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13. April 2018 | 168. Jahrgang | Nr. 14 ____________________________________ Einzelverkaufspreis: 4,80 Euro Zukunft der Verwaltung Eine Sonderbeilage des STAATSANZEIGER Wochenzeitung für Wirtschaft, Politik und Verwaltung in Baden-Württemberg Studierende der Hochschule Kehl machen sich im Fachprojekt Gedanken zur:

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13. April 2018 | 168. Jahrgang | Nr. 14 ____________________________________ Einzelverkaufspreis: 4,80 Euro

Zukunft der VerwaltungEine Sonderbeilage des STAATSANZEIGER Wochenzeitung für Wirtschaft, Politik und Verwaltung in Baden-Württemberg

Studierende der Hochschule Kehl machen sich im Fachprojekt Gedanken zur:

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Der Großteil der Bürger nutzt bereits heute digitale Verwaltungsleistungen oder kann sich vorstellen, diese künftig in Anspruch zu nehmen. FOTO: DPA

MEHR ZUM THEMAWeitere Informationen zur Digitalisierung inder öffentlichen Verwaltung und zur Studievon PricewaterhouseCoopers finden Sie imInternet unter:http://kurzelinks.de/vernetzte-verwaltung

Moderne Verwaltung

Was die Zukunft der öffentlichenVerwaltung im Land ausmachtDie öffentliche Verwaltung scheint heutzutage häufig veraltet und um-ständlich. Allerdings werden an die Arbeitnehmer immer höhere Ansprü-che gestellt, nicht nur von den Bürgern, sondern auch vom Arbeitgeber, deröffentlichen Verwaltung. Auch seitens der Mitarbeiter der öffentlichen Ver-waltung gibt es Wünsche und Forderungen an die eigene Arbeit.

Von Daniela und Elisa

chen Dienst in den letzten Jahren. Diesspiegelt sich langfristig in den unbe-setzten Arbeitsplätzen in der öffentli-chen Verwaltung wider. Rund 276 000unbesetzte Stellen soll es bis zum Jahr2030 im Bereich der öffentlichen Ver-waltung geben. Das besagt eine Studievon PwC aus dem Jahr 2016.

Der Fachkräftemangel wiederumführt zu einer Mehrbelastung der Mit-arbeiter in den Kommunen. Immerweniger Beschäftigte müssen einenimmer größeren Arbeitsumfang be-wältigen und stoßen damit häufig auchan ihre gesundheitlichen Grenzen. Er-höhter Stress, Krankheit, häufige Fehl-tage bis hin zu Burnout sind die be-kanntesten Folgen einer solchen Über-belastung.

hern die Verwaltung immer mehr denUnternehmen in der Privatwirtschaftan. Flexible Arbeitszeiten und Home-Office sind nur wenige Beispiele füreine Erneuerung. Denn soweit die öf-fentliche Verwaltung früher einer ex-klusiven Marke geglichen hat, die sichin Ansehen spiegeln konnte, hat sieheute mit Vorurteilen zu kämpfen.

Etwa 276000 unbesetzte Stellen soll esim Jahr 2030 in der Verwaltung geben

Umfragen des Meinungsforschungsin-stituts Forsa zeigen, dass das Ansehenvon Beamten Schwankungen unter-worfen ist. Im Jahr 2015 schrieben 37Prozent der Befragten den Beamten einhohes Ansehen zu. Im Folgejahr 2016waren es drei Prozent weniger. Ande-rerseits wurden Beamte im Jahr 2007vor allem mit negativen Eigenschaftenbeschrieben. Wohingegen den Staats-dienern 2016 eher positive Wesens-merkmale attestiert wurden.

Laut Zahlen des Statistischen Bun-desamtes zeigt sich ein deutlicherRückgang an Absolventen im öffentli-

von zwei bis vier Uhr würden dann derVergangenheit angehören. Ausge-druckte Formulare und Stapel von Ak-ten würden von Online-Formularenund E-Akten ersetzt werden.

Nicht für jeden ist der Gebrauch mo-derner technischer Geräte alltäglich.Allerdings nutzen bereits rund zweiDrittel der Bevölkerung digitale Ver-waltungsdienstleistungen. Und 91 Pro-zent der deutschen Bürger können sichvorstellen, Verwaltungsvorgänge wieOnlineanträge in Zukunft online zu er-ledigen. Dies geht aus einer Studie derWirtschaftsprüfungsgesellschaft Price-waterhouseCoopers (PwC) aus demJahr 2017 hervor.

Neue Ausbildungs- und Studienin-halte setzen neue Maßstäbe und nä-

STUTTGART. Ideen zu einer moder-nen Verwaltung gibt es viele: Die einenträumen von flexiblen Arbeitszeiten,bei denen jeder selbst bestimmt, wannder Tag beginnt. Die anderen wün-schen sich Heimarbeit mit modernsterKundenbetreuung, die wie im Callcen-ter über das Headset erfolgt, währendman die Kinder bei den Hausaufgabenbeaufsichtigt, also quasi eine Art „vir-tuelles Rathaus“.

Jeder Neunte kann sich vorstellen,Verwaltungvorgänge online zu tätigen

So oder auch anders könnte die moder-ne Verwaltung tatsächlich aussehen.Starre Öffnungszeiten morgens vonacht bis zwölf Uhr und nachmittags

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Das Ansehen der Beamten hat sich in den letzten Jahren verbessert. Allerdings klagen immernoch viele Bürger darüber, dass die Arbeit der Verwaltung intransparent ist. FOTO: DPA

Ansehen der Verwaltung

Ruf der Beamtenimmer besser

trag gegebene Forsa-Umfrage ausdem Jahr 2017 ergeben. 82 Prozent derjungen Menschen meinten, dass dieGesellschaft der Globalisierung einenstarken Staat entgegensetzen müsse,der die Bürger vor ausufernden Ent-wicklungen schütze. Damit liegen diejungen Menschen sieben Prozent-punkte über dem altersgruppenüber-greifenden Gesamtergebnis.

Mit dem verbesserten Ruf der Beam-ten steigt auch die Akzeptanz der Höheder Besoldung von Staatsdienern. ImJahr 2007 befanden 37 Prozent diese fürangemessen. 2016 waren es laut Forsa-Umfrage bereits 64 Prozent.

Viele Bürger wissen jedoch gar nicht,wie viel Arbeit eine Gemeinde tagtäg-lich zu erledigen hat oder für was sie zu-ständig ist. Die Forsa-Umfrage von

2016 lässt erkennen, dass zwei von dreiBürgern die Bürokratie kritisieren, dasie durch die Intransparenz gar nichtnachvollziehen könnten, was die Ver-waltung eigentlich mache. Auch wofürdie Behörden Steuergelder ausgebenund wie hoch die Arbeitsbelastung derVerwaltungsmitarbeiter ist, sei für dieBürger laut der Umfrage nicht ver-ständlich.

Kosten für Bäder und Kindergärtendecken nicht die Ausgaben

Kindergärten und Schwimmbäderwerden von den Gemeinden betrie-ben, meistens entstehen dabei für dieKommunen höhere finanzielle Auf-wendungen, als durch die geringenBeiträge und Eintrittsgelder erwirt-schaftet wird. Die Gemeinden zahlenhier drauf. Das mag vielen Bürgern sonicht bewusst sein.

Aber daran soll sich etwas ändern,Jahr für Jahr verlassen neue Verwal-tungsmitarbeiter die Hochschulen füröffentliche Verwaltung und sind bereit,ihr Bestes zu geben. Sie wollen die Mar-ke Verwaltung in ein besseres Licht rü-cken und ihre Arbeit transparent ge-stalten. Das Ziel ist es, das Klischee des„Ärmelschoner-Beamten“ hinter sichzu lassen. (Kathrin)

STUTTGART. Jede Firma hat eine eige-ne Marke, mit der bestimmte Qualitä-ten sofort in Verbindung gebracht wer-den. Oft ist für den Erfolg einer solchenFirma der Ruf ausschlaggebend. Auchdie Verwaltung hat einen solchen Ruf,eben eine bestimmte Marke. Diese warvor allem noch vor ein paar Jahren we-nig positiv. Stur, arrogant und unge-recht seien Beamte in den Augen dermeisten Bürger laut einer Forsaumfra-ge aus dem Jahr 2007.

