Themenheft 2 201 1 -...

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1 Gefördert durch das Niedersächsische Ministerium für Soziales, Frauen, Familie, Gesundheit und Integration Themenheft 2 2011 Erfolgreiche Elternarbeit in der Migrationsgesellschaft am Übergang Schule-Beruf 0. Einleitung Liebe Leserin, lieber Leser, „Erfolgreiche Elternarbeit in der Migrationsgesell- schaft am Übergang Schule - Beruf“ – mit die- sem Thema setzt sich das vorliegende Themen- heft auseinander. Untersuchungen belegen, das Eltern mit Migrati- onsbiographie zwar großes Interesse an den schulischen und beruflichen Erfolg ihrer Kinder haben, aber gerade an dieser entscheidenden Übergangsphase zwischen Schule und Beruf fehlt ihnen, bei der sich stetig veränderten Aus- bildungs- und Erwerbsmarktes, häufig das nötige Wissen, um ihre Kinder entsprechend unterstüt- zen und fördern zu können. Der Jugendsozialarbeit/Jugendberufshilfe kommt mit ihren schulischen, beruflichen und sozialen Angeboten und ihrem Know-how im Prozess der Integration junger Menschen mit Migrationsbi- ographie eine bedeutende Rolle zu. Diese Rolle beinhaltet u.a. Kontakt zu den Eltern aufnehmen und über derzeitige berufliche Möglichkeiten, Voraussetzungen, Notwenigkeiten und Perspek- tiven in der Ausbildungs- und Berufslandschaft zu informieren und sie in den beruflichen Integra- tionsprozess ihrer Kinder mit einzubeziehen. Die Arbeit mit den Eltern kann gerade im Über- gang Schule – Beruf oft sehr intensiv und zeit- aufwändig sein. Es fehlen häufig zeitliche und finanzielle Ressourcen, die für eine effizien- te Elternarbeit erforderlich sind. In dem vorliegenden Themenheft „Erfolgreiche Elternarbeit in der Migrati- onsgesellschaft am Übergang Schule - Beruf“ haben wir einen „The- menstrauss“ mit vielfältigen Aspekten, Ansätzen und Zielgruppen zusammengestellt, der zur Entwicklung weiterer Ideen und deren praktischen Umsetzung anregen soll. Eröffnet wird das Themenheft mit einem wissenschaftlichen Fachbeitrag, in dem die Be- deutung der Elternarbeit in der Migrationsgesellschaft im Über- gang Schule-Beruf von Prof. Mechtild Gomolla, Nadine Rose, Ellen Kollender un- tersucht wird und die Notwendigkeit eines konzertierten Handelns auf den unterschiedli- chen Gestaltungsebenen von Schule und benachbarten Arbeitsfeldern, die Bereitschaft von Fachkräften, neue Rollen einzunehmen und in bisher unvertrauten Wegen zu handeln dargestellt wird. Inhalt 0. Einleitung 1 1. Wissenschaftliche Beiträge Die Bedeutung der Elternarbeit in der Migrationsgesellschaft im Übergang Schule-Beruf, Auto- rinnen: Mechtild Gomolla, Nadine Rose, Ellen Kollender 3 Eine Frage der Haltung, Autorin: Jutta Goltz 15 Migranten/innen/organisationen als Bildungsakteure: zwischen Empowerment und Funktionali- sierung, Autorin: Jutta Goltz 18 Aussiedlerjugendliche im Über- gang Schule – Beufs- ausbildung: Zum Unterstüt- zungspotenzial der Herkunfts- familien, Autoren: Ralf Kuhn- ke/Elke Schreiber 24 Handlungsempfehlungen für eine nachhaltige interkulturelle Elternkooperation, Autor/inn/en: Maria Engst, Dr. Alexei Medve- dev, Hasan Erkan, Anne-Gaëlle Rocher 31 2. Best Practice 42 3. Literatur und Links 49 4. Impressum 50

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Gefördert durch das Niedersächsische Ministerium für Soziales, Frauen,

Familie, Gesundheit und Integration

Themenheft 2 2011 Erfolgreiche Elternarbeit in der Migrationsgesellschaft am Übergang Schule-Beruf

0. Einleitung

Liebe Leserin, lieber Leser, „Erfolgreiche Elternarbeit in der Migrationsgesell-schaft am Übergang Schule - Beruf“ – mit die-sem Thema setzt sich das vorliegende Themen-heft auseinander. Untersuchungen belegen, das Eltern mit Migrati-onsbiographie zwar großes Interesse an den schulischen und beruflichen Erfolg ihrer Kinder haben, aber gerade an dieser entscheidenden Übergangsphase zwischen Schule und Beruf fehlt ihnen, bei der sich stetig veränderten Aus-bildungs- und Erwerbsmarktes, häufig das nötige Wissen, um ihre Kinder entsprechend unterstüt-zen und fördern zu können. Der Jugendsozialarbeit/Jugendberufshilfe kommt mit ihren schulischen, beruflichen und sozialen Angeboten und ihrem Know-how im Prozess der Integration junger Menschen mit Migrationsbi-ographie eine bedeutende Rolle zu. Diese Rolle beinhaltet u.a. Kontakt zu den Eltern aufnehmen und über derzeitige berufliche Möglichkeiten, Voraussetzungen, Notwenigkeiten und Perspek-tiven in der Ausbildungs- und Berufslandschaft zu informieren und sie in den beruflichen Integra-tionsprozess ihrer Kinder mit einzubeziehen. Die Arbeit mit den Eltern kann gerade im Über-gang Schule – Beruf oft sehr intensiv und zeit-aufwändig sein. Es fehlen häufig zeitliche und finanzielle Ressourcen, die für eine effizien-te Elternarbeit erforderlich sind.

In dem vorliegenden Themenheft „Erfolgreiche Elternarbeit in der Migrati-onsgesellschaft am Übergang Schule - Beruf“ haben wir einen „The-menstrauss“ mit vielfältigen Aspekten, Ansätzen und Zielgruppen zusammengestellt, der zur Entwicklung weiterer Ideen und deren praktischen Umsetzung anregen soll.

Eröffnet wird das Themenheft mit einem wissenschaftlichen Fachbeitrag, in dem die Be-deutung der Elternarbeit in der Migrationsgesellschaft im Über-gang Schule-Beruf von Prof. Mechtild Gomolla, Nadine Rose, Ellen Kollender un-tersucht wird und die Notwendigkeit eines konzertierten Handelns auf den unterschiedli-chen Gestaltungsebenen von Schule und benachbarten Arbeitsfeldern, die Bereitschaft von Fachkräften, neue Rollen einzunehmen und in bisher unvertrauten Wegen zu handeln dargestellt wird.

Inhalt 0. Einleitung 1 1. Wissenschaftliche Beiträge • Die Bedeutung der Elternarbeit

in der Migrationsgesellschaft im Übergang Schule-Beruf, Auto-rinnen: Mechtild Gomolla, Nadine Rose, Ellen Kollender 3

• Eine Frage der Haltung, Autorin: Jutta Goltz 15

• Migranten/innen/organisationen als Bildungsakteure: zwischen Empowerment und Funktionali-sierung, Autorin: Jutta Goltz 18

• Aussiedlerjugendliche im Über-

gang Schule – Beufs-ausbildung: Zum Unterstüt-zungspotenzial der Herkunfts-familien, Autoren: Ralf Kuhn-ke/Elke Schreiber 24

• Handlungsempfehlungen für

eine nachhaltige interkulturelle Elternkooperation, Autor/inn/en: Maria Engst, Dr. Alexei Medve-dev, Hasan Erkan, Anne-Gaëlle Rocher 31

2. Best Practice 42 3. Literatur und Links 49 4. Impressum 50

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Daran schließt sich der Fachbeitrag „Eine Frage der Haltung“ von Jutta Goltz an, der dem Grundsatz folgt, dass Eltern(bildungs)arbeit nicht in erster Linie eine Frage der richtigen Methode, sondern eine Frage der Haltung ist, mit der Kontakte, Kommunikation und Angebote gestaltet werden. Neben der Haltung ist ein weiterer wichtiger Aspekt bei der Umsetzung effektiver Elternar-

beit die Vernetzung, Zusammenarbeit und Abstimmung vieler Akteure. Der Fachbeitrag von Jutta Goltz beschreibt Bedingungen für eine gelingende Kooperation mit Migrantenorganisationen, die als Brückenbauer bei der Arbeit unterstützend sein kön-nen. Der nachfolgende Fachbeitrag von Ralf Kuhnke und Elke Schreiber vom Deutschen Ju-

gendinstitut beschäftigt sich mit der Zielgruppe der Aussiedlerjugendlichen und deren spezifische Situation beim Übergang von der Hauptschule in Ausbildung und mit dem Unterstützungspotenzial ihrer Herkunftsfamilien.

Im Rahmen des Netzwerk „Interkulturelle Elternprojekte des ESF“ wurden „Hand-lungsempfehlungen für eine nachhaltige interkulturelle Elternko-operation“, von Maria Engst, Dr. Alexei Medvedev, Hasan Erkan und Anne-Gaëlle Rocher erarbeitet. Aus unterschiedlichen Projekten wurden die wichtigsten Erkenntnisse Praxisnah in den Handlungsempfehlungen festgehalten. Es folgen Beispiele von Best Practice, die Anregungen sowie Bestätigung für die eigene Praxis, das eigene Tun geben können:

• Alp Turan gibt in seinem Artikel einen Einblick in die Arbeit mit Eltern mit Migrati-onsbiographien des JOBWERK - Jugendberufshilfe, Wolfsburg und gibt aufgrund seiner Erfahrungen Anregungen für eine gelungene Elternarbeit.

• Zeycan Yesilkaya, stellt das Konzept für Interkulturelle Eltern-

Informationsveranstaltungen zum Thema "Schule – Ausbildung - Beruf" des Bil-dungsbüros im Kreis Gütersloh vor.

• Im April 2011 ist die Initiative Elternnetzwerk von MigrantInnen in Niedersachsen

gestartet. Das ElternNetzwerk hat zum Ziel, eine starke Interessenvertretung von Eltern mit Migrationshintergrund in Niedersachsen aufzubauen.

Allen Autorinnen und Autoren danken wir ganz herzlich für ihre Beiträge zu diesem The-menheft. Und nun wünscht Ihnen das Referat Pro-Aktiv-Centren und Jugendwerkstätten bei der LAG JAW viel Spaß beim Lesen!

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1. Wissenschaftliche Beiträge Die Bedeutung der Elternarbeit in der Migrationsgesellschaft im Übergang Schule-Beruf Autorinnen: Mechtild Gomolla, Nadine Rose, Ellen Kollender,

Helmut- Schmidt-Universität/ Universität der Bundeswehr Hamburg, Fakultät für Geistes- und Sozialwissenschaften, Allgemeine Erzie-hungswissenschaft In den letzten Jahren haben zahlreiche Studien auf das bestehende Gefälle in den Schul-leistungen und Abschlüssen entlang der Trennlinien Ethnizität, sozialer Herkunft und Ge-schlecht aufmerksam gemacht und die Frage, wie sich Migration auf Bildung und wie sich Bildung auf die Integration Zugewanderter und ihrer Nachfahren auswirkt, auf die Agenda gebracht. Eine Benachteiligung von Kindern und Jugendlichen mit Migrationshintergrund im Bildungssystem kommt dabei insbesondere an Übergangsstellen zum Ausdruck, an denen über schulische und berufliche Perspektiven entschieden wird. Der Übergang von der Schule in die Berufsausbildung zieht bereits seit einigen Jahren verstärkt Aufmerksamkeit auf sich. Seit Mitte der 1990er Jahre scheitern bei zurückgehen-dem Ausbildungsplatzangebot insbesondere Jugendliche aus Einwandererfamilien – zum Teil unabhängig vom Schulerfolg – bei dem Versuch, eine Ausbildungsstelle zu finden. Als Problemursache werden häufig soziale sowie kulturelle Hintergrundvariablen angeführt. Betont wird vor allem der Einfluss der familialen Bildungsvoraussetzungen auf den Schul- und Übergangserfolg. Besonders in Fragen der Berufswahl werden Eltern als die „wich-tigsten Berater ihrer Kinder“ verstanden (Beauftragte der Bundesregierung für Migration 2010: 86). Sie sollen deshalb verstärkt in die Berufsfindung der Jugendlichen einbezogen werden. In diesem Artikel soll geklärt werden, inwieweit sich das gegenwärtig populäre Bekenntnis, Eltern mit Migrationshintergrund verstärkt in das Bildungsgeschehen einzubeziehen, auch in konkreten Praxisinitiativen an den Schnittstellen von schulischer und beruflicher Bildung widerspiegelt und wenn ja, wie bildungspolitische Projekte zur Elternbeteiligung – insbe-sondere von Eltern mit Migrationshintergrund - genau konzipiert sind und welche Rolle den Eltern in der Kooperation mit Schulen, Betrieben u.a. Institutionen zugewiesen wird. Hierzu wird (1.) die Situation von Jugendlichen mit Migrationshintergrund am Übergang skizziert, bevor (2.) auf die Rolle und Bedeutung von Einwandererfamilien für den Übergangserfolg einge-gangen wird. Um konkrete Praxisstrategien zur Beteiligung von Eltern im Schnittfeld von Schule und Beruf kritisch beleuchten zu können, werden (3.) verschiedene Typen von Elternbeteiligung skizziert, die sich in ihren Schwerpunkten und Stoßrichtungen unterscheiden. Vor diesem Hintergrund werden (4.) aktuelle Projekte am Übergang von Schule und Beruf, die insbesondere Eltern ethni-scher Minderheiten einbeziehen, in den Blick genommen und kritisch reflektiert.

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1. Jugendliche mit Migrationshintergrund zwischen Schule und Beruf Die Situation von Jugendlichen mit Migrationshintergrund am Übergang zwischen Schule und Beruf gestaltet sich insgesamt schwieriger und langwieriger als für Jugendliche ohne Migrationshintergrund. Ihre Berufseinmündung gelingt vergleichsweise schlecht, sodass im Jahre 2008 insgesamt knapp 40 Prozent aller Jugendlichen mit Migrationshintergrund zwi-schen 25 und 34 Jahren ohne berufliche Ausbildung blieben, während dies lediglich für etwa zehn Prozent der gleichaltrigen Jugendlichen ohne Migrationshintergrund zutraf (vgl. Beauftragte der Bundesregierung für Migration 2010: 80). Das Ausbildungssystem kann in drei Bereiche unterteilt werden: Die duale Berufsausbil-dung im Betrieb, die fachschulische Berufsausbildung sowie das Übergangssystem, das aus verschiedenen Maßnahmen besteht, die zu keinem anerkannten beruflichen Ab-schluss führen (vgl. Aybek 2008: 175). Sieht man sich die Verteilung von Jugendlichen mit Migrationshintergrund auf diese drei Bereiche an, zeigt sich, dass insgesamt nur knapp ein Drittel der im Jahr 2008 befragten Schulabgängerinnen und Schulabgänger mit Migrati-onshintergrund einen betrieblichen (23%) oder schulischen (9%) Ausbildungsplatz erhalten haben, der einen berufsqualifizierenden Abschluss ermöglicht. Ursprünglich hatte etwa zwei Drittel diese Ausbildungsform angestrebt. Damit verbleibt knapp die Hälfte der Aus-bildungssuchenden mit Migrationshintergrund im Übergang, ist also entweder arbeitslos (7%), jobbt (22%) oder besucht eine Maßnahme ohne berufsqualifizierenden Abschluss (17%; wie z.B. Berufsvorbereitungsjahr, Berufsgrundbildungsjahr, etc.). Jugendliche mit Migrationshintergrund sind damit im sog. „Chancenverbesserungssystem“ im Vergleich zu Heranwachsenden ohne Migrationshintergrund deutlich in der Überzahl (vgl. Boos-Nünning et al. 2008: 43). Dies kann insofern als problematisch angesehen werden, weil sich der Wechsel vom Übergangssystem in eine vollqualifizierende Berufsausbildung häu-fig als schwierig erweist (vgl. Beauftragte der Bundesregierung für Migration 2010: 75). Gelingt es trotz dieser Hindernisse, einen Ausbildungsplatz zu erhalten, dauert dies für Jugendliche mit Migrationshintergrund durchschnittlich länger, was sich auch daran zeigt, dass diese Gruppe im Gesamtbild gegenüber Jugendlichen ohne Migrationshintergrund unter den sog. „Altbewerberinnen bzw. -bewerbern“ deutlich überrepräsentiert ist (vgl. a. a. O.: 74). Zudem fällt eine Tendenz zur Segregation des Ausbildungs- und Arbeitsmarktes auf, d.h. „Jugendliche mit Zuwanderungsgeschichte werden eher in Berufen ausgebildet, die für einheimische Jugendliche weniger attraktiv sind und die durch eine geringere Übernah-mewahrscheinlichkeit und eine höhere Arbeitslosenquote nach Ausbildungsende gekenn-zeichnet sind“ (Boos-Nünning et al. 2008:43). So konzentriert sich ein Drittel aller Auszu-bildenden mit Migrationshintergrund auf lediglich sechs Berufsfelder (Friseur/in, Kauf-mann/frau i.E., Verkäufer/in, medizinische/r Fachangestellte/r, Kraftfahrzeugmechatroni-ker/in, zahnmedizinische/r Fachangestellte/r), während die Heranwachsenden aus Ein-wandererfamilien in kaufmännischen Berufen wie dem der Bankkauffrau oder des Indust-riekaufmanns klar unterrepräsentiert sind (vgl. Beauftragte der Bundesregierung für Migra-tion 2010: 79). Es wäre allerdings ein Missverständnis, von dieser Verteilung auf ein spezi-fisches Berufswahlverhalten zu schließen (vgl. Schittenhelm 2005: 22). Eher drückt sich darin die bereits oben dargestellte Benachteiligung aus, die den Zugang zur Ausbildung insgesamt und insbesondere zu höher qualifizierender Berufsausbildung für Jugendliche mit Migrationshintergrund erschwert. Jugendliche mit Migrationshintergrund fungieren auf dem deutschen Ausbildungsmarkt zudem als eine Art „Ausbildungsreserve“ (Beauftragte der Bundesregierung für Migration 2010: 78), d.h. sie werden in Zeiten eines knappen Ausbildungsplatzangebots eher verdrängt – wobei großstädtische Ballungsräume als „Hauptrisikozone“ (ebd.) gelten.

