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Prof. Dr.-Ing. Dirk Werner 173 [email protected] Modul(e) Pflichtmodul Stahlbau - Bachelor Teil 4 – Plastische Querschnittstragfähigkeit 4. Plastische Schnittgrößen des Querschnitts 4.1 Einleitung und Grundgedanken In der Elastizitätstheorie, dem Verfahren, welches den meisten Berechnungen im Bauwe- sen zugrunde liegt, sind eine Reihe sehr starker Vereinfachungen enthalten. Diese oft mit stark idealisierten Modellen berechneten Bauten sollen innerhalb einer bestimmten Zeit nicht versagen, wobei als Bezugsspannung das Erreichen der Fließspannung an einem Punkt des Querschnitts als Grenze angesehen wird. Nur kleinere oder örtliche Plastizie- rungen werden zum Teil noch zugelassen. Wäre es aber nicht sinnvoll, einen Teil des Stabquerschnitts plastizieren zu lassen oder gar an ausgewählten Stellen den gesamten Querschnitt? Können damit ggf. Tragreserven erschlossen werden? Was geschieht mit un- seren Tragwerken, wenn der Bereich der Elastizitätstheorie verlassen wird? Können wir die „Schlauheit des Materials“ vielleicht erklären? Bild 4-1: Teil einer havarierten Konstruktion, Beispiel für das plastische Verformungsvermögen von Baustahl Stahl besitzt ein ausgeprägtes plastisches Verformungsvermögen (Bild 4-1). Dadurch kön- nen Spannungsspitzen infolge Eigenspannungen (Walzen, Schweißen), Kerbspannungen etc. abgebaut und Kräfte auf Verbindungsmittel gleichmäßig verteilt werden. Die EN 1993 lässt neben dem klassischen Nachweisverfahren ET I. O auch die Verfahren zu, bei denen Teile des Querschnittes plastizieren. Voraussetzung dafür ist eine entsprechende Klassifi- zierung des Querschnittes in den Klassen 1 und 2. In der Norm werden viele Dinge ver- wendet und eingesetzt, die in den folgenden Abschnitten dargelegt werden. An Beispielen wird schließlich der Übergang zur Norm demonstriert. Einige Grundgedanken lassen sich mit dem folgenden Gedankenexperiment erklären.

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Teil 4 – Plastische Querschnittstragfähigkeit

4. Plastische Schnittgrößen des Querschnitts

4.1 Einleitung und Grundgedanken

In der Elastizitätstheorie, dem Verfahren, welches den meisten Berechnungen im Bauwe-sen zugrunde liegt, sind eine Reihe sehr starker Vereinfachungen enthalten. Diese oft mit stark idealisierten Modellen berechneten Bauten sollen innerhalb einer bestimmten Zeit nicht versagen, wobei als Bezugsspannung das Erreichen der Fließspannung an einem Punkt des Querschnitts als Grenze angesehen wird. Nur kleinere oder örtliche Plastizie-rungen werden zum Teil noch zugelassen. Wäre es aber nicht sinnvoll, einen Teil des Stabquerschnitts plastizieren zu lassen oder gar an ausgewählten Stellen den gesamten Querschnitt? Können damit ggf. Tragreserven erschlossen werden? Was geschieht mit un-seren Tragwerken, wenn der Bereich der Elastizitätstheorie verlassen wird? Können wir die „Schlauheit des Materials“ vielleicht erklären?

Bild 4-1: Teil einer havarierten Konstruktion, Beispiel für das plastische Verformungsvermögen von Baustahl

Stahl besitzt ein ausgeprägtes plastisches Verformungsvermögen (Bild 4-1). Dadurch kön-nen Spannungsspitzen infolge Eigenspannungen (Walzen, Schweißen), Kerbspannungen etc. abgebaut und Kräfte auf Verbindungsmittel gleichmäßig verteilt werden. Die EN 1993 lässt neben dem klassischen Nachweisverfahren ET I. O auch die Verfahren zu, bei denen Teile des Querschnittes plastizieren. Voraussetzung dafür ist eine entsprechende Klassifi-zierung des Querschnittes in den Klassen 1 und 2. In der Norm werden viele Dinge ver-wendet und eingesetzt, die in den folgenden Abschnitten dargelegt werden. An Beispielen wird schließlich der Übergang zur Norm demonstriert.

Einige Grundgedanken lassen sich mit dem folgenden Gedankenexperiment erklären.

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Bild 4-2: Laststeigerung fürfür einen Träger aufauf drei Stützen

Im Bild 4-2a wird ein Zweifeldträ-ger mit einer Einzellast gezeigt. Die Funktion des Biegemomen-tes ist qualitativ angegeben. Das

VerhältnisM 1

M 2

variiert u.a. in

Abhängigkeit von den Träger-querschnitten, der Laststellung und dem Stützweitenverhältnis. Es sei EI=const. Für dieses Beispiel wird ferner unterstellt, dass M 1>M 2 . Damit wird le-diglich festgelegt, dass bei einer Steigerung der Last P die Fließgrenze am Laststandort eher erreicht wird, als über der Mittelstütze.

Die Last P , bei der an einem Querschnittspunkt, in der Regel an dessen Außenseite, zum ers-ten Mal die Fließgrenze f y des Materials erreicht wird, sei die elastische Grenzlast P Rd ,el (Bild 4-2b). Die Last kann aber zwei-felsfrei noch weiter gesteigert werden. Dazu muss nun aber die Elastizitätstheorie verlassen wer-den.

Weitere Laststeigerung führt ir-gendwann zum Erreichen der Querschnittstragfähigkeit. der ge-samte Querschnitt ist plastiziert, in allen Fasern ist die Fließspan-nung f y erreicht. Da es in der Natur nicht sein kann, dass ein Querschnitt plastiziert und die un-

mittelbar daneben liegenden Bereiche nicht, bildet sich seitlich neben dem voll plastizier-ten Querschnitt eine Art Übergangszone aus (Bild 4-2c). Der voll plastizierte Querschnitt wird später „Fließgelenk“ genannt werden. Mit der Ausbildung eines Fließgelenkes ist das System aber noch tragfähig. Für weitere Lasten wirkt der Zweifeldträger nun wie ein Ger-berträger. Er ist nicht mehr so steif, wie der Zweifeldträger, versagt aber noch nicht. Wird

P = PRd , el

P < PRd , el

M 1

M 2 < M 1

M 1

f y M 2 < M 1

f y

P > PRd , el

1. FG

M 1 = M pl , Rd

M 2 < M 1

M 2 = M pl , Rd

M 1 = M pl , Rd

P = PRd , pl

1. FG

2. FG

a

b

c

d

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nun die Last weiter erhöht, kann sich am Fließgelenk in Feldmitte also kein größeres Mo-ment mehr ausbilden. Das Moment an dieser Stelle heißt M pl , Rd , plastisches Moment, und bleibt bei weiterer Laststeigerung konstant.

