Stundenbild Psychologie: Sprache & Denken –...

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Judith Mayr

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Stundenbild: Sprache & Denken – Automatismen / Stroop-Effekt

Schulstufe: 7. Klasse AHS, Pflichtfach, ca. 25 SchülerInnen

Lehrplanbezug: Kognitive Prozesse reflektieren – Sprache und Denken

Lehrziel: Die SchülerInnen sollen durch das Experiment (Stroop-Test) für

Automatismen sensibilisiert werden, beziehungsweise über die enge Verbindung von

Sprache und Denken lernen.

Fächerübergreifende Bezüge: Philosophie, Deutsch, Biologie

Quellen:

• Anderson, John R. Kognitive Psychologie. Heidelberg, 2001.

• Hofbauer, Stefan. Stroop Interferenz und DC-Potentiale. Wien, 1998.

• http://www.farbimpulse.de/farbwirkung/detail/0/25.html

• http://www.wikipedia.org

Zeit Inhalt Methode Medium / Materialien

5’

Begrüßung,Organisatorisches,Wiederholung der

letzten Stunde

L-S Gespräch

10’ ExperimentL – S

(s. Beschreibung desExperiments, unten)

PC + Beamer, wennnicht vorhanden: OH

10’Nachbesprechung,

Ergebnisse, Erklärungdes Experiments

L – S

15’ Theorie, andereBeispiele Frontalunterricht OH, Tafel, Heft

10’ Schluss

Zuordnungsaufgabezur Festigung dessoeben Gelernten,

abschließendesVergleichen

Partnerarbeit

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Vorbereitung:

Der/die LehrerIn muss drei Präsentationstafeln bereithalten. Für die Präsentation

selbst eignet sich meiner Meinung nach am besten ein PC und Beamer, weil die drei

Tafeln somit groß und für alle in der Klasse gut sichtbar sind und somit auch die

SchülerInnen, die nicht am Experiment beteiligt sind, den Ablauf gut mitverfolgen

können. Per OH-Folie müsste es aber notfalls genau so gut funktionieren.

Experiment:

Für den ersten Durchgang soll sich eine Versuchsperson freiwillig melden. Diese wird

eventuell gebeten, sich nach vorne zu setzen, um die Tafeln so gut wie möglich

ablesen zu können. Außerdem wird eine Person benötigt, die die Zeit mitstoppt,

sowie eine weitere Person, die die Fehler (Versprecher) der Vp notiert. Nun beginnt

die Präsentation der Versuchstafeln.

Tafel 1 – „Farbwörtertafel“:Auf der Tafel sind schwarz gedruckt Farbwörter

ersichtlich (s. Bild 1).

Anweisung an die Vp:Lies die Wörter so schnell wie möglich laut vor!

Beginne dabei bei der linken Spalte und lies

von oben bis unten (dann die mittlere, dann die

rechte Spalte)!

Bild 1

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Tafel 2 – „Farbfeldertafel“:Auf der Tafel sind Farbfelder ersichtlich (s. Bild 2).

Anweisung an die Vp:Benenne die Farben so schnell wie möglich laut!

Beginne wieder bei der linken Spalte, von oben

nach unten, etc.

Bild 2

Tafel 3 – „inkongruente Farbwörter“:Auf der Tafel sind inkongruente Farbwörter

ersichtlich.

(inkongruent = nicht übereinstimmend)

z.B. das Wort „gelb“ in grüner Schriftfarbe, das

Wort „grün“ in roter Schriftfarbe, etc.

(s. Bild 3)

Anweisung an die Vp:Lies NICHT das Wort, sondern benenne die Farbe

in der es geschrieben ist, so schnell wie möglich!

Bild 3

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Nacharbeit:

Nach den drei Durchgängen werden die beiden HelferInnen gebeten, sowohl die

längste beziehungsweise kürzeste Zeit als auch die Anzahl der Versprecher bekannt

zu geben. Es wäre bestimmt interessant, den Test mit mehreren Versuchspersonen

durchzuführen, man hätte somit auch mehr Vergleichsmöglichkeiten. Der Vorteil bei

diesem Test liegt meiner Meinung nach darin, dass es egal ist, wenn andere

Versuchspersonen ihn auch noch probieren, obwohl sie vorher bereits zugesehen

haben. Ich könnte mir vorstellen, dass die anderen sogar motiviert werden, die erste

Versuchsperson zu überbieten, und es selbst ausprobieren wollen in der Hoffnung,

weniger Fehler zu machen. Weiters glaube ich nicht, dass man mit diesem

Experiment Gefahr läuft, jemand bloßzustellen oder durch Nennen der Fehleranzahl

zu beleidigen. Es ist besonders wichtig, schon im Vorhinein klarzustellen, dass dieser

sogenannte Test nichts mit Intelligenz der einzelnen Person zu tun hat (im

Gegensatz zu der Auffassung des Begriffes „Test“, den die SchülerInnen sonst

gewohnt sind).

Zu erwartendes Ergebnis:

Die Interferenzwirkung äußert sich üblicherweise als Verzögerung der Reaktionszeit,

mit der die Versuchsperson reagiert. Folglich wird die Versuchsperson bei Tabelle

am längsten brauchen und auch die meisten Fehler machen. Dadurch wird

unterstrichen, wie sehr Sprache und Denken vernetzt sind bzw. wie sehr das Lesen

eines Wortes in unserem Gedächtnis automatisiert ist. Trotz der Aufforderung (vgl.

