Therapeutische Impulse zur Selbstverteidigung - roche.de · 7 für das fortgeschrittene NSCLC die...

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4 Medizin | Therapeutische Impulse zur Selbstverteidigung | Diagnostik im Dialog • Ausgabe 51 • 12/2016 Herkömmliche Zytostatika schädigen gene- rell Zelltypen mit hohen Proliferationsraten. Maligne Zellen teilen sich im Gegensatz zu den meisten gesunden besonders schnell. Daher wirken Zytostatika auf Tumorzellen – allerdings nicht selektiv. Zytostatika grei- fen beispielsweise auch das blutbildende System in Knochenmark, Epithelzellen der Schleimhäute oder Haarwurzelzellen an. Die Suche nach zielgenaueren Waffen hat therapeutische Antikörper und Tyrosin- kinase-Inhibitoren hervorgebracht, die Oberflächenrezeptoren auf Tumorzellen besetzen und dadurch intrazelluläre Sig- nalwege für Wachstum und Proliferation blockieren. Das Konzept beinhaltet eine prätherapeutische Untersuchung jedes in Frage kommenden Tumors auf das Vorhan- densein spezifischer therapeutischer Targets mit Hilfe sog. Companion Diagnostics. Erst danach lässt sich einschätzen, ob das Medi- kament im individuellen Fall wirksam sein kann oder nicht. Insbesondere die stetig wachsenden Möglichkeiten zur schnellen Sequenzierung lassen die Entdeckung und therapeutische Nutzung weiterer molekula- rer Zielstrukturen erwarten. Einen anderen Ansatz verfolgen Immunthe- rapien gegen Krebs (Immunonkologie), die in den letzten Jahren vielbeachtete Erfolge verzeichnen konnten. Die Hoffnung, bei der Bekämpfung maligner Tumore wieder ein großes Stück vorwärts zu kommen, ist sowohl bei Ärzten als auch den Patienten groß. Die folgenden Ausführungen sind eine Zusammenfassung der Literaturzitate 1-3. Immunantwort und „Tarnkappe“ Die Myriaden genetischer und epigeneti- scher Veränderungen, die für alle Tumore charakteristisch sind, bieten dem Immun- system eine Vielzahl von Neoantigenen, um Tumorzellen von ihren normalen Artgenos- sen zu unterscheiden. Die wichtige Rolle der körpereigenen Abwehr bei der kontinuier- lichen Kontrolle und Bekämpfung zellulärer Entartungen ist unbestritten. Im Rahmen der erworbenen (adaptiven) Immunantwort erfüllen die T-Lymphozyten durch selektive Bindung körperfremder Antigene essen- zielle Aufgaben. Maligne Tumore sind nach den Herz-Kreis- lauf-Erkrankungen weltweit die zweithäu- figste Todesursache. Krebstherapien, die Patienten ein längeres Überleben bei guter Lebensqualität ermöglichen, haben daher eine enorme medizinische und gesundheitspoliti- sche Bedeutung. Neben der chirurgischen Ent- fernung maligner Gewebe und der Bestrah- lung ist die medikamentöse Therapie die dritte wichtige Säule. Hier haben die letzten Jahre beachtliche Fortschritte gebracht. Zum einen lassen sich manche Tumore mit zielge- nauen Wirkstoffen, die spezifisch Wachstum und Proliferation der Krebszellen inhibieren, individueller behandeln. Zu anderen sind – nach ersten, überaus ermutigenden Erfolgen – Immuntherapien in den Fokus der onkolo- gischen Forschung gerückt. istockphoto/ jaroon Für Sie gelesen Therapeutische Impulse zur Selbstverteidigung

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Medizin | Therapeutische Impulse zur Selbstverteidigung | Diagnostik im Dialog • Ausgabe 51 • 12/2016

Herkömmliche Zytostatika schädigen gene-rell Zelltypen mit hohen Proliferationsraten. Maligne Zellen teilen sich im Gegensatz zu den meisten gesunden besonders schnell. Daher wirken Zytostatika auf Tumorzellen – allerdings nicht selektiv. Zytostatika grei-fen beispielsweise auch das blutbildende System in Knochenmark, Epithelzellen der Schleimhäute oder Haarwurzelzellen an. Die Suche nach zielgenaueren Waffen hat therapeutische Antikörper und Tyrosin- kinase-Inhibitoren hervorgebracht, die Oberflächenrezeptoren auf Tumorzellen besetzen und dadurch intrazelluläre Sig-nalwege für Wachstum und Proliferation blockieren. Das Konzept beinhaltet eine prätherapeutische Untersuchung jedes in Frage kommenden Tumors auf das Vorhan-

densein spezifischer therapeutischer Targets mit Hilfe sog. Companion Diagnostics. Erst danach lässt sich einschätzen, ob das Medi-kament im individuellen Fall wirksam sein kann oder nicht. Insbesondere die stetig wachsenden Möglichkeiten zur schnellen Sequenzierung lassen die Entdeckung und therapeutische Nutzung weiterer molekula-rer Zielstrukturen erwarten.

