Zivilrechtliche Aspekte der Praxisabgabe bei psychotherapeutischen Praxen

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Zivilrechtliche Aspekte der Praxisabgabe bei psychotherapeutischen Praxen Seminar der Kassenärztlichen Vereinigung Bayerns für Psychotherapeuten am 21.11.2009 in Nürnberg Vortragsredner: WP, StB, RA, FAStR Peter Naumann Naumann & Kollegen

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Zivilrechtliche Aspekte der Praxisabgabe bei psychotherapeutischen Praxen - Seminar der Kassenärztlichen Vereinigung Bayerns für Psychotherapeuten am 21.11.2009 in Nürnberg. Vortragsredner: WP, StB, RA, FAStR Peter Naumann.

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Zivilrechtliche Aspekte der Praxisabgabe bei

psychotherapeutischen Praxen

Seminar der Kassenärztlichen Vereinigung Bayerns für

Psychotherapeuten am 21.11.2009 in Nürnberg

Vortragsredner: WP, StB, RA, FAStR Peter Naumann

Naumann & Kollegen

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Gliederung:

1. Vorbereitende Schritte zum Praxiskaufvertrag

a. Suchphase

b. Vorvertragliche Bindung der Bewerber

c. Verzicht auf Rechtsbehelfe bzgl. Nachbesetzungsverfahren

d. Praxisbesichtigung

e. Welche Informationen werden offen gelegt?

2. Abschluss des Praxiskaufvertrages

a. Schriftformerfordernis

b. Verhältnis der vertragsärztlichen Zulassung zum Praxiskaufvertrag

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3. Notwendiger Inhalt eines Praxiskaufvertrages

a. Kaufgegenstand (materiell und immateriell)

b. Kaufpreis (Aufschlüsselung, Fälligkeit)

c. Gewinnabgrenzung der Honoraransprüche

d. Konkurrenzschutzklausel

e. Darstellung von Praxisbesonderheiten

f. Übernahme der Praxisräume; Eintritt in den Mietvertrag

g. Übergabe der Patientenkartei; Verpflichtung zur Berufsverschwiegenheit

h. Haftung des Praxisabgebers und Praxisübernehmers

i. Schriftformklausel; Salvatorische Klausel

j. Schlichtungs- und Schiedsgerichtsklausel

4. Literaturverzeichnis

5. Impressum

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1. Vorbereitende Schritte zum Praxisverkauf:

a. Suche nach dem geeigneten Nachfolger

- Oftmals keine aktive Suche erforderlich, da auf das Ausschreibungsverfahren in der Regel eine

Vielzahl von Bewerbern reagieren.

- Da die Bewerberzahl starken Schwankungen unterliegt, kann ein rechtzeitiges aktives Suchen

ausnahmsweise angezeigt sein (Annoncen in fachbezogener Literatur etc.).

- Eigene Suche nach einem Nachfolger auch dann zu empfehlen, wenn ein bestimmtes

Anforderungsprofil des Nachfolgers gewünscht wird.

- Zur Vorbereitung der Entscheidung des Zulassungsausschusses kann die eigene Suche ratsam

sein, um eine vertrauensvolle und gemeinsame Gestaltung sicherzustellen.

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b. Vorvertragliche Bindung der Bewerber

- Vorsortierung der Bewerberliste, welche durch den Zulassungsausschuss übergeben wird, durch

den Praxisabgeber.

- Erste Kontaktaufnahme bei den Bewerbern in schriftlicher Form empfehlenswert.

- Kurze Vorstellung der Praxis, jedoch noch keine Offenlegung von persönlichen wirtschaftlichen

Daten.

- Den Bewerbern bereits in diesem Stadium mitteilen, wenn der Wunschnachfolger infolge Job-

Sharing etc. bereits feststeht.

- Mitteilung der Qualifikation des Bewerbers sollte erbeten werden (ggf. Akteneinsicht).