Den besten Ruf genießen Polizisten,Feuerwehrleute und Müllmänner

Dieses Negativbild hat sich in den letz-ten Jahren jedoch zum Positiven ge-wandelt. Dieselbe Umfrage kam 2016zu einem anderen Ergebnis: Beamte

wurden neun Jahre später von denmeisten Bürgern als kompetent, hilfs-bereit und unbestechlich beschrieben.„Der Ruf des Beamtentums entwickeltsich weiterhin erfreulich“, sagte KlausDauderstädt, der damalige Bundesvor-sitzende des Deutschen Beamten-bunds im August 2017 bei der Vorstel-lung der Ergebnisse der Forsa-Umfra-ge. „Negative Eigenschaften wie Stur-heit werden hingegen, gerade im Ver-gleich zu unseren ersten Befragungenim Jahr 2007, immer seltener genannt.So kann es weitergehen.“

Einen noch besseren Ruf genießenPolizisten, Feuerwehr und Rettungssa-nitäter. Diese werden aus dem Überbe-griff Beamter aber oft ausgeklammert.Eine Rangliste des Beamtenbunds lis-tet die Berufe in der öffentlichen Ver-waltung nach Ansehen auf. Finanz-und Verwaltungsbeamte belegen da-bei einen der hinteren Plätze. Ihr Ruf istdeutlich schlechter als der von ihrenKollegen aus der Müllabfuhr, der Poli-zei und dem Pflegebereich.

Dennoch wünschen sich geradeviele junge Menschen, dass diese we-niger beliebten Beamten den Staatführen. „Menschen zwischen 14 und29 Jahren sind regelrechte Staats-Fans“, so Dauderstädt. Das habe dievom Deutschen Beamtenbund in Auf-

„Der Ruf des Beamtentums entwickelt sich weiterhin er-freulich. Negative Eigenschaften wie Sturheit werdenimmer seltener genannt. So kann es weitergehen.“

Klaus Dauderstädt, ehemaliger Bundesvorsitzender des Deutschen Beamtenbunds

Der Ärmelschoner-Beamte überarbeitet sich täglich

Beamte trinken nur Kaffee? Ganz falsch, ab und zu muss esauch mal ein Espresso sein! Den Koffeinschub braucht man jaauch, schließlich öffnet das Rathaus ja bereits um 10 Uhr in derFrüh ! Und sofort kommen die ersten Kunden, die augenblick-lich erwarten, dass man Zeit für sie hat. Aber ein guter Beamterkann natürlich zwischen Prioritäten abwägen, erstmal Kaffee,der Tag wird schließlich lang. Ach, endlich ist es 12 Uhr, derBürger klagt gerade noch über die Baustelle auf der neuen Um-gehungsstraße, das Problem wird natürlich sehr ernst genom-men. Er darf selbstverständlich einen Termin bei der Sekretärinausmachen, jetzt ist Pause und die ist schließlich einzuhalten.Beamte sind sehr genau!

Von Kathrin

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Die Kommunen wollen Behördenabläufe vereinfachen, indem sie neue Technologien nutzen und beispielsweise Onlinebürgerbeteiligungen und E-Akten einführen. FOTO: DPA

Digitalisierung der Verwaltung

E-Government und Bürgerkontosollen die Verwaltung modernisierenDie Digitalisierung, sprich die Veränderung von Prozessen durch die zuneh-mende Nutzung digitaler Geräte, hat inzwischen nahezu in jeden Bereichdes Lebens Einzug gehalten und sorgt für Veränderungen auf wirtschaftli-cher, gesellschaftlicher und politischer Ebene. Auch die Verwaltung musssich an die Rahmenbedingungen anpassen und teilweise neu ausrichten.

Von Pia und Anna Z.

deutschlandweite Umfrage der Wirt-schaftsprüfungsgesellschaft Pricewa-terhouseCoopers ergab, dass sich 91Prozent der Befragten ein solches Bür-gerkonto wünscht.

Neben dem Bürgerkonto, welchesüberwiegend als Informations- undSpeicherplattform genutzt wird, bietetdie Onlinebürgerbeteiligung (E-Parti-zipation) der Verwaltung die Möglich-keit, den Bürger direkt in politischeEntscheidungsprozesse einzubinden.Städtebauliche Maßnahmen und Ver-kehrsprojekte sind Beispiele für The-menbereiche, die sich für Onlineab-stimmungen eignen. Die Verwaltungkann so das vorhandene Wissen derBürger besser nutzen und die Wünscheder Bevölkerung gezielter und genauerberücksichtigen.

Trotz der hohen Befürwortung desBürgerkontos und der Onlinebürger-beteiligung äußerten 37 Prozent derBefragten Datenschutzbedenken. Mitzunehmender Digitalisierung wächstzugleich der Stellenwert der Cybersi-cherheit. Die Frage ist, ob die E-Akteund das Bürgerkonto ausreichend vor

ermöglichen, jederzeit und ortsunab-hängig auf ihre Dokumente zugreifenzu können. Die Arbeit soll dadurch fle-xibler gestaltet werden und könnte soauch auf das Home-Office verlagertwerden, was die Vereinbarkeit von Be-ruf und Familie erleichtern soll.Schließlich soll die E-Akte das Papier-volumen reduzieren und damit einher-gehend teure Registratur- und Archiv-raumkosten mindern.

Digital heißt oftmals auchkundenfreundlich

Die Einführung eines Bürgerkontos istebenfalls Bestandteil des Projekts. Mitdiesem sollen Bürger künftig innerhalbihres Nutzerprofils sämtliche Verwal-tungsvorgänge kostenlos online ab-handeln, speichern und überblickenkönnen. Dabei soll das Bürgerkontomobil abrufbar sein und Wartezeitenund Anfahrtswege zur Behörde redu-zieren. So könnte eine Kfz-Zulassungoder eine Ummeldung bei einemWohnortwechsel über das Bürgerkon-to online erledigt werden. Eine

lem im Bereich des Electronic Govern-ment (E-Government) aufholen.

Dadurch sollen Verwaltungsprozes-se zur Verarbeitung von Informatio-nen, Kommunikation und Transaktionmithilfe von IT-Techniken vereinfachtund neu entwickelt werden. Die neueTechnologie verspricht schlankere,schnellere und kostengünstigere Ver-waltungsabläufe.

Im Rahmen des Projektes „Verwal-tung 4.0“, in dessen Kern es um die In-tegration von Technologien und IT-Systemen in die öffentliche Verwaltunggeht, will die Landesregierung bis zumJahr 2022 rund 57 000 Arbeitsplätze aufdie elektronische Aktenführung (E-Ak-te) umstellen. Die Einrichtung dieserAkte soll es den Landesbediensteten

STUTTGART. Der Sektor öffentlicherDienst, speziell die Verwaltung, ist ge-halten, sich dem Digitalisierungswan-del anzupassen und neue Strukturenanzunehmen. Im Vergleich zu Län-dern wie Schweden, der Schweiz oderEstland nimmt Deutschland bislangnur einen hinteren Rang ein. Laut demEuropean Digital Progress Report derEU-Kommission aus dem Jahr 2016reicht es für öffentliche IT-Services inDeutschland nur zu Platz 18 unter 28Mitgliedstaaten. Die Landesregierunghat den Handlungsbedarf erkannt undeine Digitalisierungsstrategie für Ba-den-Württemberg entwickelt.

