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Der klassis Long-Range-Büchse von Remington: Oktober 2017 28 | VISIER. de TEST & TECHNIK | Remington 700 in .300WinMag

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Der klassis che EinstiegDer klassis che EinstiegDer klassis che EinstiegLong-Range-Büchse von Remington:

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Es gibt nur wenige Waffen, die man als klassische Allrounder bezeichnen kann. Die 700er Baureihe von Remington gehört aber definitiv dazu. Seit etlichen Jahrzehnten findet sie sich in vielen Feldern. VISIER nahm einen der Repetierer mit auf den Schießstand, um zu sehen, ob auch beim Long Range etwas geht.

Der klassis che Einstieg

Das Long-Range-Schießen ist eine Kunst für sich. Etliche Faktoren gilt es dabei zu beachten, die noch

größeren Ein� uss auf das Ergebnis ha-ben als beim Schuss auf kürzere Distan-zen. Für viele Schützen stellt sich die Frage, wie sie mit dieser Art des Schie-ßens beginnen sollen? Lohnt direkt die Anschaffung einer Waffe mit Zielfern-rohr für einen Preis im oberen vierstelli-gen Segment, nur um dann festzustel-len, dass man außer Spesen nichts zustande bekommen hat? Dies muss nicht so sein. Andrew Venables, einer der bekanntesten Long-Range-Schützen Großbritanniens, sagt, dass auch schon gute, normale Jagdgewehre mit ent-sprechender Zusatzausrüstung für den Einstieg auf die lange Distanz geeignet seien (siehe dazu VISIER Special 86 „Long Range“). Das galt es zu überprü-fen, und wie es der Zufall wollte, stand just eine solche Waffe in einem passen-den Kaliber zur Verfügung: eine Reming-ton 700 Long Range in .300 WinMag.

Der Klassiker:Ob man bei Remington Arms wohl im Jahr 1962 damit rechnete, dass man mit der 700 eine so langlebige Büchsen-Rei-he schuf, weiß man nicht. Jedenfalls be� ndet sich dieser Repetierer seit

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nunmehr 45 Jahren in der Produktion. Verschiedene Modellvarianten (Modell 700, Modell 700P, M24 SWS oder M40) bereichern die Bandbreite des Portfo-lios ebenso wie die breite Kaliberpalet-te, die es für diese Waffen gibt. Selbst das US-Militär greift auf diese Gewehre zurück. Und eben auch für den Long- Range-Schützen gibt es eine spezielle Waffe, die schon auf den passenden Na-men hört: Remington 700 Long Range. Das Kaliber dieser Waffe: .300 WinMag. Bei der Vorrecherche stieß man aber vor allem im Internet immer wieder auf Be-richte, die der Waffe in diesem Kaliber kein gutes Zeugnis ausstellen. Gegen-über VISIER schildert jemand aus der Long-Range-Szene das so: „Das ist ein heikles Thema. Die Remington 700 in .300 WinMag ist weltweit in die Kritik wegen ab-solut schlechter Verarbeitung geraten. Dazu sind die Auszieherkrallen unbrauch-

bar und brechen oder werfen nicht korrekt aus. Diese müssen quasi fast immer ersetzt werden durch Sako-Style- oder M16-Style-Ausziehkrallen. Dazu kommt die im letzten Jahr extrem verschlechterte Schussleistung von Remington. Long Action schlimmer merkbar als Short Action.“ Ein interessan-ter Punkt und vor allem auch ein Kriteri-um, auf das man gesondert eingehen sollte. Zu diesem Zweck gab es ein länge-res Telefonat mit dem Importeur von Re-mington, der Helmut Hofmann GmbH aus Mellrichstadt (www.helmuthofmann.de). Deren Einkaufsleiter, Stephan Mock, be-antwortete die Fragen zu der Remington 700 in .300 WinMag: „Uns sind keine Re-klamationen bekannt. Die erwähnten tech-nischen Probleme sind zumindest bei unse-ren Waffen noch nicht aufgetreten. Alle Waffen, die aus den Vereinigten Staaten zu uns kommen, gehen ganz normal zum Be-schuss. Von dort gab es auch keinerlei Be-

anstandungen. Auch unser hauseigener Büchsenmacher bestätigt, dass es keine Probleme gab oder hohe Reklamationen. Das überrascht uns etwas, da uns aus Deutschland und Europa solche Schwierig-keiten gänzlich unbekannt sind. Wir verlas-sen uns auf die Qualität der Waffen, weswe-gen wir zu Testzwecken keine handver-lesenen Stücke schicken, die wir vorher auch noch überprüfen. Wir nehmen das Ge-wehr quasi aus dem Regal und verschicken es.“ Offen und ehrliche Worte vom Impor-teur. Der journalistischen P� icht gehor-chend, galt es aber natürlich auch, sich die Waffe näher anzusehen, die in der Re-daktion eingetroffen war.

