StressgehtansHerz - schreibe-texte.de Weltherztag.pdf · England Journal of Medicine“ Ärztevon...

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„Die Jugend irrt, wenn sie glaubt, man stürbe an einem gebrochenen Herzen. Da- von lebt man meist noch im hohen Al- ter“, sagte einst der französische Chanson- nier (und große Herzensbrecher) Mau- rice Chevalier. Und natürlich hatte er recht: Der faustgroße Hohlmuskel, der die Aufgabe hat, Blut durch unseren Kör- per zu pumpen, „bricht“ nicht. Trotzdem ist die Redensart vom gebrochenen Her- zen nicht ganz aus der Luft gegriffen. Denn großer Stress kann auch zu großen Problemen für – bis dahin völlig gesunde – Herzen führen. Und dies vor allem bei Frauen. So berichteten im Jahr 2005 im „New England Journal of Medicine“ Ärzte von der Notaufnahme der renommierten Johns-Hopkins-Universität in Baltimore über eine Gruppe von Patienten, die mit Symptomen in die Klinik kamen, bei de- nen jeder Mediziner sofort an einen Herz- infarkt denken würde: schwere Brust- schmerzen, extreme Kurzatmigkeit, in ei- nigen Fällen sogar Bewusstlosigkeit. Zum Glück war aber nicht ein Infarkt die Ursache der Beschwerden. Wie sich bei der Herzkatheter-Untersuchung zeigte, hatten all diese Menschen keine vereng- ten Herzkranzgefäße. Stattdessen hatte sie eine besondere Form von Herzmuskel- erkrankung befallen, die schnell den Na- men „Broken Heart Syndrome“ bekam. 95 Prozent von ihnen waren Frauen, im Schnitt waren sie 63 Jahre alt. Und alle hatten sie kurz zuvor eine seelische Erschütterung erlebt: Meist war es der Tod des Ehepartners oder eines anderen nahen Angehörigen, oft aber auch ein Streit oder große Aufregung vor einem öffentlichen Auftritt. Aber auch überra- schend glückliche Momente und positi- ver Stress wie eine unverhoffte Ehrung zum Ende des Berufslebens werden in der Fachliteratur als Auslöser des Phäno- mens genannt. Inzwischen werden die Fälle weltweit in Registern gesammelt. Eines davon, in dem im Auftrag der Arbeitsgemeinschaft Leitender Kardiologen die Daten von 37 deutschen Kliniken zusammengetragen werden, führt die Kardiologin Birke Schneider von den Sana-Kliniken in Lü- beck. Das seltene und nicht ungefährli- che Krankheitsbild, das zuerst von japani- schen Ärzten beschrieben wurde, wird in der Fachwelt auch „Tako-Tsubo-Kardio- myopathie“ genannt – nach der japani- schen Bezeichnung für eine spezielle Tin- tenfischfalle. Sie besteht aus einer Art Krug mit kurzem, engem Hals und erin- nert daher an die Form der linken Herz- kammer Betroffener. Noch haben die Wis- senschaftler nicht verstanden, wie die Veränderungen im Herzen zustande kom- men. Und warum die Krankheit in neun von zehn Fällen Frauen nach den Wech- seljahren trifft. Als wahrscheinlichste Ur- sache gilt eine starke Ausschüttung von Stresshormonen. Schlagen Frauenherzen doch anders als Männerherzen? Als das junge Gebiet der „Gendermedizin“ sich um die Jahrtau- sendwende entwickelte, standen zuerst Krankheiten an der „Pumpe“ im Mittel- punkt des Interesses. Zum Beispiel der Herzinfarkt. Untersuchungen ergaben, dass Frauen viel eher das Stichwort „Brustkrebs“ einfällt, wenn sie an Erkran- kungen denken, die ihr Leben bedrohen könnten. Tatsächlich sind in jungen Jah- ren Infarkte bei Frauen deutlich seltener als bei Männern, weil das weibliche Hor- mon Östrogen ihr Herz und ihre Gefäße schützt. Allerdings ändert sich das im Al- ter. Und dann besteht das Risiko, dass In- farkte bei Frauen leichter übersehen und oft auch schlechter behandelt werden. In ihrem 2002 erschienenen Buch „Evas Rippe“ fasste die amerikanische Kardiologin Marianne Legato die Erklä- rungen dafür zusammen: Bei Frauen rech- nen Ärzte weniger mit der vermeintli- chen „Männerkrankheit“ Infarkt, die Symptome sind anders und nicht „ty- pisch“, die EKGs weniger aufschluss- reich. Zudem gibt es deutlich weniger Da- ten aus der Wissenschaft, denn lange Jahre wurden die großen Studien zu Herz- medikamenten fast ausschließlich an Männern durchgeführt. Inzwischen hat sich in Kliniken und Praxen vieles zum Besseren gewendet, und auch die Forschung ist weitergekom- men. Beim Kongress der Internationalen Gesellschaft für Gendermedizin im ver- gangenen Jahr in Berlin wurden zum Bei- spiel Studien vorgestellt, die sich mit den gängigen Bluttests zur Diagnostik von In- farkten beschäftigen. „Es werden Infarkte übersehen, weil die Schwellenwerte für Frauen niedriger angesetzt werden müss- ten“, sagte dort Vera Regitz-Zagrosek. Die engagierte Kardiologin ist eine der Pionierinnen im Bereich der geschlech- tersensiblen Kardiologie und Direktorin des 2003 gegründeten Instituts für Ge- schlechterforschung in der Medizin (GIM) der Charité. Zumindest kleine Unterschiede zuguns- ten der Frauen scheint es beim Ersatz de- fekter Herzklappen zu geben. Mit der noch recht neuen Methode TAVI (Trans- catheter Aortic Valve Implantation) kann schwerkranken, hochbetagten Patientin- nen und Patienten, denen eine Operation nicht