Ausgabe 56 • 06/2018 Diagnostik im Dialog - roche.de · Ute Reimann Chefredakteurin „Diagnostik...

21
der Roche Diagnostics Deutschland GmbH Diagnostik im Dialog Ausgabe 56 • 06/2018 Dyspnoe in der Notaufnahme

Transcript of Ausgabe 56 • 06/2018 Diagnostik im Dialog - roche.de · Ute Reimann Chefredakteurin „Diagnostik...

Page 1: Ausgabe 56 • 06/2018 Diagnostik im Dialog - roche.de · Ute Reimann Chefredakteurin „Diagnostik im Dialog“ Sehr geehrte Leserin, sehr geehrter Leser, Notaufnahmen sind für

der Roche Diagnostics Deutschland GmbHDiagnostik im Dialog

Aus

gabe

56

• 06

/201

8

Dyspnoe in der Notaufnahme

Page 2: Ausgabe 56 • 06/2018 Diagnostik im Dialog - roche.de · Ute Reimann Chefredakteurin „Diagnostik im Dialog“ Sehr geehrte Leserin, sehr geehrter Leser, Notaufnahmen sind für

Ute Reimann Chefredakteurin „Diagnostik im Dialog“

Sehr geehrte Leserin, sehr geehrter Leser,

Notaufnahmen sind für gesundheitlich akut beunruhigte Menschen oft die erste Anlaufstation. Retrospektiv medizinisch betrachtet wäre das in vielen Fällen nicht notwendig gewesen. Aber die aufgetre-tenen Symptome machen Angst und ein geeigneter Arzt scheint gerade nicht greif-bar. Auch diensthabenden Klinikern gelingt die akkurate Einteilung hinsichtlich Notfall-situation häufig nicht zeitnah – z. B. wegen unspezifischer Symptomatik. Überfüllte

Notaufnahmen, überlastetes Personal und verzögerte Behandlungsmaßnahmen sind das Ergebnis. Beiträge aus der Kardiologie zeigen, wie schnell messbare Labormarker in dieser Situation personelle und finanzi-elle Ressourcen einsparen helfen.Weitere Beiträge bieten Updates zum Pro-statakarzinom und zu sexuell übertragba-ren Erkrankungen. Ich wünsche Ihnen beim Lesen dieser Ausgabe viel Spaß und Erkenntnisgewinn.

Diagnostik im Dialog • Ausgabe 56 • 06/2018

COBAS, ELECSYS, VENTANA sind Marken von Roche. Andere Marken sind Marken der jeweiligen Eigentümer.

Herausgeber

Roche Diagnostics Deutschland GmbH Geschäftsführer Christian Paetzke Sandhofer Straße 116 68305 Mannheim

Telefon +49 621 759 0Telefax +49 621 759 2890Registergericht AG Mannheim HRB 708167USt.Nr. DE268638091

V.i.S.d.P. (Chefredaktion)

Ute Reimann Kommunikation

Impressum

Die dargestellten Inhalte der Gastautoren geben die subjektive Einschätzung der Autoren wieder. Die Roche Diagnostics Deutschland GmbH übernimmt keine Gewähr für die Richtigkeit dieser Informationen.

© 2018 Roche Diagnostics. Alle Rechte vorbehalten.

3 [Medizin] Akute und chronische Dyspnoe in der Notaufnahme – natriuretische Peptide sind unentbehrlich

7 [Medizin – Für Sie gelesen] NT-proBNP-Grenzwerte bestätigt

8 [Medizin – Für Sie gelesen] Messung kardialer Troponine – schneller ist meist besser

10 [Medizin – Interview] Prostatakarzinom – diagnostisches Update aus Sicht des Pathologen

13 [Medizin – Blitzlicht] Sexuell übertragbare Erkrankungen – weltweite Relevanz

15 [Produkte & Services] Trichomonas vaginalis und Mycoplasma genitalium – vergleichende Evaluierung des cobas® TV/MG Tests

18 [Produkte & Services] Zuverlässige Testung, zielgerichtete Therapie – der cobas® TV/MG Test

19 [Produkte & Services] Neuer Slide-Scanner fördert die diagnostische Qualität – digitale Pathologie auch bei geringem Scan-Volumen sinnvoll

21 [Produkte & Services] Produktnews

Inhalt

Link zur Website: www.roche.de/diagnostics-veranstaltungen

Veranstaltungen und Kongresse

Page 3: Ausgabe 56 • 06/2018 Diagnostik im Dialog - roche.de · Ute Reimann Chefredakteurin „Diagnostik im Dialog“ Sehr geehrte Leserin, sehr geehrter Leser, Notaufnahmen sind für

3

sensitiv und sehr unspezifisch. Wie zwei typi-sche Fallbeispiele verdeutlichen, hilft in der Notaufnahme die Bestimmung der natriure-tischen Peptide (NP) enorm weiter, um auch unter Zeitdruck adäquate Diagnosen zu gewährleisten und therapeutisch schnell die richtigen Weichen zu stellen. Zur angemes-senen Weiterbetreuung der Patienten sind Versorgungsstrukturen notwendig, die eine geregelte Zusammenarbeit von Kliniken und Praxen ermöglichen. In dieser Hinsicht hinkt Deutschland dem Bedarf deutlich hinterher.

