Steuerrechtliche Aspekte der Praxisabgabe bei psychotherapeutischen Praxen

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Steuerrechtliche Aspekte der Praxisabgabe bei psychotherapeutischen Praxen. Seminar der Kassenärztlichen Vereinigung Bayerns für Psychotherapeuten am 21.11.2009 in Nürnberg. Vortragsredner: WP, StB, RA, FAStR Peter Naumann

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Steuerrechtliche Aspekte der Praxisabgabe bei

psychotherapeutischen Praxen

Seminar der Kassenärztlichen Vereinigung Bayerns für

Psychotherapeuten am 21.11.2009 in Nürnberg

Vortragsredner: WP, StB, RA, FAStR Peter Naumann

Naumann & Kollegen

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Naumann & Kollegen

Gliederung:

1. Steuerliche Fragen anlässlich der Veräußerung einer Einzelpraxis

a. Ermittlung des Veräußerungsgewinns

b. Verkauf einer Einzelpraxis mit allen Aktiva und Passiva

c. Verkauf der wesentlichen Wirtschaftsgüter einer Einzelpraxis

d. Steuerlicher Freibetrag

e. Ermäßigter Steuersatz

f. Voraussetzungen für die steuerlichen Vergünstigungen

g. Sofortbesteuerung oder Zuflussbesteuerung

2. Steuerliche Fragen anlässlich der Veräußerung eines Anteils an einer

Gemeinschaftspraxis

3. Steuerliche Risiken bei Praxisübertragungen

4. Impressum

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1. Steuerliche Fragen anlässlich der Veräußerung einer Einzelpraxis

a. Ermittlung des Veräußerungsgewinns

- Der Kaufpreis, welchen der Verkäufer für seine Praxis erhält, ist nicht zugleich auch der

steuerpflichtige Veräußerungsgewinn.

- Es wird nicht der erhaltene Kaufpreis der Besteuerung unterworfen, sondern nur die Differenz

aus dem Buchwert der Praxis und dem vereinbarten Kaufpreis. Diese Differenzgröße muss

durch die Aufstellung einer Schlussbilanz dem Finanzamt nachgewiesen werden.

- Der steuerpflichtige Veräußerungsgewinn ist also der Differenzbetrag, welcher verbleibt, wenn

vom Kaufpreis der Buchwert der Praxis und die Veräußerungsnebenkosten abgezogen

werden:

Vereinbarter Praxiskaufpreis 40.000,00 Euro

Buchwert der veräußerten Vermögenswerte 7.000,00 Euro

Veräußerungsnebenkosten 3.000,00 Euro

Steuerpflichtiger Veräußerungsgewinn: 30.000,00 Euro

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b. Verkauf der Einzelpraxis mit allen Aktiva und Passiva

- Wird die Praxis mit allen sie betreffenden Forderungen und Verbindlichkeiten verkauft, erwirbt

der Käufer neben den Sachwerten und dem goodwill der Praxis auch die Forderungen gegen

die KV und die Privatpatienten.

- Der Buchwert der Praxis ergibt sich in diesem Fall aus einer Schlussbilanz auf den Tag der

Praxisveräußerung, in welcher auch die Forderungen und Verbindlichkeiten aufzunehmen

sind. Das dort wiedergegebene Eigenkapital stellt den Buchwert der Praxis für den

Veräußerer dar.

- Da die tatsächliche Höhe der Honorareinnahmen mit Ergehen des endgültigen

Quartalsabrechnungsbescheids vorliegt, kann erst nach mehr als drei Monaten nach dem

Übertragungsstichtag das bilanzielle Eigenkapital in der Schlussbilanz exakt berechnet

werden.

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c. Verkauf der wesentlichen Wirtschaftsgüter einer Einzelpraxis

- In der Regel vereinbaren die Parteien, dass die nachfließenden Einnahmen der

Kassenärztlichen Vereinigung und der Privatpatienten für Behandlungen, die vor dem

Übertragungsstichtag getätigt wurden, noch dem Abgeber zustehen sollen.