Die Waffe:Die an VISIER geschickte Büchse verfügte über einen 26-Zoll-Lauf (Heavy Barrel) und einen massiven M40-Schaft mit Ara-mid- und Glasfaser-Elementen. Der Schaft stammt, wie das Gewehr selbst, ebenfalls aus den Vereinigten Staaten, von der auf Schäfte spezialisierten Firma Bell & Carl-son. Die gummierte Schaftkappe fällt dick aus und trägt den Stempel Decelerator vom Hersteller Pachmayr. Riemenbügel-ösen � nden sich gleich drei an der unte-ren Seite der Waffe – eine hinten und zwei vorne. Die dritte ist gedacht für die Auf-nahme eines Zweibeins. Zur weiteren Aus-stattung des Repetierers gehörten der X-Mark-Pro-Abzug, den sich der Schütze individuell auf seine eigenen Bedürfnisse einstellen kann. Mittels Schraube an dem Element lässt sich die Abzugskraft ein-fach einstellen, ohne das System vom Schaft zu trennen. Das voreingestellte Gewicht beläuft sich auf drei amerikani-sche Pfund. Das Züngel wird begrenzt

Der aufgeklappte Magazindeckel der Remington 700. Die Kapazität der Waffe liegt bei 4 + 1 Patronen.

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durch den Abzugsbügel, in dessen inne-rer Fläche sich auch noch zwei weitere Funktionen verbergen. Zum einen sitzt direkt vor dem Trigger die Freigabe für den Verschluss und zum anderen wiede-rum direkt davor der Lösemechanismus für den Magazindeckel. Dazu sitzt alles auf engem Raum beieinander, so dass es mehrfach passierte, dass die Tester nicht nur den Verschluss entnehmen konnten, sondern gleich dazu gezwun-gen waren, den Magazindeckel wieder zu schließen. Da wäre unter Umständen eine andere Position sinnvoller gewe-sen, zumal wenn der Schütze Handschu-he trägt. Die Sicherung ist denkbar ein-fach gehalten. Es handelt sich um eine Zwei-Stellungs-Sicherung, die auf den Abzug wirkt. In der hinteren Stellung „S“ wird die Waffe gesichert, auf „F“ ist sie feuerbereit. Der Verschluss lässt sich trotz eingelegter Sicherung noch öff-

nen. Der Kammerstengel der Remington lässt sich einwandfrei greifen und be-wegen. Nur ein leichtes Kratzen war zu spüren, dem man aber mit Waffenöl gut zu Leibe rücken kann. Das System ver-riegelt über zwei Warzen, Ausstoßer-stift und Schlagbolzenbohrung sind einfach zu erreichen und entsprechend zu reinigen. Überhaupt zeigt sich die Remington 700 als äußerst freundlich, wenn es um das Reinigen geht. Mit weni-gen gelösten Schrauben lassen sich Sys-tem und Schaft voneinander trennen

Modell Remington 700 Long Range

Preis: 1349,- €

Kaliber: .300 WinMag

Lau� änge: 66 cm

Länge: 116 cm

Gewicht 5,4 kg (mit ZF)

Kapazität: 4 + 1 Patronen

Ausstattung: Repetierbüchse mit Zwei-Warzen-Verschluss, X-Mark-Pro-Abzug (einstellbar), 26-Zoll-Lauf Matte Heavy Varmint, M40 Tactical-Schaft mit Aramid- und Glasfaserelementen und geradem Rücken, Gummischaftkappe, dritter Riemen- bügelöse für Zweibeinmontage u.a. Details.

Die volle Distanz: Die Waffe auf der 300-Meter-Bahn in Niederweimar auf dem Stand der dortigen SLG.

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und entsprechend behandeln. Gleiches gilt auch für den Magazinbereich. Ledig-lich beim Verschluss muss etwas mehr Aufwand betrieben werden. Im Bereich des Schlösschens weist der Schlagbol-zen eine Kerbe auf. Diese muss auf eine Metallkante (am besten in einen Schraubstock eingespannt) gelegt wer-den, um dann den Verschluss wegzuzie-hen. Hier ist etwas mehr Kraftaufwand vonnöten, dann sollte, wie in der Anwei-sung beschrieben, eine Münze in die Kerbe gelegt werden. Im nächsten

Schritt sollte der Schütze den Verschluss halten und den Steckriegel gegen den Uhrzeigersinn drehen, bis der Schlagbol-zen sich vom Verschluss entfernen lässt. Für den Zusammenbau dann den Schlag-bolzen in den hinteren Bereich des Ver-schlusses bringen, den Steckriegel im Verschluss von Hand anziehen, die vorher platzierte Münze entfernen und schluss-endlich den Schlagbolzen drehen, bis der Schlagbolzenkopf in die kleine Kerbe passt. Dabei gilt es zu beachten, dass der Verschluss nun gespannt ist, wenn er

wieder in das Gewehr kommt – anders ist es konstruktionsbedingt nicht möglich. Das trockene Abschlagen ist also unum-gänglich. Alles etwas kompliziert, aber mit etwas Übung sollte dies dem Besitzer in Fleisch und Blut übergehen. Erwäh-nenswert dürfte auf alle Fälle noch sein, dass zum Lieferumfang der Remington 700 Long Range auch noch eine Weaver-Schiene und ein Vorhängeschloss gehö-ren. Alles in allem also für den Preis ein guter erster Eindruck. Blieb noch zu be-urteilen, wie sich die Remington 700 Long Range in der Praxis präsentierte be-ziehungsweise ob die genannten Störun-gen bei der Testwaffe auftraten.