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Die Schwierigkeiten, die Jugendliche aus Einwandererfamilien bei der Einmündung in die Berufsausbildung haben, lassen sich demnach nicht allein auf das vergleichsweise niedri-gere Niveau ihrer schulischer Abschlüsse zurückführen (vgl. Beauftragte der Bundesregie-rung für Migration 2010: 51f.). So lässt sich belegen, dass „die Wahrscheinlichkeit für Ju-gendliche mit Migrationshintergrund – bei gleicher Ausgangsqualifikation – einen Ausbil-dungsplatz zu erhalten mehr als 20% unter der für vergleichbare Jugendliche ohne Migra-tionshintergrund lag“ (Beauftragte der Bundesregierung für Migration 2010: 75). Berück-sichtigt man zudem, dass Jugendliche mit Migrationshintergrund keine homogene Gruppe darstellen, d.h. zum Teil starke Unterschiede hinsichtlich des sozioökonomischen Hinter-grunds, des Migrationsstatus sowie des Geburtslandes der Eltern bestehen, lässt sich er-messen, dass für einige Jugendliche die Benachteiligung an der Schwelle von der Schule in den Beruf noch stärker ausfällt (vgl. Boos-Nünning et al. 2008: 39). 2. Diskriminierung von Jugendlichen beim Übergang in die Berufsausbildung und

die Rolle des familialen Hintergrunds Wie bereits oben dargestellt, tragen gute schulische Voraussetzungen in erster Linie bei Bewerberinnen und Bewerbern ohne Migrationshintergrund zur Steigerung ihrer Berufsbil-dungschancen bei, während dies bei Jugendlichen mit Migrationshintergrund viel seltener der Fall ist, insbesondere wenn diese kein Abitur vorweisen können. Dies lässt die Frage aufkommen, welche Faktoren am Übergang – über die persönlichen Fähigkeiten und Vor-aussetzung der Jugendlichen hinaus – eine Rolle bei der Verteilung von Eintrittschancen in den Arbeitsmarkt spielen. Die Annahme, dass Ausbildungsplätze allein nach Kriterien der Leistungsgerechtigkeit verteilt werden, lässt zum einen aus dem Blick, dass sich be-reits in den Karriereverläufen im Schulsystem, wie in den Schulzeugnissen und -noten eine „Benachteiligung in Abhängigkeit von der nationalen und sozialen Herkunft sowie des Geschlechts“ niedergeschlagen haben kann (Boos-Nünning et al. 2008: 41). Zum anderen muss berücksichtigt werden, dass sich die Bewertung und Einstellung von Bewerberinnen und Bewerbern auf dem Ausbildungs- und Arbeitsmarkt nicht allein an rationalen Leis-tungskriterien, sondern auch an subjektiven Kriterien des Betriebs orientiert. So konnte Christian Imdorf (2008) für die Schweiz zeigen, dass im Rahmen innerbetrieblicher Ent-scheidungsprozesse bei der Bewerberauswahl durchaus häufig vermeintlich herkunftsspe-zifische Gruppenmerkmale wie kulturelle, religiöse oder soziale Hintergrundvariablen be-rücksichtigt werden. In der Auswahl der Bewerber kann sich dies insbesondere für Ju-gendliche, deren Eltern aus Nicht-EU-Staaten kommen oder für Jugendliche muslimischer Religionszugehörigkeit verstärkt negativ auswirken (vgl. auch Boos-Nünning et al. 2008: 42). Wo Repräsentantinnen und Repräsentanten des Ausbildungssystems Jugendliche beurteilen, fließen demnach auch stereotype Annahmen über den familialen Hintergrund der Jugendlichen ein. Dabei wird Familien mit Migrationsgeschichte im Gegensatz zu sol-chen ohne Einwanderungshintergrund zumeist ein Mangel an bildungsrelevanten Res-sourcen zuschrieben. Unterstellt wird, dass in Einwanderungsfamilien für den Arbeitsmarkt relevante Werte wie persönliche Autonomie, Selbstverwirklichung, Gleichberechtigung und Emanzipation einen geringeren Stellenwert einnehmen als in den Familien der (deutsch-deutschen) Mehrheitsgesellschaft (vgl. Boos-Nünning et al. 2008: 49). Solche Sichtweisen basieren auf der Denkfigur von einer Differenz zwischen ‚migranti-scher’ Familienkultur und ‚einheimischer’ Betriebskultur. Dies hat zur Folge, dass die Fami-lie bei Heranwachsenden mit Migrationshintergrund in vielen Fällen als hinderlich für den Berufseinstieg angesehen wird und diesen Jugendlichen insgesamt Schwierigkeiten in der

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beruflichen Ausbildung zugeschrieben werden (ebd.). Die empfundene mangelnde Pas-sung führt dazu, dass Jugendliche aus Einwandererfamilien nicht nur als vermeintliche Störer der eingespielten innerbetrieblichen sozialen Ordnung, sondern auch als „Kundenri-siko“ wahrgenommen werden (vgl. Imdorf 2008: 145). Um Konflikte und Probleme bereits im Vorfeld zu vermeiden, werden als ‚anders’ empfundene Jugendliche zum Teil gar nicht erst zu einem Bewerbungsgespräch eingeladen bzw. im Betrieb eingestellt. Dies gilt be-sonders für Klein-, mittelständische und Familien-Betriebe, wo auf eine soziale Passung in die häufig familiären Strukturen des Betriebs ein besonderes Augenmerk gelegt wird (vgl. a. a. O.: 118). Die von dieser Ausgrenzung betroffenen Jugendlichen geraten darüber in einen Teufels-kreis (vgl. a. a. O.: 143f.). Sie müssen sich häufiger bewerben als Jugendliche ohne Migra-tionshintergrund und münden bei erfolgloser Ausbildungsstellensuche in vielen Fällen in Bildungsgängen des „Chancenverbesserungssystems“ ein, die zu keinem anerkannten beruflichen Abschluss führen (s.o.). Dies kann sich nicht nur negativ auf die Motivation der Jugendlichen mit Migrationshintergrund in Bezug auf ihre Bereitschaft auswirken, den häu-fig implizit zum Ausdruck kommenden Regeln und Erwartungen der Akteure am Übergang zu entsprechen. Der Verbleib in solchen Übergangsmaßnahmen erhöht die Wahrschein-lichkeit, dass jungen Menschen aus Einwandererfamilien der Zugang zum Arbeitsmarkt auch langfristig verwehrt bleibt. Die Sichtweise von einer mangelnden Passung zwischen Familien- und betrieblicher Aus-bildungskultur ist umstritten. Sie hat zum einen zur Konsequenz, dass unterschiedliche Bildungsvoraussetzungen als Defizite in Relation zu vorgegebenen Normen definiert wer-den. Diese Normen werden allerdings nicht direkt formuliert. Zum anderen führt dieses Verständnis zu einer vorschnellen Annahme kultureller Differenzen. Die These her-kunftspezifischer Sozialisationsbedingungen in Migrantenfamilien kann jedoch mittlerweile als widerlegt betrachtet werden. In der Forschung werden soziale Positionierungen nicht mehr eindimensional, sondern durch unterschiedliche, sich überlappende soziale Zugehö-rigkeiten erklärt. Herkunfts- und Aufnahmekontext stehen dabei nicht im Gegensatz, son-dern werden zu etwas Neuem verbunden (vgl. Rüesch 1998: 41ff., siehe auch Gomolla 2009: 35). Diese Sichtweise berücksichtigt auch, dass es sich bei Familien mit Migrations-hintergrund um eine heterogene Gruppe handelt bzgl. ihrer nationalstaatlichen Zugehörig-keit, ihres sozio-ökonomischen Status’, kultureller und religiöser Zugehörigkeiten, ihrer Migrationsgeschichte, Familienformen und der Vertrautheit mit dem staatlichen Bildungs-system in Deutschland. Die Vorstellung von einer einheitlichen (und womöglich defizitbe-hafteten) Gruppe von Jugendlichen mit Migrationshintergrund und ihren Familien ent-spricht somit nicht der Realität und leistet lediglich dichotomisierenden Sichtweisen (‚wir’ versus ‚die Anderen’) Vorschub. Zudem können dem oben erwähnten und in der öffentlichen Debatte häufig defizitär ge-zeichneten Bild von Familien mit Migrationshintergrund zahlreiche Studien entgegenge-stellt werden, die den verbreiteten Vorstellungen von einer mangelnden Einsatzbereit-schaft und einem fehlenden Interesse dieser Familien an der Bildung ihrer Kinder wider-sprechen. So weist bereits die Sachverständigenkommission des 6. Familienberichts im Jahr 2000 darauf hin, dass sich in Bezug auf die Bildungsaspiration der Eltern von Jugend-lichen mit und ohne Migrationshintergrund keine signifikanten Unterschiede feststellen lassen (vgl. Sachverständigenkomission 2000: 106). Migranteneltern sind zudem „zu ei-nem nicht unerheblichen Teil bereit, in die Förderung ihrer Kinder materiell durch die Be-zahlung von Nachhilfe und immateriell durch soziale und psychische Unterstützung zu investieren” (Boos-Nünning et al. 2008: 54). Dies gilt nach einer Studie von Bernhard

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Nauck für Migrantenfamilien aller Herkunftsländer. Die Bildungsansprüche an die eigenen Kinder werden außerdem – entgegen gängigen Vorstellungen – nicht geschlechterspezi-fisch differenziert (vgl. Nauck 2000). Leonie Herwartz-Emden weist außerdem darauf hin, „dass die Familienmitglieder in Migrantenfamilien mehr übereinander wissen und mehr miteinander kommunizieren als vergleichbare deutsche Familien. Die Generationenbezie-hungen sind keineswegs nur durch Zerrüttung oder schwerwiegende Konflikte charakteri-siert, sondern durch ein hohes Maß an Unterstützung und gegenseitigem Respekt“ (Her-wartz-Emden 2000: 19). Dabei beschränkt sich die Unterstützungsleistung in Familien mit Migrationshintergrund in einigen Fällen eher auf eine moralische Form der Unterstützung als auf konkrete Hilfestel-lungen wie beispielsweise bei den Bewerbungen ihrer Kinder. Dies kann – den oben ge-nannten Ergebnissen entsprechend – jedoch weniger mit einem vermeintlichen Unwillen aufseiten der Eltern erklärt werden, als vielmehr mit ihrer zum Teil geringen Schulbildung und lässt sich bei Eltern ohne Migrationshintergrund, die ebenfalls eine geringe formale Bildung aufweisen, ebenso beobachten. Ein weniger offensives Auftreten von Eltern in Schule sowie eine geringere direkte schulische Unterstützung im häuslichen Bereich ist damit eher als schicht- denn als migrationsspezifisch zu verstehen, kann aber auch mit unterschiedlichen Rollenverständnissen und Aufgabenzuschreibungen aufseiten der Eltern in Bezug auf das Verhältnis von Schule und Familie begründet werden, die von den Erwar-tungen in den öffentlichen Bildungsinstitutionen durchaus abweichen können (vgl. Leyen-decker 2011: 241, 244). Auch eine fehlende Einbindung der Familie in soziale Bezie-hungsnetze, einhergehend mit einer sozialräumlichen und zuwanderungsspezifische Seg-regation, tragen dazu bei, dass es Eltern mit Migrationshintergrund weniger gut als Famili-en ohne Einwanderungshintergrund gelingt, ihren Kindern Vorteile am Übergang zu ver-schaffen und von der in Deutschland gängigen Vergabepraxis von Ausbildungsstellen über informelle Beziehungsmuster zu profitieren (vgl. Boos-Nünning et al. 2008: 42; Beauftragte der Bundesregierung für Migration 2010: 75). Hier können Schulen und andere Bildungs-träger durch die gezielte Aktivierung der Partizipation von Eltern eine wichtige Scharnier-funktion erfüllen. 3. Bedeutung und Formen von Elternbeteiligung beim Übergang von der Schule in

den Beruf Im Bereich der frühkindlichen und schulischen Bildung werden Eltern mittlerweile als „wichtigste Partner für die Bildungserfolge ihrer Kinder“ (Beauftragte der Bundesregierung für Migration 2010: 69) angesehen. Auch in Bezug auf die Berufswahl und -orientierung ist offenbar das bildungspolitische Bewusstsein für die Bedeutung der Eltern am Übergang gestiegen, sodass vereinzelt Elternbeteiligungsprojekte entstehen (vgl. Abschnitt 4). Auf individueller Ebene stellen Eltern vor allem eine zentrale Orientierungsgröße bei der Be-rufswahl ihrer Kinder dar und sind wichtige Ansprechpartner. Die in der modernisierungs-theoretischen Diskussion vertretene These vom Bedeutungsverlust traditioneller Bindun-gen – also die These, Eltern haben nur noch einen geringen Einfluss auf die Berufsorien-tierung ihrer Söhne und Töchter – wird durch aktuelle Forschungsbefunde zur Berufswahl nicht unterstützt: „Vielmehr geben die Befunde Hinweise darauf, dass Väter und Mütter im Prozess der Berufsorientierung nach wie vor eine zentrale und vielschichtige Rolle spielen“ (Maschetzke 2009: 181). Befragungen belegen, dass sich beispielsweise in Hamburg zwi-schen 50 bis 90 Prozent der Jugendlichen von ihren Eltern bei der Berufswahl beeinflus-sen lassen (vgl. Arbeitskreis EINSTIEG 2006: 10; Hamburger Sparkasse 2011: 15; Med-vedev 2011: 4).

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In Bezug auf Jugendliche mit Migrationshintergrund konnte gezeigt werden, dass für die Hälfte von ihnen die Mutter als wichtigste Beraterin für diese bedeutende Lebensentschei-dung fungiert (vgl. Boos-Nünning, Karakaşoğlu 2006: 203ff.). An zweiter Stelle rangieren Geschwister, Verwandte, der Partner bzw. die Partnerin sowie Freunde und Freundinnen, an dritter Position steht der Vater – allesamt vor professionell mit der Berufsorientierung befassten Menschen (vgl. ebd.). Die verstärkte Aufmerksamkeit auf Eltern als Zielgruppe von Schulen u.a. Bildungsträgern steht jedoch auch generell für tief greifende Umbrüche im Verhältnis von Schule und Familien, die sich seit den 1980er Jahren im deutschen Bil-dungssystem wie auf der internationalen Ebene vollziehen (vgl. CERI/OECD 1997). In Anbetracht der Pluralisierung der Familienformen und Lebensstile als auch wachsender Belastungen der Familien durch Arbeitslosigkeit, die Verschlechterung von Arbeitsbedin-gungen, Armut und unterschiedliche Formen der Exklusion vom politischen und gesell-schaftlichen Leben sowie das Wegbrechen traditioneller sozialer Netzwerke ist das Be-wusstsein für die individuelle Bedeutung der Eltern für das schulische Lernen und den Bil-dungserfolg, einschließlich der Berufsorientierung ihrer Kinder gewachsen. Neben der verstärkten Betonung von ‚Lernpartnerschaften’ erfolgt eine Neubestimmung des Verhältnisses von Schule und Familie jedoch auch im Zuge der Umsetzung der Schulautonomie in den Bundesländern. Werden traditionell die Pflichten der Eltern gegen-über der Schule betont, propagiert der neue Bildungsdiskurs die Elternrechte, etwa freie Schulwahl, erweiterte Mitsprache- und Beteiligungsmöglichkeiten in schulischen Entschei-dungen oder neue Formen der Rechenschaftslegung. Elternbeteiligung wird in diesem Zusammenhang z.T. auch offensiv als Strategie propagiert, um die Qualität von Bildungs-institutionen auf kostenneutralem Weg zu verbessern. Allerdings legen Erfahrungen in Ländern, in denen diese Reformen weiter fortgeschritten sind, nahe, dass Eltern noch stärker als bisher von den Schulen in die Verantwortung genommen werden. Die Refor-men verschaffen eher den ohnehin privilegierten Elterngruppen zusätzliche Vorteile und Einflussmöglichkeiten – zuungunsten derjenigen, die weniger geübt und versiert sind, ihre Interessen zu artikulieren und durchzusetzen (vgl. zusammenfassend Gomolla 2005, 43ff.). So bestehen im Gegensatz zur populären Partnerschaftsrhetorik über die genauen Ziele der Elternbeteiligung sowie die konkrete Gestaltung von Initiativen, damit möglichst alle Eltern ihre Potentiale zum Wohl ihrer Kinder einsetzen können, noch relativ große Unklar-heit und Unsicherheit. Auch werden mögliche (Neben-)Wirkungen, die von einer engeren Kooperation zwischen Eltern und Bildungsträgern ausgehen können, bisher kaum reflek-tiert. Anders als im angelsächsischen Sprachraum, wo der aktive Einbezug von Eltern ins-besondere in schulische Prozesse bereits seit den 1980er Jahren wissenschaftlich unter-sucht und diskutiert wird (als neuere Arbeiten vgl. z.B. Epstein et al. 2002; Henderson, Mapp 2002; Vincent 2002; Crozier, Reay 2005), hat in Deutschland eine empirisch und theoretisch fundierte Auseinandersetzung mit dem Thema bislang kaum stattgefunden. Hinter Schlagworten wie „Elternarbeit“, „Elternpartizipation“, „Elternkooperation“ oder „El-terneinbezug“ verbergen sich in der umfangreichen Praxis- und Ratgeberliteratur bei ge-nauerem Hinsehen eine Bandbreite von Strategien, die von höchst unterschiedlichen Vor-stellungen über die angemessene Rolle von Eltern in der Schule oder im Übergang aus-gehen und mit Zielen der Inklusion und Gleichstellung nicht immer zu vereinbaren sind. Im US-amerikanischen Kontext findet sich ein interessanter Systematisierungsversuch, der die Beteiligungsformen von Eltern und Gemeinden in der Schule analytisch zu trennen, einzuschätzen und zu bewerten hilft. So lassen sich in Anlehnung an Jeannie Oakes und Martin Lipton (Oakes, Lipton 2003: 401ff.) analytisch vier Perspektiven der Beteiligung von Eltern und Gemeinden in der Schule unterscheiden (vgl. ausführlich Gomolla 2009: 36ff.): (a) Eltern zur Mitarbeit gewinnen, um die Schule zu unterstützen; (b) Bereitstellen von Un-terstützung für die Familien; (c) Brücken zwischen vielfältigen Lebenswelten schaffen; (d)

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Organisation von Eltern und Gemeinden für Veränderungen im Bildungsbereich und in der breiteren Gesellschaft. Die analytische Matrix wurde zwar explizit schulbezogen entwickelt, erscheint aber auch für die Einordnung von Formen der Elternbeteiligung am Übergang interessant und soll hier deshalb kurz skizziert werden. a) Eltern unterstützen die Schule Die Beziehung zwischen Schule und Eltern wird in dieser Perspektive als Arbeitsbezie-hung verstanden, bei der es darum geht, Informationen, Verantwortung, praktische Fertig-keiten und Entscheidungen zu teilen. Diesem Ansatz kommt eine hohe Popularität zu, auch weil er in etwa dem entspricht, wie Schulen seit jeher versuchen, Eltern einzubezie-hen. Hierzu zählen z. B. Formen der Zusammenarbeit wie die Vermittlung von Information und Elternbildung, individuelle Erziehungsberatung, Angebote zur freiwilligen Mitarbeit in Schule und Unterricht, die Unterstützung der Kinder bei den Schulaufgaben zu Hause, die Mitsprache in den schulischen Entscheidungsgremien oder die Vernetzung mit Institutio-nen im Stadtteil (vgl. Rüesch 1999: 90f.). In diesem Konzept wird Elternbeteiligung vorwie-gend als Unterstützung der professionellen Anstrengungen der Schule definiert. Die Schu-le erwartet von den Familien, Praktiken zu entwickeln oder zu zeigen, die mit den schuli-schen Anforderungen kompatibel sind bzw. zu ihnen passen. Dadurch wird eine mangeln-de Beteiligung vonseiten der Eltern vorwiegend als individuelles Problem interpretiert – und nicht etwa auch als eines der Bildungseinrichtungen. Durch die Fixierung von Eltern in der Rolle von ‚Klientinnen’ und ‚Klienten’ der Schule bleiben in den Familien vorhandene Stärken vielfach ungesehen und ungenutzt. b) Unterstützung der Familien In dieser Perspektive wird die Institution Schule als eine Einrichtung verstanden, in der lokal vorhandene Ressourcen zur Unterstützung von Kindern und Familien gebündelt und vernetzt werden (vgl. in Deutschland z.B. Rütli Campus). Insbesondere in den USA hat sich in städtischen Quartieren und Gemeinden, die von materieller Armut und Arbeitslosig-keit betroffen sind, das Konzept einer „Full-Service-Schule“ (vgl. Comer 2004) etabliert. Diese stellt z.B. Betreuungs-, Frühstücks- und Mittagsangebote, Hausaufgabenhilfe, Frei-zeit- und Sportangebote sowie Beratungsangebote für Kinder und Eltern bereit. In diesem Konzept geht man auf der Grundlage der Entwicklungspsychologie und Resilienzfor-schung davon aus, dass sich auch Kinder in sehr armen Bezirken, wenn sie von einem sicheren Netz aufmerksamer und fürsorglicher Erwachsener umgeben sind, gut entwickeln können und dass sie erfolgreich lernen können. Dazu wird es als hilfreich erachtet, wenn die Schule auf ein breites Spektrum akademischer, sozialer, emotionaler und gesund-heitsbezogener Bedürfnisse eingehen kann. Allerdings bleibt auch dieser Ansatz dem Pa-radox eines ‚Empowering von anderen’ verhaftet, weil die Maßnahmen den Bedürftigen vonseiten der Habenden gewährt werden. c) Brücken zwischen vielfältigen Lebenswelten schaffen Ausgangspunkt dieser Perspektive sind die vorhandenen Bildungsressourcen in sozial benachteiligten Familien, die aktiviert und mit den Anstrengungen der Schule verbunden werden sollen (wie z.B. soziale Netzwerke und Treffpunkte; sprachliche und kulturelle Ressourcen; in vielen Familien vorhandenes hohes Interesse an schulischer Bildung, sub-stantielles Schulwissen und schulbezogene Fähigkeiten sowie formale Abschlüsse von Eltern, von denen die Lehrkräfte nichts wissen). Es werden nicht nur Hilfen angeboten, sondern auch Räume für Diskussionen, für künstlerisches oder politisches Handeln zur Verfügung gestellt. Diese Perspektive setzt die Bereitschaft der Professionellen und ande-ren Beteiligten voraus, Schülerinnen und Schüler sowie Eltern zuzuhören, ihnen auf Au-genhöhe zu begegnen und voneinander zu lernen. Ziel ist es zum einen, die Lebenswelten