- Auch das Guthaben auf dem Praxiskonto wird der Abgeber vermutlich vollständig für sich

beanspruchen. Es werden also die Honoraransprüche und das Bankguthaben nicht mit

verkauft.

- Der Buchwert der Praxis kann dann aus dem steuerlichen Anlagenverzeichnis der Praxis

entnommen werden. Darin sind sämtliche Wirtschaftsgüter, die länger als ein Jahr nutzbar

sind, aufgenommen und mit ihren Abschreibungsrestwerten ausgewiesen.

- Wichtig ist, dass der Abgeber der Einzelpraxis keine wesentlichen Vermögensgegenstände

zurück behält. Werden die Privatpatienten nicht mit veräußert, geht die Finanzrechtsprechung

davon aus, dass noch keine Veräußerung der Einzelpraxis im Ganzen vorliegt. Das

Geschäftskonto und die Honorarforderungen stellen demgegenüber kein für den Betrieb

notwendiges Betriebsvermögen dar.

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d. Steuerlicher Freibetrag

- Vom Veräußerungsgewinn kann der steuerliche Freibetrag in Höhe von 45.000,00 Euro in

Abzug gebracht werden.

- Der Freibetrag wird nur auf Antrag gewährt und setzt voraus, dass der Verkäufer das 55.

Lebensjahr vollendet hat oder dass er dauernd berufsunfähig gem. § 43 Abs. 2 SGB VI ist.

- Der Freibetrag wird nur auf niedrige Veräußerungsgewinne gewährt. Er verringert sich um den

Betrag, um welchen der Veräußerungsgewinn den Betrag von 136.000,00 Euro übersteigt. Ab

einem Veräußerungsgewinn von 181.000,00 Euro ist der Freibetrag demnach vollständig

abgeschmolzen.

- Diese steuerliche Vergünstigung wird nur einmal im Leben des Steuerpflichtigen gewährt. Der

Freibetrag kann nicht auf verschiedene Verkaufsfälle gesplittet werden. Wird der Freibetrag

bei einer Veräußerung nicht vollständig aufgebraucht, geht der nicht ausgenutzte Betrag

verloren.

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e. Ermäßigter Steuersatz

- Zusätzlich zum Freibetrag kann der Praxisveräußerer die Gewährung einer Tarifbegünstigung

beantragen. Hierdurch wird der nach Abzug des Freibetrages verbleibende

Veräußerungsgewinn nur mit einem ermäßigten Steuersatz besteuert.

- Der ermäßigte Steuersatz beträgt 56% der durchschnittlichen Steuersatzes, der sich bei voller

Besteuerung des gesamten Einkommens ergäbe. Mindestens beträgt der ermäßigte

Steuersatz 16%.

- Diese Vergünstigung kann ebenfalls nur einmal im Leben in Anspruch genommen werden.

- Statt der Besteuerung zum ermäßigten Steuersatz kann der Veräußerer auch die sog. Fünftel-

Regelung in Anspruch nehmen. Diese Regelung bedeutet, dass bei der Ermittlung des

Steuersatzes für den Veräußerungsgewinn unterstellt wird, dass der Veräußerungsgewinn nur

ein Fünftel betragen hätte. Die hierdurch eintretende Progressionsglättung wirkt sich nur bei

höchstens mittleren Einkünften aus. Diese Besteuerung, die mehrfach angewendet werden

darf, wird in der Regel der Veräußerer nur dann wählen, wenn der Freibetrag oder der

ermäßigte Steuersatz nicht mehr zur Verfügung stehen.

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f. Voraussetzungen für die steuerlichen Vergünstigungen

- Voraussetzung für alle oben genannten Steuervergünstigungen ist die Veräußerung aller

wesentlichen vermögensmäßigen Grundlagen der freiberuflichen Tätigkeit einschließlich des

Patientenstamms.

- Für die Veräußerung eines Teils der freiberuflichen Praxis werden die steuerlichen

Vergünstigungen nicht gewährt. Dies gilt insbesondere in dem Fall, wenn der Veräußerer

einen Teil seiner Einzelpraxis veräußert, um mit dem Erwerber eine Gemeinschaftspraxis zu

begründen.

