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Alfred Neudörfer Konstruieren sicherheitsgerechter Produkte

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1Inhaltsverzeichnis

Alfred Neudörfer

Konstruieren sicherheitsgerechter Produkte

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3Inhaltsverzeichnis

Alfred Neudörfer

Konstruieren sicherheitsgerechter Produkte

Methoden und systematische Lösungssammlungen zur EG-Maschinenrichtlinie

3. Auflage

Mit 363 Abbildungen

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4 Inhaltsverzeichnis

Dr. Alfred NeudörferTechnische Universität DarmstadtMagdalenenstr. 464289 Darmstadt

Bibliografische Information Der Deutschen BibliothekDie Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über <http://dnb.ddb.de> abrufbar.

ISBN 3-540-21218-3 Springer Berlin Heidelberg New York

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Vorwort zur drittten Auflage

Die Sicherheitstechnik ist weltweit im Wandel. Staatliche Aktivitäten beim Generie-ren und nationalem Umsetzen des europäischen und globalen sicherheitstechnischenRechts und Normenwerks haben an Dynamik eher zu- denn abgenommen. Das bele-gen nicht nur die große Anzahl der inzwischen veröffentlichten harmonisierten ENNormen auf europäischer und der sicherheitsrelevanten ISO Standards auf globalerEbene, sondern auch die Rechtsbereinigung auf nationaler Ebene: Zusammenfassendes Gerätesicherheitsgesetzes und des Produktsicherheitsgesetzes zu einem einzi-gen Gesetz, dem Geräte- und Produktsicherheitsgesetz (GPSG), das Erlassen derBetriebssicherheitsverordnung zur Regelung der betriebsinternen Arbeitssicherheitoder das radikale Reduzieren der Anzahl von Unfallverhütungsvorschriften der ge-werblichen Berufsgenossenschaften.

Diese Entwicklung, von manchen als Entbürokratisierung begrüßt, bedeutet je-doch in der täglichen Praxis einen beachtlichen Zuwachs an Selbstverantwortungfür alle, die Maschinen konstruieren, herstellen, vertreiben und nutzen.

Schneller als erwartet war die zweite Auflage vergriffen - wohl ein Zeichen fürungebrochenen Bedarf und bleibende Nachfrage nach unterstützender Informationauf diesem Gebiet des Maschinenbaus. Die dritte Auflage wurde als Gelegenheitgenutzt, einerseits neue technische, normative und gesetzliche Entwicklungen zuberücksichtigen, andererseits bestimmte Sachverhalte der zweiten Auflage zu ver-deutlichen und zu präzisieren. Das Konzept der Visualisierung in systematisch auf-gebauten Bildern wurde beibehalten.

Mein Dank gilt allen in- und ausländischern Lesern, die durch Anregungen, Vor-schläge und Hinweise zur weiteren Ausgestaltung dieser Lösungssammlung beige-tragen haben.

Abschließend bedanke ich mich bei allen Mitarbeitern des Springer-Verlags für dieangenehme und anregende Zusammenarbeit.

Bensheim, im Dezember 2004 Alfred Neudörfer

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Vorwort zur ersten Auflage

Produkte sicherheitsgerecht auszulegen und zu konstruieren geht über das Einhaltenvon Vorschriften hinaus. Sicherheitsgerecht zu konstruieren fordert Konstrukteuregenauso heraus, wie die konstruktive Umsetzung aller anderen Anforderungen, derenErfüllung erfolgreiche marktgerechte Produkte ausmachen. Durch die Verwirklichungdes Binnenmarkts hat sich der Bedarf nach Informationen über das Gestalten si-cherheitsgerechter Produkte erhöht. Das dazu benötigte Wissen ist zwar vorhanden,aber auf zahlreiche Quellen unterschiedlichster Natur verteilt, vom Fachbuch bis zumumfangreichen Vorschriftenwerk. Es wird meistens uneinheitlich dargeboten und vorallem in den Vorschriften in einer den Konstrukteuren nicht immer geläufigen juristischbetonten Sprache verfaßt. Ziel des vorliegenden Buchs ist es, die wichtigstensicherheitsrelevanten Erkenntnisse und Sachverhalte so kurz wie möglich und soausführlich wie nötig in der Sprache der Konstrukteure wiederzugeben und sie derenDenkweise anzupassen.

Die Idee zu diesem Buch geht auf ein Konstrukteurseminar zurück, das seit Jahrendas VDI-Bildungswerk veranstaltet. Es entstand aus dem immer wieder herange-tragenen Wunsch nach Unterstützung der Konstrukteure bei der Umsetzung derwichtigsten Anforderungen beim Konstruieren sicherheitsgerechter Maschinen undProdukte. Die wiedergegebenen Sachverhalte gehen hauptsächlich auf praktischeErfahrungen und persönliche Erkenntnisse des Verfassers während der langjährigenTätigkeit als Maschinenprüfer eines berufsgenossenschaftlichen Fachausschusseszurück. Beratungsgespräche bei Maschinenherstellern haben immer wieder bestätigt,wie nützlich und vor allem wie praktisch ein solider theoretischer Fundus aus denGebieten der Mechanik, des methodischen Konstruierens, der Sicherheitstechnik undder Ergonomie sein kann.

Das aus den praktischen Erfahrungen und deren systematischen Aufbereitunghergeleitete und im Buch wiedergegebene Wissen stützt sich zwar auf die theo-retischen Grundlagen der Ergonomie, der Sicherheitswissenschaft und des me-thodischen Konstruierens. Die theoretischen Ansätze werden hauptsächlich zursystematischen Gliederung des Stoffs und für seine didaktische Aufbereitung her-angezogen. Die Erkenntnisse und Darstellungsmethoden sind zwar theoretisch nichtperfekt, haben sich jedoch in der Praxis als gut anwendbar und umsetzbar erwiesen,indem sie oft vor Ort nach einer Beratung von Konstrukteuren und Betriebspraktikerngeholfen haben, Maschinen und Verfahren sicherer und damit menschengerechter zugestalten.

Die aus der Praxis, der Fachliteratur und dem Vorschriftenwerk gewonnenen Er-kenntnisse und Lösungsbeispiele erheben keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Siesind vielmehr ein Versuch, das in vielen Quellen uneinheitlich dargebotene Wissenund die mehr oder weniger bekannten sicherheitstechnischen und ergonomischenProblemlösungen aus der Praxis im Sinne des methodischen Konstruierens sozusammenzufassen und systematisch derart aufzubereiten, daß praxiserfahreneKonstrukteure, die oft schnell übertragbare Lösungsansätze suchen, zumindest eineAnregung zu Lösung eigener Konstruktionsaufgaben finden. Aufbau und Darbietungder meisten systematischen Lösungssammlungen gehen auf Grundlagen desmethodischen Konstruierens zurück, zahlreiche Beispiele sind bewußt an diekomprimierte, für die Wissensvermittlung und Wissenspeicherung sehr wirkungsvolleDarstellungsart der Konstruktionskataloge angelehnt.

Aber Vorsicht! Ein Buch kann in der heutigen dynamischen Entwicklung dersicherheitsrechtlichen Gesetzgebung der Europäischen Union immer nur eine Mo-mentaufnahme sein. Auch lassen sich die aufgeführten Lösungsbeispiele nicht

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ungeprüft auf jedes Problem jeder Branche übertragen. Branchenspezifische Lö-sungen für gleiche sicherheitstechnische Fragestellungen unterscheiden sich nichtselten in vielen Einzelheiten. Beispiele und Methoden sollen eher zu einer men-schenbezogenen Denkrichtung der Konstrukteure hinführen, ihre Kreativität aufdiesem Gebiet aktivieren und Anregungen zum eigenen Gestalten geben. Im konkretenFall sind eigene Lösungen zumindest mit den aktuellen normativen Festlegungenabzustimmen, Konsultationen mit den für die Prüfung der jeweiligen Maschinenautorisierten Prüf- oder Zertifizierungsstellen sind empfehlenswert.

Mein herzlicher Dank gilt allen, die an der Entstehung dieses Buchs beteiligt waren.Zu besonderem Dank bin ich meiner Frau Ursula verpflichtet, in deren Händen dieHerstellung der umfangreichen Zeichnungen lag. Dank ihres zeichnerischen Könnens,ihrer besonderen Sorgfalt und ihres Gefühls für Ästhetik, ist es ihr gelungen, in denbildlichen Darstellungen die Aufmerksamkeit auf das Wesentliche zu lenken. MeinemSohn Thomas, der mit seinen umfangreichen Kenntnissen der Rechnersysteme undProgramme die Seiten gestaltet und den Umbruch erstellt hat, gilt der gleiche Dank.Nicht zuletzt bedanke ich mich beim Springer-Verlag und allen seinen Mitarbeitern, diees ermöglicht haben, eine Idee zu verwirklichen.

Möge das Buch einen Beitrag zur menschengerechten Gestaltung technischerProdukte leisten.