- Anfordern der Abgabe einer Vertraulichkeitserklärung durch den Bewerber:

Beispiel:

„Hiermit verpflichte ich mich gegen über Herrn/Frau N.N., im Nachbesetzungsverfahren für deren Praxissitz die

Verschwiegenheit über alle Informationen zu bewahren, die mir über den Praxisbetrieb und die finanziellen

Verhältnisse des Praxisabgebers Herrn/Frau N.N. bekannt werden. Von der Verschwiegenheitspflicht

ausgenommen ist die Übermittlung des Praxiskaufvertrages an den Zulassungsausschuss der Kassenärztlichen

Vereinigung.

Ich verpflichte mich, an Herrn/Frau N.N. eine Vertragsstrafe in Höhe von 2.000,00 Euro für jeden Fall der

Verstoßes gegen diese Verschwiegenheitsverpflichtung zu bezahlen.“

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c. Verzicht auf Rechtsbehelfe gegen die Entscheidungen der Zulassungsgremien

- Um spätere Verzögerungen und Schwierigkeiten zu vermeiden, ist empfehlenswert, mit der

Verschwiegenheitserklärung auch eine Verzichtserklärung über die Nichteinlegung von

Rechtsbehelfen einzufordern. Hiermit verpflichtet sich der Nachfolgebewerber keine

Rechtsbehelfe gegen die ablehnende Entscheidung des Zulassungsausschusses einzulegen,

sollte er bei der Auswahl nicht zum Zuge kommen.

- Zwar ist die öffentlich-rechtliche Wirksamkeit dieser Erklärung umstritten. Zumindest erhält der

Praxisabgeber jedoch eine Schadenersatzanspruch gegen den abgewiesenen Bewerber, der

hiergegen im Widerspruchsverfahren vorgeht. Auf die Abgabe der Erklärung hat der

Praxisabgeber jedoch keinen Anspruch.

Beispiel:

„Hiermit verpflichte ich mich gegenüber Herrn/Frau N.N., weder Widerspruch noch Klage gegen die künftige

Zulassungs- und Auswahlentscheidung des Zulassungs- oder Berufungsausschusses zu erheben. Es ist mit

bewusst, dass ein Verstoß gegen diese Verpflichtung Schadenersatzansprüche zur Folge haben kann.“

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d. Praxisbesichtigung

- Voraussetzung der vertragsärztlichen Nachfolge ist, dass zumindest für eine gewisse Zeit die

Praktizierung der Berufsausübung in den Räumen des Abgebers erfolgen muss. Die

Besichtigung der Praxisräumlichkeiten ist deshalb zu erwarten.

- Auf Dauer muss der Nachfolger eines Praxisabgebers die bisherigen Patienten nicht in

denselben Praxisräumlichkeiten behandeln (BSG-Urt. v. 29.09.1999, B 6 KA 1/99 R).

- Der Praxisübernehmer wird ein wirtschaftliches Interesse daran haben, den guten Ruf einer

eingeführten Praxis auf sich zu übertragen. Die Möglichkeit, eine gewisse Zeit in den

angestammten Räumlichkeiten zu praktizieren, sollte deshalb eingeräumt werden. Der

Praxisabgeber kann dieses bei der Bemessung des Kaufpreises berücksichtigen.

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e. Welche Informationen werden offen gelegt?

- Nach Abgabe der Verschwiegenheitserklärung können die Daten und Angaben zur

wirtschaftlichen, rechtlichen und strukturellen Situation der Praxis offen gelegt werden.

- Der Praxisübernehmer hat ein Interesse an diesen Informationen, um die Angemessenheit des

Kaufpreises für die Praxis zu überprüfen.

- Der Mindestumfang beträgt:

o Quartalsumsätze aus vertragspsychotherapeutischer Tätigkeit der letzten drei Jahre.

o Quartalsumsätze aus privatpsychotherapeutischer Tätigkeit der letzten drei Jahre (wenn

dieser Praxisteil ebenfalls mit veräußert werden soll.

o Steuerliche Gewinnermittlungen der letzten drei Jahre mit Kontennachweis.

o Mietvertrag über Praxisräumlichkeiten, soweit kein Eigentum des Praxisabgebers.

o Anstellungsverträge der Mitarbeiter, soweit Praxispersonal vorhanden.

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2. Abschluss des Praxiskaufvertrages

a. Schriftformerfordernis

- Aus Gründen der Beweissicherung sollte ein Praxiskaufvertrag stets schriftlich abgeschlossen

werden. Die notarielle Beurkundung ist nur erforderlich, wenn Grundvermögen oder

grundstücksgleiche Rechte mit übertragen werden.