Einen anderen Ansatz verfolgen Immunthe-rapien gegen Krebs (Immunonkologie), die in den letzten Jahren vielbeachtete Erfolge verzeichnen konnten. Die Hoffnung, bei der Bekämpfung maligner Tumore wieder ein großes Stück vorwärts zu kommen, ist sowohl bei Ärzten als auch den Patienten groß. Die folgenden Ausführungen sind eine Zusammenfassung der Literaturzitate 1-3.

Immunantwort und „Tarnkappe“Die Myriaden genetischer und epigeneti-scher Veränderungen, die für alle Tumore charakteristisch sind, bieten dem Immun-system eine Vielzahl von Neoantigenen, um Tumorzellen von ihren normalen Artgenos-sen zu unterscheiden. Die wichtige Rolle der körpereigenen Abwehr bei der kontinuier- lichen Kontrolle und Bekämpfung zellulärer Entartungen ist unbestritten. Im Rahmen der erworbenen (adaptiven) Immunantwort erfüllen die T-Lymphozyten durch selektive Bindung körperfremder Antigene essen- zielle Aufgaben.

Maligne Tumore sind nach den Herz-Kreis-lauf-Erkrankungen weltweit die zweithäu-figste Todesursache. Krebstherapien, die Patienten ein längeres Überleben bei guter Lebensqualität ermöglichen, haben daher eine enorme medizinische und gesundheitspoliti-sche Bedeutung. Neben der chirurgischen Ent-fernung maligner Gewebe und der Bestrah-lung ist die medikamentöse Therapie die dritte wichtige Säule. Hier haben die letzten Jahre beachtliche Fortschritte gebracht. Zum einen lassen sich manche Tumore mit zielge-nauen Wirkstoffen, die spezifisch Wachstum und Proliferation der Krebszellen inhibieren, individueller behandeln. Zu anderen sind – nach ersten, überaus ermutigenden Erfolgen – Immuntherapien in den Fokus der onkolo-gischen Forschung gerückt.

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Diagnostik im Dialog • Ausgabe 51 • 12/2016 | Therapeutische Impulse zur Selbstverteidigung | Medizin

Dafür werden inhibitorische Liganden (z. B. PD-L1) und Rezeptoren (z. B. CTLA-4) der ICP auf den Tumorzellen selbst bzw. auf nicht-transformierten Zellen in der Mik-roumgebung des Tumors hochreguliert und überexprimiert. Die Folge: Die „Bremskraft“ ist so stark, dass die Wirkung tumor-infil-trierender T-Zellen geschwächt oder gar ausgeschaltet wird – der Tumor ist immun-resistent (adaptive Immunresistenz).

Zusätzlich kann eine ständige Antigen-Exposition (wie bei chronischen viralen Infektionen und Krebs) auf den entspre-chenden Antigen-spezifischen T-Zellen zu persistierend hoher PD1-Expression führen, was letztlich eine Erschöpfung oder Anergie der T-Zellen induziert.

Das therapeutische KonzeptDie früheste „Anwendung“ einer Krebs-Immuntherapie geht auf den amerikani-schen Chirurgen William Coley zurück. Dieser hatte Ende des 19. Jahrhunderts bei Patienten im Endstadium bestimmte lebende bzw. inaktivierte Bakterien intra-tumoral injiziert, um die körpereigenen Abwehrkräfte zu stimulieren und im Zuge dessen die Tumorzellen zu töten. In Einzel-fällen hat er beachtliche Behandlungserfolge erzielt.

Der Fokus derzeitiger Immuntherapien gegen Krebs liegt auf der Modulation der

T-Zell-Aktivierung und -Aktivität. Dabei können entweder co-stimulierende Signale durch monoklonale, agonistische Antikör-per verstärkt oder ICP blockiert werden. In diesem Fall hemmen monoklonale, antago-nistische Antikörper die tumorinduzierten, überproportionalen inhibitorischen Signale. Grundsätzlich gilt es, die Balance zu halten zwischen dem erwünschten Anti-Tumor-Effekt und dem unerwünschten autoimmu-nen Nebeneffekt.