Bensheim, im Juli 1996 Alfred Neudörfer

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IX

Inhaltsverzeichnis

1 Einführung .................................................................................. 1

1.1 Konstruieren sicherheitsgerechter Produkte im Rückblick ................... 11.2 Konstruieren sicherheitsgerechter Produkte heute ................................ 21.3 Systematische Lösungssammlungen ....................................................... 4

1.4 Zum Buch .............................................................................................. 6

2 Rechtliche Anforderungen an sicherheitsgerechte Produkte ..... 9

2.1 Rechtssystematik ................................................................................... 92.2 Europäisches Recht .............................................................................. 11

2.2.1 EG-Maschinenrichtlinie .................................................................. 13 2.2.2 Europäische Normen ...................................................................... 14 2.2.3 Konformitätserklärung, CE-Kennzeichnung ..................................... 19 2.2.4 Hersteller ........................................................................................ 24 2.2.5 Technische Dokumentation ............................................................. 25

2.3 Nationales Recht ................................................................................... 272.3.1 Geräte- und Produktsicherheitsgesetz (GPSG) .................................. 27 2.3.2 Staatliches und berufsgenossenschaftliches Vorschriften- und Regelwerk .....................................................................................................30 2.3.3 GS-Zeichen, BG-PRÜFZERT-Zeichen ............................................... 33

2.4 Produkthaftungsgesetz ......................................................................... 362.4.1 Unbestimmte Rechtsbegriffe. .......................................................... 38 2.4.2 Produktfehler .................................................................................. 40 2.4.3 Produktüberwachung ..................................................................... 41

2.5 Zusammenfassung ................................................................................ 43

3 Der Mensch im Arbeitssystem ................................................. 45

3.1 Arbeitssystem ....................................................................................... 453.2 Funktionelle Systeme von Maschinen ................................................... 49

3.2.1 Technisierungsstufe ....................................................................... 52 3.2.2 Äußere Funktionselemente von Maschinen .................................... 54 3.2.3 Typologie der äußeren Funktionselemente ...................................... 57

3.3 Zusammenfassung ............................................................................... 61

4 Gefährdungen und Risiken im Arbeitssystem........................... 63

4.1 Gefährdungsanalyse ............................................................................. 634.1.1 Pflicht zur Gefährdungsanalyse ....................................................... 65 4.1.2 Durchführung von Gefährdungsanalysen ........................................ 65 4.1.3 Suchstrategie für Gefährdungen ...................................................... 71

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X

4.2 Risikobewertung .................................................................................. 74 4.2.1 Risiken in der Technik ..................................................................... 74 4.2.2 Grenzrisiko, Restrisiko .................................................................... 77 4.2.3 Risikobewertung in der Praxis ......................................................... 79 4.2.4 Dokumentation der Ergebnisse ....................................................... 87

4.3 Verhalten der Menschen im Arbeitssystem ........................................... 92 4.3.1 Verhaltensbedingte Unfälle ............................................................. 92 4.3.2 Unfälle durch Reflexe ...................................................................... 95 4.3.3 Unfälle durch unbewußtes und bewußtes Handeln .......................... 96 4.3.4 Menschliche Zuverlässigkeit ......................................................... 100 4.3.5 Verhalten in gefährlichen Situationen ............................................. 102

4.4 Gefährdungen im Arbeitssystem .......................................................... 104 4.4.1 Stochastische und deterministische Gefahren ................................. 106 4.4.2 Mechanische Gefährdungen .......................................................... 111 4.4.3 Gefährdung durch Kollision, Stoß und Sturz ................................... 112 4.4.4 Gefährdung durch plötzlich freiwerdende mechanische Energie ....... 115

4.5 Gefahrstellen ....................................................................................... 124 4.5.1 Grundtypen von Gefahrstellen ....................................................... 124 4.5.2 Verletzungen an Gefahrstellen ........................................................ 126 4.5.3 Gefahrstellen der Maschinensysteme ............................................. 128 4.5.4 Typologie und Systematik der Gefahrstellen ................................... 130

4.6 Zusammenfassung ............................................................................... 137

5 Sicherheitstechnik ................................................................... 141

5.1 Sicherheitsstrategien .......................................................................... 1415.2 Konstruktionsmaßnahmen gegen stochastische Gefährdungen .............146

5.2.1 Prinzip des sicheren Bestehens (safe life) ....................................... 148 5.2.2 Prinzip des beschränkten Versagens (failsafe)........................................154 5.2.3 Prinzip der Redundanz ................................................................... 158 5.2.4 Zuverlässige Steuerungen.. ........................................................... 165 5.2.5 Wahrscheinlichkeitstheoretische (probabilistische) Verfahren in der Steuerungstechnik ......................................................................... 170

5.3 Konstruktionsmaßnahmen gegen deterministische Gefährdungen.........183 5.3.1 Drei Wege der Sicherheitstechnik ................................................... 183 5.3.2 Funktioneller Ablauf eines Unfalls .................................................. 185

5.4 Unmittelbare Sicherheitstechnik ......................................................... 187 5.4.1 Geometrische Gestaltungsmaßnahmen ........................................... 187 5.4.2 Energetische Gestaltungsmaßnahmen ............................................ 197

5.5 Mittelbare Sicherheitstechnik .............................................................207 5.5.1 Funktion der Schutzeinrichtungen im Arbeitssystem....................... 207 5.5.2 Grundtypen und Auswahl von Schutzeinrichtungen ....................... 208 5.5.3 Trennende Schutzeinrichtungen .................................................... 211 5.5.4 Grundtypen fangender Schutzeinrichtungen im Überblick ............... 214 5.5.5 Schutzhauben an Dreh- und Fräsmaschinen ................................... 216 5.5.6 Schutzhauben an Schleifmaschinen ............................................... 224 5.5.7 Schutzaufbauten an Fahrzeugen .................................................... 229 5.5.8 Grundtypen trennender Schutzeinrichtungen ................................. 231 5.5.9 Gestaltung trennender Schutzeinrichtungen ................................... 234 5.5.10 Schutzeinrichtungen als Zukaufteile ............................................. 2435.5.11 Sonderfunktionen von Schutzeinrichtungen ................................. 246 5.5.12 Abweisende Schutzeinrichtungen ................................................ 251

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XI

5.6 Verriegelungen und Zuhaltungen ........................................................ 253 5.6.1 Funktionelle Kopplungen .............................................................. 253 5.6.2 Verriegelung und Zuhaltung trennender Schutzeinrichtungen ......... 257 5.6.3 Aufbau von Verriegelungen und Zuhaltungen ................................ 258 5.6.4 Arbeiten bei geöffneten Schutzeinrichtungen ................................. 263 5.6.5 Akzeptanz und Manipulation verriegelter Schutzeinrichtungen ....... 267

5.7 Sicherheitsschalter ............................................................................. 269 5.7.1 Elektromechanische Sicherheitsschalter ......................................... 269 5.7.2 Näherungsschalter als Sicherheitsschalter ...................................... 277

5.8 Ortsbindende Schutzeinrichtungen ..................................................... 286 5.8.1 Bauarten ortsbindender Schutzeinrichtungen ................................. 286 5.8.2 Gestaltung ortsbindender Schutzeinrichtungen .............................. 292

5.9 Schutzeinrichtungen mit Annäherungsreaktion .................................. 299 5.9.1 Bauarten der Schutzeinrichtungen mit Annäherungsreaktion .......... 299 5.9.2 Durch Berührung wirkende Schutzeinrichtungen ............................ 302 5.9.3 Optoelektronische Schutzeinrichtungen ......................................... 312 5.9.4 Lichtschranken .............................................................................. 314 5.9.5 Lichtgitter, Lichtvorhänge .............................................................. 317 5.9.6 Blanking und Muting ..................................................................... 323 5.9.7 Tastende Lasersysteme ................................................................. 331 5.9.8 Ultraschallsensoren ....................................................................... 334 5.9.9 Passive Infrarot-Sensoren .............................................................. 338

5.10 Hinweisende Sicherheitstechnik ........................................................ 340 5.10.1 Statische Sicherheitsinformationen ............................................... 341 5.10.2 Aktive Warneinrichtungen.......................................................................349

6 Spezielle Anwendungen der Sicherheitstechnik ...................... 359

6.1 Sicherung rotierender Maschinenteile ................................................ 359 6.1.1 Sicherung von Fangstellen. ............................................................ 360 6.1.2 Sicherung von Einzugstellen .......................................................... 362 6.1.3 Sicherung von Einzugstellen mit variabler Geometrie. ...................... 366 6.1.4 Sicherung von Auflaufstellen ......................................................... 370

6.2 Konstruktionsmaßnahmen gegen Absturzgefahren ............................. 375 6.2.1 Arbeitsbühnen und Podeste .......................................................... 376 6.2.2 Auf- und Abstiege ......................................................................... 377 6.2.3 Geländer ........................................................................................ 388 6.2.4 Durchgänge .................................................................................. 392 6.2.5 Multifunktionale Absturzsicherungen ............................................ 395 6.2.6 Zusammenfassung ........................................................................ 398

6.3 Not-Befehlseinrichtungen.................................................................... 399 6.3.1 Aktivierung von Not-Befehlseinrichtungen .................................... 399 6.3.2 Steuerungstechnische Aspekte ...................................................... 401

6.4 Hauptbefehlseinrichtungen .................................................................. 4056.4.1 Allgemeines ................................................................................... 405 6.4.2 Netztrenneinrichtung (Hauptschalter) ............................................ 406

6.5 Findige konstruktive Lösungen in der Sicherheitstechnik .................. 410 6.5.1 Geometrische Prinzipien ................................................................. 410 6.5.2 Kinematische Prinzipien ................................................................. 413 6.5.3 Allgemeine Gestaltungsprinzipien .................................................. 414

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XII

7 Verwendete Begriffe ............................................................... 415

8 Schrifttum ................................................................................ 421

9 Stichwortverzeichnis ................................................................ 437

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1

1 Einführung

1.1 Konstruieren sicherheitsgerechter

Produkte im Rückblick

Die Unfallverhütungstechnik ist eines jener wichti-

gen Sondergebiete der technischen Wissenschaften,

durch deren Verwertung nicht nur einem bestimmten

Interessentenkreise, sondern der gesamten mit der

Technik in Berührung kommenden Bevölkerungs-

schichten die größten Vorteile erwachsen, an deren

Ausgestaltung, Förderung und Vervollkommnung da-

her auch die Angehörigen dieser Schicht ein lebhaftes

Interesse haben oder wenigstens haben sollten. Mitdiesen Worten beginnt eine Dissertation [1.1] aus demJahre 1906, wohl die erste im deutschen Sprachraum,die sich mit der technischen Unfallverhütung, konkretmit konstruktiven und funktionellen Aspekten vonFingerschutzeinrichtungen für Tiegeldruckpressen,wissenschaftlich auseinandersetzt, Bild 1.1-1. Der

Bild 1.1-1 Fingerschutz an Tiegeldruckpressen [1.1] Bild 1.1-2 Papierprägemaschine um 1900 [1.2]

Präventionsgedanke und die sich aus ihm entwickelndeSicherheitstechnik waren zu diesem Zeitpunkt nichtmehr nur eine Angelegenheit betrieblicher Praktikeroder der Aufsichtsbehörden, sondern auch der Stätten,in denen Technik in Gestalt von Forschung und Lehregepflegt wurde, der Technischen Hochschulen. Dies istinsofern bemerkenswert, da um die JahrhundertwendeSchutzeinrichtungen, wie wir sie heute an Maschinengewohnt sind und wie sie vielfach Pflicht sind, kaumanzutreffen waren. Das belegt z. B. das aus einemLieferkatalog nach [1.2] aus dieser Zeit entnommeneBild einer Papierprägemaschine, Bild 1.1-2. Obwohldie dargestellte Maschine zahlreiche Gefahrstellen miterheblichem Verletzungspotential aufweist, ist der ein-zig erkennbare Schutz die etwas bescheiden ausgefalle-ne Verdeckung der Zahnradeinläufe.