Parallel mit der Laststeigerung wird natürlich auch in anderen Abschnitten des Tragwerks die Spannung erhöht. So wird sich irgendwann ein zweites Fließgelenk, in diesem Fall über der Mittelstütze, ausbilden (Bild 4-2d). Aus dem Gerberträger wird dann eine zwangs-läufige kinematische Kette. Das System wird beweglich und versagt. Die Last, die dazu führt, ist die plastische Grenzlast P Rd , pl bzw. die Traglast des Systems. Das Traglastver-fahren dient der Ermittlung dieser plastischen Grenzlast (Abschnitt 7). Die plastische Quer-schnittstragfähigkeit M pl , die zur Bildung des ersten Fließgelenks (Bild 4-2c) führt, wird in diesem Abschnitt untersucht.

Im Bild 4-3 sind die Spannungs-Dehnungs-Linien des bilinearen Materialgesetzes und ei-nes üblichen Baustahls qualitativ miteinander verglichen. Im elastischen Bereich sind die Linien deckungsgleich, was mit dem sehr guten linear-elastischen Materialverhalten von Stahl begründet werden kann. Die Fließzone wird durch die horizontale Geraden angenä-hert. Der Entlastungsweg verläuft parallel zur Belastung, wird also wie in den Beispielen bereits erläutert voll elastisch angesetzt, wobei die Dehnung εel , die verbleiben darf defi-niert werden muss. Der Verfestigungsbereich wird i.d.R. vernachlässigt.

Bild 4-3: bilineares Materialgesetz nach EN 1993 für Stahl im Vergleich mit der Spannungs-Dehnungs-Linie für einen Baustahl

Bild 4-4: Spannungsentwicklung der Biegenormalspannungen bei Steigerung des Biegemomentes von M el , Rd bis M pl , Rd

σ

f y

εεel

EEntlastung

yz

xh

b

M y

f y (Zug )

� f y ( Druck )

1 2 3

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An einem Rechteckquerschnitt (Bild 4-4) werden die grundlegenden Veränderungen dar-gestellt, die zur Bildung eines Fließgelenkes führen. Zu erkennen sind drei verschiedene Spannungsblöcke, die unterschiedlichen Größen des zugehörigen Biegemomentes M y

entsprechen. Die zugehörigen Schnittführungen sind im Bild 4-5 eingetragen. Im ersten Schnitt (1-1) sind die Beanspruchungen rein elastisch. Die am stärksten belasteten äuße-ren Fasern der Querschnitts erreichen gerade die Fließspannung. In der Schwerachse ist die Spannung Null. Dazwischen ist ein linearer Übergang vorhanden (lineare Elastizitäts-theorie, Grundlage ist die Bernoulli-Hypothese). Das zugehörige Moment ist das elastische Grenzmoment M el , Rd , oft auch als Fließmoment M F bezeichnet. Seine Größe hängt nur vom Querschnitt (Widerstandsmoment W el ) und der Fließspannung des Materials (

f y ) ab:

M el , Rd = W el⋅ f y (4-1)

Das Widerstandsmoment W el ist aus der Festigkeitslehre bekannt:

W el , Rechteck =b⋅h2

6(4-2)

Bild 4-5: Fließgelenk, vereinfachte Darstellung, eingetragen sind die zu den Spannungsblöcken gehörenden Schnitte 1 bis 3, zu erkennen sind die Bereiche in denen die Fließspannung nicht erreicht ist und diejenigen, an denen f y erreicht ist.

Kleinere Belastungen nutzen die Randspannung nicht aus und es gilt:

σx , Ed < f y (4-3)

Darauf basiert der Nachweis der ET I. O, s. Abschnitt 3. Wird nun aber die Belastung grö-ßer, dann kann an der äußersten Faser keine Spannungserhöhung stattfinden. Es erfolgt der Übergang zu einem Spannungsblock, der in der Mitte von Bild 4-4 gezeigt und dem Schnitt 2 in Bild 4-5 zugeordnet ist. Eine Spannungserhöhung kann genau so lange erfol-gen, solange es noch Fasern im Querschnitt gibt, die noch nicht die Fließspannung er-

l s

1

1

3

3

2

2

P

teilweise

plastisch

elastisch elastisch

M pl , Rd

M el , Rd

M

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reicht haben. Bis zu diesem Punkt gilt:

M el , Rd ≤ M y , Ed ≤ M pl , Rd (4-4)

wobei M pl , Rd das vollplastische Moment ist, also dasjenige, das bei reiner Biegung durch den Querschnitt maximal aufgenommen werden kann. Dieser Zustand ist dritten Span-nungsblock im Bild 4-4 gezeigt, der dem Schnitt 3 aus Bild 4-5 entspricht. Die Größe des aufnehmbaren Momentes M pl , Rd lässt sich berechnen, indem das Volumen der beiden „Spannungs-“ Quader berechnet wird und die entstehende Druckresultierende (roter Qua-der) sowie die Zugresultierende (blauer Quader) als Kräftepaar interpretiert wird:

M pl , Rd = f y⋅b⋅h

2⋅

h

2= f y⋅

b⋅h2

4= f y⋅W pl → mit W pl =

b⋅h2

4(4-5)

Aus 4-2 und 4-5 folgt für das Verhältnis der Widerstandsmomente W el und W pl :

α pl =W pl

W el

=(b⋅h2

4 )⋅( 6

b⋅h2)= 1,5 (4-6)

Mit dem Wert α pl ist der plastische Formbeiwert definiert, der für jeden Querschnitt und in Abhängigkeit von der Belastungsrichtung unterschiedliche Werte annehmen kann. Da-her die Bezeichnung „Formbeiwert“. Er ist gewissermaßen eine Messgröße für die plasti-schen Tragreserven zwischen der ET I. O und der Ausnutzung der plastischen Quer-schnittstragfähigkeit. Für den Fall eines Rechteckquerschnitts besteht hier also eine 50%-ige Tragreseve.

