ÖSTERREICHISCHER ISLAMOPHOBIEBERICHT...Beschimpfungen, Beleidigungen, Rassismus und Todeswünsche.1...

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FARID HAFEZ ÖSTERREICHISCHER ISLAMOPHOBIEBERICHT 2018 BERICHT

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FARID HAFEZ

ÖSTERREICHISCHER ISLAMOPHOBIEBERICHT 2018

BERICHT

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ÖSTERREICHISCHER ISLAMOPHOBIEBERICHT

2018

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INHALTSVERZEICHNIS

ZUSAMMENFASSUNG | 7

VORWORT | 9

BESONDERE VORKOMMNISSE UND ENTWICKLUNGEN IM KALENDERJAHR 2018 | 12

BILDUNG | 17

WISSENSCHAFT | 29

POLITIK | 39

MEDIEN | 73

JUSTIZWESEN | 93

SOZIALE MEDIEN | 97

ISLAMOPHOBES NETZWERK | 104

ZUSAMMENFASSUNG UND EMPFEHLUNGEN | 111

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ZUSAMMENFASSUNG

Die Dokustelle Islamfeindlichkeit und antimuslimischer Rassismus verzeichnet in ihrem Antimuslimischen Rassismus Report für das Jahr 2018 einen Anstieg von ca. 74 % und damit insgesamt 540 Fälle von Islamfeindlichkeit im Vergleich zu 309 Fällen im Jahr 2017. Nachdem im Dezember 2017 eine Koalition von ÖVP und FPÖ gebildet wurde, implementierte die Regierung im Kalenderjahr 2018 mehrere islamophobe Gesetze und setzte islamophobe Politiken um. Das Kopf-tuchverbot in Kindergärten, die Schließung von Moscheen und einer Kultusge-meinde der IGGÖ, das Symbolgesetz und die Forderung nach Fastenverboten sind konkrete Politiken und politische Forderungen, die vorgeben, den sogenannten ‚politischen Islam‘ zu bekämpfen, sich tatsächlich jedoch gegen MuslimInnen im Allgemeinen und insbesondere gegen die organisierte muslimische Zivilgesell-schaft richten. Protest von der politischen Opposition und Zivilgesellschaft gegen Islamophobie blieb im Jahr 2018 beinahe völlig aus. Besonders auffallend ist der Versuch des Österreichischen Integrationsfonds, Wissen zu produzieren, um die anti-muslimischen Politiken der Regierung zu legitimieren. Die Entmenschli-chung von MuslimInnen als zentrales Charakteristikum von anti-muslimischem Rassismus ist im öffentlichen Sprechen noch deutlicher zutage getreten. Die ag-gressive Abwertung von MuslimInnen findet sich auch im öffentlichen Raum wi-der, wo zahlreiche abwertende Schriftzüge gegen MuslimInnen auffindbar waren. Im Gegensatz zur Politik waren in den Medien neben der Unterstützung von Re-gierungspositionen auch Gegenstimmen zu vernehmen.

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VORWORT

Das Jahr 2018 begann in Sachen Islamophobie mit dem HEUTE-Bericht über das Wiener Neujahrsbaby Asel, das am Neujahrstag um 0:47 Uhr geboren wur-de. LeserInnen reagierten mit Hasspostings und in den Kommentaren fanden sich Beschimpfungen, Beleidigungen, Rassismus und Todeswünsche.1 Die Beratungs-stelle #GegenHassimNetz, die kostenlose Hilfe bei herabwürdigenden Inhalten im Internet anbietet, schaltete sich beim Fall Asel ein und forderte mehr Zivilcoura-ge auch im Online-Diskurs.2 Tatsächlich kam es im Zusammenhang mit einem Hass-Posting im Falle einer fünffach vorbestraften Angeklagten zu neun Monaten teilbedingter Haft.3 Dieses Beispiel verdeutlicht das Ausmaß der Normalisierung anti-muslimischer Stimmung in der Öffentlichkeit. Es zeigt auch, wie weit der Hass gegen MuslimInnen – in diesem Fall bei einem Neugeborenen – gehen kann.

Diese Einstellungen sind auch in der politischen Vertretung vorhanden. In ih-rer anti-muslimischen Politik setzt die Bundesregierung auf eine manichäische Auf-teilung der Welt. So meinte der ÖVP-Generalsekretär Karl Nehammer in Reaktion

1. Heute.at (2018), “ Woher kommt eigentlich der ganze Hass im Netz?“, Heute, 02.01.2018, retrieved: April 20, 2018, from: http://www.heute.at/digital/multimedia/story/Woher-kommt-eigentlich-der-ganze-Hass-im-Netz--51518948. 2. Heute.at (2018), “ Woher kommt eigentlich der ganze Hass im Netz?“, Heute, 02.01.2018, retrieved: April 20, 2018, from: http://www.heute.at/digital/multimedia/story/Woher-kommt-eigentlich-der-ganze-Hass-im-Netz--51518948. 3. Heute.at (2018), “Neujahrsbaby beschimpft: Frau muss jetzt in Haft”, Heute, 13.09.2018, retrieved: April 20, 2018, from: https://www.heute.at/oesterreich/niederoesterreich/story/Jahre-mit-Afrikaner-liiert-Frau-hetz-te-gegen-Islam-43043738.

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auf eine Kritik an anti-muslimische Politik der Bundesregierung: „Wer die neues-ten Maßnahmen gegen den politischen Islam als Symbolpolitik abtut, ignoriert und verharmlost mögliche Gefahren von Parallelgesellschaften [...] Wer das Vorgehen der Bundesregierung kritisiert, stellt sich auf die Seite von Erdogan.“4 Mit dieser Schwarz-Weiß-Malerei wird keine Diskussion zugelassen. Entweder man ist für die islamophobe Politik oder man steht auf der Seite des vermeintlichen Feindes.

2018 zeichnete sich mit der Koalition von ÖVP und FPÖ auch eine Deka-denz der politischen Kultur im Parlament ab. So wurde die aus Bosnien und der Herzegowina stammende Nationalratsabgeordnete Alma Zadić (Liste Jetzt) in ihrer Rede in der BVT-Sondersitzung am 12.6. durch den Zwischenruf „Sie sind nicht in Bosnien! Verwechseln Sie das nicht!“ unterbrochen. Dieser Zwischenruf ging nicht auf das Konto eines Freiheitlichen, sondern eines ÖVP-Mandatars, Johann Rädler. Ein sexistischer Zwischenruf („Alma, bei mir bist du sicher!“) wurde zudem von dem FPÖ-Mandatar Wolfgang Zanger eingebracht, was von diesem auch nicht beeinsprucht wurde. Selbst der FPÖ-Generalsekretär Chris-tian Hafenecker sah darin keinen Sexismus. Der SPÖ-Politiker Omar Al-Rawi wiederum empörte sich über den FPÖ-Abgeordneten Hans-Jörg Jenewein, der ihn bei einer Rede im Parlament am Montag als „politischen Arm des islamisti-schen Terrorismus“ bezeichnet hatte.5

Weniger vehement waren Stimmen, die dieser Hetze etwas entgegengestellt haben. So meinte der ehemalige Vizekanzler und ÖVP-Chef Reinhold Mitterleh-ner in einem Interview vorsichtig gegen die Bundespolitik: „Mit Angst Politik zu machen, ist immer gefährlich, genau wie die Dramatisierung eines Themas“ und „Beim Thema Migration und Integration fährt die Partei eine heikle Gratwande-rung, was christlich-sozialen Anspruch und Wirklichkeit betrifft“.6

Den weit verbreiteten negativen Einstellungen gegenüber MuslimInnen und Islam stehen überwiegend positive Einstellungen von MuslimInnen zu staatlichen Institutionen gegenüber (erhoben für die Jahre 2012 bis 2016). Sie verdeutlichen, dass MuslimInnen eine hohe Identifikation mit dem parlamentarischen System,

4. APA (2018), “Minister: Prüfung in Absprache mit IGGÖ”, ORF; 12.06.2018, retrieved: April 20, 2018, from: http://religion.orf.at/stories/2918440/. 5. Red. (2018), “"Sie sind nicht in Bosnien": Untergriffige Zwischenrufe gegen Zadić”, Der Standard, 12.06.2018, retrieved: April 20, 2018, from: https://mobil.derstandard.at/2000081408260/Sind-hier-nicht-in-Bosnien-Ras-sistischer-Zwischenruf-im-Parlament?ref=article. 6. Linsinger, Eva (2018), “Reinhold Mitterlehner: „Mit Angst Politik zu machen, ist gefährlich“”, Profil, 30.10.2018, retrieved April 23, 2019, from: https://www.profil.at/oesterreich/reinhold-mitterlehner-oe-vp-kurz-interview-angst-politik-10441582?fbclid=IwAR0ljroakNh6mcfR4MeKKrx78quD_IZaifwi9gg40cs-L4upa5DFm6ifqBFI

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dem Justizsystem, der Polizei sowie dem demokratischen System haben. Gleich-zeitig werden Integrationsdefizite im ökonomischen Bereich verzeichnet.7 Dieser steht in einem zentralen Zusammenhang mit den in Österreich schlecht verteil-ten Bildungschancen. 2018 ergab eine OECD-Studie, dass Österreich den meisten anderen Industriestaaten in Sachen Bildungschancen nachhinkt. Leistungen sind stärker vom sozioökonomischen Hintergrund abhängig als im OECD-Durch-schnitt. Dementsprechend erreichen Kinder aus bildungsfernen Schichten selte-ner einen Hochschulabschluss,8 was insbesondere Kinder aus Gastarbeiterfamili-en (mitunter muslimischen Glaubens) betrifft.

Ein zentraler Aspekt des anti-muslimischen Rassismus ist die einhergehen-de Versicherheitlichung der Islam-Debatte sowie eine generelle Tendenz in Rich-tung Autoritarismus. Dementsprechend konnte beobachtet werden, dass selbst die rechte FPÖ, die ja aus einer liberalen Tradition kommt und dementsprechend den Einsatz eines Bundestrojaners und die Ausweitung von staatlicher Überwa-chung immer kritisch sah, ihre Meinung änderte. Das neue „Sicherheitspaket“ der Regierung sollte mehr staatliche Video- und Tonüberwachung, Kennzeiche-nerkennungssystem und IMSI-Catcher zur Handyortung beinhalten.9 Am 21. Fe-bruar kam der Beschluss für die neue Auflage des Überwachungspakets in den Ministerrat.10 Besonders umstritten war dabei die Einführung eines Bundestro-janers, der den Staat zu einem Hacker machen würde, so die weitläufige Kritik. Besondere Kritik zog insbesondere der Umstand mit sich, dass das Gesetz ur-sprünglich ohne Begutachtung beschlossen hätte werden sollen.11 Mehrere NGOs wie epicenter.works, Informatik Austria und Amnesty International sahen darin eine Einschränkung der Grund- und Freiheitsrechte.12

Diese punktuellen Aspekte zeigen, wie dominant anti-muslimischer Rassis-mus innerhalb politischer Eliten verbreitet ist, quasi als legitime ‚Meinung’ vertre-

7. ebd8. Red. (2018), “OECD: Bildungschancen besonders ungleich verteilt”, ORF, 23.10.2018, retrieved: April 20, 2018, from: https://orf.at/m/stories/3075063/. 9. Sulzbacher, Markus (2018), “Regierung beschließt Bundestrojaner, Lockerung des Briefgeheimnisses”, Der Standard, 21.02.2018, retrieved: April 20, 2018, from: https://derstandard.at/2000074708694/Regierung-be-schliesst-Bundestrojaner-und-Ende-des-Briefgeheimnisses. 10. Anonymous (2018), “Widerstand gegen das neue Überwachungspaket”,Epicenter.works, 26.02.2018, retrie-ved: April 20, 2018, from: https://epicenter.works/content/widerstand-gegen-das-neue-ueberwachungspaket. 11. Sulzbacher, Markus (2018), “Regierung beschließt Bundestrojaner, Lockerung des Briefgeheimnisses”, Der Standard, 21.02.2018, retrieved: April 20, 2018, from: https://derstandard.at/2000074708694/Regierung-be-schliesst-Bundestrojaner-und-Ende-des-Briefgeheimnisses. 12. Anonymous (2018), “Widerstand gegen das neue Überwachungspaket”,Epicenter.works, 26.02.2018, retrie-ved: April 20, 2018, from: https://epicenter.works/content/widerstand-gegen-das-neue-ueberwachungspaket.

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ten werden kann und institutionalisiert wird. Wir sehen auch, wie Islamophobie benutzt wird, um autoritäre Politiken zu legitimieren. Das Jahr 2018 steht ganz besonders im Lichte – oder besser im Schatten – einer Koalition von zwei Partei-en, die erfolgreich versucht haben, die gesellschaftliche Debatte mit dem Thema Islam zu beschäftigen, während gleichzeitig schwerwiegende Eingriffe im Bereich Wirtschaft, Sicherheit und Arbeit gemacht wurden.

BESONDERE VORKOMMNISSE UND ENTWICKLUNGEN IM KALENDERJAHR 2018

ÜBERGRIFFE AUF ALS MUSLIMISCH MARKIERTE EINZELPERSONEN UND INSTITUTIONEN

Die Dokustelle Islamfeindlichkeit und antimuslimischer Rassismus hat in ihrem Antimuslimischen Rassismus Report für das Jahr 2018 insgesamt 540 Fäl-le von Islamfeindlichkeit dokumentiert. Zum Vorjahr, in welchem 309 Fälle re-gistriert wurden bedeutet dies somit einen Anstieg von ca. 74 %.13 Besonderes dominant ist der Raum des Internets (53 %). Primär betroffen sind insgesamt Frauen (83 % der registrierten Fälle). Wie bereits in einer Studie der FRA ange-merkt, können die registrierten Fälle meist nur einen kleinen Bruchteil tatsächli-cher Übergriffe widergeben. Beispielhaft seien hier folgende Fälle widergegeben: Anfang Jänner wurde im dritten Bezirk Wiens die Beschmierung „Moslemratte“ gesichtet und von der Dokustelle Österreich gemeldet:

BILD 1: AUFSCHRIFT „MOSLEMRATTE!“, QUELLE: FACEBOOK14

13. Dokustelle Islamfeindlichkeit und antimuslimischer Rassismus: Antimuslimischer Rassismus Report 2018, 28.14. Baghajati, Tarafa (2018), Facebook, 11.01.2018, retrieved: April 20, 2018, from: https://www.facebook.com/photo.php?fbid=10155491387488439&set=a.10152022135443439.1073741836.785643438&type=3&theater.

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Eine Aufschrift mit den Worten „DRECKS ISLAM“ wurde in der Straßen-bahnlinie 6 am Urban-Loritz-Platz gesichtet.

BILD 2: AUFSCHRIFT „DRECKS ISLAM!“, FOTO: 27. MÄRZ 2018.

Das Lokal Vollpension wurde mit der Parole „Moslems raus“ beschmiert, sowie auch die Einrichtung Streetwork Wieden und mehrere Gemeindebauten, Schulen und Sozialeinrichtungen. „Offensichtlich wurden gezielt Einrichtungen in denen Solidarität gelebt wird attackiert,“15 so die grüne Bezirksrätin Barbara Neuroth. Mitarbeiter von Streetwork Wieden erzählen davon, dass regelmäßig ras-sistische Pickerl an ihren Tür angebracht würden: „Die Jugendlichen bekommen solche Angriffe natürlich mit. Und es tut ihnen wirklich weh, wenn sie solche Botschaften an den Wänden lesen müssen.“16

Folgende Beschmierung wurde mit dem Slogan „Tiere betäuben, Moslems schächten!“ gesichtet.

15. Bunke, Christian (2018), “"Moslems raus": Wieden wehrt sich gegen Rassismus”, Mein Bezirk, 15.03.2018, retrieved: April 20, 2018, from: https://www1.meinbezirk.at/wieden/c-lokales/moslems-raus-wieden-wehrt-sich-gegen-rassismus_a2437585. 16. Bunke, Christian (2018), “"Moslems raus": Wieden wehrt sich gegen Rassismus”, Mein Bezirk, 15.03.2018,, retrieved: April 20, 2018, from: https://www1.meinbezirk.at/wieden/c-lokales/moslems-raus-wieden-wehrt-sich-gegen-rassismus_a2437585.

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BILD 3: AUFSCHRIFT „TIERE BETÄUBEN, MOSLEMS SCHÄCHTEN“, ZUSENDUNG AN DEN AUTOR. COPYRIGHT: SAID ALI

Auch Einrichtungen von MuslimInnen sind von diesen Beschmierungen betroffen. So wurde die Tür vom VSC Kulturverein, der die Sunnah-Moschee unterhält, beschmiert, nachdem dieser öffentlich unter Verdacht gestellt wurde, radikale Botschaften zu verbreiten:

BILD 4: FOTO VON VSC KULTURVEREIN, WIEN.

Am 27. März wurde von Klaus Schwertner folgende Aufnahme in Wien gemacht:

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BILD 5: FOTO VON KLAUS SCHWERTNER, WIEN.

In der Straßenbahnlinie 6 in Wien wurde dieses Foto aufgenommen:

BILD 6: 5. JULI 2018, STRASSENBAHN NUMMER 6, AM 2.TOR DES ZENTRALFRIEDHOFES

Am 23. Dezember wurde eine Wandschmiererei mit der Aufschrift „Advent Advent ein Moslem brennt“ gesichtet.

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BILD 7: AUFSCHRIFT „ADVENT ADVENT EIN MOSLEM BRENNT“, FOTOQUELLE: MUHAMMED YÜKSEK

BILD 8: AUFSCHRIFT „MOSLEMS RAUS“, FOTO: M. RAHIMI, 20. MÄRZ 2018

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BILDUNGGenerell ist eine Tendenz seitens ÖVP und FPÖ in Richtung Kriminalisierung von Bildungseinrichtungen, die von MuslimInnen getragen werden, zu beobach-ten. Die Debatte um sogenannte islamische Kindergärten der letzten drei Jahre17 ist nur ein Beispiel hierfür. Dieser Trend geht weiter, insbesondere in der Oppo-sitionspolitik der türkis-blauen Bundesregierung gegen die sozialdemokratisch regierte Bundeshauptstadt Wien.

Dies wird auch von Personen außerhalb von Österreich unterstützt, indem diese als ExpertInnen für die Regierung wie etwa den Österreichischen Integ-rationsfonds (ÖIF) herangezogen werden. In einem Standard-Interview meinte etwa einer dieser Akteure, Ahmad Mansour, der auch als Programmdirektor der Denkfabrik European Foundation for Democracy, die eine systematische Aus-grenzung von von muslimischen AkteurInnen aus dem politischen Feld verfolgt,18 ist, am 22.8. in einem Interview in Der Standard:

Mansour: Es geht vor allem um vier Themen, die Schwierigkeiten in der In-tegration bereiten, wo die meisten Probleme haben: patriarchalische Struktu-ren und Gleichberechtigung, Meinungsfreiheit, Antisemitismus und Religi-onsfreiheit und ihre Grenzen. (...) ich will schauen, ob der Vater eines Kindes kooperativ mit der Schule arbeitet, ob seine Tochter am Schwimmunterricht teilnimmt, und wenn nicht, müssen wir ihn sanktionieren.

Standard: (…) Sie 2016 im STANDARD-Interview sagten: "Ein Kind mit Kopftuch ist Missbrauch." Was aber entgegnen Sie einer Frau, die selbst Kopf-tuch trägt und sagt: Ich mache das freiwillig

Mansour: Das Kopftuch schränkt Kinder in ihrer Entwicklung absolut ein, indem ihre Haare und ihr Körper zu einem Sexualobjekt werden, den man bedecken soll.

Standard: Welche Rolle können oder sollen die Moscheen und muslimischen Verbände im Integrationsprozess spielen?

Mansour: Mir ist kein anderer Kontinent, kein anderes Land bekannt, das seine Gegner so reichlich finanziert. Diese Gemeinschaften sind verantwort-

17. Siehe die Islamophobieberichte aus den Jahren 2015, 2016 und 2017 von Farid Hafez im European Islamo-phobia Report.18. Hafez, Farid (2018), Muslim Civil Society under Attack: The European Foundation for Democracy’s Role in Defaming and Delegitimizing Muslim Civil Society, in: Iner Derya & John Esposito (eds.), Islamophobia and Radicalization: Breeding Intolerance and Violence, Palgrave, 117-137.

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lich für die Entstehung von Parallelgesellschaften und Radikalisierung (…) Man vergisst immer die 70 Prozent der Muslime, die unter uns leben und nicht von den Moscheen und islamischen Verbänden vertreten werden. Die-se Menschen haben in der Islamdebatte keine Stimme mehr. 19

In einer Presseaussendung fordert Jugend- und Bildungssprecher der Wie-ner FPÖ, Stadtrat Maximilian Kraus, dass Islamisierung ernst genommen werden müsse, da Gewalt an bzw. rund um Schulen allzu oft mit dem Islam zu tun habe. Laut Aussendung würde die „Islamisierung an Wiens Schulen den Lehrplan sprengen.“20 Die Wissensvermittlung über die Evolutionstheorie, den mensch-lichen Körper und Turn- und Schwimmunterricht sei wegen „radikalisierten SchülerInnen“ mit „Scharia-Argumenten“21 nicht mehr umzusetzen.

Klubobmann der Wiener FPÖ, Toni Mahdalik, ist der Meinung, dass Ver-eine und Organisationen die die türkische Politik von Erdogan repräsentieren und Wahlkampf betreiben, in Wien nichts verloren hätten: „Die damit ein-hergehende Entwicklung von Parallelgesellschaften“22 würde von der Stadt-regierung toleriert und gefördert. Er verweist hier auf die Subventionierung ATIB-naher Kindergärten und Unterorganisationen und fordert ein Verbot von Koranverteilungen, die Evaluierung und Kontrolle islamischer Kinder-gärten und Schule sowie das Verlangen, Deutsch als Pausensprache festzule-gen.23 In einer weiteren Aussendung fordert Mahdalik wieder die Stadtregie-rung dazu auf, „Förderungen für ATIB & Co., die damit für die Islamisierung Wiens sowie das kontinuierliche Wegschauen bei allen Missständen ein für alle Mal zu stoppen.“24 Radikal-muslimische Strömungen seien in Wien schon längt verhaftet und brodelten unter der Oberfläche – nur seien sie nur erst jetzt an die Oberfläche getreten. Eine ähnliche Forderung stellt FPÖ-Vizebür-germeister Dominik Nepp: „Es reicht! Radikale islamische Vereine haben in

19. Nimmervoll, Lisa (2018), “Ahmad Mansour: "Religionskritik ist kein Rassismus"”, Der Standard, 22.08.2018, retrieved: April 20, 2018, from: https://derstandard.at/2000085755222/Ahmad-Mansour-Religionskri-tik-ist-kein-Rassismus. 20. FPÖ Wien (2018), “Krauss: Islamisierung an Wiens Schulen droht Lehrplan zu sprengen”, OTS, 15.05.2018, retrieved: April 20, 2018, from: https://www.ots.at/presseaussendung/OTS_20180515_OTS0087/krauss-islami-sierung-an-wiens-schulen-droht-lehrplan-zu-sprengen. 21. Ebd.22. Ebd.23. Ebd.24. FPÖ Wien (2018), “Mahdalik: ATIB; Milli Görüs & Co. – SPÖ hat radikal-muslimische Tendenzen mit Steuermillionen gefördert”, OTS, 27.04.2018, retrieved: April 20, 2018, from: https://www.ots.at/presseaus-sendung/OTS_20180427_OTS0162/mahdalik-atib-milli-goerues-co-spoe-hat-radikal-muslimische-tenden-zen-mit-steuermillionen-gefoerdert.

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unserer Gesellschaft keinen Platz und erst recht keinen Anspruch, von offizi-eller Seite finanziell unterstützt werden“25 und zeigt sich „über die skandalöse Vergabe von Steuergeldern“26 an jenen Verein, der Kinder türkische Kriegssze-narien nachstellen lies, erzürnt.

Der Bildungsminister (ÖVP) meint, dass es im Islam zu wenig „aufkläreri-sche Momente“27 gäbe und daher die Angebote für islamische Religionspädagogik an den Unis wie jenen an der Universität Wien erhöht werden sollten.

Im Zuge der Debatte über den sogenannten islamischen Antisemitismus meinte der CER-Präsidenten (Präsident der Europäischen Rabbinerkonfe-renz) Pinchas Goldschmidt, muslimische Antisemiten würden derzeit in Eu-ropa eine größere Gefahr als Rechtsextremisten darstellen: „Wir müssen in den Kindergärten und Grundschulen damit anfangen, um sicherzugehen, dass sich Antisemitismus bei Migranten nicht festsetzt.“28 Und: „Was die El-tern aus der Heimat mitgebracht haben darf nicht an die nächste Generation weitergegeben werden.“29

In einem Interview äußerte sich Frauen- und Wohnbaustadträtin Kathrin Gaal zum Kopftuchverbot. Während SPÖ-Parteimanagerin Barbara Novak aus feministischen Gründen ein Kopftuchverbot für Mädchen in Schule und Kin-dergarten fordern, würde innerhalb der SPÖ-Wien eine Diskussion darüber stattfinden, ob dies auch im öffentlichen Dienst greifen solle. Gleichzeitig wird auch dargelegt: „Wenn junge Frauen aus freiem Willen ein Kopftuch tragen wollen, müssen wir sie beschützen, wenn sie diskriminiert werden. Genauso müssen wir aber auch Mädchen schützen, die kein Kopftuch tragen wollen.“30 In den Sozialen Medien schaltete die SPÖ-Wien ihre Zustimmung zu einem Kopftuchverbot auch entsprechend:

25. FPÖ Wien (2018), “Nepp: FPÖ verlangt Sondergemeinderat zur ATIB-Affäre”, OTS, 20.04.218, retrieved: April 20, 2018, from: https://www.ots.at/presseaussendung/OTS_20180420_OTS0086/nepp-fpoe-verlangt-son-dergemeinderat-zur-atib-affaere. 26. Ebd.27. Kathpress (2018), “Faßmann: Religiöse Bildung ist "wichtige Grundlage der Erziehung"”, KPH, 2018 , re-trieved: April 20, 2018, from: http://www.kphvie.ac.at/neues-an-der-kph/news-christliche-konfessionen/insti-tut-ausbildung-religion-detailnachricht/article/fassmann-religioese-bildung-ist-wichtige-grundlage-der-erzie-hung.html. 28. Red. (2018), “"Moslemische Antisemiten in Europa gefährlicher als Rechtsextreme"”, Die Presse, 29.05.2018, retrieved: April 20, 2018, from: https://diepresse.com/home/ausland/aussenpolitik/5437683/Moslemische-Anti-semiten-in-Europa-gefaehrlicher-als-Rechtsextreme. 29. Ebd.30. Neuwirth, Dietmar/Stuhlpfarrer, Martin (2018), “„Ich stelle Frauenrechte über Religionsfreiheit“”, Die Pres-se, 07.06.2018, retrieved: April 20, 2018, from: https://diepresse.com/home/panorama/wien/5442151/Ich-stel-le-Frauenrechte-ueber-Religionsfreiheit.

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BILD 9: SCREENSHOT VOM 5. APRIL 2018

Die Freiheitliche Jugend Oberösterreich verteilte Kalender mit dem Titel „Zukunft für Österreich“ an SchülerInnen und Lehrlinge. Darin wird auf die „feh-lerhafte Zuwanderungspolitik“ aufmerksam gemacht, welche „Österreich und Eu-ropa in den Ausnahmezustand gestürzt“31, habe: „Ihr seid die erste Generation, die um ihre eigene Heimat und Identität kämpfen muss. Die fehlerhafte Zuwande-rungspolitik hat Österreich und Europa in den Ausnahmezustand gestürzt“.32 Die Aufforderung an die LeserInnen war: „Vor uns liegt die große Aufgabe, Österreich wieder den Österreichern zurück zu geben!“.33 Die Grünen protestierten gegen „rechte Hetze [...] vor den Schulen“34 nichts zu suchen. Kritik kam auch von der SPÖ-Bundessprecherin für Gedenkkultur, Sabine Schatz, sowie der Aktion kriti-scher Schüler und Schülerinnen Oberösterreich.35

31. Nachrichten.at (2018), “Schülerkalender der Freiheitlichen Jugend erhitzt die Gemüter“, OÖNachrich-ten, 20.09.2018, retrieved: April 20, 2018, from: https://mobil.nachrichten.at/oberoesterreich/Schuelerkalen-der-der-Freiheitlichen-Jugend-erhitzt-die-Gemueter;art4,3012773?utm_medium=Social&utm_source=Face-book#Echobox=1537464855. 32. Ebd.33. Ebd.34. Nachrichten.at (2018), “Schülerkalender der Freiheitlichen Jugend erhitzt die Gemüter“, OÖNachrich-ten, 20.09.2018,, retrieved: April 20, 2018, from: https://mobil.nachrichten.at/oberoesterreich/Schuelerkalen-der-der-Freiheitlichen-Jugend-erhitzt-die-Gemueter;art4,3012773?utm_medium=Social&utm_source=Face-book#Echobox=1537464855. 35. Ebd.

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Eine zentrale Rolle im Zusammenhang mit Islamophobie im Bildungsbereich spielte 2018 der Fall Susanne Wiesinger. Als Lehrerin an einer Neuen Mittelschule in Wien-Favoriten verfasste sie ein Buch mit dem Titel „Kulturkampf im Klas-senzimmer. Wie der Islam die Schulen verändert. Bericht einer Lehrerin“. Veröf-fenlticht wurde das Buch als erstes und bisher einziges im Verlag ‚Edition QVV - Quo Vadis Veritas Redaktions GmbH‘.36 Er ist Teil des Medienimperiums des Redbull-Besitzers Dietrich Mateschitz und wurde von der Süddeutschen Zeitung mit Fragezeichen als „‘Breitbart‘aus den Alpen?“ tituliert.37 Das Mediennetzwerk der Quo Vadis Veritas Stiftung, zu dem neben Edition QVV auch Addendum38 und Talk im Hangar von Servus TV gehört, machte Wiesingers Buch auch ent-sprechend publik. Wiesinger erhielt 2018 eine breite Zuhörerschaft in digitalen, Print- und TV-Medien. Sie erhielt eine breite Aufmerksamkeit quer über unter-schiedlichste Medien. In einem Interview mit Lisa Nimmervoll (Der Standard) meinte sie: „Die Schule ist Austragungsort für kulturelle, religiöse, nationale Strei-tereien. Immer öfter werden diese gewalttätig ausgefochten. Muslime machen die größten Probleme.“39 Und weiters: „Sehr viele muslimische Kinder sind inner-lich zerrissen. Einerseits wird ihnen von der Community eingeredet, wie über-legen und besonders sie aufgrund ihres Glaubens sind, andererseits werden sie von uns mit ihrem schulischen Misserfolg konfrontiert. Natürlich sorgt das für innere Unruhe, für gewaltige Spannungen.“40 Die Kronen Zeitung titulierte ein Interview mit Wiesinger folgendermaßen: „Am 9.9. sprach Conny Bischofberger mit Susanne Wiesinger, Lehrerin an einer „Brennpunktschule“ und Autorin des Buches „Kulturkampf im Klassenzimmer“, über die Pädagogin über Tabuthemen, das Versagen der Politik und den Einfluss des Islam.“41 Hier ein Interviewauszug:

36. Edition QVV, https://www.qvv.at/produkte/edition/ 37. retrieved: April 20, 2018, from: https://www.sueddeutsche.de/medien/neues-onlinemagazin-addendum-breit-bart-aus-den-alpen-1.3683692 38. Addendum förderte den Diskurs entsprechend und veröffentlichte berichte, wonach Schulmädchen beim Tragen einer Haarbedeckung unter Druck gesetzt werden würden. Siehe dazu: Krone.at (2018), “Schülerin: „Al-lah mag Mädchen mit Kopftuch lieber“”, Kronen Zeitung, 14.05.2018, retrieved: April 20, 2018, from: https://www.krone.at/1707660.39. Nimmervoll, Lisa (2018), “Schule und Islam: Erdoğan-Begeisterung löst Radikalisierung ab”, Der Standard, 10.09.2018, retrieved: April 20, 2018, from: https://derstandard.at/2000087058010/Schule-und-Islam-Zwi-schen-Parallelwelten-und-gelungener-Integration?ref=article. 40. Nimmervoll, Lisa (2018), “Schule und Islam: Erdoğan-Begeisterung löst Radikalisierung ab”, Der Standard, 10.09.2018, retrieved: April 20, 2018, from: https://derstandard.at/2000087058010/Schule-und-Islam-Zwi-schen-Parallelwelten-und-gelungener-Integration?ref=article. 41. Bischofberger, Conny (2018), “Lehrerin packt aus: „Zu viele Muslime in Klassen“”, Kronen Zeitung, 09.09.2018, retrieved: April 20, 2018, from: https://www.krone.at/1768127.

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„Von welchen Problemen sprechen wir?“ Wiesinger: „Vom immer stärker werdenden Einfluss des Islam [...]

Würden Sie sagen, dass die neue Regierung erste Schritte gesetzt hat? Zum Bei-spiel mit dem Kopftuchverbot?Ja. Das kann ich Türkis-Blau zugestehen, obwohl ich mein Leben lang eine Linke war. Das Kopftuchverbot an öffentlichen Schulen wäre richtig, denn das hilft den Mädchen, später tatsächlich frei zu entscheiden, und das ist ei-gentlich mein Hauptanliegen.

Ist die SPÖ nach wie vor Ihre politische Heimat?Nein. Ich bin eine heimatlose Linke.

Werden die Rechten Ihr Buch missbrauchen?Leider. Ich weiß es. Die Rechten werden sich da draufsetzen und für mich wird es schwierig sein, mich von den Rechten abzugrenzen. Aber ich mache es trotz-dem. Weil diese Kinder, um die es hier geht, zu uns gehören, egal, ob sie österrei-chische Staatsbürger sind oder nicht. Diese Kinder sind ein Teil unserer Gesell-schaft, um sie müssen wir uns kümmern. Das unterscheidet mich von der FPÖ.

Wenn die FPÖ zu populistisch ist und die SPÖ das ignoriert, wer soll sich dann um die kümmern?Ich sehe in Österreich momentan keine Partei. Nur einzelne Personen.

Sind wir gegenüber dem Einfluss des radikalen Islam machtlos? Wir sind deswegen machtlos, weil der Anteil der muslimischen Schüler immer größer wird und weil wir als Lehrer und Mehrheitsgesellschaft da schlicht in der Minderheit sind.

Also sind die muslimischen Kinder in der Übermacht?Ich mag das Wort nicht. Sagen wir: Sie sind einfach zu viele. Noch dazu wer-de ich an diesem Buch nichts verdienen. Es wird eine Spende des Verlags für ein Integrationsprojekt geben.

Warum soll man Ihr Buch lesen?Damit unsere Mehrheitsgesellschaft aufwacht und sich der Werte unseres de-mokratischen Rechtsstaates bewusst wird. Denn viele Muslime haben ihren eigenen Wertekompass. 42

42.Bischofberger, Conny (2018), “Lehrerin packt aus: „Zu viele Muslime in Klassen“”, Kronen Zeitung, 09.09.2018 , retrieved: April 20, 2018, from: https://www.krone.at/1768127.

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Wiesinger positionierte sich damit als Linke, die das „Problem des Islams“ anspräche. Medial erhielt sie von einigen JournalistInnen Unterstützung. So meinte die Standard-Journalistin Lisa Nimmervoll in einem Kommentar die The-sen Wiesingers unterstützend:

„Alle, die nur ein bisschen Einblick in die Schulrealität haben, werden nicht über-rascht sein von den Schilderungen der Wiener Lehrerin Susanne Wiesinger. Ja, der Islam verändert die Schulen in eine Richtung, die nicht akzeptiert werden darf. Da-rüber muss man endlich reden – und Grenzen setzen. Wir? Ja, es gibt Situationen, in denen die Unterscheidung zwischen ‚wir’ und ‚ihr’ wichtig ist. Die Trennlinie verläuft jenseits privater Religiosität oder Herkunft. Dies ist kein Kampf Muslime gegen Nichtmuslime. Dies ist der Kampf der Vernünftigen und Aufgeklärten für Freiheit und Demokratie und gegen die Feinde der offenen Gesellschaft.“43

Auch die Kronen Zeitung wurde ein Schuldirektor interviewt, der die Positi-onen von Wiesinger unterstützte. Dieser als „mutig“ titulierte Direktor definierte vier Integrationsprobleme: „Kein Unterstützungspersonal, kein Koptuchverbot für die gesamte Pflichtschule, Nationalismus und konservative muslimische Wer-te“.44 Der Direktor meint, dass man „diesen Kopftuchzwang innerhalb der Com-munity [...] ohne Kopftuchverbot nicht verhindern“45 könne.

Das stärkten auch Kommentatoren in Der Standard wie Samuel Schirmbeck, die sich dahingehend äußerten, dass sich die Linke gegen das Problem in Position bringen solle:

„Das linke Schuldgefühl entlastet sich durch maximale Toleranz. Das islamische Schuldgefühl besänftigt sich durch maximale Intoleranz. Beide Schuldgefühle erzeu-gen ein Monstrum an Irrationalität auf deutschem Boden. Leider ist der gegenwärti-ge Islam gegen all dieses. Anders als der einzelne reaktionäre Deutsche, Amerikaner, Chinese, dem ich aus dem Weg gehen kann, hat der Islam mehr Macht als diese alle zusammen. Er ist vielerorts Staatsmacht. Er ist Staatsreligion. Er beherrscht einen großen Teil der Welt. Er steckt in international vernetzten Terrororganisationen. Er verfügt über zivile Organisationen, die "friedlich" und "tolerant" die westlichen Frei-heiten für ihre antifreiheitlichen Zielsetzungen nutzen, an erster Stelle die westliche Religionsfreiheit, die der Islam bei sich nicht duldet. Dieser Islam ist militant und missionarisch wie die linke Islam-Toleranz, die ihm militant und missionarisch ent-gegenkommt. Seit dem 11. September 2001. Es wird höchste Zeit für eine Linke, die wieder links wird. Die endlich kapiert, dass die bedrohte Minderheit in der Welt von

43. Nimmervoll, Lisa (2018), “Kampf der Vernünftigen”, Der Standard, 10.09.2018, retrieved: April 20, 2018, from: https://mobil.derstandard.at/2000087079461/Islam-in-der-Schule-Kampf-der-Vernuenftigen?amplifie-d=true&ref=article&__twitter_impression=true. 44. Bischofberger-Mahr, Alexander (2018), “Integration: 4 große Probleme an unseren Schulen”, Kronen Zei-tung, 16.12.2018, retrieved April 23, 2019, from: https://www.krone.at/1825954?fbclid=IwAR0shG5ZSXPqSm-QKgcHtnzKNiMzJCprssteXGV7SwEwrsPZmo5xsbv167X845. Ebd.

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heute nicht der Islam, sondern die Aufklärung ist. Deutschland braucht eine Linke, die mit der muslimischen Aufklärung zusammenarbeitet.“46

Personen aus dem Schulbetrieb mit anderen Positionen wurden, wenn auch weniger, abgebildet. Direktor Niki Glattauer etwa widersprach Wiesinger:

„Ich halte das Kopftuchverbot für ebenso menschenverachtend wie den Kopftuch-zwang. Ich habe Kopftuchmädchen in Klassen gehabt, die waren selbstbewusster und feministischer als alle anderen. Die Schule soll kein Ort sein, an dem Haltung, Position und Weltanschauung in der Garderobe abgegeben werden müssen.“47

Der Präsident der IGGÖ, Ibrahim Olgun, kritisierte, dass „alle muslimischen Kinder pauschal unter Generalverdacht gestellt werden“48 und dass „auf dem Rü-cken unserer Kinder Politik gemacht wird“.49 Alternative Recherchen in Tageszei-tungen ermöglichen auch differenziertere Betrachtungen.50

In Wien folgten rassistische Politikforderungen von Seiten der ÖVP Wien. Diese präsentierte am 19.9. ein „8-Punkte-Programm gegen Radikalisierung und Islamisierung im Klassenzimmer“.51 Stadtrat Markus Wölbitsch und Bil-dungssprecherin Sabine Schwarz präsentierten mit Christian Klar das 8-Punk-te-Programm. Darin werden auch verpflichtende Elterngespräche in Schule und Kindergärten an die Auszahlung der Familienbeihilfe gekoppelt, Quali-tätskontrollen für den Islam-Unterricht an Schulen sowie die Integration des Schwimmunterrichts als verbindlichen Teil des Turnunterrichts gefordert. Die-ses Programm, das von Unterstellungen, einem Generalverdacht und Assimi-lationspolitiken geprägt ist, wird folgendermaßen positiv als Maßnahme gegen Rassismus präsentiert: „Wir müssen diese Kinder für unsere Welt, unsere Werte und unseren Weg zurückgewinnen – für einen österreichischen Weg, für unsere

46. Schirmbeck, Samuel (2018), “Der fatale Umgang der Linken mit dem Islam”, Der Standard, 14.09.2018, retrieved: April 20, 2018, from: https://mobil.derstandard.at/2000087380082/Der-fatale-Umgang-der-Linken-mit-dem-Islam. 47. Metzger, ,Ida (2018), “Glattauer: „Der Bub hinter dem Kulturkrieger ist ein Depp“”, Kurier, 16.09.2018, re-trieved: April 20, 2018, from: https://kurier.at/politik/inland/glattauer-der-bub-hinter-dem-kulturkrieger-ist-ein-depp/400119287. 48. IGGÖ (2018),“IGGÖ ruft zur Versachlichung der Diskussion auf ”, OTS, 21.09.2018, retrieved: April 20, 2018, from: https://www.ots.at/presseaussendung/OTS_20180921_OTS0111/iggoe-ruft-zur-versachlichung-der-dis-kussion-auf. 49. Ebd.50. Böhmer, Christian (2018), “„Problemschüler“: Wie 14-Jährige plötzlich IS-Fans wurden”, Kurier, 15.09.2018, retrieved: April 20, 2018, from: https://kurier.at/politik/inland/problemschueler-wie-14-jaehrige-ploetz-lich-is-fans-wurden/400119338. 51. ÖVP-Klub (2018), “Wölbitsch/Schwarz: 8-Punkte-Programm gegen Radikalisierung und Islamisierung in der Schule”, OTS, 19.09.2018, retrieved: April 20, 2018, from: https://www.ots.at/presseaussendung/OTS_20180919_OTS0107/woelbitschschwarz-8-punkte-programm-gegen-radikalisierung-und-islamisierung-in-der-schu-le?utm_source=2018-09-19&utm_medium=email&utm_content=html&utm_campaign=mailabodigest.