Eine rechtliche Handhabe, umnotwendige Sicher-heitseinrichtungen unmittelbar bei Maschinen-herstellern und -lieferanten durchzusetzen, gab es damals

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2 1 Einführung

forderung für jeden Ingenieur, egal ob er als Konstruk-teur, Betriebs- oder Revisionsingenieur arbeitet. Zahl-reiche Gesetze (hier sei das Geräte- und Produktsicher-heitsgesetz - GPSG genannt), Verordnungen des staat-lichen Arbeitsschutzes (insbesonders die Betriebssi-cherheitsverordnung), berufsgenossenschaftliche Vor-schriften und internationale, europäische und nationaleNormen formulieren heute nicht nur Anforderungen andie Sicherheit technischer Erzeugnisse, sondern grei-fen bei Nichterfüllung in die Marktfähigkeit der Pro-dukte ein. Neben der Funktionserfüllung und der Wirt-schaftlichkeit eines technischen Erzeugnisses ist daherdessen Sicherheit für den Benutzer und die Umwelt einvordringliches Ziel der Konstrukteure. Sie müssenSicherheitsanforderungen an ihre Konstruktionen ernstnehmen und entsprechende nationale und europäischeVorschriften und normative Festlegungen als festeForderungen akzeptieren. Einhalten von Sicherheits-vorschriften allein ist noch keine Garantie für einsicheres und zugleich kommerziell erfolgreiches Pro-dukt, [1.4]. Rechtssätze formulieren Sicherheits- undGesundheitsanforderungen naturgemäß sehr allgemeinund geben bestenfalls Schutzziele vor, enthalten aberkaum umfassende Hinweise auf praktische Lösungs-möglichkeiten. Aus gutem Grund, denn in der Verant-wortung und in den Händen der Konstrukteure liegtletztlich die Umsetzung gesetzlicher Vorgaben in si-chere, zuverlässig funktionierende und marktfähigeMaschinen.

Technische Entwicklungen haben nicht nur Funktionund Zuverlässigkeit technischer Erzeugnisse sondernauch deren Sicherheit wesentlich verbessert. Trotzdemzeigen auch heute noch sicherheitstechnischeBegutachtungen von Maschinen bei Herstellern undbei Betreibern, daß die getroffenen Schutzmaßnahmenihre Funktion nicht immer optimal erfüllen. Auchwenn viele der im Bild 1.2-1 beispielhaft dargestelltenMängel an Schutzeinrichtungen der Betreiber der Ma-schine zu verantworten hat, so kommt man oft nacheiner gründlichen Analyse zur Erkenntnis, daß sichzwar die Maschinenarbeiter nicht vorschriftsmäßigverhalten haben, wenn sie z. B. Schutzeinrichtungennicht sorgfältig festgeschraubt haben. Die eigentlicheUrsache waren aber häufige Störungen im Bearbei-tungsablauf, zu deren Beseitigung Schutzeinrichtungenimmer wieder umständlich abgeschraubt werden muß-ten. Eine konstruktive Unzulänglichkeit der technolo-gischen Maschinenfunktion hat letztlich ein sicher-heitswidriges Verhalten nach sich gezogen, obwohl inVorschriften fast alles geregelt war. Oder vielleichtgerade deshalb?

nicht. Trotzdem hat im Laufe der Zeit nicht nur dieMaschinenentwicklung gewaltige Fortschritte gemacht,sondern auch die mit ihr verknüpfte Sicherheitstech-nik. Diese begrüßenswerte Entwicklung war haupt-sächlich in der Zusammenarbeit der Maschinenher-steller mit den Revisionsingenieuren der Gewerbeauf-sichtsämter, der Technischen Überwachungsvereine,der Berufsgenossenschaften und seit den 20ger Jahren,d. h. schon lange bevor das Arbeitssicherheitsgesetz inKraft trat, mit den Fachkräften für Arbeitssicherheit(Sicherheitsingenieuren, -technikern, -meistern, diedamals schon von weitsichtig geleiteten Firmen einge-führt worden sind) begründet. Auch Sicherheitsbeauf-tragte haben durch praxisnahe, aus der täglichen Arbeitbegründete Vorschläge zu diesem Erfolg beigetragen.

Vor allem die branchenorientierten Träger der gesetz-lichen Unfallversicherung, die Berufsgenossenschaftenmit ihren besonders qualifizierten Ingenieuren, Tech-nischen Aufsichtsbeamten, bei denen seit über hundertJahren der Gedanke der aktiven Unfallverhütung höchstePriorität genießt, haben ihr erfahrungsgebundenesFachwissen über Sicherheitsmaßnahmen an Maschi-nen nicht nur den bei ihnen versicherten Mitgliedsbe-trieben, sondern auch den Maschinenherstellern wei-tergegeben, damit Sicherheitsmaßnahmen am wir-kungsvollsten umgesetzt werden konnten. Sie alle ha-ben die Sicherheit technischer Arbeitsmittel wesentlichbeeinflußt. Eine wichtige Rolle spielte dabei die 1920gegründete Zentralstelle für Unfallverhütung (ZefU)beim Hauptverband der gewerblichen Berufsgenossen-schaften.

Entbehrte diese Zusammenarbeit anfangs stringentergesetzlicher Grundlagen (zwar lag schon 1928/1929dem Reichstag ein Entwurf für ein Maschinenschutz-gesetz vor, er scheiterte allerdings wegen der Wider-stände der Wirtschaft gegen dezidierte Anforderungenan Maschinen [1.3]), so entstand für Maschinenherstel-ler 1968 durch das Gerätesicherheitsgesetz eine andereSituation. Es verpflichtete jeden Hersteller, in der Bun-desrepublik Deutschland nur solche Erzeugnisse aufden Markt zu bringen, die sicherheitstechnisch demjeweils aktuellen Stand der Technik genügen.

1.2 Konstruieren sicherheitsgerechter

Produkte heute

Die Welt von Heute ist von Technik geprägt. Nebenihren offensichtlich positiven Wirkungen sind die vontechnischen Systemen ausgehenden unerwünschtenFolgen für Mensch und Umwelt eine ständige Heraus-

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Bei der aktuellen europäischen Rechtslage, dem heuti-gen Stand der Sicherheitstechnik und der (Un)mengerelevanter Vorschriften kann ein Einzelner selbst inTeilbereichen kaum über alle Kenntnisse und In-formationen in voller Tiefe verfügen, die zur Bewälti-gung konkreter Sicherheitsaufgaben notwendig sind.Trotzdem müssen sie gelöst werden. Es gibt wohlkeinen anderen Weg, als fehlende Informationen syste-matisch zu suchen, zu beschaffen und sie dann konse-quent in laufende Konstruktionsprozesse einzubinden.

Konstrukteure sind dabei jedoch nicht auf sich alleinegestellt. Sie finden Hilfe nicht nur in Sicherheits-normen und Vorschriften sondern auch auf zahlreichenInternetseiten, von denen als repräsentativ die derSchweizerischen Unfallversicherungsanstalt SUVA ge-nannt sei, www.suva.ch. Wirkungsvolle Hilfen sind die von einigen Herstellernsicherheitstechnischer Komponenten herausgegebenenProduktinformationen und Leitfäden zur Anwendungeigener Produkte auf CD-ROM und Internetseiten.

1.2 Konstruieren sicherheitsgerechter Produkte heute

Bild 1.2-1 Häufige Konstruktionsfehler an Schutzeinrichtungen

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4 1 Einführung

Auch noch so ausführliche und komfortable Infor-mationssysteme können ihre Vorteile nur dann voll zurGeltung bringen, wenn ihre Benutzer über das entspre-chende Hintergrundwissen verfügen und den Über-blick darüber behalten, welche sicherheitstechnischenAspekte in welchen Phasen des Konstruktionsprozes-ses umgesetzt werden müssen. Eine praktikableMöglichkeit, sicherheitstechnische Aspekte wirkungs-voll in den Konstruktionsprozeß zu integrieren, bietetdas methodische Konstruieren, mit folgerichtiger Um-setzung der Gestaltungsprinzipien der konsequentenAufgabenteilung, sowie der Anwendung der Grundre-geln, einfach und eindeutig zu konstruieren. In mehre-ren Forschungsarbeiten wurden dafür sowohl methodi-sche Hilfsmittel, z. B. Konstruktionskataloge für si-cherheitstechnische Fragestellungen entwickelt, als auchformal betonte methodische Vorgehensweisen erarbei-tet, mit denen Konstruktionsaufgaben und Aufgabender Sicherheitstechnik gelöst werden können, [1.5, 1.6].Für ihre praktische Tätigkeit des Entwerfens und Ge-staltens sicherheitsgerechter Produkte benötigen Kon-strukteure neben der Vielzahl von Informationen überMaschinenmerkmale, Gefahrenmerkmale und prakti-sche Lösungsmöglichkeiten auch eine problemüber-greifende Systematik, mit der sie sich im breiten Infor-mationsfeld der Sicherheitstechnik orientieren, ihrsicherheitsrelevantes Wissen wiederauffindbar ordnen,auch ungewöhnliche Zusammenhänge erkennen undletztlich neue Lösungen finden können. Für ähnlicheAufgaben auf anderen Gebieten der Technik haben sichin der Praxis systematische Lösungssammlungen bzw.Konstruktionskataloge bewährt.

1.3 Systematische Lösungssammlungen

Aktuelle europäische Normen, die sicherheitsrelevanteSachverhalte beim Konstruieren tangieren, haben nichtselten Umfang und Preise erreicht, die langsam Fach-büchern entsprechen. In der Praxis und im einschlägi-gem Schrifttum (Verordnungen, Richtlinien, Normen,Berufsgenossenschaftliche Vorschriften (BGV-Vor-schriften), Sicherheitsregeln, Prüfgrundsätze, Fachbü-cher, Monographien, Fachaufsätze, Firmenschriftenusw.) sind zahlreiche sicherheitstechnische Fragestel-lungen und deren Lösungen bekannt. Deren Vielfaltläßt sie kaum auf einen gemeinsamen Nenner bringen.Angaben, die sie beschreiben, sind auf zahlreiche Quel-len verteilt. Als Entscheidungshilfen im Kon-struktionsprozeß, die einen schnellen Zugriff zu ver-gleichbaren Daten und prinzipiellen Möglichkeiten

voraussetzen, sind solche Informationsquellen nur be-dingt verwertbar. Dazu sind sie inhaltlich zu unter-schiedlich aufgebaut und formal zersplittert.