Um einen modernen und bürgerna-hen Service gewährleisten zu können,muss die öffentliche Verwaltung vor al-

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Hackerangriffen geschützt werdenkönnen. Die 2017 erhobene Studie „Di-gitalisierung des Mittelstands“ desZentrums für Wirtschaftsforschungzeigt, dass es im Land noch Entwick-lungspotenzial gibt. Neben Daten-schutzbedenken hätten viele Mitarbei-ter auch die Sorge, dass die neuen IT-Systeme ihre Arbeit ersetzen könnten.

Damit die Digitalisierung klappt,müssen alle zusammenarbeiten

Wie sich die Digitalisierung auf die Ar-beitswelt auswirken wird, lässt sichmomentan nur bedingt bewerten, sagtKatharina Zweig, Professorin für Theo-retische Informatik an der Techni-schen Universität Kaiserslautern. Lautdem Institut für Sozialstrategie Lai-chingen verschwimmt die Grenze zwi-schen realer und digitaler Welt zuneh-mend. Die Kommunikation zwischenBürger und Behörde findet überwie-gend online statt und reduziert zwi-schenmenschliche Kontakte.

Um die Herausforderungen meis-tern zu können, müssen Land, Kom-munen und Bürger zusammenarbei-ten. „In welche Richtung das Ganze ge-hen soll, hängt entscheidend von unse-rer Bereitschaft ab, die Digitalisierungmitzugestalten“, so Thomas Strobl, Mi-nister für Digitalisierung.

Psychische Krankheiten als Folgender modernen ArbeitsweltMenschen im Berufsleben werden zunehmend emotional und somit psychisch gefordert

STUTTGART. Depressionen, Anpas-sungsstörungen, Angststörungen: Im-mer mehr Menschen in Deutschlandleiden unter psychischen Krankheiten.Berichte verschiedener Krankenkas-sen zeigen, dass die Krankschreibun-gen aufgrund psychischer Diagnosenseit dem Jahr 2006 stetig steigen. Beider AOK hat die Zahl der Arbeitsunfä-higkeitstage aufgrund psychischer Er-krankungen bis zum Jahr 2015 um 70Prozent zugenommen, bei der DAK hatsich die Zahl der Fehltage aufgrundpsychischer Leiden verdreifacht.

Zwei Wirtschaftsgruppen fallen da-bei besonders auf: das Gesundheitswe-sen und die öffentliche Verwaltung.Mit 311 Fehltagen pro 100 Versichertebei der DAK liegt die öffentliche Ver-waltung laut deren Psychoreport 2015auf Platz zwei der Branchen mit denmeisten Fehltagen aufgrund psy-chischer Erkrankungen.

Trends wie Digitalisierung und neueSteuerungsformen haben auch dieVerwaltung eingeholt und sorgen für

erhöhten Leistungsdruck, mehr Über-stunden und weniger Pausen. Eine Fol-gereaktion dieser langanhaltendenStresssituationen kann eine psy-chische Krankheit sein.

Neben Depressionen und Angststö-rungen wird dabei häufig auch die Di-

agnose Burnout gestellt. Diese wird of-fiziell nicht als psychische Krankheitanerkannt, sondern als Risikozustandbetrachtet. Laut den PsychologinnenChristina Maslach und Ayala Pines ent-steht ein Burnout, wenn der Betroffenepersönlichen und beruflichen Stressdurch das soziale Umfeld, Fähigkeitenund Erfahrungen nicht mehr ausglei-chen kann. Er überschreitet eine kriti-sche Schwelle. Emotionale Erschöp-fung, Entfremdung und das Gefühl ei-ner reduzierten Leistungsfähigkeitsind die Folgen.

Um psychischen Erkrankungen vor-zubeugen, sollten Arbeitgeber und Ar-beitnehmer zu aktiven Gestaltern derArbeitskultur und Arbeitsbedingungenwerden. Generell sollte das Thema psy-chische Belastungen kein Tabuthemasein, sondern durch Aktionen bei Ge-sundheitstagen oder Vorträgen fürMitarbeiter präsent gemacht werden,so Thomas Holm, Leiter des Gesund-heitsmanagements der TechnikerKrankenkasse. (Pia/Anna Z.)

Wissenssicherung: eine großeHerausforderung für die VerwaltungDurch Wissenmanagement erhält sich die Verwaltung das Wissen ihrer Erfahrenen

FREIBURG/KARLSRUHE. Die Wis-senssicherung wird eine immer größe-re Rolle in der modernen Verwaltungspielen und diese in den nächsten Jah-ren vor eine große Herausforderungstellen, sagt Jürgen Eichhorst, Bürger-beauftragter der Stadt Freiburg.

Wissensmanagement stellt allge-mein das Speichern sowie das Nutzenvon Wissen dar. Durch Einflussfakto-ren, wie den demografischen Wandelund die steigende Komplexität vonVerwaltungsabläufen, ist eine langzei-tige und qualitative Sicherung des Wis-sens gefordert und nötig. Auch aufBundesebene wird das Thema behan-delt. So hat das Bundesministeriumdes Innern einen aktuellen Evaluati-onsbericht zum Bundesprogramm„Digitale Verwaltung 2020“ vorgestellt,in dem das Thema Wissensmanage-ment behandelt wird.

Aber auch auf kommunaler Ebeneist einiges im Umbruch. So hat dieStadtverwaltung Karlsruhe seit 2017mit Waldemar Freer einen zentralenWissensmanager. Dieser löst Proble-me, die bei der Umsetzung entstehenund steuert den Ablauf eines strategi-

schen Wissensmanagements beiSchlüsselstellen. „Wissenmanagementist eine Daueraufgabe, welche aber oft-mals im Berufsalltag untergeht“, sagtder Experte.

Die technische Umsetzung stellt ei-nen weiteren Aspekt dar. Viele Ge-meinden besitzen ein sogenanntes Int-ranet, in dem sie allgemeine Informa-tionen speichern und pflegen. Dies seifür eine qualitative Sicherung zumeistjedoch nicht ausreichend. Es müsseauf eine spezielle Software zurückge-griffen werden, sagt Eichhorst. In die-ser könnten Verfahrensabläufe hinter-legt und zur Weitergabe an neue Mitar-beiter gepflegt werden.

Die Umsetzung der Wissenssiche-rung setze voraus, das Kenntnisse ver-schriftlicht würden, am besten, zurLangzeitsicherung, in einem techni-schen Verfahren. Dies stellt laut Eich-horst zumeist eine schwierige Aufgabedar, weil die Arbeit Einzelner meistüber eine einfache Handlungsbe-schreibung hinausgehe. Auch seienoftmals Arbeitsschritte mit Erfahrun-gen gekoppelt, die nicht schriftlichfestgehalten werden könnten.

Hier wird in explizites und implizitesWissen unterteilt. Das explizite Wissenist das Dokumentierbare, welches inAbläufen und Berichten erfasst werdenkann. Implizites Wissen kann nurschwer festgehalten werden, da es sichmeist von den Mitarbeitern nicht be-schreiben lässt. Diese Erfahrungenkönnen nur im laufenden Betrieb wei-tergegeben werden, was Zeit und Res-sourcen benötigt.

Aufnahme und Pflege von Verfah-rensabläufen, in einem für alle Mitar-beiter zugänglichen Programm, sindein Teil dieser Sicherung. Einzelne Fäl-le können zum Beispiel durch Audio-dateien dokumentiert werden. Dabeikann der Mitarbeiter begründen, wa-rum er in einem bestimmten Fall soentschieden hat. Das kann zu einembesseren Verständnis, zusätzlich zumallgemeinen Wissen, führen. (Timo)

MEHR ZUM THEMAWeitere Infomationen zur Wissenssicherungund zum Bundesprogramm „DigitaleVerwaltung 2020“ erhalten Sie unter:www.bmi.bund.de

Jürgen Fischer,Professor der Hochschule Kehl,ist Experte für Personal und Organisation

Was sollte sich Ihrer Meinung nach in deröffentlichen Verwaltung ändern?Ich denke, dass der Bereich Personal und Or-ganisation bereits als wichtig angesehen undkompetent angegangen wird. Das Bewusst-sein für die Entwicklung von Führungskräftenin der eigenen Organisation ist gewachsen.Auch die Studierenden erhalten die notwen-digen Qualifikationen bereits im Studium ander Hochschule Kehl. Als Herausforderungsehe ich flexiblere Arbeitszeiten. Hier stehenwir noch am Anfang. Die Digitalisierung führtdazu, dass die Arbeitsprozesse sich verändernund klarer strukturiert werden müssen. Da-durch können die Mitarbeiter ihre Arbeitszeitflexibler gestalten und auch den Arbeitsortzukünftig frei wählen. Wenn diese Herausfor-derung bewältigt werden kann, dann wirddies die Verwaltung auch attraktiver für denNachwuchs machen.

