Synthese der Oligonukleotide - Carell group...Die stereoselektive Synthese von -anomeren Zuckern...

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39 2. Synthese der Oligonukleotide 2.1 Synthese der Nukleoside 2.1.1 Allgemeines Effiziente Syntheserouten zu Nukleosiden werden zur Synthese verschiedenster Analoga benötigt. Diese Nukleosid Analoga konkurrieren im zellulären Geschehen mit den natürlichen Nukleosiden T, U, C, G und A. Sie stören daher die zellulären Prozesse. Viele derartiger Verbindungen haben anti-virale oder anti-proliferative Eigenschaften. Die t-RNA enthält eine ganze Reihe modifizierter Nukleoside. Das Studium wieso die Natur für die Übersetzung des genetischen Codes auf diese Substanzen zurückgreift bedingt die Synthese dieser modifizierten Nukleoside und deren Einbau in DNA und RNA. Prinzipiell werden heute drei Wege (A, B und C) zur Synthese von Nukleosiden beschritten. Auf dem Weg A, findet eine nukleophile Substitution statt. Die Abgangsgruppe befindet sich am anomeren Zentrum des Zuckers. Weg B liegt ebenfalls eine nukleophile Substitution zugrunde. Hier ist das Nukleophil allerdings der Zucker. Weg C bedeutet Aufbau des Heterocyclus am Zuckergerüst. HO NH N N O NH 2 N O OH HO O OH X NH N N O NH 2 N H HO O OH NH 2 NH N YC N O NH 2 Z HO NH 2 CY N N O OH B C A C A B

Transcript of Synthese der Oligonukleotide - Carell group...Die stereoselektive Synthese von -anomeren Zuckern...

39

2. Synthese der Oligonukleotide

2.1 Synthese der Nukleoside

2.1.1 Allgemeines

Effiziente Syntheserouten zu Nukleosiden werden zur Synthese verschiedenster

Analoga benötigt. Diese Nukleosid Analoga konkurrieren im zellulären Geschehen

mit den natürlichen Nukleosiden T, U, C, G und A. Sie stören daher die zellulären

Prozesse. Viele derartiger Verbindungen haben anti-virale oder anti-proliferative

Eigenschaften. Die t-RNA enthält eine ganze Reihe modifizierter Nukleoside. Das

Studium wieso die Natur für die Übersetzung des genetischen Codes auf diese

Substanzen zurückgreift bedingt die Synthese dieser modifizierten Nukleoside und

deren Einbau in DNA und RNA.

Prinzipiell werden heute drei Wege (A, B und C) zur Synthese von Nukleosiden

beschritten. Auf dem Weg A, findet eine nukleophile Substitution statt. Die

Abgangsgruppe befindet sich am anomeren Zentrum des Zuckers. Weg B liegt

ebenfalls eine nukleophile Substitution zugrunde. Hier ist das Nukleophil allerdings

der Zucker. Weg C bedeutet Aufbau des Heterocyclus am Zuckergerüst.

HO

NH

N

N

O

NH2N

O

OH

HO

O

OH

X

NH

N

N

O

NH2N

H

HO

O

OH

NH2 NH

N

YCN

O

NH2Z

HO NH2

CYN

NO

OH

B

C

A

C

A

B

40

2.1.2 Synthesen basierend auf Weg A

Ältere Methoden der Nukleosidsynthese beruhen auf der Umsetzung der

Schwermetallsalze der Heterocyclen mit einem Chlor- oder Bromzucker. Diese als

Fischer-Helferich oder Koenigs-Knorr Synthesen bekannte Methoden werden heute

nur noch vereinzelt angewendet. Als Schwermetallsalze fungieren die weichen HgII+

oder AgI+ Salze. Für die Synthese müssen alle anderen potentiell nukleophilen

Stellen geschützt werden. Nachteilig ist auch die oft schlechte Löslichkeit der

Schwermetallsalze. Die Halogenzucker müssen unter wasserfreien Bedingungen

gehandhabt werden, da sie sehr hydrolyseanfällig sind.