Erreicht der Träger aus Bild 4-5 in der Mitte das vollplastische Moment M pl , Rd , bildet sich das Fließgelenk aus und der Träger versagt, da es sich um ein statisch bestimmtes System handelt. Der Nachweis, dass die plastische Querschnittstragfähigkeit in keinem Querschnitt des Tragwerks erreicht wird, ist also unabhängig vom statischen System. Er ist ferner konservativ, da z.B. das im Bild 4-2 erläuterte System ja auch NACH Ausbildung des ersten Fließgelenks noch tragfähig war, wenngleich wesentlich höhere Tragwerkswi-derstände zugelassen werden, als nach der Elastizitätstheorie (s. α pl ).

Solange die maximale Spannung in einem Querschnitt zu begrenzen ist, werden die Nach-weise nach den bekannten Formeln der technischen Biegelehre als Spannungsnachweise geführt und nachgewiesen, dass die auftretende (kombinierte) Spannung an allen Stellen des Querschnitts kleiner bleibt als ein vorgegebenes Maß, beispielsweise die Fließspan-nung f y . Bei plastischen Bemessungen wird die Größe der Spannung quasi „automa-tisch“ durch die Fließspannung begrenzt, und sie tritt im ungünstigsten Fall in allen Fasern des Querschnitts auf. Erst dann ist per Definition die Querschnittstragfähigkeit erschöpft. Dieser „Nachweis der Grenztragfähigkeit des Querschnitts“ tritt bei plastischen Verfahren an die Stelle der elastischen Spannungsnachweise. Er kann nur auf der Basis aufnehmba-rer Schnittgrößen geführt werden. EN 1993-1-1 stellte aus diesem Grund auch die „alten“ Spannungsnachweise vom Format her auf den Vergleich der Schnittgrößen um.

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In einem ersten Schritt muss zunächst festgestellt werden, wie groß einzelne Schnittgrö-ßen werden können, bis der Querschnitt ausgelastet ist. Zu bestimmen sind dafür die Schnittkräfte N pl , Rd , M pl , Rd und Q pl , Rd , die jede einzeln dazu führen, dass der ge-samte Querschnitt plastiziert ist, also jede Faser mit der Fließspannung f y belegt ist. Diese Fälle treten in der Praxis aber nur in seltenen Ausnahmefällen auf. Vielmehr sind in realen Tragwerken fast immer Kombinationen von Schnittgrößen vorhanden. In der Sum-me kann ein Querschnitt aber nicht mehr Spannungen aufnehmen, als in jeder seiner Fa-sern die Fließspannung f y . So wird bei einer im Querschnitt vorhandenen Normalkraft

N Ed das dann noch zulässige Moment M Ed kleiner sein, als das, welches ohne Wir-kung der Normalkraft aufgenommen werden kann. Es müssen also Bedingungen gefun-den werden, welche Kombinationen von Schnittgrößen zulässig sind. Diese Bedingungen werden als Interaktionsbeziehungen bezeichnet, der Vorgang der Kombination auftreten-der Schnittgrößen im Nachweis als Interaktion. In vielen Fällen sind Interaktionsbeziehun-gen als Diagramme in der Literatur und den Normen angegeben. Welche das für EN 1993-1-1 sind, wird in den Beispielen erklärt.

4.2 Vollplastische Momente bei Stäben

Bei ausschließlicher Wirkung von Biegemomenten auf einen Querschnitt treten nur Nor-malspannungen im Querschnitt auf. Dabei ist zwischen Zug- und Druckspannungen zu un-terscheiden. Während die Spannungen im Querschnitt bei einer Beanspruchung

M Ed > M el , Rd durch die Fließspannung f y begrenzt werden, trifft das für die Dehnun-gen nicht zu (Bild 4-6). Die elastische Grenzdehnung εel tritt im Querschnitt immer an den Stellen auf, die den Übergang von den plastizierten Bereichen an den Außenseiten zum (noch) elastischen inneren Bereich kennzeichnen. Die Randdehnungen können we-sentlich größer sein.

Bild 4-6: Spannungen und Dehnungen bei einer Belastung M Ed > M el , Rd ,Die Dehnungen werden wesentlich größer, als bei einer elastischenBerechnung

Ist nun der gesamte Querschnitt plastiziert, wenn also mit M Ed = M pl , Rd das maximal aufnehmbare plastische Moment erreicht ist, weist jede Faser im Querschnitt die Fließ-spannung f y auf. Die aus einer Spannung resultierende Schnittkraft wird allgemein als Integral über die Fläche berechnet. Da die Spannung mit f y auf der gesamten Fläche konstant ist, vereinfacht sich die Berechnung zum Produkt aus Fließspannung und der

+

-

+

-

b

plastischer

Bereich , Druck

elastischer

Bereich , Druck

plastischer

Bereich , Zug

elastischer

Bereich , Zugh1

h

Spannungen Dehnungen

M pl , Rd > M > M el , Rd

f y

f y

εo

εo

εel

εel

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Fläche, in der sie wirkt. Für die resultierenden Schnittgrößen muss natürlich das Gleichge-wicht eingehalten sein. Wegen der hier untersuchten reinen Biegung muss folglichΣ H=0 allein für die aus den Spannungen reduzierten Schnittgrößen gelten (Kräfte in

Bild 4-7, rechts). Damit wird klar, dass die Hälfte der Querschnittsfläche die Fließspannung als Biegedruck übertragen muss und die andere Hälfte der Fläche als Biegezug. Die Nullli-nie muss also in der Flächenhalbierenden für den Querschnitt liegen. Für den doppeltsym-metrischen Rechteckquerschnitt aus dem Beispiel zur Erläuterung des Fließgelenkmodells ist das darüber hinaus klar, weil die Flächenhalbierende gleichzeitig auch die Schwerach-se des Querschnitts ist. Bei zur Schwerachse unsymmetrischen Querschnitten findet eine Verschiebung der Nulllinie von der Schwerachse zur Flächenhalbierenden statt, wie im Bild 4-7 für einen T-Querschnitt aufgezeichnet ist.