Stimme zum Thema

Verwaltung der Zukunft 5Staatsanzeiger · Freitag, 13. April 2018 · Nr. 14

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Arbeit und Privatleben

Wege zur Vereinbarkeit vonFamilie, Pflege und BerufHeutzutage ist eine gute Organisation von Alltag und Beruf unerlässlich.Umso schwieriger ist es, in diesem ohnehin vollgepackten Tagesablauf diePflege von Angehörigen, Kindererziehung oder eine länger andauerndeKrankheit unterzubringen. Es gilt zu klären, wie wir diesen Herausforde-rungen dennoch gerecht werden können.

Von Elisa und Daniela

aber oft werden sie an anderer Stelleeingesetzt. Daher ist ein Platz in einerKindertagesstätte (Kita) umso wichti-ger. Hier haben bereits einige Behör-den reagiert und beteiligen sich an denKosten für einen Kita-Platz oder bietensogar eine betriebsinterne Kinderbe-treuung an.

Aber nicht nur viele Väter, auch vieleMütter reduzieren die gesetzlich mög-liche Elternzeit von maximal drei Jah-ren auf ein Minimum, da sie Angst vorNachteilen im Job oder einem Karrie-rebruch haben. Zwar haben Arbeitneh-mer nach der Elternzeit Anspruch aufeinen gleichrangigen Arbeitsplatz,

Wochen arbeitsunfähig sind. In Zu-sammenarbeit mit Arbeitnehmer undArbeitgeber wird schrittweise eine in-dividuelle Vorgehensweise zur Wieder-eingliederung des Mitarbeiters gefun-den und durchgeführt.

Doch auch nahe Angehörige könnendurch Krankheit zu Konflikten mit dereigenen Arbeit führen. Laut dem Statis-tischen Bundesamt betrug die Zahl derPflegebedürftigen in Deutschland imJahr 2015 rund 2,8 Millionen. Das sind234 000 Personen mehr als im Jahr2013. Rund 73 Prozent davon wurdenvon zu Hause aus betreut. Neben derMöglichkeit, den Angehörigen zu Hau-se selbst zu pflegen, bieten sich ver-schiedene Wege an, Unterstützung zubekommen. Hilfe durch einen ambu-lanten Pflegedienst über betreutesWohnen bis hin zu einem festen Platz

in einem Pflegeheim kommen dafür inBetracht.

Auch bei der Geburtenrate wurdelaut dem Statististischen Bundesamteine Steigung verzeichnet. Allein zwi-schen 2015 und 2016 stieg die Anzahlder Geburten von 738 000 auf 792 000jährlich. Die Erwerbsquote von Müt-tern mit Kindern im Alter von einemJahr hat in den letzten Jahren zuge-nommen. 2008 lag sie bei 38 Prozent,2016 betrug sie laut dem StatistischenBundesamt bereits 44 Prozent.

Der Väterreport 2016 des Bundesmi-nisteriums für Familie, Frauen, Senio-ren und Jugend zeigt, dass jeder fünfteVater gerne Elternzeit in Anspruch ge-nommen hätte, aber aus Angst vor Ein-kommensverlusten oder beruflichenNachteilen sowie organisatorischenProblemen darauf verzichtet hat.

STUTTGART. In der öffentlichen Ver-waltung herrscht seit mehreren Jah-ren Fachkräftemangel. Der große Ar-beitsumfang muss von einer sinken-den Zahl von Arbeitnehmern zeitnahbewältigt werden. Diese Mehrbelas-tung kann auf Dauer zu kurz- undlangfristigen Erkrankungen psy-chischer sowie körperlicher Naturführen. Doch nicht jeder sucht bei denersten Anzeichen Hilfe auf. Von derKrankheitsentstehung bis zur Hei-lung vergeht immer noch sehr vielZeit. Der Gesundheitsreport der DAK2016 zeigt, dass Männer Leistungendes Gesundheitssystems seltener inAnspruch nehmen als Frauen. Im Jahr2015 lag der Krankenstand bei Män-nern um 14 Prozent niedriger als beiFrauen. So wird eine Erkrankung oftspät oder zu spät festgestellt.

Zusätzlich können Existenzängstemassiven Druck auf sie ausüben. Diegesetzliche Fortzahlung des Lohnes imKrankheitsfall beträgt 42 Kalendertage.Danach springt die Krankenkasse mitder Zahlung des Krankengeldes ein.Dieses beträgt derzeit rund 70 Prozentdes Regelentgeltes.

Darüber hinaus haben Erkrankte beieinem völligen Arbeitsausfall Angst,aus eigener Kraft nicht in den bisheri-gen Beruf zurückfinden zu können. Ab-hilfe schaffen kann hier das „Betriebli-che Eingliederungsmanagement“(BEM). Das BEM hat zum Ziel, die Ar-beitsunfähigkeit des Arbeitsnehmerszu überwinden und einer erneuten Ar-beitsunfähigkeit vorzubeugen. Ange-wandt werden kann es für alle Arbeit-nehmer, die innerhalb eines Jahres un-unterbrochen oder länger als sechs Die Erwerbsquote von Müttern mit Kleinkindern hat in den letzten Jahren zugenommen. FOTO: DPA

„Jeder fünfte Vater hätte gerne Elternzeit in Anspruchgenommen, verzichtete aber aus Angst vor Einkom-mensverlusten oder beruflichen Nachteilen sowie orga-nisatorischen Problemen im Betrieb darauf.“

Der Väterreport 2016, Bundesministerium für Familie, Frauen, Senioren und Jugend

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Interview: Vereinbarkeit von Familie und Beruf

„Man braucht einfach den Glaubenan sich selbst und muss etwas wagen“

Cathrin Wöhrle ist seit März 2014 Bür-germeisterin von Zaisenhausen, mitetwa 1700 Einwohnern die kleinste Ge-meinde im Landkreis Karlsruhe. Nachvier Jahren im Amt berichtet die 32-Jährige im Interview über Rollenbilder,den Wahlkampf und ihre Pläne, wie sieSchwangerschaft und Muttersein mitdem Beruf verbinden will.

Hochschule Kehl: Sie haben vier Jahrenach Ihrem Abschluss an der HochschuleKehl das Bürgermeisteramt angetreten.Fühlten Sie sich durch das Studium fürdie Herausforderung gewappnet?

Cathrin Wöhrle: Direkt nach dem Studi-um würde ich sagen: „Nein“. Ich ver-spürte nicht sofort den Drang, Bür-germeisterin werden zu wollen, dashat sich bei mir über die Jahre hinwegund nach einiger Berufserfahrung alsVerwaltungsleiterin bei der StadtKarlsruhe ergeben. Aber das Studiumhat definitiv dafür gesorgt, dass ichdie notwendigen Grundlagen unddas Handwerk mitbekommen habe.Gerade in einer kleinen Gemeinde istes sehr wichtig, dass die Bürgermeis-terin vom Fach ist und sich in vielenBereichen auskennt.

Sie sind damals als einzige Frau in sehrjungem Alter bei der Wahl angetreten.Inwiefern hat sich das auf Ihren Wahl-kampf ausgewirkt?