- Das Finanzamt hat das Recht, die Vorlage des Praxiskaufvertrages zu verlangen.

- Die Vorlage der Praxiskaufverträge beim Zulassungsausschuss ist nicht zwingend

vorgeschrieben. Insbesondere der ausgewählte Nachfolger wird ein Interesse daran haben,

seinen Nachfolgewillen dem Zulassungsausschuss auf diese Weise zu dokumentieren.

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b. Verhältnis der vertragsärztlichen Zulassung zum Praxiskaufvertrag

- Die Entscheidung der öffentlichen Behörde „Zulassungsausschuss“ hat keine unmittelbare

Auswirkung auf den zuvor geschlossenen privatrechtlichen Praxiskaufvertrag.

- Die spätere Zulassung zur Teilnahme an dem System der vertragsärztlichen Versorgung ist

jedoch der wesentliche Grund für den Übernahmebewerber, den privatrechtlichen

Praxiskaufvertrag mit dem Praxisabgeber zu schließen.

- Um das öffentlich-rechtliche Zulassungsverfahren an den Praxiskaufvertrag zu koppeln, ist es

unbedingt erforderlich, den Praxiskaufvertrag unter der aufösenden Bedingung der erfolgreichen

Zulassung abzuschließen. Möglich ist auch die Vereinbarung eines Rücktrittrechts, dass

innerhalb einer angemessenen Frist von 4 Wochen ausgeübt werden kann. Der Fristlauf müsste

mit Zustellung des Ablehnungsbescheids oder mit Einlegung eines Widerspruchs beginnnen.

- Der Beschluss des Zulassungsausschusses, welcher allen Bewerbern und dem Praxisabgeber

zugestellt wird, ist erst wirksam, wenn innerhalb eines Monats seit seiner Zustellung kein

Widerspruch erhoben wird.

- Sollte einer der Bewerber, der sich für geeigneter hält und gleichwohl nicht zu Zuge kam,

Widerspruch einlegen, tritt die Bestandskraft der Zulassungsentscheidung erst mit Abschluss des

Verfahrens oder mit Rücknahme des Rechtsmittels ein.

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- Es kann auf die Ermessensentscheidung des Zulassungausschusses durch die Aufnahme von

Regelungen in den Praxiskaufvertrag eingewirkt werden: Der geeignete Nachfolger ist derjenige,

welcher die individuellen Praxisbesonderheiten am Besten fortführen kann. Es kann deshalb

ratsam sein, die Praxisübergabe im Praxiskaufvertrag mit dem Wunschkandidaten detailliert zu

regeln:

o Einführung des Nachfolgers bei den Überweiserpraxen

o gemeinsame Mitteilung der Nachfolge an interessierte Dritte

o Begleitung des Nachfolgers in einer Übergangszeit

o Fortführung der Privatbehandlungstätigkeit in den bisherigen Praxisräumlichkeiten neben

der Praxistätigkeit des Nachfolgers.

- Mitteilung an unerwünschte Bewerber, dass der geeignete Wunschnachfolger bereits gefunden

wurde. Hierbei sollten die Praxisbesonderheiten und die dazu erforderliche Qualifikation des

potentiellen Bewerbers mitgeteilt werden. Ob sich die konkurrierenden Bewerber davon

beeindrucken lassen und ihre Bewerbung zurück ziehen, ist nicht immer sicher.

- Der Praxiskaufvertrag sollte die Absicht des Praxisübernehmers, eine bestimmte Praxis an ihrem

bisherigen Sitz fortzuführen, klar benennen.

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3. Notwendiger Inhalt eines Praxiskaufvertrages

a. Kaufgegenstand

- Gegenstand des Praxiskaufvertrages ist die Psychotherapeutenpraxis. Gegebenenfalls ist zu

trennen, ob die vertragspsychotherapeutische oder die privatpsychotherapeutische Praxis

veräußert werden soll.