mehr zuzumuten ist, per Herzkathe- ter eine neue Aortenklappe eingesetzt werden, wenn diese Tür zur Hauptschlag- ader stark verkalkt und verengt ist. Die Auswertung der Daten zeigt, dass die hochbetagten Damen mit schwerer Herzschwäche nach dem Eingriff länger leben als vergleichbare männliche Patien- ten. In den Studien zu TAVI sind Frauen zudem stark vertreten. Wenn man an ihre höhere Lebenserwartung denkt, ist das nicht verwunderlich. HINTERGRUND Der Weltherztag ist eine Initiative der World Heart Federation (WHF), in der sich die über 200 Herzstif- tungen und kardiologi- schen Fachgesellschaften von mehr als 100 Ländern zusammengeschlossen haben. GUT FÜRS HERZ Das Risiko für einen Herz- infarkt oder Schlaganfall kann gesenkt werden durch gesunde Ernäh- rung, regelmäßige Bewe- gung und Verzicht aufs Rauchen. VORBEUGUNG Der Herzinfarkt-Risikotest der Deutschen Herzstif- tung ist online unter www.herzstiftung.de zu fin- den oder kann als Faltblatt bestellt werden. Die Broschüre „Herzgesun- des Pausenbrot“ von Ge- rald Wüchner, Küchenchef der ANregiomed Kliniken, kann telefonisch unter 069/ 955 12 84 00 und per E-Mail geordert wer- den: bestellung@herzstif- tung.de KONTAKT Deutsche Herzstiftung e.V., Bockenheimer Landstraße 94–96, 60323 Frankfurt am Main, Telefonnummer: 069/955 12 80, www.herzstiftung.de Tsp Als vor fast 70 Jahren erstmals die Risiko- faktoren des Herzinfarktes erforscht wur- den, war von Bewegung keine Rede. Heute weiß man, dass Bewegungsmangel einer der wichtigsten Risikofaktoren ist. Kommen dann noch Rauchen, Überge- wicht und Stress hinzu, steigt das Risiko um ein Vielfaches an. Der Grund liegt im Bauplan unseres Körpers. Evolutionär be- trachtet ist der Mensch nun einmal ein Jäger und Sammler und nicht für das Le- ben als fernsehender „Couch-Potato“ ge- schaffen. Zwar spielen Alter und genetische Veranlagung ebenfalls eine Rolle für un- sere Herzgesundheit – unabhängig da- von, wie wir leben und wie viel wir uns bewegen. Doch 80 bis 90 Prozent der koronaren Herzerkrankungen (KHK) – des Vorläufers des Herzinfarkts – gelten als lebensstilbedingt. Folglich ist ein ge- sunder Lebensstil die beste Verteidi- gung, sagen Experten. Nach Daten des Robert-Koch-Instituts ist jedoch über die Hälfte der erwachse- nen Frauen zu dick, bei Männern sind es sogar zwei Drittel. Und eine aktuelle Be- wegungsstudie der Techniker Kranken- kasse (TK) zeigt, dass jeder zweite Deut- sche ein Bewegungsmuffel ist und mehr als jeder Dritte nicht einmal auf eine halbe Stunde Bewegung am Tag kommt. Dabei wäre gerade etwas mehr Bewe- gung eine leichte Übung. „Wer sich par- tout nicht zum Sport aufraffen kann, sollte zum Bewegungssammler werden“, rät etwa Prof. Helmut Gohlke, Vorstands- mitglied der Deutschen Herzstiftung. Mal die Treppe statt den Aufzug nehmen oder das Auto gegen das Fahrrad eintau- schen – Möglichkeiten gebe es auch für Sportmuffel zahlreich. Alles in allem sollte mindestens eine Viertelstunde Be- wegung pro Tag zusammenkommen, bes- ser eine halbe. „Mit 15 Minuten täglich können Sie schon viel für Ihre Herzge- sundheit tun und Ihre Lebenserwartung um drei Jahre verlängern“, erklärt Herzex- perte Gohlke. Es muss also nicht unbe- dingt der Ausdauersport wie Joggen, Rad- fahren oder Schwimmen sein, zu dem Fachgesellschaften wie die American He- art Association seit Jahren raten. Allerdings entstehen Ablagerungen in den Gefäßen, die sogenannten Plaques, nicht nur durch Bewegungsmangel. Über- gewicht, Stress und insbesondere das Rauchen schädigen die Gefäße ebenfalls und begünstigen somit Herzinfarkt & Co. Wer seinem Herzen etwas Gutes tun will, muss daher noch an weiteren Stell- schrauben drehen. Rauchen gilt als das „No-Go“ schlechthin, aber auch eine fal- sche Ernährung wird mittlerweile zu den Mitverursachern zahlreicher Zivilisati- onskrankheiten gezählt. Als schlecht gilt industriell hergestellte Nahrung, weil sie viel Zucker, Salz und Fett enthält. Der Mensch sei für diese Art Ernährung evolu- tionär nicht konditioniert, sagt Bluthoch- druckforscher Prof. Detlev Ganten, viel- mehr sei der Körper noch auf Mangelsi- tuationen eingestellt und wolle diese Stoffe einlagern. „In unserer modernen Lebenswelt wird diese Konditionierung nun zur Falle“, sagt er und plädiert zur Umkehr zu einer natürlichen Ernährung, Doch wer gerne viel Wurst, Weißbrot und Schokoriegel isst, dürfte seine liebe Mühe damit haben, Geschmack an fri- schem Fisch, Gemüse, Obst und Vollkorn- produkten zu finden. Der Vorsitzende der Deutschen Herzstiftung Prof. Tho- mas Meinertz weiß, wie viele Patienten gerade die Ernährungsumstellung als Zu- mutung empfinden, obwohl die von Ärz- ten empfohlene Mittelmeerkost ja eigent- lich ganz lecker ist. Ein idealer Einstieg ist aus seiner Sicht Sport und Bewegung. „Wenn man be- ginnt, sich für die eigene körperliche Leis- tungsfähigkeit zu interessieren, be- kommt man bald Übergewicht, falsche Er- nährungsgewohnheiten und möglicher- weise auch das Rauchen