Die Methode liefert in der Regel die richtige regiochemische Verknüpfung d.h. N1 für

die Pyrimidine und N9 für die Purine. Die Reaktion verläuft nach einem SN2-

Mechanismus.

Statt der Schwermetallsalze lassen sich auch die alkylierten Basen verwenden.

Deren N-Atome im Heterocyclus sind in der Regel bereits nukleophil genug. Die

Methode heißt Hilbert-Johnson Nukleosidierung.

HO

O

HO OH

N

N

N

NH2

N

AcO

O

AcO

Br

OAc

N

N

N

HN

N

ClHg

O

O

AcO

O

AcO OAc

N

N

N

HN

N

O

O

AcO

O

AcO

Br

OAc

N

N

N

Cl

N

ClHgNH

Ac

HO

O

HO OH

NH

N

N

N

O

NH2

Xylen, 120oC

NH3/MeOH

Alternativ

1. Xylen, 120oC

2. NaOH, H2O

41

Eine moderne Variante der Hilbert-Johnson Methode ist die Silyl-Hilbert-Johnson

Methode, die auch Nukleosidierung nach Vorbrüggen genannt wird. Hierbei wird ein

stabilerer Zuckervorläufer, z.B. mit einer schlechteren Abgangsgruppe wie dem

Acetat am anomeren Zentrum eingesetzt. Vor der Kupplung wird der Zucker mit einer

Lewissäure zur „Aktivierung“ umgesetzt. In situ werden die nukleophilen Zentren

geschaffen.

42

Es entsteht eine Oxycarbenium-Ion Zwischenstufe. Die Nukleosidierung erfolgt daher

mehr nach einem SN1-Mechanismus und liefert daher meist Gemische des und

des Produktes. Befindet sich am C2‘ eine weitere Acetat oder Benzoat-Gruppe so

kann das Oxycarbeniumion von dieser Gruppe unter Nachgruppenbeteiligung

stabilisiert werden. Die Base kann entweder direkt nach Deprotonierung mit Base

(regiochemisch oft uneinheitliche Produkte) oder nach Silylierung (Vorbrüggen)

eingesetzt werden. Durch die Silylierung (mit HMDS) nimmt die Nukleophilie der N-

Atome im Heterocyclus zu. Das freie Elektronenpaar ist nicht mehr an der

aromatischen Stabilisierung beteiligt.

Es ist allerdings schwer abzuschätzen wo die Reaktion am Heterocyclus erfolgt und

oft werden keine einheitlichen Produkte erhalten. Der Angriff erfolgt immer vom

elektronenreichsten d.h. basischsten N im Heterocyclus. Durch den SN1-Charakter

bedingt ist auch die Bildung eines -/-Anomerengemisches. Zwei weitere Beispiele:

AcO

O

AcO

OAc

O O

AcO

O

AcO

OAc

OAc

AcO

O

AcO OO

AcO

O

AcO OO

AcO

O

AcO OAc

N

N

O-Si

OAcO

O

AcO OAc

N

NH

O

O

N

N

O

O

Si

Si

HN

NH

O

O

Me3SiCl

H2O

TfO-

Si OTf

N

N

O

O

Si

Si

TMS-Tf oder

SnCl4, Hg(OAc)2

Acetonitril oder1,2-Dichlormethan

-20oC - 50

oC

43

Mechanistisch erfolgt also zunächst die Bildung eines elektrophilen

Oxycarbeniumions. Dann bildet sich ein -Komplex aus der silylierten Base und der

Lewis-Säure. Dann erfolgt die Kupplungsreaktion.