- Nicht Gegenstand des Praxiskaufvertrages ist die vertragsärztliche Zulassung. Über diese

Zulassung kann der Praxisabgeber nicht verfügen. Die Zulassung wird einzig durch den

Zulassungsausschuss im Wege einer Ermessensentscheidung übertragen (Zweistufiges

Nachbesetzungsverfahren)

- Das materielle Praxisvermögen (Praxisinventar, Einrichtungsgegenstände, Literatur, EDV mit

Abrechnungssoftware) hat bei psychotherapeutischen Praxen in der Regel eine untergeordnete

Bedeutung. Das Inventar der Praxis sollte in einer Anlage exakt bezeichnet werden

Formulierungsbeispiel:

Der Praxisübernehmer übernimmt das gesamte Inventar der Praxis, welches in der Anlage 1 zu diesem Vertrag

aufgeführt ist. Sämtliche Gegenstände gem. Anlage 1 stehen im Alleineigentum des Praxisabgebers und sind frei

von Rechten Dritter. Das Inventar der Praxis gem. Anlage 1 wird verkauft und übergeben wie besichtigt. Die

Gewährleistung für Sachmängel des Praxisinventars gem. Anlage 1 ist ausgeschlossen.

- Neben dem materiellen Praxisvermögen wird auch für den immateriellen Wert der Praxis etwas

gezahlt (Ruf der Praxis, Zuweiserbeziehungen, Kooperation mit Beratungsstellen, Teilnahme an

der integrierten Versorgung, Warteliste potentieller Patienten).

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b. Praxiskaufpreis

- Der Kaufpreis ist das Ergebnis der Einigung zur Übertragung der materiellen und immateriellen

Praxiswerte. Es liegt die Vermutung nahe, dass der Praxiskaufpreis zugleich auch der

Verkehrswert ist. Zwingend ist dies jedoch nicht, da der Kaufpreis das Ergebnis der individuellen

Einigung zwischen zwei Parteien darstellt.

- Für die künftige Rechnungslegung bei dem Praxisübernehmer ist es sinnvoll, den Wert der

Praxis nach dem materiellen Praxiswert und dem ideellen Praxiswert aufzuteilen. Der Wert des

materiellen Praxisvermögens ergibt sich in der Regel aus den Restbuchwerten des

Anlagevermögens.

- Informationen im Praxiskaufvertrag über die angewendete Bewertungsmethode oder über die

darin eingestellten Parameter sind nicht erforderlich.

- Der Kaufpreis kann frühestens fällig werden, wenn auch die vertragsärztliche Zulassung dem

Nachfolger zugeteilt wurde. Dies ist mit Ablauf der Widerspruchsfrist in Bezug auf die

abgewiesenen Konkurrenten der Fall.

- Ein geeigneter Fälligkeitszeitpunkt zur Bezahlung des Kaufpreises sind die Übergabe der Praxis,

die Versendung eines Informationsschreibens an die Patienten der Praxis und derjenigen auf der

Warteliste oder die Vermittlung eines Nachmietvertrages über die Praxisräumlichkeiten. Je

genauer dieser Termin bestimmt ist, desto besser. Auch kann die Verzinsung bei verspäteter

Zahlung ausdrücklich vereinbart werden.

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c. Abgrenzung der Honoraransprüche

- Üblicherweise werden Forderungen aus bereits geleisteten Behandlungen nicht mit veräußert.

All diejenigen Honoraransprüche, die bis zum Übergabezeitpunkt bereits wirtschaftlich

entstanden sind, verbleiben demnach beim Praxisabgeber.

- Die Nachzahlungen der Kassenärztlichen Vereinigung, die erst nach Übergabe der Praxis beim

Praxisabgeber eingehen, sind demnach laufender Gewinn aus selbständiger Arbeit des

Praxisabgebers.

- Gleichwohl müssen diese Einnahmen, die erst im Folgekalenderjahr eingehen, im Jahr der

Praxisaufgabe mit versteuert werden (Arg: Wechsel der Gewinnermittlungsart).

- Künftige Honorarregresse gegenüber dem Praxisabgeber werden ebenfalls auf den Zeitpunkt

der Praxisveräußerung zurück datiert.

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d. Konkurrenzschutzklausel

- Aus Gründen der Klarheit ist die Aufnahme einer ausdrücklichen Konkurrenzschutzklausel in den

Praxiskaufvertrag aufzunehmen.