in den Blick“, sagt der Herzspezialist. Bewegung könne wie ein Initialzünder wirken und eine Än- derung des gesamten Lebensstils bewir- ken. Wer sich bewegt, kann zudem auch mit Stresssituationen besser umgehen. Daten aus Deutschland zeigen, dass hier noch viel Luft nach oben ist. Allein sechs Millionen Menschen leiden an ei- ner koronaren Herzkrankheit. Tückisch ist, dass sich die Erkrankung lange nicht bemerkbar macht, während Plaques die Gefäße immer stärker verengen. Wenn dann ein Gefäß komplett verstopft, kommt es zum gefürchteten Herzinfarkt. Rund 280 000 Menschen erwischt es je- des Jahr in Deutschland, jeder Dritte stirbt daran. Herzexperten raten deshalb schon jungen Menschen, auf einen gesun- den Lebensstil zu achten. Prof. Gohlke ist überzeugt: „Mehr bewegen, nicht rau- chen und weniger, aber besser essen. Wenn sich alle an diese drei Maxime hal- ten würden, hätten wir in Deutschland nur halb so viele Herzinfarkte.“ Beatrice Hamberger D DER THEMENTAG Das weltweite Motto ist „Power your life“ Immer in Hektik. Frauen, die Familie und Beruf unter einen Hut bringen müssen, sind besonders belastet. Die hohe Kunst ist es, gut mit Stresssituationen umzugehen. Gerade Ältere schaffen das oft nicht – und sind anfällig für das sogenannte Broken-Heart-Syndrom. Foto: imago/Ralph Peters Biegsam. Im Wasser fallen Bewegungen viel leichter. Auch Ältere, die in ihrem Leben we- nig Sport getrieben ha- ben, kommen damit gut zurecht. Den Spaß gibt’s noch dazu. Foto: imago stock&people ANZEIGE Stress geht ans Herz Früher wurde ein Infarkt nur als Männerkrankheit eingeordnet. Das hat sich längst verändert. Immer mehr, vor allem ältere Frauen, haben Probleme mit der „Pumpe“. Nur die Symptome sind anders Mal die Treppe nehmen Eine Viertelstunde Bewegung pro Tag bringt viel. Auch leichte Mittelmeerkost schützt die Gefäße Rund 280 000 Menschen im Jahr erleiden einen Infarkt. Jeder Dritte stirbt daran WELTHERZTAG Heute dreht sich alles ums Gesundbleiben – Neues aus der Kardiologie und Tipps zur Vorbeugung DONNERSTAG, 29. SEPTEMBER 2016 / NR. 22894 DER TAGESSPIEGEL 13 SONDERTHEMA Von Adelheid Müller-Lissner Jede Minute zählt, wenn es um Ihr Herz geht Wir, die Mitarbeiter der Inneren Medizin – Kardiologie an der Maria Heimsuchung Caritas- Klinik Pankow, sind Experten für Menschen, die mit akuten und chronischen Herzkreis- lauferkrankungen Hilfe suchen. Unsere Schwerpunkte liegen auf der Versorgung von Durch- blutungsstörungen, Herzleistungsschwäche und Herzrhythmusstörungen. Wir behandeln jährlich etwa 3000 Patienten mit modernsten Untersuchungs- und Behandlungsmethoden sowie interdisziplinären Therapiekonzepten. Wenn Sie akute Brustschmerzen oder Luftnot verspüren, warten Sie nicht lange, sondern alarmieren Sie einen Rettungsdienst. Für akute Erkrankungen wie den Herzinfarkt steht für Sie rund um die Uhr ein erfahrenes Herzkathe- ter-Team bereit. Auf unserer zertifizierten Chest Pain Unit können wir unklare Brustschmer- zen schnell diagnostizieren und gezielt behandeln. Ein qualifiziertes Team aus engagierten Ärzten, Kranken- und Gesundheitspflegern sowie Physiotherapeuten wird Sie auf unseren kardiologischen Stationen medizinisch betreuen. Bei akuten Brustschmerzen oder Luftnot zählt jede Minute. Maria Heimsuchung Caritas-Klinik Pankow Breite Str. 46/47, 13187 Berlin Tel. +49 30 / 4 75 17-115 www.caritas-klinik-pankow.de [email protected] Jüdisches Krankenhaus Berlin Klinik für Kardiologie Unsere Spezialisten für I hr Herz 365 Tage im Jahr, rund um die Uhr für Sie da Untersuchung und Behandlung von Herzerkrankungen erfordern ein umfangreiches Spezialistenwissen und große Erfahrung. Die Ärzte unserer Klinik halten ihre Kenntnisse durch Fort- und Weiterbildungen und den engen Austausch mit den führenden Herzzentren stets auf dem neuesten Stand. Unsere Klinik in- vestiert in hochmoderne Geräte zur Diagnose und Therapie von Herzerkrankungen. In unseren 3 hochmodernen Herzkatheter- laboren lassen sich z. B. verstopfte Blutgefäße als Ursache für einen Herzinfarkt schnell und mit hoher Genauigkeit aufspüren. Bei der Behandlung von Herzrhythmusstörungen, die ebenfalls lebensbedrohlich sein können, setzen wir modernste Diagnos- tik- und Ablationsverfahren ein, um unseren Patienten wieder zu einer besseren Lebensqualität zu verhelfen. 24 Std.-Herzkatheterbereitschaft Intensivstation Chest Pain Unit Schrittmacher-, Debrillator- und Ablationstherapie Jüdisches Krankenhaus Berlin Heinz-Galinski-Straße 1 13347 Berlin Klinik für Innere Medizin Kardiologie, Angiologie, Intensimedizin Chefarzt Prof. Dr . med. Kristof Graf T elefon: 030-4994.2391 Email : kristof.graf@jkb-online.de www.juedisches-krankenhaus.de Weltherztag 2016 ,6C@6:A??@>A;53; $ >716@75 27/5;<?@7D73>@" @63>/=73>@ A;2 23; ’>4<95 =3> .393:<;7@<>7;5 !03>B/16@# -/;/ )97;78A: *716@3;03>5 )/>27<9<573 E %634/>D@ &># +9/4 (7;5 Fanningerstraße 32 | 10365 Berlin Telefon 030 5518-2129 | Telefax 030 5518-2166 [email protected] | www.sana-kl.de