Symptome, Prognose und UrsachenDie HI ist ein klinisches Syndrom, gekenn-zeichnet durch die Symptome O Belastungs- oder Ruhedyspnoe, O pulmonale Überwässerung und

Knöchelödeme, O allgemeine Beschwerden (abnehmende

Belastbarkeit, Müdigkeit und körperliche Schwäche) durch die eingeschränkte Leistungsfähigkeit des Herzens.

Die Beschwerden werden anhand der NYHA*-Klassifikation I–IV graduiert. Die Sterblichkeit hat dank medikamentöser und interventioneller bzw. operativer Fortschritte sowie der konsequenteren Umsetzung der Leitlinienempfehlungen in den letzten Jah-ren erfreulicherweise abgenommen.

Eine akute HI (z. B. im Rahmen einer Herz-muskelentzündung) kann sich erholen oder in die wesentlich häufigere chronische HI übergehen. Bestehen Beschwerden nur unter Belastung, handelt es sich um eine kompensierte HI – im Gegensatz zur dekom-pensierten Form mit Beschwerden bereits in Ruhe. Weiterhin unterscheidet man die systolische HI mit eingeschränkter Kontrak-

Die Herzinsuffizienz (HI) ist laut aktu-ellem Herzbericht1 die häufigste Ursache einer stationären Krankenhausaufnahme von Patienten.2 Mehrheitlich sind Menschen jenseits des 70. Lebensjahres betroffen. Der demographische Wandel wird die Prävalenz und Inzidenz der HI kontinuierlich steigern. Heute werden jährlich ca. 445 000 Patienten in Deutschland wegen einer HI stationär ver-sorgt1 und machen einen Großteil der täglich in der Notaufnahme vorstelligen Patienten aus. Die HI-Symptomatik ist jedoch wenig

shut

ters

tock

/Afr

ica

Stud

io

Akute und chronische Dyspnoe in der NotaufnahmeNatriuretische Peptide sind unentbehrlichAnn-Katrin Karcher, Herzzentrum Ludwigshafen

Medizin | Akute und chronische Dyspnoe in der Notaufnahme | Diagnostik im Dialog • Ausgabe 56 • 06/2018

Page 4: Ausgabe 56 • 06/2018 Diagnostik im Dialog - roche.de · Ute Reimann Chefredakteurin „Diagnostik im Dialog“ Sehr geehrte Leserin, sehr geehrter Leser, Notaufnahmen sind für

4

Bei Auffälligkeiten im Rahmen dieser ers-ten diagnostischen Maßnahmen sollte eine unmittelbare Bestimmung der NP erfol-gen. Nur bei NT-proBNP > 125 pg/ml bzw. BNP > 35 pg/ml ist eine Echokardiographie erforderlich, bei geringeren Werten ist eine HI unwahrscheinlich (rule out) (Abb.  1) und es sollte nach einer Alternativdiagnose für die Beschwerden gesucht werden. Die Bestimmung der NP dient sowohl der Dia-gnosesicherung als insbesondere auch dem Ausschluss einer kardialen Genese von Dys-pnoe (hoher negativer prädiktiver Wert).

Für die Notaufnahmesituation gelten die in Tab. 1 aufgeführten Grenzwerte.6

Mit Hilfe der Echokardiographie wird unter anderem die Auswurfleistung (Ejektions-fraktion; normal über 55 %) des Herzens bestimmt. Darüber hinaus lassen sich regi-onale Wandbewegungsstörungen (Hinweis auf abgelaufenen Infarkt), Herzklappen- erkrankungen, eine diastolische Funktions-störung, ein pulmonaler Hochdruck und Zeichen der Rechtsherzbelastung strahlen-frei diagnostizieren.

Da die Echokardiographie jedoch untersu-cherabhängig, zeitintensiv und nicht aller-orts bzw. jederzeit verfügbar ist, wird die NP-Bestimmung in den aktuellen Leitlinien vor dem Herzultraschall empfohlen.