Im Gegensatz zu Therapien mit spezifischen Antikörpern oder Tyrosinkinase-Inhibitoren hat die Immuntherapie nicht die Tumorzelle selbst, sondern die körpereigenen Lymphozy-ten im Visier, um die Selbstverteidigung des Organismus gegen den Tumor zu stimulieren.

Blockade von CTLA-4 und PD1/PD-L1Die meisten klinischen Informationen lie-gen derzeit für die co-inhibierenden Signal-wege CTLA-4 und PD1/PD-L1 vor. Darüber hinaus stehen auf Tumorzellen etliche wei-tere ICP als therapeutische Ziele zur Verfü-gung. Dies bietet interessante Optionen für Kombinationstherapien.

CTLA-4 war der erste klinisch getestete ICP, obwohl der therapeutische Nutzen sei-ner Blockade zunächst zweifelhaft erschien. Erstens weist ein Anti-CTLA-4-Antikörper keine Tumorspezifität auf und zweitens zei-gen CTLA-4-Knockout-Mäuse* einen fata-

Die T-Zell-Aktivierung ist ein vielstufiger, exakt regulierter Prozess, um einerseits die Abwehrreaktion effektiv zu gestalten und andererseits eine Autoimmunität zu verhindern. Dafür ist das Gleichgewicht gegenläufiger, co-stimulierender und co-inhibierender Signale erforderlich. Mem-brangebundene Proteine inhibitorischer Signalwege auf T-Lymphozyten werden als „Immun-Checkpoints“ (ICP) bezeichnet. Ihre physiologische Aufgabe ist es, die Selbst-toleranz, beispielsweise bei der Bekämpfung pathogener Erreger, aufrecht zu erhalten.

Zwei dieser ICP, die derzeit therapeutisch die größte Rolle spielen, heißen O CTLA-4 (Cytotoxic T-Lymphocyte Anti-

gen 4): Das Protein auf der Oberfläche von T-Helfer-Zellen reguliert (bremst) vor allem die Amplitude der frühen T-Zell-Aktivierung.

O PD1 (Programmed cell death protein 1): Exprimiert auf der Oberfläche von T-, B- und natürlichen Killerzellen, reguliert es vornehmlich die Aktivität der Effektor-T-Zellen. Die Interaktion mit einem seiner Liganden (PDL-1 oder PDL-2) auf den Zielzellen unterbricht einen intrazel-lulären Signalweg und führt zur Drosse-lung der Effektor-T-Zell-Funktion.

Die physiologische "Bremse" der Immunre-aktion zum Schutz des eigenen Organismus, nutzen manche Krebszellen zum Überleben.

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Das neue therapeutische Konzept: gezielte Blockade spezifischer Immun-Checkpoints.

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len auto- und hyperimmunen Phänotyp. Die CTLA-4-Blockade ließ somit eine hohe Immuntoxizität befürchten. Dennoch wurde in klinischen Studien für immunogene Tumore (z. B. Melanome) ein therapeuti-sches Fenster gefunden. Wenig immunogene Tumorentitäten dagegen reagieren nicht auf eine reine CTLA-4-Blockade, durchaus aber bei Kombination mit einem stimulierenden Wirkstoff.

Ipilimumab hat als erster Anti-CTLA-4- Antikörper einen generellen Überlebens-vorteil bei Patienten mit metastasierendem Melanom gezeigt und wurde daher 2010 von der FDA dafür zugelassen. 18  % der Patienten überlebte mehr als zwei Jahre (verglichen mit 5  % bei herkömmlicher Therapie).1 Die Beobachtung einer lang- anhaltenden Wirkung nach relativ kurzer Therapiephase (vier Dosierungen über drei Monate) unterstützte das Konzept, wonach Immuntherapien das Immunsystem dazu

„erziehen“ könnten, Tumore auch länger-fristig in Schach zu halten.

Die PD1-Expression auf Lymphozyten steigt, sobald T-Zellen aktiviert werden. Gebunden an seinen Liganden (z. B. PD-L1) limitiert PD1/PD-L1 physiologischer Weise vor-nehmlich die T-Zell-Aktivität in periphe-ren Geweben, um entzündliche Reaktionen bei Infektionen soweit zu limitieren, dass keine Autoimmunität entsteht. Gleichzei-tig liegt hierin ein Hauptmechanismus für die Immunresistenz bei Krebs, denn viele Tumore und ihre Mikroumgebung sind stark mit PD1 exprimierenden T-Zellen infilt-riert, was reaktiv die PD-L1-Expression auf Tumorzellen und im umliegenden Gewebe hochreguliert. Als Konsequenz mindert das die anti-tumorale Immunantwort, liefert jedoch einen weiteren interessanten thera-peutischen Ansatz: Die Blockade des PD1/PD-L1-Pathways könnte die Effektivität der T-Zellen und vermutlich auch die der natür-

lichen Killerzellen in Tumoren und deren Mikroumgebung erhöhen. Darüber hinaus scheint dadurch auch die bei persistierender Antigen-Exposition entstehende Erschöp-fung oder Anergie von T-Zellen teilweise reversibel. Experimente mit Knockout-Mäusen lassen eine, verglichen mit CTLA-4-Blockade seltener auftretende Immun- toxizität erwarten.