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„Die Jugend irrt, wenn sie glaubt, manstürbe an einem gebrochenen Herzen. Da-von lebt man meist noch im hohen Al-ter“,sagteeinstderfranzösischeChanson-nier (und große Herzensbrecher) Mau-rice Chevalier. Und natürlich hatte errecht: Der faustgroße Hohlmuskel, derdie Aufgabe hat, Blut durch unseren Kör-per zu pumpen, „bricht“ nicht. Trotzdemist die Redensart vom gebrochenen Her-zen nicht ganz aus der Luft gegriffen.Denn großer Stress kann auch zu großenProblemen für – bis dahin völlig gesunde –Herzen führen. Und dies vor allem beiFrauen.

So berichteten im Jahr 2005 im „NewEngland Journal of Medicine“ Ärzte vonder Notaufnahme der renommiertenJohns-Hopkins-Universität in Baltimoreüber eine Gruppe von Patienten, die mitSymptomen in die Klinik kamen, bei de-nen jeder Mediziner sofort an einen Herz-infarkt denken würde: schwere Brust-schmerzen, extreme Kurzatmigkeit, in ei-nigen Fällen sogar Bewusstlosigkeit.Zum Glück war aber nicht ein Infarkt dieUrsache der Beschwerden. Wie sich beider Herzkatheter-Untersuchung zeigte,hatten all diese Menschen keine vereng-ten Herzkranzgefäße. Stattdessen hattesie eine besondere Form von Herzmuskel-erkrankung befallen, die schnell den Na-men „Broken Heart Syndrome“ bekam.