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von Schülerinnen und Schülern offen zu erkunden, zum anderen, diese Lebenswelten in den Unterricht einzubeziehen bzw. sie an schulische Inhalte anschlussfähig zu machen. Bewährt haben sich z.B. die Zusammenarbeit mit Vertreterinnen und Vertretern lokaler Gemeinden und die Überarbeitung der Curricula, um lebensweltspezifische Erfahrungen von Kindern und Eltern zu integrieren. d) Selbstorganisation von Eltern und Gemeinden Diese Perspektive schließt an die Idee des „community organizing“ in den USA an und meint die Mobilisierung von Eltern und Nachbarschaften, um öffentliche Probleme zu lösen (vgl. z.B. Warren 2001). Es handelt sich dabei um freiwillige Netzwerke, die sich mit den gleichen Idealen identifizieren und auf der Basis gleicher Zielorientierungen gemeinsam handeln können, bzw. gewünschte Veränderungen ins Werk zu setzen versuchen. Dieser Ansatz weist explizit darauf hin, dass Schulen ebenso den armen Eltern und Gemeinden gehören wie den wohlhabenderen und mächtigeren und dass auch arme Eltern mit glei-chem Selbstvertrauen und Sinn für Gleichberechtigung zur Sprache bringen können, was sie sich für ihre Kinder wünschen. So werden Eltern und andere Mitglieder der Gemeinde bspw. in eine kritische Untersuchung zur Chancengerechtigkeit ihrer Schule einbezogen und darin unterstützt, Initiativen für Veränderungen zu ergreifen. Die vier Perspektiven sind als analytische Unterscheidungen zu verstehen. D.h. konkrete Strategien und Praktiken können Elemente aus mehreren Kategorien in sich vereinen. Es gilt nun zu klären, inwiefern diese schulbezogen formulierte Matrix auch dazu dienen kann, Projekte der Elternbeteiligung im Bereich des Übergangs zu analysieren. 4. Die Rolle von Eltern in der Projektpraxis am Übergang Laut der Bundesbeauftragten für Migration, Flüchtlinge und Integration, Maria Böhmer, stellen die Eltern in Fragen der Berufswahl die „wichtigsten Berater ihrer Kinder dar“ (Be-auftragte der Bundesregierung für Migration 2010: 86). Böhmer bezeichnet „die Unterstüt-zung der Eigeninitiative der Jugendlichen aus Zuwandererfamilien und die Einbindung ihrer Eltern und Sozialräume in die Berufsfindung“ deshalb als „unverzichtbar“ (ebd.). Die-ses Bewusstsein scheint in der Praxis bisher nur wenig Anklang gefunden zu haben. Schaut man sich die Projektlandschaft im Bereich des Übergangs insgesamt an, wird deut-lich, dass Elternbeteiligung hier bislang keinen ausgeprägten Stellenwert einnimmt. Es finden sich in diesem Zusammenhang lediglich vereinzelt Projekte, die überwiegend lokal operieren. Damit sind nicht nur Anzahl und Reichweite dieser Projekte relativ gering, son-dern auch die Menge und der Grad ihrer Verbreitung und Institutionalisierung untereinan-der. Diese binden Eltern sowohl direkt als auch indirekt in die Arbeit am Übergang ein und unterscheiden sich zudem darin, dass sie sich entweder allgemein an alle Eltern – unab-hängig von ihrem sozio-ökonomischen und ethnischen Hintergrund – wenden oder mit ihrem Angebot gezielt Eltern aus bildungsfernen Schichten – hierunter häufig solche mit Einwanderungshintergrund – ansprechen wollen. Insgesamt gesehen kommt in allen hier in den Blick genommenen Projekten1 eine recht

1 Im Rahmen dieses Artikels wurden von uns folgende sechs Projekte näher betrachtet: LISA III – Lokale Initia-tiven zur Integration junger Migranten in Ausbildung und Beruf (http://www.bosch-stiftung.de/content/language1/html/4585.asp), TEMA – Türkische Eltern als Motor für Ausbildung (http://www.integrationcentral.de/pages/Bildungskette.aspx), Studien und Modelle in der Bildung - Programm zur Aktivierung und Unterstützung von Eltern und Jugendlichen im Übergang Schule-Beruf (http://www.reha-schotten.de/index.php?id=252), Eltern ins Boot – Interkulturelle Elternarbeit zum Übergang Schule – Beruf (http://www.verikom.de/eltern_ins_boot.htm); sowie die bereits abgeschlossenen Projekte: Elternarbeit und Bildungsberatung in Kulturvereinen und Moscheegemeinden (http://www.bqn-emscher-

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einheitliche Vorstellung darüber zum Ausdruck, wie Eltern in die Arbeit am Übergang ein-bezogen werden sollen. So zielen sie, wie das hier zitierte LISAIII-Projekt der Robert-Bosch-Stiftung, in erster Linie darauf ab, „Eltern in ihren erzieherischen und damit in ihren Unterstützungskompetenzen zu stärken“ und sie dafür zu „motivieren“, „ihre Kinder am Übergang Schule und Beruf zu unterstützen“. Konkrete Maßnahmen, die mit diesen Pro-jektzielen einhergehen, beschränken sich zumeist auf „Informationsveranstaltungen für Eltern“ (LISAIII, TEMA, Elternarbeit und Bildungsberatung), „Elternsprechstunden“ (LISAIII, TEMA), „Elternkompetenztrainings“ (Eltern ins Boot, Gemeinsam in die Zukunft) oder „El-tern-Coachings“ (Studien und Modelle der Bildung). Die Eltern stellen aus Sicht der Projekte also in erster Linie Informationsempfängerinnen und -empfänger dar, die es vonseiten der Bildungsträger zu „mobilisieren“, zu „motivieren“ und zu „unterstützen“ gilt. Dabei stehen Zielsetzungen und Maßnahmen der Projekte häu-fig in einem ambivalenten Verhältnis zueinander: Während, wie beispielsweise beim Pro-jekt TEMA des Bildungsbüros in Weinheim, das Ziel formuliert wird, „eng mit den Lehrkräf-ten und Fachkräften am Übergang Schule Beruf zu kooperieren“ und als „Kommunikati-onsbrücke zwischen Eltern und Schule“ zu fungieren, sind die mit diesen Zielsetzungen einhergehenden Maßnahmen vorwiegend auf die Seite der Eltern ausgerichtet. Diese Maßnahmen bemühen sich zumeist nicht in gleicher Weise um die Kooperationsbereit-schaft und Kommunikationsfähigkeit der anderen beteiligten Akteure – eine prinzipielle Handlungsbereitschaft aufseiten der Schulen, Betriebe, Bildungsträger u.a. wird hier häufig vorausgesetzt. Auch fällt auf, dass die potentielle Mehrsprachigkeit der elterlichen Klientel lediglich im Angebot des Hamburger Projekts „Eltern ins Boot“ explizit berücksichtigt wird. Wenig Raum scheint dabei einer Form von Kooperation mit Eltern gegeben zu sein, die nicht allein auf die „Qualifizierung“ und „Aktivierung“ dieser ausgerichtet ist, sondern auch die Wünsche der Eltern und ihre Vorstellungen von einer Zusammenarbeit in Richtung der Bildungseinrichtungen zu kommunizieren hilft. Über die Auseinandersetzung mit den genannten Projekten am Übergang wird deutlich, dass diese sich vorwiegend auf die Seite der Eltern und deren vermeintliche Defizite kon-zentrieren. In den Fokus dieser in erster Linie auf das „Empowerment“ der Eltern ausge-richteten Projekte geraten demnach vorwiegend bildungsferne Schichten, zentrale Ziel-gruppe stellen insbesondere Eltern mit Migrationshintergrund dar. Dagegen werden die rechtlichen und politischen Rahmenvorgaben sowie die organisatorischen Strukturen, Routinen und Praktiken in den abgebenden und aufnehmenden Einrichtungen kaum in den Blick genommen. So nehmen die hier betrachteten Projekte nahezu ausschließlich die oben nach Oakes und Lipton ausgeführte Handlungsperspektive a) ein, die voraussetzt, dass elterliche Praktiken mit den institutionellen Anforderungen kompatibel sein oder ge-gebenenfalls angepasst werden müssen, damit sich eine effektive Arbeitsbeziehung zwi-schen Eltern und (Aus-)Bildungsinstitutionen entwickeln kann. In diesem Zusammenhang wird weder eine notwenige Transformation institutioneller Strukturen in Betracht gezogen, noch wird das Potential von Familien berücksichtigt, bereits vorhandene Fähigkeiten und Perspektiven in die Arbeit am Übergang einfließen zu lassen und damit zu neuen, innova-tiven Formen der Kooperation beizutragen.

lippe.de/display.asp?page=arbeitspapiere), Gemeinsam in die Zukunft. Elternarbeit am Übergang Schule-Beruf (http://www.uebergangsmanagement-leipzig.de/index.php?id=71)

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5. (Interkulturelle) Elternbeteiligung am Übergang Schule und Beruf: ein kritisches Resümee

Die vorangegangenen Ausführungen zeigen, dass die Systematisierung von unterschiedli-chen Handlungsansätzen zur Elternbeteiligung auch für die Analyse der aktuellen Projekt-praxis am Übergang hilfreich ist: Es wird deutlich, dass diese sich vor allem auf vermeintli-che Schwächen und Probleme im Bereich der Familie konzentrieren bzw. diese auszuglei-chen suchen. Um die häufig implizit konstatierte mangelnde Passung zwischen Familien- und Ausbildungskultur zu beheben, wird also vorwiegend auf der Mikroebene der Familie angesetzt. Zielgruppe solcher Handlungsansätze sind insbesondere Eltern mit Migrations-hintergrund, denen ‚Bildungsferne’ oder ‚Uninformiertheit’ unterstellt und damit ein positiver Einfluss auf die Berufsfindungs- und Ausbildungssituation ihrer Kinder tendenziell eher abgesprochen wird. Angesichts der dargestellten Diskriminierungseffekte in der Über-gangspassage zwischen Schule und Berufsausbildung und der Segregation auf dem Ar-beitsmarkt scheint eine Einbindung von Eltern, die allein auf deren verstärkte Qualifizie-rung und Information setzt, insofern kaum geeignet, einen signifikanten Beitrag zur Ver-besserung der Situation von benachteiligten Jugendlichen am Arbeitsmarkt zu leisten. Wie können Eltern und Gemeinden auf eine wirksamere Art und Weise eingebunden wer-den, um den Übergangserfolg ihrer Kinder zu unterstützen und wie kann die Klientifizie-rung von Eltern in der Kooperation mit Schulen und anderen Institutionen vermieden wer-den? Ein vielversprechender alternativer Handlungsansatz besteht darin, Eltern als Part-nerinnen und Partner in einer inklusionsorientierten Schulentwicklung zu gewinnen. Hierzu sind Wege zu erkunden, um elterngezielt einzuladen und zu aktivieren, um in konzertierter Anstrengung auch Arbeitsstrukturen, Prozesse und Ergebnisse im (Aus-)Bildungssystem unter Gesichtspunkten der sozialen Gerechtigkeit kritisch zu betrachten und zu verbes-sern. Damit sollte das Leitbild für eine Kooperation am Übergang nicht allein auf die Unter-stützung der Eltern ausgerichtet sein, sondern auf eine wertschätzende und kontinuierliche Beziehungsarbeit zwischen den beteiligten Akteuren und das Eröffnen von Räumen für Dialoge, künstlerische Aktivitäten, Diskussionen und politisches Handeln. Dazu muss das Plädoyer für Kooperation und Partizipation auf ein Territorium verlagert werden, vor dem Schulen oft ängstlich zurückschrecken: die Unterstützung von Eltern, an der Macht von Schule teilzuhaben und für das gemeinsame Ziel einer qualitativ hochwertigen und sozial gerechten Bildung ihre eigene Macht einzusetzen. Erforderlich ist konzertiertes Handeln auf den unterschiedlichen Gestaltungsebenen von Schule wie in benachbarten Politikfeldern über die Zeit und die Bereitschaft von Lehrkräf-ten und Schulen, neue Rollen einzunehmen und in bisher unvertrauten Wegen zu handeln. Entsprechende Versuche werfen grundsätzliche Fragen auf hinsichtlich der institutionellen Grenzen zwischen Familie und Schule und der Konsequenzen, die es mit sich bringt, sie zu überqueren oder nicht. Zugleich gilt es, nicht nur die Effektivität von bestehenden El-ternbeteiligungsansätzen zu evaluieren, sondern auch eine weitere theoretische Ausdiffe-renzierung und Schärfung von Elternbeteiligungsformen zu leisten. Hier fällt zurzeit noch, wie Alexei Medvedev (2011) konstatiert, eine „Kluft zwischen Projektpraxis und dem Grad theoretischer Erfassung und wissenschaftlicher Verallgemeinerung“ (a. a. O.: 6) ins Auge, in der sich der Zustand einer Projektlandschaft zur Elternbeteiligung als wenig verstetigter „Flickenteppich“ (a. a. O.: 5) – nicht allein im Übergang von der Schule in die Berufsausbil-dung – spiegelt.

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Eine Frage der Haltung Autorin: Jutta Goltz, IRIS e. V., Tübingen In den letzten Jahren wird eine Zusammenarbeit mit Eltern im Kontext von Schule, Jugendhilfe und Schulsozialarbeit verstärkt thematisiert. In vielen Diskursen und Elternbildungsprogrammen erscheinen dabei die Eltern – und hier insbesondere die mit Migrationserfahrungen - als diejenigen, die Defizite aufweisen und deren Erziehungskompetenzen gestärkt werden müssen. In unserem Buch „Eine Frage der Haltung. Eltern(bildungs)arbeit in der Migrationsgesellschaft. Eine praxisorientierte Reflexionshil-fe.“2 schlagen wir hier einen doppelten Perspektivwechsel vor: ein ressourcenorientiertes Zusammenarbeiten mit Eltern sowie ein selbstreflexiver Blick auf Institutionen und profes-sionelle Akteure. Eine gelingende Zusammenarbeit mit (zugewanderten) Eltern ist weniger von besonderen oder neuen Methoden abhängig, sondern vielmehr von der – institutionellen und persönli-chen - Haltung, mit der wir Eltern begegnen. Was damit gemeint ist, haben wir in unserem Buch mit 13 Grundsätzen der Elternarbeit (verstanden als reflexive Impulse) beschrieben und durch konkrete Praxisberichte angereichert. Nachfolgend ein kurzer Einblick in ein paar ausgewählte Grundsätze. Eltern sind Experten ihrer Situation Entscheidend für eine Zusammenarbeit mit Eltern auf Augenhöhe ist die Haltung, mit der Professionelle auf Eltern zugehen: Geht es darum, Defizite auszugleichen? Oder werden Eltern als Expert/innen ihrer Kinder gesehen, die an manchen Stellen Orientierungswissen brauchen, um die für sie richtigen Entscheidungen treffen zu können? Eine ressourcenori-entierte Haltung von Lehrer/innen oder Schulsozialarbeiter/innen kommt in jedem Eltern-gespräch, in jeder schriftlichen Einladung, aber auch in der Konzipierung von Angeboten zum Ausdruck: Der Blick auf die Stärken und Kompetenzen sowohl der Kinder als auch der Eltern schafft die Grundlage für einen vertrauensvollen, konstruktiven Dialog. Keine Fragen beantworten, die niemand gestellt hat! Eltern beteiligen meint, sie bei der Auswahl und Bearbeitung von Themen aktiv einzube-ziehen und die Zusammenarbeit mit ihnen nicht auf die Klassiker wie die Bestückung des Essensbuffets oder Fahrdienste zu reduzieren. Eltern brauchen Räume, offene Orte der Begegnung und des Dialogs, um ihre Themen für sich auch erst entdecken und dann bestimmen können, in welcher Weise sie diese bearbeiten wollen. Aufseiten der Professi-onellen ist eine Haltung der offenen Aufmerksamkeit und Achtsamkeit gefragt: tatsächlich zuzuhören, was Eltern bewegt, nicht von vornherein zu definieren, was Eltern zu interes-sieren hat und wie der richtige Weg aussieht. Eine offene, fragende Haltung kommt in El-terngesprächen zum Ausdruck, darin, wie Veranstaltungen geplant werden (wer wird alles einbezogen, gibt es nur standardisierte Angebote für alle) und auch, welche Inhalte umge-setzt werden. Empowerment Eine wichtige Rolle in diesem Zusammenhang können ausdrückliche Elternangebote in einem herkunftshomogenen Setting sein: Ein russischer Elterntreff oder ein Café an der

2 Melahat Altan/ Andreas Foitzik/ Jutta Goltz, Eine Frage der Haltung. Eltern(bildungs)arbeit in der Migrations-gesellschaft. Eine praxisorientierte Reflexionshilfe, Stuttgart 2009. Bezug: www.ajs-bw.de

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Schule für türkeistämmige Mütter sind auch Orte des Empowerments und der Selbststär-kung. Muttersprachliche Elternabende, gezielte muttersprachliche Informationsveranstal-tungen und auch entsprechende schriftliche Materialien sind kein Ausdruck davon, dass diese Eltern sich nicht in die deutsche Gesellschaft integrieren wollen. Die Chance eines solchen Vorgehens liegt darin, dass Eltern hier mit Gleichgesinnten (und in ihrer Sprache) in Austausch kommen, ihre Erfahrungen reflektieren und Ressourcen neu entdecken kön-nen. Möglicherweise ein wichtiger Schritt, um sich weiter auf die Gesellschaft zu bewegen zu können. Frühe Kontaktaufnahme und Beziehungsangebote Professionelle berichten immer wieder von dem Zeitdruck, unter dem sie stehen, und dass sie erst dann auf Eltern zugehen, wenn das Fass schon fast am Überlaufen ist und konkre-te Konfliktanlässe vorliegen. Die Atmosphäre solcher Elterngespräche sei dann meist recht angespannt. Für alle Eltern ist es unangenehm, zu einem Elterngespräch „einbestellt“ zu werden. Vielen Eltern fällt es schwer, die Kritik an dem Verhalten des Kindes nicht als Kri-tik an sich selbst zu hören, insbesondere wenn sie der Einrichtung mit Unsicherheit be-gegnen. Es ist wesentlich einfacher, einen guten Kontakt herzustellen, wenn das Erstgespräch nicht mit einem Konflikt oder der Klärung eines problematischen Verhaltens des Kindes einhergeht. Insofern sind alle Aktivitäten förderlich, die der persönlichen Kontaktaufnahme dienen. Eltern und Professionelle begegnen einander im Schulhof, im Viertel, in der Schu-le, informell und formell. Viele Eltern stehen Schulen und schulischen Unterstützungsangeboten wie Schulsozialar-beit, Hausaufgabenbetreuung, Mentoren- und Patenmodellen etc. skeptisch bis misstrau-isch gegenüber. Hinter diesen Ängsten können auch Sozialisationserfahrungen stehen, in denen Hilfe und Unterstützung in schwierigen Lebenslagen nicht – wie das gerade uns Professionellen selbstverständlich scheint - über institutionalisierte Hilfeangebote, sondern über informelle private Netzwerke realisiert wird. Es gibt somit nicht die individuelle oder auch kollektive Erfahrung, schnell das Vertrauen zu einer unbekannten professionellen Person aufzubauen. Vor der Hilfe steht deshalb sehr viel Beziehungsarbeit. Nicht die pro-fessionelle Ausbildung wird als Voraussetzung für eine gute Hilfe gesehen, sondern das Vertrauen in die Beziehung. Man könnte diese Haltung auf den Nenner bringen: Wer mich nicht (ganzheitlich) kennt, kann mir nicht helfen. Personen, die der Familie vertraut sind und konkrete Dienstleistungen anbieten, können viel schneller akzeptiert werden. Perso-nen hingegen, die (professionell) distanziert wirken und viele Fragen stellen, können als kontrollierend erlebt werden, sodass deren Unterstützungsleistung nicht in Anspruch ge-nommen wird. Lehrkräfte können in ihrem Arbeitsfeld hier an ihre Grenzen kommen. Eine Möglichkeit, dieses Dilemma aufzubrechen, besteht darin, mit Personen zu kooperieren, die diesen (zeitintensiven) vertrauensvollen Beziehungsaufbau leisten können: (muttersprachliche) Schlüsselpersonen, Elternlotsen, Multiplikator/innen, aber auch Professionelle aus außer-schulischen Einrichtungen wie z.B. Jugendagenturen, Jugendmigrationsdienste o.ä. Schlüsselpersonen sind wichtig! (Muttersprachliche) Schlüsselpersonen können für Eltern eine große Bandbreite an The-men in vielfältiger Form erschließen und sie darin unterstützen, ihre Fragen und Anliegen zu formulieren. Insofern ist es in der Elternarbeit sinnvoll, engagierte Eltern als Schlüssel-personen aufzubauen und einzusetzen. Dazu gehören einzelne Eltern, Vertreter/innen aus Vereinen, aktive Menschen aus dem Gemeinwesen oder Professionelle aus anderen sozi-

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alen Zusammenhängen. Wenn Schlüsselpersonen um Zusammenarbeit gebeten werden, fühlen sie sich in ihren Kompetenzen ernst genommen, wertgeschätzt und freuen sich, andere Eltern unterstützen zu können. Insbesondere für migrantische Eltern können Schlüsselpersonen mit eigenem Migrationshintergrund zum Türöffner werden. Ein weiterer Schritt könnte die gezielte Kooperation mit Migrantenorganisationen sein, die sich in der Bildungsarbeit engagieren wollen oder es bereits tun. Verschiedene Formen sind dabei denkbar:

• Die Vorstellung der eigenen Schule bzw. des eigenen professionellen Angebots in den Vereinen ermöglicht es, Eltern kennen zu lernen, die möglicherweise an den eigenen Angeboten teilnehmen wollen.