Es ist allzu verständlich, daß Konstrukteure Beispiel-sammlungen verlangen, die ihnen helfen, die rechtabstrakten und umfangreichen Inhalte der Rechtssätzein konkrete Maßnahmen in ihren Konstruktionen um-zusetzen. Beispielsammlungen sind ein gern benutztesKonstruktionshilfsmittel, enthalten sie doch bekannteLösungen für bestimmte technische Fragestellungenund geben Anregungen für eigene Problemlösungen.Spontanes und unkritisches Sammeln von Beispielenbringt Konstrukteure aber auch nur bedingt weiter.Beispielsammlungen erweisen sich jedoch dann beson-ders wirkungsvoll, wenn sie

- einen schnellen Zugriff zu vergleichbaren Datenerlauben

- leicht verständlich und einfach in der Handhabungsind

- universell und direkt im Konstruktionsprozeß ein-setzbar sindund

- aufgrund des systematischen Aufbaus zu neuen,eigenen Lösungen führen.

Die in diesem Buch vornehmlich verwendeten sy-stematischen Lösungssammlungen orientieren sich anKonstruktionskatalogen gemäß der VDI-Richtlinie2222 Bl. 2. Der grundsätzliche Aufbau der Konstrukti-onskataloge ist im Bild 1.3-1 dargestellt.

-

Bild 1.3-1 Grundsätzlicher Aufbau von Konstruktionskatalogen

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51.3 Systematische Lösungssammlungen

tativ beschreiben, z. B. Zahlenwerte, Aussagen überEinsatzmöglichkeiten, verbale Erläuterungen und wei-tere ergänzende Angaben. Auch hier wurde beim gra-phischen Gestalten besonderer Wert auf schnelles visu-elles Erfassen und Vergleichen gelegt, z. B. durchZahlenangaben in Form von Balkendiagrammen, de-ren synoptische Gegenüberstellung einen direkten Ver-gleich ermöglicht und somit zu einem Informationsge-winn führt. Die Darbietung einheitlich wiedergegebe-ner sicherheitsrelevanter Informationen und Erkennt-nisse ist graphisch so aufbereitet und optimiert, daßtrotz erheblicher Informationsdichte die Übersichtlich-keit nicht verloren geht und der Leser vor langemSuchen bewahrt wird.

Systematische Lösungssammlungen kommen der aufBilder orientierten Sehens- und Denkweise sowie dersystematischen Arbeitsweise der Konstrukteureentgegen. Sie ermöglichen schnell und zielgerichtetLösungen zu finden durch systematischen Zugriff überdie logische Gliederung, die Bilder des Hauptteils oderZahlenwerte des Zugriffteils und erlauben, durch eige-ne Merkmalkombinationen Anregungen für eigenesicherheitstechnische Lösungen zu holen, Bild 1.3-2.

Klare Gliederung, systematischer und einheitlicherAufbau des Stoffgebietes sind wesentliche didaktischeAspekte der Wissensaufbereitung und Wissensvermitt-lung. Daher eignen sich systematische Lösungssamm-lungen nicht nur als Konstruktionshilfsmittel sondernauch als schulungsbegleitende Unterlagen oder nachgründlicher didaktischer Reduktion auch als Präsenta-tionsmedien. Problembereiche des methodischen Kon-struierens mit systematischen Lösungssammlungen undKonstruktionskatalogen behandelt sehr ausführlich [1.8]in seinem dreibändigen Werk.

Bild 1.3-2 Zugriffsmöglich-keiten auf Lösungen

Systematische Lösungssammlungen sind synoptischeTabellen hoher Informationsdichte, erfüllen jedochnicht konsequent alle formalen Kriterien der Konstruk-tionskataloge. Sie enthalten, systematisch geordnet,einheitlich dargestellte Beispiele für sicherheitstechni-sche Fragestellungen oder Lösungen und die sie cha-rakterisierenden Daten, Zahlenangaben und logischeAussagen, [1.7]. Systematische Lösungssammlungenbestehen aus einem Gliederungs-, Haupt- und Zu-griffsteil.

Beim Gliedern einer Lösungssammlungen ist dieAufgabe zu bewältigen, aus der Fülle verschiedenartig-ster Merkmale diejenigen herauszufinden, deren logi-sche Kombination die in Frage kommenden Lösungensystematisch, eindeutig und ergänzungsfähig gliedernund beschreiben. Diese systematisierende Merkmale -SM

ij- sind zu Merkmalsfamilien, zu ordnenden Ge-

sichtspunkten - OGPi- zusammengefaßt. Graphisch ist

die Gliederung so aufgebaut, daß ordnende Gesichts-punkte im Spaltenkopf des Gliederungsteils stehen.Systematisierende Merkmale sind ihnen untergeord-net. Zur schnellen Orientierung im Lösungsfeld sindmöglichst vielen systematisierenden Merkmalen bildli-che Symbole zugeordnet. Sie wirken wie Adreßbilder,erleichtern die Orientierung im Lösungsfeld und somitden Zugriff auf die Beispiele des Hauptteils.

Der Hauptteil der Lösungssammlung enthält möglichstviele Beispiele, die sich aus der sinnvollen Kombinati-on der Gliederungsmerkmale ergeben. Graphisch sinddie Beispiele auf das Wesentliche reduziert und einheit-lich dargestellt. Haupt- und Gliederungsteil bilden dasKernstück jeder systematischen Lösungssammlung.Der Zugriffsteil enthält Merkmale und Parameter, wel-che die Lösungen des Hauptteils qualitativ und quanti-

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6 1 Einführung

Die behandelten Sachverhalte beziehen sich auf Pro-dukte, die der EG-Maschinenrichtlinie und somit demTeil des Geräte- und Produktsicherheitsgesetzes undden ihm nachrangig erlassenen Rechtsverordnungenunterliegen, die hauptsächlich gewerblich genutzte Ma-schinen und ähnliche Einrichtungen betreffen undnicht unbedingt Verbraucherprodukte (consumer

products), die für Endkonsumenten bestimmt sind. Fürdiese Produkte sind meistens andere EG-Richtlinienrelevant. So ist z. B. für privat genutzte Elektrogeräte,z. B. Waschmaschinen die EG-Niederspannungs-richtlinie der entscheidender Rechtsatz. Für sie sind imGeräte- und Produktsicherheitsgesetz weitere Festle-gungen zu finden, die zwar in diesem Buch angespro-chen werden, nicht aber dessen Schwerpunkt bilden.Ausführlich und erschöpfend sind diesbezügliche tech-nische Fragestellungen in [1.13] behandelt.

Herangezogene Quellen (Bücher und Aufsätze) sindim Text und Schrifttumsverzeichnis mit eckigen Klam-mern [ ], Firmenschriften mit schrägen Klammern / /zitiert. Die im Verzeichnis aufgeführten Rechtssätzesowie das ergänzende Schrifttum erheben keine An-spruch auf Vollständigkeit und Aktualität.

Die aufbereiteten Inhalte können zwar Konstrukteu-ren ein gründliches Studium relevanter Rechtssätze,d. h. der EG-Richtlinien und DIN EN Normen, in derjeweils aktuellen Fassung nicht ersparen, geben ihnenaber den notwendigen Überblick über die aktuelleSicherheitsphilosophie, um normative Vorgaben miteigenen Fähigkeiten, Kenntnissen und Mitteln optimalumsetzen zu können. Aus den Inhalten des Buches läßtsich aber kein Rechtsanspruch ableiten, da jede Ma-schine und jedes Produkt spezifische Lösungen erfor-dert unter Berücksichtigung aktueller internationaler,u. U. aber auch nationaler Normen. Der Leser mußdaher in eigener Verantwortung überprüfen, ob die inFrage kommende Lösung im konkreten Einzelfall dieSchutzziele der EG-Maschinenrichtlinie erfüllt undzumindest das gleiche Sicherheitsniveau erreicht, wiedie in der einschlägigen EN-Norm festgelegten Lösun-gen.

Das Gestalten menschengerechter, d. h. sicherheits-und ergonomiegerechter Produkte ist kein Selbstzweck,sondern folgt dem Ziel, Arbeitssicherheit sowie Ge-sundheits- und Umweltschutz zu verbessern, vor allemaber die Wirtschaftlichkeit zu erhöhen und somit zurhumanen Produktivität beizutragen. Das Buch hat dasZiel, Lesern Werkzeuge zum Analysieren vorhandenerund zum Entwickeln neuer sicherheitstechnischer Lö-sungen zu geben und ihnen wirkungsvolle Hilfsmittelbeim Bewältigen ihrer Konstruktionsaufgaben auf dem

1.4 Zum Buch

Das Vorgehen zur Gliederung und Darstellung dessicherheitsrelevanten Wissens fußt auf langjährigenpraktischen Erfahrungen des durch methodisches Kon-struieren und Ergonomie geprägten Verfassers ausseiner Tätigkeit als Maschinenprüfer (GS) eines berufs-genossenschaftlichen Fachausschusses und als Ausbil-der von Konstrukteuren. Systematisches Aufbereitendes sicherheitsrelevanten Wissens ist daher kein pra-xisfremdes Theoretisieren, sondern eine in der Praxisbewährte Methode und zugleich Voraussetzung, diesesumfangreiche Wissensgebiet zu überblicken und zuerklären: Leser sollen zwar Vorschriften kennen unddie Theorie verstehen, vor allem aber sollen sie an derenpraktische Umsetzung denken.

Das Buch fügt dem systematischen Konstruieren kei-ne neue Methode hinzu, integriert aber wissenschaft-liche Erkenntnisse und Methoden der Konstruktions-lehre unter den Gesichtspunkten der Praxis in dassystematische Gestalten sicherheits- und ergonomiege-rechter Maschinen im weitesten Sinne, um kon-struktionsbedingte Unfälle und arbeitsbedingte Ge-sundheitsgefährdungen zu verhindern bzw. möglicheWiederholungen zu minimieren.