Herausforderung Notaufnahme Akute und chronische Dyspnoe gehören zu den häufigsten Gründen für die Vorstel-lung in einer Notaufnahme. Die differen-tialdiagnostische Abklärung (d. h. ist die Symptomatik kardialer Genese oder hat sie einen anderen, beispielsweise pulmonalen Ursprung?) erfordert viel klinische Erfah-rung und ist häufig zeitintensiv. Gerade für Berufsanfänger, die häufig in Notaufnah-

tionsfähigkeit des Herzmuskels (z. B. nach Herzinfarkt) und die diastolische HI. Sie entsteht durch zunehmende Steifigkeit und eingeschränkte Relaxation des Herzmuskels, meist verursacht durch chronisch erhöhte Blutdruckwerte.

Die Ursachen einer HI sind vielfältig (s. Kas-ten), häufig ist sie jedoch keine isolierte Erkrankung des Herzens. Vielmehr sind die Patienten, bedingt durch Alter und Grund-erkrankungen, multimorbide. Über die Hälfte der HI-Patienten leidet an Bluthoch-druck, einer chronischen Niereninsuffizienz und einer koronaren Herzerkrankung. Etwa jeder vierte Patient leidet unter Diabetes oder einer Atemwegserkrankung und bei ca. jedem zehnten Patienten besteht begleitend eine Depression.3

Leitliniengerechte DiagnoseDie Diagnose der HI stützt sich entspre-chend den Leitlinien der europäischen Gesellschaft für Kardiologie von 20164 im Wesentlichen auf zwei Pfeiler:O die EchokardiographieO die natriuretischen Peptide (NP = BNP

und NT-proBNP). Beide sind zur Beurteilung des Schweregrades einer HI schnell und einfach messbar, ihre Bestimmung hat daher in den HI-Leit- linien den höchsten diagnostischen Stel-lenwert. Aktuell empfehlen die Leitlinien BNP und NT-proBNP gleichwertig, mit Einführung der Angiotensin-Rezeptor-Neprilysin-Inhibitoren (ARNI) für die HI-Behandlung wird jedoch eine Favo-risierung des NT-proBNPs diskutiert, da ARNI den BNP-Wert beeinflussen.5

Die Leitlinie empfiehlt bei Verdacht auf HI zunächst eine ausführliche Anamnese in Bezug auf kardiale Vorerkrankungen, Risi-kofaktoren und HI-Symptome sowie eine körperliche Untersuchung. An technischen Untersuchungen sollte zunächst lediglich ein Ruhe-EKG erfolgen, welches unter anderem Hinweise auf abgelaufene Infarkte, Arrhyth-mien und Zeichen der LV-Hypertrophie lie-fern kann (Abb. 1).

Medizin | Akute und chronische Dyspnoe in der Notaufnahme | Diagnostik im Dialog • Ausgabe 56 • 06/2018

Mögliche Ursachen einer HI

O Durchblutungsstörungen

O Bluthochdruck

O nicht-ischämische Kardiomyo- pathien (z. B. dilatative, restriktive und hypertrophe Kardiomyopathie)

O Herzklappenerkrankungen

O Rhythmusstörungen

O familiäre und genetische Herz- erkrankungen

O Schwangerschafts- und Stress- induzierte Kardiomyopathie

Abb. 1: Algorithmus bei klinischem Verdacht auf Herzinsuffizienz (HI) (mod aus 2). NP = Natriuretische Peptide

Ohne Befund: HI unwahrscheinlich

1. Anamnese 2. Körperliche Untersuchung

3. EKG

Aufälligkeiten Messung NPBNP: Cut-off 35 pg/ml

NT-proBNP: Cut-off 125 pg/ml

NP unterhalb Cut-off: HI unwahrscheinlich

NP oberhalb Cut-off: Echokardiographie

Therapie einleiten, Ursachenklärung

Page 5: Ausgabe 56 • 06/2018 Diagnostik im Dialog - roche.de · Ute Reimann Chefredakteurin „Diagnostik im Dialog“ Sehr geehrte Leserin, sehr geehrter Leser, Notaufnahmen sind für

5

men Dienst tun, bedeutet das eine große Herausforderung.

Klinische Zeichen und Symptome der HI sind wenig sensitiv und spezifisch. Ältere, multimorbide Patienten haben häufig eine begleitende Lungenerkrankung, die für eine chronische Dyspnoe-Symptomatik mitver-antwortlich sein kann. Eine Echokardiogra-phie ist in der Notaufnahme nicht rund um die Uhr verfügbar und die klinische HI-Ein-weisungsdiagnose bzw. die Ersteinschätzung des Notaufnahmearztes muss im Verlauf häufig revidiert werden. Daher ist es enorm wichtig, auf diagnostische Tests zurückgrei-fen zu können, die auch in der Notaufnahme den Verdacht schnell und einfach erhärten oder ausschließen.