• Die Räume von Migrantenorganisationen können dazu genutzt werden, um dort spezielle Angebote für Eltern zu machen (Informationsveranstaltungen zum Über-gang Schule – Beruf, Veranstaltungen mit externen Referent/innen, Kursreihen etc.).

• In Migrantenorganisationen können Schlüsselpersonen für die Mitarbeit gewonnen werden.

• Mit Migrantenorganisationen können konkrete Projekte gemeinsam entwickelt und umgesetzt werden.

• Im Dialog mit Migrantenorganisationen kann ein Bedarf für die Weiterentwicklung der eigenen Arbeit ersichtlich werden.

Verständigung organisieren Ein Schlüsselprozess in der Elternarbeit ist die gemeinsame Verständigung - und gerade diese wird häufig als wenig gelingend beschrieben. Nur wenige Schulen und soziale Ein-richtungen haben für diesen Prozess bislang definierte Standards entwickelt, nur wenige haben die Möglichkeit geschaffen, auf einen organisierten Pool von internen oder externen Dolmetscher/inne/n zurückgreifen zu können. Es ist sicherlich nicht möglich, für jede Kommunikationssituation bezahlte qualifizierte Übersetzer/innen hinzuziehen. Dennoch muss definiert werden, wer was übersetzen darf und soll und welche Situationen unab-dingbar einer professionellen Sprachmittlung bedürfen. Darüber hinaus gilt es zu überle-gen, wie Mehrsprachigkeit als Ressource in der jeweiligen Arbeit aufgegriffen werden kann. Die eigenen Konzepte sind nicht normal! Im Kontakt mit Eltern wird immer wieder deutlich, dass viele unserer als selbstverständlich angenommener Konzepte nicht verstanden werden bzw. sie nur ungenügend erklärt wur-den: Was ist eigentlich Schulsozialarbeit? Was macht eine Berufseinstiegsbegleiterin? Was sind Jobpaten? Wie kommen Noten zustande? … Die Liste ließe sich lange fortset-zen. Wir müssen uns die Mühe machen, unsere pädagogischen Strukturen und Konzepte insbesondere in möglichen „kulturellen“ Konfliktfeldern transparent zu machen, begründen und vermitteln zu können. Dies hilft uns selbst, einen Standpunkt zu entwickeln. Von da aus können wir bestimmen, welche Standards nicht verhandelbar sind und was im Dialog mit den Nutzer/innen/n immer auch Gegenstand der Weiterentwicklung sein kann. Dies hilft vor allem aber auch den Eltern, die Einrichtung zu verstehen, sich mit ihr auseinan-dersetzen und nicht zuletzt auch in ihrem Umfeld erklären zu können. Institutionelle Reflexivität Die von uns benannten Punkte verweisen darauf, dass die Frage der Haltung nicht auf die persönliche, zwischenmenschliche Interaktion reduziert werden darf. Im Gegenteil, institu-tionelle Abläufe, Konzeptionen und Angebote müssen ebenso hinterfragt werden. Insofern verstehen sich unsere Grundsätze als Anregungsimpulse für eine (möglicherweise neu zu

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schaffende) institutionelle Auseinandersetzungskultur: auf Fortbildungen, einrichtungsbe-zogenen Klausurtagen, in kollegialen Beratungen, durch Supervision und Coaching. Pro-fessionalität stellt sich nur durch einen immer wieder reflektierten Umgang mit eigenen Emotionen und Haltungen her.

• Wie wirkt sich die eigene Machtposition als Pädagog/in/e auf mein Handeln aus? Ist mir beispielsweise bewusst, dass ich bei einem Mentor/inn/enprojekt unter mei-nen Klient/inn/en die Ressource Anerkennung verteile und damit auch Aufstiegs-chancen und Exklusion mitbestimme?

• Welche ungewollten Effekte hat mein Handeln? Kann es sein, dass der Wunsch nach einem Beziehungsaufbau über einen Hausbesuch im konkreten Fall bei den Betroffenen ungute Gefühle auslöst, weil sie sich für ihre prekären Verhältnisse schämen?

• Welche Rolle spielen die Bilder, die ich mir von den Klienten mache beispielsweise bei einem Kinderschutzfall? Greife ich eher zu spät ein, weil ich nicht erneut Ängste bei den Eltern provozieren will, oder greife ich eher zu früh ein, weil ich in bestimm-ten kulturellen Kontexten eher von in gewalttätigen Familienverhältnissen ausge-he?

Zur Anregung der Reflexion dieser und ähnlicher Fragestellungen braucht es meist einen Anlass von außen. Eine kultur- und migrationssensible Elternarbeit braucht daher auch externe Berater/innen mit einem Störauftrag.

Migrantenorganisationen als Bildungsakteure: zwischen Empo-werment und Funktionalisierung3 Autorin: Jutta Goltz, IRIS e. V., Tübingen Anhand der Erfahrungen von zwei Praxisentwicklungsprojekten der Jugendmigrations-dienste Reutlingen und Nürtingen (BruderhausDiakonie, Stiftung Gustav Werner und Haus am Berg)4 im Bereich der Zusammenarbeit von Schule, Jugendhilfe, Eltern und Migrante-norganisationen kann das Spannungsfeld von Empowerment und Funktionalisierung in der Kooperation mit Migrantenorganisationen genauer ausgeleuchtet werden. Aus der bisheri-gen Projektarbeit können nachfolgend einige zentrale Erkenntnisse vorgestellt werden. Welche Gewinne benennen die beteiligten Akteure durch die gemeinsame Kooperation? Die strukturellen Voraussetzungen der verschiedenen kooperierenden MOs sind höchst heterogen. Manche sind seit Jahren bestehende große Vereine mit vielen Mitgliedern und ausdifferenzierter interner Vereinsstruktur, andere wiederum haben den Charakter einer privaten Initiative, die über keinerlei Infrastruktur verfügen. Die Bereitstellung und Finanzie-rung von Räumen und Materialien ist daher für viele MOs ein wichtiger unmittelbarer Nut-zen, da dies die Voraussetzungen dafür schafft, den oft vorherrschenden informellen

3 Nachfolgender Artikel ist eine stark gekürzte Version des Artikels von Jutta Goltz, Migrantenorganisationen als Bildungsakteure: zwischen Empowerment und Funktionalisierung, in: ajs informationen 1/2011, Kooperati-on mit Migrantenorganisationen, Stuttgart 2011, S. 4 – 11. 4 Projekt Elan: „Partizipative Elternbildung. Pädagogische Einrichtungen und Migrantenorganisationen in Ko-operation“. Laufzeit: 1.1.2009 – 31.12.2011, gefördert durch den Europäischen Integrationsfonds. Projekt Comigo: „Förderung von Migrantenjugendlichen durch Kooperation von Schulen, Eltern und Migran-tenvereinen“. Laufzeit: 1.6.2009 – 30.5.2012, gefördert durch das Xenos Programm. Beide Projekte werden durch die Uni Tübingen, Institut für Erziehungswissenschaften, wissenschaftlich begleitet.

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Rahmen der eigenen Aktivitäten aufzuwerten und sichtbar zu machen. Dazu gehört auch, dass mit Hilfe der JMDs die eigene Öffentlichkeitsarbeit z.B. durch die Erstellung von Fly-ern vorangetrieben werden kann. Immer wieder sind MOs auch darauf angewiesen, die Infrastruktur (Computer, Drucker) der JMDs nutzen zu können. Auch die Bereitstellung und Finanzierung von Kinderbetreuung ist für viele Vereine von großer Bedeutung, können so doch insbesondere für die Frauen Freiräume geschaffen werden, sich in ungestörter Atmosphäre auszutauschen bzw. sich Themen und Inhalte zu erarbeiten. Die Mitarbeiter/innen der Jugendmigrationsdienste unterstützen die MOs bei der Vermitt-lung von Referent/innen: so formulieren Eltern aus den Vereinen und Initiativen zwar The-men und Fragen, selten kennen sie sich jedoch in der „sozialen Szene“ so gut aus, dass sie wissen, wo geeignete Fachreferent/inn/en zu finden sind. Sukzessive eignen sich so die MOs wichtiges Orientierungswissen über das Schul-und Ausbildungssystem an. Auch die Tatsache, dass Honorarkosten für Referent/innen übernommen werden können, er-leichtert es den MOs, kostenlose Bildungsangebote in ihren Gruppen und Treffen anbieten zu können. Im Rahmen der Multiplikator/inn/enschulungen sind insbesondere die The-menbereiche Vereinsmanagement und Fördermöglichkeiten für Vereine besonders nach-gefragt. Dies kann als Indiz dafür genommen werden, dass innerhalb der MO ein Umden-ken stattfindet: Sie wollen nicht länger nur ergänzende Kooperationspartner/innen sein, sondern ihrerseits selbst aktiv Angebote machen können. Unterstützung und Beratung bei der Antragstellung spielt dementsprechend in den Projekten eine zunehmend größere Rol-le. Insbesondere für die Schlüsselpersonen, die eigene Bildungsangebote für Eltern initiieren oder begleiten, ist es von zentraler Bedeutung, dass sie Honorare für ihre Tätigkeiten be-kommen und kein rein ehrenamtliches Engagement von ihnen erwartet wird. Auch der fachliche Austausch mit den Teams der JMDs und die Unterstützung bei der Programm-gestaltung werden als hilfreich benannt. Gerade wenn es darum geht, Eltern- oder Frau-engruppen über einen längeren Zeitraum „am Laufen“ zu halten, ist es für die engagierten Schlüsselpersonen von großer Bedeutung, sich von Mitarbeiter/innen der JMDs coachen zu lassen und gemeinsam weitere Ideen zu entwickeln. Insgesamt erleben die aktiven Schlüsselpersonen die Teilnahme am Projekt als Professionalisierungsgewinn:

• Sie erleben sich selbst als aktiv Gestaltende von Bildungsangeboten und vollzie-hen damit einen Rollenwechsel.

• Sie werden von beteiligten Kooperationspartner/inne/n des Projektes als Ex-pert/inn/en angesprochen und nachgefragt.

• Ihr Engagement bekommt durch die Kooperation mit den JMDs eine institutionali-sierte Form und verlässt den scheinbar privaten Rahmen.

Auf einer persönlichen Ebene führt dies insbesondere bei den aktiven Schlüsselpersonen zu einer starken Ermutigung und Empowerment. Nicht selten werden insbesondere auch die aktiven Frauen durch ihre Erfahrungen als Schlüsselpersonen ermutigt, weitere berufli-che Schritte (Arbeitssuche, Ausbildung, neues Studium o.ä.) anzugehen5. Aus Sicht der JMDs stellen sich die Gewinne durch die Kooperation folgendermaßen dar: 5 Wobei hier noch anzumerken ist, dass in beiden Praxisprojekten nicht ausschließlich akademisch-intellektuelle Migrant/inn/en aktive Schlüsselpersonen sind - wie dies in Diskussionen immer wieder angeführt wird – auch Menschen, die nach hiesigem Verständnis gerne als „bildungsfern“ bezeichnet werden, bewegen in den Projekten unschätzbar viel.

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• Die gemachten Angebote sind näher an den Bedürfnissen, Themen und Fragen der Eltern orientiert und können zur Voraussetzung weiterer Planungen gemacht werden.

• Zugang zu Eltern zu haben, bedeutet auch, deren Kinder und Jugendliche errei-chen zu können. Insofern liegt hier präventives Potenzial: wenn Eltern die JMDs kennen, wissen sie, wohin sie ihre Kinder und Jugendlichen schicken können, be-vor Probleme eskalieren.

• Durch die kontinuierliche Begleitung der Migrantenorganisationen wachsen hier wichtige Netzwerkpartner heran, mit denen tragfähige längerfristige Bezüge und auch persönliche Beziehungen aufgebaut werden können.

• Auf einer persönlichen Ebene kommt es zu Horizonterweiterungen: Irritationen und Verunsicherungen, Zuschreibungen und Diskriminierungen im Umgang mit Migran-teneltern können produktiv aufgegriffen und bearbeitet werden. Der eigene Blick wird differenzierter.

• Auch aufseiten der Mitarbeiter/innen kommt es zu einem Professionalisierungsge-winn, der für eine andere Öffentlichkeitsarbeit genutzt werden kann. Die Mitarbei-ter/innen werden als Expert/inn/en für dieses Thema im lokalen Kontext identifiziert und zu Gremien, Netzwerken oder Fachveranstaltungen eingeladen.

Was ist wichtig, um Migrantenorganisationen für Kooperationen gewinnen zu kön-nen? Der Kontaktaufbau mit den MOs ist ein Schlüsselprozess für die weitere Zusammenarbeit, der sehr, sehr zeitaufwändig ist. Von den Mitarbeiter/inne/n der JMDs verlangt dies viele Arbeitsstunden am Abend und am Wochenende, diese Zeitressourcen müssen selbstver-ständlich zur Verfügung stehen. In vielen kleinen Gesprächen wird Vertrauen aufgebaut, potenzielle Schlüsselpersonen müssen mehrfach direkt angesprochen werden. Dabei hat es sich bewährt für jeden Verein eine/n feste Ansprechpartner/in zu haben und auch in-nerhalb der Vereine Personen zu identifizieren, die für die Bildungsthemen Ansprechpart-ner/innen sein können. In den Gesprächen wird herausgearbeitet, welche Gewinne die Kooperation haben könnte, wo aber auch Grenzen liegen können. So haben manche Ver-eine die Hoffnung, über die Kooperation mit den Projekten ausschließlich ihre interne Ver-einsorganisation stützen zu können – hier gilt es seitens der JMDs, den Bildungsauftrag der Projekte zu verdeutlichen. Die Gewinnung von MO gelingt nicht immer, dies zeigt der unterschiedliche Verlauf der Kontaktanbahnung in den jeweiligen Projektstandorten. Während es im Projekt ELAN rela-tiv schnell gelang, bereits vorhandene Kontakte und Netzwerke für das Projekt zu aktivie-ren (schon nach 6 Monaten konnten erste Angebote in Vereinen gemacht werden), stie-ßen die Mitarbeiter/innen von COMIGO hier eher an strukturelle Grenzen: Misstrauen, Zurückhaltung, unverbindliche Kooperationszusagen, die sich dann wieder in Luft auflös-ten, prägten in der Anfangszeit das Klima, sodass die Zeit der Kontaktaufnahme mehr als doppelt so lang war. Hier sind auch die jeweiligen kommunalen Rahmenbedingungen zu beachten: ELAN findet in einem kommunalen Kontext statt, in dem es bereits Netzwerk-strukturen unter Beteiligung von Migrantenorganisationen gibt, es gab im Vorfeld bereits ein Elternbildungsprojekt und es gibt eine kommunale Integrationsbeauftragte. Darüber hinaus ist das ELAN-Team ein rein migrantisches Team mit vielen informellen Vorkontak-ten. COMIGO betritt hier in gewisser Hinsicht Neuland und trifft auch auf eine andere loka-le Vorgeschichte.

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In der Zusammenarbeit mit Eltern muss ein breites Bildungsverständnis zugrunde gelegt werden. Die Erfahrungen in den Frauen- und Elterngruppen zeigen, dass sich die beteilig-ten Eltern nicht linear mit formalen Bildungsthemen beschäftigen wollen – der gegenseitige Austausch, biographische Zugänge zu ihren aktuellen Lebenssituationen, der Austausch über Rassismus- und Diskriminierungserfahrungen und das Thematisieren eigener Res-sourcen sind die zentrale Grundlage dafür, dass die Eltern für sich ihre Themen und Fra-gen entdecken, die sie dann bearbeiten wollen. Erst in einem zweiten Schritt wächst bei den beteiligten Personen die Erkenntnis und das Selbstvertrauen, dass sie selbst in die-sem Bildungsprozess eine aktive Rolle wie oben beschrieben einnehmen können. Auf der Umsetzungsebene bedeutet dies für die JMDs die entsprechende inhaltliche und personel-le Planung und Absicherung solcher weit gefasster Bildungsangebote ebenso wie das Austarieren heterogener Wünsche innerhalb der jeweiligen Elterngruppen. Als hilfreich hat sich die Tatsache erwiesen, dass in den JMD-Teams Professionelle mit einer eigenen Migrationsbiografie arbeiten. Dies in mehrfacher Hinsicht:

• Muttersprachliche Kommunikation kann den Kontaktaufbau und die Vermittlung von Inhalten erleichtern.

• Die Professionellen haben eine radikale Ressourcenorientierung und das Vertrau-en in die Lernbereitschaft der beteiligten Eltern, die sie authentisch in ihrer Arbeit umsetzen.

• Die selbstverständliche Anerkennung von Rassismus- und Diskriminierungserfah-rungen und das gleichzeitige Thematisieren von Bewältigungsstrategien finden in einem authentischen Rahmen statt, der Vertrauen schafft.