Es ist zwar bewußt nicht als wissenschaftliche Arbeitkonzipiert, schließt dafür die in vielen Quellen anzu-treffende Informationslücke, mit welchen konstrukti-ven Methoden und Maßnahmen sich die in der Gefähr-dungsanalyse festgestellten und bewerteten technischenRisiken abwenden lassen: Sicherheitstechnische Pro-bleme bzw. deren Lösungen stehen im Vordergrund,nicht Vorschriftentexte, deren Interpretation oderUmformulierungen.

Das Buch vermittelt zwar Grundlagenwissen überrechtliche Hintergründe und Verfahren zu den in derEG-Maschinenrichtlinie vorgeschriebenen Konformi-tätserklärungen, ist jedoch nicht als Leitfaden für diejuristische, organisatorische oder verwaltungstechni-sche Abwicklung der CE-Kennzeichnung und Konfor-mitätsbescheinigung bzw. Herstellererklärung konzi-piert - hier sei auf das einschlägige Schrifttum, z. B. auf[1.9, 1.10,1.11, 1.12] verwiesen.

Europäische Richtlinien und Normen führen vieleneue Bezeichnungen für sicherheitstechnische Sach-verhalte ein. Die neuen Begriffe werden zwar möglichstkonsequent verwendet. Auf alte, gewohnte und in derPraxis eingeführte Bezeichnungen wird jedoch dannzurückgegriffen, wenn sie Sachverhalte treffender be-schreiben bzw. kürzer wiedergeben.

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Gebiet der Sicherheitstechnik zur Verfügung zu stel-len, damit sie aus Beispielen assimilierend neue Ideenentwickeln können.

Mit folgender Intention: Bei vielen sicherheitstechni-schen Beratungen ist immer wieder aufgefallen, mitwieviel Engagement die These Das geht nicht, weil...vertreten wurde und welch beachtlicher argumentati-

ver Aufwand nachgeschoben wurde, um das Weil zubegründen. Mit positiver Einstellung und vergleich-barem Aufwand hätte man in gleicher Zeit mehrerebrauchbare Ideen gefunden und das Problem gelöst. Zudieser notwendigen positiven Einstellung zu sicher-heitstechnischen Fragen im Konstruktionsprozeß willder Verfasser beitragen.

1.4 Zum Buch

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2 Rechtliche Anforderungen an sicherheitsgerechte Produkte

Bild 2.1-1 Rechtliche Aspekte beim Konstruieren

die notwendige Voraussetzung, um entwickelte, kon-struierte und hergestellte Produkte in den Verkehrbringen zu dürfen und dabei vor behördlichen Interven-tionen sicher zu sein.

Zivilrechtliche Aspekte stellen allgemeine Gesund-heits- und Sicherheitsanforderungen an Produkte undan Verfahren, die einzuhalten sind, auch wenn keineöffentlich-rechtliche Vorschriften dafür bestehen.

Nichteinhalten kann zu zivilrechtlichen Haftungsan-sprüchen führen. Zur zivilrechtlichen Haftung gehörenauch Regressansprüche der Träger der gesetzlichenUnfallversicherungen (z. B. Berufsgenossenschaften)und Ansprüche, die aus dem Produkthaftungsgesetzhergeleitet werden. Die Haftung nach dem Produkthaf-tungsgesetz als Folge von Konstruktionsfehlern ist eineUnternehmenshaftung, keine Mitarbeiterhaftung. Spe-

Konstruieren und Gestalten ist ein kreativer und schöp-ferischer Vorgang. Auch wenn man dabei nicht immerdaran denkt, konstruiert man nicht in einen rechtsfrei-en Raum hinein. Da erfahrungsgemäß Denkweise undSprache der Juristen und der Ingenieure weit auseinan-der liegen, sollten Konstrukteure zumindest einen Über-blick über die wichtigsten nationalen und europäischenRechtsbereiche und über die aus ihnen hergeleitetenAnforderungen an das Konstruieren sowie die mitihnen verbundenen Rechtsfolgen haben.

2.1 Rechtssystematik

Von Schutzrechten abgesehen, tangieren die sog. dreigroßen Rechtsgebiete (Öffentliches Recht, Zivilrechtund Strafrecht) die Tätigkeiten aller Konstrukteure,Bild 2.1-1 und 2.1-2. Von besonderer Bedeutung ist derTeil des öffentlichen Rechts, der auf dem Gebiet derTechnik versucht, Grenzen der allgemeinen Handlungs-freiheit im Gemeinschaftsinteresse abzustecken. Eshandelt sich um Auflagen aufgrund zahlreicher gesetz-licher Regelungen im Sinne eines hoheitlichen Über-oder Unterordnungsrechts. Zusätzlich wirken rechtli-che Konsequenzen des Zivil- und Strafrechtes. Siekommen erst dann zum Tragen, wenn Produkte unmit-telbare Schäden oder Folgeschäden verursacht haben,die sich auf einen Fehler zurückführen lassen.

Grundsätzlich gilt, daß jeder, der durch sein Tun oderUnterlassen rechtswidrig und schuldhaft einen Scha-den verursacht hat, dafür auch haftet. Das betrifft zwarvorerst Hersteller als juristische Personen, aber je nachRechtslage auch natürliche Personen. Bei Konstruk-tions- und Informationsfehlern sind das leitende Kon-strukteure und Planer, letztlich aber alle Konstrukteureim Rahmen ihres Verantwortungsbereichs. Produkt-fehler können bei Gefährdungsdelikten sogar schondann Rechtsfolgen hervorrufen, auch wenn sie nochnicht zu Schäden geführt haben. Rechtsnormen des öffentlichen Rechts legen allge-meine Anforderungen an Produkte samt ihrer Grenzenverbindlich fest. Das Erfüllen dieser Forderungen ist

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10 2 Rechtliche Anforderungen an sicherheitsgerechte Produkte2 Rechtliche Anforderungen an sicherheitsgerechte Produkte

zialisierte Versicherungsunternehmen bieten entspre-chende Dienstleistungen an.

Entstehen durch Produkte oder Verfahren Personen-schäden, d. h. Körperverletzungen bis zur Todesfolge,greift das Strafrecht mit seinem Sanktionsanspruch,Genugtuung herzustellen oder Prävention zu bewirken.Anforderungen und Konsequenzen des Strafrechts kön-nen im Unterschied zum Zivilrecht nicht versiche-rungstechnisch gemildert werden, sondern müssenpersönlich getragen werden. Strafrechtliche Anforde-rungen gelten neben und gleichzeitig zu zivilrechtli-chen Schadensersatzansprüchen.

Bei nachgewiesenen Fehlern, die zu rechtlichen Kon-sequenzen geführt haben, sind auch vom Arbeitgeberausgelösten arbeitsrechtlichen Folgen für die Verursa-cher, z. B. für Konstrukteure, nicht ausgeschlossen.Alles Sachverhalte, die den meisten Konstrukteurennicht immer bewußt sind, Bild 2.1-3.

Unfälle und Schäden und die mit ihnen verbundenenRechtsfolgen lassen sich vermeiden, wenn bei derProduktentwicklung und -konstruktion konform mitdem geltenden technischen Recht vorgegangen undsicherheitsgerecht konstruiert wird. Nachfolgende Ab-

Bild 2.1-2 Systematik des deutschen Rechts

schnitte geben einen Überblick über die wichtigstenGebiete des technischen Rechts, die für Konstrukteurerelevant sind.

Bild 2.1-3 Mögliche Rechtsfolgen von Konstruktionsfehlern

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2.2 Europäisches Recht

Rechtliche Einflüsse auf das Konstruieren haben inDeutschland eine lange Tradition. Das europäischeRecht fügt neue Gesichtspunkte hinzu. Sie liegen je-doch eher auf der formalen denn auf der materiellenSeite. Zu ihnen gehören vor allem die formale Pflichtzur Gefährdungsanalyse, zur Risikobewertung, zur Pro-duktdokumentation und zur Produktzertifizierung so-wie die gestiegene rechtliche Relevanz von Betriebsan-leitungen. Von besonderer Bedeutung ist die verursa-cherunabhängige Produkthaftung der Hersteller. DieEigenverantwortung der Hersteller ist wesentlich ge-wachsen.

Mit der Verwirklichung des Binnenmarkts entstandfür Hersteller eine neue rechtliche Situation. Der mate-rielle Inhalt zahlreicher europäischer Rechtsbestim-mungen zählt zu den als unbedingt einzuhaltendenAnforderungen, die in der Phase der Aufgabenklärungfestgelegt werden. Ihrem Ursprung nach lassen sichdiese Restriktionen in zwei Kategorien unterteilen, diesich auf zwei wesentliche Ziele der europäischen Eini-gungspolitik zurückführen lassen. Einmal ist es dieAbsicht, alle Handelshemmnisse zu beseitigen, die sichder Verwirklichung des Binnenmarkts entgegenstellen.Dazu gehörten u. a. auch viele uneinheitliche nationaleSicherheitsanforderungen an Arbeitsmittel und Pro-dukte in den jeweiligen Staaten.

Andererseits wirkt sich der politische Wille, Arbeits-bedingungen in allen Mitgliedsstaaten der Europäi-schen Union zu vereinheitlichen, ebenfalls auf dieGestaltung von Produkten und Maschinen aus. Kunden(Auftraggeber) stellen an die MaschinenkonstruktionForderungen, die aus den Vorschriften zur sicherenNutzung der Arbeitsmittel hervorgehen.

Aus dem Bereich des Binnenmarkts legen mehrereRichtlinien Anforderungen fest, die Maschinenherstellerbei ihren Produkten berücksichtigen müssen. Es han-delt sich dabei z. B. um die

- Niederspannungsrichtlinie (73/23/EWG,93/68/EG)

- einfache Druckbehälter (87/404/EWG)- Bauprodukte (89/106/EWG)- elektromagnetische Verträglichkeit (89/336/EG,92/31/EG)- Maschinen (98/37/EG,89/392/EG)- Gasverbrauchs- einrichtungen (90/369/EWG)- Produktsicherheit (92/59/EG)

Für den Bereich der Arbeitsumwelt wurde 1989 diefachübergreifende Arbeitsschutz-Rahmenrichtlinie(89/391/EWG) mit folgenden Richtlinien erlassen:

- Arbeitsstätten (89/654/EWG)- Benutzung von Arbeitsmitteln (89/655/EWG)- Handhabung schwerer Lasten (90/269/EWG)- Karzinogene (90/394/EWG)- biologische Arbeitsstoffe (90/679/EWG)- Sicherheits- und Gesundheitsschutz- kennzeichnung (92/58/EG)

CE-Richtlinien (Communautés Européennes) werdenvon der Generaldirektion der Europäischen Kommissi-on erarbeitet und vom Rat der Europäischen Gemein-schaft verabschiedet. Damit haben CE-Richtlinien fürdie Mitgliedsstaaten die gleiche rechtliche Bedeutungwie Gesetze. Auch wenn einzelne Mitgliedsstaaten sienicht oder nur mangelhaft in ihre nationale Gesetzge-bung umsetzen sollten, muß das bereits existierendenationale Regelwerk europakonform ausgelegt werden- europäisches Recht bricht nationales Recht! Sicherheitsrelevante europäische Richtlinien definierenSchutzziele durch grundlegende Sicherheits- undGesundheitsanforderungen. Einige tangieren sogar dieSicherheit von Haustieren und von Gütern.