Kritisch ist die -Komplexbildung. Bei schwachen Lewissäuren liegt nur wenig

Komplex vor. Es reagiert dann das basischste N im Heterocyclus also z.B. das N1

bei Pyrimidinen. Starke Lewissäuren (SnCl4) führen zur totalen Komplexierung dann

reagiert unter Umständen das weniger elektronenreiche Zentrum. Hier hilft dann das

Arbeiten in nukleophilen Lösungsmitteln. Das Nukleosidierungen oft Gleichgewichts-

reaktionen sind, kann durch Rühren bei leicht erhöhter Temperatur noch ein

Umlagern des primär gebildeten kinetischen Produktes zum thermodynamisch

günstigeren Produkt erfolgen.

AcO

O

AcO OAc

N

N

S

NHTMS

O

AcO

O

AcO

OAc

OAc

AcO

O

AcO OAc

N

N

S

NH2

O

BzO

O

AcO

Cl

N3

N

NN

HN

Cl

BzO

O

AcO

N3

N

NN

N

Cl

BzO

O

AcO

N3 N

NN

N

Cl

NH

N

S

NH2

O

(Me3Si)2NH

N

N

S

NHTMS

OTMS

SnCl4

NH3, MeOH

+

+

44

2.1.3 Kontrolle der Stereochemie am anomeren Zentrum

Wie oben bereits erwähnt, führen nukleophile Gruppen am C2‘ zu einer

Koordinierung des Oxycarbeniumions. Das ist besonders bei 2‘-Acyloxy-oder 2‘-

benzoylocygruppen der Fall. Das Oxycarbeniumion wird durch Verbrückung, unter

Nachbargruppenbeteiligung stabilisiert. Die Reaktion mit dem Nukleophil erfolgt dann

trans zur Nachbargruppe. Diese Gesetzmäßigkeit trägt den Namen Bakers-1,2-trans

Regel.

Aus der Regel folgt, dass die Reaktion der 1‘-Chlor-D-Arabinose und 1‘-Chlor-D-

Lyxose mit einer Base hauptsächlich die -Anomeren ergibt. Aus der 1‘-Chlor-D-

Ribose und der 1‘-Chlor-D-Xylose entstehen als Hauptprodukte die -Anomeren.

Der Nachbargruppeneffekt ist augenfällig wenn die -Verteilung bestimmt wir mit

einer p-Nitrobenzoylschutzgruppe an der C2‘-OH Gruppe. Der elektronenziehende

Effekt der p-Nitrogruppe reduziert die Basizität der einsamen Elektronenpaare am

Carboxyl-O-Atom, so dass die Stabilisierung des Oxycarbeniumions schlechter sein

N

NN

N

Si

NBz Si

N

N

O

O

Si

Si

Me3SiOX

N

NN

N

Si

NBz Si

Si

N

N

O

O

Si

SiSi

N

NN

N

NBz Si

Si

Reaktion an verschiedenenStellen

N

N

NH

HN O

O

Alloxazin

N

N

N

N O

O

Si

Si

1

2

3

3

45

sollt. Genau das wird beobachtet. Es entsteht mehr vom nicht Baker-Regel Produkt

als vorausgesagt wird. Die Reaktion wird deutlich weiter ins SN1-Regime verlagert.

2.1.3 Synthesen basierend auf Strategie B

Prinzipiell sind die Basen elektronenarme Heterocylen, in denen durch Alkylierung

oder Silylierung nukleophile Zentren geschaffen werden müssen. Den

elektronenarmen Charakter der Basen kann man ausnutzen, wenn ein

Zuckernukleophil eingesetzt wird. Die Base enthält als Substrukturelement quasi ein

„vinyloges Säurechlorid“. Dieses wird mit dem Aminozucker umgesetzt. Diese Art der

BzO

O

BzO

Cl

O O

BzO

O

BzO OBz

BzO

O

BzO O O

H

BzO

O

BzO O O

Base

BzO

O

BzO

Cl

OAc BzO

OCl

OAcOBzO

Base

BzO

O

BzO

Cl

OAcBzO

O

BzO

Cl

OAc

OBase

HgCl+

O O

NO2

Base-HgCl

D-Arabinose D-Lyxose Anomere

AnomereD-Ribose D-Xylose

p-Nitrobenzoat

46

Nukleosidierung wird relativ selten angewendet. Vom Reaktionstyp her handelt es

sich um eine nukleophile Substitution an einem Heteroaromaten, ähnlich wie bei der

Umsetzung von Peptiden mit dem Saenger‘s-Reagenz zur Endgruppenbestimmung.