Nicht nur, aber besonders auch für die Schlüsselpersonen ist es wichtig, einen Rahmen der Anerkennung und Wertschätzung zu schaffen. Dies findet in den Projekten auf unter-schiedliche Weise statt:

• durch regelmäßige Begleitung und Coaching der aktiven Schlüsselpersonen • durch die Organisation von „Danke“-Festen • durch das bewusste Initiieren von Kontakten zwischen Schlüsselpersonen und In-

stitutionen, bei denen sich die Eltern als Expert/inn/en zeigen können („Schule trifft Schlüsselpersonen“)

• durch die Organisation einer Open-Space-Tagung zur Beteiligung und Partizipation von MOs an der kommunalen Bildungslandschaft

Wo liegen Schwierigkeiten in der gemeinsamen Kooperation? Bereits angesprochen wurde die Tatsache, dass die Arbeitszeiten häufig nicht kompatibel sind: Professionelle treffen auf Ehrenamtliche – das heißt Arbeit am Abend und insbeson-dere am Wochenende. Hierfür Referent/innen zu gewinnen ist schwer. Die Finanzierung der gemeinsamen Arbeit ist unbefriedigend: Zwar können für die Schlüs-selpersonen Aufwandsentschädigungen bezahlt werden, dies jedoch auch nur in einem begrenzten Rahmen und in geringem Umfang. Damit stehen die Bedeutung dieser Arbeit und ihre finanzielle Anerkennung in einem eklatanten Missverhältnis – es wäre von daher nicht verwunderlich, wenn die am Projekt beteiligten Schlüsselpersonen sich langfristig wieder zurückziehen, da sie sich ausgenutzt und funktionalisiert fühlen. In manchen MOs machen die JMD-Mitarbeiter/innen die Erfahrung, dass es nicht so einfach ist, Aufwands-entschädigungen auszubezahlen, da vereinsintern die Erwartung besteht, dass die Schlüsselpersonen ihre Einnahmen wieder in den Verein einfließen lassen. Dies kann zu Interessenskonflikten bei den Schlüsselpersonen führen.

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Viele Migrantenorganisationen bringen auch negative Vorerfahrungen mit Institutionen mit, die sie zögern lassen, sich erneut auf Kooperationsbezüge einzulassen. Hinzu kommt die Tatsache, dass manche von ihnen im Zuge des Kooperationshypes mit Anfragen über-häuft werden, die sie teilweise personell gar nicht stemmen können oder aber sie miss-trauisch sind angesichts des vorgeblichen Interesses: Werden sie funktionalisiert, um Zu-gänge zu schwierigen Zielgruppen zu ermöglichen? Aus Sicht der JMDs sind die Vereins-und Organisationsstrukturen nicht immer transparent. Dies verlangt ein genaues Abwägen und sich Informieren: Was sind die Zielsetzungen des Vereins/ der Gruppe? Welche Relevanz spielen Bildungsinhalte? Welche inhaltlichen Dif-ferenzlinien können gut stehen bleiben, welche sind nicht annehmbar? Was sind Begrün-dungen, um Kooperationen auch wieder einzustellen bzw. gar nicht erst zu beginnen? Die personelle Besetzung der Migrantenorganisationen ist unterschiedlich stark: Nicht sel-ten hängen das Engagement und die produktive Zusammenarbeit an einzelnen Personen. Kommt es zu Vorstandswechseln oder ändern sich Lebenssituationen, brechen gut funkti-onierende Kommunikationsbezüge nicht selten zusammen und Kooperationen müssen neu aufgebaut werden. Schlüsselpersonen berichten immer wieder von persönlichen Ü-berlastungssituationen, einfach weniger geht, als sie sich eigentlich wünschen. Aus der Erfahrung der Spanischen Elternvereine kommt Riesgo (2010, 41) zu folgendem Ergebnis: „Was Zusammenarbeit scheitern lässt:

• Wenn Migrantenorganisationen „zum Zugang zur Zielgruppe“ missbraucht werden. • Wenn Migrantenorganisationen als Lieferanten von Teilnehmer für Maßnahmen be-

trachtet werden. • Wenn Migrantenorganisationen als Unterabteilungen oder Nebenstellen angesehen

werden oder das Organigramm wichtiger ist als die Ziele. • Wenn von Migrantenorganisationen immer nur ehrenamtliche Arbeit erwartet wird.“

Von der Kooperation zur Selbstermächtigung Das Ziel beider beschriebener Praxisprojekte ist es, Kooperation so zu verstehen, dass Migrantenorganisationen nicht darauf reduziert werden, ergänzende Angebote zu beste-henden Elternbildungsangeboten zu machen, sondern dass diese selbst die eigentlichen Bildungsakteure werden. Dies ist ein langer Weg und gelingt nicht so schnell, dass es aber möglich ist, zeigt ein exemplarisches Beispiel: Der Verein Dialog e.V. in Reutlingen Der Verein entstand 2003 aus einer Elterninitiative (gegründet 1999) heraus mit zunächst dem Ziel, den eigenen Kindern die russische Sprache und Kultur nahe zu bringen und le-bendig zu halten. Daraus entwickelte sich zunächst eine Wochenendschule mit unter-schiedlichen Bildungsangeboten, die sich mittlerweile massiv ausdifferenziert haben. Ne-ben einem ausgeklügelten Nachhilfesystem in nahezu allen wichtigen schulischen Fächern von Klasse 1 bis zum Abitur gibt es Projekte für Eltern und Kinder im Vorschulbereich, werden für Eltern Bildungsreihen (z.B. Computerkurse, Kurse im Rahmen des Projekts SchulePlus, Malunterricht für Frauen, Englisch für den Beruf, etc.) und Informationsveran-staltungen (z.B. zum deutschen Schul- und Ausbildungssystem, zu Mehrsprachigkeit, zur Grundschulempfehlung, Fragen über die korrekte Abwicklung der geringfügigen Beschäfti-

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gung, u.ä.) durchgeführt. Mittlerweile erreicht der Verein in seinen Kursen 30 Erwachsene und 230 Kinder und Jugendliche. Im Verein sind 26 Lehrkräfte auf Honorarbasis angestellt. Alle Aktivitäten finden von Mittwoch bis Sonntag statt. Aus eigener Kraft erreichte der Verein die Anerkennung der Stadt Reutlingen als Träger der außerschulischen Jugendbildung und machte erste Erfahrungen mit dem Projektma-nagement, sodass er kleinere finanzielle Unterstützungen beantragen konnte. Durch die Kooperation mit dem JMD Reutlingen kann Dialog e.V. mittlerweile Bundesmittel beantra-gen und kann so eigene Schwerpunktsetzungen umsetzen. Aktuell entwickelt sich das Projekt dahingehend weiter, die durch den JMD angemieteten Räume zu einem interkultu-rellen Bildungszentrum auszubauen. Viele Angebote des Vereins richten sich nunmehr nicht ausschließlich an russische Kinder und Familien, sondern sind offen für alle Nationa-litäten, die angemieteten Räume können auch von anderen Migrantenorganisationen in Reutlingen für ihre Aktivitäten und Angebote genutzt werden. Die Lehrkräfte des Vereins nehmen an einer interkulturellen Qualifizierungsreihe teil. Mitarbeiter/innen des Vereins werden von Schulen häufig als aktive Schlüsselpersonen erkannt und angesprochen, so-dass sie dort z. B. Elterncafés oder eine Müttergruppe mit Schwerpunkt Sprachförderung begleiten. Auch bei Konflikt- und Vermittlungsgesprächen können sie entweder auf Wunsch der Eltern oder aber der Schulen hinzugezogen werden. Der Verein wird mittler-weile zunehmend von anderen Migrantenorganisationen überregional als Beratungsin-stanz für deren Vereinsgründungen und/oder die Beantragung und Abwicklung von För-derprojekten angefragt. Dialog e.V. seinerseits vernetzt sich mit anderen russischen Ver-einen in Baden-Württemberg, die eine ähnliche Zielsetzung haben, um ihre Anliegen zu-künftig auch stärker politisch umsetzen zu können. Weitere Infos: www.dialog-rt.de. Dieses Beispiel ist eine Erfolgsgeschichte, doch nicht alle Migrantenorganisationen treffen vor Ort auf solch unterstützende Rahmenbedingungen: „Ob und in welchem Umfang sich die Brückenfunktion der Eigenorganisationen realisieren lassen kann oder wie durch Kooperation und Netzwerke die spezifischen Potenziale von Eigenorganisationen eingebunden werden können, hängt ebenso von der Bereitschaft der deutschen Institutionen ab, dieses Potenzial anzuerkennen und zu fördern. (…) Offene Ohren bei Kooperationspartnern vor Ort reichen nicht aus. Wenn es ernst gemeint ist mit der Partizipation von Migrantinnen und Migranten und ihren Organisationen, müssen ihnen Beteiligungen, z.B. an Bildungsveranstaltungen, Projekten und Finanzierungen ermöglicht und angeboten werden. Auf diese Weise können sie auch „wachsen“, personell, bezogen auf die Infrastruktur und Qualifikationen. Die Aufforderung zur gleichberechtigten Mitwir-kung bleibt ein Lippenbekenntnis, wenn nicht der strukturelle Nachteil der Migranten-selbstorganisationen gesehen und Abhilfe geschaffen wird.“(Jungk 2010, 17ff) Damit einher geht eine Forderung an die Wohlfahrtsverbände. Riesgo fordert klare Krite-rien zur Gestaltung der Zusammenarbeit (wie z. B. eine gemeinsame Planung, Durchfüh-rung und Auswertung von Maßnahmen, das Ermöglichen eigener Bedarfsanalysen in den Migrantenorganisationen, das Respektieren der Autonomie von Migrant/inn/enorga-nisationen) und formuliert abschließend die Zielperspektive: „Wohlfahrtsverbände fördern alles, was Migrantenorganisationen besser als sie selbst leisten können, statt es selber tun zu wollen.“(Riesgo 2010, 41)

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Literatur: • Altan, Melahat/ Foitzik, Andreas/ Goltz, Jutta (2009), Eine Frage der Haltung. El-

tern(bildungs)arbeit in der Migrationsgesellschaft. Eine praxisorientierte Reflexi-onshilfe, Stuttgart.

• Deutscher Caritasverband (Hrsg.) (2010), Migrantenorganisationen – ein Schlüssel zur selbstbestimmten Teilhabe von Menschen mit Migrationshintergrund. Doku-mentation des Expertenworkshops am 23./24. März 2010 in Fulda, Freiburg.

• Jungk, Sabine (2010), Migrantenorganisationen: Formen, Aktivitäten, Potenziale und Wege des Empowerments, in: Deutscher Caritasverband (Hrsg.) (2010), S. 9 – 21.

• Riesgo, Vicente (2010), Empowerment von Migrantenorganisationen – Zusam-menarbeit zwischen Wohlfahrtsverbänden und Migrantenorganisationen gestalten, in: Deutscher Caritasverband (Hrsg) (2010), S. 41.

Aussiedlerjugendliche im Übergang Schule – Berufsausbildung: Zum Unterstützungspotenzial der Herkunfts-familien Autoren: Ralf Kuhnke / Elke Schreiber, Deut-sches Jugendinstitut

Nachdem bei Angeboten zur Unterstützung von Jugendlichen im Übergang von der Schule in die Berufsausbildung eine wirksame Beteiligung der Eltern lange Zeit kein Thema war – Eltern in der Tendenz eher als Hindernis denn als Ressource betrachtet wurden (vgl. dazu die Experteninterviews bei Kraheck 2004) - hat Elternarbeit aktuell in der Jugendsozialar-beit bzw. der „Benachteiligtenförderung“ Konjunktur. Gefordert wird, insbesondere Eltern von Jugendlichen mit Migrationshintergrund systematisch zu beteiligen, wenn Hilfsangebo-te zum besseren Gelingen der Übergänge in Ausbildung konzipiert und umgesetzt werden. Einen Hintergrund für solche Forderungen bilden auch die Befunde des DJI-Übergangspanels6, dass Eltern hinsichtlich der Probleme der Übergänge nach der Pflicht-schulzeit die von den Jugendlichen am häufigsten genannten Ratgeber sind (Gaupp/Lex/Reißig/Braun 2008: S. 11). Im Folgenden wird über Ergebnisse derselben Untersuchung berichtet, die die spezifische Situation von Aussiedlerjugendlichen beim Übergang von der Hauptschule in Ausbildung und das Unterstützungspotenzial ihrer Herkunftsfamilien zum Thema haben. In einem zweiten Schritt werden gute Beispiele einer wirksamen Beteiligung der Herkunftsfamilien präsentiert. Aussiedlerjugendliche im Übergang Schule – Beruf Die Zuwanderungsgruppe der Aussiedler/Spätaussiedler7 ist eine Population mit einem hohen Anteil an Kindern und Jugendlichen: 42 % von ihnen sind unter 25 Jahre alt. Die

6 Das DJI-Übergangspanel ist eine bundesweit angelegte Längsschnittuntersuchung zu den Bildungs- und Ausbildungswegen von Hauptschulabsolventen/innen. Die Untersuchung wird vom Deutschen Jugendinstitut mit finanzieller Förderung durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung durchgeführt. 7 Im Folgenden wird der Begriff Aussiedler sowohl für Aussiedler als auch für Spätaussiedler verwendet. Des Weiteren werden in den Darlegungen die Aussiedler trotz ihres rechtlichen Status (deutsche Staatsangehörig-keit) als Migranten bzw. Menschen mit Migrationshintergrund aufgrund ihres Zuwanderungsstatus bezeichnet.

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Aussiedlerjugendlichen sind überwiegend außerhalb Deutschlands geboren und kamen oft erst im schulpflichtigen Alter mit ihren Eltern nach Deutschland (erste Generation). Grafik: Zuzugsalter nach Deutschland (Quelle: DJI-Übergangspanel, N 467)

Geht man davon aus, dass sich die Integrationsbedingungen für Angehörige der zweiten oder dritten Generation günstiger gestalten als für die Migranten der ersten Generation, so müsste man im Vergleich zu den anderen Jugendlichen mit Migrationshintergrund bei den jungen Aussiedlern von höheren Integrationsanforderungen ausgehen. Ihre Situation stellt sich jedoch zwiespältig dar. Einerseits haben die Kinder der Aussiedler im Vergleich zu anderen Zuwanderergruppen im Durchschnitt bessere Integrationschancen, lernen bei-spielsweise häufiger an weiterführenden Schulen bzw. erreichen häufiger die Hochschul-reife. Die Jugendlichen haben eine überdurchschnittlich hohe Wertschätzung für Be-rufsausbildung und qualifizierte Berufstätigkeit. Der überwiegende Teil der Aussiedlerju-gendlichen sucht nach der Schule den direkten Einstieg in eine Ausbildung. Einem großen Teil von ihnen gelingt der Zugang auch spätestens im zweiten Anlauf. Andererseits sind ihre Bildungschancen schlechter als die der Kinder der einheimischen Deutschen. Insbesondere seit Beginn der 90er-Jahre nähern sich die Problemlagen der jungen Aussiedler weitgehend denen anderer Zuwanderergruppen an. Sie bewältigen die Schullaufbahn mit Verzögerungen und Verspätungen, sind an Hauptschulen überreprä-sentiert und verlassen die Schule häufiger ohne Abschluss als Jugendliche deutscher Her-kunft. Für viele Aussiedlerjugendliche ist es schwerer als für vergleichbare Jugendliche ohne Migrationshintergrund, den Übergang von der schulischen in die berufliche Bildung ohne Brüche zu bewältigen. Schwierige Zuwanderungskonstellation Die junge Generation der Aussiedler kam mit ihren Familien nach Deutschland, weil ihre Eltern große Hoffnungen und Erwartungen in die Übersiedlung gelegt hatten. Die Hoffnung der Älteren, der jüngeren Generation eine bessere Zukunft zu ermöglichen, gab in vielen Fällen den Ausschlag für die Zuwanderung der Familien. Besonders bei der jungen Gene-ration gibt es allerdings häufig nicht die sprachlichen und kulturellen Bindungen an Deutschland, die ihre Eltern und Großeltern noch haben. Für die Mädchen und Jungen

3%

15%

21%

34%

27%

Aussiedlerjugendliche alle anderen Jugendlichen mit Migrationshintergrund

65%

14%

7%

7%

7%

seit der Geburt in Deutschl.

Zuzug bis zu 3 Jahren

Zuzug bis zu 6 Jahren

Zuzug bis zu 10 Jahren

Zuzug später

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bedeutete die Zuwanderung nach Deutschland einen gravierenden Einschnitt und unver-mittelten Bruch mit ihren bisherigen Lebenswelten. Nach ihrer Übersiedlung fühlen sich die jungen Aussiedler oftmals nicht willkommen und damit fremd in der neuen Heimat. Zudem machen sie Ausgrenzungserfahrungen: Sie fühlen sich zwar mehrheitlich als Deutsche, werden aber vom Großteil der einheimischen Bevölkerung nicht als Deutsche angenom-men. In der Phase der Berufsorientierung und Ausbildungsplatzsuche kann ein Großteil der El-tern ihren Kindern nur unzureichende Unterstützung und Orientierung geben. Die Entwer-tung von Bildungs- und Ausbildungsabschlüssen der Eltern beim Zuzug nach Deutschland, die Nicht-Anerkennung ihrer im Herkunftsland erworbenen Zeugnisse und Zertifikate, er-schweren den Eltern selbst den Zugang zum Arbeitsmarkt. Häufig fehlen grundlegende Kenntnisse über die Funktionsweise des deutschen (Aus-)Bildungssystems und des Ar-beitsmarktes. Die Aussiedlerfamilien verfügen nur unzureichend über arbeitsmarktrelevan-te Kontakte und Netzwerke. Sie sind überproportional von Arbeitslosigkeit betroffen bzw. unter ihrer Qualifikation im Niedriglohnbereich beschäftigt. Familiär gestützte arbeitsmarkt-relevante Netzwerke fungieren jedoch gerade bei den einheimischen Jugendlichen oftmals als „Türöffner“ bei der Berufsorientierung und der Suche nach Ausbildungsstellen. Bedingungen in der Herkunftsfamilie Der Begriff „Migrationshintergrund“ wird in der Regel so definiert, dass mindestens ein Elternteil nicht in Deutschland geboren ist und/oder nicht die deutsche Staatsangehörigkeit hat. Nach den Daten des DJI-Übergangspanels hat beispielsweise über die Hälfte der Hauptschüler mit westeuropäischem Migrationshintergrund einen deutschen Elternteil, bei den italienischstämmigen Jugendlichen ist es noch jede/r Dritte. Bei den Aussiedlerjugend-lichen beträgt dieser Anteil nur sechs Prozent. Die Aussiedlerjugendlichen sind zumeist mit der russischen Sprache als Erstsprache auf-gewachsen. Nur in einem kleinen Teil der Familien wird ausschließlich Deutsch gespro-chen. In jeder fünften Herkunftsfamilie der befragten Aussiedlerschüler wird überhaupt kein Deutsch gesprochen. Betrachtet man zudem das Zuzugsalter der Befragten, so bestätigt sich, dass diese Ju-gendlichen überwiegend erst im höheren Alter zugewandert sind und dass ein Zusam-menhang zwischen dem Zuzugsalter der Jugendlichen und dem Sprachgebrauch in ihren Familien besteht: Je später die Jugendlichen nach Deutschland gekommen sind, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass in ihrer Herkunftsfamilie kein Deutsch gesprochen wird. Tabelle 1: Sprachgebrauch in der Herkunftsfamilie (in %) Differenzierungen nur deutsch deutsch und eine

andere Sprache nur andere Sprache/n

Aussiedler gesamt 9 70 21

bis 3 Jahre 30 60 10

bis 6 Jahre 3 83 14

bis 10 Jahre 4 75 21

Zuzu

gsa

lter

älter als 10 Jahre 4 61 35

(Quelle: DJI-Übergangspanel)