Einhalten dieser sicherheitstechnischen Mindest-anforderungen ist für jeden obligatorisch. Alle für Ma-schinenhersteller relevanten EG-Richtlinien, die sichaus dem Artikel 95 EG-Vertrag (vormals Artikel 100a)ergeben, müssen von allen Mitgliedsstaaten ohne Än-derungen in ihr nationales Recht umgesetzt werden,Bild 2.2-1. Beim Umsetzen von Richtlinien auf derBasis des Artikels 137 EG-Vertrag (vormals Artikel118) in nationales Recht, die sich an Betreiber undBetriebe richten, sind in den einzelnen StaatenAbweichungen zum höheren Sicherheitsniveau erlaubt.

Mitgliedsstaaten müssen sowohl europäische Richtli-nien als auch harmonisierte CEN/CENELEC-Normen(Comité Européen de Normalisation/Comité Euro-péen de Normalisation Electrotechnique), die derenGrundanforderungen spezifizieren und konkretisieren,in das jeweilige nationale Recht umsetzen. Form undTextgestaltung ist ihnen dabei zwar freigestellt, Inhaltemüssen sie jedoch unverändert übernehmen.

In der Bundesrepublik Deutschland geschieht das imBereich der Binnenmarktrichtlinien z. B. durch dasGeräte- und Produktsicherheitsgesetz (GPSG) mit sei-

2.2 Europäisches Recht

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12 2 Rechtliche Anforderungen an sicherheitsgerechte Produkte

Bild 2.2-1 Europäisches und nationales Recht für Konstrukteure

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nen nachgeordneten Verordnungen sowieDIN EN Normen. Im Bereich der Arbeitswelt ist diesmit dem Arbeitsschutzgesetz samt nachgeordneten Ver-ordnungen geschehen.

Alle Maschinenhersteller müssen in eigener Verant-wortung planvoll Maßnahmen treffen und Konse-quenzen ziehen, um diese Mindestanforderung an dieSicherheit ihrer Produkte verbindlich einzuhalten unddiese nach außen zu dokumentieren. Es bleibt ihnenaber unbenommen, gleiche oder bessere Sicherheit aufandere Weise, als in harmonisierten Normen vorge-schlagen, zu realisieren. Damit ermöglicht das europäi-sche Recht, neue Wege in der Sicherheitstechnik zubeschreiten.

2.2.1 EG-Maschinenrichtlinie

Die EG-Maschinenrichtlinie hat das Ziel, Sicherheitsni-veau und grundlegende Sicherheitsanforderungen anMaschinen in den Mitgliedsstaaten zu vereinheitli-chen, beizubehalten oder zu verbessern. Wie jede ande-re europäische Richtlinie, ist auch die EG-Maschinen-richtlinie [2.1] ein Gesetzgebungsauftrag an die Mit-gliedsstaaten. Sie verpflichtet alle Mitgliedsstaaten,den materiellen Inhalt der Richtlinie unverändert innationales Recht umzusetzen.

Der materielle Inhalt ist in 16 Artikeln und in neunAnhängen festgehalten, Bild 2.2-2. In den Artikelnlegt sie ein Verfahren fest, das für jede handelbare

2.2 Europäisches Recht

Bild 2.2-2 Aufbau der EG-Maschinenrichtlinie

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14 2 Rechtliche Anforderungen an sicherheitsgerechte Produkte

Maschine ihre Übereinstimmung mit der Richtliniedokumentiert. Die in diesem Zusammenhang an derMaschine angebrachte CE-Kennzeichnung und dieKonformitätsbescheinigung signalisieren, daß für die-se Maschine weder ein Grund noch die Möglichkeitbesteht, den Import oder Vertrieb innerhalb der Euro-päischen Wirtschaftsraums (EWR) mit Argumentenzur unzureichenden Maschinensicherheit zu behin-dern. Wenn auch der Anwendungsbereich der Richtlinie aufauswechselbare Einrichtungen, Sicherheitsbauteile undeigentliche Maschinen, die sie als Gesamtheit von

miteinander verbundenen Teilen oder Vorrichtungen,

von denen mindestens eins beweglich ist, sowie gege-

benfalls von Betätigungsgeräten, Steuer- und Energie-

kreisen usw. für eine bestimmte Anwendung, wie die

Verarbeitung, Behandlung, die Fortbewegung und Auf-

bereitung eines Werkstoffs zusammengefaßt sind

recht allgemein und von der im allgemeinen Maschi-nenbau üblichen Auffassung abweichend definiert ist,so legt der Inhalt des Anhanges I sehr ausführlich undkonkret grundlegende Sicherheits- und Gesundheits-anforderungen an die Maschine fest. Maschinen imSinne der EG-Maschinenrichtlinie sind u. a.

- Einzelmaschinen- verkettete Maschinen, z. B. komplexe Anlagen- auswechselbare Ausrüstungen zur Änderung der

Funktion einer Maschine, z. B. Zusatzaggregate- bewegliche Maschinen, z. B. Flurförderzeuge- Maschinen zum Heben von Lasten, z. B. Krane- Maschinen zum Heben oder Fortbewegen von Perso-

nen, z. B. fahrbare Hubarbeitsbühnen.

Vorgaben des Anhangs I sind die Richtschnur für dieGestaltung richtlinienkonformer Maschinen und somiteine wichtige Informationsquelle für jeden Maschinen-bauer. Ebenfalls wichtig ist der Anhang IV, in dem das Prüf-und Bescheinigungsverfahren für als besonders gefähr-lich geltende Maschinen festgelegt ist, und die Maschi-nen selbst im einzelnen vollständig benannt und aufge-listet sind. Es handelt sich dabei z. B. um

- Holz- und Fleischbearbeitungsmaschinen- Pressen und Biegepressen mit einem Hub größer als

6 mm und einer Geschwindigkeit von mehr als30 mm/s

- Gummi- bzw. Kunststoffspritzgieß- oder Formpress-maschinen mit manueller Beschickung

- Hebebühnen für Fahrzeuge.

Für diese Maschinen ist ein Bescheinigungsverfahrendurch eine Prüf- oder Zertifizierungsstelle zwingendvorgeschrieben, Bild 2.2-3. EG-Baumusterprüfungensind auch dann notwendig, wenn für diese Maschinenkeine harmonisierten Normen vorhanden sind.

Die Maschinenrichtlinie verleiht ausführlichen Be-gleitdokumentationen und Betriebsanleitungen beson-deren Stellenwert, der weit über das hinausgeht, wasdas alte Gerätesicherheitsgesetz (GSG) in Deutsch-land gefordert hat. Es ist deshalb sinnvoll, wenn Kon-struktionsabteilungen aufgrund ihres Informationsvor-sprungs, der sich zwangsläufig während der Produkt-entwicklung ergibt, technische Dokumentationen zurKonformitätsbescheinigung nicht nur zusammenstel-len sondern auch pflegen. Dokumentationen brauchenzwar nicht körperlich aufbewahrt werden, müssen aberinnerhalb der Zeitspanne von zehn Jahren nach Auslie-ferung der letzten Maschine auf Wunsch jeweiligernationaler Überwachungsbehörden in einer angemes-senen Zeit (14 Tage) zur Verfügung gestellt werden.

Bei vielen Maschinen- und Geräteherstellern bestan-den und bestehen immer noch Unsicherheiten in derkorrekten Anwendung und Ausfüllung der Anforde-rungen dieser Richtlinie. Eine sachgerechte Umset-zung der Maschinenrichtlinie ist heute zwar schon dieRegel. Viele Maschinenbaufirmen haben aber nochimmer Probleme mit der CE-Kennzeichnungspflicht.Das Bemühen vieler Organisationen, z. B. derBerufsgenossenschaften, auf diesem neuen Aufga-bengebiet qualifizierte Hilfen zu geben, ist unverkennbar,[2.2, 2.3].

2.2.2 Europäische Normen

Normen sind Dokumente, die unter Mitwirkung inter-essierter Kreise im Konsens entstanden sind und voneiner anerkannten Institution angenommen werden.Sie geben die überwiegende Fachmeinung wieder undgelten als allgemein anerkannte Regeln der Technikbzw. als Stand der Technik (harmonisierte EN Normen)im Sinne des Geräte- und Produktsicherheitsgesetzes(GPSG), nicht aber als Stand von Wissenschaft undTechnik im Sinne des Produkthaftungsgesetzes. Es istdas Merkmal der Freiwilligkeit, das Normen von Vor-schriften (Richtlinien, Gesetzen, Verordnungen) un-terscheidet.

Europäische Normen gelten als harmonisiert, wennsie unter einem Mandat der Europäischen Kommissionvon privatrechtlichen Institutionen erarbeitet und imEuropäischen Amtsblatt veröffentlicht wurden (z. Z.

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Bild 2.2-3 Geltungsbereich der EG-Maschinenrichtlinie

2.2 Europäisches Recht

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16 2 Rechtliche Anforderungen an sicherheitsgerechte Produkte

85 A/B Normen, 245 C Normen für Maschinen, 100sonstige C Normen). Die Initiative zur Erstellung vonNormen von interessierten und betroffenen Verbändenan eine hoheitliche Organisation übergegangen.

Die Maschinenrichtlinie gibt im Anhang I sehr aus-führlich grundlegende Sicherheits- und Gesundheits-anforderungen an. Damit setzt sie Ziele, die auf mehre-ren Wegen erreicht werden können. Um die Anforde-rungen zu konkretisieren, entstehen unter Federfüh-rung von CENELEC und CEN europäische Normen.Beide Organisationen sind nach belgischem Zivilrechtgegründete Vereine.