95 Prozent von ihnen waren Frauen,im Schnitt waren sie 63 Jahre alt. Undalle hatten sie kurz zuvor eine seelischeErschütterung erlebt: Meist war es derTod des Ehepartners oder eines anderennahen Angehörigen, oft aber auch einStreit oder große Aufregung vor einemöffentlichen Auftritt. Aber auch überra-schend glückliche Momente und positi-ver Stress wie eine unverhoffte Ehrungzum Ende des Berufslebens werden in

der Fachliteratur als Auslöser des Phäno-mens genannt.

Inzwischen werden die Fälle weltweitin Registern gesammelt. Eines davon, indem im Auftrag der ArbeitsgemeinschaftLeitender Kardiologen die Daten von 37deutschen Kliniken zusammengetragenwerden, führt die Kardiologin BirkeSchneider von den Sana-Kliniken in Lü-beck. Das seltene und nicht ungefährli-che Krankheitsbild, das zuerst von japani-schen Ärzten beschrieben wurde, wird inder Fachwelt auch „Tako-Tsubo-Kardio-myopathie“ genannt – nach der japani-schen Bezeichnung für eine spezielle Tin-tenfischfalle. Sie besteht aus einer ArtKrug mit kurzem, engem Hals und erin-nert daher an die Form der linken Herz-kammer Betroffener. Noch haben die Wis-senschaftler nicht verstanden, wie dieVeränderungen im Herzen zustande kom-men. Und warum die Krankheit in neunvon zehn Fällen Frauen nach den Wech-seljahren trifft. Als wahrscheinlichste Ur-

sache gilt eine starke Ausschüttung vonStresshormonen.

Schlagen Frauenherzen doch andersals Männerherzen? Als das junge Gebietder „Gendermedizin“ sich um die Jahrtau-sendwende entwickelte, standen zuerstKrankheiten an der „Pumpe“ im Mittel-punkt des Interesses. Zum Beispiel derHerzinfarkt. Untersuchungen ergaben,dass Frauen viel eher das Stichwort„Brustkrebs“ einfällt, wenn sie an Erkran-kungen denken, die ihr Leben bedrohenkönnten. Tatsächlich sind in jungen Jah-ren Infarkte bei Frauen deutlich seltenerals bei Männern, weil das weibliche Hor-mon Östrogen ihr Herz und ihre Gefäßeschützt. Allerdings ändert sich das im Al-ter. Und dann besteht das Risiko, dass In-farkte bei Frauen leichter übersehen undoft auch schlechter behandelt werden.