- Das Wettbewerbsverbot darf jedoch nicht zu weit gezogen werden. Wenn das

Wettbewerbsverbot zur einem Berufsausübungsverbot wird, würde der Praxisabgeber in seinem

Recht auf Berufsausübung unzulässig eingeschränkt werden.

- Im Praxisübergabevertrag muss das Wettbewerbsverbot deshalb zeitlich, räumlich und

gegenständlich auf das notwendige Maß beschränkt werden. Selbst bei einer Abgabe der Praxis

aus Altersgründen ist ein uneingeschränktes Wettbewerbsverbot unzulässig.

- Zeitliche Beschränkung: üblicherweise Obergrenze von 3 Jahren

- Örtliche Beschränkung: Einzugsbereich der Praxis

- Gegenständlich: Beschränkung auf das Fachgebiet des Abgebers; Erlaubt sein müssen

kurzfristige Praxisvertretungen oder die gelegentliche Behandlung von nahe stehenden

Personen; Erlaubt ist es, dass auch die Angestelltentätigkeit vom Wettbewerbsverbot umfasst ist;

Eventuell ist die Weiterbehandlung von Privatpatienten ausgenommen.

- Das Rückkehrverbot kann durch die Aufnahme einer angemessenen Vertragsstrafe gesichert

werden. Neben der Vertragsstrafe kann ein Unterlassungsanspruch nicht geltend gemacht

werden, es sei denn, dies wird im Vertrag ausdrücklich geregelt.

- Die Vereinbarung einer Patientenschutzklausel würde gegen das Recht auf freie Arztwahl

verstoßen und ist unwirksam.

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Formulierungsbeispiel:

Der Praxisabgeber verpflichtet sich, innerhalb eines Zeitraumes von 2 Jahren nach dem

Übergabezeitpunkt in einem Luftlinienradius von 3 km um den Praxisstandort weder

vertragspsychologisch als niedergelassener oder angestellter Psychotherapeut noch ambulant

privatpsychotherapeutisch tätig zu werden. Ausgenommen von diesem Verbot ist die

Ausbehandlung von Langzeitpatienten, für deren weitere Behandlung gegebenenfalls eine

Ermächtigung oder Kostenerstattung beantragt wird. Der Praxisübernehmer wird darüber hinaus

Ausnahmen von dieser Vereinbarung genehmigen, wenn dies im Patientenwohl unabdingbar ist

und der beruflichen Tätigkeit des Praxisübernehmers nicht schadet.

Im Falle des Verstoßes gegen das vorstehende Verbot hat der Praxisabgeber an den

Praxisübergeber einen pauschalierten Schadenersatz in Höhe von 1.000,00 Euro für jeden

angefangenen Monat zu entrichten, in dem der Verstoß begangen wird. Eventuelle, darüber

hinausgehende Schadenersatz-, Kaufpreisminderungs- und Unterlassungsan-sprüche bleiben

unberührt.

(Rüping/Mittelstaedt in: Abgabe, Kauf und Bewertung psychotherapeutischer Praxen; Psychotherapeuten Verlag 2008, S. 111)

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e. Darstellung von Praxisbesonderheiten

- Der Zulassungs- und Berufungsausschuss ist verpflichtet, sein Ermessen bei der

Nachfolgerauswahl so auszuüben, dass für die konkrete Praxis und deren Patienten eine

geeignete Nachfolge gefunden wird.

- Obwohl jeder approbierter Psychotherapeut grundsätzlich die Eignung zur Erbringung von

psychotherapeutischen Leistungen aufweist, können Praxis- und Patientenstruktur eine

besondere Qualifikation und Erfahrung des Praxisübernehmers nahe legen.

- Der Zulassungsausschuss muss sein Auswahlermessen auch auf diese Umstände hin

ausrichten. Der Praxisabgeber kann sich zu diesen Beschaffenheiten im Praxiskaufvertrag

äußern und eine entsprechende Darstellung in den Vertrag aufnehmen. Diese Darstellung muss

wahrheitsgemäß sein, da hiermit die Beschaffenheit der Kaufsache beschrieben wird.