In ca. 25 % der Fälle wird klinisch eine falsche HI festgestellt/vermutet. Diese Überdiagnosen lassen sich randomisierten Studien zufolge durch den hohen negativen prädiktiven Wert der NP vermeiden.7 Die unmittelbare NP-Bestimmung, und damit Diagnosesicherung bereits in der Notauf-nahme, beschleunigt den Beginn einer effektiven Therapie, steigert Behandlungs-

erfolge und reduziert die Krankenhausauf-enthaltsdauer sowie die Kosten der statio-nären Behandlung.8

Kasuistiken Zwei Beispiele aus unserer internistischen Notaufnahme am Herzzentrum Ludwigs-hafen sollen verdeutlichen, wie uns die Verfügbarkeit von NP in unserem Alltag unterstützt.

Bei einem bisher kardial gesunden, 56-jäh-rigen Mann bestand seit ca. einem Jahr eine Angina pectoris bereits bei geringer Belastung. Der Patient selbst hatte die Symptomatik auf seine bekannte Magen-schleimhautentzündung und den Panto- prazol-Konsum zurückgeführt. Da die Symptome ihn aber zunehmend beunru-higten, überwies ihn sein Hausarzt zu uns. Auf genauere Nachfrage gab der Patient an, dass die Atemnot-Symptomatik in den letz-ten Wochen zugenommen hatte und sich jetzt auch bei geringster Belastung (nach zwei Stockwerken Treppensteigen) zeigt. Klinisch präsentierte sich der Patient in gutem Allgemein- und adipösem Ernäh-rungszustand (170 cm, 92 kg).

In der körperlichen Untersuchung fanden sich keine Knöchelödeme. Auskultatorisch offenbarte sich ein vesikuläres (physiologi-sches), allerdings rechts basal gedämpftes Atemgeräusch, welches Hinweis auf eine Wassereinlagerung, einen Zwerchfellhoch-stand oder einen Pneumothorax sein kann. Die Auskultation der Herzgeräusche ergab einen Normalbefund. Darüber hinaus erfolgten unmittelbar eine Blutentnahme für den NT-proBNP-Wert zur differentialdiag-nostischen Abklärung der Dyspnoe sowie ein EKG. Dieses zeigte Veränderungen, die auf einen länger zurückliegenden Vorder-wandinfarkt hindeuteten. NT-proBNP war mit 3652 pg/ml extrem hoch.

Aus den klinischen Befunden und dem sehr hohen NT-proBNP-Wert wurde die Diagnose „kardiale Dekompensation“ gestellt. Passend dazu ließen sich in einem Röntgenthorax Stauungszeichen und ein Pleuraerguss rechts nachweisen. Der gerade in der Notaufnahme tätige, onkologische Kollege begann darauf-hin bei aktuell fehlender Möglichkeit zur Echokardiographie eine HI-, insbesondere eine diuretische Therapie, wodurch sich die klinische Symptomatik bereits bis zum Folge-tag deutlich besserte.

Die am nächsten Tag von den kardiologi-schen Fachärzten durchgeführte Echokar-diographie offenbarte eine schwerst einge-schränkte linksventrikuläre Pumpfunktion mit Vorderwandaneurysma im Sinne eines

Medizin | Akute und chronische Dyspnoe in der Notaufnahme | Diagnostik im Dialog • Ausgabe 56 • 06/2018

shut

ters

tock

/Syd

a Pr

oduc

tions

Die unspezifische Symptomatik der Dyspnoe bedeutet gerade in der Notaufnahme eine große Herausforderung für die Differentialdiagnostik.

Tab. 1: Cut-off-Werte der natriuretischen Peptide in der Notaufnahmesituation6

Dyspnoe in der Notaufnahme Akute HI unwahrscheinlich Akute HI wahrscheinlich

BNP < 100 pg/ml > 400 pg/ml

NT-proBNP; Alter <50 Jahre < 300 pg/ml > 450 pg/ml

NT-proBNP; Alter >50 Jahre < 300 pg/ml > 900 pg/ml

NT-proBNP; Alter >75 Jahre < 300 pg/ml > 1800 pg/ml

shut

ters

tock

/kur

han

Page 6: Ausgabe 56 • 06/2018 Diagnostik im Dialog - roche.de · Ute Reimann Chefredakteurin „Diagnostik im Dialog“ Sehr geehrte Leserin, sehr geehrter Leser, Notaufnahmen sind für

6

abgelaufenen Vorderwandinfarktes. In einer Koronarangiographie fand sich passend hierzu eine hochgradige Stenose der Vorder-wandarterie, welche erfolgreich rekanalisiert werden konnte.

