Statement Prof. Dr. Klaus Meisel, Managementdirektor MVHS · PDF filePodiumsdiskussion...

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Podiumsdiskussion „Schule, Bildung und Wirtschaft – Drei Partner? Ein Ziel?“ Statement Prof. Dr. Klaus Meisel, Managementdirektor MVHS Ohne in eine akademische „Begriffsspalterei“ verfallen zu wollen und zur Ehrenret- tung der Schule möchte ich darauf hinweisen, dass die Schule eine wesentliche Säu- le des Bildungssystems ist. Die begriffliche Differenzierung von Bildung und Schule zielt vermutlich darauf ab, dass es neben der Schule auch um das Verhältnis zwi- schen Schule und den anderen „Bildungssäulen“ sowie der Wirtschaft geht. Bei dem Bildungssystem und der Wirtschaft handelt es sich zunächst einmal um vollständig unterschiedliche Systeme mit eigenen Funktions- und Handlungslogiken sowie ei- genständigen Zielsystemen. Zugespitzt formuliert: Bildung ist in unserer Gesellschaft eine öffentliche Aufgabe und zielt auf umfassende Menschenbildung, Wirtschaft ist in der Regel privatwirtschaftlich strukturiert und unterliegt den marktwirtschaftlichen Prinzipien. Gleichwohl handelt es sich nicht um gegensätzliche gesellschaftliche Bereiche mit sich grundsätzlich widersprechenden Zielsetzungen. Die Wirtschaft braucht Mitarbei- ter/innen mit sehr guter Allgemeinbildung und der Fähigkeit, auf veränderte Qualifika- tionsanforderungen reagieren zu können. Dazu gehört nicht nur eine Weiterbildungs- und Lernfähigkeit sondern gehören auch die personalen Voraussetzungen, sich ver- antwortlich in einer multioptionalen, dynamisch verändernden Gesellschaft und Ar- beitswelt mit teilweise paradoxen Anforderungen verhalten zu können. Sowohl nationale empirische Studien (die beispielsweise ergeben haben, dass im Land der Dichter und Denker 12,5 % der Erwachsenen in Deutschland zur Gruppe der funktionalen Analphabeten zu zählen sind) sowie internationale Vergleichsunter- suchungen wie PISA oder aktueller Weise PIAAC verweisen auf eine eingeschränkte Leistungsfähigkeit unseres gesamten Bildungssystems. Da die Bildungsstiftung der Stadtwerke München (SWM) Veranstalter der Diskussion ist, sei angeregt, einmal die Arbeitsfelder der Bildungsstiftungen auszuwerten. Es würde sich wahrscheinlich gut abbilden, in welchen Bereichen die Stiftungen, deren Kapital häufig von der Wirtschaft bereitgestellt wird, investieren und welche Innovati- onen im Bildungssystem angestoßen werden müssten. Es bedarf einer erheblichen Investition in das gesamte Bildungssystem, angefangen von der frühkindlichen Erziehung bis zur Erwachsenen- und Weiterbildung. Auch die Wirtschaft wird ihre Investitionen in Aus- und Weiterbildung erhöhen müssen, um erfolgreich agieren zu können.

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Podiumsdiskussion „Schule, Bildung und Wirtschaft – Drei Partner? Ein Ziel?“ Statement Prof. Dr. Klaus Meisel, Managementdirektor MVHS Ohne in eine akademische „Begriffsspalterei“ verfallen zu wollen und zur Ehrenret-tung der Schule möchte ich darauf hinweisen, dass die Schule eine wesentliche Säu-le des Bildungssystems ist. Die begriffliche Differenzierung von Bildung und Schule zielt vermutlich darauf ab, dass es neben der Schule auch um das Verhältnis zwi-schen Schule und den anderen „Bildungssäulen“ sowie der Wirtschaft geht. Bei dem Bildungssystem und der Wirtschaft handelt es sich zunächst einmal um vollständig unterschiedliche Systeme mit eigenen Funktions- und Handlungslogiken sowie ei-genständigen Zielsystemen. Zugespitzt formuliert: Bildung ist in unserer Gesellschaft eine öffentliche Aufgabe und zielt auf umfassende Menschenbildung, Wirtschaft ist in der Regel privatwirtschaftlich strukturiert und unterliegt den marktwirtschaftlichen Prinzipien. Gleichwohl handelt es sich nicht um gegensätzliche gesellschaftliche Bereiche mit sich grundsätzlich widersprechenden Zielsetzungen. Die Wirtschaft braucht Mitarbei-ter/innen mit sehr guter Allgemeinbildung und der Fähigkeit, auf veränderte Qualifika-tionsanforderungen reagieren zu können. Dazu gehört nicht nur eine Weiterbildungs- und Lernfähigkeit sondern gehören auch die personalen Voraussetzungen, sich ver-antwortlich in einer multioptionalen, dynamisch verändernden Gesellschaft und Ar-beitswelt mit teilweise paradoxen Anforderungen verhalten zu können. Sowohl nationale empirische Studien (die beispielsweise ergeben haben, dass im Land der Dichter und Denker 12,5 % der Erwachsenen in Deutschland zur Gruppe der funktionalen Analphabeten zu zählen sind) sowie internationale Vergleichsunter-suchungen wie PISA oder aktueller Weise PIAAC verweisen auf eine eingeschränkte Leistungsfähigkeit unseres gesamten Bildungssystems. Da die Bildungsstiftung der Stadtwerke München (SWM) Veranstalter der Diskussion ist, sei angeregt, einmal die Arbeitsfelder der Bildungsstiftungen auszuwerten. Es würde sich wahrscheinlich gut abbilden, in welchen Bereichen die Stiftungen, deren Kapital häufig von der Wirtschaft bereitgestellt wird, investieren und welche Innovati-onen im Bildungssystem angestoßen werden müssten. Es bedarf einer erheblichen Investition in das gesamte Bildungssystem, angefangen von der frühkindlichen Erziehung bis zur Erwachsenen- und Weiterbildung. Auch die Wirtschaft wird ihre Investitionen in Aus- und Weiterbildung erhöhen müssen, um erfolgreich agieren zu können.

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In den sich entwickelnden kommunalen Bildungslandschaften ist die Wirtschaft be-reits ein bedeutsamer Partner der Bildung. Ohne diesen Partner würde Berufsorien-tierung und Qualifizierung häufig eine „Trockenübung“ bleiben. Wenn sich die Wirt-schaft häufig zu Recht über mangelnde Bildungsvoraussetzungen bei Bewerberinnen und Bewerbern beschwert und vehement auf die Fachkräftelücke verweist, muss aber gleichzeitig darauf hingewiesen werden, dass das Bildungssystem zunächst einmal in die Lage versetzt werden muss, die (Allgemein-) Bildung aller Bevölke-rungsgruppen als Voraussetzung für berufliche Qualifizierung ausreichend zu för-dern.