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Grundwerte, für Freiheit und ein friedliches Miteinander sowie für Gleichbe-rechtigung von Mann und Frau“.52 Zudem wird moniert: „Dringend brauche es jedenfalls unangekündigte Qualitätskontrollen im islamischen Religionsun-terricht, wenn etwa der Verdacht bestehe, dass nicht Deutsch gesprochen wer-de oder fragwürdige Wertesysteme transportiert werden“.53 Ebenso wird ge-fordert, dass „Eltern bei der Schulanmeldung ihrer Kinder ein Bekenntnis zur Verfassungs-, Werte- und Gesellschaftsordnung ablegen müssen“.54 Aber auch die Wiener Regierung - Stadtschulratspräsident Heinrich Himmer (SPÖ) und Bürgermeister Ludwig – reagierte auf den aufgebauten Druck und präsentierte ein Maßnahmenpaket, das ein Soforthilfetelefon und -trupp in Zusammenar-beit mit der Kinder- und Jugendanwaltschaft beinhaltete. Ludwig sprach sich eindeutig gegen eine – besonders finanzielle – Sanktionierung von Eltern sowie Suspendierungen aus. Während neoliberalen Politikforderungen eine Abfuhr erteilt wurde, wurden islamophobe Forderungen (die von Wiesinger geschil-derten Probleme seien Folge von „sozialer plus ethnischer Problematik in Kom-bination mit dem Erstarken des konservativen Islam“ 55) reproduziert.

Bildungsminister Faßmann (ÖVP) kündigte eine Studie zu Integrationspro-blemen an den Schulen durch den Politikberater Kenan Güngör an. Es sollen Di-rektorinnen und Direktoren aller Regelschulen befragt werden, „welche Heraus-forderungen sie durch die religiös-politischen Entwicklungen sehen“.56 Güngör fiel später mit befremdlichen Bemerkungen auf. Der Regierungsberater Güngör forderte etwa, der IGGÖ den Religionsunterricht zu entziehen. Man dürfte nicht mehr länger zusehen, so Güngör, denn die Kinder von nicht so religiösen Eltern würden dort mit einem Islam konfrontiert, der in kein liberales Land passe.57 Wo-rauf diese Einschätzung basiert lässt der Regierungsberater offen.

Wiesinger wurde Ombudsfrau für Wertefragen und Kulturkonflikte im Bil-dungsministerium. In dieser neu geschaffenen Institution solle sie als weisungs-

52. Ebd.53. Ebd.54. Ebd.55. Wien.orf.at (2018), “Schule und Islam: Wien richtet Hotline ein”, ORF, 10.09.2018, retrieved: April 20, 2018, from: https://wien.orf.at/m/news/stories/2937080/. 56. Nimmervoll, Lisa (2018), “Schule und Islam: Erdoğan-Begeisterung löst Radikalisierung ab”, Der Standard, 10.09.2018, retrieved: April 20, 2018, from: https://derstandard.at/2000087058010/Schule-und-Islam-Zwi-schen-Parallelwelten-und-gelungener-Integration?ref=article. 57. Sator, Andreas (2018), “Österreich sucht eigenen Islam – muss aber bei null anfangen”, Der Standad, 15.07.2018, retrieved: April 20, 2018, from: https://derstandard.at/2000083443263/Oesterreich-sucht-einen-ei-genen-Islam-muss-aber-bei-null-anfangen?ref=article.

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freie Anlaufstelle LehrerInnen, DirektorInnen, sowie Eltern und SchülerInnen beraten. Gleichzeitig positinoierte sie sich nach wie vor als Rote: „Ich bin eine Rote, sogar eine linke Rote. Und das werde ich auch bleiben.“58 Es wurde ange-kündit, im Bildungsministerium 2019 eine eigene Abteilung für Schule und In-tegration einzurichten. Zudem soll die Schulaufsicht für den Religionsunterricht stärker in den Pädagogischen Dienst der mit Jahresbeginn neu entstehenden Bil-dungsdirektionen eingebunden werden. Auch die Stadt kündigte an, eine eigene Wiener Bildungsanwaltschaft einrichten zu wollen.59 Susanne Wiesinger erhielt zudem eine Kolumne in der Kronen Zeitung, Österreichs auflagenstärksten Bou-levardzeitung.60

Der Wiener Kinder- und Jugendanwalt Ercan Nik Nafs sieht in der IGGÖ Widerstand gegen Reformen: „Deshalb sollte die Politik eingreifen: Das Kultu-samt muss, wie beim Islamgesetz geschehen, eine neue Vereinbarung mit diesen Organisationen schließen, dass deratige Abwertungsideologien ein No-Go sind. Wer sich nicht daran hält, muss die Aktivitäten einstellen.“61 Und er ist der Mei-nung, dass „kein vernünftiger Mensch Kopftücher bei kleinen Kindern befürwor-ten kann.“62 Nik Nafs hat eine Gefährdungsmeldung beim Jugendamt gemacht, da in den Sommerferien laut Nik Nafs rund 3.000 Kinder in Wien in den priva-ten Koranunterricht gehen.63 Damit verfestigt er die Kriminalisierung islamischer Bildungseinrichtungen, indem er genau jene Institutionen abwertet, denen er eine Abwertungsideologie unterstellt.

Über diese öffentlich sehr präsenten Themen gab es noch andere Debatten und Politiken, die das Leben von MuslimInnen bzw. muslimischen Einrichtun-gen direkt beeinträchtigte. Im Zusammenhang mit einer Überprüfung des Kin-dergartens Marienkäfer, der einen Trägerverein aufweist, der sich per Statuten

58. Wien.orf.at (2018), “Schule und Islam: Wiesinger wird Ombudsfrau”, ORF, 2018, retrieved April 23, 2019, from: https://wien.orf.at/m/news/stories/2954578/59. Wien.orf.at (2018), “Schule und Islam: Wiesinger wird Ombudsfrau”, ORF, 2018, retrieved April 23, 2019, from: https://wien.orf.at/m/news/stories/2954578/60. Krone.at (2018), “Kämpft für Integration“, Kronen Zeitung, 16.11.2018, retrieved April 23, 2019, from: https://www.krone.at/180952661. John, Gerald (2018), “Jugendanwalt Nik Nafs: „Krieg und Märtyrertum werden verherrlicht““, Der Stan-dard, 15.05.2018, retrieved: April 20, 2018, from: derstandard.at/2000079685460/Jugendanwalt-Kriegsspielerei-en-in-Moscheen-kein-Einzelfall. 62. Ebd John, Gerald (2018), “Jugendanwalt Nik Nafs: „Krieg und Märtyrertum werden verherrlicht““, Der Stan-dard, 15.05.2018, retrieved: April 20, 2018, from: derstandard.at/2000079685460/Jugendanwalt-Kriegsspielerei-en-in-Moscheen-kein-Einzelfall. 63. Wien.orf.at (2018), “Koranunterricht: Kinderanwalt fordert Standards“, ORF, 30.06.2018, retrieved: April 20, 2018, from: http://wien.orf.at/news/stories/2921936/.

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zur staatlichen türkischen Religionsbehörde Diyanet in Ankara bekennt, wurde dieser neben einer Kontrolle des Kindergartens durch das MA 11 im Februar auf Ansuchen des Magistrats zweimal durch den Verfassungsschutz überprüft.64 Während es nachvollziehbar scheint, dass ein Kindergarten ein pädagogisches Konzept kindgerecht gestaltet,65 scheint eine Sicherheitsüberprüfung der Logik der Versicherheitlichung des Islam-Diskurses zu folgen.

In der Debatte um Moscheen-Schließungen und die mögliche Ausweisung von Imamen wurden Pläne für ein „Orientalisches Kulturzentrum“ in Wien zum Anlass für weitere Kriminalisierung von islamischen Bildungseinrichtun-gen genommen. Der freiheitliche Bezirksvorsteher im 11. Wiener Bezirk, Paul Stadler, meinte zu den Plänen eines Vereins, der Gelder für die Errichtung eines Kindergartens und einer Schule sammelte: „Ich werde alle mir möglichen Mit-tel ausschöpfen, um diese Einrichtung in unserem Bezirk zu verhindern.“ Der nicht-amtierende FPÖ-Vizebürgermeister Dominik Nepp, meinte dazu: „In Wien ist kein Platz für den politischen Islam, die Moslembruderschaft und schon gar nicht für so eine Scharia-Schule“.66

In der Causa der SeelsorgerInnenausbildungsstätte im 23. Wiener Bezirk wurde grünes Licht erteilt. Während es für die Lehre humaner Fächer keine Be-rechtigung gab, wurde nun ein rein religiöser Lehrgang errichtet. Auch die Be-zeichnung „Imam Hatip“ wurde gestrichen. Der Lehrgang mit drei Klassen und rund 80 TeilnehmerInnen ist als „Vorbereitung für die theologisch-wissenschaftli-che Heranbildung des geistlichen Nachwuchses islamischer Religionsgesellschaf-ten“ konzipiert.67

Das Bildungsministerium veröffentlichte ein Rundschreiben  zum Unter-richtsprinzip „Gleichstellung und Diversitätsmanagement“ (Nr. 21/2018, Inhalt: Reflexive Geschlechterpädagogik und Gleichstellung). Das Schreiben hat eine de-zidiert islamophobe Stoßrichtung:

„Das Unterrichtsprinzip soll dazu beitragen, einen professionellen und reflektier-ten Umgang mit der Dimension des Geschlechts in der von heterogenen Lebens-

64. Ebd Wien.orf.at (2018), “ATIB-Kindergarten: Neue Vorwürfe“, ORF, 05.05.2018, retrieved: April 20, 2018, from: http://wien.orf.at/news/stories/2911038/. 65. Wien.orf.at (2018), “ATIB-Kindergarten: Neue Vorwürfe“, ORF, 05.05.2018, retrieved: April 20, 2018, from: http://wien.orf.at/news/stories/2911038/. 66. Krone.at (2018), “Geplantes Islam-Zentrum lässt die Wogen hochgehen”, Kronen Zeitung, 17.06.2018, retrie-ved: April 20, 2018, from: https://mobil.krone.at/1724443. 67. Ichner, Bernhard (2018), “Neustart für Imam-Lehrgang in Liesing”, Kurier, 08.01.2018, retrieved April 23, 2019, from: https://kurier.at/chronik/wien/neustart-fuer-imam-lehrgang-in-liesing/305.277.103

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welten geprägten Schule zu entwickeln und zwar auf Grundlage des verfassungs-mäßig verankerten Gleichstellungs- und Antidiskriminierungsauftrags. [...] Die staatlichen Einrichtungen haben demnach die Verpflichtung, durch geeignete und präventive Maßnahmen auch im Bildungsbereich die Gleichstellung der Ge-schlechter zu fördern, insbesondere auch durch den Abbau von kulturell tradier-ten Geschlechterstereotypen und patriarchalen Rollenzuweisungen. [...] Das so-genannte Kontroversitätsgebot fordert u. a. das Zulassen von Gegenpositionen und deren Begründung sowie keine Diskreditierung von Gegenmeinungen. Auf dieser Basis sollten Lernprozesse möglich sein, welche erkennbar machen, dass Religi-onskritik sowohl in der Vergangenheit als auch aktuell nicht mit Rassismus zu ver-wechseln ist. Damit werden Missverständnisse und festgefahrene Positionen abge-baut. Geschlechtersegregation und Überwachung der weiblichen Jungfräulichkeit ausgerichtet sind und auf eine vom Familienverband kontrollierte Verheiratung. Umgang mit dem Thema KopftuchDie Verhüllung von Mädchen bzw. das (je nach Auslegung der jeweiligen Glau-bensgemeinschaft gebotene) Tragen eines Kopftuchs ab der sogenannten Ge-schlechtsreife und vor der Religionsmündigkeit mit 14 erfordert professionel-les und sensibles Handeln im Schulalltag. Einerseits sind Schülerinnen, die ein Kopftuch tragen (egal, ob durch familiären Druck, Zwang oder freiwillig etwa im Sinne eines rebellischen Aktes) vor abwertenden Kommentaren bzw. vor Diskriminierung zu schützen. Andererseits sind klare Handlungen gefordert, wenn Mädchen unter Druck gesetzt werden (z. B. von Mitschülern – Stichwort „Generation Haram“), weil sie sich nicht an die gebotenen Verhaltens- und Klei-dungsvorschriften im Sinne eines „ehrenhaften“ Verhaltens von Mädchen hal-ten (wollen). Derartige Situationen verlangen klare Interventionen, um jegliche Formen von (religiösem und geschlechterbezogenem) Mobbing zu beenden. Auch bedarf es klarer Handlungen seitens der Pädagoginnen bzw. Pädagogen, wenn festgestellt wird, dass der Druck zur Einhaltung bestimmter Verhüllungs-vorschriften (z. B. Tragen des Kopftuchs) vom Elternhaus ausgeübt wird. Um damit verbundene Konfliktsituationen konstruktiv aufzulösen und gemeinsam mit den Eltern eine entsprechende konsensuale Lösung zu finden, kann auch die Einbindung der Schulleitung hilfreich und sinnvoll sein. Schließlich obliegt es der Schulleitung, sowohl die positive als auch die negative Religionsfreiheit (Art. 9 der EMRK) 13 zu schützen und die gegebenen Möglichkeiten im Sinne der integrativen Aufgabe der Schule zu nutzen. Ziel soll sein, Entwicklungen, die systematisch auf Segregation nach Geschlecht und Religion ausgerichtet sind und die den sogenannten Schulfrieden und fundamental geschützte Kin-derrechte („Schutz der Rechte und Freiheiten anderer“) gefährden, entgegen-zuwirken 14. Gehäufte Befreiungen (z. B. vom Sport- und Schwimmunter-richt) sollten hinterfragt bzw. überprüft werden (z. B. durch die Ärztekammer). Dieser Grundsatzerlass gilt für alle Schulstufen und Schularten“.68

68. Bmbwf.gv.at (2018), “Grundsatzerlass „Reflexive Geschlechterpädagogik und Gleichstellung“”, Bundesmi-nisterium Bildung, Wissenschaft und Forschung, 31.10.2018, retrieved April 23, 2019, from: https://bildung.bmbwf.gv.at/ministerium/rs/2018_21.html?fbclid=IwAR1tVO4TYICrZFxzLmwomJGw1tF99q3oT3LcX7w5H-0kRQPq9Zi980G9h2J8

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WISSENSCHAFTWissenschaft wird regelmäßig zur Legitimation bestehender politischer For-derungen verwendet. Auftragsstudien erlauben gewählten RepräsentantInnen, ihre Sicht der Dinge entsprechend zu untermauern. Der Grazer Intergrations-stadtrat Kurz Höhensinner (ÖVP) beauftragte den höchst umstrittenen Ed-nan Aslan (siehe Kindergartenstudie insbesondere im Islamophobiebericht 2017) mit einer Untersuchung zum Thema „Religiöse und ethische Orientie-rungen von muslimischen Flüchtlingen in Graz“. Die Ergebnisse aus den 288 durchgeführten Befragungen von geflüchteten Menschen aus elf Betreuungs-unterkünften wurden am 11. Jänner 2018 im Rathaus präsentiert.69 Dass eine auf MuslimInnen fokussierte Studie herausgebracht wird, passt in das Schema der Islamisierung politischer Debatten. Aslan zeichnete entsprechende Gefah-renszenarien, wie etwa die Angst, dass aufgrund seiner Prognose, wonach sich in Graz eine schiitische Mehrheit bilden würde, diese strukturell vom Iran un-terstützt werden könnte. Für den Intergrationsstadtrat ergaben sich dadurch klare Handlungsorientierungen: „Der Antisemitismus müsse gemeinsam mit muslimischen Vereinen massiv bekämpft und Frauen unterstützt werden“,70 was vor dem Hintergrund einer stark nationalistischen FPÖ in der Steiermark, die auch prominent in der Landesregierung vertreten ist, auffallend erscheint. Während das Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung für das Jahr 2016 im Verfassungsschutzbericht 41 antisemitisch motivierte und auch 28 islamophob motivierte Tathandlungen aufgelistet hatte, gab es keine

69. Graz.at (2018), “Studie: Wertorientierung von muslimischen Flüchtlingen in Graz”, Stadt Graz, 12.01.2018, retrieved: April 20, 2018, from: https://www.graz.at/cms/beitrag/10307649/8106610/Studie_Wertorientierung_von_muslimischen.html. Aslan räumte zwar ein, dass die untersuchte Gruppe zwar nicht wissenschaftlich reprä-sentativ sei, aber dass deren Aussagen Hinweise auf bundesweite Entwicklungen geben würde. Die Ergebnisse der Befragungen: 50 Prozent gaben an, dass die Religion in Österreich eine größere Rolle spiele als noch in ihrem Herkunftsland. 70 Prozent gaben an, regelmäßig zum Freitagsgebet in die Moschee zu gehen, 62 Prozent der jungen Frauen beten fünfmal am Tag, während es bei den jungen Männern 40 Prozent sind. Aslan fügte hinzu, dass mit der „eminenten Bedeutung der Religion für den Alltag der Flüchtlinge (zwei Drittel sind hier in Graz junge Männer)“ religiöse Dogmen und Wertvorstellungen einhergehen würden. Dies äußere sich in antisemitischen Haltungen wie auch in Einstellungen zu Frauen, zur Homosexualität und zum Männerbild. Die Ergebnisse wurden auch durch eine Studie der Donau-Uni Krems erhoben. 46 Prozenten der befragten Personen sind der Meinung, dass „die Juden“ zu einflussreich auf der Welt seien. 66 Prozent der Befragten ist es wichtig, in der Öffentlichkeit ein Kopftuch zu tragen. 44 Prozent der befragten geflüchteten Menschen gaben an, das Händeschütteln mit Männern abzulehnen. Das Rollenbild zwischen den Geschlechtern werde differenzierter bewertet: „Die Mehrheit spricht sich dafür aus, dass Männer und Frauen gleichermaßen zum Familieneinkom-men beitragen sollen, sie sind auch für eine Gleichstellung der Frauen im Haushalt.“ 75 Prozent der Befragten betrachten die Demokratie als ideale Regierungsform.70. Müller, Walter (2018), “Die Religion, ein Anker für viele junge Flüchtlinge“, Der Standard, 12.01.2018, re-trieved: April 20, 2018, from: https://derstandard.at/2000071990652/Die-Religion-ein-Anker-fuer-viele-jun-ge-Fluechtlinge.

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strafbaren Handlungen im Falle von islamisiertem Antisemitismus.71 Seit dem Antritt der ÖVP-FPÖ-Bundesregierung werden nicht nur antisemitische Äu-ßerungen der FPÖ regelmäßig öffentlich thematisiert. Schwerwiegende Fälle, die zu kleinen Krisen in der Regierung führen wie der Liederbuch-Skandel im Jänner 2018,72 sollten durch die Fokussierung auf den islamisierten Antisemitis-mus kleingeredet werden. Wie der Standard-Autor Hans Rauscher in seiner Ko-lumne schrieb, ist das Hauptmotiv für den neuen Philosemitismus der Rechten, der als gemeinsamer Feind empfundene Islam. Die Bundesregierung hilft dabei, die FPÖ zu einer akzeptierteren Partei zu wandeln. Die FPÖ veranstaltete einen wissenschaftlich-politischen Kongress mit dem Titel „An End to Antisemitism“, der in Wien stattfand und an dem auch Benjamin Netanjahu teilnehmen sollte, was aufgrund einer Krise in Israel kurzfristig abgesagt wurde. „In Österreich gibt es eine von Ex-Nazis für Ex-Nazis gegründete Partei, deren Führer und mittlere Funktionäre immer wieder antisemitisch auffällig geworden sind“, wo-bei er differenziert aufzeigte, dass sowohl von rechter, wie auch linker und so auch muslimischer Seite Antisemitismus in verschiedenen Zusammenhängen aufzufinden sei.73 Vollständigkeitshalber hätte man auch den Antisemitismus aus dem christlichen Milieu erwähnen können, der nicht zuletzt in den Krei-sen der Jungen Volkspartei unter Führung von Sebastian Kurz öffentlich wurde. Anstatt den Antisemitismus in den eigenen Reihen aufzuarbeiten, stürzte sich die Bundesregierung auf den islamisierten Antisemitismus.

Der geschäftsführende Klubobmann der FPÖ im Nationalrat, Johann Gu-denus, erklärte in einer Presseaussendung den „wahren Antisemitismus“ in Eu-ropa: „Während ein Liederbuch eines Vereines Anlass geben kann, den Nationa-len Sicherheitsrat einzuberufen, sieht es beim gelebten und lebensbedrohlichen

71. Kapeller, Lukas (2017), “Muslimischer Antisemitismus: "Diese Weltbilder sitzen tief "”, Kurier, 29.12.2017, re-trieved: April 20, 2018, from: https://kurier.at/politik/inland/muslimischer-antisemitismus-diese-weltbilder-sit-zen-tief/303.868.490. 72. Horaczek, Nina (2018), “„Wir schaffen die siebte Million“”, Falter, 23.01.2018, retrieved: April 20, 2018, from: https://www.falter.at/archiv/wp/wir-schaffen-die-siebte-million. Auf Seite 182 des Liederbuchs der Burschen-schaft Germania Wiener Neustadt, deren Vorsitzender Udo Landbauer (FPÖ-NÖ Spitzenkandidat für die Land-tagswahl) ist, steht: „Da trat in ihre Mitte der Jude Ben Gurion: ,Gebt Gas, ihr alten Germanen, wir schaffen die siebte Million.‘“ Das Nachrichtenmagazin Profil veröffentlichte, dass Landauer im Jahr 2010 ein Liederbüchlein der rechtsextremen Organisation „Junge Patrioten“ in der Öffentlichkeit bewarb, in dem das „Bundlied“ der NS-Mädchenorganisation Bund Deutscher Mädel und weitere Lieder aus der Zeit des Nationalsozialismus nach-zulesen sind. Landbauer schrieb damals, dass das Ziel der „Jungen Patrioten“ darin liege, dem „zerstörerischen Zeitgeist entgegenzuwirken und vor allem junge Menschen wieder mit ihren Wurzeln vertraut zu machen.“ Das Lied „Auf Kreta“, eine Hymne auf die Fallschirmspringer der deutschen Wehrmacht und deren Invasion auf der griechischen Insel Kreta findet sich sowohl im Liederbuch der Germania als der „Jungen Patrioten“.73. Rauscher, Hans (2018), “Antisemitismus unter Muslimen”, Der Standard, 20.02.218, retrieved: April 20, 2018, from: https://derstandard.at/2000074670163/Antisemitismus-unter-Muslimen.

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Antisemitismus des Islam anders aus. (…) In einem solchen verbrecherischen Verein, der vom deutschen Verfassungsschutz beobachtet wird, ist auch ein öster-reichischer Mufti der ‚Islamischen Glaubensgemeinschaft in Österreich‘ (IGGÖ) Mitglied, der so nebenbei vom Osmanischen Reich träumt“, so Gudenus.74 Der Präsident der IGGÖ verteidigte den österreichischen Mufti der IGGÖ, der für seine Mitgliedschaft in der islamischen Gelehrtenorganisation ECFR (European Council for Fatwa and Research) kritisiert wird.

An der Pädagogischen Hochschule Wien wurde eine Studie veröffentlicht, die über „autoritäre Tendenzen von Lehrlingen“ berichtet. Demnach sagten 48 Prozent der muslimischen BerufsschülerInnen, „dass Juden in Österreich zu viel Einfluss haben“.Kenan Güngör wies darauf hin, dass „Rechtsextreme und Rechts-populisten in ganz Europa gerade eine Schuldübertragung machen, indem sie den Antisemitismus anderen vorwerfen.“75 Das zeigt sich an regelmäßigen Angriffen von FPÖ-Funktionären auf muslimische Personen wie den Wiener SPÖ-Ge-meinderat Omar Al-Rawi, der als „Einpeitscher antisemitischer Kundgebungen“ sowie als „politischer Arm des islamistischen Terrorismus“ bezeichnet wurde.76 Gleichzeitig wurde ein Besuch von 20 VertreterInnen der Muslimischen Jugend Österreichs in der Gedenkstätte des größten und brutalsten Vernichtungslagers Auschwitz, das Teil eines mehrjährigen Projektes unter dem Titel „MuslimInnen gegen Antisemitismus“ war,77 fand keine Reaktion seitens der Bundesregierung oder weiterer ÖVP-FPÖ-FunktionärInnen.

Die mithilfe des investigativen Journalismus vom Falter aufgedeckten Ab-änderungen der Kindergarstenstudie von Ednan Aslan durch Mitarbeiter des Integrations- und Außenministeriums (BMEIA) führte zur Durchführung ei-ner umfassenderen Kindergartenstudie, in der auch die Stadt Wien neben dem BMEIA einbezogen wurde und entsprechend mehr AkademikerInnen – von der Universität Wien bis zur FH Campus – involviert waren. Das Team der isla-

74. Freiheitlicher Parlamentsklub (2018), “ FPÖ-Gudenus: Das linke Auge ist für den wahren Antisemitis-mus in Europa blind”, OTS, 09.02.2018, retrieved: April 20, 2018, from: https://www.ots.at/presseaussendung/OTS_20180209_OTS0046/fpoe-gudenus-das-linke-auge-ist-fuer-den-wahren-antisemitismus-in-europa-blind. 75. Kapeller, Lukas (2017), “Muslimischer Antisemitismus: "Diese Weltbilder sitzen tief "”, Kurier, 29.12.2017, re-trieved: April 20, 2018, from: https://kurier.at/politik/inland/muslimischer-antisemitismus-diese-weltbilder-sit-zen-tief/303.868.490. 76. Oe24 (2018), “Rot-blaues Twitter-Duell: "Dann sind sie dran"”, Österreich, 18.06.2018, retrieved: April 20, 2018, from: http://m.oe24.at/oesterreich/politik/Rot-blaues-Twitter-Duell-Dann-sind-sie-dran/337726212. 77. WZ Online (2018), “Junge Muslime setzten mit Auschwitz-Besuch Zeichen”, Wiener Zeitung, 15.10.2018, retrieved: April 20, 2018, from: https://www.wienerzeitung.at/nachrichten/oesterreich/politik/995974_Jun-ge-Muslime-setzten-mit-Besuch-in-Auschwitz-ein-Zeichen.html.

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mischen Kindergartenstudie wies nach, dass „seit dessen umstrittenen Bericht und der daraus resultierenden Stigmatisierung Religion aus den Kindergärten gedrängt werde – insbesondere eben aus jenen mit Bezug zum Islam.“78 Die muslimische BetreiberInnen würden aus Angst alle Bezüge zur Religion abweh-ren. Diese Tendenz würde aber dem Wiener Bildungsplan widersprechen, da der Verzicht auf eine kindgerechte Religionsvermittlung ein Widerspruch ge-gen diesen sei.79 Der oftmals im Dienst des ÖIF und BMEIA stehende diplo-mierte Historiker und Autor der zuletzt erschienenen Moschee-Studie, Heiko Heinisch, beklagte „gravierende methodische Mängel“ bei der Untersuchung islamischer Kindergärten durch die beteiligten ForscherInnen. Im Unterschied zur Aslan-Studie, die nur ganz wenige Einrichtungen aus der Ferne untersucht hatte, füllten 698 Kindergärten freiwillig den Fragebogen aus. Heinisch sprach von „massiv verzerrten“ Ergebnissen. Der wissenschaftliche Beirat hingegen bestätigte die Methodik. Theologieprofessorin Susanne Heine bezeichnete die Studie als „wissenschaftlich einwandfrei“ und „methodisch hoch differenziert“ und für Religionspädagogin Andrea Lehner-Hartmann waren „die Standards wissenschaftlichen Arbeitens vorbildlich erfüllt“.80

Eine zentrale Funktion in der Wissensvermittlung über die als ‚Anders‘ markierten MuslimInnen stellt der Österreichische Integrationsfonds (ÖIF), die Großteils vom Bundesministerium für Europa, Integration und Äußeres (BMEIA) finanziert wird, dar. Blickt man auf die zahlreichen Veranstaltungen des ÖIF, so lässt sich eine Tendenz des Hofierens von Personen mit deutlich islamophobem Profil erkennen. Am 22. Jänner veranstaltete der ÖIF eine Dis-kussionsveranstaltung über das Thema „Der Einfluss des politischen Islam [sic!] auf die Integration, notwendige Reformen und die Entwicklung eines Is-lam [sic!] europäischer Prägung sowie Herausforderungen in der Integration muslimischer Zuwanderinnen“ eröffnet. Als DiskutantInnen waren Mouhanad Khorchide, Religionspädagoge und Leiter der Islamischen Theologie an der Universität Münster, Politikwissenschafterin Nina Scholz, Oliver Henhapel, Leiter des Kultusamts, der das Islamgesetz 2015 maßgeblich zu verantworten

78. Ichner, Bernhard (2018), “ Muslime planen Gütesiegel für Islam-Kindergärten”, Kurier, 07.02.2018, retrie-ved: April 20, 2018, from: https://kurier.at/chronik/wien/muslime-planen-guetesiegel-fuer-islam-kindergaer-ten/309.926.958. 79. Ebd.80. Ichner, Bernhard (2018), “Islam-Forscher übt Kritik an Kindergarten-Studie”, Kurier, 12.01.2018, retrie-ved: April 20, 2018, from: https://kurier.at/chronik/wien/islam-forscher-uebt-kritik-an-kindergarten-stu-die/306.060.573.

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hat, und Susanne Raab, Leiterin der Sektion Integration im Außenministeri-um, teil. Abdel-Hakim Ourghi, der Leiter des Fachbereichs Islamische Theolo-gie und Religionspädagogik an der Pädagogischen Hochschule Freiburg, sagte krankheitsbedingt ab. Nina Scholz unterstellte Frauen, die sich selbst Feminis-tinnen bezeichnen und gleichzeitig beanspruchen, das eigene Haar als weibli-che Selbstermächtigung zu bedecken, dass „diese Frauen [...] meist  in einem Naheverhältnis zu den konservativen Islamverbänden und  zur Muslimbru-derschaft“81 stehen würden. Sie behauptete ebenso, dass mit der Migration ein konservativer Islam käme, weil die Menschen ihr Weltbild nicht ablegen könn-ten.82 Henhapel betonte: „Mit dem Islamgesetz hat der Staat wichtige Voraus-setzungen wie das Verbot der Auslandsfinanzierung geschaffen, damit sich die Religion frei von politischen Einflüssen aus dem Ausland entwickeln kann.“83 Er erwähnte auch die Unvereinbarkeit der Scharia mit der Europäischen Men-schenrechtskonvention: „In Österreich könne und dürfe es daher nicht sein, dass Frauen aufgrund ihres Geschlechts von gesellschaftlicher Partizipation ausgeschlossen sind.“84 Während der Veranstaltung wurde der Sammelband „Islam europäischer Prägung“ präsentiert. Darin sind Beiträge unter anderem von Khorchide, Lohlker, der umstrittenen islamophoben Saida Keller-Messah-li, der noch umstritteneren Berlinerin Seyran Ates, der Rechtswissenschafterin Katharina Pabel (die in Bonn geborene Rechtswissenschafterin wird Vorsitzen-de des im Außenministerium angesiedelten Expertenrats für Integration. Sie ist damit Nachfolgerin von ÖVP-Bildungsminister Heinz Faßmann. Bereits 2017 war sie beim Hearing zum Integrationsgesetz dabei und war eine Verfechterin des damals beschlossenen Verhüllungsverbotes in der Öffentlichkeit85) sowie dem Innsbrucker Theologie-Lehrstuhlinhaber Zekirija Sejdini zu finden.86 Kel-

81. ÖIF (2018), “ÖIF-Diskussion zu Islam in Europa: „Muslime müssen in Europa geltende Werte und Gesetze leben“”, OTS, 23.01.2018, retrieved: April 20, 2018, from: https://www.ots.at/presseaussendung/OTS_20180123_OTS0166/oeif-diskussion-zu-islam-in-europa-muslime-muessen-in-europa-geltende-werte-und-gesetze-leben. 82. Red. (2018), “Diskussion zu "Europa und Islam" in Wien”, Vienna Online, 23.01.2018, retrieved: April 20, 2018, from: http://www.vienna.at/diskussion-zu-europa-und-islam-in-wien/5639837. 83. ÖIF (2018), “ÖIF-Diskussion zu Islam in Europa: „Muslime müssen in Europa geltende Werte und Gesetze leben“”, OTS, 23.01.2018, retrieved: April 20, 2018, from: https://www.ots.at/presseaussendung/OTS_20180123_OTS0166/oeif-diskussion-zu-islam-in-europa-muslime-muessen-in-europa-geltende-werte-und-gesetze-leben. 84. Red. (2018), “Diskussion zu "Europa und Islam" in Wien”, Vienna Online, 23.01.2018, retrieved: April 20, 2018, from: http://www.vienna.at/diskussion-zu-europa-und-islam-in-wien/5639837. 85. Red. (2018), “Expertenrat für Integration hat neue Vorsitzende”, ORF, 13.02.2018, retrieved: April 20, 2018, from: https://orf.at/v2/stories/2426311/. 86. ÖIF (2018), “ÖIF-Diskussion zu Islam in Europa: „Muslime müssen in Europa geltende Werte und Gesetze leben“”, OTS, 23.01.2018, retrieved: April 20, 2018, from: https://www.ots.at/presseaussendung/OTS_20180123_OTS0166/oeif-diskussion-zu-islam-in-europa-muslime-muessen-in-europa-geltende-werte-und-gesetze-leben.

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ler-Messahli geriet unter harte Kritik. Als ehemalige Studentin der Romanistik, der Englischen Literatur und der Filmwissenschaft präsentierte sie einen „histo-rischen Überblick“ zum Islam auf dem Balkan und diskutierte in ihrem Bei-trag die Ursachen für den politisch-religiösen Fundamentalismus am Balkan. Florian Bieber, Professor an der Universität Graz und Direktor des Zentrums für Südosteuropastudien, meinte: „Ein Skandal, so etwas zu veröffentlichen“. Er fuhr fort, dass der Text „schlecht recherchiert, schlampig geschrieben, von einer Person, die keine Ahnung vom Thema hat, ist“.87 Der Historiker Bieber kritisiert Keller-Messahli unsaubere Arbeit: „Wenn ich nicht gewusst hätte, wer die Autorin dieses Texts ist, wäre ich beim Lesen zum Schluss gekommen, dass er von einem serbisch-nationalistischen Autor stammt.“88

Am 19. Februar organisierte der ÖIF ein Podiumsgespräch zu Moscheen und Integration: „Welche Rolle Moscheen für die Integration von muslimischen Zuwander/innen in Österreich spielen“. An der Diskussionen nahmen folgende Personen teil: Der diplomierte Historiker Heiko Heinisch, der Vizepräsident der Islamischen Glaubensgemeinschaft in Österreich (IGGÖ), Esad Memic, sowie die Gründerin und Direktorin des Frankfurter Forschungszentrums Globaler Islam (FFGI), Susanne Schröter, und Constantin Schreiber, Journalist und Autor des Buches „Inside Islam – Was in deutschen Moscheen gepredigt wird“. Heinisch untersuchte mit Imet Mehmedi gemeinsam in „Die Rolle der Moschee im In-tegrationsprozess“ die Wiener Moscheenlandschaft und stellte eine Analyse der Predigteninhalte in den reichweitenstärksten Moscheen Wiens. Er warnte „vor der zunehmenden Verbreitung eines politischen Islam [sic!] in Österreichs Mo-scheen.“ Heinisch äußerte sich für strengere Auflagen und Kontrolle, um den po-litischen Islam nicht weiter zu verbreiten. Schreiber meinte, dass Moscheevereine „Neuankömmlingen damit oft von Anfang an ein höchst problematisches Bild vermitteln, auf dessen Grundlage echte Integration nicht gelingen kann.“ Memic hingegen sprach sich für eine Initiative zur Entwicklung des „Kriterienkatalogs für Moscheen und Imame“ der IGGÖ aus.89

87. Tagesanzeiger.ch (2018), “ Die Islamkritikerin und ihr umstrittener Balkantext“, Tages-Anzeiger, 31.01.2018, retrieved: April 20, 2018, from: https://www.tagesanzeiger.ch/schweiz/standard/als-historikerin-durchgefallen/story/15030448. 88. Tagesanzeiger.ch (2018), “ Die Islamkritikerin und ihr umstrittener Balkantext“, Tages-Anzeiger, 31.01.2018, retrieved: April 20, 2018, from: https://www.tagesanzeiger.ch/schweiz/standard/als-historikerin-durchgefallen/story/15030448. 89. ÖIF (2018), “Podiumsgespräch zu Moscheen und Integration: „Verbreitung des politischen Islam verhin-dern“”, OTS, 20.02.2018, retrieved: April 20, 2018, from: https://www.ots.at/presseaussendung/OTS_20180220_OTS0156/podiumsgespraech-zu-moscheen-und-integration-verbreitung-des-politischen-islam-verhindern.

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Am 6. März lud der ÖIF zur Lesung und einem Gespräch mit Schriftstel-ler Kamel Daoud ein. Zusammen mit Journalistin Anne-Catherine Simon spra-chen sie über die „Gefahren des Islamismus und fehlendes Problembewusstsein des Westens.“90 Am 8. Mai wurde vom ÖIF eine Podiumsdiskussion zum Thema „Schule und Islam: Herausforderungen der Integration“ veranstaltet. Die Berliner Journalistin und bekennende Jesidin Düzen Tekkal gab für die fehlende Integrati-on von muslimischen SchülerInnen folgende Gründe an:91 „Antisemitismus, eth-nisch-religiöse Konflikte, Stereotype gegenüber Mitschülern, überforderte Lehrer, die kaum mehr Autorität besitzen und Schüler aus bildungsfernen Schichten mit einem hohen Migrantenanteil. Dazu kommen Verbände mit starkem Einfluss, die religiöse Gesetze über das Grundgesetz stellen. Und eine Politik, die Kritiker zum Problem macht, weil gewisse Dinge nicht angesprochen werden sollen.“92

Am 24. Mai eröffnete Karin Kneissl die 16. Sitzung des Integrationsbeirates.93 An der Tagesordnung standen neben anderen die Themen „Integration und Iden-tität – Mädchen und Frauen im Kontext traditionell geprägter Rollenbilder“ sowie „Integration an Schulen“.94

Bei der ÖIF-Veranstaltungsreihe „Integration und Islam“ in Salzburg und St. Pölten diskutierten das CDU-Mitglied mit bekannten islamophoben Positionen, Zana Ramdani, und Susanne Raab, Leiterin der Sektion Integration im BMEIA über „die Situation der muslimischen Frauen in Österreich, die Rolle muslimi-scher Mütter bei der Integration ihrer Kinder und falsch verstandene Toleranz gegenüber dem politischen Islam.“95 Ramandi meinte dazu: „Ich stelle mir die

90. ÖIF (2018), “Einladung zu Lesung und Gespräch mit Schriftsteller Kamel Daoud”, Integrationsfonds, oJ, retrieved: April 20, 2018, from: http://integrationsfonds.eyepinnews.com/eventview/?p=z2c7dd30ba732626e7b-f0cd4e97f0e92b3b14aba00ed2317b175787265d21587c. 91. Ebd APA (2018), “Schule und Islam: Geleugnete Probleme sind nicht lösbar”, Die Presse, 09.05.218, retrie-ved: April 20, 2018, from: https://diepresse.com/home/Innenpolitik/Wien/5424000/Schule-und-Islam_Geleug-nete-Probleme-sind-nicht-loesbar. 92. APA (2018), “Schule und Islam: Geleugnete Probleme sind nicht lösbar”, Die Presse, 09.05.218, retrieved: April 20, 2018, from: https://diepresse.com/home/Innenpolitik/Wien/5424000/Schule-und-Islam_Geleugne-te-Probleme-sind-nicht-loesbar. 93. ÖIF (2018), “16. Sitzung des Integrationsbeirats: Schwerpunkte Frauen und Integration an Schulen”, Integ-rationsfonds, 24.05.2018, retrieved: April 20, 2018, from: https://www.integrationsfonds.at/newsbeitrag/16-sit-zung-des-integrationsbeirats-schwerpunkte-frauen-und-integration-an-schulen_3287/?L=2&cHash=81fae-10d6b7ca8c786928675a49fec4e. 94. ÖIF (2018), “16. Sitzung des Integrationsbeirats: Schwerpunkte Frauen und Integration an Schulen”, Integ-rationsfonds, 24.05.2018, retrieved: April 20, 2018, from: https://www.integrationsfonds.at/newsbeitrag/16-sit-zung-des-integrationsbeirats-schwerpunkte-frauen-und-integration-an-schulen_3287/?L=2&cHash=81fae-10d6b7ca8c786928675a49fec4e. 95. ÖIF (2017), “ÖIF-Diskussion mit Zana Ramadani und Susanne Raab”, Integrationsfonds, 28.09.2017, re-trieved: April 20, 2018, from: https://www.integrationsfonds.at/newsbeitrag/oeif-diskussion-mit-zana-ramada-ni-und-susanne-raab_2635/?L=2&cHash=9ce12fd736b657a275083d7d95790dcf.