2.1.4 Aufbau des Heterocyclus am Zucker

Führen alle Nukleosidierungen nur zur Bildung des falschen Regioisomeren oder

reagiert die Base gar nicht, so muss der Heterocyclus am Zuckergerüst aufgebaut

werden. Dieser Weg führte z.B. zur erfolgreichen Synthese von Flavin-Basen, die

aus den Alloxazinen nicht hergestellt werden können, da andere, im Alloxazin

basischere Zentren, bevorzugt reagieren.

AcO

O

AcO OAc

NH2AcO

O

AcO OAc

HN NH

NHO2N

O

NHAc

NH

NHO2N

O

NHAcCl

N

N

NH

HN O

O

Alloxazin

N

N

N

N O

O

Si

Si

1

2

3

3

AcO

O

AcO

NH2

OAc

NO2

NO2

NH4Cl

AcO

O

AcO OAc

HN

NO2

1. H2, Pd/C

NH

NH

O

O

O O

AcO

O

AcO OAc

N

N

N

NH

O

O

2.

47

Ganz ähnlich gelangen auch die Totalsynthesen, der in t-RNA vorkommenden Basen

Pseudouridin und Wyosin. Bei Pseudouridin handelt es sich um ein C-Nukleosid.

Diese Verbindungen sind aufgrund des Fehlens einer Acetal-Substruktur wesentlich

resistenter gegenüber Hydrolysen. C-Nukleoside werden daher als Glycosylase-

Inhibitoren eingesetzt. Glycosylasen sind Enzyme die glycosidische Bindungen

spalten.

2.1.5 Stereoselektiver Zugang zu - und -Nukleosiden

Für die stereoselektive Synthese wurden eigene Synthesen entwickelt. Die selektive

Darstellung von -Anomeren gelingt mit Hilfe der Oxazilidin-Methode. Gezeigt ist die

Synthese von -Arabinofuranosyl-Adenin. Zur Reduktion von OH-Gruppen, wie hier

zur Darstellung der Desoxyribose aus dem Ribosevorläufer wird häufig die Barton-

McCombi Reaktion angewendet.

Die stereoselektive Synthese von -anomeren Zuckern gelingt mit Hilfe des 2-Fluor-

1-methylpyridiniumtosylats. Reaktion mit dem Zucker unter thermodynamischer

Kontrolle fixiert das anomere Zentrum, so dass der große Pyridiniumrest die sterisch

HO

O

HO OH

NHHN

O

O

AcO

O

AcO OAc

N

C

O

AcO

O

AcO OAc

N

NNH2

O

NHMeHO

O

HO OH

N

N

N

N

N

O

O O

O O

O

Ph

Ph

N

NO

O

t-Bu

t-Bu

Li O O

O O

OH

Ph

Ph N N

Ot-Bu

O t-Bu

THF, -78oC

Swern Oxidation

H+ Mild

48

günstigere -Position einnimmt. SN2-Substitution durch die silylierte Base erfolgt

hauptsächlich unter inversion der Konfiguration zum -Anomeren.