Bild 4-7: Verschiebung der Spannungsnulllinie von der Schwerachse zurFlächenhalbierenden

Das aufnehmbare plastische Moment M pl , Rd bei reiner einachsiger Biegung ist nunmehr die Summe der Momente der im Bild 4-7 eingetragenen Kräfte bezüglich der Flächenhal-bierenden:

M pl , Rd =1

2⋅A⋅(a1 + a2) (4-7)

In 4-7 ist mit A die gesamte Fläche bezeichnet. Unter Verwendung der Definitionen 4-5 und 4-6 kann nun gerechnet und festgestellt werden:

f y =M el , Rd

W el

=M pl , Rd

W pl

=M pl , Rd

W el⋅α pl

→ M pl , Rd = α pl⋅M el , Rd(4-8)

Mit Kenntnis des aufnehmbaren vollplastischen Moments M pl , Rd und des aufnehmbaren elastischen Moments M el , Rd kann also für jeden Querschnitt der plastische Formbeiwertα pl nach 4-8 auch berechnet werden bzw. kann mit Kenntnis der Formbeiwerte aus den

elastischen Grenzschnittgrößen das vollplastische Moment bestimmt werden. Daher wer-den weitere Formbeiwerte für häufig vorkommende Profile angegeben. Für den Doppel-T Querschnitt (idealisierte Form, Bezeichnungen nach Bild 4-8) wird W pl erhalten zu:

W pl = b⋅t f⋅(h � t f )+ t w⋅(h

2� t f )

2

(4-9)

Flächenhalbierende

Schwerachse

z

y

S

S1

S2

f y

σ < f y

f y

f y

a1

a2

A

2⋅f y

A

2⋅f y

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Dabei ist die strenge Definition des plastischen Widerstandsmoments W pl als die Sum-me der absoluten Beträge der Flächenmomente ersten Grades zur Flächenhalbierenden mit 4-10 gegeben:

W pl , y =∑FH

y

∣S y∣ und W pl , z =∑FH

z

∣S z∣ (4-10)

Bild 4-8: zur Berechnung von W pl und α pl

Für die Formbeiwerte α pl , y von Walzprofilen werden Werte zwischen 1,12 und 1,18 be-rechnet. Kleine Formbeiwerte sind zweckmäßig, da die größten Flächenanteile entspre-chend weit weg von der Flächenhalbierenden liegen, die im Falle der Doppel-T Profile mit der Schwerachse identisch ist. Der Unterschied zwischen elastischem Widerstand W el

und plastischem Widerstand W pl ist aber bei weitem nicht mehr so groß, wie bei Recht-eckquerschnitten. Für Kreisringprofile wird berechnet:

W pl =4

3(ra

3– r i

3) (4-11)

Bei Rundquerschnitten sind die Grenzwerte für α pl vom Verhältnisr i

ra

abhängig. Dem-

nach gilt:

α pl = 1,70 wenn r i = 0 → Vollkreis

α pl ≈ 1,27 wennr i

r a

→1 → dünnwandiges Rohr (4-12)

Im Bild 4-9 sind noch einmal für alle genannten und einige weitere Querschnitte die Form-beiwerte zusammen gestellt. Viele Tabellenwerke für Ingenieure (Schneider, Wendehorst, etc.) enthalten Tabellen für M pl , Rd der Standardwalzprofile. Die (alte) DIN 18800-1 er-wähnt den plastischen Formbeiwert im Element 750. Dabei wurde eine pauschale Erhö-hung der zulässigen Normalspannung nach ET I.O (3-35) wie folgt zugelassen:

σ x = ∣N

M y

α pl , y

* ⋅W y

±M z

α pl , z

* ⋅W z∣ (4-13)

b

t f

tw

S

h

1

2(h�t f )

1

2(1

2h�t f )

t

r a

r i

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Damit war eine sogenannte „örtliche Plastizierung“ der Querschnitte erlaubt. In EN 1993-1-1 ist dieses Nachweisformat nicht mehr enthalten. Die Ausnutzung der plastischen Quer-schnittstragfähigkeit wird über die plastischen Schnittgrößen realisiert. Das vollplastische Moment ist eine davon.

Bild 4-9: plastische Formbeiwerte für verschiedene Profile

4.3 Vollplastische Normalkraft bei Stäben

Bei zentrischer Normalkraft gilt, unabhängig von der Belastungsrichtung „Zug“ oder "Druck“ Gleichung (4-14):

N pl = A⋅f y (4-14)

Der gesamte Querschnitt weist bei zentrischer Belastung in seiner Schwerachse dieselbe Größe und dieselbe Richtung der Spannung auf. Die aufnehmbare Spannung nach der ET I. O war f y . Bei der Steigerung einer zentischen Normalkraft wird die Spannung f sub y in allen Fasern des Querschnitts gleichzeitig erreicht. Daher gilt für diesen Fall:

N el = N pl (4-15)

Ein plastischer Formbeiwert kann hier also nicht definiert werden. Zum erforderlichen Lochabzug sind bei den Beispielen die entsprechenden Erläuterungen gegeben.

4.4 Vollplastische Querkraft bei Stäben

Querkräfte erzeugen in den Querschnitten Schubspannungen, die in der Querschnittsebe-ne verlaufen. Normalkräfte und Biegemomente erzeugen dagegen Normalspannungen senkrecht zur Querschnittsfläche. Daher ist für die Querkraftwirkung nicht die Fließspan-nung f y sondern die Schubgrenzspannung anzusetzen, die sich aus der Fließbedingung ermitteln lässt. Der Zusammenhang mit der Fließgrenze ist mit Gleichung 4-16:

2,0

1,0

1,0

2,37

2,00

1,70

1,50

1,27

1,12 … 1,18

1,0

M pl , Rd

M el , Rd

εpl

εel , Rd

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τRd =f y

√3(4-16)

gegeben. Als maßgebende Flächen werden nun ausschließlich die Flächenanteile ange-setzt, die „in Richtung der wirkenden Querkraft“ angeordnet sind, deren Widerstand sich also "gegen die Kraft" richtet. Das sind beispielsweise bei Doppel-T Profilen, die in der starken Achse beansprucht werden, die Stegflächen und bei Querkräften die in Richtung der schwachen Achse wirken, die beiden Gurtflächen. Damit wird für V pl im Fall üblicher Doppel-T Profile mit den Bezeichnungen aus Bild 4-8:

V z , pl , Rd =Aw⋅ f y

√3=

(h�t f )⋅tw⋅ f y

√3(4-17)

für den Steg bei Beanspruchung in z-Richtung, und

V y , pl , Rd =2⋅A f⋅f y

√3=

2⋅b⋅t f⋅f y

√3(4-18)

für die Gurte bei Querkräften parallel zur y-Achse. Bei anderen Querschnittsformen ist sinngemäß zu verfahren. Nicht achsenparallele Querkräfte sind nach den Regeln der Vek-torrechnung aufzuteilen.