Es war Dauerthema, dass ich einejunge, blonde Frau bin. Dementspre-chend wurde ich auch von der Presseund den Bürgern immer anders be-handelt als meine Mitstreiter. AlsFrau muss man aufpassen, dass mansich nicht zu ausgefallen kleidet.Gleichzeitig will man aber auch nichtbieder wirken, damit sich auch diejungen Wähler angesprochen fühlen.Es ist ein schmaler Grat, auf dem mansich da bewegt.

Würden Sie sagen, dass bei einer Mehr-zahl der Bürger ein traditionelles Rollen-bild des Bürgermeisters verankert ist?

Nein, ich glaube, den klassischenBürgermeister wird es so irgendwannnicht mehr geben. Bei mir und mei-nen Kolleginnen spielt der Partnerimmer eine untergeordnete Rolle.Man freut sich, wenn die Männer malmitkommen, das wird gerne gese-hen, aber nicht verlangt. Es ist auchnicht mehr so, dass man als Bürger-meister auf jedem Fest von Anfangbis Ende sitzen und alles im Dorf wis-sen muss. Ich glaube, der heutigeBürgermeister muss vor allem vielmehr Manager sein als früher.

Warum stehen Frauen noch so selten ander Spitze einer Gemeindeverwaltung?

Bei rund 1100 Gemeinden sind es nuretwa 80 Frauen, die dieses Amt aus-üben. Als Ursache hierfür sehe ichzum einen die Vereinbarkeit von Fa-milie und Beruf. Das ist auch bei mirein Thema und ich verstehe, dass

sich viele Frauen Gedanken darübermachen. Der familiäre Backgroundund vor allem die Unterstützung desPartners müssen hier schon stim-men. Und dann trauen sich auch ei-nige Frauen nicht so viel zu. Manüberlegt sich viel zu viel „was wäre,wenn?“ Man braucht einfach denGlauben an sich selbst und muss et-was wagen.

Wäre auch eine Teilzeitbeschäftigungvor dem Hintergrund der Familienphaseals Bürgermeisterin möglich?

Ich erwarte momentan mein erstesKind und wage nun ein revolutionä-res Projekt: Teilzeit in Elternzeit.Nach meinen Recherchen bin ich die

erste Bürgermeisterin, die das aus-probiert. Man darf offiziell nur 30Stunden in Elternzeit arbeiten, dassind bei mir knapp über 70 Prozentmeiner normalen Stundenwoche.Dadurch schaffe ich mir persönlichden Freiraum, für mein Kind da zusein und bin trotzdem unter ande-rem durch Homeoffice sehr präsent.Durch die Unterstützung meiner

Mutter und meiner Schwiegermutterdürfte es dann auch kein Problemsein, wichtige Termine persönlichwahrzunehmen.

Das Gespräch führtenAnna Z. und Pia

Cathrin Wöhrle,Bürgermeisterin von Zaisenhausen,ist Diplom-Verwaltungswirtin (FH)

Amtschefin Cathrin Wöhrle im Einsatz. Sie ist eine von 88 Bürgermeisterinnen in Baden-Württemberg. FOTO:PRIVAT

„Es ist nicht mehr so, dass man als Bürgermeister allesim Dorf wissen muss.Ich glaube, der heutige Bürger-meister muss viel mehr Manager sein als früher.“

Zukunft der Verwaltung 7Staatsanzeiger · Freitag, 13. April 2018 · Nr. 14

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Altersgemischte Teams können durchaus funktionieren, wenn die Kommunikation zwischen den Mitarbeitern stimmt. FOTO:DPA

Demografischer Wandel

GenerationenübergreifendeZusammenarbeitIn der Personalstruktur des öffentlichen Dienstes ist in allen Bereichen einestarke Alterung erkennbar. Das stellt die Verwaltung in den kommendenJahren vor eine große Herausforderung, denn junge und ältere Generatio-nen müssen im Team miteinander arbeiten. Das birgt einige Schwierigkei-ten. Aber auch Chancen.

Von Anna M. und Isabel

von Arbeitsaufgaben sowie das be-triebliche Gesundheitsmanagementauszuarbeiten oder zu verbessern, sagtder Hochschuldozent Beck.

Denn ein nachhaltiges Gesundheits-management schütze vor Krankheitenwie Rückenproblemen und somit vorPersonalverlust. Einmal im Jahr einenGesundheitstag zu organisieren, seinicht ausreichend. Stattdessen müssedie Gesundheit der Mitarbeiter regel-mäßig gefördert werden, zum Beispieldurch ergonomische Büromöbel undsportliche Angebote in den Pausen.

Oft klafften die Einstellungen derverschiedenen Generationen nicht soweit auseinander wie gedacht, sagtBeck. Das belegten altersgemischteTeams, die durchaus funktionierten.„Konflikte entstehen meist nicht auf-grund von Altersunterschieden, son-dern durch ungleiche Charaktere, dieaufeinandertreffen“, sagt der Hoch-schulprofessor.

ein regelmäßiger fachlicher Aus-tausch stattfindet, sehr wichtig.

„Alle Teammitglieder müssen beiwichtigen Angelegenheiten gleicher-maßen mit einbezogen werden“, sagtder Kehler Professor, „denn sobaldeine Abgrenzung zwischen den Gene-rationen stattfindet, wird die ältere Ge-neration sich ihres Alters bewusst undfühlt sich dem Team nicht mehr dazu-gehörig.“ Tritt diese Wahrnehmungein, spiegele sich dies in der Arbeitsleis-tung, Motivation sowie der Gesundheitder älteren Generation wieder.

Einmal im Jahr einen Gesundheitstagzu organisieren, reicht nicht

Doch nicht nur eine gute Führung,sondern auch eine nachhaltige Perso-nalstrategie fördere eine positive Al-tersmischung. Hierbei sei es wichtig,Lösungen im Bereich des Wissensma-nagements, altersgerechte Gestaltung

duktivität im gemischten Team. Nurdurch ein klares gemeinsames Zielkönne die individuelle Motivation ge-fördert und der Gruppenzusammen-halt gestärkt werden, betont der Ver-waltungsexperte. Außerdem müssevor allem in gemischten Teams dasbreit gefächerte Wissenspotenzial ge-nutzt werden. So könne ein Wissens-transfer stattfinden und komplexeProbleme gelöst werden. Sowohl diejungen Mitarbeiter als auch Seniorskönnten damit voneinander profitie-ren. Deshalb sei die zwischen-menschliche Interaktion, bei der auch

KEHL. „Ich habe in meinem Kollegen-kreis bisher nur positive Erfahrungenmit der Zusammenarbeit von Jung undAlt gemacht“, sagt Joachim Beck, Pro-fessor an der Hochschule Kehl. BeideAltersgruppen ergänzten sich gut undkönnten jeweils voneinander profitie-ren. Denn neue Lehrmethoden er-gänzten das Wissen der älteren Kolle-gen. Das Alter sei unter den Kollegenüberhaupt kein Thema, der Altersun-terschied zwischen den Kollegen wer-de nicht wahrgenommen.

Aufgrund dieses strukturellen Wan-dels komme es immer häufiger zu ge-mischten Teams mit großen Altersun-terschieden zwischen den Mitarbei-tern. Hierbei betont Beck, dass es wich-tig sei, dass die Teams von den Füh-rungskräften gut unterstützt würdenund ein großer Wert auf das Teambuil-ding gelegt werde. Unstimmigkeitenuntereinander führten zu einemschlechten Arbeitsklima.

Jüngere und Ältere könnenvoneinander lernen

Jedoch liege eine schlechte Zusam-menarbeit nicht an der alten Generati-on, sondern an den Vorurteilen, dieeine Person mit sich bringe. Diesemüssten auch die Vorgesetzten gegen-über den verschiedenen Generationenbeseitigen, sagt Beck. „Gerade die Ein-stellung und das Verhalten der Füh-rungskräfte haben einen entscheiden-den Einfluss auf die Arbeitsfähigkeitund das Miteinander in den Teams“,sagt der Kehler Professor. „Deren Ein-stellung und Verhalten spiegelt sichmeist darin wieder.“

Die Vielfalt, also die Praxiserfahrungund das Qualitätsbewusstsein der Älte-ren sowie das aktuellere Fachwissenund neuere Methoden der Jüngerenmüsse so genutzt werden, dass dieSchwächen durch die Stärken ausgegli-chen werden, so Beck. So könnten dieJuniors den älteren Kollegen Tipps ge-ben, wie diese die Technik und das In-ternet beruflich nutzen können.