Der Test:Für den scharfen Test ging es auf den Stand der SLG Niederweimar, in der Nähe der mittelhessischen Stadt Marburg ge-legen. Als Optik kam ein Leupold VX-6 7-42 x 56 mm auf die Waffe. Dieses ZF eignet sich besonders für den Schuss auf weite Distanzen. Das Sehfeld auf 100 Meter beträgt zwischen 5,4 bis 0,9 Me-ter. Auf der 100-Meter-Bahn eingeschos-sen, ging es alsbald auf die 300 Meter zurück. Doch schon bei der kürzeren Dis-tanz � el etwas auf. Die Tester gaben erst ein paar aufgelegte Trockenschüsse ab, wobei sich bemerken ließ, dass die Re-mington 700 leicht nach elf Uhr oben wegsprang. Das Phänomen trat bei allen Versuchen auf. Würde die Waffe derart auch im Schuss springen, würde sich un-weigerlich eine Verzerrung des Ergebnis-ses ergeben. Hinzu kam, dass der Ver-schluss nicht sauber im System lief, sondern ein wenig kratzte. Es deutete alles auf einen spannenden Test hin.

An Munition stand ein breites Portfolio unterschiedlicher Anbieter auf dem Pro-gramm. Den letzten Platz belegte die bleifreie Munition Lapua Naturalis mit einem Streukreis von 200 Millimetern auf eine Distanz von 300 Metern. Die Siegerlaborierung stammte aus dem Hause Norma mit einem Streukreis von 55 Millimetern, der, da waren sich die Tester einig, mehr als ordentlich aus� el.Zwischendurch stand das obligate „Durchziehen“ auf dem Plan, um allen Test-Patronen die gleichen Bedingun-gen zu gewährleisten.

Mit montiertem Leupold-Glas ging es auf die Testbahn, wo auch die Munition von Hornady als Prüfl ing zur Verfügung stand.

Der Verschluss der Remington. Mitunter gestaltet sich die Demontage zur Reinigung als etwas schwieriger.

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Auch verhielt sich der Repetierer im Schuss brav. Der Tritt in die Schulter hielt sich in Grenzen, der Abzug wies keinerlei Spiel auf und lies den Schuss sauber fallen. Die kolportierten Störun-gen beim Repetieren traten bei der Test-waffe nicht auf. Der Auszieher versah genügsam seinen Dienst und beförderte die Hülsen sanft oder schwungvoll – je nach Krafteinsatz des Schützen - aus der Waffe. Nur das Finish im Bereich der Wangenau� age störte etwas. Hier wäre vielleicht eine Einlage ganz schön. Alles in allem zeigten sich die Tester aber zu-frieden mit dem Ergebnis und der zur Verfügung gestellten Waffe.

Schlussbetrachtung:Wie beschrieben, gibt es das eine oder andere Stellschräubchen, an dem man etwas verändern könnte. Dennoch über-zeugte die Waffe die Tester. Mit einer

guten Optik obenauf eignet sie sich per-fekt für den Einstieg in das Long Range Schießen. Wer dann Gefallen an dieser Art unseres Sports gefunden hat, der kann dann immer noch zu einer „Stanz-maschine“ wie der Prechtl F-Class (siehe Seite 22ff., den vorhergehenden Arti-kel) greifen, um das Mögliche auszurei-zen. Wer das nicht möchte, dem bleibt ein Repetierer, auf den seit Jahrzehnten Abertausende Nutzer bauen. Der Kritik an der Remington 700 in .300 WinMag, die vor allem im Netz kursiert, können sich die Tester nach dem Schießen mit der Testwaffe nicht anschließen. Der Evergreen funktionierte so, wie man es erwartete.

Text: Alexander Losert

Die Testwaffe stellte die Helmut Hof-mann GmbH freundlich zur Verfügung (www.helmuthofmann.de) – vielen Dank.

Schießtest: Remington 700 Long Range in .300 WinMagNr. Fabrikpatronen (grs) SK 300 (mm)

1 165 grs RWS HIT 120

2 180 grs Remington Express Core-Lokt* Pointed Soft PT 200

3 180 grs Norma Precision 55

4 195 grs Hornady BTHP 120

5 200 grs Lapua Naturalis 200

Anmerkungen/Abkürzungen: SK 300m (mm) = Streukreis auf 300 Meter Entfernung, Fünf-Schuss-Gruppen, geschossen sitzend aufgelegt, gemessen von Einschussmitte zu Einschuss-mitte. Zieloptik: Leupold VX-6 7-42x56. grs = Grains. BTHP = Boat Tail Hollow Point (Bootsheck Holhlspitz). PSPT = Pointed Soft Point. *Core Lokt = interne Bezeichnung von Remington.

Vom Anschießtisch aus stellten die Tester Waffe und ZF aufeinander ein.

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