4.5 Interaktionen

Die gleichzeitige (interaktive) Wirkung mehrerer Schnittgrößen innerhalb des Querschnitts erfordert eine angemessene Berücksichtigung. Die bisher angegebenen Gleichungen be-rücksichtigen nur die Wirkung jeweils einer ausgewählten Schnittgröße und sind für einige Profile in der Tabelle 4-1 nochmals zusammenfassend aufgeschrieben. Dieser Fall ist in der Praxis aber höchst selten gegeben. Daher werden nachfolgend einige Interaktionsbe-ziehungen hergeleitet, die in der alten UND der neuen Normengeneration so bzw. in ähnli-cher Form enthalten sind. Dazu mehr bei den Beispielen.

Interaktionsbeziehungen sind in der Fachliteratur vielfach angegeben und hergeleitet. In allgemeiner Form sind sie oft aufwändig zu berechnen. Dagegen ergeben sich in speziel-len Fällen für konkrete Anwendungen oft leichtere Formulierungen. Das Script beschränkt sich auf solche Fälle, an denen aber das grundsätzliche Vorgehen klar wird.

Vielfach werden die Gleichungen später in Diagrammform als Berechnungshilfen veröf-fentlicht. Das erleichtert die praktische Arbeit bei der Schnittgrößeninteraktion. Weitere Ausführungen zu diesem Thema finden sich insbesondere bei Kindmann, Frickel [13].

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Querschnitt M pl Q pl N pl

M y bzw.V z

= A f⋅(h�t f )⋅ f y+

Aw

4⋅(h�2 t f )⋅ f y

mit

A f = t f⋅b und

Aw = tw⋅(h�2⋅t f )

=Aw⋅ f y

√3

=(h�2t f )⋅tw⋅f y

√3

= A⋅ f y

=(2⋅A f +Aw)⋅ f y

mit

A f = t f⋅b und

Aw = t w⋅(h�2⋅t f )

M z bzw. V y

=A f⋅b

2⋅ f y+

Aw⋅t w

4⋅f y

mit A f = t f⋅b undAw = tw⋅(h�2⋅t f )

=2⋅A f⋅f y

√3

=2⋅b⋅t f⋅ f y

√3

= A⋅ f y

=(2⋅A f +Aw)⋅ f y

mit

A f = t f⋅b und

Aw = t w⋅(h�2⋅t f )

= d m

2⋅t⋅f y

mit:

d m = Durchmesser des Mittelkreises und

t ≪ d m

=2⋅d m⋅t⋅ f y

√3

= A⋅ f y

= π⋅d m⋅t⋅ f y

= 1,5⋅d 2⋅t⋅ f y

mit:

d = Seitenlänge des Mittelquadrates,

t ≪ d

=2⋅d⋅t⋅f y

√3

= A⋅ f y

= 4⋅d⋅t⋅ f y

Tabelle 4-1: einige Beziehungen zur Berechnung vollplastischer Einzelschnittgrößen an ausgewählten Querschnitten

4.5.1 Grundlagen zur Interaktion von Schnittgrößen

Mit dem Bild 4-10 wird zunächst nochmals untersetzt, dass ein Spannungsnachweis bei der plastischen Querschnittstragfähigkeit keinen Sinn macht. Die Interaktion von Schnitt-größen geht von einfachen Grundgedanken aus:

a) Alle Punkte des Querschnitts weisen für eine Kombination von Schnittgrößen die

Fließspannung f y oder die zulässige Schubspannungf y

√3auf. Eine größere

Spannung als f y kann per Definition nicht auftreten, da der Verfestigungsbereich unberücksichtigt bleibt.

tw

t f b

h

t

d m

t

d

tw

t f

b

h

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b) Die Querschnittsfläche ist sinnvoll auf die Schnittgrößen "zu verteilen" und die Art der Schnittgröße ist angemessen zu berücksichtigen. Dabei wird zuerst eine Schnittgröße betrachtet und anschließend berechnet, wie groß weitere Schnittgrößen sein dürfen.

Das Verfahren wird in der Literatur auch als Reduktionsmethode bezeichnet. Bei dieser Benennung ist Vorsicht geboten, da dieselbe Bezeichnung in der klassischen Statik für ein Berechnungsverfahren genutzt wird, welches sich zwischen Kraftgrößenmethode und Weggrößenmethode einordnet.

Bild 4-10: für plastische Schnittgrößen ist ein Nachweis auf der Basis vonSpannungen nicht möglich, oben das Verfahren nach ET I. O

Sehr transparent lässt sich die Interaktion von Normalkraft und Biegemoment am Recht-eckquerschnitt darstellen. Das wird im folgenden Abschnitt zunächst vorgerechnet.

4.5.2 Die Moment-Normalkraft-Interaktion

Ein Rechteckquerschnitt mit den Abmessungen b und h (Bild 4-11) sei zunächst durch eine Normalkraft N pl , M belastet. Der Index " M " zeigt dabei die gleichzeitige Wirkung eines Momentes M pl , N an. Entsprechend bedeutet der Index "N" am Moment, dass es neben dem Moment die Normalkraftwirkung gibt.

Nach der ET I. O wird die aus einer Normalkraft resultierende Normalspannung aus

σ x =N

A(4-19)

berechnet. Die Frage war also, wie groß wird die Spannung infolge der Kraft. Die Span-nung in unserem Fall ist bekannt, nämlich f y . Die Frage ist jetzt vielmehr, wie groß ist der Anteil der Querschnittsfläche, in der durch die Normalkraft die Fließspannung erreicht wird. Daraus folgt dann sofort die zweite Frage, nämlich wo ist dieser Flächenanteil im Querschnitt anzuordnen.