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Unterstützung bei der Suche nach einem Ausbildungsplatz Der Mangel an Ausbildungsplätzen trifft die jungen Zuwanderer besonders hart, zumal wenn sie eine grundsätzlich positive Einstellung zur Schule, eine hohe Wertschätzung für weitere Bildung und Ausbildung sowie den Wunsch haben, über Ausbildung einen siche-ren Arbeitsplatz zu finden. Bei den Chancen, unmittelbar im Anschluss an den Pflicht-schulbesuch diese Ziele auch verwirklichen zu können, öffnet sich jedoch eine Kluft zwi-schen den Aussiedlerjugendlichen und den Jugendlichen deutscher Herkunft. Aussiedler-jugendliche schaffen den Sprung in die Ausbildung deutlich seltener als Jugendliche deut-scher Herkunft: Lediglich 20 Prozent der jungen Aussiedler gelingt der direkte Übergang nach der Hauptschule. Überproportional häufig sind sie in einer Berufsvorbereitung zu finden. Bei den Jugendlichen deutscher Herkunft beginnen immerhin 35 Prozent sofort eine Ausbildung. Betrachtet man konkret die Situation von Jugendlichen bei der Bewerbung um einen Aus-bildungsplatz, so wird einmal deutlich, dass Schulen dabei für alle Jugendlichen eine wich-tige Funktion übernehmen. Weiterhin fällt auf, dass innerhalb der Gesamtheit der Haupt-schüler, für die ein eher unterdurchschnittliches Unterstützungspotenzial der Eltern bei der Erstellung von Bewerbungsunterlagen und beim Üben von Bewerbungsgesprächen anzu-nehmen ist, die beiden in der folgenden Tabelle 2 ausgewiesenen Gruppen von Haupt-schülern mit Migrationshintergrund weit häufiger als Jugendliche deutscher Herkunft nie-manden haben, der ihnen hilft. Und was die Hilfe durch die Eltern betrifft, sieht die Situati-on für die Aussiedlerjugendlichen besonders ungünstig aus: Jugendliche deutscher Her-kunft berichten fast dreimal so häufig wie Aussiedlerjugendliche, dass ihnen ihre Eltern bei der Erstellung von Bewerbungsunterlagen helfen und mit ihnen das Führen von Bewer-bungsgesprächen üben. Ein Tatbestand, der nicht überraschen kann, wenn man weiß, dass für die Aussiedlereltern das deutsche Ausbildungssystem und die Wege bei der Su-che nach einem Ausbildungsplatz erst einmal fremd sind. Tabelle 2: Hilfestellungen bei der Bewerbung um einen Ausbildungsplatz (in %)

Hilfe beim Erstellen von Be-werbungsunterlagen

Üben von Bewerbungs-gesprächen

Teilgruppen

durch die Schu-le

durch die Eltern

durch je-mand ande-res

nie-mand

durch die Schu-le

durch die Eltern

durch je-mand ande-res

nie-mand

gesamt 69 31 26 6 65 19 23 12 ohne Migrationshin-tergrund

70 43 23 4 67 25 22 10

Türkin/-e 69 18 32 6 65 10 25 14 Aussiedler/-in 72 16 27 7 66 10 20 14

Quelle: DJI-Übergangspanel Gute Beispiele einer wirksamen Beteiligung der Eltern Einerseits sind die Eltern der Aussiedlerkinder und -jugendlichen häufig sehr bildungsori-entiert und zeigen reges Interesse am Bildungserfolg ihrer Kinder. Ein erfolgreicher Bil-dungsweg stellt für sie den Garanten für eine gelingende Integration ihrer Kinder in der neuen Heimat dar. Andererseits sprechen Lehrkräfte und Sozialarbeiter/innen insbesonde-re bei bildungsferneren Elternhäusern von unzureichenden Deutschkenntnissen und einer geringen Bereitschaft, die Sprachprobleme zu überwinden. Die Schwierigkeit, das deut-

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sche Bildungs- und Ausbildungssystem zu durchschauen, sowie die eigenen schlechten Chancen auf dem Arbeitsmarkt könnten zum Rückzug der Familien führen. Eine vertrauensvolle Atmosphäre zwischen den Aussiedlereltern und den Lehrkräften zu schaffen, erfordert Kompetenz und Wissen über die sozialen wie kulturellen Befindlichkei-ten der Familien. Die klassischen Komm-Strukturen erweisen sich nur bedingt geeignet, eine vertrauensvolle Eltern-Lehrer-Beziehung aufzubauen. Die Zusammenarbeit zwischen Lehrkräften und Eltern scheitert häufig an Sprachproblemen und Unterschieden in den Erfahrungen und Erwartungen zwischen Lehrkräften und Eltern. Ist der Kontakt zu den Eltern durch aufsuchende Arbeit, Elternsprechstunden oder Tage der offenen Tür geknüpft, können Hemmschwellen überwunden werden und wird Enga-gement geweckt: Aussiedlereltern leiten Arbeitsgemeinschaften und Projekte, organisieren Veranstaltungen an der Schule oder im Stadtteil, aktivieren andere Migrantenfamilien und stehen ihnen beratend und unterstützend zur Seite. Auf diesem Wege können sie ihre be-ruflichen und sozialen Kompetenzen und Erfahrungen weitergeben, ihre deutschen Sprachkenntnisse ausbauen und soziale Kontakte knüpfen und festigen. Dieses Engage-ment trägt darüber hinaus wesentlich dazu bei, an der Schule bzw. im Stadtteil Verständ-nis für die Problemlagen der zugewanderten Familien zu wecken, Isolation und Eigen-gruppenbezug aufzubrechen und Spannungen und dem latenten Argwohn der einheimi-schen Bevölkerung gegenüber den neu Hinzugekommenen entgegenzuwirken. Eltern sind im Prozess der Berufsfindung und -orientierung die wichtigsten Partner ihrer Kinder und haben einen entscheidenden Einfluss auf deren Berufswahl. Gleichzeitig ist es häufig schwierig, Eltern in den Prozess der beruflichen Orientierung der Schüler einzubin-den. Angebote einer ausbildungsorientierten Elternarbeit8 richten sich insbesondere an die Familien der Zuwanderer, die keine eigenen Erfahrungen mit der dualen Berufsausbildung und den Erfordernissen des Arbeitsmarktes in Deutschland haben. Ihre Unterstützungs- und Erziehungskompetenzen verlieren durch die Migration an Bedeutung, sodass ihre Unterstützungsmöglichkeiten nur gering sind. Der Mangel an Informationen und Kenntnis-sen, aber auch eigene negative Erfahrungen mit der Nichtanerkennung bzw. Abwertung ihrer im Herkunftsland erworbenen Bildungs- und Berufsabschlüsse können bei den Eltern zu einer gravierenden Handlungsunsicherheit führen. Gleichzeitig ist die Bereitschaft gerade bei Eltern von Aussiedlerjugendlichen groß, sich gegenüber neuen Erziehungswerten und Kompetenzen zu öffnen. Sie haben ein großes Interesse an individueller Beratung und Information. Vor allem die neu zugewanderten Aussiedler streben für ihre Kinder hohe Bildungsabschlüsse und eine qualifizierte Be-rufsausbildung an, die ihnen ein gutes Einkommen und einen hohen sozialen Status er-möglichen. Für die jungen Zuwanderer spielt die Haltung der Eltern zum Thema Berufs-weg eine prägende Rolle. Deren Bildungs- und Berufsvorstellungen für ihre Kinder decken sich allerdings oftmals nicht mit den Möglichkeiten und Strukturen des deutschen Ausbil-dungs- und Arbeitsmarktes. Häufig werden die Kinder nicht nach ihren eigenen Interessen und Berufswünschen befragt bzw. geben den Wünschen und Forderungen der Eltern nach. Diese Situation befördert Konflikte in den Familien, aber auch unrealistische Selbst-

8 Seit Januar 2007 fördert das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) das

Modellprojekt "Ausbildungsorientierte Elternarbeit im Jugendmigrationsdienst“. Die Förderung soll die schuli-schen und beruflichen Integrationschancen junger Migranten verbessern und gleichzeitig erproben, wie die Erziehungskompetenz von Müttern und Väter wirksam unterstützt und gefördert werden kann.

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einschätzungen und Lebenspläne bei den Jugendlichen. An diesen Problemlagen setzen Angebote der ausbildungsorientierten Elternarbeit an und motivieren die Eltern, sich an der Berufswahlentscheidung und am Ausbildungsprozess ihrer Kinder zu beteiligen. Um Berufsorientierung und Berufswahlentscheidung frühzeitig und kompetent zu unterstützen, richtet sich ausbildungsorientierte Elternarbeit an die El-tern der Kinder und Jugendlichen in der Altersgruppe der 12- bis 18-Jährigen. Die Eltern bekommen Unterstützung zu allen Fragen rund um die Themen Schule, Ausbildung und Beruf. Aber auch die Erwartungen und Anforderungen an ihre Erziehungsleistungen wer-den in den Beratungen und Bildungsveranstaltungen thematisiert, um ihre Erziehungs-kompetenzen zu stärken. Ausbildungsorientierte Elternarbeit betreibt eine intensive Netzwerk- und Öffentlichkeitsar-beit. Sie arbeitet eng mit Bildungs- und Ausbildungseinrichtungen, Trägern beruflicher Qualifizierungsmaßnahmen und Sprachkursen, Berufsinformationszentren und anderen Kooperationspartnern zusammen. Die beteiligten Fachkräfte regen die Eltern zur Mitwir-kung in den Elternvertretungen der schulischen und beruflichen Einrichtungen, zur Teil-nahme an Elternsprechtagen und anderen schulischen Veranstaltungen und Aktivitäten an. In Kursen und Seminaren sollen bei den Familien Interesse und Verständnis für die Anforderungen geweckt werden, die an die Jugendlichen in der Schule und auf dem Ar-beitsmarkt gestellt werden. Die Beratungen, Infoveranstaltungen und Bildungsseminare werden mehrsprachig durchgeführt. Gruppenangebote wie Exkursionen in Bildungseinrich-tungen, Berufsinformationszentren und Betriebsbesichtigungen befördern zudem den Kon-takt der Eltern untereinander. Um Unsicherheiten und Hemmnisse abzubauen, begleiten die Fachkräfte die Eltern auch zu Elternabenden oder bei der Kontaktaufnahme mit Bil-dungseinrichtungen. Auf diesem Wege wird die Kommunikation zu Ausbildungsfragen in den Familien befördert. Die Interessen und Kompetenzen der Jugendlichen sollen mit den Vorstellungen der Familien in Einklang gebracht und die Jugendlichen in dieser entschei-denden und wegweisenden Lebensphase unterstützt und stabilisiert werden. Nicht nur für die Schüler und deren Eltern, sondern auch für die Unternehmen lohnt sich das Engagement der ausbildungsorientierten Elternarbeit. Betriebe, die sich an den Eltern-/Schülerveranstaltungen beteiligen, erhalten auf diesem Wege eine Plattform, um Ausbil-dungsberufe und die damit verbundenen Anforderungen vorzustellen und sich als Arbeit-geber und Unternehmen zu empfehlen. Gleichzeitig können sie die Schüler und deren Eltern frühzeitig kennenlernen. Literatur:

• Gaupp, Nora/Lex, Tilly/Reißig, Birgit/Braun, Frank (2008): Von der Hauptschule in Ausbildung und Erwerbsarbeit. Ergebnisse des DJI-Übergangspanels. Berlin: BMBF.

• Kraheck, Nicole (2004): Karrieren jenseits normaler Erwerbsarbeit. Lebenslagen, Lebensentwürfe und Bewältigungsstrategien von Jugendlichen und jungen Er-wachsenen in Stadtteilen mit besonderem Erneuerungsbedarf. München/Halle: Deutsches Jugendinstitut Arbeitspapier 1/2004

• Kuhnke, Ralf/Schreiber, Elke (2008): Zwischen Integration und Ausgrenzungsrisi-ken. Aussiedlerjugendliche im Übergang Schule – Beruf. Ein Handbuch für die Praxis. München/Halle: Deutsches Jugendinstitut.

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Ralf Kuhnke, Elke Schreiber (2008): Zwischen Integration und Ausgrenzungsrisiken. Aussiedlerjugendliche im Übergang Schule – Beruf Ein Handbuch für die Praxis München / Halle, 97 S. Jugendliche aus Spätaussiedlerfamilien, die im Übergang von der Schule in Ausbildung und Arbeit riskieren, in Prozesse dauerhafter Ausgrenzung von Erwerbsarbeit und gesellschaftlicher Teilhabe einzutreten, stehen im Mittelpunkt der Publikation. Wie und mit welchen Effekten nutzen diese Ju-gendlichen Hilfsangebote der Jugendsozialarbeit und anderer Instanzen, die hier präventiv wirksam werden? Welche Auslöser, Verläufe und Wende-punkte haben Prozesse der Ausgrenzung und Selbstausgrenzung? Welche Problemlösungen verfolgt die Jugendsozialarbeit, durch die Prozesse der Ausgrenzung von Aussiedlerjugendlichen auf-gehalten bzw. umgekehrt werden können? Im Handbuch für die Praxis werden die unterschiedlichen Risikolagen und Problemlösun-gen für diese Mädchen und Jungen als auch entsprechend differenzierte Strategien von Förder- und Integrationsangeboten dargestellt. Das erste Kapitel bietet einen kurzen Überblick zur aktuellen Situation der in Deutschland lebenden Aussiedler/Spätaussiedler – politische und rechtliche Rahmenbedingungen der Einwanderung, spezifische Situation und Status als „besondere“ Zuwanderergruppe. Im zweiten Kapitel werden ausgewählte Ergebnisse des DJI-Übergangspanels vorgestellt, die den Fokus auf die Lebenslagen und Bildungsverläufe junger Spätaussiedler an der Ersten Schwelle richten. Das dritte Kapitel wendet sich der aktuellen Praxis der Förder- und Integrationsangebote an Schulen und bei Trägern der Jugendsozialarbeit für die jungen Zuwanderer zu. Das Handbuch kann gegen einen Versandkostenbeitrag von EUR 2,20 in Briefmarken pro Exemplar beim Deutschen Jugendinstitut, Außenstelle Halle A. März Franckeplatz 1, Haus 2/13, 06110 Halle angefordert werden.

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Handlungsempfehlungen für eine nachhaltige interkulturelle El-ternkooperation

Autor/inn/en: Netzwerk Interkulturelle Elternprojekte des ESF, Maria Engst, Dr. Alexei Medvedev, Hasan Erkan, Anne-Gaëlle Rocher Das Netzwerk Interkulturelle Elternprojekte des ESF Von 2008 bis 2010 haben die Hamburger Träger basis & woge e.V., KWB Koordinierungs-stelle Weiterbildung und Beschäftigung e.V./BQM, Unternehmer ohne Grenzen e.V. und verikom – Verbund für interkulturelle Kommunikation und Bildung e.V. Projekte zur inter-kulturellen Elternarbeit initiiert. Hier wurden neue Konzepte für die Akquise von Eltern und deren Heranführen an Schule erprobt sowie Informations- und Qualifizierungsangebote durchgeführt. Alle Angebote zielten auf die Erweiterung der Elternkompetenz und -partizipation am Übergang von der Schule in den Beruf. Die Projekte bildeten gemeinsam das Hamburger Netzwerk Interkulturelle Elternprojekte des ESF und wurden vom Europäi-schen Sozialfonds ESF), der Behörde für Schule und Berufsbildung (BSB), der Behörde für Soziales, Familie, Gesundheit und Verbraucherschutz (BSG), der Behörde für Wirt-schaft und Arbeit sowie der Senatskanzlei finanziert. Warum Handlungsempfehlungen zu einer interkulturellen Elternarbeit? Der Bildungserfolg der Kinder und Jugendlichen steht hierzulande noch immer eng im Zu-sammenhang mit ihrer ethnisch-kulturellen und sozialen Herkunft bzw. Lebenslage. Kinder und Jugendliche mit Migrationshintergrund haben deutlich geringere Chancen im Bil-dungssystem. In Deutschland ist zudem die Mitverantwortung der Eltern für den Bildungs-erfolg ihrer Kinder - nicht zuletzt aufgrund ihrer Verankerung im Schulgesetz - ein fester Bestandteil des gesellschaftlichen Bildungsauftrages. Im internationalen Vergleich wird aber deutlich, dass in vielen Ländern die Bildungseinrichtungen eine zu Deutschland ge-gensätzliche Praxis ausüben, jeweils orientiert an ihren gesellschaftlichen Strukturen und Bedingungen. Insbesondere Eltern mit Migrationshintergrund bringen häufig unterschiedli-che Auffassungen über den Bildungsauftrag des Staates und ihre Rolle im Dreieck Schule - Kinder - Elternhaus mit. Dies ist z.T. auf ihre eigenen Erfahrungen in und mit anderen Schulsystemen zurückzuführen. Viele Akteure aus Schule, Jugendhilfe und der Integrationsarbeit verfügen inzwischen über langjährige Erfahrungen mit Elternarbeit. Dennoch bestehen vielerorts noch Fragen zu den Bedingungen und Methoden für gelingende Kooperation und Partizipation von Eltern. Bis-herige Formen der schulisch verankerten Elternarbeit – insbesondere am Übergang Schu-le-Beruf – erreichen die Eltern nicht im gewünschten Maße und bauen teilweise auch sehr hohe Hürden für eine Elternbeteiligung an der Schule auf. Doch Eltern sind nach wie vor eine wichtige Instanz für die Bildungskarriere und die Berufswegeplanung ihrer Kinder. Für mehr Erfolg und Chancengleichheit im Bildungssystem und damit für eine bessere soziale Integration ist eine Förderung der Eltern, die an ihren Potenzialen anknüpft, unerlässlich. Ausgehend von der dreijährigen Projektarbeit des Netzwerks Interkulturelle Elternprojekte des ESF sowie den Debatten zur Hamburger Bildungsoffensive entstand der Begriff der „interkulturellen Elternkooperation“. Er wurde gewählt, um deutlich zu machen, dass es um

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neue, in ihrem Kern stets kooperative Ansätze, Methoden und Instrumente für Bildungs- und Erziehungspartnerschaften zwischen allen relevanten Akteuren geht. Das Netzwerk Interkulturelle Elternprojekte des ESF hat gemeinsame Empfehlungen erar-beitet, die den Begriff der interkulturellen Elternkooperation konzeptionell erläutern und entsprechende Handlungsperspektiven beschreiben. Letztere sollen dazu beitragen, einen übergreifenden fachlichen Austausch von Ansätzen und Erfahrungen aller Akteure anzu-regen und auf ihre Umsetzung hinzuwirken. Die Empfehlungen wurden in fünf Bereiche gegliedert, um die Gelingensbedingungen für interkulturelle Elternkooperation am Übergang Schule-Beruf in und außerhalb der Schule zu benennen, die verschiedenen Entscheidungs- und Handlungsebenen einzubeziehen sowie deren Zuständigkeiten transparenter zu machen:

1. Interkulturelle Elternkooperation an Schulen 2. Interkulturelle Elternkooperation für außerschulische Akteure 3. Interkulturelle Elternkooperation am Übergang Schule-Beruf 4. Interkulturelle Elternkooperation in der Bildungs- und Integrationspolitik 5. Exemplarische Werkzeuge für eine interkulturelle Elternkooperation

Die Handlungsempfehlungen richten sich an alle, die sich professionell oder semiprofessi-onell mit dem Thema Interkulturelle Elternkooperation beschäftigen. Der zielgruppenge-richtete modulare Aufbau dieser Empfehlungen ermöglicht eine fokussierte Lektüre je nach Interessenslage einer konkreten Profession. Interkulturelle Elternkooperation an Schulen Interkulturelle Elternkooperation an Schulen beruht auf einer gleichberechtigten Erzie-hungs- und Bildungspartnerschaft zwischen Lehrkräften und Eltern. Für die Konzeption bedeutet das:

• Interkulturelle Elternkooperation gehört zu den Regelaufgaben der Schule und ist eine Querschnittsaufgabe. Jede Schule erarbeitet hierfür ein auf die Zielgruppen und den Sozialraum bezogenes Konzept, das sich in einer dem gesamten Lehrper-sonal gemeinsamen professionellen Haltung gegenüber den Eltern, in dem Partizi-pationsangebot und in den Strukturen der Schule widerspiegelt.

• Schulen beteiligen sich aktiv an Netzwerkarbeit und Kooperationen mit allen rele-vanten Partnern für eine nachhaltige Elternkooperation und binden die Partner strukturell ein.

• Schulen befördern eine Kultur der Elternkooperation, die kulturelle Vielfalt als Res-source versteht. Sie nehmen diesbezüglich eine klare Haltung ein und kommunizie-ren sie. Elternkooperation basiert auf Beziehungsarbeit, Empowerment und Infor-mationsvermittlung mit zielgruppenadäquaten Tools. Besonders schwer erreichba-re Eltern bedürfen eines langfristigen Vertrauensaufbaus, Überzeugungsarbeit und für sie attraktiver Angebote.