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Frage: Können kleine Mädchen und junge Frauen, die bereits mit einem Kopf-tuch aufwachsen und damit bestimmte Werte vermittelt bekommen, überhaupt jemals frei entscheiden? Ich bezweifle das.“96 Weitere Gäste bei der ÖIF-Veran-staltungsreihe „Integration und Islam“ in Wien, Graz, Salzburg und St. Pölten wa-ren Friedensnobelpreisträgerin Shirin Ebadi, die islamophobe Seyran Ates, Saida Keller-Messahli und Integrations- und Außenministerin Karin Kneissl.97

Der ÖIF organisierte im Juni ein Podiumsgespräch mit dem Presse-Redak-teur Köksal Baltaci. Am Tag zuvor fand eine Podiumsdiskussion zum selben The-ma im Kunsthaus Graz statt. Zudem besuchte sie das Akademische Gymnasium in Graz.98 Im Gespräch mit Baltaci meinte Ates: „Wenn man Mädchen ein Kopf-tuch aufsetzt, nimmt man ihnen die Kindheit und sexualisiert sie. Man drängt sie in die Rolle eines Sexualobjekts und schränkt sie in ihrer Entwicklung ein, das ist für mich Kindesmissbrauch“. Thema der Podiumsdiskussion war „Gleichberech-tigung, Islam und patriarchale Strukturen“.99 Neben dem Verbot des Kopftuchs (Ates spricht sich für ein Verbot bis zum 18. Lebensjahr aus) brauche es auch die verstärkte Vermittlung von politischer Bildung. Ates wurde auch am 30. Juli und am 3. Oktober zu Veranstaltungen des ÖIF eingeladen.100

Am 2. Oktober diskutierten der niederländische Migrationsforscher Ruud Koopmans und der österreichische Journalist und  Chefredakteur der Recher-cheplattform Addendum Michael Fleischhacker beim Podiumsgespräch des ÖIF und gingen der Frage des Einflusses „des Islam [sic!] auf die Integration sowie möglichen Ansätzen zur Verhinderung von Segregation nach: Wichtig sei, das Erlernen der Landessprache, die Akzeptanz zentraler Werte wie etwa der Gleich-berechtigung von Frau und Mann oder auch der Glaubensfreiheit und die Kon-taktpflege mit der Mehrheitsgesellschaft. Zentral sei es, langfristige Beziehungen zur Mehrheitsgesellschaft und zum Land aufzubauen. […] Die Überwindung von kultureller Distanz wird erschwert, wenn man sich streng an islamische Gebote hält. Verpflichtende Integrations- oder Sprachkurse sind ein Weg um zu vermit-

96. ÖIF (2017), “ÖIF-Diskussion mit Zana Ramadani und Susanne Raab”, Integrationsfonds, 28.09.2017, re-trieved: April 20, 2018, from: https://www.integrationsfonds.at/newsbeitrag/oeif-diskussion-mit-zana-ramada-ni-und-susanne-raab_2635/?L=2&cHash=9ce12fd736b657a275083d7d95790dcf. 97. Ebd ÖIF (2017), “ÖIF-Diskussion mit Zana Ramadani und Susanne Raab”, Integrationsfonds, 28.09.2017, retrieved: April 20, 2018, from: https://www.integrationsfonds.at/newsbeitrag/oeif-diskussion-mit-zana-rama-dani-und-susanne-raab_2635/?L=2&cHash=9ce12fd736b657a275083d7d95790dcf. 98. Red. (2018), “Frauenrechtlerin Seyran Ates: "Kopftuch bei Kindern ist Kindesmissbrauch"”, Die Presse, 23.06.2018, retrieved: April 20, 2018, from: http://diepresse.com/home/5452369/. 99. Ebd.100. ÖIF (2019), Mediathek Veranstaltungen, retrieved: April 20, 2018, from: http://diepresse.com/home/5452369/

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teln, welche Werte und Freiheiten gelten und akzeptiert werden müssen, um Teil der Gemeinschaft zu werden“.101

Seyran Ates nahm am 27. August in der Hauptschule Alpbach an einer Podi-umsdiskussion mit dem Titel „Kultur und Identität: Wie viel Anpassung braucht Integration?“ teil. Weitere TeilnehmerInnen waren Susanne Raab, der Moral-theologe Matthias Beck von der Universität Wien. Integrationsministerin Karin Kneissl hielt vor der Diskussion, die vom ÖIF organisiert wurde, eine Keynote. Moderiert wurde die Veranstaltung von Presse-Redakteur Köksal Baltaci.102

Die Publikationen und Veranstaltungen des ÖIF werden im Wesentlichen benutzt, um die Politik der Bundesregierung zu legitimieren, bzw. ihr im Vorfeld „Expertisen“ zur Verfügung zu stellen, die im Nachhinein Politiken legitimieren sollen. So hieß es in der Kronen Zeitung über einen Bericht des ÖIF, dass dieser die Kluft zwischen den Kulturen in Wien aufzeige. ÖVP-Generalsekretär Karl Nehammer, zugleich Migrations- und Integrationssprecher der Türkisen, wird anschließend mit folgenden Worten zitiert: „Das Gift des politischen Islam [sic!] darf unsere Gesellschaft nicht gefährden.“103 Angeblich solle der Bericht zeigen, dass sich in mehreren Wiener Gemeindebezirken Parallelgesellschaften etablie-ren. Nehammer urteilt mit drastischem Vokabular: „Gewaltsame Auseinander-setzungen, territoriale Konflikte und Paralleljustiz stehen laut Exekutivbeamten und Richtern an der Tagesordnung“.104 Die Regierung habe erste Schritte mit der Offensive gegen den politischen Islam und der Einführung der Deutschklassen bereits gesetzt. Ein wichtiger Hebel sei die Reform der Mindestsicherung.105

Am 29. November wurde die 17. Sitzung des Integrationsbeirats, unter dem Vorsitz von ÖIF-Direktor Franz Wolf, von Bundesministerin Karin Kneissl er-öffnet. Integrationsministerin Kneissl eröffnete die Sitzung. Ein Vortrag zu „Der politische Islam in Österreich“ wurde von dem Senior Fellow der Denkfabrik European Foundation for Democracy, Lorenzo Vidino, der als Programmdirek-

101. ÖIF (2018), “Migrationsforscher Koopmanns: "Es steht einer liberalen Gesellschaft zu, Integration zu verlan-gen"”, OTS, 04.10.2018, retrieved: April 20, 2018, from: https://www.ots.at/presseaussendung/OTS_20181004_OTS0160/migrationsforscher-koopmanns-es-steht-einer-liberalen-gesellschaft-zu-integration-zu-verlangen. 102. Baltaci, Köksal (2018), “ Imamin Seyran Ates: „Manche Türken sehen ihre große Stunde gekommen““, Die Presse, 26.08.2018, retrieved: April 20, 2018, from: https://diepresse.com/home/innenpolitik/5485010/Ima-min-Seyran-Ates_Manche-Tuerken-sehen-ihre-grosse-Stunde-gekommen. 103. Krone.at (2018), “„Politischer Islam darf Bürger nicht gefährden“”, Kronen Zeitung, 01.10.2018, retrieved: April 20, 2018, from: https://www.krone.at/1780687. 104. Ebd.105. Ebd.

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tor für Extremismus an der George Washington University angekündigt wurde, gehalten.106

Innenminister Kickl war Gastgeber eines zweitägigen Treffens über „Werte, Rechtsstaat und Sicherheit“, bei dem es auch um den Schutz jüdischer Gemeinden in der EU ging. Er konstatierte „eine neue Intensität antisemitischer Bedrohun-gen“, ausgelöst durch den „politischen Islam“.107 Kickl forderte im Rahmen der Konferenz, dass „vor allem der Kampf gegen den politischen Islam sowie den An-tisemitismus [...] sichtbarer auf der EU-Agenda stehen“108 müssten. Dank wurde an die Direktorin des Frankfurter Forschungszentrums Globaler Islam, Susanne Schröter, ausgesprochen, die erklärt habe, „dass der politische Islam eine grund-legende Bedrohung für Freiheit und Sicherheit und unsere demokratischen Ge-sellschaften insgesamt ist, da er immer nach Machtübernahme strebt.“109 Zudem positionierte Kickl sich als Retter der MuslimInnen, indem er den politischen Is-lam als Bedrohung für MuslimInnen, die in Freiheit und Sicherheit leben wollen, darstellte. Im Sinne der Ausgrenzung muslimischer Stimmen warnten im Rah-men der Konferenz mehrere ExpertInnen, auf die falschen Partner – islamische Einrichtungen – zu setzen.110

Bundeskanzler Kurz verantwortete kurz darauf eine hochrangig besetzte Konferenz mit dem Titel „Der Kampf gegen Antisemitismus und Antizionis-mus“111, positionierte sich pro-israelisch wie kein Kanzler zuvor in Österreich. In diessem Zusammenhang versuchte Kurz, Anti-Zionismus mit Antisemitismus gleichzusetzen, was der Nahostexperte John Bunzl in einem Gastkommentar in Der Standard kritisierte. Bunzl spricht von einer „Tabuisierung eines politischen Unternehmens“. Zudem vermutet Bunzl in dieser Initiative einen „Versuch der

106. ÖIF (2018), “17. Sitzung des Integrationsbeirats: Schwerpunkt Arbeitsmarktintegration und politischer Is-lam in Österreich”, Integrationsfonds, 30.11.2018, retrieved April 23, 2019, from: https://www.integrationsfonds.at/newsbeitrag/17-sitzung-des-integrationsbeirats-schwerpunkt-arbeitsmarktintegration-und-politischer-is-lam-in-oesterreich_3857/107. Kopeinig, Margaretha (2018), “ Kickl will jüdische Gemeinde besser schützen“, Kurier, 19.11.2018 , re-trieved April 23, 2019, from: https://kurier.at/politik/inland/kickl-will-juedische-gemeinde-besser-schuet-zen/400329141?fbclid=IwAR2mPALpXAGYMDhPEKPqiZzC2KG4p_PTJWKeQvMGz_g-_I5bwZUN8SMe2Yk108. BMI (2018), “Kickl: Der Kampf gegen den politischen Islam und den Antisemitismus müssen höher auf EU-Agenda”, OTS, 21.11.2018, retrieved April 23, 2019, from: https://www.ots.at/presseaussendung/OTS_20181121_OTS0222/kickl-der-kampf-gegen-den-politischen-islam-und-den-antisemitismus-mues-sen-hoeher-auf-eu-agenda?fbclid=IwAR3qWm7AAluagYtMlHx73_C2HOSf3U8Ywa9KJ9BTuVHS6b7ZQ-RenaMSHM_4109. Ebd.110. Ebd.111. Kopeinig, Margaretha (2018), “ Kickl will jüdische Gemeinde besser schützen“, Kurier, 19.11.2018 , re-trieved April 23, 2019, from: https://kurier.at/politik/inland/kickl-will-juedische-gemeinde-besser-schuet-zen/400329141?fbclid=IwAR2mPALpXAGYMDhPEKPqiZzC2KG4p_PTJWKeQvMGz_g-_I5bwZUN8SMe2Yk

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Regierung Kurz, den israelischen Boykott von FPÖ-Ministern zu durchbrechen. Bei Kurz' Besuch in Jerusalem im Juni 2018 wurde mehr ‚Verständnis‘ für die schwierige Lage Israels – die ja weitgehend selbstverschuldet ist – angeboten. Kurz ist demonstrativ nicht mit Vertretern der Palästinenser zusammengetroffen. Kurz strebt zunächst nur die Aufhebung des israelischen Boykotts von Außenminis-terin Karin Kneissl an. Aber mit dem Kampf gegen Antisemitismus oder für die Interessen der jüdischen Gemeinden in Europa muss das nichts zu tun haben.“112 Kurz (ÖVP) wurde auch vom Europäischen Jüdischen Kongress (EJC) mit dem Ehrenpreis „Jerusalem Navigator“ ausgezeichnet und pflegt gute Beziehungen zu Netanjahu.113

POLITIKDie politische Debatte über Islam/MuslimInnen verschlechterte sich zunehmend unter der ÖVP-FPÖ-Bundesregierung. Anti-muslimische Gesetze wie das Kopf-tuchverbot in Kindergärten, die Schließung von Moscheen und einer Kultusge-meinde der IGGÖ als Maßnahme gegen den sogenannten ‚politischen Islam‘, das Symbolgesetz und die Forderung nach Fastenverboten sind konkrete Politiken und politische Forderungen, die vorgeben, den sogenannten ‚politischen Islam‘ zu bekämpfen, sich tatsächlich jedoch aber gegen MuslimInnen im Allgemeinen wie auch gegen die organisierte muslimische Zivilgesellschaft richten.

KopftuchverbotAm 31. März präsentierte Vizekanzler Heinz-Christian Strache gegenüber der Kronen Zeitung seinen neuen Vorstoß zum Thema Integrationspolitik: die bundes-weite Einführung eines Kopftuchverbots in Kindergärten und Volksschulen. Ne-ben Deutsch vor dem Schuleintritt sei das „der zweite notwendige Schritt, die Inte-gration sicherzustellen“. Das Kopftuch „spielt dem politischen Islam in die Hände, der schon heute gefährliche Parallelgesellschaften in diversen Vereinsstrukturen geschaffen hat“114, so der FPÖ-Chef. Auch in Wiens SPÖ wurde bereits ein Kopf-tuchverbot an Schulen debattiert und die neue Wiener SPÖ-Landesparteisekre-

112. Bunzl, John (2018), “Das seltsame Verhältnis der Kurz-Regierung zu Isreal“, Der Standard, 20.11.2018, retrieved April 23, 2019, from: derstandard.at/2000091841129/Das-seltsame-Verhaeltnis-der-Kurz-Regie-rung-zu-Israel113. Red. (2018), “Europas Juden ehren Kurz mit „Jerusalem Navigator““, ORF, 20.11.2018, retrieved April 23, 2019, from: https://orf.at/m/stories/3101466/114. Pándi, Claus (2018), “Strache will jetzt Kopftuchverbot in Kindergärten“, Kronen Zeitung, 31.03.2018, re-trieved: October 8, 2018, from: http://www.krone.at/1682481.

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tärin Barbara Novak plädierte dafür. 115 Sie ging einen Schritt weiter und ergänz-te das Kopftuchverbot für „Kinder und Jugendliche“ bis zur Oberstufe.116 Dafür erntete sie innerhalb ihrer Partei große Kritik und ihr wurde die Förderung einer „Ausgrenzungspolitik“ vorgeworfen. Später zog Novak ihre Aussage zurück.117

Lange ließ es nicht auf sich warten, bis sich weitere positive Stimmen zum jüngsten Vorstoß des Vizekanzlers äußerten. Strache sei in seiner Forderung und „im Stil maßvoll und vernünftig“118, befand selbst der Standard-Journalist Eric Frey. Bei dem Kopftuchverbot in Kindergärten und Volksschulen, bis zum zehn-ten Lebensjahr, ginge es nicht um den Eingriff in religiöse Rechte, da es im Islam keine Vorschrift für das Bedecken der Haare für Mädchen gäbe. Ziel sei es, Mäd-chen in ihrer Entwicklung zu schützen, wie auch der „liberale Integrationsexperte Kenan Güngör“119 meine, so Frey. Strache freute sich über diese Zustimmung in Der Standard in einem Interview mit der Kronen Zeitung.120

Die von der FPÖ nominierte Außenministerin Karin Kneissl hat das Kopf-tuch als „Symbol für die Unterdrückung der Frauen“ kritisiert und ein Gerichts-urteil im Iran als Beleg dafür angeführt. Kneissl befand: „Das Kopftuch ist auch ein Symbol für die Unterdrückung der Frauen aufgrund patriarchalischer und archaischer Vorstellungswelten, die mit einer modernen, offenen und freiheitslie-benden Gesellschaft nicht vereinbar sind“.121

Kenan Güngör sprach mit der Woche im Rahmen einer ÖVP-Veranstal-tung zum Thema „Kopftuchverbot an Schulen“. Güngörs Positionen führten zu keiner Entschärfung, sondern einer Ausweitung des prohibitiven Ansatzes: „Was ist mit den Elfjährigen? Deutsche Beobachtungen zeigen, dass das Tragen des Kopftuches erst ab zehn Jahren zunimmt“, womit sich der Soziologe dafür

115. Pándi, Claus (2018), “Strache will jetzt Kopftuchverbot in Kindergärten“, Kronen Zeitung, 31.03.2018, re-trieved: October 8, 2018, from: http://www.krone.at/1682481. 116. Frey, Eric (2018), “Kopftuchverbot: Auch Strache hat manchmal recht”, Der Standard, 02.04.2018, retrie-ved: October 8, 2018, from: https://derstandard.at/2000077175812/Kopftuchverbot-Auch-Strache-hat-manch-mal-recht. 117. Pándi, Claus (2018), „Strache will jetzt Kopftuchverbot in Kindergärten“, Kronen Zeitung, 31.03.2018, re-trieved: October 8, 2018, from: http://www.krone.at/1682481. 118. Frey, Eric (2018), „Kopftuchverbot: Auch Strache hat manchmal recht“, Der Standard, 02.04.2018, retrie-ved: October 8, 2018, from: https://derstandard.at/2000077175812/Kopftuchverbot-Auch-Strache-hat-manch-mal-recht 119. Ebd.120. Kronen Zetung (2018), „Strache im Interview:‘Der politische Islam hat hier nichts verloren!‘“, Kronen Zei-tung, 05.04.2018, retrieved: October 8, 2018, from: https://www.krone.at/1686147 121. APA (2018), “Kopftuch für Kneissl "nicht mit moderner Gesellschaft vereinbar", Die Presse, 12.07.2018, retrieved: April 20, 2018, from: https://diepresse.com/home/ausland/eu/5463025/Kopftuch-fu-er-Kneissl-nicht-mit-moderner-Gesellschaft-vereinbar.

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ausspricht, alle für ihn starken religiösen, politischen und weltanschaulichen Symbole aus den Pflichtschulen zu verbannen: „Das Kopftuch ist ein solches starkes Symbol und es beeinflusst die Identität“. Nach Güngör hätten Kinder kein Bedürfnis, ihr Haar zu bedecken. Dies seien die Bedürfnisse der Eltern.122 Das meinte auch der Religionspädagoge Mouhanad Khorchide, der dies auf persönliche Gespräche zurückführte.123

Am 4. April gab Bundeskanzler Kurz das Kopftuchverbot für Mädchen in Kindergärten und Volksschulen bis zum zehnten Lebensjahr in Auftrag. „Wir wol-len, dass alle Mädchen in Österreich die gleichen Entwicklungschancen haben“,124 so Kurz. Besonders „die Sorge um die jungen Mädchen im Zusammenhang mit den Strömungen des politischen Islam“,125 sei im Fokus des Gesetzes. Kinder sol-len damit vor Symbolen und Kleidungsstücken geschützt werden, die einen nega-tiven Einfluss haben. Bundes- und Vizekanzler erzielen mit dem Kopftuchverbot die Einlösung eines Wahlversprechens. Strache entgegnete immer wieder, dass es keine Religionsdebatte sei, weil es sich um eine „Kleiderordnung und um ein Wahlversprechen“ handle. 126

ÖVP-Bildungsministier Heinz Faßmann präsentierte den Vorschlag vor dem Ministerrat und kündigte an, bis zum Beginn der Sommerferien ein Gesetz ausge-arbeitet zu haben: „Es gehe darum zu signalisieren, dass Österreich ein säkularer Staat sei“,127 so Faßmann. Während er sich anfangs nicht für ein Kopftuchverbot aussprach,128 änderte sich dies im späteren Verlauf der Reigerungspolitik. In Zu-sammenarbeit mit Frauenministerin Juliane Bogner-Strauß (ÖVP) und die für Integration zuständige FPÖ-Außenministerin Karin Kneissl sei bei der Erarbei-

122. Maros-Goller, Martina (2018), “"Kopftuch beeinflusst die Identität stark" – Soziologe Kenan Güngör im WOCHE-Gespräch”, Mein Bezirk, 25.04.2018, retrieved: April 20, 2018, from: https://www1.meinbezirk.at/graz/c-politik/kopftuch-beeinflusst-die-identitaet-stark-soziologe-kenan-guengoer-im-woche-gespraech_a2537082. 123. Ebd APA (2018), “Schule und Islam: Geleugnete Probleme sind nicht lösbar”, Die Presse, 09.05.2018, retrie-ved: April 20, 2018, from: https://diepresse.com/home/Innenpolitik/Wien/5424000/Schule-und-Islam_Geleug-nete-Probleme-sind-nicht-loesbar. 124.Red. (2018), “Kurz gibt Kopftuchverbot für Kinder in Auftrag“, ORF, 04.04.2018, retrieved: April 20, 2018, from: http://orf.at/stories/2432799/. 125. Krone.at (2018), “ÖVP & FPÖ fixieren Kopftuchverbbot in Kindergärten“, Kronen Zeitung, 04.04.2018, retrieved: April 20, 2018, from: http://www.krone.at/1684440. 126. Red. (2018), “Kinderschutzgesetz“ in Auftrag gegeben“, ORF, 04.04.2018, retrieved: April 20, 2018, from: http://orf.at/stories/2432832/2432833/. 127. Red. (2018), “Kurz gibt Kopftuchverbot für Kinder in Auftrag“, ORF, 04.04.2018, retrieved: April 20, 2018, from: http://orf.at/stories/2432799/. 128. Sonja Peitler-Hasewend, Günter Pilch und Norbert Swoboda (2018), „Sommerferien werden nicht gekürzt“, Kleine Zeitung, 11.01.2018, retrieved: April 20, 2018, from: https://www.kleinezeitung.at/politik/innenpoli-tik/5351493/Bildungsminister-Heinz-Fassmann_Sommerferien-werden-nicht-gekuerzt

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tung des „Kinderschutzgesetzes“ auch die Islamische Glaubensgemeinschaft in Österreich (IGGÖ) eingebunden. „Laut Theologen sei ein Kopftuch erst ab der Pubertät notwendig“,129 so Faßmann.

Geplant war von Seiten der Regierung, das Kopftuchverbot in der Pflicht- und Volksschule ohne Zustimmung der Opposition umzusetzen,130 da es für den Beschluss eines „Kinderschutzgesetz“ auch in Kindergärten eine Verfassungs-mehrheit (Zweidrittel-Mehrheit), benötigt.131 Ursprünglich hofften die Regie-rungsparteien auf die Zustimmung der Oppositionspartei.132 Der Vorsitzende der christdemokratischen Pflichtschullehrergewerkschaft FCG, Paul Kimberger, begrüßte das Gesetz und schlug sogar eine Ausdehnung des Verbots auf ein Alter bis 14 Jahre vor. Er räumte gleichzeitig aber ein, dass es bis dato mit kopftuch-tragenden Schülerinnen keine Probleme gab. „Ausnahme sei der Turnunterricht, wobei auch hier alles meist eine Frage der Kommunikation“ sei, so Kimberger.133

Zahlreiche JournalistInnen unterstützten das Regierungsvorhaben: Das ei-gentliche Problem, dass Mädchen ab Pubertätseintritt (Beginn der Menstruation) zum Kopftuchtragen gezwungen und „massiv traumatisiert“ werden, wird laut Helmut Brandstätter nicht thematisiert. Das „eilige“ Kinderschutzgesetz würde nicht den Kern der Problematik lösen, aber „Muslime, die in Österreich leben, sollten dankbar sein, dass sie der Staat zu einem Stück Aufklärung zwingt. Und der Staat sollte so mutig sein und allen Mädchen, die sich ohne Druck zu selbst-bewussten Frauen entwickeln wollen, einen klaren Schutz bieten“, kommentier-te der Kurier-Chefredakteur.134

Kritik kam von Gemeindebund-Präsident Alfred Riedl. Er hält „grundsätz-lich nichts“ von einem Kopftuchverbot.135 Anna Draxler, Lehrerin an der Neuen

129. Red. (2018), “Kurz gibt Kopftuchverbot für Kinder in Auftrag“, ORF, 04.04.2018, retrieved: April 20, 2018, from: http://orf.at/stories/2432799/. 130. KleineZeitung.at (2018), “Dossier zum Kopftuch: So schnell ändert sich die Meinung…”, Kleine Zei-tung, 2018, retrieved: April 20, 2018, from: https://www.kleinezeitung.at/politik/innenpolitik/5400328/Fass-manns-Stimmungswandel#image-4E72F267-64C9-4E2D-8FE1-E09A0BAF8E21_v0_h. 131. Red. (2018), “Kinderschutzgesetz“ in Auftrag gegeben“, ORF, 04.04.2018, retrieved: April 20, 2018, from: http://orf.at/stories/2432832/2432833/. 132. KleineZeitung.at (2018), “Dossier zum Kopftuch: So schnell ändert sich die Meinung…”, Kleine Zei-tung, 2018, retrieved: April 20, 2018, from: https://www.kleinezeitung.at/politik/innenpolitik/5400328/Fass-manns-Stimmungswandel#image-4E72F267-64C9-4E2D-8FE1-E09A0BAF8E21_v0_h. 133. Red. (2018), “„Kinderschutzgesetz“ in Auftrag gegeben“, ORF, 04.04.2018, retrieved: October 8, 2018, from: http://orf.at/stories/2432832/2432833/. 134. Brandstätter, Helmut (2018), “„Die billige Show um das Kopftuch“, Kurier, 05.04.2018, retrieved: October 8, 2018, from: https://kurier.at/meinung/die-billige-show-um-das-kopftuch/400016113. 135. Red. (2018), “„Kurz gibt Kopftuchverbot für Kinder in Auftrag“, ORF, 04.04.2018, retrieved: October 8, 2018, from: http://orf.at/stories/2432799/.

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Mittelschule (NMS) in Wien Simmering, äußerte sich differenziert zur Kopftuch-debatte und bemängelt das Ressourcenproblem. Sie sprach sich zu Vorurteilen von Lehrer/innen gegenüber muslimischen Schüle/innen aus:

„Ja das gibt es leider. Oft ist das eine Generationenfrage. Je jünger und gemischter die LehrerInnen an einer Schule sind, desto offener ist der Umgang mit Schüle-rInnen mit Migrationshintergrund. Oft entwickeln LehrerInnen, die schon lange im Dienst sind, einen gewissen Tunnelblick. SchülerInnen beschweren sich oft bei mir, dass sie von bestimmten LehrerInnen diskriminiert werden. Aussagen wie: „Na, wenn dir heiß ist, ziehst halt das Kopftuch aus‘‘ kommen leider vor. Es gibt auch LehrerInnen, die muslimische SchülerInnen währen der Fastenzeit Ramadan zu überzeugen versuchen, etwas zu essen oder zu trinken. Lassen sich diese nicht überzeugen, so werden im Turnunterricht extra anstrengende Übungen angeord-net, haben einige SchülerInnen berichtet.“136

Matthias Strolz, ehemaliger Parteichef der NEOS, wies ebenfalls daraufhin, dass „so ein Gesetz nicht zu Mobbing gegen Kopftuchträgerinnen führen darf.“ Die Präsidentin der katholischen Frauenorden Österreichs kritisiert das geplante Verbot scharf und Verfassungsrechtler Heinz Mayer erklärte, dass das Tragen einer Kippa oder einer Kreuzkette mit solch einem Gesetz genauso verboten wären.137

Am 5. April im „Talk im Hangar 7“ von Servus TV äußerte Strache den Wunsch auf ein umfassendes Kopftuchverbot bis zur Universität: „Ich bin und war immer der Meinung, dass in Bereichen des öffentlichen Schulsystems, aber auch an der Universität und auch im öffentlichen Dienst so ein Kopftuchverbot analog zur Türkei auch sinnvoll ist“, sagte der FPÖ-Chef. Bundeskanzler Kurz stimmte dem Vorschlag zu: „Wir sind da ganz auf einer Linie“.138 Karoline Edt-stadler, ÖVP-Staatssekretärin im Innenministerium befürwortete ebenfalls die Ausweitung.139 Für die Notwendigkeit der Regelung nannten Kanzler und Vize-kanzler wiederholt das Argument des politischen Islams: Männliche Schüler wür-

136. Ahmed, Isabella/Draxler, Anna (2018), “Lehrerinnen im Interview: Nicht Kopftücher, fehlnde Ressourcen sind das Problem an Brennpunktschulen”, Mosaik Blog, 05.04.2018, retrieved: October 8, 2018, from: https://mo-saik-blog.at/wiener-lehrerinnen-im-interview-nicht-kopftuecher-sondern-fehlende-ressourcen-sind-das-prob-lem-an-schulen/. 137. KleineZeitung.at (2018), “Dossier zum Kopftuch: So schnell ändert sich die Meinung…”, Kleine Zeitung, 2018, retrieved: October 8, 2018, from: https://www.kleinezeitung.at/politik/innenpolitik/5400328/Fass-manns-Stimmungswandel#image-4E72F267-64C9-4E2D-8FE1-E09A0BAF8E21_v0_h. 138. Red. (2018), “Strache will Kopftuchverbot bis zur Universität“, ORF, 06.04.2018, retrieved: October 13, 2018, from: http://orf.at/stories/2433133/. 139. Peternel, Evelyn (2018), “Was junge Musllimas zur Kopftuch-Debatte sagen”, Kurier, 08.04.2018, retrie-ved: October 13, 2018, from: https://kurier.at/politik/inland/was-junge-muslimas-zur-kopftuch-debatte-sa-gen/400017736?utm_term=Autofeed&utm_campaign=Echobox&utm_medium=Social&utm_source=Face-book#link_time=1523170472.

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den ihre weiblichen Mitschülerinnen dazu drängen, sich zu verschleiern, was von der Regierung zu unterbinden sei.140

Nachdem sich der Verfassungsdienst mit der politischen Forderung beschäf-tigte, legten die JuristInnen die Ergebnisse des Befundes dar: Ein Kopftuchverbot an Kindergärten und Schulen sei zwar möglich, aber unter der Voraussetzung, dass religiöse Kopfbedeckungen für alle Religionen verboten werden, womit auch die jüdische Kippa für Buben betroffen wäre. Wenn es lediglich für MuslimInnen gelte, sei es eine Diskriminierung, so der Verfassungsrechtler Bernd-Christian Funk. Regierungssprecher Peter Launsky-Tieffenthal sieht jedoch keine Diskri-minierung, da es hauptsächlich um den Schutz kleiner Mädchen gehe. Funk ist überzeugt, dass das geplante Gesetz vor dem Verfassungsgerichtshof oder spätes-tens vor dem Europäischen Menschenrechtsgericht (EGMR) scheitern werde.141

Brigitte Bierlein, neue Verfassungsgerichtshofpräsidentin, äußerte sich im Standard-Interview zu den Regierungsplänen: „Ich gehe davon aus, dass alle Reli-gionsgemeinschaften gleich behandelt werden sollten.“142

Die IGGÖ sprach sich klar gegen das Kopftuchverbot in Volksschulen und Kin-dergärten aus. Präsident Ibrahim Olgun kündigte an, alle rechtlichen Schritte einzu-setzen und das Verbot bis zum Verfassungsgerichtshof anfechten zu wollen.143

FPÖ-Klubobmann Johann Gudenus bezeichnete den angekündigten Rechts-weg der IGGIÖ als „islamistisch geprägte Aussagen“: „Wer das nicht akzeptie-ren möchte, ist gern eingeladen, seine Lebensformen in einem islamischen Land auszuleben.“144 Prüller, stv. Chefredakteur der „Presse“ und Kommunikationschef der Erzdiözese Wien, kritisierte hingegen Gudenus Standpunkt:

„Ich bin mir nicht sicher, ob es zwingend zu den Werten und Sitten eines christlich geprägten und aufgeklärten Landes gehört, dass der Staat sich in die Frage ein-mischt, welche Kopfbedeckungen Eltern ihren Kindern aufsetzen. Etwas anderes

140. Red. (2018), “Strache will Kopftuchverbot bis zur Universität“, ORF, 06.04.2018, retrieved: October 13, 2018, from: http://orf.at/stories/2433133/. 141. Sterkl, Maria (2018), “Strache blitzt mit allgemeinem Kopftuchverbot ab“, Der Standard, 06.04.2018, retrie-ved: October 13, 2018, from: derstandard.at/2000077450058/Strache-will-allgemeines-Kopftuchverbot-auch-fu-er-Studierende. 142. Egyed, Marie-Theres; Mayr, Peter (2018), “Bierlein: "Das Kopftuchverbot ist sicher problematisch", Der Standard, 27.04.2018, retrieved: October 13, 2018, from: derstandard.at/2000078793119/Bierlein-Das-Kopf-tuchverbot-ist-sicher-problematisch. 143. Red. (2018), “IGGÖ will Kopftuchverbot anfechten“, ORF, 09.04.2018, retrieved: October 13, 2018, from: http://orf.at/stories/2433535/. 144. Prüller, Michael (2018), “Der Rechtsweg – eine Unsitte?“, Die Presse, 14.04.2018, retrieved: October 14, 2018, from: https://diepresse.com/home/meinung/cultureclash/5406046/Culture-Clash_Der-Rechtsweg-eine-Unsitte.

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gehört aber garantiert zu diesen Werten und Sitten: dass man Gesetze, die einem zu weit gehen, auf dem Rechtsweg beeinspruchen darf.“145

Wiener SPÖ-Bürgermeister Michael Häupl machte im Standard-Interview kund, dass er dem Kopftuchverbot nicht zustimme und „Kopftücher das Stadtbild bereichern.“146 Daraufhin nannte Gudenus das „Häupl-Outing“ als Wahnsinn und kommentierte „Kopftuchmädchen als bereichernd zu empfinden, während Fotos von kriegsspielenden Kopftuch-Mädchen mitten in Wien in den Medien Empörung und Angst bei der Wiener Bevölkerung hervorrufen, zeugt von einem Realitätsverlust, der mich sogar bei einem Roten überrascht“.147

ÖVP-Wien Integrationssprecherin Caroline Hungerländer stellte einen An-trag im Gemeinderat für eine Beratungsstelle für Frauen, die ihr Kopftuch able-gen. Ihrer Aussage nach sollten Frauen keine Angst haben und gegen die Repres-salien der Community und ihren Familien ankämpfen. Der Antrag wurde von Rot-Grün abgelehnt.148

Die IGGÖ hat im Zuge des von der Regierung geplanten Kopftuchverbots in Kindergärten und Schulen Zahlen in ihren privaten Bildungseinrichtungen erhoben und ist damit einen fragwürdigen Schritt gegangen. Das Ergebnis: Weniger als 15 Prozent tragen ein Kopftuch in den islamisch-konfessionellen Volksschulen.149 Olgun meinte dazu: „Solange so ein Verbotsgesetz nicht verab-schiedet wird, sind wir immer bereit für Gespräche.“ Finde man keine Lösung, „bleibt uns nichts anderes übrig als alle rechtlichen Mittel zu nützen“.150

Am 27. Juni diskutierten „Fachleute aus den Bereichen Psychologie, Kinder-rechte und Bildung“ über das Kopftuch bei Kindern. Von der IGGÖ saß dagegen

145. Prüller, Michael (2018), “Der Rechtsweg – eine Unsitte?“, Die Presse, 14.04.2018, retrieved: October 14, 2018, from: https://diepresse.com/home/meinung/cultureclash/5406046/Culture-Clash_Der-Rechtsweg-ei-ne-Unsitte. 146. KleineZeitung.at (2018), “Noch-Bürgermeister Häupl: "Kopftücher sind Bereicherung des Stadtbildes"“, Kleine Zeitung, 28.04.2018, retrieved: October 14, 2018, from: https://www.kleinezeitung.at/politik/innenpo-litik/5414250/NochBuergermeister-Haeupl_Kopftuecher-sind-Bereicherung-des. 147. FPÖ Wien (2018), “Gudenus: Häupl-Outing zum Amtsende entlarvt Wahnsinn der Stadtregierung“, OTS, 28.04.2018, retrieved: October 14, 2018, from: https://www.ots.at/presseaussendung/OTS_20180428_OTS0024/gudenus-haeupl-outing-zum-amtsende-entlarvt-wahnsinn-der-stadtregierung. 148. ÖVP-Klub Wien (2018), “VP-Hungerländer: Beratungsstelle für Frauen, die Kopftuch ablegen wollen“, OTS, 27.04.2018, retrieved: October 14, 2018, from: https://www.ots.at/presseaussendung/OTS_20180427_OTS0279/vp-hungerlaender-beratungsstelle-fuer-frauen-die-kopftuch-ablegen-wollen. 149. APA (2018), “IGGÖ: 15 Prozent mit Kopftuch in islamischen Volksschulen“, Der Standard, 06.05.2018, retrieved: April 20, 2018, from: derstandard.at/2000079258386/IGGOe-Kopftuchtraegerinnen-in-Volksschu-len-erhoben. 150. APA (2018), “IGGÖ: 15 Prozent mit Kopftuch in islamischen Volksschulen“, Der Standard, 06.05.2018, retrieved: April 20, 2018, from: derstandard.at/2000079258386/IGGOe-Kopftuchtraegerinnen-in-Volksschu-len-erhoben.

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niemand auf dem Podium. Die Inhalte sollen „in den Gesetzeswerdungsprozess einfließen. Und die Stoßrichtung der Diskussionsteilnehmer ist eindeutig. Ahmad Mansour aus Deutschland würde ein Kopftuchverbot für Kinder etwa ebenso be-grüßen wie Andrea Walach, Direktorin der Wiener NMS Gassergasse. Das Kopf-tuch beeinträchtige die Persönlichkeitsentwicklung der Kinder und sexualisiere sie. Ein Kopftuch sei „pervers und Missbrauch“, so Mansour. Dass die IGGÖ nicht aufs Podium der Diskussion im Ministerium eingeladen wurde, sei bedenklich, da mit einer „langjährigen politischen Praxis, die Glaubensgemeinschaft in Mus-lime unmittelbar betreffende Themen direkt einzubinden“151 gebrochen werde.

Das Kopftuchverbot verzögerte sich jedoch. Im April hatte Sebastian Kurz (ÖVP) dieses Verfassungsgesetz bis zum Beginn der Sommerferien angekündigt. Das „Kinderschutzgesetz“ sollte von Bildungsminister Faßmann, Frauenminis-terin Bognar-Strauß und Integrationsministerin Kneissl ausgearbeitet werden152. Da die Regierung keine Zweidrittelmehrheit zusammenbrachte, beschloss sie, eine sogenannte 15a-Vereinbarung zu machen, also eine Vereinbarung zwischen Bund und Ländern.

Von der sozialdemokratisch geführten Wiener Regierung war man über das geplante Kopftuchverbot nicht informiert. Eine Sprecherin des Bildungsstadtrats Jürgen Czernohorskzy erklärte, dass bei Verhandlungsrunden Ende Mai das The-ma Kopftuchverbot nicht erwähnt worden sei. Bildungsminister Faßmann hätte sich ursprünglich sogar skeptisch gegenüber einem Kopftuchverbot gezeigt und Anfang April vor Medien überraschend verkündet, dass er ein Kopftuchverbot ausarbeiten würde. Die Landeshauptleute der drei rot regierten Bundesländer Wien, Burgenland und Kärnten, waren verärgert, weil die Bundesregierung ein paar Wochen vor in-Kontakt-Treten mit den Ländern öffentlichkeitswirksam eine Einigung zu Kindergartenausbau und Sprachförderung präsentiert hatte, die scheinbar nur mit den schwarz regierten Ländern akkordiert war.153

Vizekanzler Strache verwies auf die Türkei vor der AKP als vorbildhaftes Bei-spiel, das lange ein Kopftuchverbot an staatlichen Schulen hatte. Für ihn war das

151. Ichner, Bernhard (2018), “Psychologe Ahmad Mansour: „Kopftuch ist Kindesmissbrauch“”, Kurier, 28.06.2018, retrieved: April 20, 2018, from: https://kurier.at/amp/chronik/oesterreich/psychologe-ahmad-man-sour-kopftuch-ist-kindesmissbrauch/400057790. 152. Red. (2018), “„Komplexes Thema“: Kopftuchverbot verzögert sich“, ORF, 02.07.2018, retrieved: April 20, 2018, from: https://newsv2.orf.at/stories/2445405. 153. Red. (2018), “Wertekatalog für SPÖ „alter Hut““, ORF, 2018, retrieved: April 20, 2018, from: https://wien.orf.at/m/news/stories/2934533/.