BzO

O

O

OH

O

BzO

O

O O

O N

BzO

O

O OBase

O

RO

ROO

NH

S

ORO

ROO

N

S

N

N

H2N

O2N

O

RO

RO OH

N

HN

N

NS

NH2

ORO

RO O

N

N

N

N

NH2

S

SMe

NaH

DMF

HgBr2

Ra-Ni

H2O, NH4OH

Bu3SnH, AIBN

O

RO

ROO

N

S

HgBr

NF

ORO

ROO

N

S

N

N

H2N

H2N

ORO

RO OH

N

N

N

N

NH2

N

N

Cl

O2N

NH2

ORO

RO

N

N

N

N

NH2

, H2O

N

N

OSi(Me3)

(Me3)SiO

NH

O

Al/Hg

NaH,

Cs2

MeJ

Ts-

49

2.2 Synthese der Nukleotide

2.2.1 Die Chemie der Phosphor- und Phosphorigsäureester

Der in der Biologie relevante Phosphor (P) hat die Oxidationsstufe P(V) und ist

vierfach koordiniert. Zur Synthese biologisch relevanter Strukturen ist deshalb die

Kenntnis der Chemie dieser Phosphorverbindungen notwendig.

Die P-O Einfachbindungen sind sp3 Hybridorbitale und ca. 1.6 Å lang.

In den Triestern und in anderen Verbindungen sind die P=O Bindungen 1.46 Å lang.

Es handelt sich um pd Hybridorbitale. Der Phosphor weitet also seine Schale unter

Beteiligung von d-Orbitalen auf.

Die Triester wie PO(OEt)(OBu)(OPh) sind löslich in vielen organischen

Lösungsmitteln und leicht an Kieselgel chromatographierbar. Der P bildet ein stabiles

chirales Zentrum.

Die Diester wie PO(OEt)(OBu)(OH) sind wasserlösliche Verbindungen und mit einem

pKa-Wert von 1.5 wesentlich stärker sauer als Essigsäure (pKa = 4.75). Sie liegen in

Wasser deprotoniert vor. Die Ladung ist zwischen den zwei O-Atomen am P

delokalisiert (deshalb der niedrige pKa-Wert).

PO

OH

HO

HOP O

PO

O

O

O PhBu

EtP

O

OH

O

OBu

EtP

O

OH

O

HO

Et

PO

O

O

OBu

Et

50

Die Monoester wie PO(OEt)(OH)2 sind ebenfalls wasserlöslich. Die pKa-Werte

betragen 1.6 und 6.6. Unter physiologischen Bedingungen liegen die Monoester als

Gemisch der Mono- und Dianionen vor.

Die negativ geladenen Mono- und Diester der Phosphorsäure sind sehr

hydrolysebeständig. Ein angreifendes Nukleophil hat kaum eine Chance das durch

die negativen Ladungen abgeschirmte P-Atom anzugreifen. Diese hohe

Hydrolysestabilität ist die Grundlage des Lebens auf der Erde. Sie garantiert, das

Oligonukleotide stabile Verbindungen sind, die Informationen kodieren können.

Die Triester der Phosphorsäure werden auf drei Reaktionswegen (A, B und C)

angegriffen. Sie besitzen nicht die schützende negative Ladung sondern werden

hydrolysiert.

51

Reaktionsweg A beschreibt eine Substitution nach dem SN2P-Mechanismus. Es ist

ein assoziativer Prozess bei dem das Nukleophil zuerst an das P-Atom addiert. Erst

anschließend zerfällt das Zwischenprodukt. In diesem Prozess ist die Pseudorotation

oft langsamer als der Zerfall des Zwischenproduktes, so dass chirale Information

teilweise erhalten bleibt. Dieser Hydrolysemechanismus ist besonders schnell, wenn

es sich um Arylester handelt (s.o.) Der niedrigere pKa-Wert der Phenolate (pKa-Wert

ca. 10) im Vergleich zu nichtaromatischen Alkoholen (pKa-Wert ca. 15) zeigt bereits,

dass Phenolate wesentlich bessere Abgangsgruppen sind, die die negative Ladung

besser, durch Delokalisation in den Ring, stabilisieren können. Zur Abspaltung von

Arylestern als Schutzgruppen verwendet man meist Oxinat-Anionen als Nukleophile,

die dann in einer -Eliminierung (s.u.) in einem zweiten Schritt abgespalten werden.