Bei diesem Patienten hat das eindeutig pathologische NT-proBNP-Ergebnis es auch dem nicht-kardiologischen Facharzt ermög-licht, ohne Echokardiographie eine adäquate Therapie einzuleiten.

Im zweiten Fall handelt es sich um eine 79-jährige Patientin, bei der seit längerem eine in kardiologischer Kontrolle befind-liche, mittelschwere Mitralklappenstenose bekannt war. Sie wurde bei zunehmender Dyspnoe – aktuell bei bereits geringster Belastung (NYHA III) – von einem nieder-gelassenen Kollegen gezielt zur Mitralklap-pensprengung (Erweiterung stark verengter Mitralklappen; Valvuloplastie) zugewiesen.

Echokardiograpisch sahen wir weiterhin lediglich eine mittelschwere Mitralklappen-stenose. Klinisch gab es keine Anzeichen einer kardialen Dekompensation. Die Kol-legin in der Notaufnahme war sich bei der Einweisungsdiagnose „Kardiale Dekompen-sation bei Mitralklappenstenose – zur Val-vuloplastie“ unsicher und veranlasste daher eine NT-proBNP-Bestimmung. Der Wert betrug nur 299 pg/ml. Damit waren die aktu-ellen Beschwerden auf Grund der kardialen Grunderkrankung sehr unwahrscheinlich. Die weitere Dyspnoeabklärung ergab bei der Untersuchung der Lungenfunktion ein schweres Asthma bronchiale. Nach inhala-tiver, antiobstruktiver Therapie hat sich die Atemnot erheblich gebessert. Eine Valvulo-plastie war obsolet.

Bei dieser Patientin hat der niedrige NT-proBNP-Wert, der eine kardiale Dyspnoe-ursache ausschließt, maßgeblich dazu beige-tragen, nach Alternativdiagnosen zu suchen.

Heart failure Units erforderlichWerden Patienten aus der stationären Behandlung entlassen, ist eine engmaschige

ambulante Nachbetreuung und Anbindung unumgänglich. Ambulant durchgeführte NP-Bestimmungen – insbesondere bei günstigem stationärem Entlassungswert als Zeichen des Rekompensationserfolges – könnten bei steigenden Werten eine klinisch noch unauffällige Dekompensation anzei-gen. Durch dann zeitnah und ambulant eingeleitete therapeutische Interventionen ließen sich drohende Rehospitalisierungen oftmals vermeiden.

Leider jedoch existieren in Deutschland dafür aktuell keine guten Versorgungs-strukturen, die z. B. eine strukturierte Zusammenarbeit von Praxen und Kliniken oder von ärztlichem und nicht-ärztlichem Personal sicherstellen. Deshalb empfehlen die Deutsche Gesellschaft für Kardiologie und die Deutsche Gesellschaft für Thorax-, Herz- und Gefäßchirurgie seit 2016 den Aufbau und die Organisation von sog. HI-Netzwerken und HI-Einheiten („Heart fai-lure Units“; HFUs). Diese sollen Diagnose und Behandlung sowohl einer erstdiagnos-tizierten HI als auch einer akut dekompen-sierten chronischen HI schnell auf höchstem fachlichen und technischem Niveau gewähr-leisten. Ziele sind, Krankenhausaufnahmen zu vermeiden und eine lückenlose Versor-gungskontinuität zwischen ambulanter und stationärer Betreuung zu schaffen.

Es bleibt zu hoffen, dass diese medizinisch erforderlichen Strukturen nachgehalten wer-den. Denn bis heute existieren in Deutsch-land leider nur 33 Schwerpunktpraxen und

Literatur 1 Herzbericht (2016) www.bvmed.de/download/herzbericht-

2016.pdf 2 Neumann T et al: Dtsch Arztebl Int (2009); 106(16):269–275 3 Nationale Versorgungsleitlinie chronische Herzinsuffizienz

(2017): https://www.leitlinien.de/nvl/herzinsuffizienz 4 Leitlinien der European Society for Cardiology (ESC)

(2016): https://leitlinien.dgk.org/2016/2016-esc-guidelines-for-the-diagnosis-and-treatment-of-acute-and-chronic-heart-failure/

5 Packer M et al: Circulation (2015); 131(1):54–61 6 Januzzi JL et al: Eur Heart J. (2006); 27(3):330–337 7 Wright SP et al: J Am Coll Cardiol (2003); 42(10):1793–1800 8 Mueller C et al: N Eng J Med (2004); 350:647–654

Korrespondenzadresse

Ann-Katrin Karcher Fachärztin für Innere MedizinHerzzentrum im Klinikum LudwigshafenBremserstraße 7967063 Ludwigshafen am [email protected]

Medizin | Akute und chronische Dyspnoe in der Notaufnahme | Diagnostik im Dialog • Ausgabe 56 • 06/2018

Kliniken mit HFUs, was angesichts der aktu-ellen und erwartbaren Patientenzahlen weit unter dem Bedarf liegt.