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Kopftuch „eindeutig ein Ausdruck des politischen Islam“,154 das es zurückzudrän-ge gelte. Im Sinne des White Savior Complex argumentierte er, dass man nicht zulassen dürfe, „dass junge Mädchen stigmatisiert und schon im Kindergarten sexualisiert werden.“155 SPÖ-Bundesgeschäftsführer Lercher positionierte sich gegen den Vorstoß und ortete darin ein Ablenkungsmanöver gegen den „Lohn-raub“ und die von der Regierung durchgesetzten 60-Stunden-Woche: „Vielleicht müssten sich Österreichs Beschäftigte ein Kopftuch umbinden, um von dieser Regierung überhaupt wahrgenommen zu werden.“156 Auch für den Kärntner SPÖ-Landeshauptmann Peter Kaiser war das Kopftuchverbot ein zu durschau-endes Ablenkungsmanöver.157 Die Salzburger Bildungsrätin Andrea Klambau-er (NEOS), kritisierte Strache dafür, „das Ausländerthema in jede Diskussion pressen“ zu wollen.158 Selbst die Vorarlberger Bildungslandesrätin Barbara Schö-bi-Funk (ÖVP) stand dem Kopftuchverbot ablehnend gegenüber.159 Neben Kritik am Finanzplan und Arbeitszeiten sowie Kürzungen bei der Kinderbetreuung160 wurde auch das Kopftuchverbot kritisiert, wie etwa von Burgenlands Familien-landesrätin Verena Dunst (SPÖ).161 Auch in Vorarlberg sei das Thema Kopftuch kein Thema, der Bund würde „die heiße Kartoffel an Länder und Gemeinden ab-schieben.“162 Die Bundesjugendvertretung bezeichnet den Vorstoß der Regierung, die Zustimmung zum Kopftuchverbot an die Förderung für Kinderbetreuungs-einrichtungen zu koppeln, als völlig inakzeptabel. Man würde Dinge, die sachlich nichts miteinander zu tun haben, miteinander verknüpfen.163 Der Vorarlberger Landeshauptmann Markus Wallner (ÖVP) ging mit seiner Kritik an dem Kopf-

154. Red. (2018), “Kopftuchverbot: Strache will Einigung mit Ländern“, ORF, 08.07.2018, retrieved: April 20, 2018, from: https://newsv2.orf.at/stories/2446079. 155. Red. (2018), “Kopftuchverbot: Strache will Einigung mit Ländern“, ORF, 08.07.2018, retrieved: April 20, 2018, from: https://newsv2.orf.at/stories/2446079. 156. SPÖ (2018), “Kopftuch – Lercher: Um von dieser Regierung wahrgenommen zu werden, müssten sich Öster-reichs Arbeitnehmer kollektiv ein Kopftuch umbinden”, OTS, 08.07.2018, retrieved: April 20, 2018, from: https://www.ots.at/presseaussendung/OTS_20180708_OTS0028/kopftuch-lercher-um-von-dieser-regierung-wahrge-nommen-zu-werden-muessten-sich-oesterreichs-arbeitnehmer-kollektiv-ein-kopftuch-umbinden. 157. David Krutzler, Walter/Müller, Maria Sterkl (2018), “Verwunderung über Straches Kopftuch-Vorstoß“, Der Standard, 09.07.2018, retrieved: April 20, 2018, from: https://derstandard.at/2000083096740/Wien-zu-Kopf-tuchverbot-Es-liegt-uns-kein-Vorschlag-der-Regierung?ref=article. 158. ebd.159. ebd.160. ebd161. Red. (2018), “„Gründliche Überarbeitung“ gefordert”, ORF, 13.07.2018, retrieved: April 20, 2018, from: https://orf.at/v2/stories/2446818/2446813/. 162. ebd163. ebd

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tuchverbot noch weiter und sprach mit News von einem „beliebten Sommerthe-ma des Vizekanzlers“, der dem Bund bisher aber keine verfassungskonforme Be-stimmung vorgelegt habe.164 Familienministerin Bogner-Strauß (ÖVP) zeigte sich vom Kopftuchverbot überzeugt: „Hinsichtlich der freien und selbstbewussten Entwicklung junger Mädchen ist mir besonders wichtig, dass diese frei von reli-giösem Zwang erfolgen kann.“165 Der rechtlichen Schwierigkeiten sind der Regie-rung jedenfalls von Anbeginn an klar gewesen. „Schritt für Schritt“, sagte Kanzler Sebastian Kurz kommt man dem „generellen Ziel, dass Frauen in Österreich nicht zur Verhüllung gezwungen werden“, näher. Der nächste Schritt: Ein Kopftuchver-bot in Volksschulen. „Egal, auf welcher Ebene wir ansetzen, wir müssen damit rechnen, dass es am Verfassungsgerichtshof angefochten wird“, befürchtet man in Regierungskreisen von früh an.166

Die Regierung reagierte, indem sie klarmachte, dass es ohne Zustimmung der Länder zum Kopftuchverbot keine Förderungen für die Kinderbetreuung gäbe. Die inzwischen zur Chefin der NEOS avancierte Beate Meinl-Reisinger sprach hierbei von einer „eiskalten Erpressung.“167

In der Vereinbarung heißt es:

„Um die bestmögliche Entwicklung und Entfaltung aller Kinder sicherzustellen, ist in elementaren Bildungseinrichtungen Kindern das Tragen weltanschaulich oder religiös geprägter Bekleidung zu verbieten, die mit der Verhüllung des Hauptes eine frühzeitige Sexualisierung der Kinder und damit eine geschlechtliche Segre-gation bezwecken und insofern mit verfassungsrechtlichen Grundwerten und Bil-dungszielen der Verfassung, insbesondere der Gleichstellung von Mann und Frau, nicht vereinbar sind. Um die bestmögliche Entwicklung und Entfaltung aller Kin-der sicherzustellen, ist in elementaren Bildungseinrichtungen Kindern das Tragen weltanschaulich oder religiös geprägter Bekleidung zu verbieten, die mit der Ver-hüllung des Hauptes eine frühzeitige Sexualisierung der Kinder und damit eine geschlechtliche Segregation bezwecken und insofern mit verfassungsrechtlichen Grundwerten und Bildungszielen der Verfassung, insbesondere der Gleichstellung

164. KleineZeitung.at (2018), “VP-Wallner kritisiert Vizekanzler Strache”, Kleine Zeitung, 19.07.2018, retrie-ved: April 20, 2018, from: https://www.kleinezeitung.at/politik/innenpolitik/5466872/Beliebtes-Sommerthe-ma_VPWallner-kritisiert-Vizekanzler-Strache. 165. Mittelstaedt, Katharina (2018), “Wien prüft “Ermahnung” als Sanktion bei Verstoß gegen Kopftuchver-bot”, Der Standard, 24.10.2018, retrieved: April 20, 2018, from: https://derstandard.at/2000090001039/Wi-en-prueft-Ermahnung-als-Sanktion-bei-Verstoss-gegen-Kopftuchverbot. 166. Lindorfer, Raffaela (2018), “VP-Lehrersprecher: Kopftuchverbot bis 14, Kinder vor Ramadan schützen“, Kurier, 25.10.2018, retrieved: April 20, 2018, from: https://kurier.at/politik/inland/vp-lehrersprecher-kopftuch-verbot-bis-14-kinder-vor-ramadan-schuetzen/400155087. 167. John, Gerald (2018), “Sparen bei Kindergärten, Kopftuchverbot als Bedingung“, Der Standard, 11.07.2018, retrieved: April 20, 2018, from: https://derstandard.at/2000083248784/Bogner-Strauss-stuetzt-Kinderbetreu-ung-mit-110-Millionen-Euro?ref=article.

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von Mann und Frau, nicht vereinbar sind. Die Vertragsparteien verpflichten sich, im Rahmen ihrer Zuständigkeiten verwaltungsstrafrechtliche Rechtsvorschriften zu erlassen, mit denen Verstöße gegen ein solches Verbot gegenüber den Erzie-hungsberechtigten sanktioniert werden.“168

Offizielle Statistiken über Hijab-tragende Mädchen in Kindergärten gibt es nicht. Die IGGÖ hat in einer internen Erhebung herausgefunden, dass selbst in muslimisch-konfessionellen Schulen lediglich 15% der Mädchen einen Hijab tragen.169 Die Frage, ob ein Kopftuchverbot rechtlich überhaupt möglich sei, bejahte der Verfassungsdienst, der im Justizministerium angesiedelt ist. Dabei stützt er sich auf eine Reihe von Urteilen des Europäischen Menschenrechts-gerichtshofs (EGMR), der das Verbot religiöser Symbole und Bekleidung für zulässig erklärte. Zwei der fünf angeführten Fälle kommen dabei aus der Türkei und zwei weitere aus Frankreich. Verfassungsjurist Karl Weber argumentiert, dass der EGMR Kopftuchverbote immer wieder als unzulässig erklärte, außer es gäbe ein Neutralitätsgebot für alle Religionen. Er hält das Gutachten des Ver-fassungsdienstes deshalb für „dünn“170. Auch Verfassungsrechtler Heinz Mayer hält wenig vom Kopftuchverbot. Die Begründung sei „völlig an den Haaren herbeigezogen“ und ein Verbot sei erst möglich, „wenn die kleinen Mädchen die öffentliche Ordnung und Sicherheit gefährden würden. Das ist wohl zu be-zweifeln.“171 Jurist Theo Öhlinger hält ebenso wenig von der Begründung der Regierung, dass ein Verbot „frühzeitige Sexualisierung“ verhindere für „unnö-tiges Geschwafel“.172

Am 24. Oktober wurde das Kopftuchverbot als fix angekündigt: Die tür-kis-blaue Regierung ruderte mit den Kürzungsvorschlägen zurück. Das Papier enthielt zur finanziellen Regelung der Kinderbetreuung dennoch das Kopftuch-verbot in Kindergärten, in das auch schlussendlich alle einwilligten. Damit ist den Ländern die Aufgabe gegeben, sich zu überlegen, wie das umstrittene Kopftuch-verbot in Kindergärten künftig sanktioniert werden soll. Verwaltungsstrafrechtli-che Konsequenzen sind vorgesehen.

168. ebd169. Mittelstaedt, Katharina (2018), “Rechtliche Zweifel an Kopftuchverbot für Kinder”, Der Standard, 18.07.2018, retrieved: April 20, 2018, from: https://derstandard.at/2000083651708/Rechtliche-Zweifel-an-Kopf-tuchverbot-fuer-Kinder. 170. ebd171. ebd172. Ebd

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Während Bildungsminister Heinz Faßmann sich zu Beginn des Jahres 2018 noch weitaus ausgewogener deklarierte (Österreich sei „ein religionsfreundli-ches Land. Aber Österreich ist auch ein religionsneutrales Land“ ), ließ er später verlautbaren, dass er ein Kopftuchverbot auch bei Lehrerinnen für sinnvoll hiel-te.173 Paul Kimberger, Sprecher der Lehrergewerkschaft, dachte nach anfänglicher Skepsis an die Möglichkeit der Ausweitung: Auch mit einem Kopftuchverbot für Lehrerinnen hätte er „kein Problem“.174

Nachdem am 17.10. die Begutachtungsfrist für die neue Vereinbarung zwi-schen Bund und Ländern geendet hatte, monierte die IGGÖ, nicht eingebunden geworden zu sein.175

Anders als angekündigt kürzte der Bund die Mittel für den Kindergarten-ausbau nicht. Wien kritisiert die fehlenden Verhandlungen. (…) Die Bundes-länder hätten in ihrer Stellungnahme zum ersten Entwurf im Juli auf eine Reihe von problematischen Punkten hingewiesen und eine politische Abstimmung gefordert. Diese habe es nie gegeben: „Die Vorgangsweise des Bundes war eine des Verzögerns und nun wird medial ein Entwurf präsentiert, der nie verhandelt wurde. Das ist schlechter Stil und tut der Lösung nicht gut“.176 Die SPÖ-Stei-ermark versuchte die Bundesregierung rechts zu überholen: Am 12. September legte die steirische SPÖ ihre Position zum Kopftuchverbot fest: Parteichef und Landeshauptmann-Stellvertreter Michael Schickhofer stützte darin die Linie seiner Bildungslandesrätin Ursula Lackner: „Wir sind für ein Kopftuchverbot für Mädchen bis 14 Jahre, also in Kindergärten und in Pflichtschulen.“ Deshalb müsse man auf Zwänge aus den Elternhäusern mit einem Verbot begegnen. Landeshauptmann und VP-Obmann Hermann Schützenhöfer sagt: „Wir sollten die Debatte mit Experten führen. Dass die Probleme akut sind, zeigt ja Susanne Wiesingers Buch.“177 In der OTS-Aussendung am 14. September erklärte die IG-GÖ-Steiermark: „Mit Bedauern nehmen die Vertreterinnen und Vertreter der Is-

173. Lindorfer, Raffaela (2018), “VP-Lehrersprecher: Kopftuchverbot bis 14, Kinder vor Ramadan schützen“, Kurier, 25.10.2018, retrieved: April 20, 2018, from: https://kurier.at/politik/inland/vp-lehrersprecher-kopftuch-verbot-bis-14-kinder-vor-ramadan-schuetzen/400155087. 174. Ebd.175. Religion.orf.at (2018), “Kopftuch: IGGÖ „gegen inakzeptable Eingriffe““, ORF, 19.10.2018, retrieved: April 20, 2018, from: https://religion.orf.at/m/stories/2942568/. 176. Wien.orf.at (2018), “Kinderbetreuung: Ludwig urgiert Verhandlungen“, ORF, 24.08.2018, retrieved: April 20, 2018, from: https://wien.orf.at/news/stories/2931930/. 177. Hecke, Bernd (2018), “SPÖ und ÖVP drängen auf Verbot von Kopftuch in Pflichtschulen”, Kleine Zei-tung, 13.09.2018, retrieved: April 20, 2018, from: https://www.kleinezeitung.at/steiermark/chronik/5495992/In-der-Steiermark_SPOe-und-OeVP-draengen-auf-Verbot-von-Kopftuch.

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lamischen Glaubensgemeinschaft den Vorstoß der steirischen Sozialdemokratie, ein Kopftuchverbot in der Unterstufe einzuführen, zur Kenntnis“, so Vorsitzen-de der Islamischen Religionsgemeinde Steiermark, Ali Kurtgöz.178 IGGÖ-Präsi-dent Olgun erblickte darin einen Schritt „hin zu einem generellen Kopftuch-verbot im Bildungsbereich, sowohl für Schülerinnen als auch für Lehrerinnen. Davor haben wir als Glaubensgemeinschaft schon zu Beginn dieser Diskussion gewarnt“.179 Für die FPÖ war die Kritik der IGGÖ am Kopftuchverbot in Kin-dergärten alleine bereits Beweis dafür, dass sich diese „auf islamistischen Pfaden bewegt“.180 Die IGGÖ wehrte sich in einem Gutachten grundsätzlich gegen jeden Versuch, „den Hidschab explizit oder implizit als politisches Symbol hintanzu-stellen“.181 Kindern werde gezeigt, dass das „freie Ausüben einer Religionspraxis“ im Kindergarten nicht akzeptiert werde. Zudem sei das Verbot gleichheitswidrig. Auch der Katholische Familienverband wehrt sich dagegen, „über die Hintertür politische Ziele" wie ein Kopftuchverbot durchzusetzen.“182

Die SPÖ wie auch die NEOS positionierten sich zuerst „gesprächsbereit“ be-züglich eines Kopftuchverbots für Volksschülerinnen, forderten aber ein Gesamt-paket zur Integration. NEOS-Bildungssprecher Douglas Hoyos meinte, dass „ein Kopftuchverbot allein [...] niemals eine ernsthafte Integrationspolitik ersetzen“ könne.183 Bildungsminister Faßmann erklärte, dass im Falle, dass keine Verfas-sungsmehrheit zustande käme, eine einfachgesetzliche Verabschiedung möglich

178. IGGÖ (2018), “IGGÖ: "Steirische Sozialdemokratie springt auf Populismus-Zug auf "”, OTS, 14.09.2018, retrieved: April 20, 2018, from: https://www.ots.at/presseaussendung/OTS_20180914_OTS0118/iggoe-steiri-sche-sozialdemokratie-springt-auf-populismus-zug-auf. 179. APA (2018), “Islamische Glaubensgemeinschaft ärgert sich über geplantes Kopftuchvebot”, Salzburger Nach-richten, 11.09.2018, retrieved: April 20, 2018, from: https://www.sn.at/politik/innenpolitik/islamische-glaubens-gemeinschaft-aergert-sich-ueber-geplantes-kopftuchverbot-39916951. 180. FPÖ (2018), “FPÖ-Hafenecker: IGGÖ weiter auf islamistischen Pfaden”, OTS, 25.08.2018, retrieved: April 20, 2018, from: https://www.ots.at/presseaussendung/OTS_20180825_OTS0024/fpoe-hafenecker-iggoe-wei-ter-auf-islamistischen-pfaden. 181. APA (2018), “Kopftuchverbot im Kindergarten: IGGÖ ortet "Phantomphänomen"“, Die Presse, 19.10.2018, retrieved: April 20, 2018, from: https://diepresse.com/home/innenpolitik/5516101/Kopftuchverbot-im-Kinder-garten_IGGOe-ortet-Phantomphaenomen. 182. APA (2018), “Kopftuchverbot im Kindergarten: IGGÖ ortet "Phantomphänomen"“, Die Presse, 19.10.2018, retrieved: April 20, 2018, from: https://diepresse.com/home/innenpolitik/5516101/Kopftuchverbot-im-Kinder-garten_IGGOe-ortet-Phantomphaenomen. 183. Kurier.at (2018), “Kopftuchverbot in Volksschulen: SPÖ und Neos "gesprächsbereit"”, Kurier, 18.11.2018, re-trieved April 23, 2019, from: https://kurier.at/politik/inland/kopftuchverbot-in-volksschulen-spoe-gespraechs-bereit/400327893

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sei,184 was auch geschah. Am 22. November wurde sodann ein Bundesgesetz, mit dem das Schulunterrichtsgesetz geändert werden soll, eingebracht. Darin hießt es:

1. Nach § 43 wird folgender § 43a angefügt: „(Verfassungsbestimmung) § 43a. (1) Um die bestmögliche Entwick-lung und Entfaltung aller Schülerinnen und Schüler sicherzustellen, ist diesen bis zum Ende des Schuljahres, in welchem sie das 10. Lebensjahr vollenden, das Tragen weltanschaulich oder religiös geprägter Beklei-dung mit der eine Verhüllung des Hauptes verbunden ist, untersagt. Dies dient der sozialen Integration von Kindern gemäß den lokalen Ge-bräuchen und Sitten, der Wahrung der verfassungsrechtlichen Grund-werte und Bildungsziele der Bundesverfassung sowie der Gleichstellung von Mann und Frau.

2. hat die Schulleiterin bzw. der Schulleiter innerhalb von 4 Schultagen, zu einem verpflichtenden Gespräch zu laden.

3. Findet nach dem Gespräch ein weiterer Verstoß gegen das Verbot gemäß Abs. 1 statt ist von der Bezirksverwaltungsbehörde mit einer Geldstrafe bis zu 440 €, im Fall der Uneinbringlichkeit mit Ersatzfreiheitsstrafe bis zu zwei Wochen zu bestrafen.“

Begründung:

Rechte des Kindes im Vordergrund stehen. Die Übereinkunft über die Rechte des Kindes (UN-Kinderrechtskonvention) garantiert Kindern zahlreiche Rechte, unter anderem die in Art. 28 und 29 festgeschriebenen Rechte auf Bildung und Entfal-tung der Persönlichkeit.

erfolgreiche soziale Entwicklung und Integration (vgl. auch EGMR 10.1.2017, Os-manoglu ua. gegen Schweiz, in dem die besondere Rolle von Bildungseinrichtun-gen im Integrationsprozess hervorgehoben wurde) der Schülerinnen und Schüler in den Schulen sichergestellt werden

kann ein Eingriff in das Grundrecht auf Religionsfreiheit vorliegen. Soweit Grund-rechtseingriffe vorliegen, sind diese zulässig, wenn sie vorhersehbar sind, ein legi-times Ziel verfolgen und verhältnismäßig sind. Zu diesen Zielen zählen etwa der

184. Kurier.at (2018), “"Husch-Pfusch-Gesetz": SPÖ will Kopftuchverbot nicht zustimmen”, Kurier, 19.11.2018, retrieved April 23, 2019, from: https://kurier.at/politik/inland/husch-pfusch-gesetz-spoe-will-kopftuchver-bot-nicht-zustimmen/400328757?fbclid=IwAR3WEJEHUboI0B_tdHyZiWxeCQqWA2LCvGiJ0UEuDHK1Fh-3CWukp0bjGV2A

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Schutz der öffentlichen Sicherheit und Ordnung, der Gesundheit und der Moral sowie der Schutz der Rechte Dritter.

Die vorliegende Regelung soll ebenso den Schutz von Musliminnen und Muslimen, die die Verhüllung aus persönlicher Überzeugung nicht praktizieren und jener An-hänger von Richtungen des Islam, in welchen die Verhüllung keine Praxis ist und damit eine freie Entscheidung über die Religionsausübung sichern als auch eine erfolgreiche Integration ermöglichen. Integration ist ein beidseitiger Prozess, der eine Mitwirkung der jeweiligen Zielgruppe bedingt. Das Tragen des islamischen Kopftuches bis Vollendung des 10. Lebensjahres kann zu einer frühzeitigen, ins-besondere geschlechtlichen, Segregation führen, welche mit den österreichischen Grundwerten und gesellschaftlichen Normen nicht vereinbar ist.

Gleichberechtigung von Mann und Frau gemäß Art. 7 B-VG185

FPÖ-Rosenkranz machte öffentlich klar, dass das Verbot auch für den Tur-ban der Sikhs gelten würde, nicht aber für die jüdische Kippa. Er drehte die rassistische Politik um und deutete die Maßnahme als gegen die muslimischen Volksschülerinnen ausgehende Diskriminierung mithilfe eines Kleidungsstü-ckes, welches signalisiere, dass sie nicht dazugehören würden: „Bei der Diskri-minierung darf es kein Pardon geben“, erklärte auch ÖVP-Wöginger. Auf die Kritik, dass es keine verlässlichen Zahlen über das Phänomen der Haarbede-ckung bei Volksschülerinnen gäbe, erwiderte Rosenkranz, dass jeder einzelne Fall einer zu viel sei.186 Österreichische Sikhs äußerten sich besorgt, da jungen Männern, die die Patka tragen, dies nun verwehrt werden solle. „Das ist Zei-chen unserer Identität. Ein Verbot wäre eine Katastrophe“,187 so ein Sprecher der Sikh-Gemeinschaft, Gursharan Singh Mangat. Er veranschaulichte die Dras-tigkeit mit den Worten: „Das wäre, als würde man von einem Sikh verlangen, sich zu entblößen“.188 Udo Landbauer von der FPÖ-NÖ bekräftigte das Verbot mit den Worten: „Bis zur Machtergreifung des türkischen Sultans Erdogan war ein Kopftuchverbot in staatlichen Einrichtungen sogar in der Türkei gang und

185. Parlament.gv.at (2018), Antrag “Bundesgesetz, mit dem das Schulunterrichtsgesetz gander wird”, Parla-ment, 22.11.2018, retrieved April 23, 2019, from: https://www.parlament.gv.at/PAKT/VHG/XXVI/A/A_00495/fname_722909.pdf186. APA (2018), “Koalition will Kopftuch und Turban an Volksschule verbieten“, Der Standard, 22.11.2018, retrieved April 23, 2019, from: https://derstandard.at/2000092004189/Koalition-will-Kopftuch-und-Tur-ban-an-Volksschule-verbieten187. APA (2018), “Kopftuchverbot: Fast 80 Prozent der Österreicher dafür“, Der Standard, 24.11.2018, retrieved April 23, 2019, from: https://derstandard.at/2000092168020/Kopftuchverbot-Fast-80-Prozent-der-Oesterrei-cher-dafuer?utm_term=Autofeed&utm_medium=Social&utm_source=Facebook&fbclid=IwAR02kgA6AuF-cFT3Eeo9ptZ7o-JWsb8NHmRMLKihe2bWEGUtj9v3LcJWx05M#Echobox=1543052758188. Wien.orf.at (2018), “Kopfverhüllungsverbot: Aufregung bei Sikhs“, ORF, 24.11.2018, retrieved April 23, 2019, from: https://wien.orf.at/news/stories/2949302/

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gäbe. Alleine dieser Umstand zeigt schon, dass wir es in Österreich mit Hard-core-Muslimen zu tun haben. Dieser Gruppe zeigen wir Freiheitliche ein für allemal ihre Grenzen auf “.189 Während das Kopftuchverbot in Kindergärten den Weg zu einem ausgeweiteten Kopftuchverbot ebnet und damit direkt in die Reli-gionsfreiheit von Musliminnen eingreift, kritisierten manche dieses Verbot bloß als „symbolische Maßnahme“ und „Schikane“,190 ohne aber den rassistischen Kern dieser Politik zu benennen.

Abseits dessen, dass die Opposition nicht das Kopftuchverbot selbst kri-tisierte, sondern vielmehr, dass dieses nicht in eine breitere Bildungspolitik eingebettet war, gingen die NEOS sogar noch weiter. Sie brachten ein „Integ-rations- und Neutralitätspaket“ als Entschließungsantrag ein, das neben dem Kopftuchverbot bis zum 14. Lebensjahr noch weitere Maßnahmen inkludierte wie etwa die Einrichtung einer Antidiskriminierungsstelle.191 Von Seiten der SPÖ wurde wie etwa durch den Abgeordneten Marcus Gremel kritisch beme-krt: „Sie beschwören eine Kopftuchinvasion im Kindergarten herauf. Tatsache aber ist, fragt man TrägerInnen und die ExpertInnen der Kinder- und Jugend-hilfe, kommt das statistisch nicht einmal pro Jahr vor. Man spricht von einem Problem, welches es nicht gibt und versucht still und heimlich den Sozialstaat weiter abzubauen“.192 Dennoch wurde die 15a-Vereinbarung im Wiener Land-tag beschlossen. In den Bundesländern Kärnten, Vorarlberg, Steiermark, Tirol sprach man von einer nicht relevanten Maßnahme.193 Zivilgesellschaftliche Kritik kam von der Präsidentin der Vereinigung der Frauenorden Österreichs, Beatrix Mayrhofer. Aus ihrer Sicht wachse nur die Opposition Betroffener dem Staat gegenüber und treibe diese in die Isolation. Letztlich gehe es bei

189. FPÖ NÖ (2018), “FP-Landbauer zum Kopftuchverbot: Niederösterreich zeigt vor wie es geht!”, OTS, 22.11.2018, retrieved April 23, 2019, from: https://www.ots.at/presseaussendung/OTS_20181122_OTS0133/fp-landbauer-zum-kopftuchverbot-niederoesterreich-zeigt-vor-wie-es-geht190. Rauscher, Hans (2018), “Kopftuchgesetz“, Der Standard, 19.11.2018, , retrieved April 23, 2019, from: der-standard.at/2000091752421/Kopftuchgesetz 191. APA (2018), “Neos wollen Kopftuchverbot an allen Pflichtschulen” , Der Standard, 22.11.2018, retrieved Ap-ril 23, 2019, from: https://derstandard.at/2000091985078/Neos-wollen-Kopftuchverbot-an-allen-Pflichtschulen192. SPÖ Wien (2018), “Marcus Gremel (SPÖ) ad FPÖ: Vorsicht, Nebelgranate! Kopftuchthema großreden, Sozialleistungen kürzen”, OTS, 22.11.2018, retrieved April 23, 2019, from: https://www.ots.at/presseaussendung/OTS_20181122_OTS0260/marcus-gremel-spoe-ad-fpoe-vorsicht-nebelgranate-kopftuchthema-grossreden-so-zialleistungen-kuerzen193. Müller, Walter (2018), “Regierung will Kopftuchverbot allein durchziehen“, Der Standard, 20.11.2018, retrieved April 23, 2019, from: https://derstandard.at/2000091850903/Regierung-will-Kopftuchverbot-al-lein-durchziehen und TT.com (2018), “Kopftuchverbot in Volksschulen: 19 Mädchen in Tirol betroffen”, Tiroler Tageszeitung, 21.11.2018, retrieved April 23, 2019, from: https://www.tt.com/politik/innenpolitik/15040574/kopftuchverbot-in-volksschulen-19-maedchen-in-tirol-betroffen

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dem Vorhaben der Regierung schlicht um eine spezifische Ansage gegen den Islam.194

Einer von der Wochenzeitschrift Profil in Auftrag gegebenen Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Unique research (500 Befragte) zufolge meinten 55 Prozent der befragten ÖsterreicherInnen, die Maßnahme eines Kopftuchver-botes sei „sehr richtig“, 24 Prozent meinten „eher richtig“ und nur 16 Prozent befanden ein Kopftuchverbot für falsch. Damit konnte eine Zustimmung zum Verbot konstatiert werden. Im April 2018 waren nur 45 Prozent der Meinung, dass ein Kopftuchverbot „sehr richtig“ sei, 23 Prozent hielten es für „eher richtig“ und ganze 28 Prozent hielten es für falsch.

MoscheenschließungDie Regierung inszenierte sich als Kämpferin gegen den sogenannten politi-schen Islam. An einem Freitag, dem Tag der wöchentlichen Kongregation im Islam, in der Früh am 8. Juni präsentierten Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP), sein Vize Heinz-Christian Strache (FPÖ), Innenminister Herbert Kickl (FPÖ) und Kanzleramtsminister Gernot Blümel (ÖVP) ihre Maßnahmen gegen den so-genannten politischen Islam. Die Arabische Kultusgemeinde Österreich solle ebenso wie eine Moschee der rechtsextremen Grauen Wölfe am Antonsplatz in Wien-Favoriten aufgelöst werden. Zudem seien Ausweisungen von 40 Ima-men von ATIB-Moscheen geplant.195 Eine der zu schließenden Moscheen ist in Klagenfurt, zwei in Oberösterreich, vier in Wien. 61 türkische Imame könnten ausgewiesen werden, da der Verdacht bestehe, dass sie über eine belgische Um-gehungskonstruktion finanziert werden. Zwei negative Bescheide würden be-reits vorliegen.196 Von Kickl hieß es später, dass das BFA konkret bei 40 Imamen die Aufenthaltstitel prüfe. Zwei Imame hätten ihre Anträge auf Verlängerung des Aufenthaltstitels selbst zurückgezogen.197 Sebastian Kurz vermarktete diesen Vorstoß entsprechend via Social Media:

194. Kathpress_online (2018), “Sr. Mayrhofer: "Kopftuch-Verbot für Kinder nicht sinnvoll”, Kathpress, 2018, retrieved April 23, 2019, from: https://www.kathpress.at/goto/meldung/1704737/sr.-mayrhofer-kopftuch-ver-bot-fuer-kinder-nicht-sinnvoll195. Red. (2018), “Regierung plant Schließung von sieben Moscheen”, ORF, 08.06.2018, retrieved: April 20, 2018, from: http://orf.at/stories/2441928/. 196. Jungwirth, Michael/Gigler, Claudia (2018), “Regierung überprüft 61 Imame und schließt sieben Moscheen”, Kleinen Zeitung, 08.06.2018, retrieved: April 20, 2018, from: https://www.kleinezeitung.at/politik/innenpoli-tik/5442906/Jetzt-live_Regierung-plant-Ausweisung-von-40-Imamen-und. 197. Religion.orf.at (2018), “Regierung schließt islamistische Moscheen”, ORF, 08.06.2018, retrieved: April 20, 2018, from: http://religion.orf.at/stories/2917661/.

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BILD 10: SOCIAL-MEDIA-KAMPAGNE VON SEBASTIAN KURZ NEUE ÖVP, SCREENSHOT VOM 6. AUGUST

Bundeskanzler Kurz rahmte diese Regierungsinitiative wiederum im Sinne des White Savior Complex als Schutz für die MuslimInnen: „Es gehe dabei ja insgesamt auch darum, Mitglieder der islamischen Glaubensgemeinschaft vor den Missbrauch ihrer Religion zu schützen“.198 Es gelte, das Prinzip der Religi-onsfreiheit zu wahren. Kultusminister Gernot Blümel (ÖVP) fügte hinzu: „Es ist kein Widerspruch, gläubiger Moslem und stolzer Österreicher zu sein.“199 Strache meinte: „Parallelgesellschaften, der politische Islam und Radikalisierun-gen haben in unserer Gesellschaft keinen Platz. [...] Wir stehen hier erst am Anfang [...] Bundeskanzler Kurz und ich haben alle Ministerien angewiesen, entschieden vorzugehen. Wenn das nicht ausreicht, werden wir da oder dort

198. Jungwirth, Michael/Gigler, Claudia (2018), “Regierung überprüft 61 Imame und schließt sieben Moscheen”, Kleinen Zeitung, 08.06.2018, retrieved: April 20, 2018, from: https://www.kleinezeitung.at/politik/innenpoli-tik/5442906/Jetzt-live_Regierung-plant-Ausweisung-von-40-Imamen-und. 199. Jungwirth, Michael/Gigler, Claudia (2018), “Regierung überprüft 61 Imame und schließt sieben Moscheen”, Kleinen Zeitung, 08.06.2018, retrieved: April 20, 2018, from: https://www.kleinezeitung.at/politik/innenpoli-tik/5442906/Jetzt-live_Regierung-plant-Ausweisung-von-40-Imamen-und.

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auch die Gesetzeslage evaluieren.“200 Für das Vorgehen gegen die Arabische Kultusgemeinde nannte Blümel mehrere Gründe: „Es seien in diesem Umfeld Personen aus  salafistischen  Kreisen angetroffen worden,  von Vertretern einer der Moscheen sollen salafistische Äußerungen bekannt sein - was als Verstoß gegen die geforderte „positive Grundeinstellung zu Staat und Gesellschaft“ ge-wertet werde. Außerdem gebe es Hinweise auf Finanzierung aus dem Ausland. Hier sei auch eng mit der IGGÖ zusammengearbeitet worden. Grundlage für die Initiative sei das Islamgesetz von 2015.201 Den „Betrieb“ einzustellen bedeu-tet, dass „kultische Handlungen“ (Blümel) ein Ende haben müssten. Ausgestellt wurden zwei Bescheide: jeweils einer an die IGGÖ und an die Betreiber der Mo-scheeeinrichtungen. Der Bescheid sah vor, dass diese zwar beeinsprucht werden könnten. Allerdings waren sie mit dem Zusatz versehen, dass es keine aufschie-bende Wirkung gäbe und mit der Übernahme des Bescheids der Betrieb sofort einzustellen sei.202 Die Rechtspersönlichkeit der gemäß § 5 Abs. 4 IslamG wird öffentlich zugänglich gemacht, dass die Rechtspersönlichkeit der „Arabischen Kultusgemeinde der Islamischen Glaubensgemeinschaft in Österreich“ damit am 7. Juni aufgehoben werden.203

Der Präsident der IGGÖ, Ibrahim Olgun, war am Tag des Geschehens nicht für eine Stellungnahme erreichbar.204 Der Vizepräsident der IGGÖ, Esad Memic, kritisierte am 9. Juni die Ausweisung von in der Türkei ausgebildeten Imamen. Für die Schließung der Arabischen Kultusgemeinde und deren sechs Gebetsräu-men zeigte er hingegen Verständnis: „Der Verein sei nicht Teil der Glaubensge-meinschaft, es handle sich um keine wirklichen Moscheen, und private Moscheen sollten geschlossen werden.“205 Später meinte Memic: „In Wirklichkeit geht es um Formfehler, wie fehlende Rechnungsabschlüsse oder Zweifel an der Existenz ein-

200. Red. (2018), “Moscheeschließungen für Türkei "islamophob" und "rassistisch"”, Die Presse, 08.06.2018, re-trieved: April 20, 2018, from: https://diepresse.com/home/panorama/wien/5442966/Moscheeschliessungen-fu-er-Tuerkei-islamophob-und-rassistisch. 201. Ichner, Bernhard/Kapeller, Lukas/Temel, Peter (2018), “ Sieben Moscheen müssen geschlossen werden: Wie geht es weiter?“, Kurier, 08.06.2018, retrieved: April 20, 2018, from: https://kurier.at/politik/inland/die-wichtigs-ten-fragen-rund-um-die-moscheen-schliessung/400047758. 202. Ichner, Bernhard/Kapeller, Lukas/Temel, Peter (2018), “ Sieben Moscheen müssen geschlossen werden: Wie geht es weiter?“, Kurier, 08.06.2018, retrieved: April 20, 2018, from: https://kurier.at/politik/inland/die-wichtigs-ten-fragen-rund-um-die-moscheen-schliessung/400047758. 203. Bundeskanzleramt.gv.at (2018), “ Kundmachungen und Bekanntmachungen des Kultusamt“, Bundeskanz-leramt, oJ, retrieved: April 20, 2018, from: https://www.bundeskanzleramt.gv.at/bekanntmachungen-kultusamt204. Ebd , Religion.orf.at (2018), “Regierung schließt islamistische Moscheen”, ORF, 08.06.2018, retrieved: April 20, 2018, from: http://religion.orf.at/stories/2917661/. 205.Red. (2018), “IGGÖ kritisiert Ausweisung von Imamen”, ORF, 09.06.2018 , retrieved: April 20, 2018, from: http://orf.at/m/stories/2442145/.

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zelner Moscheen, womit die Kultusgemeinde nicht die erforderliche Mindestzahl von zehn erreichen würde.“206 IGGÖ-Vizepräsident Abdi Tasdögen kritisierte in einer Stellungnahme den Präsidenten Olgun:

„Der Weg dorthin sei mit Präsident Olgun und der Regierung abgesprochen gewe-sen, die Auflösung der Arabischen Kultusgemeinde sogar bezweckt. Insbesondere ist davon auszugehen, dass erst die Anträge des Präsidenten den Stein zum Rollen gebracht haben. (...) Aufgrund der oben genannten satzungswidrigen Handlungen des Präsidenten, haben Mitglieder des Obersten Rates ihn aufgefordert, vom Amt zurückzutreten und mitgeteilt, den Fall dem Schurarat der IGGÖ zu übertragen". 207

Tasdögen bestätigte nicht nur, dass die Informationen zu den angeblich „il-legal betriebenen“ Moscheen aus der IGGÖ selbst kamen, er zeichnet auch mi-nutiös nach, wann dies geschehen ist. Bereits am 11. Mai erhielt der Oberste Rat Post vom Kultusamt. Daraus, schreibt Tasdögen, gehe hervor, dass die IGGiÖ schon am 10. August 2017 dem Kultusamt – damals war noch SPÖ-Staatssekre-tärin Muna Duzdar zuständig – schriftlich die besagten Vorwürfe zur Kenntnis brachte. Das Kultusamt wollte Belege für die Vorwürfe, welche die IGGÖ am 30. August 2017 lieferte. „Die Regierungsmitglieder haben diese Vorgangsweise am Freitag gelobt und auf die enge Zusammenarbeit mit der IGGiÖ verwiesen“, ist in Tasdögens Stellungnahme zu lesen. Olguns Antrag an die Kultusgemein-de sei eine Racheaktion, sagte Tasdögen.208 Das führte dann auch dazu, dass am 30. Juni eine außerordentliche Sitzung des Schurarates einberufen wurde, im Rahmen welcher ein Antrag auf vorzeitige Neuwahlen des Obersten Rates so-wie des Schurarates stand, womit auch die Wahl eines neuen IGGÖ-Präsiden-ten einherging209, was im November dann auch passieren sollte und zur Abwahl von Olgun führte.

Auch der ehemalige IGGÖ-Präsident Fuat Sanac, der das Islamgesetz 2015 zu verantworten hat, musste sich gegen Vorwürfe wehren, er sei Schuld für die-ses Gesetz. Er meinte, dass alle „Gremien und Verbände“ an der Akzeptanz des

206. Ichner, Bernhard (2018), “Glaubensgemeinschaft: Muslime entscheiden über Neuwahlen”, Kurier, 14.06.2018, retrieved: April 20, 2018, from: https://kurier.at/chronik/oesterreich/muslime-entscheiden-am-30-juni-ue-ber-neuwahlen/400050902. 207. APA (2018), “In der IGGÖ tobt ein Machtkampf ”, News, 11.05.2018, retrieved: April 20, 2018, from: https://www.news.at/a/moscheen-in-iggoe-machtkampf-10126216. 208. Reisinger, Werner (2018), “”Wir wollten Ruhe im Haus””, Wiener Zeitung, 11.06.2018, retrieved: April 20, 2018, from: https://www.wienerzeitung.at/nachrichten/oesterreich/politik/970379_Wir-wollten-Ruhe-im-Haus.html. 209. Ichner, Bernhard (2018), “Glaubensgemeinschaft: Muslime entscheiden über Neuwahlen”, Kurier, 14.06.2018, retrieved: April 20, 2018, from: https://kurier.at/chronik/oesterreich/muslime-entscheiden-am-30-juni-ue-ber-neuwahlen/400050902.

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IslamG beteiligt gewesen seien und einstimmig anerkannt hätten.210 Mouhanad Khorchide stützte die Regierung in ihrer Maßnahme und äußerte sich wie folgt zur Schließung: „Es handelt sich ganz klar um einen Gesetzesbruch. Die Ver-bände kennen die Gesetzeslage und das Verbot der Auslandsfinanzierung. Das Handeln war goldrichtig, nur der Zeitpunkt ist etwas falsch gewählt. Gerade die vergangenen Monate haben in Österreich und Deutschland gezeigt, dass es enge Verbindungen zwischen der Politik in der  Türkei  und den ATIB-Moschee-Ge-meinden gibt. Sei es, dass die Imame angeblich für Erdogan spioniert haben.“211 In einem Interview mit dem Standard vom 18.6.2018 meinte er:

Khorchide: „Aber schauen Sie in islamische Länder: In den Arabischen Emiraten oder in Ägypten hat man systematisch versucht, Moscheen des po-litischen Islam, der Muslimbrüder, zu schließen. Dort wurde die Gefahr des politischen Islam viel früher erkannt. Sogar ein Land wie Saudi-Arabien hat inzwischen die Gefahren des Salafismus und des politischen Islam erkannt.

Standard: Hat Österreich geschlafen?

