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Dr. Maxine SaborowSki · Alice SAlomon HocHScHule Berlin · [email protected] • ClauDia nuSS · Alice SAlomon HocHScHule Berlin · [email protected] • Prof. Dr. ingriD kollak · Alice SAlomon HocHScHule Berlin · [email protected] Techniknutzung – ein Netzwerk-Modell am Beispiel Augensteuerung Augensteuerung Als Assistenztechnologie Im Gesundheitswesen kommen komplexe Technologien zum Einsatz. In unserem Projekt haben wir Menschen mit starken motorischen und stimmlichen Einschränkungen beobachtet, die eine Augensteuerung zur Bedienung eines Sprachcompu- ters nutzen. Unsere These ist, dass die Nutzung einer Assistenz- technologie eine dynamische, interaktive Beziehung darstellt. Wir betrachten die Interaktionen zwischen den verschiedenen menschlichen und technischen Akteuren. Im alltäglichen Pro- zess der Nutzung verteilen die Akteure ihre Verantwortlichkei- ten immer wieder neu untereinander. Arbeitshypothese: Ein Netzwerkmodell, das die Verteilung von Verantwortlichkeiten zwischen den beteiligten Akteuren dar- stellt, ist besser dazu geeignet, die Nutzung einer Assistenz- technologie zu beschreiben, als ein dualistisches Nutzer-Tech- nik-Modell. Methode: Wir nutzen Methoden der Ethnografie wie teilneh- mende Beobachtungen mit Nutzern und Experteninterviews. Ergebnisse & Diskussion: Entwicklung und Nutzung von Tech- nik sind miteinander verbunden: Entwickler entwerfen Sze- narien, wie ihre Geräte gebraucht werden, was das Gerät tun und können soll und was die Nutzer tun und können sollen. Diese Szenarien sind den Geräten eingeschrieben. Nutzer tref- fen bei der Nutzung wiederum ihre eigenen Entscheidungen, etwa was sie vom Gerät erwarten. Am Beispiel technischer Pro- bleme bei der Nutzung einer Augensteuerung können wir zei- gen, wie komplex diese Verteilung der Verantwortlichkeiten ist. Wenn Probleme auftreten (etwa: die Kameras erkennen die Augen nicht), findet man unterschiedliche Erklärungsansätze. Etwa: »Die Kamera ist wohl gerade gestört.« Oder: »Die Ausrich- tung oder der Abstand stimmen vielleicht nicht, wir sollten das mal überprüfen!« Möglich ist ferner: »Vielleicht hattest du ge- rade die Augen geschlossen. Versuchen wir es nochmal!« Hier wird die Verantwortlichkeit für die Probleme an unterschiedli- che Akteure delegiert: Gerät, Helfer oder Nutzer. Oft bleibt am Ende unklar, woran es lag, aber die Situationen spiegeln die Aushandlungsprozesse wider. Die oben abgebildete Netzwerk- grafik stellt die verschiedenen Akteure und ihre Aufgaben dar. FAzit Eine komplexe Technologie wie eine Augensteuerung beruht nicht allein auf den technischen Komponenten, sondern ihr Funktionieren entsteht aus einem interaktiven und kommuni- zierenden Netzwerk von menschlichen und technischen Akteu- ren. Bei technischen Problemen zum Beispiel lässt sich beob- achten, wie die Akteure untereinander ihre Verantwortlichkeiten diskutieren und auch anpassen. So können wir zeigen, wie sich soziale Kommunikation und Technik gegenseitig beeinflussen. Gerät mit Kommunikationsoberfläche (Foto: Halstenberg, ASH Berlin) geFördert vom alea technologies gmbh Research Day 2015 Stadt der Zukunft Konzepte und Technologien Medien- und KoMMuniKations- technologien

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Techniknutzung – ein Netzwerk-Modell am Beispiel AugensteuerungAugensteuerung Als Assistenztechnologie Im Gesundheitswesen kommen komplexe Technologien zum Einsatz. In unserem Projekt haben wir Menschen mit starken motorischen und stimmlichen Einschränkungen beobachtet, die eine Augensteuerung zur Bedienung eines Sprachcompu-ters nutzen. Unsere These ist, dass die Nutzung einer Assistenz-technologie eine dynamische, interaktive Beziehung darstellt. Wir betrachten die Interaktionen zwischen den verschiedenen menschlichen und technischen Akteuren. Im alltäglichen Pro-zess der Nutzung verteilen die Akteure ihre Verantwortlichkei-ten immer wieder neu untereinander.

Arbeitshypothese: Ein Netzwerkmodell, das die Verteilung von Verantwortlichkeiten zwischen den beteiligten Akteuren dar-stellt, ist besser dazu geeignet, die Nutzung einer Assistenz-technologie zu beschreiben, als ein dualistisches Nutzer-Tech-nik-Modell.

Methode: Wir nutzen Methoden der Ethnografie wie teilneh-mende Beobachtungen mit Nutzern und Experteninterviews.

Ergebnisse & Diskussion: Entwicklung und Nutzung von Tech-nik sind miteinander verbunden: Entwickler entwerfen Sze-narien, wie ihre Geräte gebraucht werden, was das Gerät tun und können soll und was die Nutzer tun und können sollen. Diese Szenarien sind den Geräten eingeschrieben. Nutzer tref-fen bei der Nutzung wiederum ihre eigenen Entscheidungen, etwa was sie vom Gerät erwarten. Am Beispiel technischer Pro-bleme bei der Nutzung einer Augensteuerung können wir zei-gen, wie komplex diese Verteilung der Verantwortlichkeiten ist.

Wenn Probleme auftreten (etwa: die Kameras erkennen die Augen nicht), findet man unterschiedliche Erklärungsansätze. Etwa: »Die Kamera ist wohl gerade gestört.« Oder: »Die Ausrich-tung oder der Abstand stimmen vielleicht nicht, wir sollten das mal überprüfen!« Möglich ist ferner: »Vielleicht hattest du ge-rade die Augen geschlossen. Versuchen wir es nochmal!« Hier wird die Verantwortlichkeit für die Probleme an unterschiedli-che Akteure delegiert: Gerät, Helfer oder Nutzer. Oft bleibt am Ende unklar, woran es lag, aber die Situationen spiegeln die Aushandlungsprozesse wider. Die oben abgebildete Netzwerk-grafik stellt die verschiedenen Akteure und ihre Aufgaben dar.

FAzitEine komplexe Technologie wie eine Augensteuerung beruht nicht allein auf den technischen Komponenten, sondern ihr Funktionieren entsteht aus einem interaktiven und kommuni-zierenden Netzwerk von menschlichen und technischen Akteu-ren. Bei technischen Problemen zum Beispiel lässt sich beob-achten, wie die Akteure untereinander ihre Verantwortlichkeiten diskutieren und auch anpassen. So können wir zeigen, wie sich soziale Kommunikation und Technik gegenseitig beeinflussen.

• Gerät mit Kommunikationsoberfläche (Foto: Halstenberg, ASH Berlin)

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