* NYHA-Klassifikation: Schema der New York Heart Association zur Einteilung der HI (I: Beschwerden nur bei schwerster Belastung, II: bei schwerer Belastung, III: bei leichter Belas-tung, IV: in Ruhe)

shut

ters

tock

/wav

ebre

akm

edia

Für eine strukturierte Zusammenarbeit von Praxen und Kliniken bei der Nach- betreuung von HI-Patienten existieren aktuell keine guten Versorgungsstrukturen.

Page 7: Ausgabe 56 • 06/2018 Diagnostik im Dialog - roche.de · Ute Reimann Chefredakteurin „Diagnostik im Dialog“ Sehr geehrte Leserin, sehr geehrter Leser, Notaufnahmen sind für

7

ErgebnisseNT-proBNP diskriminiert statistisch hoch signifikant (p < 0,001) zwischen bestätigter und ausgeschlossener akuter HI: Die Werte (Mediane mit Interquartilsabstand) lagen überlappungsfrei bei 2844 (1247–5976) pg/ml bzw. 98 (35–369) pg/ml. Die diagnostische Aussage von NT-proBNP ist deutlich stärker als die anderer Parameter, z. B. Anamnese, körperliche Untersuchung, alternative Labor-parameter.

Die Leistungsdaten von NT-proBNP aus dem aktuellen Studienkollektiv zeigt Tab. 1. Trotz erheblicher demographischer Unter-schiede zu den älteren Studien haben sich die altersabhängigen Grenzwerte für ein „Rule-in“ und der einheitliche Cut-off für das „Rule-out“ unverändert bewährt. Die Performance blieb auch in diversen Subgrup-pen (z. B. nach Geschlecht, Abstammung, aber auch Nierenfunktion, Körpergewicht, Vorhofflimmern ja/nein) stabil. Die alters-gewichteten Werte tragen somit den Begleit- erkrankungen per se Rechnung.

Die Prävalenz der akuten HI im untersuch-ten Kollektiv lag mit 19 % gegenüber der auf Basis der ICON-Studie (2006) erwarteten 50 % deutlich niedriger. Die Autoren führen dies (trotz allgemein häufigerer HI-Diag-nosen) auf strukturelle Veränderungen der letzten Jahre in gesundheitlichen Einrich-tungen der USA zurück, wodurch weniger Menschen mit akuter HI Notaufnahmen auf-suchen. Sie empfehlen als Performance- und Vergleichsdaten die prävalenzunabhängige

Angabe der Wahrscheinlichkeit (Likelihood Ratio; s. Glossar) gegenüber dem prävalenz-abhängigen PPV bzw. NPV (s. Glossar).

Auch in einer demographisch veränderten Population leisten die natriuretischen Pep-tide ihren wertvollen Beitrag zur akkuraten HI-Diagnostik, sie verbessern das Outcome von Patienten und reduzieren Kosten im Krankenhaus. In der aktuellen Leitlinie1 wird der Echokardiographie bei Aufnahme nun eine nachgeordnete Rolle zugeteilt.

* Elecsys NT-proBNP auf dem cobas e 601 Modul

Die European Society of Cardiology empfiehlt mit dem höchsten Evidenzgrad bei Verdacht auf akute Herzinsuffizienz (HI) die Bestimmung eines natriuretischen Peptids, wie z. B. NT-proBNP.1,2 Die ICON- und die PRIDE-Studie3,4 (s. Glossar) hatten für diesen klinischen Kontext bereits in den Jahren 2005/2006 z. T. altersge-staffelte NT-proBNP-Grenzwerte proklamiert. Heute ist die NT-proBNP basierte Stratifizie-rung in klinischen Guidelines verankert. Seit längerem jedoch wird diskutiert, ob die vor über einem Jahrzehnt festgesetzten Cut-offs noch valide sind. Die jüngst publizierte Studie ICON-RELOADED5 hat diese Frage untersucht.

Der demographische Wandel mit höherer Wahrscheinlichkeit verschiedenster Beglei-terkrankungen (Multimorbidität) könnte den Blutspiegel von NT-proBNP in einer Kohorte potentiell verändern, ebenso z. B. die steigende Prävalenz von Übergewicht oder neuere Wirkstoffe zur HI-Behandlung. In der ICON-RELOADED Studie (s. Glos-sar) wurden daher die vor mehr als 10 Jahren festgelegten Cut-off-Werte von NT-proBNP* (Tab. 1, linke Spalten) in einer „zeitgenössi-schen“ Kohorte überprüft.