Khorchide: Definitiv. Österreich hat den politischen Islam jahrzehnte-lang verschlafen und sich auch zu wenig Gedanken darüber gemacht, wer der Gesprächspartner auf muslimischer Seite ist. Es waren die Falschen – also jene, die eher machtpolitische Interessen haben, als sich für die Interessen der Muslime einzusetzen. Ich meine damit nicht die Glaubens-gemeinschaft als solche, sondern einige Vereinigungen, die dort mitarbei-ten. Nehmen Sie den Verein ATIB, der eher Auslandsinteressen vertritt. Oder die Grauen Wölfe. Auch die Muslimbrüder sind übrigens in der Glaubensgemeinschaft vertreten.

Standard: Es gibt das Burkaverbot, es wird über ein Kopftuchverbot für Kin-der debattiert und ein Fastenverbot für Schüler gefordert.

Khorchide: Die vielen Verbote suggerieren eine islamfeindliche Haltung der Regierung. Aber warum werden wir Muslime nicht selbst aktiv und versu-chen aufzuklären? Warum warten wir, bis ein anderer kommt und das kriti-siert? Genauso mit dem Fasten. Es gibt immer wieder Anrufe und Beschwer-

210. Kocina, Erich (2018), “Moscheen: Ex-IGGÖ-Präsident Sanac wehrt sich gegen Vorwürfe”, Die Presse, 12.06.2018, retrieved: April 20, 2018, from: https://diepresse.com/home/panorama/wien/5445566/Moscheen_ExIGGOePraesident-Sanac-wehrt-sich-gegen-Vorwuerfe. 211. Metzger, Ida (2018), “Experte: Moscheenschließung "goldrichtig, aber falscher Zeitpunkt“”, Kurier, ,09.06.2018, retrieved: April 20, 2018, from: https://kurier.at/politik/inland/islamexperte-khorchide-moscheen-schliessung-goldrichtig-aber-falscher-zeitpunkt/400048451.

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den von Lehrern, dass Kinder kollabieren oder völlig unkonzentriert sind. Wir Muslime müssen selbst im eigenen Haus aufräumen.212

Ein ehemaliger Vertreter der seit 1993 existierenden Moschee wies Verbin-dungen zu den Grauen Wölfen zurück.213 Der Sprecher von Präsident Recep Tay-yip Erdogan, Ibrahim Kalin, bezeichnete die Maßnahmen als einen Ausdruck „der islamophoben, rassistischen und diskriminierenden Welle, die durch dieses Land geht“.214 Es sei ein versuchter „Angriff auf muslimische Gemeinden“, um „politisches Kleingeld daraus zu schlagen“.215 ATIB-Ersoy konterte gegen Kalin: „Ich bin kein Freund der Polarisierung und Pauschalisierung.“216 Es brauche eine „sachliche Politik auf Augenhöhe“, appellierte er an die Bundesregierung, „wir müssen zurück vom Gas gehen“.217

Die Opposition stand in Opposition zu den Maßnahmen der Regierung. SPÖ-Geschäftsführer Max Lercher bezeichnete den Schritt der Regierung als „erste gescheite Maßnahme“.218 Er kritisierte lediglich die Unterstellung, wonach die SPÖ dazu bisher nie etwas unternommen habe. Schon die damalige SPÖ-Staatssekretärin Muna Duzdar habe Dutzende Imame gemeldet, so Lercher. Auch NEOS begrüßte die Maßnahmen der Regierung grundsätzlich, beharrte aber auf der rechtsstaatlich einwandfreien Umsetzung. „Liberale Demokratien müssen sich gegen ihre Gegner wehren - und dazu zählt auch der politische Islam“, so Beate Meinl-Reisinger.219 Die Schließung radikaler Einrichtungen und Moscheen sei zwar ein erster Schritt. Aber die Regierung müsse das Problem der Radikalisierung an den Wurzeln anpacken, meinte Alma Zadic, Menschenrechtssprecherin der Liste Pilz.220 Einer der beiden Grün-Bundestagsabgeordneten, David Stögmüller, kritisierte das „zu lange Verfah-

212. Mayr, Peter (2018), “Islamforscher: "Indirekte Wahlkampfhilfe für Erdoğan"”, Der Standard, 18.06.2018, re-trieved: April 20, 2018, from: https://mobil.derstandard.at/2000081735281/Islamforscher-Khorchide-Das-war-in-direkte-Wahlkampfhilfe-fuer-Erdogan. 213. Reibenwein, Michaela (2018), “Moschee-Schließung: "Geht’s ham, oida"”, Kurier, 08.06.2018, retrieved: Ap-ril 20, 2018, from: https://kurier.at/chronik/wien/moschee-schliessung-gehts-ham-oida/400047998. 214. Religion.orf.at (2018), “Regierung schließt islamistische Moscheen”, ORF, 08.06.2018, retrieved: April 20, 2018, from: http://religion.orf.at/stories/2917661/. 215. Ebd.216. Religion.orf.at (2018), “Regierung schließt islamistische Moscheen”, ORF, 08.06.2018, retrieved: April 20, 2018, from: http://religion.orf.at/stories/2917661/. 217. Ebd.218. Ebd.219. Bischof, Daniel (2018), “Graue Wölfe, Erdogan und das Islamgesetz”, Wiener Zeitung, 08.06.2018, retrieved: April 20, 2018, from: https://www.wienerzeitung.at/nachrichten/oesterreich/politik/969933_Graue-Woelfe-Er-dogan-und-das-Islamgesetz.html. 220. Red. (2018), “Oppositionszustimmung, Expertenkritik“, ORF, 08.05.2018, retrieved: April 20, 2018, from: http://orf.at/stories/2442056/.

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ren bei der Schließung von Moscheen. Laut einer parlamentarischen Anfragebe-antwortung durch Kultusminister Gernot Blümel (ÖVP) seien Missstände in Ein-richtungen der Arabischen Kultusgemeinde (AKG) schon vor einem Jahr bekannt gewesen. Grünen-Bundesrat David Stögmüller sprach von einer ‚Inszenierung‘. (...) Das Verwaltungsgericht Wien gab allerdings einer Berufung der AKG gegen die Auf-lösung statt. Das Verfahren ist derzeit noch im Laufen. (…)“.221Stögmüller beklagt auch weitere Moscheen, die im Verdacht stehen, fragwürdige Inhalte zu verbreiten.

Zustimmung für die Schließung der Moscheen kam von der FPÖ-Kärnten.222 Dönmez meinte, die Pressekonferenz sei deshalb am Freitag im Ramadan ange-setzt gewesen, weil Bundeskanzler Kurz für die Israel-Reise ein Signal gegen den Islamismus setzen wollte.223

Am 20. Juni sind die von Regierung geschlossenen Moscheen noch offen. Die im Bescheid genannten Audiodateien, die vom Kultusamt als „wortwörtliche Aus-legung der Glaubensquellen“ und „salafistisch“ eingestuft wurden, seien vor mehr als zwanzig Jahren in einer Moschee in Jordanien aufgenommen – und später auf Youtube gestellt worden. „Der Imam hat sich seither stark verändert, er lebt ger-ne in Österreich und respektiert das Staatssystem und die Demokratie“,224 so der Vorsitzende der betroffenen Kultusgemeinde, Zikry Gabal. Die Videos wurden inzwischen gelöscht. Während das Kultusamt darauf beharrte, dass die Sachlage unverändert sei,225 erklärte Gabal, dass die Moscheen weiterhin offen hätten, da die Kultusgemeinde lediglich durch die Pressekonferenz von der eigenen Auflö-sung erfahren habe. Erst ein paar Tage später wurde der entsprechende Bescheid zugestellt. Diese Vorgangsweise bezeichnete der Verwaltungsrechtler Richard Potz von der Universität Wien im Gespräch mit dem Standard als „formal wohl zuläs-sig, aber aus rechtsstaatlicher Sicht extrem unschön“.226 Regierungssprecher Peter

221. Red. (2018), “Moscheen: Grüne kritisieren Verfahren und „Inszenierung“”, ORF, 11.08.2018, retrieved: Ap-ril 20, 2018, from: https://orf.at/v2/stories/2450606. 222. Kaernten.orf.at (2018), “Moscheenschließung auch in Kärnten”, ORF, 08.06.2018, retrieved: April 20, 2018, from: http://kaernten.orf.at/news/stories/2917751/. 223. Kurier.at (2018), “ÖVP-Mandatar: Verkündung von Moscheen-Aus war Signal an Israel”, Kurier, 15.06.2018, retrieved: April 20, 2018, from: https://kurier.at/politik/inland/moscheen-schliessung-laut-doenmez-sig-nal-vor-kurz-israel-reise/400051664.224. Mittelstaedt, Katharina (2018), “Alle von der Regierung geschlossenen Moscheen derzeit offen”, Der Stan-dard, 20.06.2018, retrieved: April 20, 2018, from: https://derstandard.at/2000081923401/Alle-von-der-Regie-rung-geschlossenen-Moscheen-derzeit-offen?ref=article. 225. Mittelstaedt, Katharina (2018), “Alle von der Regierung geschlossenen Moscheen derzeit offen”, Der Stan-dard, 20.06.2018, retrieved: April 20, 2018, from: https://derstandard.at/2000081923401/Alle-von-der-Regie-rung-geschlossenen-Moscheen-derzeit-offen?ref=article. 226. Mittelstaedt, Katharina (2018), “Warum die geschlossenen Moscheen offen sind”, Der Standard, 22.06.2018, retrieved: April 20, 2018, from: https://mobil.derstandard.at/2000082025668/Warum-die-geschlossenen-Mo-scheen-offen-sind.

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Launsky-Tieffenthal hat unterdessen rechtliche Konsequenzen in den Raum ge-stellt: „Wenn Imame und Moscheenbetreiber oder Kultusgemeinden und deren Vertreter sich nach ergangenen Bescheiden gegen diese Bescheide stellen, stellen sie sich damit gegen österreichisches Recht“.227 Eine Bescheidbeschwerde wurde an den Verwaltungsgerichtshof übermittelt. Kritisiert wurde vonseiten des Anwalts der Kultusgemeinde, dass das Kultusamt die aufschiebende Wirkung ausgeschlos-sen hat.228 Die Kultusgemeinde erklärte in einer Aussendung, dass sie den Bescheid zur Auflösung vier Tage nach der Pressekonferenz erhalten und noch am selben Tag eine Beschwerde eingebracht habe.229 Während die Beschwerde gegen den Aus-schluss der aufschiebenden Wirkung vom Kultusamt zurückgewiesen wurde, kam es im Fall der Moschee am Antonsplatz in Favoriten unverzüglich zu einer Wie-deröffnung, indem sie der IGGÖ untergeordnet wurde. Das Kultusamt besuchte am Freitag gemeinsam mit der IGGÖ die Moschee, um sich von der Korrektheit für die Wiedereröffnung zu überzeugen. Bei dem Lokalaugenscheit seien „keine problematischen Auffälligkeiten“ festgestellt worden, hieß es im Anschluss.230 Das Wiener Verwaltungsgericht hatte die nicht aufschiebende Wirkung im Bescheid als nicht rechtens erklärt und ein endgültiges Urteil in der Causa für das Frühjahr 2019 angekündigt. Somit waren alle Moscheen der Kultusgemeinde wieder in Be-trieb. Der Religionsrechtler Stefan Schima deutete darauf hin, dass „wenn vom Be-schwerdeführer behauptet wird, dass der Bescheid in die Grundrechte eingegriffen hat“, der Verfassungsgerichtshof mit dem Fall befasst werden könnte.231

FastenverbotSo wurde auch eine der fünf Säulen des Islams, das Fasten im Monat Ramadan, das Teil der zentralen religiösen Praxis von MuslimInnen darstellt, angefochten. Boulevard- und rechte Medien begannen über angeblich groteske Zustände wäh-

227. Wien.orf.at (2018), “Mariahilfer Moschee weiter geöffnet”, ORF, 2018, retrieved: April 20, 2018, from: http://wien.orf.at/m/news/stories/2920641/. 228. Mittelstaedt, Katharina (2018), “Warum die geschlossenen Moscheen offen sind”, Der Standard, 22.06.2018, retrieved: April 20, 2018, from: https://mobil.derstandard.at/2000082025668/Warum-die-geschlossenen-Mo-scheen-offen-sind. 229. APA (2018), “Arabische Kultusgemeinde beschwerte sich wegen Auflösung”, Der Standard, 14.06.2018, retrieved: April 20, 2018, from: https://derstandard.at/2000081601237/Arabische-Kultusgemeinde-beschwer-te-sich-wegen-Aufloesung. 230. Wien.orf.at (2018), “Weiter keine Moscheen der Arabischen Gemeinde”, ORF, 2018, retrieved: April 20, 2018, from: http://wien.orf.at/m/news/stories/2919560/. 231. Bischof, Daniel (2018), “Graue Wölfe, Erdogan und das Islamgesetz”, Wiener Zeitung, 08.06.2018, retrieved: April 20, 2018, from: https://www.wienerzeitung.at/nachrichten/oesterreich/politik/969933_Graue-Woelfe-Er-dogan-und-das-Islamgesetz.html.

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rend des Ramadans durch Lehrkräfte zu berichten: „Betroffen sind Kinder, die vom Fasten völlig geschwächt im Unterricht sitzen. Und damit nicht genug: Viele hätten Kreislaufprobleme, weil sie sich nicht trauen würden, Wasser zu trinken, wie Insider gegenüber ServusTV aufdecken.“232 Ein Buslenker der Busline 13A in Wien fastete und ein unzensuriert-Leser schilderte, dass der Lenker aufgrund der Religionsausübung unkonzentriert und verspätet reagierte. Der Leser meldete den Vorfall bei Wiener Linien, da der Lenker dehydriert und unterzuckert war und es gefährlich für die Fahrgäste sei.233 ÖVP-Generalsekretär Karl Nehammer forderte sodann ein Fastenverbot für schulpflichtige Kinder. Gerahmt wurde dies als Kampf für das Kindeswohl: Nehammer verwies auf angeblich unzählige Be-richte von LehrerInnen sowie auf ExpertInnen, die bei gesundheitlichen Schä-den auf ein Fastenverbot hinweisen: „Es darf nicht sein, dass gesundheitliche Ri-siken für die Kinder entstehen und Pädagogen Schüler nicht mehr unterrichten können. Ich fordere ein Fastenverbot für schulpflichtige Kinder, die eindeutig geschwächt sind und nicht mehr dem Unterricht folgen können. Wenn sich die Erziehungsberechtigten darüber nicht im Klaren sind, muss es im Einflussbe-reich von Schulen strengere Regeln geben. Wir dulden bei Kindern keine Ver-antwortungslosigkeit“.234

Bildungsminister Heinz Faßmann hielt sich beim Thema Fastenverbot zu-rückhaltend. Die IGGÖ wertete dies vorsichtig mit den Worten, dass es hierbei nicht um das Kindeswohl gehe, sondern darum, „Ressentiments gegen den Islam zu bedienen“.235 Carla Amina Baghajati von der IGGÖ erklärte zudem, dass die „Verbotspolitik den Charakter des rein Symbolhaften verloren“236 habe. Im Ge-genteil betonte sie, dass zahlreiche „Schilderungen entsetzter Eltern über klares pädagogisches Fehlverhalten an uns herangetragen wurden. Darunter sind Schil-derungen, dass ihre Kinder in der Schule auf erniedrigende Weise gezwungen wurden, Wasser zu trinken oder Nahrung zu sich zu nehmen – ohne dass diese

232. Krone.at (2018), “Fastenmonat Ramadan: Kinder „völlig geschwächt“”, Kronen Zeitung, 13.06.2018, retrie-ved: April 20, 2018, from: https://www.krone.at/1722870. 233. Unzensuriert.at (2018), “Vorfall im 13 A: Ramadan bringt Wiener-Linien-Fahrgäste in Gefahr”, Un-zensuriert, 29.05.2018, retrieved: April 20, 2018, from: https://www.unzensuriert.at/content/0026948-Vor-fall-im-13-Ramadan-bringt-Wiener-Linien-Fahrgaeste-Gefahr. 234. Oe24 (2018), “ÖVP will Ramadan-Fasten für Schüler verbieten”, Österreich, 14.05.2018, retrieved: April 20, 2018, from: https://www.oe24.at/oesterreich/politik/OeVP-will-Ramadan-Fasten-fuer-Schueler-verbie-ten/337274939. 235. Die Presse (2018), “Fasten soll an Schulen verboten werden”, Die Presse, 14.06.2018, retrieved: April 20, 2018, from: http://diepresse.com/home/Bildung/Schule/5447154/. 236. Religion.orf.at (2018), “IGGÖ weist Fastenverbot für Schulpflichtige zurück”, ORF, 14.06.2018, retrieved: April 20, 2018, from: http://religion.orf.at/stories/2918927/.

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Anzeichen körperlicher Schwäche gezeigt hätten“.237 schilderte die Frauenbeauf-tragte. Essenszwang sei ein „tiefer Eingriff in das Selbstbestimmungsrecht. Das sind geradezu traumatische Erfahrungen, die im Widerspruch zu jedem Kinder-rechtsverständnis stehen.“ Selbst Paul Kimberger (Fraktion Christlicher Gewerk-schafter) meinte anfangs noch, er habe „ein Problem, immer gleich mit Verbo-ten zu hantieren [...] Vieles lässt sich mithilfe von Kommunikation, auch durch die Religionslehrer, in der Schule klären.“238 Später hingegen hieß es aus seiner Richtung: „Ich sehe, dass manche Kinder sehr unter dem Ramadan (islamischer Fastenmonat) leiden. Es ist unverantwortlich, dass Kinder, die mitten in ihrer Ent-wicklung sind, den ganzen Tag über nichts essen und nichts trinken dürfen.“ 239 Er führte weiter aus, dass es notfalls ein Gesetz zur Regelung religiöser Rituale geben solle, wobei er signalisierte, dass man die IGGÖ miteinbeziehen müsse.

SchächtverbotAlexia Weiss berichtet in Ihrer „Jüdisch-leben“-Kolumne, dass geschächtetes Fleisch aus Niederösterreich künftig nur an Juden und Jüdinnen ausgegeben wer-den soll, die „nachweislich“ koscher essen und dafür eine „entsprechende Geneh-migung“ erhalten haben. Landesrat Gottfried Waldhäusel, der unter Mikl-Leitner für das Ressort Tierschutz, Gemeindeärzte, Asyl und Mindestsicherung zuständig ist, argumentiert, dass das Schächten aus Sicht des Tierschutzes generell abzuleh-nen sei, und bestätigte das Bestehen eines solchen Erlass-Entwurfes. Weiss hebt in ihrer Kolumne hervor, dass es einige Eckpfeiler gäbe, die das jüdische Leben in einem Land erst ermöglich würden, darunter falle auch das Produzieren von koscherem Fleisch. Abgesehen von datenschutzrechtlichen Bedenken äußerte sich IKG-Präsident Deutsch äußerst besorgniserregend zu den Plänen der nie-derösterreichischen Landesregierung in Bezug auf die geplante Kaufgenehmigun-gen für Juden und Jüdinnen: „Das ist wie ein negativer Arier-Paragraph.“240 Im Grunde handelt sich dabei also um Namenslisten über „observant lebende Juden

237. Religion.orf.at (2018), “IGGÖ weist Fastenverbot für Schulpflichtige zurück”, ORF, 14.06.2018, retrieved: April 20, 2018, from: http://religion.orf.at/stories/2918927/. 238. Nimmervoll, Lisa (2018), “Fasten und Kopftuch verbieten? Lehrervertreter setzt auf Reden”, Der Standard, 20.06.2018, retrieved: April 20, 2018, from: https://derstandard.at/2000081865754/Fasten-und-Kopftuch-ver-bieten-Lehrergewerkschafter-setzt-auf-Reden?ref=artwh. 239. Lindorfer, Raffaela (2018), “VP-Lehrersprecher: Kopftuchverbot bis 14, Kinder vor Ramadan schützen”, Kurier, 25.10.2018, retrieved: April 20, 2018, from: https://kurier.at/politik/inland/vp-lehrersprecher-kopftuch-verbot-bis-14-kinder-vor-ramadan-schuetzen/400155087. 240. Weiss, Alexia (2018), “Angriff auf die Religionsfreiheit?“, Wiener Zeitung, 17.07.2018, retrieved: April 20, 2018, from: https://www.wienerzeitung.at/meinungen/blogs/juedisch_leben/977446_Angriff-auf-die-Religions-freiheit.html.

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und Jüdinnen“,241 weshalb ablehnende Briefe an die niederösterreichische Landes-hauptfrau Johanna Mikl-Leitner sowie an die Landeshauptleutekonferenz gingen; auch vor Bundeskanzler Sebastian Kurz soll das Vorhaben vom IKG-Präsidenten problematisiert werden.242 Klaus Schneeberger, Klubobmann der ÖVP im nieder-österreichischen Landtag, lehnte das Führen von Namensliste vorerst ab, da die Regelung zum Schächten im Tierschutzgesetz des Bundes geregelt sei, die Länder aber nur für die Vollziehung zuständig seien. Solange das Gesetz nicht geändert werde, werde man „an einem Erlass arbeiten, der keine Listung, etc. zulässt.“243 Der Vorstoß zum Schächten stammt noch von Waldhäusels SPÖ-Vorgänger Mau-rice Androsch, der inzwischen Mitglied des Nationalrates ist. Er verschickte den Vorschlag zu den neuen Richtlinien zum Schächten an seinem letzten Arbeitstag als Landesrat am 20. September 2017 an alle Bezirkshauptmannschaften. Darin fordert er, dass ein Mitgliedverzeichnis geführt wird, Vorlage eines Meldezettels mit Religionsbekenntnis und andere Dokumente, aus denen die Religionszuge-hörigkeit zweifelsfrei hervorgeht, was die SPÖ in Erklärungsnot brachte. Für den Vorstoß Waldhäusels forderte SPÖ-Chef Christian Kern schon am Vormittag des-sen Rücktritt mit Verweis auf die Holocaust-Zeit.244 Alma Zadic (Liste Pilz/Jetzt) verurteilte den Vorschlag Waldhäusels aufs schärfste. Eine Registrierung von Andersgläubigen dürfe es in diesem Zusammenhang nicht geben und richte sich klar gegen jüdische und muslimische Menschen.245 Für Zadics Parteikollegin und Liste-Pilz Gesundheitssprecherin Daniela Holzinger hingegen ging Waldhäusels Vorstoß nicht weit genug. Sie hält diesen als Schikane von unbeliebsamen Volks-gruppen und Migranten unter dem Deckmantel des Tierschutzes und fordert, den Tierschutz bundeseinheitlich zu entwickeln und das Schächten nachhaltig abzu-stellen.246 Die Beamten der Landesregierung erklärten, dass das Schreiben rein

241. ebd242. ebd243. Religion.orf.at (2018), “Debatte über Schächten: ÖVP NÖ erteilt FPÖ Absage”, ORF, 17.07.2018, retrieved: April 20, 2018, from: https://orf.at/v2/stories/2447344. 244. Thalhammer, Anna (2018), “Neue Pläne fürs Schächten kamen von der SPÖ”, Die Presse, 18.07.2018, retrie-ved: April 20, 2018, from: https://diepresse.com/home/innenpolitik/5466101/Neue-Plaene-fuers-Schaechten-kamen-von-der-SPOe. 245. Liste Peter Pilz im Parlament (2018), “ Zadic/Liste Pilz: Waldhäusl soll echte Tierschutzarbeit leisten, an-statt Ressentiments gegen religiöse Minderheiten zu schüren”, OTS, 18.07.2018, retrieved: April 20, 2018, from: https://www.ots.at/presseaussendung/OTS_20180718_OTS0095/zadicliste-pilz-waldhaeusl-soll-echte-tier-schutzarbeit-leisten-anstatt-ressentiments-gegen-religioese-minderheiten-zu-schueren. 246. Liste Peter Pilz im Parlament (2018), “ Holzinger/Liste Pilz: Pläne zur Einschränkung des Schächtens in Niederösterreich gehen nicht weit genug”, OTS, 18.07.2018, retrieved: April 20, 2018, from: https://www.ots.at/presseaussendung/OTS_20180718_OTS0036/holzingerliste-pilz-plaene-zur-einschraenkung-des-schaech-tens-in-niederoesterreich-gehen-nicht-weit-genug.

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verwaltungsjuristischer Natur und nicht politisch motiviert war.247 NEOS-Lan-dessprecherin Indra Collini sprach sich gegen das namentliche Erfassen von Jü-dinnen und Juden aus und kommentierte, dass dies an eine ganz dunkle, längst überwunden geglaubte Zeit erinnere.248 Unter dem Deckmantel des Tierschutzes dürfe kein rassistisches und antisemitisches Gedankengut verbreitet werden. Reli-gionsfreiheit sei in der Verfassung festgeschrieben.249 Niederösterreichs Bildungs-landesrätin Christiane Teschl-Hofmeister (ÖVP) trug die Stellungnahme nicht mit.250 Zentrale Listen von Juden und Muslime seien nicht geplant.251 In einer ge-meinsamen Aussendung halten Sobotka und Deutsch fest, dass die Registrierung von Konsumenten beim Kauf von koscherem Fleisch in keinster Weise mit den Grundrechten der freien Religionsausübung vereinbar und daher auszuschlie-ßen.252253 Kulturminister Gernot Blümel bekennt sich zu „unseren jüdisch-christ-lichen Wurzeln“ und garantiert, dass unter Sebastian Kurz Bundeskanzler, jüdi-sche BürgerInnen sich vor keinen Einschränkungen zu fürchten hätten und, dass er es als Auftrag und Selbstverständlichkeit gleichzeitig sieht, die Sicherheit von jüdischem Leben zu gewährleisten.254 Über MuslimInnen verlor er kein Wort.

Mit dem Titel „Schächtungs-Theater. Rufmord gegen die Republik – per Amts-blatt“ vom 19. Juli wirft die Krone den MitarbeiterInnen der Wiener Zeitung und „ihren emsigen Helferlein auf Twitter und Facebook“255 vor, Österreichs Ruf als auf-geklärtes, weltoffenes, moderne und großzügiges Land beschädigt zu haben just in einer Phase, „in der die Bundesregierung mit viel Einsatz versucht die Beziehungen

247. Renner, Georg (2018), “ Schächten und "Juden-Listen": Was hinter der Aufregung steckt”, Kleine Zeitung, 19.11.2018, retrieved: April 20, 2018, from: https://www.kleinezeitung.at/politik/innenpolitik/5466268/Nie-deroesterreich_Was-hinter-der-Aufregung-um-Schaechten-und. 248. Niederoesterreich.neos.eu (2018), “ NEOS NÖ: Jenseitige Politik im „Tierschutz“ nimmt schockierende Aus-masse an”, NEOS, 18.07.2018, retrieved: April 20, 2018, from: https://niederoesterreich.neos.eu/neos-noe-jensei-tige-politik-im-tierschutz-nimmt-schockierende-ausmasse-an/. 249. ebd250. Mittelstaedt, Katharina (2018), “Länder finden keine gemeinsame Linie bei Kinderbetreuung”, Der Stan-dard, 30.07.2018, retrieved: April 20, 2018, from: https://mobil.derstandard.at/2000084423767/Laender-fin-den-keine-gemeinsame-Linie-bei-Kinderbetreuung. 251. ebd252. IKG-Wien.at (2018), “„Registrierung ausgeschlossen“: Treffen Präsident Deutsch trifft Nationalratsprä-sident Werner Sobotka”, IKG, 19.07.2018, retrieved: April 20, 2018, from: https://www.ikg-wien.at/registrie-rung-ausgeschlossen-treffen-praesident-deutsch-trifft-nationalratspraesident-werner-sobotka/. 253. Red. (2018), “Schächten: Registrierung für Sobotka nicht vorstellbar“, ORF, 19.07.2018, retrieved: April 20, 2018, from: https://orf.at/v2/stories/2447619/. 254. WZ Online (2018), “"Keine Registrierung beim Schächten"“, Wiener Zeitung, 20.07.2018, retrieved: Ap-ril 20, 2018, from: https://www.wienerzeitung.at/nachrichten/oesterreich/politik/978074_Keine-Registrie-rung-beim-Schaechten.html. 255. Schmitt, Richard (2018), “Rufmordversuch gegen die Republik - per Amtsblatt“, Kronen Zeitung, 19.07.2018, retrieved: April 20, 2018, from: https://www.krone.at/1742215.

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zu Israel zu stärken und für die Freunde in Jerusalem und Tel Aviv ein verlässlicher Brückenbauer zu den zahlreichen Israel-Kritiker in Brüssel zu sein. Ja: Österreich unterstützt aktuell Israel massiv.“256 Klar sei der niederösterreichische Erlass, der gemeinsam mit SPÖ, FPÖ und ÖVP ausgearbeitet wurde, unglücklich formuliert: „Aber um Tierquäler und/oder Teufelsanbeter vom Durchschneiden von Schafs-kehlen abzuhalten, wollte die niederösterreichische Landesregierung eben sicher-gehen, dass nur jene Menschen Tiere schächten dürfen, die dies mit ihrer Reli-gionsausübung auch erklären können.“257 Standard-Journalist Conrad Seidl weist daraufhin, dass es besser wäre, das Schächtungsverbot zu lockern.258 Im aktualisier-ten Schreiben zu § 32 Tierschutzgesetz (TSchG); Schlachten ohne Betäubung vor dem Blutentzug (Rituelle Schlachtung) heißt es nun: „Es ist keinesfalls erforder-lich, zum Nachweis des Bedarfes Namenslisten von Endverbrauchern zu führen.“259 Ebenso ersatzlos gestrichen wurden Punkte wie: „Es ist in jedem Einzelfall von der Behörde zu prüfen, ob die Plausibilität des Bedarfs gegeben ist!“ und „Bereits bei Antragstellung, also vor der Durchführung der rituellen Schlachtung, muss festste-hen, dass die betäubungslose Schlachtung zur Deckung des persönlichen konkre-ten Bedarfs erforderlich ist“.260

Am 12. August, kurz vor Beginn des islamischen Opferfests (21. bis 24. Au-gust) setzte die Bundesregierung eine Regelung in Kraft, mit der „illegale Hinter-hofschlachtungen“ unterbunden werden sollen.261 Der Erlass des Sozialministe-riums trat mit dem 15. August in Kraft. Die FPÖ argumentierte, dass damit die tierquälerische und hygienisch gefährliche Tötung von rund 25.000 Schafen pro Jahr ein Ende finden würde.262 Nicht eingegriffen werde damit in rituelle, ord-nungsgemäß durchgeführte Schächtungen an dafür geeigneten Orten wie etwa koscheren Schlachtbetrieben, so die Freiheitlichen. Schlachtung von Tieren für

256. Ebd.257. ebd258. Seidl, Conrad (2018), “Streit um Schächtungsverbot: Tierschutz als Vorwand”, Der Standard, 18.07.2018, re-trieved: April 20, 2018, from: https://mobil.derstandard.at/2000083729227/Streit-um-Schaechtungsverbot-Tier-schutz-als-Vorwand. 259. APA (2018), “Schächten: Neuregelung in Niederösterreich ist fix”, Die Presse, 27.07.2018, retrieved April 23, 2019, from: https://diepresse.com/home/innenpolitik/5471061/Schaechten_Neuregelung-in-Niederoester-reich-ist-fix260. Ebd.261. https://www.wko.at/branchen/gewerbe-handwerk/lebensmittelgewerbe/fleischer/Fleischer-RS011-18---Erlass-betreffend-die-Schlachtung-fu_1.pdf262. Kurer.at (2018), “Schächten: Erlass gegen "illegale Hinterhofschlachtungen"”, Kurier, 12.08.2018, retrieved April 23, 2019, from: https://kurier.at/politik/inland/schaechten-erlass-gegen-illegale-hinterhofschlachtun-gen/400087880

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den häuslichen Eigenbedarf des Tierhalters sei unter bestimmten Bedingungen von der Schlachttier- und Fleischuntersuchung ausgenommen.263 Diese neue Re-gelung wurde verhältnismäßig kaum wahrgenommen und entsprechend auch nicht öffentlich diskutiert. Melissa Günes von der Türkischen Kulturgemeinde in Österreich begrüßte die von ihr als „‘Moslem‘ Erlass“ bezeichnet Regelung264 ebenso wie die FPÖ.265 Die IGGÖ sah darin einen Affront und ein Lex Islam.266 Die IGGÖ machte deutlich, dass die zuvor in Niederösterreich kolportierte ver-pflichtende Meldung des Fleischkonsums nun in einem anderen Gewand auf Bundesebene käme. Der Präsident der IGGÖ hält eine Registrierung aufgrund der Religion für „inakzeptabel“ und meinte: „Das hatten wir bereits in Österreich - diese Zeiten sind vorbei.“267 Olgun kritisierte ebenso, dass dieser neue Erlass von Seiten des Ministeriums ohne Gespräch mit den Betroffenen, den österreichi-schen MuslimInnen, zustande kam.268

WeiteresIm Zuge der weiteren Einführung autoritärer politischer Maßnahmen gründe-te Innenminister Kickl (FPÖ) eine neue Grenzschutz-Truppe mit dem Namen „Puma“,269 mit welcher er Österreichs bisher größte Grenzschutzübung mit bis zu 1000 Polizisten und Soldaten für den 25. Juni in Spielfeld ansetzte. Laut Aussa-gen der Polizeispitzen der Balkanländer wollen sich aktuell 80.000 Migranten von Griechenland nach West- und Mitteleuropa durchschlagen. Diese Route erhielt den Namen „Moscheen-Route“, da vor allem männliche junge Einzelgänger, viele davon angeblich ,Terrorist-Fighter’ beheimatete.270 Anti-muslimische Stereotype bleiben nicht bei Reimen, wie in der Zeit der Opposition der FPÖ, sondern wer-den in den Ministerien institutionalisiert.

263. Kurer.at (2018), “Schächten: Erlass gegen "illegale Hinterhofschlachtungen"”, Kurier, 12.08.2018, retrieved: April 20, 2018, from: https://kurier.at/politik/inland/schaechten-erlass-gegen-illegale-hinterhofschlachtun-gen/400087880. 264. https://www.ots.at/presseaussendung/OTS_20180813_OTS0103/tkg-stellungnahme-moslem-erlass-des-sozi-alministeriums-bezueglich-illegalen-hinterhofschlachtungen 265. https://www.fpoe-stmk.at/en/news-detail/fpoe-moitzi-illegales-schaechten-wird-abgestellt/266. https://religion.orf.at/stories/2929889/267. Ebd.268. Heute.at (2018), “Schächten: IGGÖ kritisiert neues Islam-Gesetz”, Heute, 13.08.2018, retrieved April 23, 2019, from: https://www.heute.at/politik/news/story/Schaechten--IGG--kritisiert-neues-Islam-Gesetz-54289282269. Schmitt, Richard (2018), “80.000 Migranten am Weg: Polizei übt Grenzsperre”, Kronen Zeitung, 10.06.2018, retrieved: April 20, 2018, from: https://www.krone.at/1720490. 270. Ebd.

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In Linz wurde der Zubau zur Moschee in der Kremplstraße kritisiert. Die Neos bemängelten die nicht vorhandenen Parkplätze, Schummelei bei den Ge-schoßen und „Vorbeischwindeln“271 am Gestaltungsbeirat. Neos-Gemeinderat Lo-renz Potocnik warf der Linzer SPÖ vor, die Bosniaken als potentielle Wählerkli-enten zu bevorzugen.272 Die SP-Stadträtin Regina Fechter wies darauf hin, dass das Moschee-Erweiterungsprojekt zweimal geprüft wurde und allen Auflagen des Bebauungsplanes entsprach und verwies auf die formale Zuständigkeit des Vize-bürgermeister  Markus Hein (FPÖ).273

Im Interview mit dem geschäftsführenden Klubobmann der FPÖ, Johannes Gudenus, rahmte dieser den Islam als politische Ideologie:

„Der Islam ist Politik, Weltanschauung, Rechtsform, Gesellschaftsform und Ideolo-gie. [...] Was wir zurzeit erleben, ist ein Islam, der als Politik respektive Rechtsform und als Gesellschaftsform auftritt und das ist das, was wir nicht wollen. [...] Wir sind ganz klar für eine qualitative Zuwanderung. [...] Man muss es akzeptieren und respektieren, dass Österreich Kosovo anerkannt hat, das ist Faktum. Es gibt fünf Staaten in der EU, die Kosovo nicht anerkannt haben und das muss man genau so akzeptieren und respektieren. [...] Meine Tochter wird natürlich Deutsch spre-chen. Meine Gattin spricht Serbisch und wenn meine Tochter die Sprache auch beherrscht, hat sie nur Vorteile im Leben. [...] Ein Land, welches seinen europä-isch-christlichen Charakter beibehält.“274 Gudenus meinte auch im Hinblick auf die türkischen Präsidentenwahl, dass alle, die „Erdogan gewählt haben, sind in der Türkei ganz klar besser aufgehoben als in Österreich“.275

Efgani Dönmez sonderte am 2. September einen Tweet ab, in dem er auf die Frage eines Users, der die Frage stellte, wie die Berliner Staatssekretärin Sawsan Chebli nur zu ihrem Amt gekommen sei, antwortet: „Schau dir mal ihre Knie an, vielleicht findest du da eine Antwort.“ Parteiobmann Kurz und Klubchef August Wöginger erklärten anschließend in einer Aussendung, dass für „sexisti-sche, beleidigende Entgleisungen“276 kein Platz in der neuen ÖVP sei. Neben den

271. Red. (2018), “Trickserei bei Moschee-Bau befürchtet”, Kronen Zeitung, 21.01.2018, retrieved: April 20, 2018, from: http://www.krone.at/606518. 272. Red. (2018), “Trickserei bei Moschee-Bau befürchtet”, Kronen Zeitung, 21.01.2018, retrieved: April 20, 2018, from: http://www.krone.at/606518. 273. Krone.at (2018), “Großer Wirbel um Linzer Moschee-Bau”, Kronen Zeitung, 22.01.2018, retrieved: April 20, 2018, from: http://www.krone.at/1620632. 274. Janjić, Dragomir (2018), “Johann Gudenus: “Wir wollen keinen politischen Islam””, Kosmo, 09.05.2018 , retrieved: April 20, 2018, from: https://www.kosmo.at/johann-gudenus-wir-wollen-keinen-politischen-islam/. 275. Oe24.TV (2018), “Gudenus fordert Ausweisung von Erdogan Wählern aus Österreich”, Österreich, oJ, re-trieved: April 20, 2018, from: http://m.oe24.at/oesterreich/politik/Gudenus-fordert-Ausweisung-von-Erdog-an-Waehlern-aus-Oesterreich/338648909. 276. Red. (2018), “„Dafür kein Platz in neuer ÖVP““, ORF, 03.09.2108, retrieved: April 20, 2018, from: https://orf.at/v2/stories/2453419/2453420/.

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SPÖ-Frauen kritisierte auch ÖVP-Frauenchefin Bogner-Strauß diese Aussage als „massive Entgleisung“,277 wobei Kurz und Wöginger erkärten: „Es ist bedauer-lich, weil wir Efgani Dönmez als Kämpfer gegen den politischen Islam sehr schät-zen“.278 Nach Dönmez sei es niemals seine Absicht gewesen, „Frau Chebli wegen ihres Geschlechts oder politischen Parteizugehörigkeit zu diffamieren“. Vielmehr wollte er darauf aufmerksam machen, dass die SPD-Politikerin „seit Jahren direkt und indirekt reaktionäre Muslimverbände“279 unterstütze: „Mir ging es darum, aufzuzeigen, dass die SPD Islamisten den roten Teppich ausrollt, und das nicht im Stehen, sondern auf den Knien. Mit Sexismus hatte dieser Tweet nichts zu tun“,280 so Dönmez. Nach dessen Ausschluss aus der ÖVP sollte Dönmez noch stärker auf die FPÖ zugehen.281 So meinte er auf die Interviewaussage „Innenminister Herbert Kickl hat die Zahl der Abschiebungen um 40 Prozent erhöht: „Das ist be-grüßenswert. [...] Wenn es jemand schafft, und ich hoffe, dass sie es differenziert machen, dann die FPÖ unter Kickl“.282

BILD 11: TWEET VON NR-ABGEORDNETEN EFGANI DÖNMEZ, SCREENSHOT VOM 2. AUGUST

277. Ebd.278. Ebd.279. Ebd.280. Ebd.281. Weißensteiner, Nina (2018), “Dönmez mag jetzt Kickl und seine Reden”, Der Standard, 04.10.2018, retrieved: April 20, 2018, from: https://mobil.derstandard.at/2000088672489/Doenmez-mag-jetzt-Kickl-und-seine-Reden. 282. Ertl, Josef (2018), “Die Migration schadet den Herkunftsländern“, Kurier, 11.11.2018, retrieved April 23, 2019, from: https://kurier.at/chronik/oberoesterreich/die-migration-schadet-den-herkunftslaendern/400318920

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Am 3.10.2018 ging das Symbole-Gesetz in Begutachtung. Es ist eine Aus-weitung des Symbole-Gesetzes aus dem Jahr 2014, das die Symbole zweier ter-roristischer Organisationen, der Al-Kaida und des IS, verbietet. Nun wurde es ausgeweitet, um neben den Symbolen terroristischer nun auch jene nicht-ter-roristischer Organisationen zu verbieten. Am 11. Dezember stand das Gesetz auf der Tagesordnung der 53. Sitzung des Nationalrates. Es wird dargelegt, dass die Verwendung von Symbolen und anderen Darstellungen von Gruppierun-gen, die terroristische Verbrechen und vergleichbare Taten begehen, die klar im Widerspruch zu den Werten einer demokratischen Gesellschaft und dem Gedanken der Völkerverständigung stehen, in Österreich verboten werden sollen. Es sollen numehr Symbole von anderen – den Grundprinzipien eines Rechtsstaates widersprechende – Gruppierungen miteinbezogen werden. Inte-ressanterweise werden keine Symbole von weißen, rechten Organisationen wie den Identitären einbezogen, sondern lediglich Organisationen mit Auslands-bezug.283 Das Problem besteht v.a. darin, dass die Symbole von nicht-terroris-tischen Organisationen wie die Muslimbruderschaft dafür benützt werden, um nicht gegen die ohnehin in Österreich sehr schwach aufgestellte Muslimbruder-schaft vorzugehen, sondern gegen all jene zivilgesellschaftlichen muslimischen AkteurInnen, welchen unterstellt wird, Teil der Muslimbruderschaft zu sein.284 Diese Kampagne wird bereits seit mehr als einem Jahrzehnt und insbesondere seit dem Protest gegen das Islamgesetz 2015 gegen in der Öffentlichkeit ste-hende muslimische AkteurInnen geführt.285 In der Begutachtung hatte sich vor allem die IGGÖ mit dem Vorhaben unzufrieden gezeigt. Das Einbeziehen der Muslimbruderschaft werde lediglich durch eine Publikation eines neokonser-vativen Thinktanks gestützt, die wegen „wissenschaftlicher Mangelhaftigkeit und ideologischer Befangenheit“ völlig ungeeignet sei. Die Verordnungser-mächtigung ermögliche „massive Willkür“. Kritik übten auch der ÖGB und die Arbeiterkammer an der Dimension der Strafen. Das Symbolegesetz sieht Strafen von bis zu 10.000 Euro vor, die Verbreitung von NS-Symbolen (die im Abzeichengesetz geregelt ist) wird aber höchstens mit 4.000 Euro sanktioniert.