Als Arylester-Schutzgruppe werden meist p-Chlorphenolester verwendet (warum?).

Reaktionsweg B beschreibt den Angriff sehr weicher Nukleophile. Sie greifen nicht

am P-Atom sondern an den Alkylgruppen eines Esterrestes an. Das sind typische

SN2-Reaktionen in denen der Phosphorsäuremonoester als gute Abgangsgruppe

fungiert. Diese Reaktion wird zum entschützen von Phosphorsäuretriestern

verwendet. Sie funktioniert phantastisch bei Methylestern, ist bei Ethyl- oder

sekundären Zentren allerdings schon relativ schlecht. Me > Et > R2CH.

Ausgenutzt wird diese Reaktivität bei der Entschützung von Phosphorsäure-

methylestern mit Thiophenolat.

Reaktionsweg C beschreibt eine -Eliminierung von Alkylphosphat-Triestern. Diese

Reaktion ist dann besonders gut wenn am -C-Atom noch eine elektronenziehende

Gruppe vorhanden ist, die die H-Atome acidifiziert. Hier hat sich die Cyanoethyl-

Gruppe sehr bewährt. Sie wir heute als Schutzgruppe in der Oligonukleotidchemie

angewendet. Ein weiteres Beispiel ist die Trichlorethylester-Schutzgruppe, die

Reduktiv mit Zn entfernt werden kann. Durch -Eliminierung werden auch die

Oximat-Ester abgespalten.

Die Phosphorsäuredi- und -monoester sind wie schon gesagt sehr

hydrolysebeständig. Das st im Fall der DNA sehr wichtig. RNA muss jedoch,

nachdem die Information in ein Protein translatiert wurde abgebaut werden, sonst

würde die Zelle nach der Produktion eines m-RNA Stranges ewig das kodierte

52

Protein erzeugen. Zum Abbau der DNA durch Enzyme (Ribonukleasen) nutzt man

aus, dass Aktivierungsenergien durch Proximitätseffekte und Ringspannung

(Aktivierungsentropie) stark reduziert werden können. Fünfring enthaltende, cyclische

Phosphorsäurediester werden aufgrund der Spannung im 5-Ring 107 mal schneller

hydrolysiert als die nicht zyklischen Diester. Das entspricht einer Verringerung der

freien Aktivierungsenthalpie G# um 36 kJ/mol. Genau dieses Prinzip nutzen die

Ribonukleasen, die RNA nach dem unten gezeigten Mechanismus hydrolysieren.

Die intrinsische Stabilität der Mono- und Diester wird durch die 5-Ring

Zwischenstruktur überwunden. Hydrolyse kann so erfolgen.

2.2.2 Kondensierte Phosphate und Synthese von Phosphorsäureesrtern

Die Synthese von Phosphorsäureester kann mit Hilfe von Dicyclohexylcarbodiimid

(DCC) analog einer Carbonsäureester Synthese erfolgen. Hierzu wird die

Phosphorsäure durch Umsetzung mit DCC aktiviert. Dann erfolgt der Angriff des

Alkohols. DCC erlaubt hauptsächlich Synthese von Diestern aus Monoestern.

Triester werden nicht gebildet. Hierzu reicht die Aktivität des DCC nicht aus. Zur

Triestersynthese verwendet man meistens Mesitylensulfonylchlorid oder die

entsprechenden Tetrazolide und Nitrotriazolide. Die Azolid-Anionen haben den

Vorteil, dass sie sehr wenig nukleophil sind. Schon das Cl- bereitet manchmal

Probleme und führt zur Phosphorsäureester Spaltung. Das Mesitylen wird auf Grund

O

O

O OH

Py

PO

O

O

O

O

O O

Py

PHO O

P

RO

OR

O O-

H2O

OP

O OH

O

B

BH

OP

O OH

OH

OH OP

O

OH

OH

HO

Nu

53

der erzeugten sterischen Abschirmung des S-Zentrum verwendet. So wird der

nukleophile Angriff des Alkoholats auf das P-Atom gefördert.