In der von Roche unterstützten, prospektiven und multizentrischen Studie (19 Zentren in den USA und in Kanada) waren 1461 konseku-tive Patienten eingeschlossen, die sich wegen Dyspnoe (subjektive Atemnot, erschwertes Atmen) in den Notaufnahmen vorstellten. Die klinische HI-Abklärung erfolgte durch ein Ärztekonsortium in Unkenntnis des zeitgleich bestimmten NT-proBNP-Wertes.

Für Sie gelesen

NT-proBNP-Grenzwerte bestätigt

Medizin | Für Sie gelesen | NT-proBNP-Grenzwerte für akute Herzinsuffizienz bestätigt | Diagnostik im Dialog • Ausgabe 56 • 06/2018

Tab. 1: Grenzwerte und Aussagekraft von Elecsys NT-proBNP.5 Altersverteilung: < 50 Jahre: n = 462; 50–75 Jahre: n = 833; > 75 Jahre: n = 166; Median 56,4 ± 15,7 Jahre

2006 festgelegte und aktuell überprüfte alters-abhängige Cut-off-Werte

Performance-Ergebnisse der ICON-RELOADED-Studie mit "zeitgenössischem“ Kollektiv

Alter (Jahre)

NT-proBNP-Grenzwert für

Rule-in (pg/ml)

Sensitivität (%)

Spezifität (%)

PPV (%)

NPV (%)

positive LR

negative LR

< 50 450 85,7 93,9 53,6 98,8 14,08 0,1550–75 900 79,3 84,0 58,4 93,5 4,95 0,25> 75 1800 75,9 75,0 62,0 85,3 3,03 0,32

Alter (Jahre)

NT-proBNP-Grenzwert für

Rule-out (pg/ml)

Sensitivität (%)

Spezifität (%)

PPV (%)

NPV (%)

positive LR

negative LR

unab-hängig 300 93,9 71,7 43,7 98,0 3,32 0,09

Dr. Anja Kuschinsky Clinician Marketing Manager 0621 759-69825 [email protected]

Literatur 1 Ponikowski P et al: Eur J Heart Fail (2016); 18:891–975 2 Yancy CW et al: Circulation (2017); 136(6):e137–e161.

DOI: 10.1161/CIR.0000000000000509 3 Januzzi JL et al: Eur Heart J (2006); 27(3):330–337 4 Januzzi JL et al: Am. J. of Cardiology (2005); 95:948–954 5 Januzzi JL et al: N-terminal Pro-B-Type Natriuretic

Paptide in the Emergency Department, The ICON RELOADED Study. JACC (2018); 71(11):1191–1200

GlossarO ICON-Studie: International Collaborative

of NT-proBNP studyO PRIDE-Studie: N-Terminal Pro-BNP

Investigation of Dyspnea in the Emergency Department study

O ICON-RELOADED: ICON Re- evaluation of Acute Diagnostic cut-offs in the Emergency Department

O Likelihood Ratio (LR): Gibt prävalenzun-abhängig an, wie sich das Resultat eines diagnostischen Tests auf das Vorliegen einer Krankheit auswirkt.

O Positiver LR: Gibt an, wie sich das Risiko einer Erkrankung bei positivem Testergeb-nis ändert, d. h. wie viel Mal wahrscheinli-cher ein positives Testergebnis bei Kranken gegenüber Gesunden vorliegt.

O Negativer LR: Gibt an, wie sich das Risiko einer Erkrankung bei negativem Testergeb-nis ändert.

O PPV: Positiver prädiktiver WertO NPV: Negativer prädiktiver Wert

Page 8: Ausgabe 56 • 06/2018 Diagnostik im Dialog - roche.de · Ute Reimann Chefredakteurin „Diagnostik im Dialog“ Sehr geehrte Leserin, sehr geehrter Leser, Notaufnahmen sind für

8

Der Verdacht auf AMI bestätigt sich letztlich nur bei ca. 25 % der Personen, die mit klini-scher Symptomatik in Notaufnahmen kom-men. Je länger es bis zur finalen Diagnose dauert, desto mehr Patienten verbleiben in den oft überfüllten Notaufnahmen und desto weniger Patienten erhalten zeitnah eine Alter-nativdiagnose bzw. Zugang zur adäquaten Behandlung. Andererseits hat sich gezeigt, dass ein schnelles Rule-in höhere Überle-bensraten nach AMI sichert.4 Der 0/1h-Algo-rithmus bedeutet eine hs-cTn-Bestimmung bei Ankunft in der Notaufnahme (Zeitpunkt t0) und eine zweite Bestimmung eine Stunde später (t1). Je nach Ergebnis (Abb. 1) lassen sich die Patienten stratifizieren.4

