anwendungen.

Das Beispiel thermisch aktiver Stahl-Flachdecken als Applikation der Beton-kernaktivierung zeigt dabei, dass diebaukonstruktive Spezifik wesentlichenEinfluss auf die Wirkungsweise des Bau-teils zur Raumkühlung und -heizungnimmt. Diese Wirkungsweise ist bei dertechnischen Gesamtplanung zu berück-sichtigen.

Literatur:

Deecke, H.; Günther, M.; Olesen, B.W.:velta contec – Betonkernaktivierung,Norderstedt 2003

Günther, M.: Aktivspeichersysteme (ASSe) – Intelligente Symbiose von Architekturund Technik, Haus der Technik Essen e.V., 2001

Günther, M.: Abnahmeprüfung von Raumkühlflächennach VDI 6031 (Qualitätssicherung derBetonkernaktivierung), 27. Internationaler velta Kongress, St. Christoph 2005

Bild 8: Rohrregister im Verbundestrich einer Stahl-Flachdecke

Bild 7: Kühlleistungsdichteund Zeitverhalten einer Stahlflachdecke

Kühlleistungsdichte und Zeitverhalten einer Stahlflachdecke mit Trapezprofilenim Vergleich zu einer 240 mm dicken Betondecke; Tw = 18 °C; To = 26 °C

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Für Büroimmobilien werden multifunk-tionale Nutzung und Flexibilität der Miet-flächen zu immer entscheidenderen In-vestitionskriterien. Wie bei diesem Büro-und Geschäftshaus schafft die Stahlbau-weise mit ihren großen Spannweiten hier-für die wirtschaftlichen und konstrukti-ven Voraussetzungen.

Städtebaulich orientiert sich das eleganteGebäude an der Struktur des Quartiers,das eine Mischbebauung für Wohnen undBüros vorsieht. Der achtgeschossige Büro-komplex fügt sich rücksichtsvoll in denbaulichen Bestand. Traufhöhe und Bau-flucht orientieren sich an den benach-barten Bauformen, während die Freiraum-gestaltung mit den angrenzenden Grün-flächen korrespondiert. ArchitektonischesAnliegen war es, Funktion, Ökologie undÖkonomie ästhetisch miteinander zu ver-binden. Der Bund Deutscher Architekten(BDA) prämierte das Gebäude 2003 mitder „Auszeichnung Guter Bauten“.

diese Brücken zu großflächigen, intensivbegrünten Terrassen ausgedehnt. In denGeschossen 0 bis +2 ist die rückwärtigeAtriumfassade zurückgesetzt, so dass einüberdeckter Außenraum entsteht. Fernerbefindet sich im Atrium ein freistehenderAufzugsturm mit zwei Aufzügen.

Architekt:Petzinka Pink Architekten, Düsseldorf

Tragwerksplanung:Petzinka Pink und Tichelmann, Darmstadt

Bauherr:Bernd Voswinkel Gesellschaft mbH & Co,Düsseldorf

Brandschutz:Prof. Dr.-Ing. Wolfram Klingsch, Wuppertal

Stahlbau:stahl + verbundbau gmbh, Dreieich

Büro- und Geschäftsgebäude Karl-Arnold-Platz in Düsseldorf

Petzinka Pink Architekten

Bild 2: Schnitt

Konstruktion

Das Gebäude besteht aus zwei achtge-schossigen Gebäuderiegeln. Zwischendiesen Riegeln befindet sich ein Atrium,in dem die Gebäudeteile über je zweiBrücken geschossweise verbunden wer-den. Auf den Geschossen +2 und +3 sind

Bild 1: Das Gebäude ist geprägt von Eleganz und Leichtigkeit (© Petzinka Pink Architekten/Hermann Fahlenbrach)

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Stahlgeschossbau – Deckensysteme

Konstruktiv gliedert sich der Baukörperin zwei Teile: Die vier Untergeschosse mitder Tiefgarage wurden in herkömmlicherStahlbetonbauweise errichtet. Die achtoberirdischen Geschosse wurden in Stahl-flachdeckenbauweise ausgeführt. Hier istdie Konstruktion auf einem 2,70 m Rasteraufgebaut. Entlang der Außenkantender beiden Gebäuderiegel sind Stützenaus geschweißten Stahlhohlprofilen mitden Abmessungen von 100/200 mm an-

geordnet. Zusätzlich verläuft noch eineMittelstützenreihe in der Verlängerungder inneren Kernwand. Die stählerne Trag-konstruktion ist aufgrund ihrer Brand-schutzbekleidung beim fertiggestelltenBauwerk nicht mehr sichtbar.