Viele heute verwendete Synthesen laufen über den P in der Oxidationsstufe P(III),

also über die Phosphit-Trister. Hier nutzt man die größere Reaktivität der P(III)-

Spezies aus (Vgl. PCl3 versus POCl3). Bahnbrechend war die Entwicklung der

Phosphoramidit-Chemie durch Caruthers und Matteucci (Abbildung A unten).

Hier werden die Diamide der Phosphorigsäure mit Tetrazol umgesetzt. Dabei reicht

die Acidität des Tetrazol aus um das N-Atom im Phosphorigsäureamid zu

protonieren. Erst nach der Protonierung werden die N-Substituenten zu sehr guten

Abgangsgruppen. Man kann also die stabilen Amide einsetzen und so das Arbeiten

mit den Hydrolyseanfälligen Halogenverbindungen vermeiden. Intermediär entstehen

die Tetrazolide der P(III)-Spezies, als Reaktivester. Diese reagieren mit Nukleophilen

wie z.B. Alkoholen z. B. zu den Triestern. Unter bestimmten Umständen

(Stöchiometrie) kann auf der Stufe der Diester die Reaktion gestoppt werden. Die

Phosphit-triester sind in der Regel auch instabil und werden nach erfolgter Bildung

mit Iod oder tert-Butylhydroperoxid zu den Phosphat-triestern aufoxidiert.

Basierend auf alten Arbeiten der Todd-Gruppe hat sich in den letzten Jahren auch

die H-Phosphonat Chemie (Abbildung B oben) stark entwickelt. Durch Umsetzung

von PCl3 mit Imidazol und nachfolgender milder Hydrolyse entstehen H-Phosphonate

P

OR

OH

O OR

P

HO

HO

O ORN

C

N

S

O

O

NN

NN

N

C

NH

P

O

HO

ROO

P

OR

OR

O NN

N

NP

OR

OR

O OR'

NH

C

NH

O

P

OR

OR

O O S

O

O

P

O

OH

RO OR'

R'-OH

HOR'

54

als Tautomere der Phosphit-Monoester. Diese H-Phosphonate sind im Gegensatz zu

den Phosphit-Monoester relativ stabil. Sie lassen sich durch Umsetzung mit einem

sperrigen Säurechlorid wie Pivaloylsäurechlorid oder Adamantylsäurechlorid in

gemischte Anhydride als aktivierte H-Phosphonate überführen. Diese reagieren dann

mit Alkoholen zu den H-Phosphonat Diestern. Erst ganz am Ende werden auch die

H-Phosphonate durch Umsetzung mit Iod oder tert-Butylhydroperoxid zu den

Phosphorsäurediestern aufoxidiert.

2.2.3 Synthese biologisch wichtiger Phosphat-Monoester

Zur Synthese der Phosphat-Monoester bedient man sich zweier Methoden. Sie sind

aus den Triestern durch Hydrolyse erhältlich. Zur Synthese der Monoester wurde das

Catechol-Phosphorsäurechlorid entwickelt. Es reagiert mit Alkoholen zum Triester,

der dann selektiv zum Monoester aufgrund der hohen Reaktivität des Catechol-

System (phenolisch und cyclisch) hydrolysiert werden kann. Darüber hinaus wurden

55

Reagenzien entwickelt, die Auf Grund ihres großen Raumbedarfs nur mit primären

Alkoholen zu den Phosphorsäuremonoestern reagieren können. Das ist wichtig, da in

der Natur zumeist die primäre 5‘-Position der Ribose phosphoryliert vorliegt. Die

gebräuchlichsten Reagienzen sind das Bis(2-tert-butylphenyl)phosphorchloridat

(Hydrolyse mit H2O) oder das Bis(2,2,2-trichlor-1,1-dimethylethyl)phosphorchloridat

(Hydrolyse mit Zn-Salzen).