In ihrem 2002 erschienenen Buch„Evas Rippe“ fasste die amerikanischeKardiologin Marianne Legato die Erklä-rungen dafür zusammen: Bei Frauen rech-

nen Ärzte weniger mit der vermeintli-chen „Männerkrankheit“ Infarkt, dieSymptome sind anders und nicht „ty-pisch“, die EKGs weniger aufschluss-reich. Zudem gibt es deutlich weniger Da-ten aus der Wissenschaft, denn langeJahre wurden die großen Studien zu Herz-medikamenten fast ausschließlich anMännern durchgeführt.

Inzwischen hat sich in Kliniken undPraxen vieles zum Besseren gewendet,und auch die Forschung ist weitergekom-men. Beim Kongress der InternationalenGesellschaft für Gendermedizin im ver-gangenen Jahr in Berlin wurden zum Bei-spiel Studien vorgestellt, die sich mit dengängigen Bluttests zur Diagnostik von In-farkten beschäftigen. „Es werden Infarkteübersehen, weil die Schwellenwerte fürFrauen niedriger angesetzt werden müss-ten“, sagte dort Vera Regitz-Zagrosek.Die engagierte Kardiologin ist eine derPionierinnen im Bereich der geschlech-tersensiblen Kardiologie und Direktorindes 2003 gegründeten Instituts für Ge-schlechterforschung in der Medizin(GIM) der Charité.

ZumindestkleineUnterschiedezuguns-ten der Frauen scheint es beim Ersatz de-fekter Herzklappen zu geben. Mit dernoch recht neuen Methode TAVI (Trans-catheter Aortic Valve Implantation) kannschwerkranken, hochbetagten Patientin-nen und Patienten, denen eine Operationnicht mehr zuzumuten ist, per Herzkathe-ter eine neue Aortenklappe eingesetztwerden,wenndieseTürzurHauptschlag-ader stark verkalkt und verengt ist.

Die Auswertung der Daten zeigt, dassdie hochbetagten Damen mit schwererHerzschwäche nach dem Eingriff längerleben als vergleichbare männliche Patien-ten. In den Studien zu TAVI sind Frauenzudem stark vertreten. Wenn man an ihrehöhere Lebenserwartung denkt, ist dasnicht verwunderlich.

HINTERGRUNDDer Weltherztag ist eineInitiative der World HeartFederation (WHF), in dersich die über 200 Herzstif-tungen und kardiologi-schen Fachgesellschaftenvon mehr als 100 Ländernzusammengeschlossenhaben.

GUT FÜRS HERZDas Risiko für einen Herz-infarkt oder Schlaganfallkann gesenkt werden

durch gesunde Ernäh-rung, regelmäßige Bewe-gung und Verzicht aufsRauchen.

VORBEUGUNGDer Herzinfarkt-Risikotestder Deutschen Herzstif-tung ist online unterwww.herzstiftung.de zu fin-den oder kann als Faltblattbestellt werden.Die Broschüre „Herzgesun-des Pausenbrot“ von Ge-rald Wüchner, Küchenchef

der ANregiomed Kliniken,kann telefonisch unter069/ 95512 8400 undper E-Mail geordert wer-den: [email protected]

KONTAKTDeutsche Herzstiftung e.V.,Bockenheimer Landstraße94–96, 60323 Frankfurtam Main,Telefonnummer:069/9551280,www.herzstiftung.de Tsp

Als vor fast 70 Jahren erstmals die Risiko-faktoren des Herzinfarktes erforscht wur-den, war von Bewegung keine Rede.Heute weiß man, dass Bewegungsmangeleiner der wichtigsten Risikofaktoren ist.Kommen dann noch Rauchen, Überge-wicht und Stress hinzu, steigt das Risikoum ein Vielfaches an. Der Grund liegt imBauplan unseres Körpers. Evolutionär be-trachtet ist der Mensch nun einmal einJäger und Sammler und nicht für das Le-ben als fernsehender „Couch-Potato“ ge-schaffen.

Zwar spielen Alter und genetischeVeranlagung ebenfalls eine Rolle für un-sere Herzgesundheit – unabhängig da-von, wie wir leben und wie viel wir unsbewegen. Doch 80 bis 90 Prozent derkoronaren Herzerkrankungen (KHK) –des Vorläufers des Herzinfarkts – geltenals lebensstilbedingt. Folglich ist ein ge-sunder Lebensstil die beste Verteidi-gung, sagen Experten.

Nach Daten des Robert-Koch-Institutsist jedoch über die Hälfte der erwachse-nen Frauen zu dick, bei Männern sind essogar zwei Drittel. Und eine aktuelle Be-wegungsstudie der Techniker Kranken-kasse (TK) zeigt, dass jeder zweite Deut-sche ein Bewegungsmuffel ist und mehrals jeder Dritte nicht einmal auf einehalbe Stunde Bewegung am Tag kommt.