Jeder Gebäuderiegel verfügt über eineneigenen Kern, der sich aus den Unterge-schossen heraus entwickelt. In den Ker-nen aus Stahlbeton befinden sich diebeiden Treppenhäuser und die Schächtefür die Versorgung. Jeweils rechts undlinks der Kerne sind die Brücken ausStahlträgern angeordnet, die die beidenGebäuderiegel im Atrium geschossweiseverbinden. Gemeinsam mit den Deckenübernehmen die beiden Kerne die gesam-te horizontale Aussteifung des Gebäude-komplexes.

Die Decken sind als Stahlflachdecken mitSpannbeton-Fertigdecken ausgebildet.Hierbei wurden Spannbeton-Hohlplattenmit einer Stärke von 20 cm auf decken-gleiche Stahlunterzüge mit breitem Unter-flansch aufgelegt. Diese sind wiederummittels Schraubverbindung an den Stüt-zen befestigt. Die Fugen zwischen denHohlkörperdielen und den oberen Flan-schen der Stahlunterzüge wurden mitBeton vergossen. Die unteren Flanschesowie die Stützen sind mit einer Brand-schutzbekleidung versehen. Durch denFugenverguss der Deckenelemente undeinen umlaufenden Randträger wird eineScheibenwirkung der Decken erreicht.Horizontale Lasten werden so in die mas-siven Betontreppenkerne eingeleitet.

Die Vorteile dieser Bauweise liegen aufder Hand: die Träger, Stützen und Decken-platten sind werkseitig vorgefertigt undkönnen in kürzester Zeit und ohne jeg-lichen Schalungsaufwand verbaut wer-den. Weiterhin ist das Eigengewicht derKonstruktion kleiner als bei einer her-kömmlichen Stahlbetonkonstruktion undlässt daher geringere Querschnitte derStützen und Träger zu.

Eine besondere Lösung erforderten diebeiden „Pflanzplatten“ im 2. und 3. Ober-geschoss. Hierbei stellte sich die Aufgabe,zwei Flächen als „hängende Gärten“ überdie gesamte Breite des Atrium von 12 mzu spannen. Als Pflanzung waren insbe-sondere ausgewachsene Bäume vorgese-hen. Die Deckenstärke dieser Flächensollte sich mit 78 cm zudem an den an-grenzenden Geschossdecken orientieren.Die beiden Pflanzterrassen wurden alsStahlträgerroste zwischen die Gebäude-teile gehängt. Sie bestehen aus 60 cm ho-hen Stahlträgern, die ebenfalls im 2,70 mRaster angeordnet sind. Auf den unterenFlanschen wurde eine Filigrandecke ausStahlbeton eingebaut. Dadurch sind zwi-schen den Trägern „Tröge“ entstanden, indie die Bäume gepflanzt werden konnten.

Das Atrium wird von einem Glasdachüberspannt. Seine Stahlträger, ebenfallsim Raster von 2,70 m angeordnet, werdenzusätzlich zur Aussteifung des Gebäudesherangezogen. Diese Aufgabe überneh-men hauptsächlich die beiden Randträ-ger, die als Hohlkastenprofile ausgeführtwurden. Über diese werden die beiden

Bild 5: Blick in das Licht durchflutete Atrium (© Petzinka Pink Architekten/Hermann Fahlenbrach)

Bild 4: Explorationszeichnung des Bausystems (© Petzinka Pink Architekten)

Bild 3: Stahlbau macht es möglich: Ein Geschoss wurde in 8 Tagen errichtet (© Petzinka Pink Architekten)

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Gebäuderiegel zusammengekoppelt. Zu-sätzlich werden an diesen Trägern die bei-den Atriumfassaden abgehängt.

Aus Brandschutzgründen erhält das Glas-dach automatisch öffnende Elemente zurRWA-Funktion. Der Brandschutz derStahlkonstruktion wird durch Verklei-dung mit Brandschutzplatten erreicht.Als Fluchtweg stehen im Gefahrenfallzwei Ausgänge zur Verfügung, die ausden Treppenkernen in den überdecktenAußenraum führen.