In klinischen Studien mit unterschiedlichen Tumorentitäten wurden zwei Antikörper-Klassen untersucht: Inhibitoren gegen PD1 und gegen PD-L1. Überaus relevant war die Beobachtung, dass die PD1/PD-L1-Blockade auch bei solchen Tumortypen wirken kann, die als besonders immunologisch arm galten – allen voran das Nicht-kleinzellige Lungen-karzinom (NSCLC). In etlichen Studien mit NSCLC-Patienten zeigten sich, verglichen mit klassischer Zytostatikatherapie, höhere Ansprechraten und ein beachtlich verbes-sertes Gesamtüberleben (Tab. 1). Bisher sind

Tab. 1: Ergebnisübersicht größerer Immun-Checkpoint-Studien bei NSCLC (modifiziert aus 3)Docetaxel: herkömmliches Zytostatikum NR: für Fragestellung der Studie nicht relevant *verschiedene Fragestellungen / Patienten

Studie Studie / Wirkstoff

Studiendesign Objektive Ansprechrate

(%)

Gesamt- überlebende in Monaten (Median)

Behandlungs- assoziierte uner-

wünschte Ereignisse (Grad 3-4 bzw. 3-5) (%)

Rizvi et al. (2015)

Nivolumab(Anti-PD1-AK)

Phase II; 117 vorbehandelte NSCLC-Patienten mit Platten- epithelkarzinom; Behandlung: Nivolumab-Monotherapie

14,5 8,2 17

Brahmer et al. (2015)

Nivolumab(Anti-PD1-AK)

Phase III; 272 vorbehandelte NSCLC-Patienten mit fortge-schrittenem Plattenepithelkarzinom; Behandlung: Mono- therapie Nivolumab (N) oder Docetaxel (D)

N: 20D: 9

N: 9,2D: 6

N: 7D: 55

Borghaei et al. (2015)

Nivolumab(Anti-PD1-AK)

Phase III; 582 vorbehandelte NSCLC-Patienten mit fortge-schrittenem Plattenepithelkarzinom; Behandlung: Mono- therapie Nivolumab (N) oder Docetaxel (D)

N: 19D: 12

N: 12,2D: 9,4

N: 10D: 54

Garon et al. (2015)

Pembrolizumab(Anti-PD1-AK)

Phase I; 495 fortgeschrittene NSCLC-Patienten ohne oder mit Vorbehandlung; Behandlung: Monotherapie Pembrolizumab

19,4 12 9,5

Herbst et al. (2016)

Pembrolizumab(Anti-PD1-AK)

Phase III; 1034 vorbehandelte Patienten mit fortgeschritte-nem, PD-L1-positivem NSCLC; Behandlung: Monotherapie mit Pembrolizumab 2mg/kg (P2) oder Pembrolizumab (10 mg/kg) (P10) oder Docetaxel (D)

P2: 18P10: 18,5

D: 9,3

P2: 10,4P10: 12,7

D: 8,5

P2: 13P10: 16D: 35

Herbst et al. (2014)

Atezolizumab(Anti-PD-L1-AK)

Phase I Dosis-Eskalationsstudie; 277 Patienten mit fort-geschrittenem, nicht behandelbarem Krebs, darunter 53x NSCLC; Behandlung: Monotherapie mit Atezolizumab

18/21* NR 13

Fehrenbacher et al. (2016)

Atezolizumab(Anti-PD-L1-AK)

Phase II; 287 vorbehandelte NSCLC-Patienten im fort- geschrittenen oder metastasierten Stadium; Behandlung: Atezolizumab (A) oder Docetaxel (D)

A: 15D: 15

A: 12,6D: 9,7

A: 11D: 39

Antonia et al. (2016)

Durvalumab(Anti-PD-L1-AK) + Tremelimumab(Anti-CTLA-4-AK)