Eine gemeinsame Zielorientierungsei außerdem maßgebend für die Pro-

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Arbeit vom Strand aus ist momentan in der Verwaltung eher Wunschdenken. Aber auch die Behörden müssen umdenken. FOTO: DPA

Neue Arbeitsmodelle

Größe und Arbeitsbereichentscheiden die StrukturDie Verwaltung hat sich in den letzten Jahren stets verwandelt und weiter-entwickelt. Der Ärmelschoner-Beamte verabschiedet sich, die moderneVerwaltung hält Einzug. Doch mit wechselnden Mitarbeitern müssen auchdie Arbeitsstrukturen einen Wandel durchmachen. Veränderte Mitarbeiter-zahlen und neue Fachbereiche ziehen neue Arbeitsmodelle mit sich.

Von Kathrin

STUTTGART. Manche stellen sich dieVerwaltung und ihre Arbeitsstruktursehr starr vor, der Vorgesetzte gibt dieArbeitsweise vor, der Sacharbeitermuss sie ausfüllen. Der Wirtschafts-wissenschaftler Dietmar Vahs hat sichin seinem Buch zum Thema Organisa-tion mit dem Aufbau und den Struktu-ren von Behörden beschäftigt.

Es könne nicht davon ausgegangenwerden, dass jede Behörde dieselbe in-terne Kommunikation und Aufgaben-verteilung verwende. Somit unter-schieden sich auch die Arbeitsmodellein den Verwaltungen, sagt Vahs. Zu be-achten seien die Leistungsspanne undLeistungstiefe. Letztere beschreibe dieeinzelnen Hierarchiestufen, die einProzess innerhalb einer Behördedurchlaufen müsse, bis eine Aufgabevom Vorstand zum einzelnen Sachbe-

arbeiter gelange. Bei der Leistungs-spanne handelt es sich um parallel zu-einander laufende Verwaltungszweige.Diese könnten in einzelne Bereiche wieLeistungs-, Ordnungs- oder Finanzver-waltung untergliedert sein.

Wie die Strukturen aufgebaut seien,könne jeder Bürger in den Organi-grammen der jeweiligen Behördennachvollziehen. Diese können sichnach Vahs in Ein- und Mehrliniensys-temen unterscheiden. Während dasEinliniensystem eine lückenlose Infor-mationsweiterleitung und gute Kon-trollmöglichkeit ermögliche, sei es aufder anderen Seite von einem starkenHierarchiedenken geprägt. Kommuni-kation finde nur über sogenannte in-formelle Dienstwege statt, hierbeikommunizierten die einzelnen Sach-bearbeiter miteinander.

Das Mehrliniensystem dagegen seivon einer geringeren hierarchischenFührung geprägt, die Kommunikati-onswege seien einfach und instanz-übergreifend, so der Experte. Auf deranderen Seite sei es schwieriger, denMitarbeitern ihre Aufgabenbereicheexakt zuzuordnen. Es entstehe ein grö-ßerer interner Abstimmungsbedarf,welcher auch mehr Zeit in Anspruchnehmen könne.

Wie eine Behörde ihre Aufgabenver-teilung und die damit verbundenenStrukturen regele, könne je nach Be-hörde unterschiedlich sein. Dabeikomme es auch auf die Anzahl der Mit-arbeiter und die Aufgabenbereiche an.Denn sowohl die Leistungstiefe, alsauch die Leistungsspanne hingen vonder Behördengröße ab.

Die meisten Behörden hätten eineganz individuelle Struktur und ein da-mit verbundenes Arbeitsmodell, sagtVahs. Das könne mal klassisch hierar-chisch oder etwas aufgelockert sein.Unabhängig für welches Arbeitsmodellsich die jeweilige Verwaltung entschei-de, wichtig sei, dass die Aufgaben ord-nungsgemäß und effizient erfüllt wür-den, sagt der Wissenschaftler.

Stimmen zum Thema

Tabitha Breustedt,Studentin an der Hochschule Kehl

Wie stellst Du Dir die Zukunft der Verwal-tung vor?

Der demografische Wandel und die digitaleRevolution werden hoffentlich viele Verände-rungen schaffen. Durch junges Personal ste-hen die Chancen auf Digitalisierung besserdenn je. Daher hoffe ich auf eine papierloseVerwaltung und die Möglichkeit zur Arbeit imHomeoffice. Ich denke, dass kleine Verwal-tungen zukünftig öfter zusammengelegt wer-den und nur das Bürgeramt im Dorf bleibt.

Marvin Gellner,Student an der Hochschule Kehl

Kannst Du Dir vorstellen, dass Robotereinmal Deinen Arbeitsplatz einnehmen?

Nein, nicht für den gehobenen Dienst, da mandafür Fingerspitzengefühl und Einfühlungs-vermögen braucht. Ein Roboter kann sichnicht in andere hineinversetzen. Aber auchdas Abwägen bei Ermessensentscheidungenwird ein Roboter nie gut können. Zudem istgerade in kleineren Kommunen das Zwi-schenmenschliche wichtig, da viele ältereMenschen den Kontakt zu anderen suchen.

IMPRESSUMDiese Beilage ist ein Fachprojekt vonStudierenden der Hochschule Kehl.Herausgeber:Staatsanzeiger für Baden-WürttembergGmbH & Co KG, Breitscheidstr. 69,70176 StuttgartDruck:Ungeheuer + Ulmer KG GmbH + Co,Körnerstraße 14-18,71634 LudwigsburgRedaktion:Chefredakteurin: Breda Nußbaum

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Kehl als Wegbereiter

Vorbereitung der Studierendenauf den künftigen BerufsalltagMan könnte meinen, man sei in einem richtigen Rathaus, wenn man denStudierenden bei ihren Rollenspielen zuschaut. Hier handelt es sich jedochnur um eines der vielen Projekte zur Berufsvorbereitung.

Von Robin

Berufssituationen simuliert werden,angewandt wird, sollen die angehen-den Beamten auf den Berufsalltag vor-bereitet werden.

So müssen die Studierenden bei-spielsweise einen wutentbranntenBürger beruhigen, der unzufrieden miteiner Behördenleistung ist. Allerdingsentsprechen nicht alle Rollenspiele derRealität. Neben Situationen mit Bür-gern werden auch Mitarbeitergesprä-che simuliert,welche die Studierendenleiten. Allerdings ist nicht gesagt, dassjeder Absolvent später eine leitendeFunktion innehaben wird.

Die Rollenspiele sind nur ein Teil derberufsvorbereitenden Projekte, die inKehl angeboten werden. Hinzu kom-men unter anderem soziale Kompe-tenzkurse, Sprachkurse und interkul-turelle Fähigkeiten sowie das ForumZukunftsfragen. Infos zu allen Kursensind auch im Modulhandbuch zumGrundlagenstudium ab 2017 auf derHomepage der HS Kehl zu finden.

KEHL. Soziale Kompetenzen, auchgerne mit dem englischen Begriff SoftSkills bezeichnet, sind gerade auch fürMitarbeiter im öffentlichen Dienst vongroßer Bedeutung. Denn durch den re-gelmäßigen Kontakt mit den Bürgernin der Gemeinde ist es wichtig, diesenfreundlich und kompetent gegenüber-zutreten. Diese Soft Skills lernen dieStudierenden in den Praxisphasenwährend der Ausbildung. Aber auchdie Hochschule für öffentliche Verwal-tung Kehl bietet Projekte an, die dazubeitragen, die Fähigkeiten der Anwär-ter auszubauen und zu verfeinern.