• Kommunikation zwischen Schule und Eltern geschieht auf gleicher Augenhöhe. Sie gestaltet sich formell wie informell. Besonders Eltern mit Einwanderungsgeschichte reagieren sehr positiv auf informelle Ansprachen und Begegnungen mit Leh-rer/innen an Orten, an denen sie sich aufhalten. Interkulturelle Kompetenz wird zu einer wichtigen beruflichen Kompetenz.

• Die Schule erkennt als Tatsache an, dass ihre Elternschaft verschiedenartige Er-fahrungen und Erwartungen von der Institution Schule und ihrem Bildungsauftrag hat. Diese Tatsache berücksichtigt sie im Umgang mit Eltern. Diese haben ein un-terschiedliches Vermögen, die Elternrolle wahrzunehmen. Neue Formen der El-ternkooperation sind notwendig. Eltern dürfen für sich entscheiden, welche Form

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und welches Maß der Mitwirkung sie bevorzugen. • Eltern beteiligen sich an Lernprozessen und am pädagogischen Alltag. Es braucht

Elternräume in der Schule, da dies eine räumliche Anbindung der Eltern an die Schule schafft. Solche Räume fungieren als Knotenpunkte für die Bewerbung und Durchführung von Angeboten.

• Es gibt viele Wege der interkulturellen und genderbewussten Elternkooperation in der Praxis. Jede Schule kann die vielfältigen Formen der Angebote für Eltern aktiv nutzen. Die entscheidende und leitende Frage dabei ist, wie diese Formen, diffe-renziert nach Jahrgängen, in der jeweiligen Schule aussehen sollen. Auf Nachhal-tigkeit angelegte Elternkooperation setzt frühzeitig an und begleitet alle Phasen der kindlichen Entwicklung und der Schullaufbahn mit unterschiedlichen Formen der Elterneinbindung unter Nutzung der Stärken, die seitens der Schule und der Eltern als Ressourcen vorhanden sind.

• Die Schulen nehmen den eigenen Bildungswunsch der Eltern wahr und fördern diesen in Zusammenarbeit mit relevanten Akteuren. Durch die Inanspruchnahme der Angebote tun sie etwas für ihre Kinder und möchten zugleich oftmals auch et-was für sich - für ihre persönliche Qualifizierung und Entwicklung - bewegen, z.B. durch Qualifizierung mehr Erziehungs-, sprachliche und berufliche Kompetenz er-werben und die Schule ihrer Kinder aktiv mitgestalten.

• Die Lehrkräfte nehmen Fort- und Weiterbildungsangebote wahr. Die Teilnahme an Fort- und Weiterbildungen gewährleistet den Erwerb von Kompetenzen, die den sich verändernden Bedarfen der Zielgruppe entsprechen.

Interkulturelle Elternkooperation für außerschulische Akteure Erfolgreiche Elternkooperation erfordert eine ganzheitliche Betrachtungsweise. Das He-rausgreifen nur eines einzelnen Aspektes, wie z.B. der ausschließliche Fokus auf den Ü-bergang von der Schule in den Beruf, berücksichtigt nicht das System der Familie und das Potential der Selbsthilfekräfte. Für die Konzeption bedeutet das:

• Vielfältige Partizipationsformen werden aufgebaut. Außerschulische Akteure sind gleichwertige Partner und entwickeln in enger Zusammenarbeit mit den Schulen gemeinsam stadtteilbezogene, schulbezogene sowie individuelle Ziele und suchen für gemeinsame Reflektionen einen regelmäßigen Austausch. Beide Partner formu-lieren ihre jeweilige Rolle und definieren aus ihrer Rolle heraus klare Aufgabenver-teilungen hinsichtlich einer aktiven Elternkooperation.

• Verschiedene geeignete und innovative Methoden für die Stärkung der Eltern wer-den entwickelt und gezielt eingesetzt. Eltern werden darin gestärkt, ihre Rechte und Pflichten in der Schule zu erkennen und wahrzunehmen. Parallel dazu werden Eltern als Multiplikatoren/innen ausgebildet und in die weitere Elternkooperation mit eingebunden.

• Der Informationsaustausch zwischen Eltern und Schule wird verbreitert, Transpa-renz wird hergestellt. Außerschulische Akteure nehmen hierbei die Rolle als Ver-mittler und/oder Mediatoren zwischen Schule und Eltern wahr, unterstützen beim Kontaktaufbau und bauen aktiv Formen der Zusammenarbeit auf. Sie stärken die Eltern in der Wahrnehmung ihrer Verantwortung zur Förderung und Unterstützung ihrer Kinder. Dabei gehen sie sowohl von der Schule aus an die Eltern heran als auch von den Eltern aus an die Schule und begleiten auf Anfrage die Gespräche zwischen den Parteien.

• Außerschulische Akteure tragen im Stadtteil zu einer guten Vernetzung bei und leisten ihren Beitrag zu einem kontinuierlichen Dialog zwischen allen Beteiligten. Sie bilden ein Netzwerk aus strategischen und operationellen Partnern für einen

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fachlichen Austausch. • Zeitliche, personelle und finanzielle Ressourcen für eine nachhaltige Elternkoope-

ration werden bei den entsprechenden Stellen eingefordert, um auf der Grundlage der bisherigen Arbeit Bedarfe und Ziele weiterzuentwickeln.

• Das Vorhandensein von geeigneten Kompetenzen wird gewährleistet und durch Fort- und Weiterbildungen angepasst. Die Inhalte orientieren sich an den sich ver-ändernden Bedarfen der Zielgruppe.

Interkulturelle Elternkooperation am Übergang Schule-Beruf Ein erfolgreicher Übergang in den Beruf beruht auf einer gezielten verbindlichen Partner-schaft zwischen den Eltern und allen anderen relevanten Akteuren. Die Schule ist der Mit-telpunkt der Elternkooperation. Eine nachhaltige Elternkooperation betrifft alle Lebenspha-sen und bedarf einer frühzeitigen und kontinuierlichen Zusammenarbeit mit den Eltern, die sich als eine ganzheitliche Aufgabe versteht.

• Elternkooperation am Übergang Schule-Beruf ergibt sich aus verbindlicher Zu-sammen-arbeit folgender Akteure: Schule, Eltern, Träger der Elternförderung, MigrantInnenselbstorganisationen (MSO), Kinder- und Jugendhilfe, Ausbildungsbe-triebe, Institutionen der beruflichen Bildung, Kammern. Die Akteure außerhalb der Schule verfügen über Erfahrungen, interkulturelle Kompetenz und Netzwerke. Sie stellen aufgrund ihrer Position außerhalb der Schule ein wichtiges Bindeglied zwi-schen Eltern und Schule dar. Sie werden aktiv in den Prozess der Berufswegepla-nung eingebunden.

• Interkulturelle Elternkooperation im Allgemeinen setzt ab dem ersten Jahrgang an. Die Arbeit mit den Eltern zur Gestaltung der Bildungsbiographie ihrer Kinder durch Informationen und durch Sensibilisierung für die Ressourcen ihrer Kinder beginnt frühzeitig, spätestens ab dem 5. Jahrgang. Diese Zusammenarbeit wird im Hinblick auf den Übergang Schule-Beruf ab dem 7. Jahrgang intensiviert.

• Es obliegt der Schule, eine kontinuierliche Kooperation mit den Eltern herzustellen, mit dem Ziel, die Eltern in ihrer Bildungsverantwortung zu stärken, Kinder an ihrer Lebens- und Berufsplanung angemessen partizipieren zu lassen und sie gemein-sam mit den Eltern erfolgreich auf ihren Berufsweg zu begleiten.

• Der Übergang Schule-Beruf trifft Eltern, deren Kinder sich im Prozess des Erwach-senwerdens befinden. Dies macht eine komplexe Herangehensweise an das The-ma Berufswege- und Lebensplanung notwendig, die neben Fragen der spezifi-schen Berufsfindung auch Fragen zur Rolle der Eltern als Bildungspartner ihrer Kinder, zur Eltern-Kind-Kommunikation, zu Pubertät, Erziehung und Lebenswelt berücksichtigt.

• Die Akteure sehen ihre Aufgabe darin, die Eltern über ihre Rolle und Verantwor-tung bei der Berufswegeplanung ihrer Kinder aufzuklären und ihnen Handlungs-möglichkeiten aufzuzeigen. Dies geschieht durch nachhaltige Beziehungsarbeit, Empowerment und Information.

• Die systematische Einbindung der Eltern für den Übergang Schule-Beruf wird durch regelmäßige Einzelgespräche (z.B. zu Kompetenzfeststellungsverfahren und zum Berufswege-plan) in Anlehnung an das Entwicklungsgespräch und durch Gruppenangebote begleitet.

• Innovative Ansprechformen, die die soziale und kulturelle Vielfalt der Elternschaft berücksichtigen, werden genutzt und an die jeweiligen Bedürfnisse angepasst. Diese Ansprache ist herkunftssprachlich, barrierefrei, wertschätzend und ressour-cenorientiert.

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Interkulturelle Elternkooperation in der Bildungs- und Integrationspolitik • Ein Perspektivwechsel für eine gemeinsam verantwortete Bildungs- und Erzie-

hungspartnerschaft wird auf politischer Ebene vollzogen und als Prinzip und Per-spektive politisch manifestiert: Die Kooperation mit Eltern findet auf gleicher Au-genhöhe statt und bedeutet wertschätzende Zusammenarbeit zwischen gleichbe-rechtigten Partnern. Dabei stellt die kulturelle Vielfalt der Eltern eine wichtige Res-source dar, die aktiv genutzt werden soll.

• Der Bereich der interkulturellen Elternkooperation ist eine der Prioritätsrichtungen der Bildungs- und Integrationspolitik und gehört somit in die Regelfinanzierung.

• Es wird politisch darauf hingewirkt, dass die Kooperation mit Eltern als Quer-schnittsaufgabe in den Institutionen der Bildungs- und Integrationspolitik verankert wird. Es empfiehlt sich, die Leitbilder und Handlungskonzepte dementsprechend anzupassen und geeignete Instrumente der Elternkooperation zu entwickeln.

• Die Elternkooperation wird auf zwei Ebenen gestärkt, und zwar auf der Ebene der institutionellen Beteiligung in und durch Gremien sowie auf der Ebene der nichtin-stitutionellen Beteiligung durch innovative Formen der Elternkooperation.

• Elternkooperation wird durch eine verstärkte persönliche, berufliche und erzieheri-sche Qualifizierung der Eltern nachhaltig wirksam, weil diese sich auf die Entwick-lung des Kindes positiv auswirkt. Es empfiehlt sich, in den Konzepten der Elternko-operation die Arbeitsmarkt- und Bildungsorientierung der gesamten Familie in den Blick zu nehmen.

• Interkulturelle Kompetenz wird in dem Bereich der Aus- und Fortbildung als eine wichtige berufliche Kompetenz stärker in den Vordergrund gestellt.

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Exemplarische Werkzeuge für eine interkulturelle Elternkooperation

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2. Best Practice Anregungen aus der Praxis für eine gelun-gene Elternarbeit mit Migranten Autor: Alp Turan, JOBWERK - Wolfsburg Die Jugendberufshilfe in Wolfsburg richtet sich an junge Menschen bis 27 Jahre mit Eingliederungshemmnissen und besonderem Förderbedarf. Eingliederungshemmnisse sind u. a. fehlende oder schlechte Schulabschlüsse, nicht ausrei-chende persönliche und soziale Kompetenzen sowie berufli-che Orientierungslosigkeit. Alle JOBWERK-Bereiche werden aus Fördermitteln des Eu-ropäischen Sozialfonds (ESF), des Bundes und des Landes Niedersachsen finanziert. Voraussetzung für die Förderung ist meist eine Kofinanzierung durch die Stadt Wolfsburg. Aspekte einer gelungenen Elternarbeit mit Migranten: Informieren Ein wesentliches Element, um erfolgreiche Elternarbeit zu leisten, ist das ständige Infor-mieren über die bestehenden Angebote bei der Stadt Wolfsburg. JOBWERK versteht sich als Drehscheibe, um immer wieder Eltern mit Migrationshintergrund auf die wohnortnahen Angebote in den Lebenswelten der Familien sichtbar zu machen. Ob es sich um Bera-tungsstellen, Angebote für Kinder und Jugendliche oder um Bildungseinrichtungen han-delt, wichtig ist, dass die Eltern von schulpflichtigen Kindern darüber Bescheid wissen, wer welche Unterstützung leisten kann. Begleitung und kurze Wege Wir haben immer wieder erlebt, dass nach einer Informationsveranstaltung die Eltern in-formiert wurden, aber den nächsten Schritt, nämlich uns oder andere Akteure der Jugend-berufshilfe aufzusuchen nicht gemacht haben. Die Gründe sind zweitrangig, wichtig ist, Methoden zu finden, um besser in Kontakt zu kommen. Eine erfolgreiche Methode sind unsere Sprechstunden in den Schulen, in denen ihre Kinder zur Schule gehen. Eine ande-re Form gelungener Zusammenarbeit ist dahin zu gehen, wo sich die Eltern aufhalten. Der Infotisch vor der Moschee, der Besuch beim Tunesischen Verein und unsere Anwesenheit bei der Interkulturellen Woche, haben häufig dazu geführt, dass direkt vor Ort erfolgreiche Beratungsarbeit geleistet werden konnte. Zusammenarbeiten Sicherlich gibt es nicht nur in Wolfsburg viele Projekte und Akteure, die sich für eine ge-lungene Integration ausländischer Bürgerinnen und Bürger einsetzen. Hier bedarf es einer guten Zusammenarbeit. Integrationslotsen, Stadtteilmütter und das Integrationsreferat sind nur einige Institutionen, die sich für die erfolgreiche Teilhabe ausländischer Mitbürgerinnen und Mitbürger einsetzen. Ein schöner Nebeneffekt gut funktionierender Netzwerkarbeit sind immer wieder die daraus resultierenden neuen Ideen der weiteren Zusammenarbeit zwischen den einzelnen Akteuren.

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Sensibilisieren Wie sage ich einem türkischen Vater, dass sein 16 jähriger Sohn mit diesen Zensuren höchstwahrscheinlich keine Ausbildungsstelle bekommen wird, wenn der Vater felsenfest davon überzeugt ist, dass sein Kind beruflich Erfolg haben wird? Keinem ist geholfen, wenn die notwendige Zusammenarbeit zwischen der Familie und uns von JOBWERK nach einer halben Stunde beendet wird. Sensibel mit der Erwartungshaltung ausländischer El-tern umzugehen, ist ein wichtiger Punkt, wenn es um eine zukünftige gute Zusammenar-beit gehen soll. Interkulturelle Kompetenz ist die Fähigkeit, mit kultureller Fremdheit umzugehen und mit Menschen fremder Kultur erfolgreich zu kommunizieren und zu interagieren. Das bedeutet auch, dass wir uns immer wieder über die einzelnen Werte und Normen der jeweiligen Kulturkreise auskennen und sie berücksichtigen. Einbinden Wieso kann der Tag der offenen Tür einer Einrichtung der Jugendberufshilfe nicht mit den ausländischen Eltern der Teilnehmer geplant und durchgeführt werden? Oder laden Sie Eltern oder Vertreter ausländischer Vereine zu sich in ihre Dienstbespre-chung ein und lassen Sie sich über die Aus- und Arbeitsbedingungen fremder Länder auf-klären. Diskutieren Sie mit Ihnen über die jeweiligen Vor- und Nachteile. Organisieren Sie eine aktuelle Ausstellung oder eine Dokumentation, die sich mit den Le-bens- und Arbeitsbedingungen von unseren ausländischen Mitbürgern auseinandersetzt. Stellen sie diese Ausstellung in die Räume der Jugendberufshilfe auf und binden Sie die ausländischen Multiplikatoren ihrer Stadt an sich. Partei ergreifen JOBWERK mit seinen unterschiedlichen Bereichen und Mitarbeitern hat sich schon immer als Anwalt für die Belange und Anliegen ausländischer Jugendlicher und deren Eltern ge-sehen. Schon häufiger haben Schulsozialarbeiter Eltern mit Migrationshintergrund mit ih-ren Kindern zu Elterngesprächen in die Schule begleitet. Oder es wurde explizit für ausländische Eltern Beratungsmöglichkeiten bei JOBWERK geschaffen. Durch diese kleinen Zeichen der Unterstützung konnten manchmal Irritationen schnell aus der Welt geschaffen werden.

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Interkulturelle Elterninformationsveranstaltun-gen zum Thema "Schule-Ausbildung-Beruf" verbessern die Situation der Jugendlichen mit Migrationshintergrund im Kreis Gütersloh Autorin: Dipl. Soz. Zeycan Yesilkaya, Bildungsbüro des Kreises Gütersloh

Fakten aus dem Kreis Gü-tersloh Der Kreis Gütersloh umfasst 13 Kommunen in der Region Ostwestfalen-Lippe, in denen rund 360.000 Menschen leben. Der Kreis Gü-tersloh ist ein Flächenkreis, dessen Gemeinden

überwiegend weniger als 25.000 Einwohner umfassen. Die Folge ist eine Zersiedelung sowohl hinsichtlich der Wirtschaftsstandorte als auch der Wohnorte. Zugleich ist es der bevölkerungsreichste Kreis in einer wirtschaftlich starken Region mit einer unterdurch-schnittlichen Arbeitslosenquote z. Zt. bei 4,6 % (Bundesagentur für Arbeit: Statistik. Gü-tersloh Mai 2011). Trotz der positiven Arbeitsmarktlage fehlen Ausbildungsplätze im Dualen System. Es steigt die Anzahl der Bewerber/innen um Ausbildungsplätze, die nicht versorgt werden können. Deshalb wählen immer mehr Absolvent/inn/en den Weg über die Berufskollegs zu höheren Schulabschlüssen. Nach Angaben der Agentur für Arbeit Bielefeld, Geschäftsstelle Güters-loh, gibt es im Kreisgebiet ca. 1.000 Jugendliche, die ein Übergangsmanagement benöti-gen. Wissenschaftliche Studien belegen, dass Jugendliche mit Zuwanderungsgeschichte und Hauptschulabschluss im Vergleich zu anderen Mitschüler/inne/n beim Übergang von der Schule in den Beruf benachteiligt sind (DJI, S. 5, München 2011). Der Anteil der Jugendlichen mit Migrationshintergrund im Kreis Gütersloh beträgt etwa 20 %, wobei der Anteil der Aussiedlerjugendlichen mit 6,7 % deutlich über dem Landes-durchschnitt liegt. Diese Zahlen belegen auch das hohe interkulturelle Potential der Region. Mehrsprachig-keit und die Fähigkeit, im Alltag zwischen mehreren Kulturen zu wechseln, sollte für die Jugendlichen im Zuge des demographischen Wandels eine große Ressource für einen erfolgreichen Einstieg in die Arbeitswelt sein. Etablierung des Übergangsmanagements Schule-Beruf im Bildungsbüro Der Kreis Gütersloh engagiert sich seit vielen Jahren im Handlungsfeld Übergang Schule – Beruf. Die Gestaltung einer regionalen Bildungslandschaft, einschließlich eines regionalen Übergangsmanagements, hat in Gütersloh politische Priorität für den Landrat, die Kreis-verwaltung und die Kreispolitik. Das Bildungsbüro besteht seit Mitte 2008 und ist aus dem Modellversuch des Landes NRW Selbstständige Schule (2002 – 2008) hervorgegangen. Das Programm „Perspektive Berufsabschluss“ des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) wird seit Mitte 2009 im Bildungsbüro des Kreises Gütersloh im Fachre-