Phase Ib Dosis-Eskalationsstudien: 10 Kohorten, geteilt in 3 verschiedene Dosierungs-Kohorten; 102 fortgeschrittene NSCLC-Patienten; Behandlung: Kombinationstherapie mit Durvalumab + Tremelimumab

17/21* NR 36

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für das fortgeschrittene NSCLC die beiden PD1-Antikörper Nivolumab und Pembro-lizumab zugelassen. Zusätzlich erhielt der Anti-PD-L1-Antikörper Atezolizumab von der FDA erst vor kurzem eine beschleu-nigte Zulassung aufgrund seiner Überle-genheit („breakthrough therapy“) gegenüber herkömmlichen Therapieschemata beim Management von vorbehandelten, fortge-schrittenen NSCLS-Patienten, deren Tumore PD-L1 exprimieren.

Die therapeutische ZukunftDie bisherigen Erfolgsraten für Immun-therapien sind ermutigend. So haben bei-spielsweise PD1/PD-L1-Inhibitoren das Management des NSCLC bereits deutlich verändert. Allerdings reagieren in bisheri-gen Studienprotokollen nur max. 20 % der Patienten auf die Therapie (Tab.). Grund-sätzlich erforderlich sind demnach Strate-gien, um „Nonresponder“ einer Immun-therapie in „Responder“ zu verwandeln. Möglichkeiten hierfür könnten sorgfältig evaluierte Behandlungskombinationen (verschiedene immunwirksame Wirkstoffe oder Immuntherapeutika, kombiniert mit herkömmlichen Methoden) sein und/oder der Einsatz von Immuntherapien als Erst-medikation.

Wie bei der spezifischen Antikörpertherapie steht auch für Immuntherapien die Frage

nach prädiktiven Markern im Fokus. Gibt es bestimmte Eigenschaften des Patienten bzw. des Tumors oder existieren spezifische Bio-marker, mit deren Hilfe sich die Ansprech-wahrscheinlichkeit und die klinische Prog-nose vorhersagen lassen? Vereinzelt zeigte sich etwa in bisherigen NCSLC-Studien bei prätherapeutischer immunhistochemischer PD-L-Testung ein Zusammenhang zwischen dem Ausmaß der Färbung von Tumorzellen bzw. Tumorumgebung und der Responserate bei PD1-/PD-L-Blockade. In einer Studien-population, die prätherapeutisch nach hohen PD-L1-Leveln selektiert wurde, waren das progressionsfreie Überleben und das Gesamt-überleben bei entsprechender Immunthera-pie größer als mit Standardtherapie.

Bei den derzeit verfügbaren Assays, bei-spielsweise für PD-L1, sind noch etliche Fra-gen offen, bevor Testergebnisse unmittelbar in klinische Entscheidungen einfließen kön-nen. Eine kritische Betrachtung dazu liefert Prof. G. Baretton in seinem Beitrag „PD-L1 als neuer Biomarker“ (s. Seite 8).

Weitere Aufgabenstellungen sindO die Entwicklung und Evaluierung neuer

Antikörper gegen co-stimulierende und co-inhibitorische Signalwege

O adäquate, ggf. veränderte Kriterien zur Beurteilung von Ansprechraten und Behandlungserfolg

O das Management der ToxizitätO eine Kosten-Nutzen-Betrachtung.

Immuntherapien gegen Krebs stehen derzeit auf der „Hitliste“ der medizinischen For-schung. Bisherige Erkenntnisse berechtigen zu der Hoffnung, dass sie vielen Patienten bisher nicht realisierbare und kaum für möglich gehaltene Therapieerfolge besche-ren können.

*Knockout-Mäuse: Durch eine genetische Manipulation werden gezielt ein oder mehrere Gene deaktiviert. Dadurch lassen sich z. B. phy-siologische Mechanismen untersuchen und Modelle für menschliche Erkrankungen oder pharmakologische Fragestellungen entwickeln.

Dr. Frank Gast Leitung Medical & Scientific Affairs 0621 759-4618 frank.gast@ roche.com

Literatur 1 Paroll DM: “The Blockade of Immune Checkpoints in

Cancer Immunotherapy”. Nature Reviews Cancer (2012); 12: 252-265

2 Herzberg B et al: “Immun Checkpoints Inhibitors in Non-Small Cell Lung Cancer”. The Oncologist (2016); 21: 1-8

3 Marrone KA; Brahmer JR: “Using Immune Checkpoints Inhibitors in Lung Cancer”, Oncology (2016); 30(8): 713-721

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Höhere Ansprechraten und verbessertes Gesamtüberleben durch PD1-bzw. PD-L1-Anti- körpertherapie für NSCLC-Patienten im fortgeschrittenen Stadium.