Dabei wäre gerade etwas mehr Bewe-gung eine leichte Übung. „Wer sich par-tout nicht zum Sport aufraffen kann,sollte zum Bewegungssammler werden“,rät etwa Prof. Helmut Gohlke, Vorstands-mitglied der Deutschen Herzstiftung.Mal die Treppe statt den Aufzug nehmenoder das Auto gegen das Fahrrad eintau-schen – Möglichkeiten gebe es auch fürSportmuffel zahlreich. Alles in allemsollte mindestens eine Viertelstunde Be-wegung pro Tag zusammenkommen, bes-ser eine halbe. „Mit 15 Minuten täglichkönnen Sie schon viel für Ihre Herzge-sundheit tun und Ihre Lebenserwartungum drei Jahre verlängern“, erklärt Herzex-perte Gohlke. Es muss also nicht unbe-dingt der Ausdauersport wie Joggen, Rad-fahren oder Schwimmen sein, zu demFachgesellschaften wie die American He-art Association seit Jahren raten.

Allerdings entstehen Ablagerungen inden Gefäßen, die sogenannten Plaques,nicht nur durch Bewegungsmangel. Über-gewicht, Stress und insbesondere dasRauchen schädigen die Gefäße ebenfallsund begünstigen somit Herzinfarkt&Co.

Wer seinem Herzen etwas Gutes tunwill, muss daher noch an weiteren Stell-schrauben drehen. Rauchen gilt als das„No-Go“ schlechthin, aber auch eine fal-sche Ernährung wird mittlerweile zu den

Mitverursachern zahlreicher Zivilisati-onskrankheiten gezählt. Als schlecht giltindustriell hergestellte Nahrung, weil sieviel Zucker, Salz und Fett enthält. DerMensch sei für diese Art Ernährung evolu-tionär nicht konditioniert, sagt Bluthoch-druckforscher Prof. Detlev Ganten, viel-mehr sei der Körper noch auf Mangelsi-tuationen eingestellt und wolle dieseStoffe einlagern. „In unserer modernenLebenswelt wird diese Konditionierungnun zur Falle“, sagt er und plädiert zurUmkehr zu einer natürlichen Ernährung,

Doch wer gerne viel Wurst, Weißbrotund Schokoriegel isst, dürfte seine liebeMühe damit haben, Geschmack an fri-schem Fisch, Gemüse, Obst und Vollkorn-produkten zu finden. Der Vorsitzendeder Deutschen Herzstiftung Prof. Tho-mas Meinertz weiß, wie viele Patientengerade die Ernährungsumstellung als Zu-mutung empfinden, obwohl die von Ärz-ten empfohlene Mittelmeerkost ja eigent-lich ganz lecker ist.

Ein idealer Einstieg ist aus seiner SichtSport und Bewegung. „Wenn man be-ginnt, sich für die eigene körperliche Leis-tungsfähigkeit zu interessieren, be-kommt man bald Übergewicht, falsche Er-nährungsgewohnheiten und möglicher-weise auch das Rauchen in den Blick“,sagt der Herzspezialist. Bewegung könnewie ein Initialzünder wirken und eine Än-derung des gesamten Lebensstils bewir-ken. Wer sich bewegt, kann zudem auchmit Stresssituationen besser umgehen.

Daten aus Deutschland zeigen, dasshier noch viel Luft nach oben ist. Alleinsechs Millionen Menschen leiden an ei-ner koronaren Herzkrankheit. Tückischist, dass sich die Erkrankung lange nichtbemerkbar macht, während Plaques dieGefäße immer stärker verengen. Wenndann ein Gefäß komplett verstopft,kommt es zum gefürchteten Herzinfarkt.Rund 280000 Menschen erwischt es je-des Jahr in Deutschland, jeder Drittestirbt daran. Herzexperten raten deshalbschon jungen Menschen, auf einen gesun-den Lebensstil zu achten. Prof. Gohlke istüberzeugt: „Mehr bewegen, nicht rau-chen und weniger, aber besser essen.Wenn sich alle an diese drei Maxime hal-ten würden, hätten wir in Deutschlandnur halb so viele Herzinfarkte.“ Beatrice Hamberger

DDER THEMENTAG

Das weltweite Motto ist „Power your life“

Immer in Hektik. Frauen, die Familie und Beruf unter einen Hut bringen müssen, sind besonders belastet. Die hohe Kunst ist es, gut mit Stresssituationen umzugehen.Gerade Ältere schaffen das oft nicht – und sind anfällig für das sogenannte Broken-Heart-Syndrom. Foto: imago/Ralph Peters

Biegsam. Im Wasserfallen Bewegungen viel

leichter. Auch Ältere,die in ihrem Leben we-nig Sport getrieben ha-

ben, kommen damitgut zurecht. Den Spaß

gibt’s noch dazu. Foto: imago stock&people

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Stress geht ans HerzFrüher wurde ein Infarkt nur als Männerkrankheit eingeordnet. Das hat sich längst verändert.