- Nur wenn ein abgeschlossener Teilbetrieb einer Einzelpraxis veräußert wird, macht die

Rechtsprechung hiervon eine Ausnahme. Für die Begründung eines Teilbetriebes werden

sehr strenge Anforderungen gestellt. So zum Beispiel, wenn ein Arzt zum einen eine

allgemeinmedizinische Praxis betreibt und zusätzlich noch eine selbständige Tätigkeit als

Betriebsarzt ausübt.

- Keine Teilbetriebsveräußerung liegt nach der Rechtsprechung der BFH hingegen vor, wenn

ein Praxisinhaber den vertragsärztlichen Teil seiner Praxis veräußert und die privatärztliche

Tätigkeit fortsetzt. Entscheidend für die Abgrenzung selbständiger zu unselbständiger

Teilbetrieb ist das Gesamtbild der Verhältnisse beim Praxisveräußerer.

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- Die Finanzrechtsprechung verlangt weiter, dass der Veräußerer seine selbständige Tätigkeit

in seinem bisherigen örtlichen Wirkungskreis für eine gewisse Zeit einstellt. Der örtliche

Wirkungskreis ist mit dem Einzugsbereich der vormaligen Einzelpraxis gleichzusetzen. Die

„gewisse Zeit“ wird in Rechtsprechung und Literatur mit 2 bis 3 Jahren angenommen.

- In Zweifelsfällen ist es ratsam, vor erneuter Aufnahme der selbständigen Tätigkeit eine

verbindliche Auskunft des Finanzamtes einzuholen, um zu verhindern, dass die gewährten

steuerlichen Vergünstigungen nachträglich wieder aberkannt werden.

- Unschädlich ist es somit, wenn

o der Veräußerer seine selbständige Tätigkeit außerhalb des örtlich begrenzten

Wirkungskreises, d.h. in einer anderen Stadt, fortsetzt.

o der Veräußerer seine selbständige Tätigkeit innerhalb des örtlich begrenzten

Wirkungskreises nach einer Pause von 2 bis 3 Jahren wieder aufnimmt.

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Unschädlich ist es auch, wenn der Veräußerer der Einzelpraxis

o seine frühere selbständige Tätigkeit am gleichen Ort ohne Pause in sehr geringen

Umfang fortsetzt. Eine Tätigkeit von geringen Umfang liegt vor, wenn die darauf

entfallenden Umsätze in den letzten drei Jahren weniger als 10% der gesamten

Einnahmen ausmachen. Umstritten ist, ob die Hinzugewinnung neuer Patienten nach

erklärter Praxisaufgabe in jedem Fall als schädliches Ereignis zu werten ist.

o wenn der Veräußerer in seiner früheren Einzelpraxis künftig als Angestellter des

Praxiserwerbers angestellt wird.

o wenn der Veräußerer nach Veräußerung seiner Einzelpraxis eine neue, von der

bisherigen Tätigkeit wesensverschiedene Tätigkeit aufnimmt. Wenn der Veräußerer

künftig beginnt als Gutachter tätig zu sein, kann eine wesensverschiedenen Tätigkeit

vorliegen, wenn die Gutachtertätigkeit bislang nicht oder nur im geringen Umfang

ausgeübt wurde.

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g. Sofortbesteuerung oder Zuflussbesteuerung

- Die Parteien können die Bezahlung des Kaufpreises auch im Wege einer lebenslangen Rente

bewerkstelligen. Hierbei wird der vereinbarte Praxiskaufpreis anhand von amtlichen

Sterbetafeln bei einem Jahreszins von 6% in eine monatliche Rente umgerechnet.

- Der Veräußerer kann dann wählen, ob er den Empfang des Rentenrechts sofort versteuern

will. Dann beläuft sich der Veräußerungsgewinn auf den Unterschiedsbetrag zwischen dem

Wert den Rentenrechts und dem Kapitalkonto in der Schlussbilanz seiner Einzelpraxis.

- Alternativ kann der Veräußerer auch die Zuflussbesteuerung wählen. Dann kommt es erst

dann zu steuerpflichtigen Einkünften, wenn die bisherige Summe der gezahlten monatlichen

Rentenbeträge den damaligen Praxiskaufpreis übersteigt.