283. Parlament.gv.at (2018), “Symbole-Gesetz, Änderung (81/ME)”, Parlament, 03.10.2018, retrieved: April 20, 2018, from: https://www.parlament.gv.at/PAKT/VHG/XXVI/ME/ME_00081/index.shtml. 284. Hafez, Farid (2018), Muslim Civil Society under Attack: The European Foundation for Democracy’s Role in Defaming and Delegitimizing Muslim Civil Society, in: Iner Derya & John Esposito (eds.), Islamophobia and Radicalization: Breeding Intolerance and Violence, Palgrave (2018), 117- 137285. Hafez, Farid (2016), Die MJÖ als Projektionsfläche für Verschwörungstheorien. In: Farid Hafez, Reinhard Hei-nisch, Raoul Kneucker, Regina Polak (Hrsg.): Jung, muslimisch, österreichisch. New Academic Press, Wien 2016.

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Für AK und Gewerkschaftsbund und auch für das Amt der Wiener Landesre-gierung ist nicht klar, warum einige Organisationen vom Verbot erfasst sind, andere aber nicht. Die Wiener Landesregierung sieht ebenfalls Willkür und weist darauf hin, dass auch Bewegungen der Neuen Rechten unter Beobach-tung des Verfassungsschutzes stehen.286

Das BMI titelte „Schlag gegen Muslimbruderschaft und Graue Wölfe“. Das neue Symbole-Gesetz ging nach der Beendigung der Begutachtungsfrist am 21. November 2018 in den Ministerrat und wird Mitte Dezember dem Nationalrat zur Beschlussfassung vorgelegt. Die Verwendung und Verbreitung von derarti-gen Symbolen bzw. Gesten wird mit bis zu 4.000 Euro oder einer Freiheitsstra-fe von bis zu einem Monat bestraft. Im Wiederholungsfall drohen Geldstrafen bis zu 10.000 Euro beziehungsweise sechs Wochen Haft. Die Bezeichnung dieser Gruppierungen sowie die konkreten Symbole und Gesten, die unter Strafe gestellt werden sollten bis zum 1. März 2019 durch eine Verordnung des Innenministers erfolgen.287 Dieser kann diese Liste immer wieder ausweiten.

Gudenus verlautbarte noch im Herbst, dass ein neues Gesetz gegen den po-litischen Islam bis Mitte 2019 kommen solle. Denn dieser drohe sich „in Öster-reich, vor allem in Wien, in Ballungszentren, aber auch in ganz Europa“ aus-zubreiten. „Und da müssen wir die Bürger, aber auch die gemäßigten Muslime davor schützen. Weil das ist eine Intoleranz, eine Frauenfeindlichkeit, ein An-tisemitismus und eine Aggression, die wir hier in Österreich und Europa nicht brauchen. Das ist unerwünscht und dieses ‚unerwünscht Sein’ sollte sich in der Strafgesetzgebung auch äußern“.288 Strache meinte in Richtung des ÖVP-Justiz-ministers Josef Moser, dass dieser „die gesetzlichen Bestimmungen im Kampf gegen den radikalen politischen Islam sicherstellen“ müsse. Es ginge darum, „die unverantwortliche Politik der Einladungs- und Willkommenskultur und den Merkel-, Macron- und Juncker-Kurs demokratisch abzuwählen“.289 Dem noch nicht offiziell präsentierten Gesetz folgten Loorbeeren durch den Journalisten des Oberösterreichischen Volksblattes, Harald Engelsberger: „In Österreich plant

286. Red. (2018), “Kritik an Verbot von Extremistensymbolen”, ORF, 20.11.2018, retrieved April 23, 2019, from: https://orf.at/stories/3101355/287. Bmi.gv.at (2018), “ Schlag gegen Muslimbruderschaft und Graue Wölfe”, 19.11.2018, Bundesministerium Inneres, retrieved April 23, 2019, from: https://www.bmi.gv.at/news.aspx?id=57567834466641794F59303D288. APA (2018), “Gudenus will Gesetz gegen politischen Islam bis Mitte 2019”, Der Standard, 16.12.2018, re-trieved April 23, 2019, from: https://mobil.derstandard.at/2000094068620/Gudenus-will-Gesetz-gegen-politi-schen-Islam-bis-Mitte-2019289. Oe24.at (2018), “Strache: “Ich war nie ein Neonazi””, Österreich, 28.12.2018, retrieved April 23, 2019, from: https://www.oe24.at/oesterreich/politik/Strache-Ich-war-nie-ein-Neonazi/361488067

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die Regierung gerade ein solches Gesetz in Sachen politischer Islam. Damit dann jeder weiß, was hierzulande gesellschaftlich tragfähig ist und wie sich die österreichischen Bürger ihr Leben miteinander vorstellen.“290 Wer sich an das unmissverständliche Regelwerk halte, der/die würde „weder Ungerechtigkeiten noch Repressalien zu befürchten“291 haben.

Oglun (IGGÖ) gab auch Positionen von sich, die islamophobe Positionen stärkten. Mit „In Wien brauchen wir keine Moscheen mehr“ erhielt er media-le Aufmerksamkeit und fügte hinzu: „Den meisten Schaden an unserer Religion selbst haben leider unsere eigenen MuslimInnen angerichtet. Ich kann das seit zwei Jahren in meiner Funktion als Präsident bestätigen.“292

Die Büroleiterin von Burgenlands Landeshauptmannstellvertreter und FPÖ-Landesparteiobmann Johann Tschürtz, Edith-Sara Tayari, trat aus der FPÖ aus. Tayari hatte vor Jahrzehnten den Islam angenommen und habe besonders die Islamophobie der FPÖ persönlich getroffen.293

MEDIEN Der Jahresbeginn wird in den letzten Jahren immer wieder von AkteurInnen der Neuen Rechten verwendet, um mithilfe der Evozierung öffentlicher Debatten ihre Ideologie zu verbreiten. Nach den Hasskommentaren für das Wiener Neujahrsba-by Asel und seinen Eltern setzte Caritas-Generalsekretär Klaus Schwertner mit einem Facebook-„Blumenregen“ (#flowerrain) ein positives Zeichen.294 Es kamen etwa 32.000 Likes und positive Kommentare. Auch Bundespräsident Alexander Van der Bellen und der ehemalige Bundeskanzler und nunmehrige Oppositions-politiker Christian Kern sowie Kardinal Christoph Schönborn oder etwa der EU- und VP-Politiker Othmar Karas schickten ihre Glückwünsche. Die Regierung

290. Oö. Volksblatt (2018), “Oö. Volksblatt: "Klares Regelwerk" (von Harald ENGELSBERGER)”, OTS, 16.12.2018, retrieved April 23, 2019, from: https://www.ots.at/presseaussendung/OTS_20181216_OTS0031/ooe-volks-blatt-klares-regelwerk-von-harald-engelsberger?utm_source=2018-12-16&utm_medium=email&utm_cont-ent=html&utm_campaign=mailabodigest&fbclid=IwAR3yX-v4AUu0Wz_mdBBE1bY79SJWM0e1jyTqGccq-627tEZFL6VMo9AmQ6qo291. Ebd.292. Red. (2018), “IGGÖ-Präsident spricht sich gegen weitere Moscheen aus”, ORF, 06.05.2018, retrieved: April 20, 2018, from: http://orf.at/stories/2436937/. 293. APA (2018), “Burgenland: Büroleiterin von Tschürtz trat aus FPÖ aus”, Salzburger Nachrichten, 30.11.2018, retrieved: April 20, 2018, from: https://www.sn.at/politik/innenpolitik/burgenland-bueroleiterin-von-tschuertz-trat-aus-fpoe-aus-61675531 294. Wien.orf.at (2018), “Neujahrsbaby: „Flowerrain“ als Spam”, ORF, 05.01.2018, retrieved: April 20, 2018, from: http://wien.orf.at/news/stories/2887688/.

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äußerte sich gar nicht dazu.295 Das Flowerrain-Posting wurde von Facebook ohne Angabe von Gründen gelöscht. Die Hasskommentrae und der darauffolgende “Flowerrain” rief internationale Reaktionen hervor: „Das Wiener Neujahrsbaby wurde zuerst mit Hass, dann mit Herzen begrüßt“, betitelte etwa die New York Times einen Artikel.296 Die Tageszeitung Die Presse berichtet darüber, dass der Twitter- sowie der Facebook-Account der rechten AfD-Politikerin Beatrix nach deren Tweet über die Kölner Polizei („Was zur Hölle ist in diesem Land los? Wieso twittert eine offizielle Polizeiseite aus NRW auf Arabisch. Meinen Sie, die barba-rischen, muslimischen, gruppenvergewaltigenden Männerhorden so zu besänfti-gen?“297) geschlossen wurde. Zwölf Stunden später sperrte Twitter den Account der stellvertretenden Bundestagsfratkionschefin mit der Begründung „Verstoß gegen Regeln über Hass-Inhalte.“ 298

Im Zusammenhang mit dem Versuch der Moscheeschließung durch die Bundesregierung waren einige Medien voreilig und reproduzierten im We-sentlichen die Anschuldigungen sowie die Sichtweise der Bundesregierung und stärkten zudem die Forderungen lokaler rechter Politiker, ohne eine kri-tische Sichtweise aufzuzeigen. So berichteten die Oberösterreichischen Nach-richten davon, dass eine arabische Moschee in Wels noch immer Gläubige zum Freitagsgebet versammle und zitierte bereitwillig den dortigen Bürger-meister Andreas Rabl (FPÖ), welcher ankündigte, deshalb nun Polizeikont-rollen durchführen zu wollen und mit einer „Komplettschließung des Lokals“ drohte. Hingegen wird der BMI-Sprecher Christoph Pölzl mit der Aussage wiedergegeben, wonach das Kultusamt dafür Sorge tragen müsse, dass in ge-sperrten Moscheen nicht mehr gepredigt und gebetet werde und die Zustän-digkeit nicht bei der Polizei liege.299

Harald Engelsberger argumentierte in seinem Artikel „Verschleiert“ in der Zei-tung Neues Volksblatt das Kopftuchverbot der Bundesregierung weiter: „Genauso

295. Stuiber, Petra (2018), “Keine Regierungsblumen für Neujahrsbaby Asel”, Der Standard, 11.01.2018, retrieved: April 20, 2018, from: https://derstandard.at/2000071881901/Keine-Regierungs-Blumen-fuer-Neujahrsbaby-Asel. 296. Wien.orf.at (2018), “Neujahrsbaby: „Flowerrain“ als Spam”, ORF, 05.01.2018, retrieved: April 20, 2018, from: http://wien.orf.at/news/stories/2887688/. 297. APA (2018), “Deutschland: Justiz prüft angeblich islamfeindlichen AfD-Tweet“, Die Presse, 02.01.2018, retrie-ved: April 20, 2018, from: https://diepresse.com/home/Ausland/Aussenpolitik/5346614/Islamfeindlicher-Tweet_Koelner-Polizei-zeigt-AfDPolitikerin-an. 298. Ebd.299. Ichner, Bernhard (2018), “Gesperrte Moscheen weiter offen: Aber keine Polizeikontrollen”, Kurier, 23.06.2018, retrieved: April 20, 2018, from: https://kurier.at/chronik/oesterreich/gesperrte-moscheen-weiter-of-fen-aber-keine-polizeikontrollen/400055897.

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konsequent ist daher auch des Ministers Überlegung, dass ein entsprechendes Kopf-tuchverbot selbstverständlich auch Lehrerinnen einzuhalten haben. Wie sonst soll das Thema ernsthaft in der Schule vermittelt werden, wenn die Vorschrift nicht für alle die gleiche Gültigkeit hat. Wir müssen Normen setzen, begründete Faßmann seine Absicht, weil es beim Kopftuch nicht um ein modisches Accessoire gehe, sondern darum, ob man gesellschaftspolitische Errungenschaften infrage stelle.“300 Auch die Kronen Zeitung sorgte mit einem Bericht über ein Video, das einen Imam einer der von der Schließungsdrohung betroffenen sieben Moscheen im Koran-Unterricht zeigt, in dem er angeblich ein Kind schlage.301 Gudenus (FPÖ) benutzte diese Debatte, um seine islamophoben Forderungen in Richtung Wiener Stadtregierung zu stützen und meinte darüber hinaus, dass die Attaysir-Moschee der Muslimbruderschaft zuzurechnen sei und dort bekennende Muslimbrüder auftreten würden, die dort ihr „österreich-, christen- und domokratiefeindliches Gedankengut“302 verbreiten würden.

Zudem schreibt die Kronen Zeitung in einem Artikel über verschiedene Moscheeeinrichtungen, die wegen unterschiedlicher Angelegenheiten medial in die Öffentlichkeit gerückt wurden. So wird zum Beispiel im Zusammenhang mit dem von der VSC geführten Moschee in einem Atemzuge über die tür-kisch-nationalistische Theateraufführung in einer Moschee gesprochen, wobei es sich hierbei um zwei verschiedene Einrichungen handelt, die organisatorisch nicht miteinander verbunden sind.303 Derartige Vermischungen erlauben der Politik ein leichtes Durchgreifen, weil ein undifferenziertes Bild bei der Bevöl-kerung geschaffen wird.

Helmut Brandstätter meinte in einem Kommentar im Kurier die Schließung von sieben Moscheen durch die Bundesregierung betreffend:

„Dann tauchten die Bilder auf, wo Kinder in Tarnanzügen eine Schlacht aus der türkischen Geschichte nachstellten. Dass in Formen einer Parallelgesellschaft ge-gen Werte einer aufgeklärten Gemeinschaft und gegen österreichische Gesetze

300. Neues Volksblatt (2018), “Neues Volksblatt: “Verschleiert” von Harald Engelsberger”, OTS, 09.09.2018, retrieved: April 20, 2018, from: https://www.ots.at/presseaussendung/OTS_20180909_OTS0032/neues-volks-blatt-verschleiert-von-harald-engelsberger. 301. Budin, Christoph (2018), “Schock-Video aus Wien: Imam unter Verdacht”, Kronen Zeitung, 28.06.2018, retrieved: April 20, 2018, from: https://mobil.krone.at/1730752. 302. FPÖ Wien (2018), “FP-Gudenus fordert IGGÖ zur Stellungnahme zu neuer Hasspredigt auf “, OTS, 10.08.2018, retrieved: April 20, 2018, from: https://www.ots.at/presseaussendung/OTS_20180810_OTS0077/fp-gudenus-fordert-iggoe-zur-stellungnahme-zu-neuer-hasspredigt-auf. 303. Krone.at (2018), ,“Jetzt wird gegen türkische ATIB-Vereine ermittelt!“, Kronen Zeitung, 08.05.2018, retrie-ved: April 20, 2018, from: https://www.krone.at/1704362.

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verstoßen wird, war leider schon länger klar. So gesehen kann man zur gestrigen Aktion, wo sieben Moscheen geschlossen wurden und einige Imame ausgewiesen werden sollen, nur sagen: Endlich. Die Türken in Österreich müssen verstehen, dass hier unsere Gesetze gelten, und dass ihre Vereine hier nicht Gegengesell-schaften aufbauen dürfen, vor allem auch, weil sie den Türken in Europa damit massiv schaden.“ 304

Der bekannten Necla Kelek wurde ebenso wieder Raum gegeben, mit ihrer Forderung nach Schwächung der organisierten MuslimInnen die Regierungsa-genden zu unterstützen:

„So wollen wir uns gegen den politischen Islam positionieren und die strikte Tren-nung von Staat und Religion durchsetzen, Frauenrechte erstreiten. Der Islam kennt keine Mitgliedschaft, keine Hierarchie, und deshalb kann es auch keine Repräsen-tanz geben. Nur das bessere Argument. Wir wollen, wie in Österreich, das islami-sche Kopftuch aus den Kindergärten und Schulen verbannen, sprich uns in unsere eigenen Angelegenheiten einmischen“.305

Nina Scholz erhielt ebenso Raum in Der Standard, um die anti-muslimische Regierungspolitik zu unterstützen, indem sie versucht, das Verbot des Hijab im Gegensatz zum Nicht-Verbot der Kippa zu legitimieren:

„Es geht auch um Prävention. Anders als Kippa oder religiöse Kettenanhänger schränkt der Hijab die Bewegungsfreiheit der Mädchen ein. Dahinter steckt eine Islamauslegung, die schon kleine Mädchen sexualisieren und an die Verhüllung von Haar, Hals und Nacken gewöhnen will. Das Kopftuch ist ein sichtbares Zei-chen der Ungleichstellung der Geschlechter und widerspricht dem Unterricht-sprinzip "Erziehung zur Gleichstellung von Männern und Frauen" diametral. Die Ausweitung des Gesetzes auf die Pflichtschule ist sinnvoll. Denn die Schule sollte ein Ort sein, wo sich Kinder unabhängig von Geschlecht, Herkunft und Religion frei und spielerisch entfalten und ein unbefangenes Verhältnis zu ihrem Körper entwickeln können“.306

Gratiszeitungen schalten immer wieder Inserate von der FPÖ mit eindeu-tig islamophoben Inhalten, wie das untenstehende Beispiel aus der Gratiszeitung Heute zeigt:

304. Brandstätter, Helmut (2018), “Religion ist privat, Gesetze sind einzuhalten”, Kurier, 09.06.2018, retrieved: April 20, 2018, from: https://kurier.at/meinung/religion-ist-privat-gesetze-sind-einzuhalten/400048226. 305. Kelek, Necla (2018), “Die kritischen Geister in der Islam-Debatte“, Der Standard, 23.11.2018, retrieved April 23, 2019, from: https://derstandard.at/2000092122386/Die-kritischen-Geister-in-der-Islam-Debatte306. Scholz, Nina (2018), “Kopftuch und Kindeswohl“, Der Standard, 23.11.2018, retrieved April 23, 2019, from: https://derstandard.at/2000092116447/Kopftuch-und-Kindeswohl

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BILD 12: WAHLWERBUNG DER FPÖ IN GRATISZEITUNG HEUTE

BILD 13: SOCIAL MEDIA-KAMPAGNE DER FPÖ, SCREENSHOT, 25.03.2018.

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In manchen Artikeln, die um eine Balance bemüht sind, werden dennoch islamophobe Positionen reproduziert. So meint Hans Rauscher in Der Standard, dass Außenministerin Karin Kneissls Antwort auf die Frage, ob der Islam zu Ös-terreich gehöre, klug geantwortet habe, indem sie meinte: „Muslime gehören zu Österreich.“ In seiner Begründung meint er: „Geistige und religiöse Strömun-gen wie das Christentum und das Judentum, aber auch die Aufklärung haben in Jahrhunderten Mitteleuropa zweifellos kulturell geprägt, der Islam nicht. Es gibt natürlich relativ viele Muslime hier, sie werden nicht weggehen, in dem Sinn gehören sie zu Österreich – wenn sie nicht gegen die liberale Demokratie und den Rechtsstaat verstoßen“.307 Das ist nicht nur historisch-faktisch problematisch, sondern v.a. was den Maßstab an in Österreich lebenden Personen betrifft. Illibe-rale Politiker sitzen schließlich im Parlament.

Ähnlich der Journalist Hans Winkler in einem Kommentar, der die Aus-sage des österreichischen Verteidigungsministers Mario Kunasek (FPÖ), der meinte, der Islam gehöre zu Österreich, unterstützt, da es dem Minister darum gegangen sei, „dass Muslime auch beim Heer ihren Glauben ausüben wollen, was ein selbstverständlicher Ausfluss der von der Verfassung garantierten Re-ligionsfreiheit ist.“ Gleichzeitig argumentiert er in einer essentialistischen und generalisierenden Art weiter:

„Die Unterscheidung zwischen ‚Islamismus‘ als abzulehnender Form von Reli-gion und dem ‚normalen‘ Islam als willkommener Praxis hilft nicht weiter. Der unter Muslimen beispielsweise in Graz grassierende Antisemitismus; die zuneh-mende Instrumentalisierung der öffentlichen Schule für die Religion samt Druck auf das Lehrpersonal, vor allem das weibliche; der Kopftuchzwang, dem schon Kinder unterworfen werden; die in der bekannten Studie von Heiko Heinisch festgestellte integrationsfeindliche Predigtpraxis in etlichen, besonders türki-schen Moscheen – das alles findet nicht unter Islamisten statt. Der Islam kennt keine prinzipielle Trennung der religiösen Sphäre von der politischen Macht. Der Staat habe den Auftrag, die von Gott geoffenbarte Ordnung auf der Welt zu verwirklichen beziehungsweise zu bewahren. Sowohl in der mehrheitlich oder ausschließlich ‚muslimischen Welt‘ als auch in Europa nimmt die traditionelle unprätentiös geübte Religiosität ab, die politisierten Formen des Glaubens hinge-genwerden stärker. Die Stimmen, die dagegen reden, sind schwach. Mouhanad Korchide – Korchide und andere wie der in Wien lehrende Ednan Aslan haben die Idee eines „europäischen Islams“ – eines Islams, so Korchide, ‚der nicht im Widerspruch zu den in Europa geltenden Werten unddem in Österreich gelebten Alltag steht‘. Der deutsche Verfassungsrechtler Ernst-Wolfgang Böckenförde [...]

307. Rauscher, Hans (2018), “Der Islam bei uns”, Der Standard, 10.01.2018, retrieved April 23, 2019, from: htt-ps://derstandard.at/2000071882467/Islam-bei-uns?ref=article

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hält wie auch der Philosoph Rüdiger Safranski den Islam letztlich für nicht in die europäische Welt integrierbar. Daher solle der deutsche (oder auch österreichi-sche) Staat dafür sorgen, dass ‚die Angehörigen des Islam [sic!] durch geeignete Maßnahmen im Bereich von Freizügigkeit und Migration – nicht zuletzt im Hin-blick auf die Türkei – in ihrer Minderheitenposition verbleiben, ihnen mithin der Weg verlegt ist, über die Ausnutzung demokratischer politischer Möglich-keiten seine auf Offenheit angelegte Ordnung von innen her aufzurollen‘. Das sei nur die Selbstverteidigung, die der freiheitliche Verfassungsstaat sich schuldig ist. Der Professor hat allerdings den demografischen Faktor nicht bedacht: Mitte der 2040er-Jahre wird nach den jetzigen Prognosen der Islam in Wien auch ohne weitere Zuwanderung von Muslimen die vor Katholiken und Orthodoxen größte Religionsgemeinschaft geworden sein.“308

GegennarrativeManche Medien geben Raum für andere Erzählungen. Anfang Juli sprach das Wiener Stadtmagazin Biber mit Musliminnen, die in Folge von Beschimpfungen und Attacken sich dazu entschieden, das Kopftuch abzulegen. Darin erzählt auch die 20-jährige Yara, deren Namen von der Redaktion geändert wurde: „Ich wollte mich selbst nicht gefährden und habe mich deswegen dazu entschieden, meine Haare nicht mehr zu bedecken.“309 Biber berichtet von Übergriffen gegen sichtba-re Musliminnen, die zunehmen würden, Diskriminierung am Arbeitsmarkt und bei der Jobsuche. Firmen würde es selbst dann nicht reichen, wenn manche Mäd-chen das Kopftuch zumindest am Arbeitsplatz abnehmen.

Das alternative Medium Mosaik interviewte zwei Lehrerinnen, um den mithil-fe von Susanne Wiesinger ausgelösten Diskurs aus der Perspektive von Lehrerinn-nen zu beleuchten. Eine Lehrerin mit dem (redaktionell geänderten) Namen Anna Draxler. Sie meinte engegen des kulturkämpferischen Jargons: „Was bei uns [...] kein Streitthema ist: Religion, Herkunft und Kultur.“

Anna Draxler: „Ich bin Lehrerin an einer Wiener NMS im 11. Gemeindebezirk, an einer so genannten Brennpunktschule. Oft entwickeln LehrerInnen, die schon lange im Dienst sind, einen gewissen Tunnelblick. SchülerInnen beschweren sich oft bei mir, dass sie von bestimmten LehrerInnen diskriminiert werden. Aussagen wie: „Na, wenn dir heiß ist, ziehst halt das Kopftuch aus‘‘ kommen leider vor. Es gibt auch LehrerInnen, die muslimische SchülerInnen während der Fastenzeit Ra-

308. Winkler, Hans (2018), “Faktum ist: Der Islam ist da in Österreich”, Die Presse, 02.04.2018, retrieved April 23, 2019, from: https://diepresse.com/home/meinung/gastkommentar/5399054/Deja-vu_Faktum-ist_Der-Is-lam-ist-da-in-Oesterreich309. Stanić, Alexandra/Mohamed, Salme Ali Taha (2018), “Runter mit dem Tuch! Musliminnen haben Angst”, Biber, 07.07.2018, retrieved: April 20, 2018, from: https://www.dasbiber.at/content/runter-mit-dem-tuch-mus-liminnen-haben-angst.

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madan zu überzeugen versuchen, etwas zu essen oder zu trinken. Lassen sich diese nicht überzeugen, so werden im Turnunterricht extra anstrengende Übungen an-geordnet, haben einige SchülerInnen berichtet. Schule darf keinesfalls ein Ort sein, an dem Lehrer und Lehrerinnen die SchülerInnen zum Problem erklären und sie für die Bildungsmissstände verantwortlich machen, wie Frau Wiesinger dies durch ihre Aussagen gemacht hat.“310

Auch RechtsexpertInnen und TheologInnen wurde Raum für ihre sachliche-re Perspektive im Zusammenhang mit dem Kopftuchverbot der Bundesregierung gegeben. Rechtsphilosoph Stefan Hammer meinte in einem Interview in Der Standard zum diskutierten Kopftuchverbot:311

Hammer: Ich halte das Kreuz im Klassenzimmer für schwer zu rechtferti-gen, weil es eine noch viel stärkere institutionelle Identifikation mit einer be-stimmten Religion impliziert, als wenn individuelle Lehrpersonen religiöse Symbole an sich tragen. Wenn ich eine Physiklehrerin habe, die halt zufällig verschleiert ist, bedeutet das für mich nicht, dass sich die Schule mit dem Islam identifiziert, aber wenn ich als Nichtchrist in einer Schule sitze, in der permanent das Kreuz an der Wand hängt, ist das für mich die Botschaft, dass diese Schule in irgendeiner Weise dem Christentum verpflichtet sein muss. Das halte ich für viel problematischer im Hinblick auf die staatliche Neutralität. Und wenn man es auf die positive Religionsfreiheit der christ-lichen Schüler stützt, kann man es nicht von der christlichen Mehrheit in der Schule abhängig machen. Außerdem müsste man auch andere religiöse Symbole anbringen können.

Standard: Die Regierung möchte für Kindergärten und Volksschulen ein Kopftuchverbot. Lässt sich das juristisch wasserdicht argumentieren, ohne auch alle anderen religiösen Symbole – vom Kreuz über die Kippa bis zum Dastar, dem Turban der Sikhs – zu verbieten?

Hammer: Wenn der Staat einseitig definiert, ein Kopftuch ist immer ein Zei-chen der politischen Agitation, der Diskriminierung oder was immer, dann ist das eine Vergewaltigung des potenziellen Selbstverständnisses von Kopf-tuchträgerinnen, die das auch aus ganz anderen, eben auch genuin religiösen

310. Ahmed, Isabella/Draxler, Anna (2018), “Lehrerinnen im Interview: NIcht Kopftücher, fehlende Ressourcen sind das Problem an Brennpunktschulen“, Mosaik, 05.04.2018, retrieved April 23, 2019, from: https://mosa-ik-blog.at/brennpunktschulen-kopftuch-ressourcen-islam-kultur/311. Nimmervoll, Lisa (2018), “Rechtsphilosoph: “Kreuz im Klassenzimmer ist schwer zu rechtfertigen”, Der Standard, 15.10.2018, retrieved: April 20, 2018, from: https://derstandard.at/2000089317799/Kreuz-im-Klassen-zimmer-schwer-zu-rechtfertigen.

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Gründen tun können. Im Kindergarten steht das Kopftuch im Schutzbereich des Elternrechts, das auch das Recht umfasst, die religiöse Orientierung der Kinder mitzubestimmen. Zumindest müsste man dann wirklich alle reli-giösen Zeichen und Bekleidungsmerkmale aus dem Kindergarten und der Volksschule ausschließen.312

Der Standard interviewte Helena Stockinger im Rahmen der Veranstaltung „Wie viel Gott braucht die Schule? Über das Verhältnis von Religion und Bildung“. Stockinger hatte eine Studie über den Umgang mit religiöser Differenz in zwei Wiener Kindergärten – einer in katholischer, einer in islamischer Trägerschaft – durchgeführt. Im Interview mit Lisa Nimmervoll meinte sie:

„Mich überraschten weniger die Unterschiede als die Ähnlichkeiten. Die Leitungen beider Kindergärten waren gegenüber religiöser Vielfalt positiv aufgeschlossen. Dennoch war im Alltag in beiden eine Religion dominant, während andere Religionen kaum erkennbar wurden. Kinder, die nicht der Mehrheit angehörten, erlebten ihre eigene Religion nur als Defizit, da man-che nicht bei allen religiösen Angeboten teilnehmen durften.

Und: „Heute wird Integration oft mit Anpassung verwechselt. Aussagen wie "Bei uns ist religiöse Differenz kein Thema, alle feiern ganz normal beim Osterfest mit" verweisen auf diese oft für selbstverständlich genommene Anpassung. Integration hat aber nicht das Ziel, dass Menschen in ihrer Be-sonderheit nicht mehr auffallen. Ziel sollte sein, dass sie sich in ihrer Unter-schiedlichkeit zugehörig fühlen und zu einem gemeinsamen Leben in Viel-falt beitragen dürfen.“

Standard: Was halten Sie in diesem Zusammenhang vom Kopftuchverbot, das die Regierung für Kindergärten beschlossen hat? Ist sie damit in die "Do-minanzfalle", vor der Sie warnen, getappt?

Stockinger: Unter "Dominanzfalle" verstehe ich die selbstverständliche An-nahme, dass sich Personen, die zu "den Anderen" gemacht werden, anpassen müssten. Es bedeutet, aus einer dominanten Haltung heraus zu wissen, was für "diese Anderen" am besten sei. Die Betroffenen kommen nicht zu Wort, stattdessen werden ihnen Gründe für ihre Verhaltensweisen zugeschrieben.

312. Nimmervoll, Lisa (2018), “Rechtsphilosoph: “Kreuz im Klassenzimmer ist schwer zu rechtfertigen”, Der Standard, 15.10.2018, retrieved: April 20, 2018, from: https://derstandard.at/2000089317799/Kreuz-im-Klassen-zimmer-schwer-zu-rechtfertigen.

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Personen dürfen nicht in ihrer Besonderheit erkennbar werden. Kleidungs-verbote wie das Kopftuchverbot gehen für mich klar in die Richtung einer Machtdemonstration und Dominanzhaltung, die auch mit Fokus auf aus-schließlich eine Religion diskriminierenden Charakter hat“.313

Der Professor für moderne jüdische Philosophie an der University of Virgia-na, Asher D. Biermann, wirft in seinem Artikel „Zur Kopftuchdebatte: Fünf Thesen und ein Fazit“ der österreichischen Integrationspolitik Scheinmoral vor. In seiner ersten These schreibt er, dass der Staat das Recht der Religionsausübung wie auch der Religionsverweigerung zu schützen habe – anstatt Religionen im Land Gesetz-te vorzuschreiben. Denn nicht die Vorschrift eines Kopftuches und das Kopftuch selbst verstoße gegen die persönlichen Rechte seiner Trägerin sondern die zivi-le Nötigung. Auch hätten Eltern das Recht, ihren Kindern Kleidungsvorschriften und ihr eigenes Verständnis von Anstands aufzuprägen: Sie dürfen ihren unmün-digen Kindern gewisse Dinge verbieten, empfehlen und auch erlauben. Weiters macht er fest, dass es nicht das Kopftuch sei, das ein friedliches Zusammenleben der österreichischen BürgerInnen verhindere, und dass es keinen vernünftigen Grund gäbe, persönlich getragene religiöse Symbole aus der Öffentlichkeit zu ver-bannen. Schließlich könne ein religiöses Symbol auch ein Bekenntnis zu einem säkularen Staat sein. Er wirft die Frage auf, ob eine muslimische Richterin am Wiener Bezirksgericht, die Kopftuch trägt, sich als muslimische Frau nicht offen-sichtlich zum Gesetz und Wertekanon Österreichs bekennen würde? Sie würde das Kopftuch eben auch aus dem Grund tragen, weil sie von der Verträglichkeit ihrer Religion mit den Gesetzen des Landes überzeugt sei. Dann wäre das Kopftuch im öffentlichen Raum kein Zeichen für eine Parallelgesellschaft, sondern ein Symbol für Integration und friedliches Zusammenleben. In seiner fünften These kommt er zum Schluss, dass Burka und Niqab vom „Anti-Burka-Gesetz“ ausgeschlossen werden werden könne. Ähnlich für arbeitsbedingte Verhüllungen oder Blinden-brillen könne auch für die Burka eine amtliche Genehmigung erteilt werden. Ein amtlicher „Burka-Ausweis“ könnte außerdem Einblicke in die Familienverhältnis-se von Betroffenen gewähren und auch auf etwaige Nötigungen aufmerksam ma-chen. Biermann kommt in seinem Fazit schließlich zum Schluss, dass die Debatte um das Kopftuch, Burka oder andere religiöse Symbole ein Scheinproblem sei,

313. Nimmervoll, Lisa (2018), “Theologin: "Religion ist nicht nur Privatsache"”, Der Standard, 03.12.2018, re-trieved April 23, 2019, from: https://mobil.derstandard.at/2000092959627/Theologin-Helena-Stockinger-Reli-gion-ist-nicht-nur-Privatsache?ref=article&fbclid=IwAR245dYIo-slF8e0eVdaXH2p3nBAuIX1CMfSKkRBK_LoUgemaXqSWvS95nE

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hinter dem eine Scheinmoral verbärge: „Restriktive Gesetze vertiefen nicht nur religiöse und soziale Diskriminierung, sie legalisieren sie auch.“314 Die österreichi-sche Integrationspolitik führe zu einer „Illiberalisierung der Gesellschaft, in der das ‚Fremde‘ fremd bleiben muss, weil es fremd gemacht wird.“315

Gexi Tostmann von Tostmann Trachten kritisierte das Patraiarchat als maß-gebliche Kraft hinter den Kopftuchverbotspolitiken: „[...] Vor allem sind es meis-tens die Männer, die so schimpfen. Ähnlich wie bei der Diskussion über die Ab-treibung. Ich bin nicht dafür, aber ich bin dafür, dass die Frauen selbst entscheiden können. Aber es sind hauptsächlich die Männer auf die Barrikaden gegangen. So ist das beim Kopftuch auch.“316

Barbara Blaha versuchte in ihrem Gastkommentar die Linke daran zu erin-nern, wie wenig sinnvoll es ist, rechte Politik zu reproduzieren:

„Den wirtschaftspolitisch linken Mehrheiten steht aber zugleich eine rechte Hegemonie in kulturellen Fragen gegenüber. Kein Zweifel, das jahrelange Minderheitenbashing ist in vielen Köpfen mittlerweile fix verankert. Als Sozialdemokratie Politik zu machen, hieße allerdings zu verstehen, dass der Versuch zwecklos ist, dem politischen Gegner dessen Domäne – permanentes Angstschüren, das den daraus resultierenden Hass bil-ligend in Kauf nimmt – streitig machen zu wollen. Es kommt vielmehr darauf an, den Gegner auf eigenem Terrain zu stellen, die soziale Frage in den Mittelpunkt zu rücken, den Rechtsparteien eine Gerechtigkeitsdebatte aufzuzwingen“.317

Helmut Brandstätter kritisierte die Bundesregierung in einigen Artikeln. So etwa in: „Rassismus der FPÖ darf nicht normal werden“:

„Das rassistische Video auf FPÖ-TV, das für Fotos auf der E-Card werben soll, ist kein Einzelfall. Nein, Rassismus muss man Rassismus nennen. Es wäre Bundeskanzler Kurz gut angestanden, das auch zu tun, anstatt von ‚inakzeptabel‘ zu sprechen. Was soll es denn sonst sein? Leon Zelman: ‚Es hat nicht begonnen mit Auschwitz und Mauthausen. Es hat begonnen mit Intoleranz, Ausgrenzung und Hass gegen Menschen.‘ Die ÖVP schaut zu. Jedenfalls, solange sie nicht zu viele Posten hergeben muss“.318

314. Blemann, Asher D. (2018), “Zur Kopftuchdebatte: Fünf Thesen und ein Fazit“, Die Presse, 02.07.2018, re-trieved: April 20, 2018, from: https://diepresse.com/home/meinung/gastkommentar/5457561/Gastkommen-tar_Zur-Kopftuchdebatte_Fuenf-Thesen-und-ein-Fazit. 315. Ebd.316. Bruckner, Regina (2018), “Gexi Tostmann: “Es sind die Männer, die beim Kopftuch schimpfen””, Der Stan-dard, 02.12.2018, retrieved April 23, 2019, from: https://mobil.derstandard.at/2000092819827/Gexi-Tostmann-Es-sind-die-Maenner-die-beim-Kopftuch-schimpfen317. Blaha, Barbara (2018), “Gastkommentar von Barbara Blaha: Traut euch politischen Rock’n’Roll!“, Profil, 24.11.2018, retrieved April 23, 2019, from: https://www.profil.at/meinung/gastkommentar-barbara-blaha-spoe-kri-se-10483545?fbclid=IwAR3fDhiOiDYl7a0eBfWeL58OdJ2-WaRYd1hAfY3qM9beS79R0vuLepDaNWk318. Brandstätter, Helmut (2018), “Rassismus der FPÖ darf nicht normal werden”, Kurier, 16.11.2018, retrieved April 23, 2019, from: https://kurier.at/meinung/rassismus-der-fpoe-darf-nicht-normal-werden/400325646?utm_term=Autofeed&utm_medium=Social&utm_source=Facebook#Echobox=1542346068

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Im Zusammenhang mit dem Kopftuchverbot kommentierte Brandstätter kritisch:

„Wetten, dass nach dem Verbot des Kopftuches in der Volksschule eine Diskussion über höhere Schulen beginnen wird. Und wenn das Gesetz vor dem Verfassungsgerichtshof nicht hält – umso besser, dann wird man uns weiter mit diesem Thema beschäftigen. Die SPÖ läuft blind in die Kopftuchfalle der Regierung und steht als Beschützerin radikaler Muslime da. Das Verhüllen des Kopfes von Frauen ist eben kein religiöses Gebot. Zur Integration gehört aber viel mehr. Wo ist das verpflichtende 2. Kindergartenjahr, wo der Unterricht am Nachmittag? Schwimmunterricht für alle Kinder verpflichtend sein muss. Das steht so im Lehrplan. Eltern, die das nicht wollen, müssen überzeugt werden. Und wenn das Deutsch-Lernen früher und besser gefördert wird, brauchen wir nicht mehr über die Pausensprache zu reden. In Wien haben FPÖ-Politiker das bewiesen: Im Gemeindebau soll der Nachweis verlangt werden, dass jemand nicht muslimischen Glaubens ist. Sollen Ausländer doch abgesondert wohnen, dann kann man ewig zün-deln, dass es keine Integration gibt“.319

Erich Kocina kommentierte Vizekanzler Strache sarkastisch mit einem Artikel mit dem Titel: „Das muslimische Belvedere muss weg“: „Nach dem Kampf gegen die Zeltstadt am Favoritner Weihnachtsmarkt sollte sich die FPÖ weiterer musli-mischer Symbole in der Stadt annehmen“,320 so der Die Presse-Journalist, nachdem Strache in einem Posting meinte, dass 2018 der Weihnachtsmarkt in Favoriten wie-der schön sei, wofür angeblich ein FPÖ-Protest verantwortlich sei. Kritisiert wurde, dass die Zelte am Weihnachtsmarkt zuvor einer muslimischen Zeltstadt ähnelten.321

Die Ethnologin und Publizistin Ingrid Thurner erklärte in einem Interview zu den Solidaritätsbekundungen im Iran:

„Eine solche scheinbare Solidarisierung ist aber nichts anderes als der alte westliche Kulturimperialismus, der annimmt, dass die eigene Lebensweise die beste sei, die über-allhin exportiert werden müsse. (…) Manche wollen sich bedecken, andere nicht - einig sind sich die Protestierenden darin, dass nicht länger der Staat über ihre Köpfe bestim-men soll, sondern dass sie selbst entscheiden wollen. (…) Bedeckungsverbote hier und Bedeckungsgebote dort sind Ausdruck der gleichen maskulinisierten Geschlechterpo-litik, die männliche Macht über weibliche Körper erzeugt. (…) Muslime will man ent-weder angepasst haben: kopftuchlos, bartlos und unsichtbar - also letztlich assimiliert. Wenn das nicht möglich ist, sollen sie rückständig und ungebildet sein. Aber selbst-

319. Brandstätter, Helmut (2018), “Kein Kopftuch ist noch keine Integration“, Kurier, 23.11.2018,, retrieved April 23, 2019, from: https://kurier.at/meinung/kein-kopftuch-ist-noch-keine-integration/400332762320. Kocina, Erich (2018), “Das muslimische Belvedere muss weg”, Die Presse, 23.11.2018, retrieved April 23, 2019, from: https://diepresse.com/home/meinung/morgenglosse/5534472/Das-muslimische-Belvedere-muss-weg321. Schaffer, Tom (2018), “Strache gefiel Weihnachtsmarkt nicht: "Muslimische Zeltstadt"”, Kurier, 22.11.2018, , retrieved April 23, 2019, from: https://kurier.at/amp/politik/inland/strache-gefiel-weihnachtsmarkt-nicht-mus-limische-zeltstadt/400331814?fbclid=IwAR1DQpE0FzbAciJ5N9JoutQdtUSCr8hgL7O0L9IYDEMkTsrR0dqB-p8NWa2A&__twitter_impression=true

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bewusst, gebildet, für Rechte kämpfend und dann auch noch weiblich und Kopftuch tragend - nein, so will man Muslime in der Öffentlichkeit nicht haben.“322

Dudu Kücükgöl äußerten sich ebenso dazu, dass sich viele Menschen in Eu-ropa auf Social Media solidarisch mit den feministischen Frauen im Iran zeigten. Sie kritisiert im Kurier-Gespräch die einseitige Solidalisierung. Bei der Frage, ob es Gemeinsamkeit zwischen jenen, die das Kopftuch zur Pflicht machen, und je-nen, die es verbieten wollen, gibt, erklärte Kücükgöl:

„Am Ende geht es in beiden Fällen um Körperpolitik und darum, gesetzlich wirksame Vorschriften zu erlassen und so über die Körper von Frauen zu herrschen - das ist im-mer ein Merkmal patriarchaler Gesellschaften. Wenn wir in Österreich über Kopftuch-verbote diskutieren, ist es nichts anderes. Wer meint, er stehe auf der Seite der Frauen, die sich gegen das Kopftuchgebot stellen, müsste sich konsequenterweise auch gegen ein Verbot stellen. Sonst ist es einfach verlogen und es geht um etwas anders als um Wahlfreiheit für Frauen.“323

In Die Presse erschien ein Gastkommentar zu den Analogien von Antisemitis-mus und Islamophobie. Die heutigen muslimfeindlichen Diskurse hätten „auffallen-de Analogien zu antisemitischen Argumentationsmustern, die sich seit Ende des 19. Jahrhunderts in unseren Breitengraden herausgebildet haben.“324 Ersichtlich würde, dass die Mehrheitsgesellschaft Assimilation als Voraussetzung für Integration for-dere. Das Beispiel, wonach der Heimwehrführer Ernst Rüdiger von Starhemberg dem sozialdemokratisch-jüdischen Wiener Stadtrat Hugo Breitner wünsche, dass „der Kopf dieses Asiaten im Sand rollen“ möge (1930), steht für die Aggressivität gegenüber den Anderen. Der Begriff der „Parallelgesellschaften“ sei bereits in den antijüdischen Debatten vorgeprägt. Die Unterstellung, dass Juden (wie MuslimIn-nen) nur ihren Glaubensgenossen gegenüber loyal seien und dem Staat gegenüber subversiv und unaufrichtig (im Falle von MuslimInnen laute der Vorwurf „Taqyia“, also Verstellung), habe damals wie heute existiert. Das jüdische Bild vom Flüchtling aus dem Orient würde anders dargestellt werden. Der Staat Israel würde als Vertre-tung des „jüdischen Volkes“ auf der ganzen Welt portraitiert.325

322. Thurner, Ingrid (2018), “Verhüllte Missverständnisse”, Wiener Zeitung, 20.02.2018, retrieved: April 20, 2018, from: https://www.wienerzeitung.at/meinungen/gastkommentare/948264_Verhuellte-Missverstaendnisse.html. 323. Hofer, Elisabeth (2018), “Kopftuch-Protest im Iran: "Es ist eine einseitige Solidarisierung"“, Kurier, 07.02.2018, retrieved: April 20, 2018, from: https://kurier.at/politik/ausland/kopftuch-protest-im-iran-es-ist-ei-ne-einseitige-solidarisierung/309.904.093. 324. Bunzl, John (2018), “Antisemitismus und Islamophobie: Analog?”, Die Presse, 08.03.2018, retrieved: April 20, 2018, from: https://diepresse.com/home/meinung/gastkommentar/5384676/Gastkommentar_Antisemitis-mus-und-Islamophobie_Analog. 325.Bunzl, John (2018), “Antisemitismus und Islamophobie: Analog?”, Die Presse, 08.03.2018 , retrieved: April 20, 2018, from: https://diepresse.com/home/meinung/gastkommentar/5384676/Gastkommentar_Antisemitis-mus-und-Islamophobie_Analog.