Tafel 3) die Wörter NICHT zu lesen, sondern nur die Schriftfarbe zu benennen, lesen

wir eigentlich automatisch das Wort zuerst. Daher fällt es oft schwer, die Schriftfarbe

zu nennen, wenn sie nicht dem Wort selbst entspricht, und es kommt deshalb zu

häufigeren Versprechern. Der Weg von einem Farbeindruck zum sprachlichen

Output ist demnach länger als vom Wort zum sprachlichen Output.

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Theorie und weitere Beispiele:

Das so genannte Stroop-Verfahren ist ein Verfahren zur Messung der individuellen

Interferenzneigung (Farb-Wort-Interferenz). Die Versuchspersonen bekommen Worte

in verschiedenen Druckfarben dargeboten und sollen die Druckfarbe nennen:

NEUTRALE Wörter: „Lob“ = grün gedruckt

KONGRUENZwörter: „grün“ = grün gedruckt, oder

KONFLIKTwörter: „rot“ = grün gedruckt

Das Phänomen des Stroop-Effekts zeigt sich auch bei Dingen, denen eine Farbe

ziemlich eindeutig zugeordnet werden kann, wie z. B. „Kohle“ (schwarz) oder „Gras“

(grün). Auch bei anderen inkongruenten Reizen funktioniert der Stroop-Effekt, etwa

beim Hören: Wenn jemand das an eine Tafel geschriebene Wort „leise“ laut

ausspricht, ist ein Beobachter ebenfalls beim Lesen schneller als bei der

Bezeichnung der Lautstärke.

Was sich beim Stroop-Effekt genau abspielt, ist nicht geklärt. Es gibt auch keine

einfache Erklärung – über die Komponenten, die eine Rolle spielen, ist man sich

einig, aber nicht über ihre Gewichtung. Man weiß beispielsweise, dass auf der

Bedeutungsebene länger verarbeitet wird als auf der Klangebene. Soll man

beispielsweise bei zwei angegebenen Farben benennen, ob sie jeweils eher „warm“

oder „kalt“ sind, dann dauert dies länger, als die Farbe zu benennen, obwohl in

anderen Versuchsanordnungen die Benennung der Farbe länger dauert. Lesen aber

lässt sich in dieses Muster nicht so einfach anpassen. Obwohl manche Reize

schneller verarbeitet werden als Lesen, lässt sich Lesen fast nicht stören. Wenn man

zu jemandem sagt: „Lies das nicht!“ und dabei auf ein Wort zeigt, dann geht das gar

nicht, weil es der-/diejenige im selben Moment schon liest.

Verschiedene Einzel-Vermutungen mussten schon verworfen werden. So nahm man

an, dass der Stroop-Effekt auf die Geübtheit des Lesens zurückgehe. Es zeigte sich

aber in Experimenten, dass der Stroop-Effekt selbst bei Kindern mit geringen

Lesekenntnissen zu beobachten ist – allerdings natürlich nicht bei Analphabeten.

Dann gab es die Vermutung, dass Wörter schneller identifizierbar seien als andere

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Reize. Hier konnte Paul Fraisse 1964 jedoch experimentell nachweisen, dass Bilder

schneller erkannt werden als Wörter.

Versuche, gegen den Stroop-Effekt anzukämpfen, sind wenig wirkungsvoll: Wer etwa

20.000 Mal Inkongruenzen im Bereich Farbwahrnehmung versus Farbwort

verarbeitet, verringert den Stroop-Effekt tatsächlich etwas. Der Effekt bleibt aber im

Prinzip bestehen.

Der Stroop-Effekt tritt in vielen Versuchsanordnungen auf, z. B.:

- Ziffernfolgen, bei denen die Anzahl der Ziffern zu benennen ist, z. B.:

222

333

444

Die Antwort wäre für jede Zeile „drei“, weil überall drei Ziffern zu sehen

sind. Bei 222 und 444 ist man jedoch eher verleitet die Ziffern selbst zu

benennen.

- Orts- u. Richtungsangaben in Relation zum Gesichtsfeld, z.B.:

das Wort „links“ am rechten Rand der Tafel – verwirrend, weil man im

Gedächtnis die Seite eingespeichert hat

Abschließende Partnerarbeit zur Festigung des soeben Gelernten:

Bezeichne gemeinsam mit deinem/r NachbarIn die folgenden Sätze mit richtig (R)

oder falsch (F)!

1. Volksschulkinder machen beim Stroop-Test verhältnismäßig mehr Fehler als

Erwachsene. ……………………. (F)

2. „Grün“ ist ein Beispiel für ein inkongruentes Farbwort. ……………………. (F)

3. Wörter sind nicht schneller identifizierbar als andere Reize ..………………. (R)

4. Die Interferenzwirkung äußert sich nicht in der Reaktionszeit der

Versuchsperon ……………………. (F)

5. Kongruenz bedeutet, dass ein Wort und seine Schriftfarbe gleich sind. (z.B.

„rot“ – rot gedruckt) ……………………. (R)