++

-

+

-

+

b

h

σ1 σ2 σ1 + σ2 ≤ f y

f y

f yf y

h

b

-

+

2⋅ f y ??

+

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Die erste Frage ist einfach zu beantworten. In 4-19 wird σ x durch f y ersetzt und nachAN umgestellt, wobei der Index " N " anzeigt, dass es sich um eine Teilfläche des Ge-

samtquerschnitts mit der Fläche A = b⋅h handelt.

AN =N

f y

(4-20)

Die Teilfläche des Rechtecks sei AN = b⋅e gegeben. Die Breite wird also konstant gehal-ten und mit " e " der Anteil der Querschnittshöhe bestimmt, der für die Normalkraft "re-serviert " wird:

AN = b⋅e =N

f y

→ e =N

b⋅ f y

(4-21)

Die Normalkraft erzeugt nach ET I. O im Querschnitt eine konstante, zur Schwerachse symmetrische Spannung. Folgerichtig wird auch die Fläche AN symmetrisch zur Schwer-achse angeordnet. Damit erzeugt die Normalkraft N pl , M in dem Bereich des Querschnitts die Fließspannung f y , der im Bild 4-111 rot schraffiert ist. Das Vorzeichen ist dabei prin-zipiell egal, im Bild 4-11 ist es eine Zugkraft.

Bild 4-11: Interaktion von Normalkraft und Biegemoment am Rechteckquerschnitt

Die noch verbleibende Querschnittsfläche für das Moment M pl , N ist:

AM = A � AN (4-22)

und ist zur Flächenhalbierenden (beim Rechteck identisch mit der Schwerachse) eben-falls symmetrisch angeordnet. Damit ist die Restfläche AM grundsätzlich für die Ablei-tung eines Biegemomentes geeignet (blaue Schraffur in Bild 4-11). In der Addition der bei-den Anteile verschiebt sich die Grenzfaser für den Übergang von + f y zu � f y gegen-

über einer ausschließlichen Momentenbeanspruchung um den Wert e

2.

Es wird nun aufgeschrieben, um wieviel das vollplastische Moment M pl kleiner werden muss, wenn die Fläche AN = b⋅e , also der im Bild 4-11 in der mittleren Darstellung ge-strichelte unschraffierte Bereich, nicht mehr für das Moment zur Verfügung steht:

+

b

hf y f y

f y f y

f y

e

+

- -

+

N pl , M

M pl , N

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M pl , N = M pl � ∆ MN (4-23)

In (4-23) ist der Anteil ∆ M N zu bestimmen. Dabei stellt die Fehlfläche ein eigenes Recht-eck mit der Höhe h = e und der Breite b dar. Für dieses kleine Rechteck ist mit 4-5 das vollplastische Moment bekannt. Es wird also erhalten:

∆ MN =

f y⋅b⋅e2

4(4-24)

Damit kann in (4-23) ersetzt werden:

M pl , N =f y⋅b⋅h

2

4�

f y⋅b⋅e2

4=

f y⋅b⋅h2

4 (1 �e

2

h2)= M pl⋅(1 �

e2

h2)

M pl , N

M pl

=(1 �e

2

h2) (4-25)

Nunmehr wird versucht, eine von e unabhängige Schreibweise zu erzeugen und gleich-zeitig den Wert der angreifenden Längskraft in die Beziehung zu integrieren. Offensichtlich ist:

N pl , M = b⋅e⋅ f y und N pl = b⋅h⋅f y (4-26)

woraus sofort folgt:

N pl , M

N pl

=e

h→ ( N pl , M

N pl)

2

=e

2

h2(4-27)

Damit kann der Ausdrucke2

h2

in 4-25 ersetzt werden:

M pl , N

M pl

=(1 �N pl , M

2

N pl

2 ) (4-28)

Die Gleichung 4-28 ist die M � N Interaktionsbeziehung für Rechteckquerschnitte.M pl und N pl sind bekannt. Greift eine Normalkraft N Ed = N pl ,M an, kann über (4-28)

berechnet werden, wie groß das Moment M pl , N noch werden darf. Ist andersherum ein Moment M Ed = M pl , N vorhanden, kann die noch aufnehmbare Normalkraft berechnet werden. Die Gleichungen lauten:

M pl , N = M pl⋅(1 �N pl , M

2

N pl

2 ) und N pl , M = √ N pl

2 ⋅(1 �M pl , N

M pl) (4-29)

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Es wird ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die vorgenommene Flächenaufteilung ein typisches Ingenieurmodell ist. Ferner ist klar geworden, dass eine Interaktionsbeziehung vom Querschnitt abhängt. Die einfachen Gleichungen 4-28 und 4-29 gelten nur für den Rechteckquerschnitt. Für die Grenzwerte N pl , M = 0 und M pl , N = 0 liefern sie die jewei-ligen vollplastischen Schnittgrößen.

Für andere Querschnitte sind ggf. weitere Überlegungen notwendig. Beim Doppel-T Quer-schnitt ist beispielsweise zu überlegen, wie weit sich der Spannungsnulldurchgang (Nullli-nie) von + f y zu � f y verschiebt. Liegt er noch im Steg (kleine Normalkraft), oder wird die Kraft N pl , M so groß, dass diese Linie schon in einem der Gurte liegt? Bild 4-12 zeigt beide Fälle:

Bild 4-12: M-N-Interaktion am Doppel-T Profil,Fälle für die Lage der Nulllinie a) im Steg, b) im Gurt

Für beide Fälle können Interaktionsbeziehungen ähnlich der in Gleichung (4-28) aufge-

schrieben werden. Dabei wird deutlich, dass das FlächenverhältnisAw

Aeine Rolle spielt.