Einige Studierende, die in Kehl ihreAusbildung starten, sind vom Sinn die-ser Pflichtveranstaltungen nicht vonAnfang an überzeugt. So betrachteteJens Fischer das ganze zunächst „skep-tisch“. Doch seine Skepsis konnteschnell beseitigt werden. So fühle ersich nun „sicher und gut vorbereitet fürden Beruf“. Indem das erlernte Wissenin Form von Rollenspielen, bei denen

Bei Rollenspielen zu Mitarbeitergesprächen sollen die Studierenden erlernen, wie siekonstruktive Kritik üben und diese auf angemessene Art und Weise vermitteln. FOTO: DPA

SozialeKompetenzkurseKEHL. Bei den sozialen Kompe-tenzkursen sollen die Studierendenhauptsächlich Schlüsselkompeten-zen erlernen. So ist es im Modul-handbuch aufgeführt. Diese sindbeispielsweise Zeit- und Stressma-nagement oder Rhetorik und Mode-ration. Hierzu erlangen sie zu-nächst theoretisches Wissen, wel-ches sie dann auch aktiv anwendensollen. Bei Zeit- und Stressmanage-ment müssen sie zum Beispiel ei-nen Zeitplan zur Prüfungsvorberei-tung erstellen. Als weiteres Ziel sol-len die Studierenden persönlicheStärken und Schwächen reflektie-ren. Die Wahl des Kurses ist jedemfreigestellt. Jeder angehende Beam-te kann entscheiden, welches The-ma er zur Verbesserung seiner Fä-higkeiten vertiefen möchte. (Robin)

IKK-Kurs/SprachkompetenzKEHL. Zu Beginn des ersten Semes-ters dürfen die Studierenden zwi-schen interkulturellen Kompetenz-kursen (IKK-Kurse) oder Sprach-kursen wählen. Bei den IKK-Kursenwird die Wahrnehmung der eigenenund fremden Kultur sowie das Han-deln zwischen den Kulturen im Be-ruf thematisiert. Am Ende sollen dieStudierenden über interkulturelleKommunikations- und Handlungs-fähigkeiten im Verwaltungsalltagverfügen. Sie sollen also in Situatio-nen mit ausländischen Mitbürgernwissen, was zu beachten ist.

Bei den Sprachkursen gibt es An-gebote wie Arabisch, Türkisch undEnglisch. Ziel ist es, sprachliche Fä-higkeiten zu verbessern, um mitausländischen Bürgern kommuni-zieren zu können. (Robin)

Kurse zurGesprächsführungKEHL. Während des ersten Semes-ters finden für alle Studierende Ge-sprächsführungskurse statt.

Die angehenden Beamten lernendabei, wie sie möglichst bürgerori-entiert mit den Kunden sprechenkönnen. Außerdem üben sie auchdeeskalierende Gesprächsfüh-rungsmethoden. Diese kommeninsbesondere dann zum Einsatz,wenn die Beamten es mit aufge-brachten Bürgern zu tun haben oderwenn sie Mitarbeitergespräche füh-ren. Das theoretische Wissen wirdauch konkret in interaktiven Rollen-spielen umgesetzt.

Ziel ist es, die Absolventen in Kehlbestmöglich auf den Beruf vorzube-reiten, sodass ein selbstsicheres undkompetentes Auftreten im Arbeits-leben gelingen kann. (Robin)

Projekte an der Hochschule

ForumZukunftsfragenKEHL. Über das gesamte erste Semes-ter und Teile des zweiten Semesters er-streckt sich das „Forum Zukunftsfra-gen“ oder auch „Studium Generale“genannt. Hierbei werden aktuelle The-men von gesamtgesellschaftlicher Be-deutung in Form von Fachvorträgenpräsentiert. Diese werden von Exper-ten gehalten. Anschließend haben dieStudenten Gelegenheit zu offenen Fra-gen und zur Diskussion. Themen sindbeispielsweise Fragen zum Klima-schutz oder zur Europapolitik.

Hier können die Studierenden zwi-schen verschiedenen Vorträgen aus-wählen. An acht davon müssen sie teil-nehmen. Das Ziel des Forums ist es,dass die Studenten gesamtgesell-schaftliche Zusammenhänge von Ver-waltungsfragen besser einordnen undbewerten können. (Robin)

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Bericht aus einem Fachprojekt an der Hochschule Kehl

Lageorientiertes Führenin krisenhaften Situationen

Zehn Kehler Studierende befassensich derzeit mit Fragen rund um Ka-tastrophen, Krisen und Lagen. Be-treut werden sie dabei vom Ministe-rialdirektor a.D. Herbert Zinell unddem ehemaligen Leiter der Füh-rungsakademie Thomas Berg.

Tim Codagnone,studiert im dritten Semester an derHochschule für Verwaltung Kehl

Anstoß für das Fachprojekt „Lageor-ientiertes Führen“ an der Hochschulefür Verwaltung Kehl war unter ande-rem die Flüchtlingsthematik der ver-gangenen Jahre. Neben dieser Krisewerden auch andere Ereignisse, wiebeispielsweise die Verwüstung der Ge-meinde Braunsbach durch ein Unwet-ter im Jahr 2016, die demografischeVeränderung der Gesellschaft, der ver-meintliche Trend zu Großveranstal-tungen und vieles mehr durchleuchtet.

Die daraus gezogenen Schlüsse ver-sucht das Fachprojekt nun auf wissen-schaftliche Weise auf die Allgemeinheitzu übertragen. Dabei spielen vor allemdie Definitionen der Begriffe Katastro-phe, Krise und Lage und deren Abstu-fung, bezogen auf die Arbeitsweise derVerwaltung in Baden-Württemberg,eine vorrangige Rolle.

Man kann zum Beispiel von einerGestaltungslage sprechen, wenn es umdie Genehmigung einer Windkraftan-lage unter Protest der Anwohner geht.Diese kontroverse Situation kann alsChance zur Gestaltung von etwas Neu-

em, das in Kooperation geschaffenwurde, gesehen werden.

Ein zentraler Punkt des Fachprojektsist die Frage, wie eine Verwaltung in ei-ner Krisensituation weiterhin leis-tungsfähig geführt werden könnte,wenn sie personell und rechtlich anihre Grenzen gebracht wird. Exempla-risch dazu traf sich die Gruppe im Ok-tober mit Hermann Schröder, Leiterder Abteilung Bevölkerungsschutz undKrisenmanagement im Innenministe-rium Baden-Württemberg, welcher fe-derführend die Flüchtlingswelle Ende2015 koordiniert hat.

Schröder, der als ehemaliger Lan-desbranddirektor viel Vorerfahrungmit Krisensituationen vorweisen kann,konnte dabei viele Verknüpfungenzwischen Theorie und Praxis herstel-len. Diese konnte die Gruppe gewinn-bringend in ihre Theorien einfließenlassen. Bei dem Treffen war auch FrankHarsch, Bürgermeister der GemeindeBraunsbach, dabei und schilderte diedramatischen Szenen der Tage, alsBraunsbach unter einer Geröll- undSchlammlawine begraben lag.

Führung sollte besser in dieAusbildung integriert werden

Die so gesammelten Erkenntnisse wer-den von der Gruppe zu konkreten An-sätzen verflochten. Dabei wurden ElkeWallenwein und Daniel Haßmann vonder Führungsakademie Baden-Würt-

temberg, die mit der Gruppe zweiWorkshops in Stuttgart und Karlsruheveranstalteten, stark mit in die Arbeitdes Projekts einbezogen.

In der Gruppenarbeit besprachendie Teilnehmer theoretische Fragenund tauschten die bisherige Erkennt-nisse aus. Hier konnte das Fachpro-jekt von den Erkenntnissen der Füh-rungsakademie profitieren, da dieseschon seit einiger Zeit Lehrgänge zumThema Führen in Krisensituationenanbietet. Beispielsweise wurde be-sprochen, wie das Thema Führungbesser in die Ausbildung des gehobe-

len, dass nicht jede Krise gleich eine Ka-tastrophe bedeutet, nicht jede Lagegleich zur Krise wird und dass aus jederkrisenhaften Situation immer auch et-was Positives gewonnen werden kann.Auch wenn es nur ein Zugewinn an Er-fahrung für künftige Ereignisse ist.