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ferat Übergang Schule – Beruf unter dem Arbeitstitel „Regionales Koordinierungssystem U 25“ bis März 2012 umgesetzt. Die Stelle einer Fachreferentin für das Handlungsfeld Übergang Schule – Beruf im Bil-dungsbüro wurde im Mai 2008 als Dauerstelle eingerichtet. Außerdem wurde die Stelle des Integrationsbeauftragten für den Kreis Gütersloh im Bildungsbüro ab März 2011 integ-riert, um in den Bereichen Koordination und Vernetzung insbesondere zu bildungspoliti-schen und berufsbezogenen Themen Integrationsarbeit leisten zu können. Damit wurde im Kreis Gütersloh nach innen und außen die Priorität des Themas deutlich gemacht und die Basis für eine langfristige Bearbeitung des Handlungsfeldes geschaffen. Das Bildungsbüro ist durch zahlreiche schulische und außerschulische Kooperationspart-ner in allen Kommunen des Kreises Gütersloh in vielfältige Aktivitäten eingebunden. Interkulturelle Elterninformationsveranstaltungsreihe Expertisen belegen, dass Eltern die wichtigsten Unterstützer ihrer Kinder sind – auch wäh-rend der Schulzeit und im Berufswahlsystem. So stellt sich für viele Eltern die Frage: Wie kann ich meine Tochter oder meinen Sohn dabei unterstützen, eine Ausbildungsstelle zu finden? Vor diesem Hintergrund sollen Eltern mit Migrationshintergrund bestärkt werden, ihre Kin-der bei der Berufsorientierung und dem Berufseinstieg zu beraten und beizustehen. Dabei gibt es einige Hürden zu überwinden. Neben Sprachproblemen kennen die Eltern das Schul- und Ausbildungssystem meist nicht aus eigener Erfahrung. Aufgrund mangeln-der Kenntnis besteht eine Hemmschwelle, Einrichtungen des Ausbildungsmarktes und der Jugendhilfe aufzusuchen. Zur Verbesserung der Bildungssituation von Jugendlichen mit Migrationshintergrund hat das Bildungsbüro Mitte 2009 die interkulturelle Bildungs- und Beratungseinrichtung MO-ZAIK gGmbH damit beauftragt, ein Konzept für die Verbesserung der Erreichbarkeit von Eltern mit Migrationshintergrund zu erstellen. In diese Konzeptarbeit wurden im zweiten Schritt folgende regionale Netzwerkpartner ein-bezogen:

• Agentur für Arbeit • Jobcenter GTaktiv Kreis Gütersloh • Integrationsbeauftragte des Kreises Gütersloh und der Kommunen • zuständige Jugendämter im Kreis Gütersloh • die Kreisschulpflegschaft des Kreises Gütersloh

Die Idee war dabei, eine Veranstaltungsreihe zum Thema "Schule-Ausbildung-Beruf" zu konzipieren und durchzuführen. Von Oktober 2009 bis Juni 2010 fanden in der Stadt Gütersloh und im Kreisgebiet acht interkulturelle Elterninformationsveranstaltungen statt. Ziel dieser Veranstaltungsreihe war es, Eltern mit Migrationshintergrund über Unterstüt-zungsangebote im Kreis Gütersloh zu informieren, den direkten Kontakt zwischen Eltern und Akteuren zu initiieren sowie Vorbehalte/Vorurteile gegenüber Behörden und Einrich-tungen des Ausbildungsmarktes abzubauen. Alle beteiligten Institutionen übernahmen einen inhaltlichen Beitrag, sodass die Themen Schule, Ausbildung, Beruf aus verschiede-nen Perspektiven beleuchtet wurden. Die Veranstaltungen zeichneten sich durch die direkte Ansprache optional mit Überset-zungsmöglichkeiten, in Migrantenorganisationen, christlichen und muslimischen Gemein-den sowie Familienzentren aus. Inhaltlich galt es, einen Überblick über das schulische und

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duale Ausbildungssystem, berufliche Weiterbildungsformen sowie Institutionen zu geben, die Beratung und Unterstützung bereitstellen. Zentral war dabei die Idee, dass die Mitar-beiter an den jeweiligen Veranstaltungsorten ihre Einrichtung vorstellen, die auch vor Ort für die Menschen erreichbar sind. „Die Aktivierung von Eltern mit Migrationshintergrund kann nur vor Ort angestoßen werden und wachsen. Die Aufgabe einer zentralen Einrichtung wie der des Bildungsbüros ist es, solche Bemühungen zu unterstützen“ (Kaiser 2011, S. 36). Dokumentation der Fachtagung Die Reflexion und Auswertung der Veranstaltungsreihe wird einer großen Fachöffentlich-keit zur Verfügung gestellt: Ein Meilenstein in diesem Prozess stellt eine Fachtagung dar. Lokale Akteure und Entscheider sowie Menschen mit Migrationshintergrund arbeiten in der Funktion als Multiplikatoren mittels Expertenimpulsen und Workshops an den Inhalten und Organisationsformen weiter. Diskutiert wurde auf der Fachtagung darüber, wie die Eltern von Jugendlichen mit Migrati-onshintergrund mehr erreicht werden können, damit diese ihre Kinder beim Übergang Schule-Beruf besser unterstützen können. Die Dokumentation möchte einen Überblick über die Impulse und Arbeitsergebnisse der Fachtagung "Elternbeteiligung aus interkultu-reller Perspektive" geben. Die Fachtagung "Elternbeteiligung aus interkultureller Perspektive im Übergang Schule-Beruf" hatte die Funktion,

• über die Veranstaltungsreihe im Kreis Gütersloh zu informieren, • Erfahrungen und Erkenntnisse der Veranstaltungsreihe einer breiten Gruppe

zugänglich zu machen, • die Themenschwerpunkte und Diskussionspunkte aus den Workshops zu

veröffentlichen, • Ergebnisse für die Teilnehmerinnen und Teilnehmer zu sichern, • den Teilnehmer/inne/n Anregungen und neue Impulse für die eigene Arbeit im

Kontext "Interkulturalität und Bildung“ zu geben, • ein Forum zu bieten, um sich auszutauschen und neue Kontakte zu knüpfen, • die Perspektive des Schulministeriums NRW sowie des Bundesministeriums für

Bildung und Forschung zur Aktivierung von Eltern mit Migrationshintergrund als Unterstützer ihrer Kinder im Übergang Schule-Beruf darzustellen.

Weitere Ergebnisse der Veranstaltungsreihe sind:

• Kontakte zu Migrantenorganisationen, Gemeinden, Integrationsfachdiensten aufsuchen und intensivieren.

• Das Prinzip der Geh-Struktur, d.h. Veranstaltungen in Migrantenorganisationen, in christlichen und muslimischen Gemeinden sowie Stadtteil- oder Familienzentren bestätigen sich als gute Möglichkeit, die Eltern zu erreichen.

• Migrantenorganisationen und Gemeinden melden einen Bedarf an Informationen und Beratung zum Thema Schule-Ausbildung-Beruf an.

• Bewerbung und Besucherzahl sind eng an Multiplikatoren mit sprachlicher und interkultureller Kompetenz als „Schlüsselperson“ und Kooperationen vor Ort gebunden.

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In konkreten Arbeitsschritten wurden Grundlagen für die Steuerung und weitere Planung festgelegt:

1. Übersicht über Angebote der Migrations- und Integrationsarbeit zusammenstellen. 2. Übersicht über Migrantengruppen und deren statistische Zusammensetzung schaf-

fen. 3. Übersicht über Organisationen von Menschen mit Migrationshintergrund in der

Kommune in Kooperation mit Integrationsbeauftragten bzw. Integrationsbüros. 4. Übersicht über bestehende Arbeitskreise zum Thema Migration/Integration und re-

gelmäßige Teilnahme. 5. Initiierung von interkulturellen Netzwerken und Informationsveranstaltungen. 6. Schaffung von finanziellen Mitteln z.B. durch Umverteilung. 7. Erstellung eines Referententeams/-pools für jede Kommune. 8. Bildungsbüro bzw. Integrationsbüro unterstützt regionale Einheiten bei der Öffent-

lichkeitsarbeit. 9. Bildungsbüro bzw. Integrationsbüro lädt jährlich die Multiplikatoren zu einem Ko-

operationsgespräch bzw. Austausch ein. Fazit: Welche Gelingensfaktoren kennzeichnen eine aktive Elternkooperation? Zusammenfassend lässt sich sagen, dass eine gelungene Netzwerkarbeit die Basis für eine erfolgreiche Aktivierung der Eltern darstellt. Für die Zukunft gilt es daher,

• bereits bestehende Angebote zu identifizieren,

• gemeinsame Ziele abzustecken,

• Aufgabenverteilungen vorzunehmen,

• einen stetigen Austausch im Sinne einer Qualitätssicherung zu installieren (Kaiser 2011, S.40).

Zum momentanen Zeitpunkt gilt es, weitere Migrantenselbstorganisationen durch die In-tegrationsfachdienste in den jeweiligen Kommunen zu identifizieren und das entstandene kreisweite Netzwerk u.a. der Arbeitskreis der Integrationsfachdienste, Arbeitskreis Integra-tionsbeauftragte sowie die Arbeitsgruppe „Zugang zu Migranten“ im Kreis Gütersloh aus-zubauen und zu institutionalisieren. Aktuell werden Integrationsbeauftragte und Mitarbei-ter/innen in Integrationsfachdiensten über das Angebot der Informationsveranstaltungen informiert, um ein kreisweites interkulturelles Netzwerk insbesondere gezielt mit Migran-tenselbstorganisationen nachhaltig zu sichern. Hierdurch wird die Aufgabe und Bedeutung von interkulturellen Netzwerken als Kommuni-kationsplattform sowohl auf strategischer- als auch auf operativer Ebene durch Synergieef-fekte begleitet. Infolgedessen können solche „Good-Practice-Modelle“ auch in weitere Landkreise und kreisfreien Städte in anderen Kontexten transferiert werden. Literaturverzeichnis:

• Bundesagentur für Arbeit: Statistik. Report für Kreise und kreisfreie Städte. Güters-loh Mai 2011

• Deutsches Jugendinstitut: Jugendliche mit Migrationshintergrund im Übergang Schule-Berufsausbildung: Arbeitshilfen für das Regionale Übergangsmanagement, Reißig/Schreiber (Hg.) München 2011

• Kaiser, Sabine (2011): Elternbeteiligung im „Regionalen Koordinierungssystem U 25“ des Bildungsbüros im Kreis Gütersloh, S. 26–40, ---in: Eltern, Schule und Be-rufsorientierung. Berufsbezogene Elternarbeit. Perspektive Berufsabschluss. Pro-jektträger im DLZ e.V. (Hg.) W. Bertelsmann Verlag GmbH & Co. KG, Bielefeld

• Perspektive Berufsabschluss. Dokumentation der Jahrestagung vom 23.09.10 in Leipzig

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Initiative zur Gründung eines Eltern-netzwerkes für Menschen mit Migrati-onshintergrund in Niedersachsen Ausgangssituation: Viele Kinder aus Einwandererfamilien werden mit Schwierigkeiten im deutschen bzw. im niedersächsi-schen Bildungssystem konfrontiert. Die Bildungssitua-tion dieser Kinder muss sich verbessern, darin stim-men alle Akteure aus Politik, Wirtschaft und Zivilgesellschaft überein. Die Bildung von Kin-dern und Jugendlichen mit Migrationshintergrund ist die zentrale Frage einer zukunftsori-entierten Integrationspolitik in unserer Gesellschaft. Hier einige Zahlen: Die Schulabbrecherquote ausländischer Jugendlicher ist im Vergleich zum vorangegange-nen Berichtszeitraum des 7. Lageberichtes gesunken, ist allerdings in Niedersachsen (20 %), Berlin (19,7 %) und Bayern (20 %) nach wie vor sehr hoch. (8. Bericht der Beauftrag-ten der Bundesregierung für Migration, Flüchtlinge und Integration über die Lage der Aus-länderinnen und Ausländer in Deutschland, Juni 2010). Notwendigkeit eines landesweiten ElternNetzwerkes Die Verbesserung der Bildungssituation der Kinder mit Migrationshintergrund ist eine ge-samtgesellschaftliche Herausforderung, bei der die Eltern eine Schlüsselrolle übernehmen. Soziale Netzwerke sind der Definition nach soziale Geflechte, in denen Einzelne und/oder Gruppen jedweder Art eingebettet sind. Von großer Bedeutung ist der ressourcenorientier-te Charakter dieser Organisationsform: Netzwerkstrukturen stellen Sozialkapital zur Verfü-gung, das sich als die Summe aller Ressourcen auffassen lässt, die Einzelnen bzw. einem Kollektiv Handlungsmöglichkeiten eröffnen. Im Hinblick darauf empfiehlt sich ein Elternnetzwerk als Sozialstruktur, im Rahmen dessen eingewanderte Eltern umfangreiche Unterstützung sowie Potenziale zur Bewältigung von Bildungsproblematiken ihrer Kinder und zur Stärkung ihrer Erziehungskompetenzen fin-den. Das landesweite Elternnetzwerk kann außerdem Eltern mit Migrationshintergrund eine starke Stimme bei der Durchsetzung ihrer Interessen in bildungspolitischen Belangen ver-leihen. Die niedersachsenweit organisierte Elternschaft ermöglicht durch eine gezielte Strategie zugewanderten Eltern mehr Partizipation an dem Schulgeschehen und motiviert zu mehr Engagement in den Schulgremien. Ziele des ElternNetzwerkes: Das Netzwerk zielt darauf ab, eine starke Interessenvertretung von Eltern mit Migrations-hintergrund in Niedersachsen zu errichten. Es soll die Wünsche und Anliegen der Eltern an die Entscheidungsträger in Politik, Bildung und Verwaltung herantragen.

• Durch die Vernetzung von Eltern mit Migrationshintergrund soll sich vornehmlich eine selbstbewusste Wahrnehmung ihres Erziehungsauftrages herauskristallisie-ren.

• Durch das ElternNetzwerk soll perspektivisch die Bildungschance von Kindern und Jugendlichen mit Migrationsgeschichte verbessert werden.

• Das ElternNetzwerk ist eine kulturübergreifende Organisationsform: Das Eltern-netzwerk spricht alle interessierten Eltern mit Zuwanderungsgeschichte an. Das El-ternnetzwerk arbeitet lösungs- und konsensorientiert.

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• Das ElternNetzwerk lässt sich als ein Forum beschreiben, indem reger Austausch zwischen zugewanderten Eltern sowie gegenseitige Unterstützung stattfindet.

• Das ElternNetzwerk fördert den Dialog zwischen Eltern, Erziehungs- und Bildungs-einrichtungen und ist bestrebt, neue Formen der Zusammenarbeit in gegenseitiger Anerkennung zu entwickeln.

• Ein landesweites ElternNetzwerk unterstützt den Weiterbildungs- und Informati-onsbedarf von Eltern durch regelmäßige Tagungen, Fortbildungen und Seminare.

• Mit einer Elternvernetzung soll die Zusammenarbeit unter den Selbstorganisatio-nen von Migrantinnen/en optimiert werden.

• Durch das ElternNetzwerk sollen die Bemühungen von Eltern zur Unterstützung ih-rer Kinder in die Schullaufbahn gestärkt und unterstützt werden.

• Das Elternnetzwerk soll eine Plattform sein, wo aktuelle politische Informationen zum Thema Erziehung und Bildung, Eltern zugänglich gemacht werden.

• Das ElternNetzwerk bietet Hilfeleistung und Aufklärungsarbeit für in ländlichen Ge-bieten angesiedelte Eltern an.

Bildungsmöglichkeiten sollen allen Kindern offen stehen. Mit der Gründung eines her-kunftsheterogenen Elternnetzwerkes in Niedersachsen kommen wir dem Ziel der Verbes-serung der Bildungssituation von Kindern mit Migrationshintergrund näher. Quelle und weitere Informationen: http://www.men-nds.de

3. Literatur und Links Links:

• Broschüre "Das niedersächsische Schulbildungssystem" bietet Informationen für Eltern, Schülerinnen und Schülern über das niedersächsische Schulsystem. He-rausgegeben würde die Broschüre vom Niedersächsischen Ministerium für Inneres, Sport und Integration in Kooperation mit dem Niedersächsischen Kultusministerium herausgegeben. Die Koordination und die Umsetzung des Projektes wurden von der Landesarbeitsgemeinschaft der Jugendsozialarbeit in Niedersachsen (LAG JAW) durchgeführt. Die Broschüre ist in den Sprachen Deutsch, Arabisch, Eng-lisch, Italienisch, Russisch und Türkisch erstellt. Außerdem wurde der Film "Schule macht Zukunft" erstellt, der über die Rahmen-bedingungen, Anforderungen, Konzepte und die pädagogische Arbeit in den ver-schiedenen Schulformen informiert. Die Broschüre "Das niedersächsische Schulbildungssystem" und den Film "Schule macht Zukunft" können heruntergeladen und auch bestellt werden. Download und nähere Infos unter: http://nord.jugendsozialarbeit.de/index.php?id=114

• Integrations- und Elternlotsen im Landkreis Osnabrück http://www.integrationslotsen.net/lotse/0_projekte/osnabrueckland

• „Elternlotsen“ – ein modularisiertes Qualifizierungskonzept für die aktivierende El-ternarbeit mit zugewanderten Eltern http://www.bildung.bremen.de/fastmedia/13/nds-elternlotsen.pdf

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• Arbeitspapier: Elternarbeit und Bildungsberatung zum Übergang Schule-Beruf in

Kulturvereinen und Moscheegemeinden http://www.risp-duisburg.de/files/bqn_arbeitspapier_15_-_elternarbeit_und_bildungsberatung_zum_uebergang_schule_-_beruf_in_kulturvereinen_und_moscheegemeinden.pdfArbeitspapier:

• Praxisleitfaden: Eltern in ihrer Erziehungskompetenz stärken – Jugendliche im Ü-bergang Schule und Beruf fördern http://www.bagejsa.de/fileadmin/user_upload/Modellprojekte/Praxisleitfaden_Elternarbeit.pdf

Literatur

• Altan, Melahat/Foitzik, Andreas/Goltz, Jutta: Eine Frage der Haltung. El-

tern(bildungs)arbeit in der Migrationsgesellschaft. Eine praxisorientierte Reflexi-onshilfe. Stuttgart 2009

• Ausbildungsorientierte Elternarbeit im Jugendmigrationsdienst. Berlin: http://www.bmfsfj.de/bmfsfj/generator/BMFSFJ/kinderund-jugend.did=9801 8.html

• Bärsch, Jürgen: Berufsorientierung durch interkulturelle Elternarbeit. In: Migration und Soziale Arbeit 3/4, S. 303 – 31 0. (2005)

• Boos-Nünning, Ursula/Di Bernardo, Luigina/Rimbach, Brigitte/Wolbeck, Ina (o. J) Zusammenarbeit mit zugewanderten Eltern - Mythos oder Realität? Materialband für Beraterinnen und Berater im Arbeitsfeld „Übergang Schule/Beruf“. Hauptstelle RAA NRW. Essen. Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend

• Gaitanides, Stefan (2006) Selbstorganisation von Migranteneltern und ihr Beitrag zur Integration. Zeitschrift für Migration und Soziale Arbeit, 1, S. 27 – 36.

• Hunger, Uwe (2004) Wie können Migrantenselbstorganisationen den Integrations-prozess betreuen? Wissenschaftliches Gutachten im Auftrag des Sachverständi-genbeirates für Zuwanderung und Integration des Bundesministeriums des Innern der Bundesrepublik Deutschland. Münster/Bonn.

• Janzen, Tamara/Herlach, Olga (2006) Wir für uns – Selbsthilfe in der Elternarbeit. In: Landesstelle Unna-Massen (Hrsg.): Spätaussiedlereltern und Schule – Chance einer Zusammenarbeit! Tagungsdokumentation, Unna, S. 39 –43.

• Medvedev, Alexei/Eralp, Hülya/Kümmerle, Sabine (2007) Dokumente der BQM – Handbuch für interkulturelle Elternarbeit. Hamburg.

• Nabi Acho, Viviane (2011 ) Elternarbeit mit Migrantenfamilien. Wege zur Förderung der nachhaltigen und aktiven Beteiligung von Migranteneltern an Elternabenden und im Elternbeirat. Freiburg.

Impressum Landesarbeitsgemeinschaft der Jugendsozialarbeit in Niedersachsen (LAG JAW) Referat Pro-Aktiv-Centren und Jugendwerkstätten Kopernikusstr. 3, 30167 Hannover Mail: [email protected], Homepage: http://nord.jugendsozialarbeit.de