Besonders gut funktionieren auch Methoden, die von Yoshikawa und Sowa-Ouchi

entwickelt wurden. Hierbei wird Phosphorylchlorid in einem Phosphorsäuretriester

Lösungsmittel mit dem Alkohol zur Reaktion gebracht (Yoshikawa). Nachfolgende

Hydrolyse gibt die Monoester. Wichtig hier sind die Reaktionsbedingungen.

Umsetzung von Phosphorylchlord mit dem Alkohol in Acetonitril/Pyridin/H2O (Sowa-

Ouchi) führt ebenfalls in 80%-iger Ausbeute und >90%-iger Selektivität zur Synthese

der Monoester.

56

2.2.4 Synthese kondensierter Phosphate, Pyrophosphate

Einige Beispiele zeigen wie verbreitet und in der Natur wichtig kondensierte

Phosphate sind. Das ATP ist der wichtigste Energiespeicher in unsere Zellen.

Verbindungen wie das NAD+ oder das FAD sind wichtige Coenzyme, die

entscheidend an der Zellatmung teilnehmen. Die Biosynthese der komplexen Zucker

auf den Oberflächen unserer Zellen geschieht im Wesentlichen mit Hilfe der UDP-

Zucker Vorläufer z.B. UDP-Glucose oder UDP-Galaktose. cADP-Ribose ist an der

Regulierung des Calciumhaushaltes wesentlich als second messenger beteiligt.

Die Synthese derartiger Verbindungen im Laboratorium erfolgt über die Aktivierung

der Monoester. So können Monoester mit DCC aktiviert werden. Umsetzung mit

Morpholin oder Diisopropylamin führt zur Bildung der Amidate, die mit Diphosphaten

zu den Triphosphaten umgesetzt werden können. Direkte Reaktion der

Monophosphate mit dem Diphenylphosphorchloridat führt nach Hydrolyse zur

Bildung der Diphosphate. Das intermediär entstehende Diphenyloxy-geschützte

Diphosphat kann mit Phosphat in einer SN2-Reaktion zum Triphosphat umgesetzt

werden.

OO

HO OH

N

N

N

N

NH2

PO

PO

PO

O O O O O O

OO

HO OH

N

N

N

N

NH2

PO

PO

O O O O

R

ROO

HO OH

N

NH2

O

OO

HO OH

NPO

PO

O O O O

NH

O

O

O

OHHO

HO

OHH

O

O

HO OH

N

N

N

N

NH2

P

OO

O

O

OHHO

P

O

O

ON

N

NH

N O

O

OH

HO OH

ORATP

NAD+ FAD

(OH)

(H)

UDP-Glucose

(UDP-Galactose)

cADP-Ribose

57

Wichtig bei der Synthese ist, dass sichergestellt wird, das jedes Phosphatzentrum

am Besten schon in der Synthese eine negative Ladung trägt, weil sonst rasche

Hydrolyse erfolgt. Alle Synthese von kondensierten Phosphaten vermeiden die

Bildung von Triphosphat Zwischenstufen.

Poulter hat z.B. auch die 5‘-OH Tosylate direkt mit Diphosphat oder sogar

Triphosphat umgesetzt, was eine direkte Synthese ermöglichte.

OHP

OP

HO

O O O O

TsO

O

AcO OAc

Ad

O

AcO OAc

ThyOP

O

O O

O

AcO OAc

AdOP

OP

HO

O O O O

O

AcO OAc

ThyOP

OP

PhO

PhO O O O

O

AcO OAc

ThyOP

O

N O

O

OHP

OP

HO

O O O O O

AcO OAc

ThyOP

OP

O

O O O OP

O

O O

DCC,NH

O

PO

Cl

PhO

PhO

dTTP