- Die Beschreibung der Praxisbesonderheiten sollte sich dann mit dem Eignungsprofil des

Bewerbers decken. Die besondere Eignung des Bewerbers wird hierdurch nochmals

dokumentiert und für den Zulassungsausschuss hervorgehoben.

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f. Übernahme der Praxisräume; Eintritt in den Mietvertrag

- Die Praxisräume müssen zumindest übergangsweise durch den Praxisübernehmer genutzt

werden. Kürzester Zeitraum für die Weiterbenutzung wäre mindestens ein Quartal.

- Eine Übernahme des bisherigen Mietvertrags ist nur nach Zustimmung der Vermieters möglich.

Eine Untervermietung ist für den Praxisabgeber nicht ratsam. Der Praxisabgeber sollte seinen

Mietvertrag rechtzeitig kündigen und eine Bestätigung des Vermieters einholen, dass dieser

einen Neuvertrag mit dem Praxisübernehmer zu ähnlichen Bedingungen abschließen wird.

- Sollte der Vertragspsychotherapeutensitz an eine neue Adresse verlegt werden, ist dies nur nach

vorheriger Zustimmung des Zulassungsausschusses durchführbar.

- Eventuell sollte auch die Übernahme der Telefonnummer durch den Praxisübernehmer geregelt

werden.

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g. Übergabe der Patientendatei; Verpflichtung zur Berufsverschwiegenheit

- Eine Bestimmung in einem Vertrag über die Veräußerung einer Arztpraxis, die den Veräußerer

auch ohne Einwilligung der betroffenen Patienten verpflichtet, die Patienten- und Beratungskartei

zu übergeben, verletzt das informationelle Selbstbestimmungsrecht der Patienten und die

ärztliche Schweigepflicht (Art. 2 Abs. 1 GG, § 203 StGB); sie ist wegen Verstoßes gegen ein

gesetzliches Verbot (§ 134 BGB) nichtig (BGH-Urteil vom 11.12.1991, VIII ZR 4/91).

- Der Praxisabgeber darf deshalb Krankenunterlagen nur nach ausdrücklicher Einwilligung des

Patienten an den Praxisübernehmer weitergeben. Nur wenn der Patient in eindeutiger und

unmissverständlicher Weise erklärt, dass er der Weitergabe der Krankenunterlagen an den

Erwerber zustimmt, dürfen diese weitergegeben werden.

- Eine vertragliche Weitergabeverpflichtung ohne vorherige Zustimmung des betroffenen Patienten

kann die Unwirksamkeit des gesamten Praxiskaufvertrages zur Folge haben (BGH-Urt. vom

11.10.1995, VIII ZR 25/94). Dies gilt auch bei Aufnahme einer salvatorischen Klausel.

- Die ungefugte Weitergabe der Patientenkartei steht als Verstoß gegen die Verpflichtung zur

Berufsverschwiegenheit unter Strafe.

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h. Haftung des Praxisabgebers und Praxisübernehmers

- Der in eine Gemeinschaftspraxis eintretende Gesellschafter, also der Erwerber eines Anteils,

haftet auch für die vor seinem Eintritt begründeten Verbindlichkeiten (BGH-Urt. v. 07.04.2003, II

ZR 56/02). Hiervon sind vermutlich sogar Ansprüche aus Behandlungsfehlern in der

Vergangenheit betroffen. Verbindlichkeiten, die älter als fünf Jahre sind, bleiben hiervon

ausgeschlossen.

- Die Haftung für Altverbindlichkeiten gilt dann nicht, wenn eine angestammte Einzelpraxis in eine

neu gegründete Gemeinschaftspraxis eingebracht wird, um den Beruf zukünftig gemeinsam

auszuüben (BGH-Urt. v. 22.01.2004, IX ZR 65/01).

- Häufigster Streitfall im Rahmen der Mängelhaftung sind fehlerhafte Angaben des Praxisabgebers

zum Umsatz und Ertrag seiner Praxis. Strittig ist in diesem Zusammenhang, ob bereits die

Vorlage der Gewinnermittlungen eine stillschweigende Beschaffenheitsvereinbarung enthält,

selbst wenn im Praxiskaufvertrag hierzu keine Angaben gemacht wurden.