Mitgliedsstaaten müssen europäische Normen unver-ändert ins nationale Normenwerk übernehmen undzugleich von ihnen abweichende nationale NormenZug um Zug zurückziehen. Das Deutsche Institut fürNormung (DIN) veröffentlicht für die BundesrepublikDeutschland EN Normen als DIN EN Normen in sei-nem Regelwerk, [2.4]. An der Bezeichnung EN oderDIN EN ist allein nicht zu erkennen, ob es sich "nur" umeine "europäische" oder bereits um eine "harmonisierteund im europäischen Amtsblatt veröffentlichte" Normhandelt. Erst das Vorwort einer Norm gibt die entspre-chende Information. Bis jetzt ist nur ein Teil, jedoch mit

steigender Tendenz, der notwendigen europäischenNormen erstellt (440 CEN-Normen, 40 CENELEC-Normen). Sie sind in der Bundesrepublik Deutschlandim Verzeichnis Maschinen , Abschnitt I des Geräte-und Produktsicherheitsgesetzes (GPSG) aufgelistet. ImAbschnitt II, Teil A sind alle bestehenden, noch gülti-gen nationalen Normen aufgelistet, die die Sicherheitvon Maschinen tangieren. Europäische Normen sindhierarchisch nach dem deduktiven Prinzip vom Allge-meinen zum Konkreten in drei Ebenen gegliedert, inGrund-, Gruppen- und Produktnormen, Bild 2.2-4.

Grundnormen (A-Normen). Sie regeln grundlegendeFestlegungen und Begriffe, die alle Maschinen betref-fen. Dazu gehört z. B. die DIN EN 292 Sicherheit vonMaschinen; Grundbegriffe, Allgemeine Gestaltungs-leitsätze Teil1 und Teil 2.

Gruppennormen (B-Normen). Sie richten sich anMaschinenhersteller und Hersteller von Sicherheits-komponenten. Sie regeln Sicherheitsaspekte, die fürmehrere Arten von Maschinen in gleicher Weise rele-vant sind, z. B. Mindestabstände gegen Erreichen vonGefahrstellen, Sicherheitsabstände für Schutzeinrich-

Bild 2.2-4 Europäische Normen

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tungen und die Ausführung von Sicherheitskomponen-ten, z. B. von NOT-AUS-Einrichtungen. Gruppennor-men gehen zwar nicht auf Schutzmaßnahmen konkre-ter Maschinen ein, stellen aber mehrere Lösungs-mög-lichkeiten vor, wenn auch unterschiedlichen Niveaus.Hersteller dürfen B-Normen anwenden, wenn keine C-Normen (Produktnormen) vorhanden sind. Dann müs-sen sie aber eine auf Fachwissen beruhende Risikobe-wertung vornehmen und aus ihr Entscheidungen fürdie Konstruktion treffen, die das Sicherheitsniveau derNorm erreichen. Getroffene Entscheidungen, Festle-gungen und Vereinbarungen sind zu dokumentieren.Bei diesem Verfahren ist es sinnvoll, rechtzeitig einePrüfstelle einzubeziehen und eine Vereinbarung mitdem Betreiber über Grundbedingungen und evtl. zu-sätzliche Anforderungen zu treffen.

Produktnormen (C-Normen). Sie treffen Festlegun-gen zu spezifischen Gefährdungen einer Maschinenartoder -gruppe. Produktnormen dürfen Festlegungen nichtwiederholen, die in Grund- oder Produktnormen ent-halten sind. Sie müssen auf diese Normen und derenFestlegungen verweisen. Neben maschinenspezifischenVorgaben können Produktnormen zusätzlich Anforde-rungen enthalten, die aus bestimmten Gründen vonFestlegungen der Grund- bzw. Gruppennormen abwei-chen. So ist zwar z. B. das Einleiten eines Arbeitszyklusdurch Schließung der Schutzeinrichtung in der Ma-schinenrichtlinie grundsätzlich nicht zulässig, den-noch kann eine Produktnorm die Ingangsetzung desArbeitszyklus durch Schließen der Schutzeinrichtungtolerieren, wenn Risiken, die dadurch entstehen kön-nen, durch andere Maßnahmen aufgehoben werden.Wenn auch, rechtlich gesehen, harmonisierte eu-ropäische Normen nur einen empfehlenden Charakterhaben, so können Maschinenhersteller davon ausge-hen, daß ihre Maschinen allen grundlegenden Anfor-derungen der Maschinenrichtlinie genügen, wenn dieMaschinen diesen Normen entsprechen (Vermutungs-wirkung).

Produktnormen (C-Normen) dürfen sich zwar aufGrundnormen (A-Normen) und Gruppennormen (B-Normen) beziehen, können aber von deren Anforde-rungen abweichen, wenn dies für eine konkrete Ma-schinenart sinnvoll und somit eine andere Lösungerforderlich ist. Das Gleiche gilt auch für Gruppennor-men in Bezug auf Grundnormen. Daher ist es immerratsam, nach allen für eine konkrete Maschine relevan-ten C-Normen zu recherchieren, weil C-Normen B-bzw. A-Normen schlagen , [2.5].

So legt z. B. die Norm DIN EN 60204-1 "Sicherheitvon Maschinen - Elektrische Ausrüstung von Maschi-

nen" den Mindestschutzgrad von Schaltgeräten aufIP 22 fest. Die Produktnorm DIN EN 1010 -1 "Sicher-heitstechnische Anforderungen an Konstruktion undBau von Druck- und Papierverarbeitungsmaschinen"verlangt dagegen, daß elektrische Betriebsmittel demhöheren Schutzgrad IP 54 entsprechen müssen. Hin-tergrund: An diesen Maschinen ist mit hohem Anfallvon brennbarem Papierstaub zu rechnen.

C-Normen sind daher wegen der für die Rechts-sicherheit der Hersteller wichtigen Vermutungswirkungvon besonderen Bedeutung: Wenden Hersteller harmo-nisierte europäische Normen an, können sie davonausgehen, daß sie alle grundlegenden Sicherheitsanfor-derungen der Maschinenrichtlinie erfüllen, sofern siein den Normen hinreichend konkret behandelt werden.Grund- und Gruppennormen tun das nicht, wohl aberProduktnormen (C-Normen).

Ersteller von C-Normen haben in der Regel entspre-chende Gefährdungsanalysen durchgeführt. In stritti-gen Fällen müssen dann Aufsichtsbehörden Herstel-lern eventuelle Nichterfüllung nachweisen. Doch Vor-sicht! Nur harmonisierte europäische Normen, d. h. imAuftrag der Europäischen Kommission von CEN oderCENELEC erarbeiteten Normen bewirken beim An-wenden die Konformitätsvermutung mit grundlegen-den Anforderungen (Anhang I) der EG-Maschinen-richtlinie!

Die Beweislast dreht sich im Falle der grundsätzlichmöglichen eigenständigen sicherheitsgerechten Ge-staltung um: Jetzt müssen Hersteller die Übereinstim-mung ihrer Maschine mit grundlegenden Anforderun-gen der Maschinenrichtlinie nachweisen. Sie müssenbeweisen, daß sie eine sicherheitstechnisch gleichwer-tige Lösung verwirklicht haben. Zur eigenenRechtssicherheit können Hersteller vorab freiwilligeine akkreditierte Stelle einschalten, um die Frage derNormkonformität klären zu lassen, oder noch besser,freiwillig Maschinen dort einer GS-Baumusterprüfungzu unterziehen.

Diese Stellen werden von der Landesbehörde be-nannt, sobald die Zentralstelle der Länder (ZSL inMünchen) in einem Akkreditierungsverfahren die Ein-haltung aller Anforderungen nach DIN EN 45 000 ff.festgestellt hat. Voraussetzung für die Tätigkeit alsnotifizierte Stelle im Sinne des Anhangs IV der MRList, daß der Mitgliedsstaat sie bei der EuropäischenKommission gemeldet hat.

Für Konstrukteure sind maschinenbezogene C Nor-men noch aus einem anderen Grund wichtig. In ihnenfinden sie systematische Auflistungen von Gefahren,die für die jeweilige Maschine oder Maschinengrupperelevant sind - ein wichtiges Hilfsmittel bei der Gefahr-

2.2 Europäisches Recht

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18 2 Rechtliche Anforderungen an sicherheitsgerechte Produkte

bar durch das Präfix prEN. Mit zunehmender Über-führung bisheriger Normentwürfe in harmonisierteeuropäische Normen verlieren die bisher noch zurPräzisierung der Maschinenrichtlinie notwendigennationalen Vorschriften und Normen, die den Bau unddie Ausrüstung der jeweiligen Maschinen regelten, ihreGültigkeit. Für Maschinenhersteller bedeutet das prak-tisch, daß sie sich zukünftig zur sicheren Gestaltungihrer Maschinen konsequent auf europäische Sicher-heitsnormen, insbesondere auf Produktnormen, stüt-zen müssen, wenn sie ihre eigene Lösungen mit ver-gleichbaren Sicherheitsniveau nicht einer Baumuster-prüfung unterziehen lassen oder hohe Rechtsrisikenauf sich nehmen wollen.

Bis alle geplanten europäischen Normen in Krafttreten, werden wegen langwieriger, auf Kompromissebedachten Verhandlungen noch Jahre vergehen, trotzbeschleunigter Verfahren. Aufgrund der sehr unter-schiedlichen bildlichen Darstellungen, die manchmalweit von der in der Konstruktion üblichen entfernt sind,vermitteln Produktnormen nicht gerade den Eindruck,daß sie einer konsequenten und koordinierenden End-redaktion unterzogen wurden.

Harmonisierte europäische Normen geben den Standder Technik zum Zeitpunkt ihres Erscheinens wieder,sollen aber alle fünf Jahre revidiert, überprüft undaktualisiert werden. Nicht immer ist in ihnen eineeindeutige Zielrichtung im Sinne der Sicherheitstechnikund der Ergonomie zu erkennen. Der Verdacht, daßsich Beratungen und Entscheidungen in den Gremiennicht nur von sicherheitstechnischen oder anderensachlichen Begründungen leiten lassen, sondern auchvon partikulären Interessen sowie nationalen und poli-tischen Rücksichtsnahmen geprägt werden, läßt sichoft nicht einfach entkräften, [2.6].