Langfristig soll das Projekt weiterge-führt werden, dann allerdings von Stu-dierenden folgender Jahrgänge undeventuell weiterhin in Kooperation mitder Führungsakademie. Die gewonne-nen Erkenntnisse sammelt die Gruppein einer extra angelegten Wiki, für wel-che es schon Interessenten aus der Ver-waltung gibt. Außerdem strebt dieGruppe die Veröffentlichung einesFachartikels an.

nen nichttechnischen Dienstes inte-griert werden könnte. Außerdem er-fuhren die Teilnehmer, wie vorhande-ne Führungsstrukturen optimiertoder im Krisenfall aufgebrochen wer-den können, um vorhandene Kompe-tenzen am effektivsten einsetzen zukönnen. Ebenso wurden beispiels-weise Fragen wie: „Wie kommt vor-handene Kompetenz möglichstschnell und unkompliziert dahin, wosie gebraucht wird?“ besprochen.

Die gewonnen Erkenntnisse werdenin einem Artikel verarbeitet

Als bisheriges Zwischenfazit kann dieGruppe frei nach Max Frisch feststel-

Die Dozenten Thomas Berg (links) und Herbert Zinell (rechts) mit den Studierenden aus demFachprojekt zu lageorientiertem Führen in Krisensituationen. FOTO: PRIVAT

„Krise ist ein produktiver Zustand.Man muss ihr nur den Beigeschmackder Katastrophe nehmen.“

Max Frisch, Schweizer Schriftsteller

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Zehn Studierende der Hochschule Kehl haben unter der Leitung von Breda Nußbaum eine Beilage zur Zukunft der Verwaltung erstellt. FOTO: WIRTH

Wir sind stolz auf diese Beilage!

Kathrin Wiedmann,20 JahreStudentin an der Hochschule Kehl,fährt gerne Longboard

Ich war sehr beeindruckt davon, wie vieleVorgaben es beim Layout einer Zeitung gibtund wie wichtig es ist, diese einzuhalten. Vorallem hat mich überrascht, wie schwierig essein kann, bei einer begrenzten Zeichenan-zahl alle wichtigen Informationen unterzu-bringen, und dass nachträglich noch so vieleÄnderungen vorgenommen werden müssen,bis die endgültige Ausgabe irgendwann dannauch fertig ist.

Elisa Kesenheimer,20 JahreStudentin an der Hochschule Kehl,geht gerne Klettern

Für mich war es erstaunlich, was aus der ur-sprünglichen Idee, eine eigene Beilage für denStaatsanzeiger zu gestalten, tatsächlich ge-worden ist. Am Anfang konnte ich mir nochüberhaupt nicht vorstellen, was eine Gruppevon Studenten ohne jegliche Vorkenntnisse imBereich Presse- und Öffentlichkeitsarbeit mitder richtigen Unterstützung tatsächlich auf dieBeine stellen kann. Auf das Ergebnis bin ichsehr stolz.

Daniele Steinemann,25 JahreStudentin an der Hochschule Kehl,macht gerne HIIT

Anfangs bestand das Team des Fachprojektsaus Unbekannten, die noch nie miteinandergearbeitet haben. Bereits bei der Planungwurde diese Hürde überwunden und manschloss sich zu mehreren Teams zusammen,die einzelne Themen bearbeiteten. Bei derFertigstellung der Beilage in der Redaktion desStaatsanzeigers in Stuttgart aber hatte sich dasTeam weiterentwickelt und die Beziehungenuntereinander gestärkt.

Anna Zawichowski,20 JahreStudentin an der Hochschule Kehl,spielt gerne Tennis

Ich habe mich für dieses Fachprojekt entschie-den, da ich einen Einblicke in die Arbeit derRedakteure einer Zeitung wie dem Staatsan-zeiger bekommen wollte. Überrascht war ich,zu erfahren, dass wir gemeinsam eine Beilagefür den Staatsanzeiger verfassen und dafürselbstständig recherchieren durften. Beson-ders interessant fand ich den arbeitsintensi-ven Weg von der Recherche über das Schrei-ben der Texte bis hin zur Fertigstellung.

Isabel Söllner,20 JahreStudentin der Hochschule Kehl,lacht gerne

Positiv fand ich, dass das Team vor Ort beimStaatsanzeiger uns Studierende der Hoch-schule Kehl mit offenen Armen empfangenhat und uns angehende Beamte in allen Fra-gen rund um die Beilage unterstützt hat. DieArbeit in Stuttgart gefiel mir sehr gut, da nichtnur das Arbeitsklima toll war und ich viel ler-nen konnte, sondern auch, weil ich großenSpaß an der Arbeit mit dem gesamten Teamhatte.

Anna Mattes,23 JahreStudentin an der Hochschule Kehl,tanzt gerne

Vor allem die Informationsbeschaffung, umden Text verfassen zu können, war für micheine größere Herausforderung als gedacht. Beider Bearbeitung der Beilage habe ich viel überdie redaktionelle Arbeit gelernt. Gerade einenguten Artikel zu erstellen und den Text leben-dig wirken zu lassen, stellte sich als schwieri-ger heraus, als erwartet. Jedoch erhielten wirviele Hilfestellungen und fachlichen Input,um die Beilage erfolgreich in Druck zu geben.

Pia Ringhoffer,19 JahreStudiert seit 1. März 2017 in Kehl,sprintet 100 und 200 Meter

Ich habe mich für das Fachprojekt beimStaatsanzeiger entschieden, da mich Journa-lismus und Öffentlichkeitsarbeit schon immerinteressiert haben. An der Beilage finde ichspannend, dass die Themen von uns selbstentwickelt und umgesetzt wurden und unserzukünftiges Arbeitsleben betreffen. Ich binfasziniert, dass man mit der richtigen Aus-drucksweise und dem passenden Format fastjedes Thema unterhaltsam gestalten kann.

Veronika Bobkow,21 JahreStudentin der Hochschule Kehl,spielt gerne Volleyball in ihrer Freizeit

Es hat mich gefreut, wie gut wir als Team zu-sammengearbeitet haben und wie auf unsereindividuellen Bedürfnisse eingegangen wur-de. So wurden die Aufgaben so verteilt, dassjeder im Endeffekt zufrieden war und seineStärken ausleben durfte. Ganz toll war die Un-terstützung, die wir Studierenden von denMitarbeitern des Staatsanzeigers und von derChefredakteurin Breda Nußbaum beim Erstel-len der Beilage erhalten haben.

Timo Baranyai,26 JahreStudent der Hochschule Kehl,spielt gerne Darts

Besonders gefallen hat mir, dass uns bei derErarbeitung und Themafindung große Frei-heiten gegeben waren. Besonders gut war,dass die Projektleiterin Breda Nußbaum unsStudierende zum engagierten Mitarbeitenmotivierte. Nachdem sie uns die Theorie inForm von Übungen nähergebracht hatte,durfte jeder von uns über das Thema schrei-ben, welches ihn persönlich am meisten be-geisterte.

Robin Müller,20 JahreStudent der Hochschule Kehl seit 2017,spielt leidenschaftlich gerne Fußball

Zunächst war ich unsicher über den Entste-hungsprozess der Beilage. Denn ich konntemir mangels Erfahrung schwer vorstellen, ei-genständig eine Beilage zu kreieren. Im Nach-hinein war ich aber umso mehr beeindrucktvon dem gelungenen Ergebnis und davon,das einzigartige Ergebnis in der Hand zu hal-ten. Ich bin sehr dankbar, dass mir diesesFachprojekt ermöglicht wurde und ich daranmitarbeiten konnte.

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