- Nicht empfehlenswert ist es, Angaben zum Umsatz und Ertrag der Praxis gegenüber dem

Praxisübernehmer zu garantieren. Dies kann zu Rücktrittrechten des Praxisübernehmers sowie

zur Geltendmachung von Schadenersatzansprüchen führen.

- Bezüglich des Sachvermögens der Praxis ist ratsam, einen Ausschluss von

Mängelhaftungsansprüchen in den Praxiskaufvertrag aufzunehmen. Üblich ist, dass die Haftung

des Veräußerer für sichtbare und verborgene Mängel des Inventars ausgeschlossen wird.

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Naumann & Kollegen

- Neben der Gewährleistungshaftung kann den Praxisabgeber auch eine Haftung für Verschulden

bei Vertragsschluss treffen. Hierunter fällt insbesondere, wenn der Praxisabgaber

aufklärungspflichtige Tatsachen verschweigt:

o Selbst wenn die Parteien entgegen gesetzte Interessen vertreten, besteht für jede Seite die

Pflicht, den anderen Teil über diejenigen Umstände aufzuklären, die den Vertragszweck

vereiteln können und daher für den Entschluss des Käufers von wesentlicher Bedeutung

sind.

o So müsste der Praxisabgeber auf Besonderheiten seiner Patientenstruktur hinweisen,

wenn er seinen wesentlichen Umsatz nur mit wenigen Patienten macht oder ihm nur von

wenigen Ärzten oder Beratungsstellen Patienten zugewiesen werden.

- Handelt der Praxisabgeber sogar arglistig, kann der Praxisübernehmer den Vertrag anfechten

und Schadenersatz fordern.

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i. Schriftformklausel; Salvatorische Klausel

- In den Vertrag sollte eine Regelung aufgenommen werden, dass Änderungen oder Ergänzungen

des Vertrages zu ihrer Wirksamkeit der Schriftform bedürfen. Auch sollte der Hinweis

aufgenommen werden, dass mündliche Nebenabreden nicht getroffen sind.

- Die so genannte Salvatorische Klausel besagt, dass die Unwirksamkeit einzelner Bestimmungen

des Vertrages nicht den gesamten Praxiskaufvertrag zu Fall bringen sollen. Die Wirksamkeit

dieser Regelung gilt jedoch nicht uneingeschränkt.

j. Schlichtungs- und Schiedsgerichtsklausel

- Eine Schlichtungsklausel hat zum Inhalt, dass die Vertragsparteien vor Anrufung der Gerichte

einen unabhängigen Schlichter einschalten müssen. Erst wenn dessen Vorschlag zur

Konfliktlösung abgelehnt wurde, steht der Rechtsweg offen. Diese Regelung ist sinnvoll, wenn

sich beide Parteien auf einen Schlichter einigen können.

- Die Schiedsgerichtsklausel hingegen besagt, dass sämtliche Rechtsstreitigkeiten aus dem

Vertrag nicht vor den ordentlichen Gerichten ausgetragen werden. Vielmehr ist ein

Schiedsverfahren durchzuführen, welches in der Regel nicht öffentlich ist.

Schiedsgerichtsverfahren sind oftmals kostenintensiver als erstinstanzliche Gerichts-verfahren.

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4. Literaturverzeichnis

- Ehlers (Hrsg.): Fortführung von Arztpraxen, 2. Aufl. 2001, C.H. Beck Verlag München

- Klapp: Abgabe und Übernahme einer Arztpraxis, 3. Auflage 2006, Springer Verlag

- Rüping/Mittelstaedt: Abgabe, Kauf und Bewertung psychotherapeutischer Praxen, 2008,

Psychotherapeuten Verlag

- Steinbrück: Praxisabgabe und Praxisnachfolge, 2006, C.F. Müller Verlag

- Stellpflug: Niederlassung für Psychotherapeuten, 2005, R. v. Decker Verlag

5. Impressum

Naumann & Kollegen GmbH Telefon: (0911) 424 82-0

WPG, RAG, StBG Telefax: (0911) 424 82-24

Kressengartenstraße 2 90402 Nürnberg

www.naumann-kollegen.de www.praxisdermedizin.de