IEC und ISO-Normen. Diese Normen gelten nicht nurin Europa, sondern weltweit. Schon früher wurden indiesen Normen sicherheitstechnische und ergonomi-sche Aspekte für die Konstruktion geregelt, so z. B. fürLandwirtschaftliche Maschine aber auch für Auswucht-maschinen oder Textilmaschinen.

Mittlerweile sind Inhalte zahlreicher harmonisierterEuropäische Normen, die die Sicherheit von Maschi-nen regeln von der internationalen Normung aufgegrif-fen und in ISO bzw. IEC-Normen umgesetzt worden.

Haben ISO Normen den materiellen Inhalt harmoni-sierter Europäischer Normen vollständig übernommenund sind sie formal harmonisiert, haben sie die gleicherechtliche Bedeutung, wie die originären EuropäischenNormen und lösen ebenfalls die Vermutungswirkungaus: die nach diesen Normen gebauten Maschinen

dungsanalyse und Risikobewertung. Fehlen harmoni-sierte Normen noch, dürfen hilfsweise die bis jetztgültigen und im "Verzeichnis Maschinen" des Geräte-und Produktsicherheitsgesetzes (GPSG) aufgeführtennationalen DIN Normen und technische Spezifikatio-nen (VDE-Bestimmungen, VDI-Richtlinien, Regel-werk der Berufsgenossenschaften usw.) angewendetwerden, Bild 2.2-5. Das nationale technische Rechtbleibt für Konstrukteure daher noch für geraume Zeiteine wichtige Orientierung.

Viele Produktnormen befinden sich immer noch imEntwurfsstadium (z. Z. sind es nur noch 250), erkenn-

Bild 2.2-5 Anwendung europäischer und nationaler Normen

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erfüllen die EG-Maschinenrichtlinie. Das hat für welt-weit agierende Maschinenhersteller den Vorteil, daßsie sich, auf längere Zeit betrachtet, auf weltweit gleicheSicherheitsstandards einstellen können.

2.2.3 Konformitätserklärung, CE-Kennzeichnung

Seit 1.1.1995 müssen alle in Verkehr gebrachten Ma-schinen allgemein konform mit allen relevanten EG-Richtlinien, vor allem mit der EG-Maschinenrichtlinieim besonderen sein.

Konformitätserklärung. Hersteller müssen für jedegefertigte verwendungsfertige Maschine die Überein-stimmung mit der Maschinenrichtlinie dokumentierenund eine EG-Konformitätserklärung ausstellen,Bild 2.2-6. Erst dann dürfen sie an verwendungsferti-gen Maschinen dauerhaft und gut sichtbar die CE-Kennzeichnung anbringen, d. h. die Maschine zertifi-zieren.

Wenn Maschinen noch weiteren EG-Richtlinien un-terliegen, weil von ihnen z. B. überwiegend elektrischeGefahren ausgehen, wie bei einer Funkenerodiermaschi-ne, so muß sichergestellt sein, daß die CE-Kennzeich-nung tatsächlich allen relevanten Richtlinien, hier auch

2.2 Europäisches Recht

Bild 2.2-6 Deklarationspflichten des Herstellers

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20 2 Rechtliche Anforderungen an sicherheitsgerechte Produkte

der Niederspannungsrichtlinie (73/23/EWG) entspricht.Jede zertifizierte Maschine - auch wenn deren Kompo-nenten mehreren EG-Richtlinien entsprechen - darfnur eine einzige CE-Kennzeichnung tragen. Dies giltauch für solche Maschinen, für die auf Grund ihresAufbaus mehrere Richtlinien gelten, die eine CE-Kennzeichnungspflicht nach sich ziehen. Man kanndavon ausgehen, daß die meisten neuzeitigen Maschi-nen eine elektrische und elektronische Ausrüstunghaben werden und somit für sie die Niederspannungs-richtlinie und die EMV-Richtlinie (Elektromagneti-schen Verträglichkeit) mitgelten werden, [2.7].

Für elektrische und elektronische Ausrüstungen derMaschine gelten dann die EMV-Richtlinie und fürBauteile der elektrischen Ausrüstung die Niederspan-nungsrichtlinie. Maßnahmen der EMV müssen sicher-stellen, daß einerseits Maschinen ausreichendeelektromagnetische Störfestigkeit haben, anderseits vonMaschinen ausgehenden Störungen innerhalb zulässi-ger Grenzen bleiben.

Inhalt der Konformitätserklärung muß dem AnhangII der Maschinenrichtlinie entsprechen und in derSprache des Betriebslandes verfaßt sein. Maschinen-hersteller können beim Konformitätsbewertungs-verfahren im Rahmen der CE-Kennzeichnungspflichtin gewissen Grenzen aus mehreren Möglichkeiten freiwählen. Einzelne Schritte und Vorgänge, die demeigentlichen Ausstellen der Konformitätserklärung alsErgebnis eines Konformitätsbewertungsverfahren vor-ausgehen, sind im Bild 2.2-7 dargestellt.

Vorab: Diese Schritte gelten nur für Maschinen,Produkte oder Baugruppen, deren Sicherheit EG-Richt-linien regeln. Deshalb ist eine Richtlinienrechercheunbedingt allen weiteren Unternehmungen voranzu-stellen, um die Rechtsgrundlage zu ermitteln, die dieNotwendigkeit einer Zertifizierung und die mit ihrverbundenen CE-Kennzeichnungspflicht festlegt. Richt-linien sind rechtssystematisch Gesetzen gleichzuset-zen. Sie sind wegen ihrer grundlegenden Bedeutungsehr abstrakt formuliert. Sie geben nur Ziele vor, keinekonkreten Maßnahmen.

In EN Normen und DIN EN Normen, vor allem inProduktnormen, sind typische Konstruktionsmaßnah-men aufgeführt, die diese Zielvorgaben konkret reali-sieren. Da Normen aufgrund ihrer Entstehungs-geschichte immer nur konkrete, zum Zeitpunkt ihresInkrafttretens erreichten technischen Sachverhalte fest-halten, geben sie später, zum Zeitpunkt ihrer Anwen-dung, bestensfalls den Stand der Technik zum Zeit-punkt ihrer Veröffentlichung (Weißdruck) wieder. Dieskann bei Produkthaftungsfragen von entscheidenderBedeutung sein.

Hersteller können bei der konstruktiven Umsetzungvon Zielvorgaben nach harmonisierten Normen bauen.Dann können sie sich erstmal auf die Konformitäts-vermutung berufen. Normkonform zu konstruieren istzwar rechtlich privilegiert, die Einhaltung öffentlichrechtlicher Schutzanforderungen entläßt aber Herstel-ler nicht aus ihrer Pflicht, eigenständig zu prüfen,welche Sicherheitsvorkehrungen im konkreten Fallnotwendig sind. Neuere, zeitgemäßere Entwicklungenkönnen von den konkreten normativen Vorgaben ab-weichen, das Schutzziel aber auf andere Weise errei-chen. Sicherheitstechnische Lösungen müssen jedochmindestens gleiches Sicherheitsniveau wie die genorm-ten Vorgaben aufweisen. Hersteller sind darüber nach-weispflichtig.

Konstruieren sicherheitsgerechter Produkte unterliegtgleichen Restriktionen und Randbedingungen, wie jedeandere Konstruktionsarbeit auch. Funktionalität (Be-nutzerorientiertheit ist gefragt, keine Überfunktionali-tät!) und Einhalten des Kostenrahmens sind für dieAkzeptanz von Sicherheitsmaßnahmen durch Benut-zer wohl die wichtigsten Gesichtspunkte. Ausschlagge-bend für das Sicherheitsniveau der zu treffenden Maß-nahmen ist das Ergebnis der Gefährdungsanalyse undder Risikobewertung, die während der Konstruktions-phase mehrmals durchgeführt werden sollten.

Gleiche oder vergleichbare Sicherheit läßt sich nichtselten mit unterschiedlich aufwendigen Maßnahmenerreichen. Heute sind Kunden nicht immer bereit,zusätzlichen oder gar übertriebenen sicherheitstechni-schen Aufwand zu honorieren, vor allem dann nicht,wenn - berechtigt oder unberechtigt - der Verdacht ei-ner erschwerten Handhabbarkeit aufkommt. Für vieleHersteller kam ein neuer, für die EC-Konformitätjedoch unabdingbarer Aspekt dazu: eine ausführlicheund sorgfältige Dokumentation der Gefährdungsanaly-se, der Risikobewertung und aller getroffenen Maßnah-men (einschließlich deren Überprüfung), die die Si-cherheit des Produkts tangieren.

Eine vollständige Dokumentation muß alle für diesichere Funktion und den sicheren Umgang getroffe-nen Maßnahmen sowie eine Betriebsanleitung enthal-ten. Die interne Dokumentation muß nicht dem Betrei-ber ausgehändigt werden, wohl aber die Betriebsanlei-tung. Die interne Dokumentation braucht auch nichtbeim Hersteller materiell vorliegen, muß aber auf An-frage staatlicher Stellen zur Verfügung gestellt werdenkönnen. Es ist jedoch nicht nur sinnvoll sondern auchwirtschaftlich, diese Dokumentation im Laufe der kon-struktiven Entwicklung des Produktes in der Konstruk-tionsabteilung konsequent aufzubauen und zu pflegen.Diese Dokumentation muß mindestens zehn Jahre (bei

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Kennzeichnung ist ein Verwaltungszeichen und keinSicherheitszeichen im engeren Sinne, wie es z. B. dasVDE- oder das GS-Zeichen sind und die sich primär anden Endverbraucher oder Anwender richten. CE-Kenn-zeichnung dokumentiert nach außen die einseitigeErklärung des Herstellers bzw. des Importeurs, daßseiner Überzeugung nach für das verwendungsfähige

Serienprodukten vom Herstellungsdatum des letztenProduktes gerechnet) so aufbewahrt werden, daß auf sieim Bedarfsfall in angemessener Zeit (in der juristischenPraxis sind das 14 Tage) zugegriffen werden kann.

CE-Kennzeichnung. Die CE-Kennzeichnung ist nurin den gesetzlich zugelassenen Fällen erlaubt. CE-

2.2 Europäisches Recht

Bild 2.2-7 Schritte und Ablauffolge des Zertifizierungsverfahrens