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Der Religionswissenschaftler Ernst Fürlinger von der Donau-Universität Krems brachte im Hinblick auf die Regierungspolitik eine sanfte Kritik an, in der er gleichzeitig das der Republik Österreich eigentlich fremde Konzept der Wehr-haften Demokratie anerkannte:

„Repressive Maßnahmen, die aus der Sicht wehrhafter Demokratie begründet sind, brauchen die Ergänzung durch eine weitblickende Strategie und kluge Maßnah-menkataloge – über die Sicherheitspolitik hinaus. Kurz wirbt seither mit dem Is-lamgesetz als Kontrollinstrument. Das Dialogparadigma in der Islampolitik wird vom Sicherheitsparadigma abgelöst.“326

Zekirija Sejdini kritisierte einerseits die Ausbildung von islamischen Religi-onslehrerInnen, meinte aber gleichzeitig im Hinblick auf die restriktive Islampo-litik der Regierung:

„Ich bin gegen Verbote, auch wenn ich gleichzeitig gegen das Tragen von Kopftü-chern in diesem Alter bin. Wir müssen als demokratische Gesellschaft in der Lage sein, Herausforderungen anders zu lösen als mit populistischen Aktionen, die nicht Teil der Lösung, sondern des Problems sind.“327

In der Kleinen Zeitung wird die feministische Aktivistin Dudu Kücükgöl zum Kopftuchverbot interviewt:

„Ich glaube nicht, dass es wirklich um das Kindeswohl geht, wenn viele andere Themen ausgelassen werden und man sich nur auf das Kopftuch einschießt. (…) Mein Problem ist, dass das Kopftuch als „schädliches Kleidungsstück“ dargestellt wird, dass man die Kinder vor den Eltern „schützen“ will. (...) Aber wenn es nur um das Kopftuch geht, ist das eine Scheindebatte. Wenn jemandem das Wohl der Kinder wirklich so wichtig ist, dann arbeiten wir doch gemeinsam daran, den gras-sierenden Rassismus an den Schulen zu bekämpfen. (…)nicht um das Kindswohl geht, sondern um einen Rechtsruck innerhalb unserer Gesellschaft. (…) Frau-en-Politik-Medien-Jahresstudie 2017“ von Maria Pernegger, die gerade erschienen ist. Das Kopftuch wurde doppelt so oft angesprochen wie die Frauenquoten in der Politik, dreimal so oft wie das Thema sexuelle Belästigung, viermal so oft wie das Problem Sexismus. (…)Wenn man sich um muslimische Kinder sorgt, dann soll man sich mit muslimischen Familien hinsetzen und gemeinsam überlegen, was zu tun ist anstatt mit Verboten zu kommen! (…)Ich persönlich kenne weitaus mehr Eltern, die aus Sorge um ihre Kinder ihren Töchtern vom Kopftuch abraten. Die Kinder leiden unter der Islamfeindlichkeit, darum kümmert sich keiner.“ 328

326. Fürlinger, Ernst (2018), “Moscheen schließen ist zu wenig”, Der Standard, 12.06.2018, retrieved: April 20, 2018, from: https://derstandard.at/2000081442505/Moscheen-schliessen-ist-zu-wenig?ref=article. 327. Hämmerle, Klaus (2018), “Plädoyer für europäischen Islam“, Vorarlberger Nachrichten, 22.04.2018, retrieved: April 20, 2018, from: https://www.vn.at/lokal/vorarlberg/2018/06/12/plaedoyer-fuer-europaeischen-islam.vn. 328. Gigler, Claudia (2018), “"Das ist eine Scheindebatte auf dem Rücken unserer Kinder"“, Kleine Zeitung, 05.04.2018, retrieved: April 20, 2018, from: https://www.kleinezeitung.at/politik/innenpolitik/5400192/Kopf-tuchverbot-fuer-Kinder_Das-ist-eine-Scheindebatte-auf-dem.

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Im Zusammenhang mit der restriktiven Kopftuchpolitik wurde verschiede-nen Stimmen, die sich kritisch dazu äußerten, ein Raum gegeben. Die Publizistin Sibylle Hamann sprach sich im Falter für eine „Kopftuch-Pause“ in der Pflicht-schule aus. Einige Lehrer/innen unterstützen dieses politische Vorhaben mit der Erklärung, dass selbst muslimische Schülerinnen sich so ein Verbot wünschen, „weil es das einzige Argument sei, mit dem sie das Drängen ihrer Eltern abwehren können.“329 Die Bildungswissenschafterin Kevser Muratovic erklärte, dass es sich um eine Scheindebatte handle:

„Wenn ich das Kopftuch aufsetzte, will meine achtjährige Tochter das manchmal auch, genauso wie sie auch manchmal meinen Nagellack ausprobieren will – jetzt stellen Sie sich mal eine Mutter vor, die ihrem Kind sagen muss: Nein, du darfst das nicht, so darfst du nicht in die Schule gehen. Was vermittelt einem Kind die Krimi-nalisierung eines ganz normalen Kleidungsstückes?“330

Kurier-Kolumnistin Niki Glattauer sah in dieser Forderung einen Versuch, die Schule in einen „Ort der Gleichmacherei, wo persönliche Haltung an der Gar-derobe abgegeben wird“ zu verwandeln. „Nationale Einfalt statt Vielfalt und kul-tureller Toleranz.“331 In einem weiteren satirischen Kommentar beschrieb sie das Argument „das Kopftuch sexualisiere“ als lächerlich und heuchlerisch.332

Der israelische Rechtswissenschafter Shai Lavi sieht in der aktuellen Stig-matisierung der Muslime in Europa Parallelen zum Antisemitismus des späten 19. Jahrhunderts. "Die vielen Gemeinsamkeiten liegen auf der Hand", sagte er im APA-Interview in Wien. "Man kann heute nicht über Antisemitismus in Europa sprechen, ohne auch über Islamophobie zu sprechen", erklärte Lavi. "Beide sind sehr eng miteinander verknüpft und sie zu trennen, scheint mir falsch", so der Experte. Es sei "bemerkenswert", dass Islamfeindlichkeit und Antisemitismus in der politischen Debatte oft getrennt behandelt würden, merkte er in Andeutung an die von der österreichischen EU-Ratspräsidentschaft organisierten Konferenz gegen Antisemitismus und Antizionismus an.333

329. Frey, Eric (2018), “Kopftuchverbot: Auch Strache hat manchmal recht”, Der Standard, 02.04.2018, retrieved: October 8, 2018, from: https://derstandard.at/2000077175812/Kopftuchverbot-Auch-Strache-hat-manchmal-recht. 330. Hausbichler, Beate (2018), “Die konträren Positionen in der Kopftuchfrage“, Der Standard, 08.04.2018, re-trieved: October 13, 2018, from: derstandard.at/2000077376806/Die-kontraeren-Positionen-in-der-Kopftuchfrage. 331. Glattauer, Niki (2018), “Heute das Kopftuch…“, Kurier, 08.04.2018, retrieved: October 14, 2018, from: htt-ps://kurier.at/kolumnen/heute-das-kopftuch/400017796. 332. Glattauer, Niki (2018), “Heute das Kopftuch…(2)“, Kurier, 15.04.2018, retrieved: October 14, 2018, from: https://kurier.at/kolumnen/heute-das-kopftuch-2/400021291. 333. Auernheimer, Martin (2018), “ Israelischer Experte: "Heutige Muslime sind die Juden von früher"”, NEWS, 20.11.2018, retrieved April 23, 2019, from: https://www.news.at/a/muslime-sind-die-juden-von-frue-her-10474381

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Manfred Perterer kommentierte in den Salzburger Nachrichten:

„Wenn der Hut brennt, kommt das Kopftuchverbot“. Im aktuellen Fall dient das Kopftuchverbot in Volksschulen als politische Ablenkungswaffe. Der Vorschlag kommt just in dem Moment, als der Kanzler [...] wegen der Abschiebepolitik des Bundes in die Kritik gerät und der Vizekanzler alle Hände voll zu tun hat, seiner eigenen Klientel die geplante Abschaffung oder Nicht-Abschaffung der Notstands-

hilfe zu erklären.“334

Ingrid Thurner schreibt in einem Gastkommentar:

„Es gibt hierzulande ein eingespieltes Ritual: Immer, wenn man die Bevölkerung von unangenehmen Sachverhalten ablenken will, werden Kopftücher ausgepackt - und schon ist das unbequeme Thema vom Tisch, aus den Medien und aus den Gedanken potenzieller Kritiker. Mit diesem Gesetzesentwurf wird pauschal un-terstellt, dass muslimische Erziehungsberechtigte ihre Töchter zu unerwünschten Handlungen nötigen. Zudem wird schon kleinen Kindern signalisiert, dass freie Religionsausübung für jene Gruppe, der sie sich zugehörig fühlen, nicht gilt. Nicht ein Kopftuch ist ‚mit österreichischen Grundwerten nicht vereinbar’, wie der Herr Vizekanzler meint, sondern ein Kopftuchverbot. Es wird missachtet, dass das Recht jedes Einzelnen, seine Religion zu praktizieren, in der Europäischen Men-schenrechtskonvention und auch in der österreichischen Verfassung garantiert ist. Verbote jedenfalls sind ein Eingriff in die elterliche Erziehungskompetenz. In Re-aktion darauf könnten Väter und Mütter ihre Kinder in Privatschulen schicken, um sie staatlichen Kleiderordnungen gar nicht erst auszuliefern. Die Abschottung, die Angehörigen des Islam immer vorgeworfen wird, wird mit so einer Vorschrift nur begünstigt. Durch systematische Stigmatisierung, Kriminalisierung und Margina-lisierung der Angehörigen des Islam wird Schritt für Schritt der gesellschaftliche Umbau vorangetrieben: zuerst ein Vermummungsverbot, dann die Kindergärten, nun die Volksschulen. Nicht länger erwünscht sind weltoffene Bürger und Diversi-tät der Lebensentwürfe. Gleichbehandlung aller Menschen ist kein Anliegen mehr, sondern Gleichmachung, also Normierung. Nicht Integration und schon gar nicht Inklusion, sondern Assimilation ist das politische Ziel.335

Sonia Zaafrani, Ärztin an der Klinischen Abteilung für Allgemeine Gynäko-logie des AKH und Obfrau der Initiative für ein diskriminierungsfreies Bildungs-wesen (IDB) sieht das geplante Gesetz als „eine Menschenrechtsverletzung“.336

334. Perterer, Manfred (2018), “Wenn der Hut brennt, kommt das Kopftuchverbot”, Salzburger Nachrichten, 20.11.2018, retrieved April 23, 2019, from: https://www.sn.at/politik/innenpolitik/wenn-der-hut-brennt-kommt-das-kopftuchverbot-61147327335. Thurner, Ingrid (2018), “Ein Kopftuchverbot in der Schule kann Abschottung fördern”, Wiener Zei-tung, 28.11.2018, retrieved April 23, 2019, from: https://www.wienerzeitung.at/meinungen/gastkommenta-re/1005038_Ein-Kopftuchverbot-in-der-Schule-kann-Abschottung-foerdern.html?fbclid=IwAR0ZVY3m-f9C3-R9ueJSMKBuqsELb4wcpuvlHF6vk0_1ayK7K1LGrCXJ9fRU4336. Kurier.at (2018), “Debatte um Kopftuch: „Verbot ist diskriminierend““, Kurier, 10.04.2018, retrieved: October 14, 2018, from: https://kurier.at/politik/inland/debatte-um-kopftuch-verbot-ist-diskriminierend/400019014.

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Der Direktor des Vienna Centre for Societal Security, Reinhard Kreissl, fand scharfe Worte im Hinblick auf den Populismus der Regierung:

„Das ist nationalistisch und rassistisch gefärbter Populismus billigster Prägung. Bil-lig, wenn man bedenkt, dass die Schlagzeilen des Boulevards als Beleg für die Poli-tik herhalten müssen. Was wiederum verständlich ist, wenn man bedenkt, dass die Regierung den ohnehin nicht sehr effektiven Verfassungsschutz, dessen Aufgabe es wäre, Gefahren für das Gemeinwesen zu analysieren, gegen die Wand gefahren hat.Lächerlich, wenn man auf religiös fundierte Parallelgesellschaften verweist im Angesicht einer Kraken-artig die Machtpositionen der politischen Verwaltung be-setzenden Subkultur von antisemitisch-nationalistischen Burschenschaftlern. Ge-fährlich aber ist dieser billige Populismus, da er zur Erosion der ohnehin nicht sehr robusten Zivilität hierzulande beiträgt.“337

Auch in regionalen Medien wurde kritischen Stimmen Platz gegeben.338

BerichtigungenDie Krone veröffentlichte eine Gegendarstellung eines Artikels aus 2018 im

Vorfeld der Moscheescchließungen, gegen den die As-Sunna MoscheeVSC-Kul-turverein“ Moschee -Erhaltungs und Verwaltungsverein vorgegangen ist:

„Auf Ihrer Website www.krone.at geben Sie in einem mit „20.04.2018“ datierten Artikel mit der Überschrift „Wiener Moschee verbreitet blutige Terrorwerbung“ die Behauptung wieder, der „As-Sunna MoscheeVSC-Kulturverein“ Moschee -Er-haltungs und Verwaltungsverein als Träger der As-Sunnah-Moschee in der Gar-bergasse in Wien-Mariahilf verbreite „auf Deutsch (!) Hassbotschaften im Netz“ und betreibe Terrorwerbung. Diese Behauptung ist unwahr. Denn der „As-Sunna MoscheeVSC-Kulturverein“ tritt klar und deutlich gegen Terrorismus auf.339

Folgende Gegendarstellung der IGGÖ wurde auf in der Kronen Zeitung ab-gedruckt:

„Auf Ihrer Website www.krone.at verbreiten Sie in einem mit „03.12.2017“ datier-ten Artikel mit der Überschrift „Imam plante Gewalt-Revolte in Grazer Gefängnis“ die folgende Behauptung: Ein früherer Taxifahrer habe nach einem Blitz-Kurs über die fünf Säulen des Islam als islamischer Gefangenenseelsorger in der Justizanstalt Graz-Karlau arbeiten dürfen. Diese Behauptung ist unwahr“.340

337. Kreissl, Reinhard (2018), “Sind wir am Vorabend einer neuen Reichspogromnacht“, Vicesse, 08.06.2018, re-trieved: April 20, 2018, from: https://www.vicesse.eu/blog/2018/6/8/sind-wir-am-vorabend-einer-neuen-reich-sprogromnacht. 338. Bernbacher, Katharina (2018); “Zwang mit Zwang bekämpfen? Ein Leserbrief ”, Mein Bezirk, 21.12.2018, retrieved April 23, 2019, from: https://www.meinbezirk.at/braunau/c-lokales/zwang-mit-zwang-bekaempfen-ein-leserbrief_a3117621339. Kronen Zeitung (2018), “Gegendarstellung”, Kronenzeitung, 21.06.2018, retrieved: April 20, 2018, from: https://mobil.krone.at/1725964. 340. Kronen Zeitung (2018), “Gegendarstellung”, Kronen Zeitung, 15.06.2018, retrieved: April 20, 2018, from: https://mobil.krone.at/1721515.

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Rechte MedienDie rechte Zeitung Info-Direkt wurde zum Gegenstand intensiver Recherchen seitens VICE, Zeit Online, Profil sowie der Frankfurter Allgemeine Zeitung. Meh-rere Beiträge beschäftigten sich mit den Beiträgen, die bei Info-Direkt veröffent-licht wurden. Ein Autor ist Martin Lichtmesz (mit bürgerlichem Namen Martin Semlitsch), der wiederum mit dem deutschen Rechten Götz Kubitschek als Ide-engeber der Identitären Bewegung gilt.  Im Jahr 2000 gründete Lichtmesz mit Kubitschek das als „rechte Denkfabrik“ bezeichnete „Institut für Staatspolitik“ und ist Herausgeber der „Sezession“ sowie selbstständiger Verleger vom Verlag Antaios, allesamt wichtige Organe der Neuen Rechten.341 Lichtmesz schreibt in einem seiner Artikel folgendes:

„Wer zum Schluss gekommen ist, dass die westliche Zivilisation in eine tödliche Krise geraten ist, in der sich nach ihrem spirituellen Absterben auch ihr biologische Ende ankündigt, während die Religion und Kultur des Islams eine unheimliche, unsere ei-gene religiös-kulturelle Leere reflektierende Präsenz gewonnen hat, wird irgendwann die Frage nach den Ursachen des Zerfalls, der Erschlaffung, des Wucherns von poli-tisch-humanitären Kollektivpsychosen, Kulturen und Ideologien stellen.“ (Info Di-rekt, Ausgabe 18, Seite 6f.)342

Auch der ehemalige ÖVP-Nationalratsabgeordnete, Efangi Dönmez, schrieb für Info-Direkt. In der Printausgabe Nr. 18 mit dem Titel „Glaubenskri-se. Gefahr für unsere Heimat“ mit dem Titel „Ziel Euro-Islam?“ auf der Sei-te 19 spricht er von einem „Faktum, dass die Mehrheit der Muslime auch in den nächsten 50 Jahren nicht auf der Höhe der Zeit ankommen wird, wenn der Einfluss vom Ausland, sei es aus Katar, der Türkei oder aus Saudi-Arabi-en, nicht eingedämmt wird.“ (Info Direkt, Ausgabe 18, Seite 19). Er war auch Gastredner auf der Veranstaltung der Freiheitlichen Arbeitnehmer und führte 2016 ein Interview mit der rechtsextremen Medienplattform unzensuriert.at. Bundeskanzler Sebastian Kurz, das Mauthausen Komitee, die SPÖ und die Lis-te Pilz forderten von Dönmez, sich von Info-Direkt zu distanzieren. Willi Mer-nyi, der Vorsitzende des Mauthausen Komitees Österreich (MKÖ), nahm eine empörende Haltung ein: "Wenn ein Nationalratsabgeordneter für ein rechts-extremes und antisemitisches Blatt schreibt, hat er entweder keine Ahnung oder handelt bewusst demokratiefeindlich. In beiden Fällen ist er als Mitglied

341. Quatember, Kathrin (2018), “Info Direkt: Eine Spurensuche.“, Fireredfrieederike, 05.01.2018, retrieved: Ap-ril 20, 2018, from: https://fireredfriederike.com/2018/01/05/infodirekt/. 342. Quatember, Kathrin (2018), “Info Direkt: Eine Spurensuche.“, Fireredfrieederike, 05.01.2018, retrieved: Ap-ril 20, 2018, from: https://fireredfriederike.com/2018/01/05/infodirekt/.

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des Parlaments untragbar." Sebastian Bohrn Mena von der Liste Pilz erwähnte, dass Kurz bereits am 3. Jänner über die Aktivitäten von Dönmez informiert wurde und findet es „unerträglich wie blind sich der Bundeskanzler offenbar bei Rechtsextremismus stellt.“ Dönmez meinte jedoch auf Twitter, dass „der selbe Kommentar von ihm bereits vor rund einem Jahr in den Oberösterreichi-schen Nachrichten erschienen sei.“343

Anfang Februar 2018 bietet Dönmez über Email die Sozialsprecher der Parlamentsparteien und den designierten Wirtschaftskammer–Chef Harald Mahrer (ÖVP), am 27. März Reden im Rahmen einer Diskussionsveranstaltung der Wage Union zu halten. Die Wage Union ist ein aus osteuropäischen Politi-kern bestehender Zusammenschluss und zielt auf einen Stop der Abwanderung gen Westen und die Steigerung des Ost-Lohnniveaus ab. Im Komitee der Wage Union sind Personen der rechtsextremen Jobbik-Partei aus Ungarn und Márton Gyöngyösi, der durch antisemitische Aussagen bekannt wurde und als Redner bei der erwähnten Veranstaltung eingeladen wurde. Weitere Mitglieder im Ko-mitee sind der rechtsextreme kroatische Politiker Frano Circo, ein estnischer Politiker, der die Wirtschaftspolitik der Nazis lobte namens Jaak Madison und ein lettischer Politiker der Extremen Rechten All for Latvia-Partei. Mahrer und die Sozialsprecher sagten ab.344

Info-Direkt war in diesem Jahr wieder am Kongress der „Verteidiger Europas“ als Aussteller bzw. Medienpartner, von dem 2016 Innenminister Herbert Kickl (FPÖ) sprach. Rigolf Hennig von Rugia Greifswald, eine führende Person des deutschen Ablegers der rechtextremen „Europäischen Aktion“, publizierte den Artikel „Den Feind erkennen – Zionismus und Islam“, der antisemitische und rassistische Formulierungen beinhaltet.

Elmar Podgorschek, Sicherheitslandesrat der OÖ-Landesregierung (FPÖ) schaltete bei Info Direkt ein Inserat der Landesregierung.345 Unzensuriert.at und FPÖ-Politiker kritisierten George Soros, Gründer der CEU (Central Eu-ropean University), die einen Wien-Standort in Erwägung ziehen: „Der un-garischstämmige US-Milliardär gilt als eine der treibenden Kräfte hinter der

343. Kurier.at (2018), “Aufregung um Dönmez-Beitrag für rechtes Magazin”, Kurier, 08.01.2018, retrieved: April 20, 2018, from: https://m.kurier.at/politik/inland/aufregung-um-doenmez-beitrag-fuer-rechtes-maga-zin/305.547.716. 344. Knittelfelder, Klaus (2018), “Dönmez lädt als Mandatar zu zwielichtigem Event“, Kurier, 07.02.2018, retrieved: April 20, 2018, from: https://kurier.at/politik/ausland/doenmez-laedt-als-mandatar-zu-zwielichtigem-event/309.932.755. 345. Quatember, Kathrin (2018), “Info Direkt: Eine Spurensuche.“, Fireredfrieederike, 05.01.2018, retrieved: Ap-ril 20, 2018, from: https://fireredfriederike.com/2018/01/05/infodirekt/.

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Zerstörung unserer Kultur, dem großen Bevölkerungsaustausch und der Ver-nichtung der Nationalstaaten in Europa.“346 Ehemaliger Redakteur der Websi-te ist Alexander Höferl, nun Kommunikationschef im Kabinett von Innenmi-nister Herbert Kickl (FPÖ).347

Wochenblick insinuieren in verschiedenen Beiträgen eine Islamisierung der Gesellschaft und damit einhergehend eine Unterordnung von Menschen anderen Religionsbekenntnisses unter islamische Praxis.348 In einem Beitrag berufen sie sich auf den aus ihrer Sicht „radikal linken“ Extremismus-Exper-ten Thomas Rammerstorfer, welcher die „innehaltenden islamistischen Um-triebe innerhalb der Sozialdemokratie scharf “349 kritisiere. Beispielhaft wird angeführt, dass die Linzer SPÖ-Gemeinderätin Arzu Büyükkal jahrelang Mitglied in dem als Erdogan-nah geltenden und islamisch geprägten Verein ATIB gewesen sei und gleichzeitig im Landesparteivorstand der SPÖ Ober-österreich sitze.350

Nachdem einige rechte Medien wie Wochenblick und unzensuriert.at Mel-dungen über ein Treffen zwischen Sebastian Kurz und dem Milliardär George Soros veröffentlichten, kam es zu einer Welle von Hassbotschaften gegen Kurz, die mitunter auch von den antisemitisch codierten und anti-muslimischen Bot-schaften gegen Soros begleitet waren. Nicht zuletzt wurde diese Stimmung zuvor schon vom Koalitionspartner der FPÖ, insbesondere Johann Gudenus und davor Infrastrukturminister Norbert Hofer, aufgenommen.351

346. Hagen, Lara (2018), “Unzensuriert.at und FPÖ mit antisemitisches Tönen gegen Soros“, Der Standard, 14.03.2018, retrieved: April 20, 2018, from: https://derstandard.at/2000076136211/Unzensuriert-und-FPOe-mit-an-tisemitischen-Toenen-gegen-Soros. 347. Hagen, Lara (2018), “Unzensuriert.at und FPÖ mit antisemitisches Tönen gegen Soros“, Der Standard, 14.03.2018, retrieved: April 20, 2018, from: https://derstandard.at/2000076136211/Unzensuriert-und-FPOe-mit-an-tisemitischen-Toenen-gegen-Soros. 348. Kirchweger, Kornelia (2018), “Reha in Österreich: Frau muss sich islamischen Gebetszeiten unterord-nen!“, Wochenblick, 17.02.2018, retrieved: April 20, 2018, from: https://www.wochenblick.at/reha-in-oester-reich-frau-muss-sich-islamischen-gebetszeiten-unterordnen/. 349. Wochenblick.at (2018), “OÖ: ATIB-nahe Gemeinderätin jetzt im Landesvorstand der SPÖ!“, Wochenblick, 11.06.2018, retrieved: April 20, 2018, from: https://www.wochenblick.at/ooe-atib-nahe-gemeinderaetin-jetzt-im-landes-parteivorstand-der-spoe/. 350. Wochenblick.at (2018), “OÖ: ATIB-nahe Gemeinderätin jetzt im Landesvorstand der SPÖ!“, Wochenblick, 11.06.2018, retrieved: April 20, 2018, from: https://www.wochenblick.at/ooe-atib-nahe-gemeinderaetin-jetzt-im-landes-parteivorstand-der-spoe/. 351. Mijnssen, Ivo (2018), “Wenn Österreichs Kanzler George Soros empfängt, ist das mehr als ein Arbeits-besuch”, NZZ, 19.11.2018, retrieved April 23, 2019, from: https://www.nzz.ch/international/wenn-oester-reichs-kanzler-george-soros-empfaengt-ist-das-mehr-als-ein-arbeitsbesuch-ld.1437704?fbclid=IwAR1YJgPU-6WIQJATzNIxSOE-btNoZC_gmKe0op4XaASh0kdkjIuLfBYOpYgs

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BILD 14: SOCIAL MEDIA-WERBUNG DER RECHTEN WOCHENZEITUNG WOCHENBLICK

JUSTIZWESENDie Österreicherin Elisabeth Sabaditsch-Wolff, die eine wichtige Kontaktstelle des internationalen Counter Jihad Movements ist,352 hatte im Jahr 2009 zwei Seminare zum Thema „Grundlagen des Islam“ gehalten. Unter anderem warf sie dem letzten Propheten des Islams, Muhammad, pädophile Neigungen vor. 2011 wurde sie wegen Herabwürdigung religiöser Lehren zu einer Geldstrafe in Höhe von 480 Euro und dem Ersatz der Verfahrenskosten verurteilt.353 Das Urteil des Wiener Landesgerichts für Strafsachen wurde nun vom Europäischen Men-schenrechtsgerichtshofs (EGMR) bestätigt. Die Verurteilung der Frau verletze nicht die in der Menschenrechtskonvention festgelegte Freiheit der Meinungsäu-ßerung, entschied das Gericht.

Nach Angaben des Kurier hätten 2018 bereits zehn betroffene Imame einen negativen Bescheid des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl erhalten, wonach

352. https://irdproject.com/the-islamophobes-behind-the-european-courts-rejection-of-a-case-over-pro-phet-slur/?fbclid=IwAR2XUaGngfe8KuDmxkIt2JnDOuUbiEnBtwcTeRdHNU7mYfMoTXrcvGC9vF0353. Kurier.at (2018), “Urteil in Straßburg: Mohammed darf nicht Pädophiler genannt warden“, Kurier, 25.10.2018, retrieved: April 20, 2018, from: https://kurier.at/politik/inland/urteil-beim-egmr-in-strassburg-mo-hammed-darf-nicht-paedophiler-genannt-werden/400226853?utm_medium=Social&utm_source=Facebook-#Echobox=1540478093.

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sie ausreisen müssten.354 Innenminister Kickl kündigte am 7. Mai der Krone ge-genüber an, dass in ganz Österreich 63 Vereine und Organisationen, die mit ATIB in Verbindung stehen, einer Überprüfung unterzogen werden würden. Grund seien „die jüngsten Vorkommnisse rund um das Vereinskonstrukt ATIB“,355 ei-ner Kultusgemeinde der IGGÖ. Es werde erhoben, ob bei den Behörden bereits vereinsrechtliche Verfahren gegen die Vereine und dem Dachverband laufen und ob es rechtliche Möglichkeiten gibt, bei Verstoßen gegen das Vereinsgesetz die Vereine aufzulösen.356 2018 passierte dahingehend jedoch nichts.

Die Föderation der Alevitischen Gemeinden in Österreich, AABF, die seit 1998 existiert, legte Beschwerde ein, da aus ihrer Sicht lediglich die islamische Strömung innerhalb der AlevitInnen (ALEVI, Islamisch- Alevitische Glaubensge-meinschaft in Österreich) als einzige Strömung der AlevitInnen anerkannt wurde, welche nicht nur die Vertretung der gesamten österreichischen AlevitInnen bean-sprucht, sondern vor allem auch mit dem IslamG 2015 jegliche Glaubenspraxis außerhalb seiner eigenen Kontroll- und Machtzonen verbietet. AABF protestierte deshalb vor dem Kultusamt.357

Im Juli 2018 hat die Polizei in Zell am See (Pinzgau) insgesamt etwa hun-dert Touristinnen aus dem arabischen Raum gestraft, die gegen das Verhül-lungs- und Verschleierungsverbot verstoßen haben. Anstatt Anzeigen gab es Organmandate mit Strafen von je 30 Euro sowie Hunderte Abmahnungen.358 Der algerisch-französische Geschäftsmann Rachid Nekkaz kündigte im Herbst 2017 an, dass er die auferlegten Strafen des österreichischen Burka-Verbotes bezahlen werde. Während seines Aufenthaltes 2018 in Wien, beabsichtigte der Millionär den Kanzler zu besuchen, um die Strafen zu bezahlen. Der aktionisti-sche Besuch wurde ihm verwehrt.359

354. APA (2018), “Atib: Ersten zehn Imamen droht die Ausweisung“, Die Presse, 27.06.2018, retrieved: April 20, 2018, from: https://diepresse.com/home/panorama/oesterreich/5454348/Atib_Ersten-zehn-Imamen-droht-die-Aus-weisung?from=suche.intern.portal. 355. Ebd , Krone.at (2018), “Jetzt wird gegen türkische ATIB-Vereine ermittelt!”, Kronen Zeitung, 08.05.2018, retrieved: April 20, 2018, from: https://www.krone.at/1704362. 356. Ebd , Krone.at (2018), “Jetzt wird gegen türkische ATIB-Vereine ermittelt!”, Kronen Zeitung, 08.05.2018, retrieved: April 20, 2018, from: https://www.krone.at/1704362. 357. Aleviten Österreich (2018), “Protestkundgebung vor dem Kultusamt! Am Donnerstag, den 18.10.2018 zwi-schen 12 und 17 Uhr!“, OTS, 17.10.2018, retrieved: April 20, 2018, from: https://www.ots.at/presseaussendung/OTS_20181017_OTS0123/protestkundgebung-vor-dem-kultusamt-am-donnerstag-den-18102018-zwischen-12-und-17-uhr. 358. Salzburg.orf.at (2018), “Arabische Gäste: Ärger über Fahrverhalten”, ORF, 2018, retrieved: April 20, 2018, from: https://salzburg.orf.at/m/news/stories/2928111/. 359. Dragan, Harald (2018), “Burka-Millionär attackiert Kanzler Kur”, Kronen Zeitung, 05.02.2018, retrieved: April 20, 2018, from: https://www.krone.at/1631976.

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In Korneuburg wurde der Fall rund um eine 48-Jährige Frau verhandelt, die auf Facebook Hetze gegen Mitglieder des islamischen Glaubens betrieb. Sie nann-te MuslimInnen „menschlicher Müll, wertlose Minusmenschen“.360

Verfahren im Zusammenhang mit der 2016 in Graz geschändeten Moschee führten zu ersten Anklagen. Die Staatsanwaltschaft Klagenfurt machte bekannt, dass sich vier Personen im Bezirksgericht Graz-West wegen der Herabwürdigung religiöser Lehren und Sachbeschädigung verantworten. Laut Informationen des Standards handelte es sich um drei Personen aus dem Umkreis der rechtsextre-men Partei des Volkes sowie den Abwehramt-Informanten (Geheimdienst des Bundesministeriums für Verteidigung) Georg B.361

Nach Wunsch der FPÖ soll der Satz „Das Land bekennt sich zur Heimatpfle-ge durch das Bewahren der landestypischen Brauchtümer und Traditionen“, in die Verfassung eingefügt werden. Für eine Verfassungsänderung ist eine Zweidrittel-mehrheit nötig, über die Schwarz-Blau auch verfügt. Der Koalitionspartner ÖVP habe bereits Zustimmung signalisiert.362 Geschehen ist bis dato nichts.363

Zwei Jahre nach ihrem ersten Vorstoß kündigten ÖVP und FPÖ im ober-österreichischen Landtag erneut an, eine Resolution an die Bundesregierung zu verabschieden, um eine Deutschpflicht an Schulen, die auch während der Pausen gelten soll, einzuführen.364

Der Verein Muslimische Jugend Österreich klagte im Dezember 2017 die FPÖ, da letztere die MJÖ eine islamistische Organisation nannte. Die MJÖ konn-te vor Gericht alle Anklagepunkte abweisen und den Fall für sich gewinnen. Die FPÖ musste eine Entschädigung zahlen und eine Richtigstellung auf ihrer Web-site veröffentlichen.365

360. Red. (2018), “Serbin aus Österreich wegen Hetze gegen Muslime zu Haft verurteilt”, Kosmo, 18.09.2018, retrieved: April 20, 2018, from: https://www.kosmo.at/serbin-aus-oesterreich-wegen-hetze-gegen-musli-me-zu-haft-verurteilt/. 361. Schmid, Fabian (2018), “Moscheeschändung in Graz: Informant des Abwehramts angeklagt“, Der Standard, 15.02.2018, retrieved: April 20, 2018, from: https://derstandard.at/2000074333323/Abwehramt-Informant-we-gen-Grazer-Moscheeschaendung-angeklagt. 362. Ooe.orf.at (2018), “”Heimat” in Landesverfassung verankern”, ORF, 2018, retrieved: April 20, 2018, from: http://ooe.orf.at/m/news/stories/2917805/. 363. Landesrecht konsolidiert Oberösterreich: Gesamte Rechtsvorschrift für Oö. Landes-Verfassungsgesetz, Fas-sung vom 25.04.2019, retrieved: April 25, 2018, from: https://www.ris.bka.gv.at/GeltendeFassung.wxe?Abfra-ge=LrOO&Gesetzesnummer=10000595364. Ooe.orf.at (2018), “OÖ: Neuer Anlauf für Deutschpflicht in Schulpausen“, ORF; 14.06.2018, retrieved: April 20, 2018, from: http://orf.at/stories/2442820/. 365. Gadzo, Mersiha (2018), “Far-right Austrian party revokes statements on Muslims”, Aljazeera, 17.02.2018, retrieved: April 20, 2018, from: https://www.aljazeera.com/news/2018/02/austrian-party-revokes-statem-ents-muslims-180217064717350.html.