In der Praxis werden daher statt der Gleichungen sehr oft Diagramme angegeben, in de-nen verschiedene Linien für verschiedene Flächenverhältnisse dargestellt sind. Die herge-leitete Beziehung lautet allgemein:

M pl , N

M pl

= 1 �( N pl , M

N pl)

2

�Θ2

Θ1

(4-30)

Dabei sind Θ1 und Θ2 Operatoren zur Vereinfachung der Schreibweise. Dabei ist der Operator Θ1 mit

Θ1 = 1 �( 2⋅b⋅t f

2⋅b⋅t f +(h�2⋅t f )⋅tw)

2

⋅(1�tw

b ) (4-31)

definiert. Für den Fall a) aus Bild 4-12 mitN pl , M

N pl

<Aw

Agilt für den in 4-30 enthaltenen

Operator Θ2 :

N pl , M

M pl , N

f yf y

f y f y

a ) b )

S

t w

t f

h

b

+ +

- -

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Θ2= 0 (4-32)

und für den Fall b aus Bild 4-12 mit N pl , M

N pl

>Aw

Agilt für Θ2 :

Θ2 = (1�tw

b )⋅( N pl , M

N pl

�Aw

A )2

=(1�t w

b )⋅( N pl , M

N pl

�(h�2⋅t f )⋅t w

(h�2⋅t f )⋅t w+2⋅b⋅t f)

2

(4-33)

Um die Anwendbarkeit der Gleichungen einfacher zu gestalten und Formulierungen zu fin-den, die nicht so sehr an konkrete Querschnitte geknüpft sind, wurde vielfach versucht, Näherungen für häufig eingesetzte Profile anzugeben. Eine aus der Literatur bekannte Nä-herung für gewalzte Normalprofile und Breitflanschträger ist mit (4-34) gegeben:

M pl , N

M pl

= 1,1⋅(1�N pl , M

N pl)< 1 (4-34)

Bei Anwendung dieser Gleichung wird für N pl , M <0,1 N pl keine Abminderung für M

mehr vorgenommen.

4.5.3 Die Moment-Querkraft-Interaktion

Anders als bei der M �N - Interaktion, wo es „nur“ um verschiedene Normalspannungen ging, sind bei einem gleichzeitigen Auftreten von Biegemoment und Querkraft die unter-schiedlichen Wirkungsrichtungen der Spannungen zu beachten. Die Schubspannungen in-folge der Querkraft verlaufen in der Querschnittsebene und die Normalspannungen paral-lel zur Stabachse. Folglich ist bei der Herleitung die Fließbedingung zu beachten:

f y

2 = σ x

2 + 3⋅τxz

2 (4-35)

Nun ist zu beachten, in welchen Bereichen eines Querschnitts Schubspannungen wirken (können). Bei Doppel-T Profilen liegt die Querkraftrichtung entweder in Richtung der Gurte ( V y ) oder parallel zum Steg ( V z ). Ausgehend von der Verteilung der Schubspannun-gen über den Querschnitt nach der ET I. O (s. Abschnitt 3) wurde schon bei der Angabe der vollplastischen Querkraft im Abschnitt 4.4 dargelegt, dass sich in der Hauptsache die in Richtung der Querkraft angeordneten Querschnittsteile an der Übertragung beteiligen. Tritt nun zur Momentenbelastung eine Querkraft hinzu, wird diese daher in diesen Quer-schittsflächen wirkend angesetzt. Bei einer Querkraft V z wirkt diese also vorwiegend im Steg oder (allgemein ausgedrückt) in der zugehörigen Fläche AVz , in der dann für das Moment nur noch eine begrenzte Tragfähigkeit angesetzt werden darf. Das wird in Bild 4-13 dargestellt und nachfolgend rechnerisch erfasst. Gleichung 4-35 wird zunächst umge-stellt nach σ x :

σ x ,V = √ f y

2�3⋅τ xz ,M

2 = f y⋅√1�3⋅τxz , M

2

f y

2(4-36)

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Bild 4-13: Flächenaufteilung bei der M �V z - Interaktion

Die Indizierung wird ähnlich dem vorhergehenden Abschnitt vorgenommen. So zeigt bei-spielsweise " ,V " die gleichzeitige Wirkung einer Querkraft an und " , M " die gleichzei-tige Wirkung eines Momentes. Ziel ist nunmehr, eine ähnliche Schreibweise zu erzielen, wie bei der M �N -Interaktion, bei der mit Kenntnis einer der beiden Schnittgrößen die zweite noch aufnehmbare berechnet werden kann.

Nach der ET I. O gilt (vereinfachte Schreibweise für Stege, s. Abschnitt 3):

τxz , M =V z , M

AVz

und V pl , z =AVz⋅ f y

√3(4-37)

Damit gilt auch:

τxz , M

2 =V z , M

2

AVz

2 und AVz

2 =3⋅V pl , z

2

f y

2→ 3⋅τ xz , M

2 =V z , M

2 ⋅ f y

2

V pl , z

2 (4-38)

und kann in 4-36 eingearbeitet werden:

σ x ,V = f y⋅√1�V z ,M

2

V pl , z

2(4-39)

und es entsteht 4-39 als Zwischenergebnis. Im Bild 4-13 ist zu erkennen, dass im Steg nur noch die Differenz f y�τxy , M = σ x ,V durch das Moment belegt werden kann. Der andere Teil ( τxy , M = f y�σ x ,V ) ist also vom vollplastischen Moment M pl zu subtrahieren, um das noch aufnehmbare Moment M pl ,V bei gleichzeitiger Wirkung der Querkraft V z in der starken Achse zu erhalten, allgemein ausgedrückt also:

M pl ,V = M pl � M pl , w⋅χ → χ =τxz , M

f y

=f y�σx , V

f y

= 1�σ x ,V

f y

M pl ,V = M pl � M pl , w⋅(1�σx ,V

f y ) →M pl ,V

M pl

= 1�M pl , w

M pl

⋅(1�σ x ,V

f y ) (4-40)

t f

tw

Sh

b

f y

f y τxz , M ≤f y

√3

V z , pl , MM pl ,V

+

-σ x ,V

σ x ,V

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Durch den definierten Faktor χ wird in 4-40 wie erläutert nur der Teil des Moments im Verhältnis „belegter Spannung / möglicher Spannung“ abgemindert, der im Steg angreift, da wie erläutert im Falle der Querkraft in der starken Achse ( V z ,M ) die Querkraft nur im Steg Schubspannungen erzeugt.