Fassade

Von besonderer Qualität sind die Fassadendes Bürobaus. Die Konstruktion der Atri-umfassade besteht einerseits aus vertika-len Zugstäben, die in die Fassadenprofileaus Aluminium integriert sind, anderer-seits aus geschossweise angeordnetenhorizontalen Stahlträgern, die die Wind-kräfte jeweils in die Decken der Gebäu-deriegel einleiten.

Natur und Technik, Holz und Glas bestim-men die Gestaltung. Die Eingangsseite istdurch Transparenz und Leichtigkeit ge-prägt. Die Fassade der Gebäuderiegel wirdkomplett von Dreh-Fenstertüren aus Holzgebildet. Im Bereich der Geschossdecken-pakete ist eine Verkleidung aus Alumi-nium sichtbar. An sämtlichen Außenfas-saden des Gebäudes (jedoch nicht anden dem Atrium zugewandten Fassa-den) befindet sich vor den Holzfensterneine zweite Fassadenebene aus geschoss-hohen Gläsern, die in eine Sattelschieneeingestellt sind. Jedes zweite Glasfeldist um ca. 15 cm zurückgesetzt, so dassin der Ansicht ein „Schachbrettmuster“

aus vor- und zurückspringenden Gläsernentsteht. Durch diese zweite Fassadewird sowohl ein Witterungsschutz fürdie Holzfassade erreicht, als auch einenatürliche Be- und Entlüftung aller Be-reiche. Die vorgesetzte Fassade setztsich als Atriumfassade freistehend fort.Die Stützwand, die die Gartenfläche imUntergeschoss umschließt, wird mit senk-recht in Sattelschienen eingestelltenProfilgläsern verkleidet.

Nutzung

Auf allen Geschossebenen vom 1. UGbis zum 7. OG befinden sich flexibleMietflächen, die als Mode-Showrooms(Ebenen –1 und 0) und Büroräume (Ebe-nen +1 bis +7) genutzt werden können.Die Gebäuderiegel können geschoss-weise in einzelne Mietflächen unterteiltund/oder über Verbindungsbrücken desAtriums zusammengeschaltet werden.Ferner ist es möglich, die übereinander-liegenden Flächen in den Ebenen 0 und–1 über interne Treppen zu verbinden.Eine äußere Rampe erschließt eine ge-meinsame Tiefgarage in den Geschossen–2 bis –4.

Im Innern des Bürobaus setzt sich derGrünraum des Außenbereichs durch diehängenden Gärten des lichtdurchflutetenAtriums fort. Die begrünten Terrassen aufden Ebenen +2 und +3 stehen als Erho-lungsbereiche allen Nutzern des Gebäu-des zur Verfügung und laden mit breitenHolzdecks zum Verweilen ein. Die aufwen-dige Bepflanzung mit Pinien verbessertnicht nur erheblich das Raumklima, son-dern verbreitet auch ein geradezu medi-terranes Flair.

Neben dieser hohen atmosphärischenQualität und dem durchdachten energe-tischen Gebäudekonzept – natürlicheBe- und Entlüftung, effiziente Tageslicht-nutzung sowie Reduktion des Energie-verbrauchs – überzeugt vor allem dieinnovative und kreative Architektur desBürobaus. Als Materialien finden Stahl,Holz, Glas und Aluminium Anwendung,wobei die Konstruktion der hängendenGärten in so schlanken Dimensionen nurin Stahl durchführbar war.

Das Gebäude konnte durch den Einsatzindustriell vorgefertigter Teile in einerBauzeit von nur 18 Monaten mit ent-sprechend geringen Umweltbelastungenrealisiert werden.

Bild 7a/b: Grundriss EG (links),Grundriss 3. OG(rechts) (© PetzinkaPink Architekten)

Bild 6: Natur und Technik bestimmen die Fassade (© Petzinka Pink Architekten/HermannFahlenbrach)

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BAUEN MIT STAHL als Ansprechpartner

BauherrenInvestoren

ArchitektenPlaner

UniversitätenHochschulen

Bau-abteilungen

AusführendeFirmen

BeratendeIngenieure

BAUEN MIT STAHL ist eine Gemein-schaftsorganisation von europäischenstahlerzeugenden Unternehmen unddem Deutschen Stahlbau-VerbandDSTV. Sie ist neutraler Gesprächspartnerfür Bauentscheidungsträger und amBau beteiligte Gruppen, einschließlichForschung und Lehre sowie die interes-sierte Fachöffentlichkeit.