- Diese Wahlrechte bestehen nicht, wenn der Praxiskaufpreis nur in Raten an den Veräußerer

gezahlt wird. Die Bezahlung des Kaufpreises in Raten entbindet den Veräußerer nicht davon,

seinen Veräußerungsgewinn im Jahr der Praxisaufgabe in voller Höhe der Besteuerung

zuzuführen.

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2. Steuerliche Fragen anlässlich der Veräußerung eines Anteils an einer

Gemeinschaftspraxis

- Wird der gesamte Anteil an einer Gemeinschaftspraxis veräußert, ist dies ertragsteuerlich

ebenso zu behandeln, wie die Veräußerung einer Einzelpraxis.

- Entgegen der Rechtslage bis Ende 2001 wird die Veräußerung eines Teils der Beteiligung an

der Gemeinschaftspraxis steuerlich nicht mehr begünstigt. Der Gesellschafter einer

Gemeinschaftspraxis darf also keine Anteile zurück behalten, wenn er die steuerlichen

Vergünstigungen in Anspruch nehmen will.

- Wenn Praxisabgeber und Praxisübernehmer eine zeitlang gemeinsam in einer

Gemeinschaftspraxis tätig sein wollen (Arg: Überleitung des Patientenstammes), dann

empfiehlt sich die sog. Stufenlösung:

o In einer ersten Stufe wird nur ein kleiner Anteil auf den künftigen Praxisübernehmer

übertragen. Diese Veräußerung muss voll versteuert werden.

o In der zweiten und abschließenden Stufe werden dann die restlichen Anteile an der

Gemeinschaftspraxis auf den Praxisübernehmer übertragen. Für diesen wirtschaftlich

bedeutsameren Geschäftsvorfall können dann die steuerlichen Vergünstigungen in

Anspruch genommen werden.

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3. Steuerliche Risiken bei Praxisübertragungen

- Die Veräußerung einer Praxis ist umsatzsteuerfrei. Wird gleichwohl Umsatzsteuer auf den

Praxiskaufpreis erhoben, ist diese auch an das Finanzamt abzuführen.

- Die Übertragung einer Praxis in Raten ist steuerlich nachteilig, da nur für die letzte

Anteilsübertragung die steuerlichen Vergünstigungen in Anspruch genommen werden können.

Für den Erwerber ergeben sich bei dem Einkauf in Raten hingegen keine Nachteile.

- Beachtenswert sind die steuerlichen Konsequenzen, wenn die abzugebende Einzelpraxis im

eigenen Haus betrieben wird. Derjenige Eigentumsanteil, welcher auf die Praxisräume entfällt,

gilt als notwendiges Betriebsvermögen der abzugebenden Einzelpraxis. Das hat zur

Konsequenz, dass eine Wertsteigerung des Hauses seit dem die Praxis dort betrieben wird,

als Buchgewinn im Zeitpunkt der Praxisaufgabe versteuert werden muss. Falls die Praxis dort

seit Jahrzehnten betrieben wird und die Immobilienpreise eine Wertsteigerung vollzogen

haben, kann sich der steuerliche Gewinn erhöhen, ohne dass der Praxisabgeber einen

geldwerten Vorteil erhalten hat.

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- Steht für den Erwerber einer Praxis insbesondere die Teilnahme an der vertragsärztlichen

Versorgung im Vordergrund, sollte dies gleichwohl nicht im Praxiskaufvertrag besonders

herausgehoben werden. Das Finanzamt könnte sich auf den Standpunkt stellen, dass eine

vertragsärztliche Zulassung kein abnutzbares Wirtschaftsgut sei. Dies hätte zur Folge, dass

der Praxisübernehmer den Großteil seines Praxiskaufsumme nicht als Goodwill der Praxis

abschreiben kann.

4. Impressum

Naumann & Kollegen GmbH Telefon: (0911) 424 82-0

WPG, RAG, StBG Telefax: (0911) 424 82-24

Kressengartenstraße 2 90402 Nürnberg

www.naumann-kollegen.de www.praxisdermedizin.de