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Martin Sellner, Leiter der als rechtsextrem eingestuften Identitären mit Fo-kus auf Islamfeindlichkeit, wurde von der britischen Behörde am Flughafen Lon-don-Luton festgenommen. Er wollte am Speakers Corner in London eine Rede über Meinungsfreiheit halten.366

Tausende ÖsterreicherInnen mit türkischen Wurzeln bangten um ihre ös-terreichische Staatsbürgerschaft, weil ihre Namen auf einer anonym verbreiteten Liste stehen, die der FPÖ angeblich zugespielt wurde. Die Verwaltungsgerichte bis hin zum Verwaltungsgerichtshof hatten das Dokument als Beweismittel in ih-ren Verfahren betrachtet, wonach die darauf genannten Personen die türkische Staatsangehörigkeit angenommen haben, obwohl sie österreichische Staatsbürger sind. Und dies, obwohl eine forensische Prüfung durch das Bundeskriminalamt die Authentizität des Dokumentes nicht feststellen konnte.367 Nachdem der An-walt Kazim Yilmaz Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof (VfGH) einreichte und Recht erhielt, wurde geklärt, dass diese angebliche Wählerevidenzliste von Austrotürken nicht authentisch sei. 85 Personen, die aufgrund dieser Liste ihre österreichische Staatsbürgerschaft verloren hatten sowie zumindest weitere 100 noch nicht rechtskräftige Aberkennungen waren damit nicht rechtens.368

Die Menschenrechtsorganisation SOS Mitmensch hat eine Anzeige gegen den Wiener FPÖ-Vizebürgermeister Dominik Nepp wegen des Verdachts der Verhet-zung erstattet. Anlass ist seine Forderung, muslimische Migranten nicht mit Ge-meindewohnungen „zu versorgen“. „Die Forderung von Nepp ist herabwürdigend und erinnert an die Rassegesetze der Nazis. Man braucht in seiner Aussendung nur das Wort „Muslime“ durch „Juden“ ersetzen und man erkennt sofort die Pa-rallelen“, wird Alexander Pollak. Auch der Rektor der Universität für angewandte Kunst Wien, Gerald Bast, gab bekannt, dass er „heute bei der Staatsanwaltschaft Wien Strafanzeige gegen die FPÖ wegen des Verdachts auf Verhetzung nach Para-

366. Reibenwein, Michaela (2018), “Österreichischer Identitären-Chef in London festgenommen“, Kurier, 10.03.2018, retrieved: April 20, 2018, from: https://kurier.at/politik/ausland/oesterreichischer-identitae-ren-chef-in-london-festgenommen/313.474.077. 367. Maria Sterkl, Maria (2018), “Kritik an Doppelpass Verfahren gegen Austrotürken”, Der Standard, 31.10.2018, retrieved April 23, 2019, from: https://mobil.derstandard.at/2000090357406/Kritik-an-Doppel-pass-Verfahren-gegen-Austrotuerken?fbclid=IwAR1TrOvNRZtQUdjLzkhZmkQaMRyTOubyVhm5YjGYv-Duc_5RS_HdqpMLW1ng368. Baltaci, Köksal (2018), “Türkische Doppelstaatsbürger: Verfassungsrichter stoppen Ausbürgerung“, Die Presse, 17.12.2018, retrieved April 23, 2019, from: https://diepresse.com/home/5547749/Tuerkische-Doppel-staatsbuerger_Verfassungsrichter-stoppen?fbclid=IwAR3VXGtjxpaRJ7GkV2xFbSwnyHoY7Ep9EeIfJcJ8ax-MyALJIb67Sp8ATykI

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graph 283 StGB eingebracht“ habe. Grund für die Strafanzeige ist das FPÖ-Video, mit dem für die Neuerungen bei der E-Card geworben wird.369

SOZIALE MEDIENLaut einer Studie „Hass auf Knopfdruck“ des Institute for Strategic Dialogue (ISD), in der 1,6 Millionen Postings untersucht wurden, werden Hasskampagnen im Netz aus identitäteren Kreisen aus koordiniert und organisiert370. Rechtsext-reme Hashtag-Kampagnen, wie z.B. #120db, das sich als Frauenrechtsbewegung gegen ausländische Männer inszeniert, wurden später durch staatsnahe, russische Medien, wie z.B. RT-Deutsch oder Sputnik, verbreitet. Für die Recherche schli-chen sich die AutorInnen in geheime Chatgruppen, die je nach Regionalgruppen nach Einheiten der deutschen Wehrmacht benannten waren, und wo Rechtsex-treme und Neonazis ihre Hasskampagnen organisierten. Etwa sieben rechtsext-reme Hashtags schafften es vor der deutschen Bundestagswahl in die Top 20 auf Twitter.371 Der EVP Mandatar Othmar Karas warnte vor Desinformationskampa-gnen von Seiten Russlands: „EU-Experten haben allein in den letzten zwei Jah-ren mehr als 3.500 Fälle prorussischer Desinformation dokumentiert.“ Besonders bedenklich sei „die russische Unterstützung für die Europazerstörer wie FPÖ, Le Pen und Co.“, konstatierte er. „Russland verbreitet ‚Fake News‘ und betreibt Des-informationskampagnen. Der prominenteste, erschreckendste und aus russischer Sicht erfolgreichste Einsatz war die Kampagne für den ‚Brexit‘“, so Karas im Rah-men einer Debatte im EU-Parlament.372

Während die ÖVP-FPÖ-Regierung neue Regeln gegen Hass im Netz an-gekündigt hatte, ging just am selben Tag die FPÖ mit einem rassistischen Vi-deo in die Öffentlichkeit. Ein Werbespot, der am selben Abend vom Netz ge-nommen wurde, sollte darauf hinweisen, „wo Sozialmissbrauch stattfindet“, so FPÖ-Generalsekretär Hafenecker. Da es „Fakt“ sei, dass primär „Zuwanderer und Ausländer unser Sozialsystem missbrauchen“, zeigte das Video eine ste-reotyp gezeichnete und finster lachende Comicfigur namens Ali, die mit der

369. Religion.orf.at (2018), “ Verhetzung: SOS Mitmensch zeigt FPÖ-Politiker an“, ORF, 15.11.2018, retrieved April 23, 2019, from: https://religion.orf.at/m/stories/2947479/370. Standard.at (2018), “Wie Identitäre im Netz rechtsextreme Hasskampagnen koordinieren”, Der Standard, 17.07.2018, retrieved: April 20, 2018, from: https://derstandard.at/2000082969521/Wie-Identitaere-rechtsextre-me-Hasskampagnen-im-Netz-koordinieren?ref=article. 371. ebd372. Red. (2018), “Karas wirft Russland Verbreitung von „Fake News“ vor”, ORF, 14.11.2018, retrieved April 23, 2019, from: https://orf.at/m/stories/3100731/

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neuen Einführung von Fotos auf der Versicherungskarte keinen Missbrauch mehr durchführen könnte. Das Video enthält auch ein Statement von Sozial-ministerin Beate Hartinger-Klein.373 Bundeskanzler Kurz befand, dass dieses Video „nicht akzeptabel“374 sei.

Am 23. Juli postete der stellvertretende oberösterreichische Landeshaupt-mann Manfred Haimbuchner (FPÖ) folgendes Bild auf Facebook:

BILD 15: SOCIAL MEDIA-WERBUNG DES LANDESHAUPTMANN MANFRED HAIMBUCHNER. 375

Am 25. März 2018 hat der Stadtrat der FPÖ Linz Markus Hein postet auf Facebook folgendes Bild mit dem Titel „Ist der Islam ein Teil Österreichs? Nein! Und er darf es auch niemals werden!

373. Red. (2018), “FPÖ-Video spielt mit rassistischen Stereotypen”, ORF, 13.11.2018, retrieved April 23, 2019, from: https://orf.at/m/stories/3100566/374. Red. (2018), “Rassistisches FPÖ-Video: Hofer hat damit „keine Freude“”, ORF, 14.11.2018, retrieved April 23, 2019, from: https://orf.at/m/stories/3100680/375. Stoppt Rechtspopulisten (2018), Facebook, 23.07.2018, retrieved April 20, 2018, from: https://www.face-book.com/stopptrechts/photos/a.389006767971500.1073741829.378435599028617/806607262878113/?ty-pe=3&theater.

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BILD 16: SOCIAL MEDIA-WERBUNG DES FPÖ-STADTRATS MARKUS HEIN.

Der immer wieder in der Öffentlichkeit auffallende und seit 22. Mai 2018 nie-derösterreichische Stadtrat Gottfried Waldhäusl von der FPÖ-NÖ gestaltete an-ti-muslimische Bilder. Waldhäusl bewarb seine Facebook-Fanseite mit dem Slog-an „Islamisierung stoppen!“, was seinen Fokus auf diese Thematik verdeutlicht:

BILD 17: SOCIAL MEDIA-WERBUNG DES FPÖ-STADTRATS GOTTFRIED WALDHÄUSL, 23. DEZEMBER, SCREENSHOT.

Neben einem Bild heißt es: „Der islamische Fastanmonat Ramdan offenbart die Parallelgesellschaft. An deutschen Schulen verweigeren muslimsiche Schüler Prüfungen und Ausflüge, Eltern üben Druck auf Lehrer aus“.376

376. Waldhäusl, Gottfried (2018), Facebook, 22.05.2018, retrieved: April 20, 2018, from: https://www.facebook.com/Gott-fried.Waldhaeusl/photos/a.638423932941116.1073741828.627580790692097/1655012454615587/?type=3&theater.

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BILD 18: SOCIAL MEDIA-WERBUNG DES FPÖ-STADTRATS GOTTFRIED WALDHÄUSL, 23. MAI, SCREENSHOT.

Neben einem anderen Posting werden (muslimische) Asylberechtigte, die im Landwirtschaftsbereich arbeiten, als ökonomische Bedrohung von Schweinebau-ern dargestellt.377

BILD 19: SOCIAL MEDIA-WERBUNG DES FPÖ-STADTRATS GOTTFRIED WALDHÄUSL, 24. MAI, SCREENSHOT.

In einem weiteren Posting wird die Herkunft von Tieren ins Visier genommen.378

377. Waldhäusl, Gottfried (2018), Facebook, 03.06.2018, retrieved: April 20, 2018, from: https://www.facebook.com/Gott-fried.Waldhaeusl/photos/a.638423932941116.1073741828.627580790692097/1664155043701328/?type=3&theater. 378. Waldhäusl, Gottfried (2018), Faceboo, 01.06.2018, retrieved: April 20, 2018, from: https://www.facebook.com/Gott-fried.Waldhaeusl/photos/a.638423932941116.1073741828.627580790692097/1664890613627771/?type=3&theater.

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BILD 20: SOCIAL MEDIA-WERBUNG DES FPÖ-STADTRATS GOTTFRIED WALDHÄUSL, 1. JUNI, SCREENSHOT.

Auf Instagram, wo die FPÖ mit gesponsorten Beträgen insbesondere junge Menschen zu erreichen versucht, wurden immer wieder islamophobe Inhalte ge-teilt. Beispielhaft etwa am 15.8. ein Sujet von Innenminister Kickl:

BILD 21: SOCIAL MEDIA-WERBUNG DES FPÖ-INNENMINISTERS HERBERT KICKL, SCREENSHOT.

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BILD 22: SOCIAL MEDIA-WERBUNG DES FPÖ-ABGEORDNETEN HARALD VILIMSKY, SCREENSHOT.379

Nachdem in einem Artikel der Gratiszeitung Heute am 26. März ein skanda-lisierender Bericht über das öffentliche Beten an einem Spielplatz veröffentlicht wurde, nutzte Gudenus dieses von der FPÖ in Perchtoldsdorf (Niederösterreich) aufgebrachte Thema für seine Social Media Kampagne gegen MuslimInnen:

BILD 23: SOCIAL MEDIA-WERBUNG DES FPÖ-KLUBOBMANN JOHANN GUDENUS, 27. MÄRZ, SCREENSHOT.

379. Vienna.at (2018), “Toblerone ist halal: FPÖ-Vilimsky ruft zum Boykott auf ”, Vienna Online, 19.12.2018, retrieved April 23, 2019, from: https://www.vienna.at/toblerone-ist-halal-fpoe-vilimsky-ruft-zum-boykott-auf/6038019?fbclid=IwAR0JAH4VOQvyE5JBXxfSFKJNI8a3DT7IrsygJEidHGIA0IExl47zA67eJ7M

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Die Freiheitlichen Arbeitnehmer posteten zur Unterstützung der Regierung ein Bild mit einer Schwarzen Muslimin, das für „Kinder im Ausland“ stand.

BILD 24: SOCIAL MEDIA-WERBUNG DER FREIHEITLICHEN ARBEITNEHMER, 30. NOVEMBER, SCREENSHOT.

Die FPÖ stellt „Ausländer“ symbolisch als Menschen dar, die mit Gebets-mütze ein Buch (den Koran?) am Boden sitzend lesen.

BILD 24: SOCIAL MEDIA-WERBUNG DER FPÖ, 5. APRIL 2018, SCREENSHOT

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ISLAMOPHOBES NETZWERKDie Oberösterreichischen Nachrichten berichteten über eine für Juni 2019 ge-plante „Rechtsextremisten-Kreuzfahrt“ auf der Donau, die von der kanadischen Rechtsaußen-Plattform The Rebel Media organisiert werden soll. Gleichgesinnte aus „aller Welt“ seien zu einer „Rebel Cruise“ mit Aufenthalt in Linz und Wien eingeladen und auch Salzburg und Budapest sollen besucht werden. Neben dem aus Calgary stammenden Rebel-Media-Gründer Ezra Levant, dem islamophoben US-Amerikaner Daniel Pipes und der ehemaligen The Sun-Boulevardjournalistin Katie Hopkins sollen auch der mehrmals verurteilte Tommy Robinson, Gründer der rechtsextremen und gewaltbereiten English Defence League dabei sein.380

Wie bereits in dem Unterkapitel „Wissenschaft“ nachzulesen war, organisierte der ÖIF regelmäßig Veranstaltungen, an denen zentrale islamophobe AkteurInnen wie Ahmad Mansour und Seyran Ates, letztere besonders oft, nach Österreich geladen wurden, um ihre anti-muslimischen Positionen zu verbreiten. Im Inter-view mit dem Kurier am 5. März äußerte sich Seyran Ates zur Kopftuchdebatte. Sie meint, dass man mithilfe des Wortes Islamophobie mundtot gemacht und als rassistisch bezeichnet werde. Ebenso stecke hinter dem Tragen des Kopftuches eine finanzierte Strategie: „Wir haben es hier mit Auslandsfinanzierungen zu tun durch die Muslimbrüder, durch die Türkei, Katar und Saudi-Arabien.“381 Der Ku-rier fragte nach: „Das heißt, Sie gehen davon aus, dass Menschen dafür bezahlt werden, das Kopftuch zu tragen?“382, worauf Ates antwortete:

„Ich kann es noch nicht belegen. Aber wenn man in das Milieu hineingeht, dann er-fährt man das. Reinigungsfrauen in Deutschland bekommen 100 Euro mehr, wenn sie Kopftuch tragen. Es gibt Beispiele, wo Frauen in der Türkei von AKP-Anhän-gern aufgesucht werden mit einer Tüte voller Kopftücher und sagen: ‚Wenn du in deinem Kosmetiksalon Kopftuch trägst und deine Kundinnen anhältst, Kopftuch zu tragen, dann bezahlen wir dich dafür.‘ Das ist nur die Spitze des Eisbergs. Stu-dentinnen werden dafür bezahlt – auch vor Gericht zu ziehen, um das Recht auf Kopftuch einzuklagen. Noch können wir es nicht beweisen, aber irgendwann wer-den diese Frauen reden.“383

380. Red. (2018), “„Rechtsextremisten-Kreuzfahrt“: SPÖ und Grüne empört“, ORF, 07.09.2018, retrieved: April 20, 2018, from: https://orf.at/stories/3007881/. 381. Hager, Johanna (2018), “Imamin Ateş : "Als Christin würde ich protestieren"“, Kurier, 06.03.2018, re-trieved: April 20, 2018, from: https://kurier.at/politik/inland/imamin-ate-als-christin-wuerde-ich-protestie-ren/313.056.892. 382. Ebd.383.Ebd.

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Sie sprach sich auch für religiöse Verbote am Arbeitsplatz, die sich nach exis-tierenden Urteilen des europäischen Gerichtshofes orientieren. Ates verlautbarte auch, dass sie beabsichtige, in Wien ebenso wie in Berlin eine liberale Moschee zu eröffnen und bis Jahresende einen Raum dafür zur Verfügung zu haben,384 was sich aber nicht verwirklichte. Dabei inszentierte sie sich wieder als Vertreterin der schweigenden Mehrheit, die einem säkularen Islam anhängen würde, aber aus Angst vor dem Fundamentalismus dies nicht offen zu Schau stellten. Der Kurier nahm dies als Titelseite:

KURIER TITELSEITE, 7. MÄRZ 2018

384. Religion.orf.at (2018), “Berliner Imamin plant liberale Moschee in Wien”, ORF, 23.08.2018, retrieved: April 20, 2018, from: https://religion.orf.at/stories/2931641/.

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Innenminister Herbert Kickl (FPÖ) nahm bei der Konferenz über europä-ische Werte in der ungarischen Botschaft in Wien teil, wo auch Ates eingeladen war. „Um den wirtschaftlichen, politischen und wissenschaftlichen Erfolg Euro-pas zu verteidigen, sei es notwendig, die freiheitlich-demokratische Grundord-nung „gegen Fanatismus, Extremismus und Totalitarismus zu schützen“.385 Bei der anschließenden Podiumsdiskussion mit Kickl forderte Seyran Ates, das Thema Islam anzusprechen, wenn die Rede über die Zukunft Europas sei. Sie „kämpfe nicht gegen den Islam, sondern gegen das Patriarchat“. Und „es kommt ein Extre-mismus aus dem politischen Islam, der mir Angst macht“,386 so Ates. Ex-ÖVP-Vi-zekanzler Erhard Busek meinte: „Aufgabe der Politik ist es, Angst zu nehmen und nicht Angst zu machen“.387 Am 13. November sprach Ates gemeinsam mit Vizekanzler Strache am Podium zum Thema „Der politische Islam und seine Ge-fahren für Europa“ am Freiheitlichen Bildungsinstitut der FPÖ.388

Zudem tauchten bisher öffentlich kaum bekannte Personen auf der politi-schen Bildfläche auf. In der Kronen Zeitung wurde ein Salman Albayati als Islame-xperte zitiert, der ohne Anlass Gerüchte um mögliche radikale Prediger in islami-schen Kindergärten streute.389 Der bis dato nicht weiters auffällige Ex-Diplomat Gerhard Weinberger, von 2012 bis 2017 Botschafter in Tunis, veröffentlichte im Morawa Lesezirkel Verlag ein Buch, das sich mit dem Satz zusammenfassen lässt: „Wenn sich die Weltreligion Islam nicht reformiert, dann drohen ernsthafte Versu-che einer Islamisierung Europas.“390 Salzburger Ex-Tourismusmanager Wolfgang Rinner, welcher auch viele Jahre lang in arabischen Ländern gelebt hatte, schrieb ein Buch zum „Islam-Konflikt“: „Das Problem des Islam ist das Über-Drüber-Pa-triarchat.“391 Eine Emina Saric, die am 7. August als Migrationsexpertin in Der

385. Red. (2018), “Kickl: „Massenmigration große Herausforderung für Kultur““, ORF, 28.05.2018, retrieved: April 20, 2018, from: http://orf.at/stories/2440429/. 386. Red. (2018), “Kickl: „Massenmigration große Herausforderung für Kultur““, ORF, 28.05.2018, retrieved: April 20, 2018, from: http://orf.at/stories/2440429/. 387. Red. (2018), “Kickl: „Massenmigration große Herausforderung für Kultur““, ORF, 28.05.2018, retrieved: April 20, 2018, from: http://orf.at/stories/2440429/. 388. Freiheitliches Bildungsinstitut (2018), Der politische Islam und seine Gefahren für Europa mit Seyran Ateş und Vizekanzler Heinz-Christian Strache, 14.12.2018, retrieved: April 20, 2019, from: https://www.fbi-politik-schule.at/news-detail/artikel/der-politische-islam-und-seine-gefahren-fuer-europa/389. Krone.at (2018), “Steuergeld-Missbrauch: Aus für Wiener Kindergarten”, Kronen Zeitung, 16.01.2018, re-trieved: April 20, 2018, from: http://mobil.krone.at/1614806. 390. Bischofberger-Mahr, Alexander (2018), “„Ohne Islam-Reform droht Islamisierung Europas““, Kronen Zei-tung, 17.06.2018, retrieved: April 20, 2018, from: https://www.krone.at/1724076. 391. Salzburger-Fenster.at (2018), “”Der Islam ist das Über-Drüber-Patriarchat”, Salzburger Fenster, 20.08.2018, retrieved: April 20, 2018, from: https://www.salzburger-fenster.at/2018/08/20/der-islam-ist-das-ueber-drue-ber-patriarchat/.

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Standard geführt wird, wiederholte die Regierungsposition, wonach das Kopf-tuchverbot eine Sexualisierung der Kinder verhindere.392

Österreich nimmt als rechts-rechte Regierungskoalition in der Zwischenzeit eine Vorreiterrolle in der anti-islamischen Politik ein. So wurde die restriktive Kopftuchpolitik in Österreich in Deutschland rezipiert, wo der FDP-Vorsitzen-de Christian Lindner sich ebenfalls für ein Kopftuchverbot für Mädchen unter 14 Jahren in Deutschland aussprach.393 Der Münsteraner Theologe Mouhanad Khorchide fügte hinzu, dass die Entscheidung zum Verschleiern bei Mädchen unter 10 Jahren nicht freiwillig erfolge.394

Die Netzwerkfunktion gilt insbesondere für Rechte, wie das Beispiel des oberösterreichischen Landesrat Elmar Podgorschek veranschaulicht. Dieser sprach zur AfD-Fraktion im Thüringer Landtag. In seiner Rede behandelte er, wie die FPÖ die Mitte der Gesellschaft erreichte und teilte den AfD-Mitgliedern mit, was auf diesem Weg zu beachten sei und was sie vermeiden sollten.395 Die Grünen Oberösterreich initiierten danach eine Online-Petition zum Rücktritt von Pod-

392. Nimmervoll, Lisa (2018), “Emina Saric über das Kopftuch: "Ein Feldzug gegen den Frauenkörper"“, Der Standard, 07.08.2018, retrieved: April 20, 2018, from: https://mobil.derstandard.at/2000084847630/Migrations-expertin-ueber-das-Kopftuch-Ein-Feldzug-gegen-den-Frauenkoerper?ref=instagram. Darin heißt es:STANDARD: Die Bundesregierung möchte ein Kopftuchverbot in Kindergärten und Volksschulen umsetzen. Was halten Sie davon?Saric: Ich halte das für einen richtigen Weg, weil das Tragen der Kopftücher in traditionell muslimischen Fami-lien praktisch tradiert wird. Mädchen werden, indem sie ihr Haar vor Männern nicht zeigen sollen, schon im Kindesalter als Sexualobjekte gesehen.Saric: Kopftuch klar als Unterdrückungsmechanismus der patriarchalen Strukturen sieht, weil es ausschließlich den weiblichen Körper und die Kontrolle der weiblichen Sexualität betrifft.STANDARD: Sie arbeiten als Projektleiterin von "Heroes – Gegen Unterdrückung im Namen der Ehre", einer Kooperation der Frauenberatungsstelle Caritas Divan und des Vereins für Männer- und Geschlechterthemen GrazSaric: Ich beschäftige mich mit dem Thema schon lange und beobachte, dass in gewissen Ländern religiöse Pflichten stärker wurden. Das wirkt sich auch in Österreich auf Jugendliche aus.STANDARD: Was würde ihnen (…) ein staatlich verordnetes Kopftuchverbot für Mädchen bringen?Saric: Es geht also zuerst darum, dass man ihr Selbstbewusstsein aufbaut und sie dann Schritt für Schritt zur eigenen Selbstbestimmung und zur Selbstbestimmung ihrer Töchter gelangen. Da ist es sehr wichtig, dass der Staat diese Frauen unterstützt, dass sie und ihre Töchter außerhalb der kollektivistischen Zwänge leben können.STANDARD: Ein Argument, das Gegnerinnen und Gegner eines Kopftuchverbots oft vorbringen, lautet: Das sei ein absolutes Randphänomen, betreffe nur ein paar Mädchen, ein Verbot würde ein Problem angehen, das in Wirklichkeit keines ist. Was entgegnen Sie dem?Saric: Es geht darum, dass wir für uns, für diese Gesellschaft Klarheit schaffen; Ein Kopftuchverbot würde diese Klarheit endlich schaffen, egal ob es fünf oder zehn oder 10.000 Mädchen betrifft.393. DiePresse.at (2018), “FDP-Chef Lindner fordert Kopftuchverbot für junge Mädchen“, Die Presse, 07.04.2018, retrieved: April 20, 2018, from: https://diepresse.com/home/Ausland/Aussenpolitik/5402066/FDPChef-Lind-ner-fordert-Kopftuchverbot-fuer-junge-Maedchen. 394. Khorchide, Mouhanad (2018), “Kopftuchdebatte: Und was sagen die betroffenen Kinder dazu?“, Der Sta-dard, 08.04.2018, retrieved: April 20, 2018, from: derstandard.at/2000077553445/Kopftuchdebatte-Und-was-sa-gen-die-betroffenen-Kinder-dazu. 395. AfD-Landestags-TV (2018), “Was die AfD von der FPÖ lernen kann! Vortrag von Elma Podgoschek, FPÖ (2018)”, Youtube, 03.05.2018, retrieved: April 20, 2018, from: https://youtu.be/l17C3ECjdi4.

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gorschek, da er die Justiz als „völlig linksgepolt“ bezeichnet hat und auch vor der ÖVP gewarnt hatte.396

In den Medien wurde das Buch „Eure Gesetze interessieren uns nicht“ eines aus Pakistan stammenden Journalisten, der sich selbst auch als Terroris-musexperte ausgibt, breit rezipiert. Shams ul-Haq habe in Deutschland, Öster-reich und der Schweiz undercover Moscheen besucht. Sein Fazit: Graz sei ein Hotspot im Islamisten-Netzwerk. In Zeitungs-Interviews und Fernsehberichten wird ihm ein Podium gegeben. Sehr undifferenziert und generalisierend spricht er über islamische Begriff und erzeugt dabei ein hysterisches Gefahrenszenario:

„Das Wort „Kuffar“ steht für Ungläubige [...] Immer wieder streut er das Wort „Kuf-far“ ein und am Ende möchte man am liebsten aufstehen, auf die Straße rennen und jemanden attackieren in dieser wütenden Stimmung. Der Imam aber hat nicht

direkt zu einer Tat aufgerufen“.

Und:

„Der Imam wählt seine Worte so geschickt, dass ihm niemand direkt vorwerfen kann, Hass zu predigen. Doch seine Botschaften sind eindeutig und erreichen ihr Ziel. [...] Ich stelle ihm die Frage, mit der ich jeden Imam konfrontiere: „Was passiert eigentlich mit den ungläubigen Christen? Kommen sie auch in das Paradies?“ Fai-sal antwortete mir, dass alle Ungläubigen, die „Kuffar“, keinen Einzug ins Paradies erhalten. [...] Diese Antwort habe ich in den Monaten zuvor von Imamen immer wieder gehört. Und sie steht beispielhaft für die Radikalisierung in den Moscheen.“397

„Die meisten Radikal-Moscheen in Österreich gibt es in Graz“, behaup-tet Shams Ul-Haq. In allen stieß er auf Salafisten. Die seien aber vorsichtig geworden: „Heute brüllt kein Imam mehr mit heiserer Stimme, dass alle Un-gläubigen abgeschlachtet werden müssen“, so Ul-Haq. „Der moderne Hasspre-diger wählt seine Worte so geschickt, dass er die Gedanken der Muslime in die gewünschte Richtung des radikalen Islam lenkt.“ Und: „Sie agieren wie Psychologen, die wissen, welches Gift sie in die Köpfe der Menschen injizieren müssen.“ In jeder zehnten Moschee spiele antiwestliche Hetze eine bedeuten-de Rolle, so Haq.398 Die Grazer Polizei spricht von überholten Details. Fritz

396. APA (2018), “Gründe starten Petition gegen FPÖ-Landesrat Podgorschek”, Der Standard, 20.06.2018, re-trieved: April 20, 2018, from: https://derstandard.at/2000081945183/Gruene-starten-Petition-gegen-FPOe-Lan-desrat-Podgorschek. 397. Hasewend, Ingo (2018), “”Es gibt auffällig viele radikale Imame in Graz””, Kleine Zeitung, 08.11.2018, retrieved April 23, 2019, from: https://www.kleinezeitung.at/steiermark/5526130/UndercoverRecherche_Es-gibt-auffaellig-viele-radikale-Imame-in-Graz?xtor=CS1-15&fbclid=IwAR16RVEDe7BFNbp3uYR6N9uF-9CDTlpolMdtLv4q33pnwSIDjpvQaEpIxo0M398. Oe24.at (2018), “So radikal sind unsere Moscheen“, Österreich, 19.11.2018, retrieved April 23, 2019, from: https://m.oe24.at/oesterreich/politik/So-radikal-sind-unsere-Moscheen/356665955

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Grundnig, Sprecher der Landespolizeidirektion Steiermark meint: „Alle die-se Tätigkeiten dieser Vereine und Moscheen werden vom Verfassungsschutz beobachtet,und sollten hier strafrechtlich relevante Sachverhalte festgestellt werden, wird es auch zu Anzeigen kommen“.399 Die Subul-el-Salam-Moschee in Graz, die auch direkt von Haq angesprochen wird, distanziert sich von den Anschudigungen. Medial wurden die Aussagen von Shams Ul-Haq insbeson-dere von der Kronen Zeitung rezipiert.400

Der Theologe an der Uni Wien, Ednan Aslan, äußerte sie wie folgt zur IG-GÖ-Kultusgemeinde ATIB: „ATIB ist die Kolonie eines ausländischen Staates und zwar der Türkei. Der Dialog mit diesen Moscheen findet statt, aber er ist sinnlos. Sie werden sowieso aus dem Ausland gesteuert.“401

Es gab auch wenige Gegenstimmen zu dem grassierenden anti-muslimischen Rassismus: Wiens Bürgermeister Michael Ludwig hielt eine Rede beim gemein-samen Fastenbrechen mit der IGGÖ im Palais Eschenbach: „In meiner Stadt, in der Stadt Wien, muss jeder Mensch die Möglichkeit haben, seine Religion zu le-ben.“402 Neben dem evangelisch-lutherischen Bischof Michael Bünker wohnten auch Bildungsminister Heinz Faßmann (ÖVP) und Wiens Bürgermeister Micha-el Ludwig (SPÖ) dem Fastenbrechen dabei. Laut Kathpress meinte Ludwig, dass

399. Steiermark.orf.at (2018), “Kritik an Buch über Hassprediger in Graz”, ORF, 26.11.2018, retrieved April 23, 2019, from: https://steiermark.orf.at/news/stories/2949620/400. Richter, Gerald (2018), “„Diese Moscheen nehme ich mir zur Brust!“”, Kronen Zeitung, 14.11.2018, re-trieved April 23, 2019, from: https://www.krone.at/1808111?fbclid=IwAR0UbAdY14WINmrQdpN5ODvU-WU4sWsFs8AHPAXFgLUU7gMJMmuvI8SkXfBw„Krone“: Ein Journalist war undercover in Grazer Moscheen. Er sagt, es gebe viele radikale Imame. Die Hälfte der Moscheen steht ja schon lange unter Radikalen-Verdacht!Kurt Hohensinner: „Deshalb haben wir mit dem Bund ein Projekt laufen. Wir sehen uns alle Grazer Moscheen genau an.  Die ersten Ergebnisse gibt es Ende des Jahres.  Sollte herauskommen, dass Moscheen mit dem Gesetz in Konflikt sind, muss es  Konsequenzen geben, bis zu Schließungen.Für den Bau der Groß-Moschee kam Geld aus dem Ausland, etwa 500.000 Euro von einem Geschäftsmann aus den Arabischen Emiraten.„Diese Gesetzeslücke gehört geschlossen! Jetzt ist so eine Spende möglich, wenn das Geld nicht von Staaten kommt.  Prinzipiell ist eine ausländische Finanzierung einer Grazer Moschee für mich ein No-Go.“Der Ausländeranteil in Graz liegt aktuell bei 24,9 Prozent . Sehen Sie die Gefahr von Parallelgesellschaften?„Ja. Etwa in Form von gewissen Gemeinschaften, die  alles anbieten: die Moschee, den Kultur- und Sportverein bis zu Versicherungen. Da werden Parallelgesellschaften hochgezogen.Wir müssen die Lehrer unterstützen. Auch darin, dass sie nicht ins rechte Eck gedrängt werden, wenn sie Regeln aufstellen. Muslimische Familien werden uns schätzen und respektieren, wenn wir eine klare Haltung einneh-men. Das haben wir verlernt. Wir wollen es allen recht machen, aber Intoleranz mit Toleranz zu begegnen,  ist falsch. Gesellschaftliche Entwicklungen schlagen zuerst in der Schule auf. Wir merken, dass wir in Graz in eini-gen Schulen am Rande unserer Möglichkeiten angekommen sind.“401. Wien.orf.at (2018), “Geringes Interesse an Austro-Imamen”, ORF, 2018, retrieved: April 20, 2018, from: http://wien.orf.at/m/news/stories/2912959/. 402. Kocina, Erich (2018), “Ludwig vor Muslimen: "Angriff auf eine Religionsgemeinschaft ist ein Angriff auf alle"“, Die Presse, 31.05.2018, retrieved: April 20, 2018, from: https://diepresse.com/home/panorama/wien/5438512/Ludwig-vor-Muslimen_Angriff-auf-eine-Religionsgemeinschaft-ist.

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jeder Angriff auf ein Mitglied einer Religionsgemeinschaft "ein Angriff auf alle Gemeinschaften ist".403

POSITIVE GEGENSTRATEGIENDas Weltmuseum eröffnete am 17. Oktober eine Sonderausstellung zum Thema Kopftuch. Kurator Axel Steinmann meinte: „Die Ausstellung zeigt, dass die Be-deutung des Kopftuchs von jeher von den jeweiligen moralischen und politischen Umständen geprägt wurde, und nicht ausschließlich als religiöser Ausdruck für die Unterordnung der Frau gelesen werden kann.“404

• Rechtlicher Widerstand gegen die Schließung von Moscheen der Islami-schen Galubensgemeinschaft

• Die Dokustelle Muslime veröffentlichte ihren jährlichen Anti-muslimi-schen Rassismus-Bericht.

• Mit der zur Kultfigur avancierten Ali-Puppe gegen das rassistische Video der FPÖ organisierte der Aktivist Muhammed Yüksek eine Demonstration.405

• Die Bloggerin Asma Aiad wurde am Flughafen Wien Schwechat von ei-nem Beamten islamophob beleidigt. Er fragte ein aus der Türkei einreisen-des Mädchen, ob sie „eh nicht zwangsverheiratet wurde“. Ihr Protest-Vi-deo danach wurde innerhalb kürzester Zeit über 80.000 Mal gesehen,406 medial diskutiert und es kam zu einem Treffen mit der Polizei.

• Mit einer Kunstinstallation ‚ADHINA‘ von Werner Puntigam und Klaus Hollinetz ertönte täglich im Dezember eine künstlerische Collage aus Stadtgeräuschen und Muezzinrufen im Advent, um ein Bewusstsein zu „schaffen, dass Islam und Christentum Religionen des Friedens sind und

403. APA (2018), “Plädoyers für Pluralismus beim interreligiösen Fastenbrechen”, Der Standard, 01.06.2018, retrieved: April 20, 2018, from: derstandard.at/2000080768035/Plaedoyers-fuer-Pluralismus-beim-interreligi-oesen-Fastenbrechen. 404. Weiss, Stefan (2018), “Kopftuch-Ausstellung im Weltmuseum “Es war immer ein Politikum”“, Der Stan-dard, 17.10.2018, retrieved: April 20, 2018, from: https://mobil.derstandard.at/2000089478300/Kopftuch-Aus-stellung-im-Weltmuseum-Es-war-immer-ein-Politikum. 405. Kurier (2018), „‘Ali-Demo‘ in Wien: Protest gegen rassistisches FPÖ-Video“, Kurier, 15.11.2018, retrieved: 20 December, 2018, from: https://kurier.at/chronik/wien/ali-demo-in-wien-protest-gegen-rassistisches-video-der-fpoe/400325697 406. Heute.at (2018), “Frau wirft Polizisten am Flughafen Rassismus vor”, Heute, 04.11.2018, retrieved April 23, 2019, from: https://m.heute.at/community/leser/story/44627226

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sein wollen“,407 so die beiden Künstler. Es ging ihnen darum, in der Ästhetik des Kunstprojektes ein harmonisches Zusammenspiel zu präsentieren.408

ZUSAMMENFASSUNG UND EMPFEHLUNGENAuffällig ist, dass in einem Jahr, in dem das Land von zwei politischen Parteien geführt wird, die anti-muslimischen Rassismus institutionalisieren, kaum Wi-derstand zu vernehmen war. Die Hegemonie des anti-muslimischen Diskurses wird kaum angefochten und selbst von der politischen Opposition teils lediglich mit Schweigen bis hin zu oftmals weiterer Verschärfung begegnet. Abseits der Empfehlungen, die in den letzten Jahren gelistet wurden, scheint vor allem hier Handlung notwendig zu sein. Es braucht eine aufbegehrende Zivilgesellschaft, die der Hegemonie des anti-muslimischen Rassismus etwas entgegensetzt. Vor allem im medialen Bereich wird anti-muslimischen Positionen etwas entgegengesetzt. Besonders wichtig ist, den im Jahr 2018 erlassenen anti-muslimischen Gesetzen etwas entgegenzusetzen.

• Das IslamG sollte angefochten werden, um nicht weiter muslimische Or-ganisationen in ihrer Existenz zu gefährden sowie die Assimilationspolitik der Regierung zu unterstützen.

• Die 15a-Vereinbarung, welche das Kopftuchverbot enthält, sollte ange-fochten werden

• Das organisierte anti-muslimische Netzwerk sollte sichtbar gemacht werden

• Es braucht weiterhin Ausbildung im Bereich Rassismus, insbesondere der Is-lamophobie, für JournalistInnen, RechtswissenschaftlerInnen und die Polizei.

• Die muslimische Zivilgesellschaft muss mit Empowerment-Strategien un-terstützt werden, um anti-muslimischen Rassismus zu bekämpfen.

• Im Bildungsbereich bedarf es alternativer Narrative zu MuslimInnen in Österreich.

407. Rohrhofer, Markus (2018), “Mit dem Muezzin durch die Linzer Vorweihnachtszeit“, Der Stan-dard, 24.11.2018, retrieved April 23, 2019, from: https://derstandard.at/2000092091204/Mit-dem-Muez-zin-durch-die-Linzer-Vorweihnachtszeit408. Ebd.

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FARID HAFEZ

Dr. Farid Hafez ist habilitierter Politikwissenschaftler. Er ist Senior Research Fellow bei The Bridge In-itiative an der Edmund A. Walsh School of Foreign Service an der Georgetown University. 2017 war er Botstiber-Fulbright Professor for Austrian-American Studies an der University of California, Berkeley am Center for Race and Gender. Hafez promovierte im Fach Politikwissenschaft an der Universität Wien und habilitierte an der Universität Salzburg. Er ist Gutachter mehrerer Zeitschriften und Stiftungen. Seit 2010 ist er Herausgeber des bilingualen Jahrbuchs für Islamophobieforschung, seit 2016 Mitherausgeber des European Islamophobia Report. 2009 erhielt er gemeinsam mit John Bunzl den Bruno-Kreiksy-An-erkennungspreis für „Islamophobie in Österreich“ für das politische Buch des Jahres. Hafez hat mehr als 100 Publikationen veröffentlicht. Zu seinen neuesten Publikationen zählen: Feindbild Islam. Über die Sa-lonfähigkeit von Rassismus (Böhlau, 2019) sowie gemeinsam mit Enes Bayrakli: Islamophobia in Muslim Majority Societies (Routledge, 2019). [email protected]

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FARID HAFEZ

ÖSTERREICHISCHER ISLAMOPHOBIEBERICHT 2018

BERICHTANKARA • ISTANBUL • WASHINGTON D.C. • KAIRO • BERLIN • BRÜSSEL

ÖSTERREICHISCHER ISLAMOPHOBIEBERICHT 2018

Die Dokustelle Islamfeindlichkeit und antimuslimischer Rassismus verzeich-

net in ihrem Antimuslimischen Rassismus Report für das Jahr 2018 einen An-

stieg von ca. 74 % und damit insgesamt 540 Fälle von Islamfeindlichkeit im

Vergleich zu 309 Fällen im Jahr 2017. Nachdem im Dezember 2017 eine Koali-

tion von ÖVP und FPÖ gebildet wurde, implementierte die Regierung im Ka-

lenderjahr 2018 mehrere islamophobe Gesetze und setzte islamophobe Poli-

tiken um. Das Kopftuchverbot in Kindergärten, die Schließung von Moscheen

und einer Kultusgemeinde der IGGÖ, das Symbolgesetz und die Forderung

nach Fastenverboten sind konkrete Politiken und politische Forderungen, die

vorgeben, den sogenannten ‚politischen Islam‘ zu bekämpfen, sich tatsächlich

jedoch gegen MuslimInnen im Allgemeinen und insbesondere gegen die or-

ganisierte muslimische Zivilgesellschaft richten. Protest von der politischen

Opposition und Zivilgesellschaft gegen Islamophobie blieb im Jahr 2018 bei-

nahe völlig aus. Besonders auffallend ist der Versuch des Österreichischen In-

tegrationsfonds, Wissen zu produzieren, um die anti-muslimischen Politiken

der Regierung zu legitimieren. Die Entmenschlichung von MuslimInnen als

zentrales Charakteristikum von anti-muslimischem Rassismus ist im öffentli-

chen Sprechen noch deutlicher zutage getreten. Die aggressive Abwertung

von MuslimInnen findet sich auch im öffentlichen Raum wider, wo zahlreiche

abwertende Schriftzüge gegen MuslimInnen auffindbar waren. Im Gegensatz

zur Politik waren in den Medien neben der Unterstützung von Regierungs-

positionen auch Gegenstimmen zu vernehmen.

FARID HAFEZ

BERICHT

9 786257 040129