BAUEN MIT STAHL ist Bindeglied zwi-schen Architekten, Ingenieuren, Bau-herren, Planern und Ausführenden. DieOrganisation bietet kostenfrei firmen-und produktneutrale Beratungs- undPlanungshilfen – schon in der Früh-phase von Projekten. StahlbauerfahreneArchitekten und Ingenieure sind An-sprechpartner in der Zentrale in Düssel-dorf, den vier Regionalbüros in Düssel-dorf, Berlin, Hannover und Garching/München sowie im Kooperationsbüroin Frankfurt (Lange + Ewald Ingenieure).Das Themenspektrum umfasst gestalte-rische Möglichkeiten bei Stahltragwerkenebenso wie neue Technologien undmoderne Baukonzepte für die vielfältigen

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Einsatzbereiche von Stahl im Hoch- undBrückenbau, die technischen, ökolo-gischen und wirtschaftlichen Vorteiledieses Werkstoffes bis hin zu Themenwie Brandschutz, Fertigungsverfahrenund Montagekonzepte.

Durch Publikationen, E-Mail-Newslet-ter, Website (www.bauen-mit-stahl.de),Tagungen, Vorträge, Seminare, Round-Table-Gespräche, Baustellen- undObjektbesichtigungen sowie Messenwerden alle Bauinteressierten angespro-chen.

Im Zwei-Jahres-Rhythmus werden zweibedeutende Wettbewerbe ausgelobt, derPreis des Deutschen Stahlbaues und derFörderpreis des Deutschen Stahlbaues fürden studentischen Nachwuchs der Archi-tekten und Ingenieure. In einer Wander-ausstellung werden jeweils die bestenProjekte und Arbeiten der letzten Wett-bewerbe gezeigt. Sie durchläuft wech-selnde Einsatzorte in der Bundesrepublikund kann insbesondere von Hochschulenkostenfrei angefordert werden.

Die Nachwuchsförderung hat bei BAUENMIT STAHL einen hohen Stellenwert.Schon während ihres Studiums erhaltendie angehenden Architekten und Inge-nieure vielfältige Hilfestellungen. Sowerden in enger Kooperation mit Uni-versitäten, Hochschulen und Fachhoch-schulen Vorträge und Seminare durch-geführt. Darüber hinaus werden denStudenten Arbeitshilfen zur Verfügunggestellt, die praktische Konstruktions-anleitungen zu den verschiedenstenAufgabenstellungen des Bauens mitStahl bieten.

BAUEN MIT STAHL steht im ständigenErfahrungsaustausch mit Architekten,Ingenieuren und Planern, Unterneh-men, Bauherren und Investoren, mitnationalen und internationalen stahl-wirtschaftlichen Organisationen undStahlbauinstituten, Hochschulen undForschungseinrichtungen sowie Bau-sachverständigen, Fach- und Normen-ausschüssen.

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Standorte BAUEN MIT STAHL e. V.

Büro WestSohnstraße 65, 40237 DüsseldorfFax (0211) 6707-829Dipl.- Ing. Walter Suttrop, [email protected]. (0211) 6707-843Dipl.-Ing. Ronald [email protected]. (0211) 6707-842

ZentraleSohnstraße 65, 40237 Dü[email protected]. (0211) 6707-828Fax (0211) 6707-829GeschäftsführerBernhard Hauke, PhD, Dipl.- Ing. Tel. (0211) 6707-828ÖffentlichkeitsarbeitDipl.-Vw. Angelika [email protected]. (0211) 6707-830BrandschutzDipl.-Ing. Hans-Werner [email protected]. (0211) 6707-826

Büro SüdCarl-Zeiss-Straße 6, 85748 GarchingTel. (089) 36 03 63-0Fax (089) 36 03 [email protected]. Julija [email protected]. (089) 36 03 63-13Dipl.-Ing. Wolfgang [email protected]. (089) 36 03 63-11

Büro NordostGutsmuthsstraße 23, 12163 Berlin (Steglitz)Tel. (030) 7 9013 94-0Fax (030) 7 9013 [email protected] Ing. Michael SchmidtTel. (030) 7 9013 94-2Dipl.- Ing. Sivo SchillingTel. (030) 7 9013 94-1

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