In 4-40 muss nun der Wert M pl , w , also der Anteil des vollplastischen Momentes im Steg, berechnet werden. Das erfolgt unter Verwendung bereits hergeleiteter Gleichungen aus vorhergehenden Abschnitten. Dabei wird der Steg als Rechteck und der gesamte Quer-schnitt als idealisiertes Doppel-T interpretiert und mit der Begründung t f < h folgende In-genieurvereinfachung eingeführt.

h�t f ≈ h�2 t f ≈ h* (4-41)

Es gilt (Steg als Rechteckfläche Aw , Gesamtquerschnitt nach Tabelle 4-1 und 4-41):

M pl , w =Aw⋅h*

4⋅ f y

und M pl =(A f⋅h*+

Aw⋅h*

4 )⋅f y(4-42)

Das VerhältnisM pl ,w

M pl

kann damit aufgeschrieben werden:

M pl ,w

M pl

=

Aw⋅h*

4⋅ f y

(A f⋅h*+

Aw⋅h*

4 )⋅ f y

=Aw

4⋅A f +Aw

=Aw

2⋅A�Aw

(4-43)

wobei im letzten Schritt A = 2⋅A f +Aw verwendet wurde. Nunmehr werden 4-43 und das Zwischenergebnis aus 4-39 in die letzte Gleichung aus 4-40 eingeführt:

M pl ,Vz

M pl

= 1�M pl ,w

M pl

⋅(1�σ x , Vz

f y )M pl ,Vz

M pl

= 1�( Aw

2⋅A�Aw)⋅(1�

σx ,Vz

f y) (4�43) eingesetzt

M pl ,Vz

M pl

= 1�( Aw

2⋅A�Aw)⋅(1�

( f y⋅√1�V z , My

2

V pl , z

2 )f y

) (4�39) eingesetzt

M pl ,Vz

M pl

= 1�( Aw

2⋅A�Aw)⋅(1�√1�

V z ,My

2

V pl , z

2 ) (4-44)

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In Gleichung 4-44 wurde die Indizierung moderat ergänzt und damit klar gestellt, dass die-se Interaktionsbeziehung für Biegung um die starke Achse gilt. Sie gilt für den idealisierten Doppel-T-Querschnitt gemäß Bild 4-13 bei gleichzeitiger Wirkung einer Querkraft V z und eines Biegemomentes M y . Damit ist sicher ein sehr häufiger Fall abgedeckt, bei weitem aber nicht alle vorkommenden Möglichkeiten. Am Aufwand der Herleitung wird deutlich, dass es wenig sinnvoll ist, derartige Lösungen für alle möglichen Fälle der Praxis anzuge-ben, auch wenn analoges Vorgehen Interaktionsbeziehungen für weitere Querschnitte lie-fert. Vielmehr ist es sinnvoll, mit möglichst guten Näherungen zu arbeiten.

Für Rechtecke, Rohrquerschnitte und näherungsweise für Doppel-T Profile bei QuerkraftV y und Biegemoment M z (Biegung um die schwachen Achse) gilt beispielsweise:

M pl ,Vy

M pl

= √1 �(V y ,Mz

V pl , y)

2

(4-45)

Doppel-T Profile in der starken Achse dürfen nach /2/ mit einer vereinfachten Gleichung

behandelt werden, wenn V z >V pl , z

3gilt. Sie lautet:

M pl ,Vz

M pl

= 1,1 � 0,3⋅V z , My

V pl , z

(4-46)

Für alle genannten Gleichungen sind in der Literatur vielfach Diagramme dargestellt. Ins-besondere die Gleichung 4-44 liefert wegen der Abhängigkeit von den Teilflächen der Querschnitte für jedes Profil andere Werte. Diese Abhängigkeit ist in 4-46 nicht mehr vor-handen. In der EN 1993-1-1 werden zum Teil weitere Forderungen an den Einsatz der In-teraktionsbeziehungen gestellt. Dazu wird bei den Beispielen ausgeführt.

4.5.4 Die Normalkraft-Querkraft-Interaktion

Die Gleichungen werden wieder am Doppel-T-Querschnitt für eine Wirkung einer Querkraft V pl , z , N bei gleichzeitiger Wirkung einer Normalkraft N pl , Vz aufgeschrieben (Bild 4-14).

Bild 4-14: Bezeichnungen, Flächenanteile und Spannungen für die Interaktion von Normalkraft und Querkraft in z-Richtung

S

b

ht f

t wσ x ,Vz

f y

f y

N pl ,Vz

V pl , z , N

τxz , N ≤f y

√3

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Bei der M �Q -Interaktion wurde mit Gleichung 4-40 und der Definition eines Faktorsχ der Teil der Fläche des Querschnitts beschrieben, der durch die Normalkraft nicht

mehr belegt werden kann. Er wirkte wegen der Querkraft V z ausschließlich im Steg. Die-se Beziehung gilt vollkommen analog auch, wenn statt des Momentes eine Normalkraft wirkt, da beide Schnittgrößen Normalspannungen σ x im Querschnitt erzeugen. Die letzte Gleichung aus 4-40 wird damit:

N pl ,Vz

N pl

= 1 �N pl , w

N pl

⋅(1 �σx ,Vz

f y) (4-47)

In dieser Gleichung kann σ x , Vz durch das Zwischenergebnis 4-39 ersetzt werden, da na-türlich auch hier der Zusammenhang zwischen einer Normalspannung σ x senkrecht zum Querschnitt und einer Schubspannung τxz in der Querschnittsebene über die Fließbedin-gung herzustellen ist.

N pl ,Vz

N pl

= 1�N pl , w

N pl

⋅(1�√1�V z , N

2

V pl , z

2 ) (4-48)

In 4-48 ist nun lediglich noch der AnteilN pl , w

N pl

zu beschreiben und zu ersetzen.

Dieses Verhältnis kann hier, ebenfalls in Analogie zum Biegemoment, wieder über die ent-sprechenden vollplastischen Schnittgrößen beschrieben werden:

N pl = f y⋅A und N pl , w = f y⋅Aw

N pl , w

N pl

=Aw

A(4-49)

Damit wird als Ergebnis für die Normalkraft-Querkraft-Interaktion bei einer Querkraft V z

erhalten:

N pl ,Vz

N pl

= 1�Aw

A⋅(1�√1�

V z , N

2

V pl , z

2 ) (4-50)

Die Gleichungen 4-44 und 4-50 haben dieselbe Struktur. Sie unterscheiden sich lediglich in den flächenabhängigen Faktoren. Für Rechteckprofile und Rohre gilt wieder die verein-fachte Schreibweise:

N pl ,Vz

N pl

= √1 �(V z , N

V pl , z)

2

(4-51)

Auch für die N-Q-Interaktion gibt es in der Literatur hinreichend Diagramme für verschie-dene Profile. S. u. a. /1/.