Immer mehr, vor allem ältere Frauen, haben Probleme mit der „Pumpe“. Nur die Symptome sind anders

Mal die Treppe nehmenEine Viertelstunde Bewegung pro Tag bringt viel.Auch leichte Mittelmeerkost schützt die Gefäße

Rund 280000 Menschenim Jahr erleiden einen Infarkt.Jeder Dritte stirbt daran

WELTHERZTAG Heute dreht sich alles ums Gesundbleiben – Neues aus der Kardiologie und Tipps zur Vorbeugung

DONNERSTAG, 29. SEPTEMBER 2016 / NR. 22 894 DER TAGESSPIEGEL 13SONDERTHEMA

Von Adelheid Müller-Lissner

Jede Minute zählt, wenn es um Ihr Herz gehtWir, die Mitarbeiter der Inneren Medizin – Kardiologie an der Maria Heimsuchung Caritas-Klinik Pankow, sind Experten für Menschen, die mit akuten und chronischen Herzkreis-lauferkrankungen Hilfe suchen. Unsere Schwerpunkte liegen auf der Versorgung von Durch-blutungsstörungen, Herzleistungsschwäche und Herzrhythmusstörungen. Wir behandeln jährlich etwa 3000 Patienten mit modernsten Untersuchungs- und Behandlungsmethoden sowie interdisziplinären Therapiekonzepten. Wenn Sie akute Brustschmerzen oder Luftnot verspüren, warten Sie nicht lange, sondern alarmieren Sie einen Rettungsdienst. Für akute Erkrankungen wie den Herzinfarkt steht für Sie rund um die Uhr ein erfahrenes Herzkathe-ter-Team bereit. Auf unserer zertifi zierten Chest Pain Unit können wir unklare Brustschmer-zen schnell diagnostizieren und gezielt behandeln. Ein qualifi ziertes Team aus engagierten Ärzten, Kranken- und Gesundheitspfl egern sowie Physiotherapeuten wird Sie auf unseren kardiologischen Stationen medizinisch betreuen. Bei akuten Brustschmerzen oder Luftnot zählt jede Minute.

Maria HeimsuchungCaritas-Klinik PankowBreite Str. 46/47, 13187 BerlinTel. +49 30 / 4 75 17-115www.caritas-klinik-pankow.dekardiologie@caritas-klinik-pankow.de

Jüdisches Krankenhaus Berlin

Klinik für KardiologieUnsere Spezialisten für Ihr Herz365 Tage im Jahr, rund um die Uhr für Sie daUntersuchung und Behandlung von Herzerkrankungen erfordern ein umfangreiches Spezialistenwissen und große Erfahrung. Die Ärzte unserer Klinik halten ihre Kenntnisse durch Fort- und Weiterbildungen und den engen Austausch mit den führenden Herzzentren stets auf dem neuesten Stand. Unsere Klinik in-vestiert in hochmoderne Geräte zur Diagnose und Therapie von Herzerkrankungen. In unseren 3 hochmodernen Herzkatheter-laboren lassen sich z. B. verstopfte Blutgefäße als Ursache für einen Herzinfarkt schnell und mit hoher Genauigkeit aufspüren. Bei der Behandlung von Herzrhythmusstörungen, die ebenfalls lebensbedrohlich sein können, setzen wir modernste Diagnos-tik- und Ablationsverfahren ein, um unseren Patienten wieder zu einer besseren Lebensqualität zu verhelfen.

24 Std.-Herzkatheterbereitschaft

Intensivstation

Chest Pain Unit

Schrittmacher-, Defi brillator- und Ablationstherapie

Jüdisches Krankenhaus BerlinHeinz-Galinski-Straße 113347 Berlin

Klinik für Innere MedizinKardiologie, Angiologie, IntensimedizinChefarztProf. Dr. med. Kristof Graf

Telefon: 030-4994.2391Email:[email protected]

www.juedisches-krankenhaus.de

Weltherztag 2016

Fanningerstraße 32 | 10365 BerlinTelefon 030 5518-2129 | Telefax 030 5518-2166

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