Der 1h-Algorithmus mit Elecsys Troponin T high sensitive (TnT-hs) ist klinisch in drei multizentrischen Studien evaluiert (Abb. 2).5–7 Mehr als 75 % der Patienten konnten inner-halb der ersten Stunde triagiert werden. Die Sicherheit dieser Vorgehensweise zeigte sich anhand der 30-Tage-Mortalität (Abb. 3).7

Ökonomische VorteileNachdem die klinische Gültigkeit des 0/1h-Algorithmus belegt ist, untersuchte eine neue Studie4 seinen potentiellen öko-nomischen Nutzen. Dazu wurden in einer post-hoc-Analyse die Daten der TRAPID-AMI-Studie (mit Elecsys TnT-hs) verwendet und daraus die diagnostische Genauigkeit, die Aufenthaltsdauer, der Ressourcenbedarf sowie die Kosten ermittelt – im Vergleich zur jeweils üblichen Standardvorgehensweise in den Notaufnahmen der Studienzentren.O Diagnostische Genauigkeit: Mit dem

1h-Algorithmus wurde eine höhere Sensitivität (87 % vs. 69 %) bei vergleich-barer Spezifität (96 % vs. 98 %) erreicht. Durch den hohen Anteil an richtig positiven Ergebnissen ist eine akkuratere Diagnose des AMI möglich. Die Rate an falsch positiven Ergebnissen war minimal erhöht, was vermeintlich unnötige Koronarangiographien zur Folge haben könnte. Bei genauerer Betrachtung dieser Patientengruppe offenbarten sich allerdings Erkrankun-gen, die zur weiteren Diagnostik sowieso einer Koronarangiographie bedürfen (instabile Angina pectoris, Myokarditis, Herzinsuffizienz oder Tako-Tsubo-Kardiomyopathie). Insofern ist die etwas geringere Spezifität ökonomisch neutral.

O Aufenthaltsdauer: Die Aufenthaltszeit in der Notaufnahme verkürzte sich im Schnitt um 2,12 h (33 %) von 6,46 h auf 4,34 h. Allerdings ist die Länge des Aufenthalts stark von organisatorischen und administrativen Unterschieden in den einzelnen Notaufnahme geprägt und kann von Klinik zu Klinik deutlich variieren.

O Ressourcenbedarf: Mit dem 0/1h-Algo-rithmus sind mehr als 75 % der Patienten nach ca. 60 Minuten eindeutig in Rule-in oder Rule-out klassifiziert. Zusätzliche Blutproben, EKGs, Bildgebung und der damit verbundene Zeitaufwand für das Personal sind für einen Großteil der

Kardiale Troponine sind nach allgemeinem Konsens heute die entscheidenden Biomar-ker im Rahmen der Herzinfarktdiagnostik. Schon seit einigen Jahren geht es daher weniger um die klinische Validierung des Parameters selbst als vielmehr um die Frage, wie schnell die verfügbaren Tests ein aussa-gekräftiges Ergebnis liefern. Waren mit den ersten Testgenerationen serielle Messungen über 6–12 Stunden notwendig, haben die hochsensitiven Assays (hs-cTn), die bereits geringe Troponinfreisetzungen nach einem akuten Myokardinfarkt (AMI) zuverlässig messen, neue Maßstäbe gesetzt. Seit 2011 empfehlen europäische und deutsche Leitli-nien einen 0/3h-Algorithmus mittels hs-cTn zur Stratifizierung von Patienten mit akutem Brustschmerz (NSTEMI*) und seit 2015 als Alternative einen diagnostischen 0/1h-Algo-rithmus mit entsprechend validiertem Test-system (Abb.  1).1–3 Eine Publikation von Ende 2017 zeigt nun auch organisatorische und ökonomische Vorteile dieses 0/1h-Algo-rithmus auf.4

shut

ters

tock

/ M

iner

va S

tudi

o

Für Sie gelesen

Messung kardialer TroponineSchneller ist meist besser

Medizin | Für Sie gelesen | Messung kardialer Troponine | Diagnostik im Dialog • Ausgabe 56 • 06/2018

Page 9: Ausgabe 56 • 06/2018 Diagnostik im Dialog - roche.de · Ute Reimann Chefredakteurin „Diagnostik im Dialog“ Sehr geehrte Leserin, sehr geehrter Leser, Notaufnahmen sind für

9

Patienten somit obsolet. Von den einge-sparten Ressourcen können andere Patienten profitieren.

O Kosten: Durch die verkürzten Auf-enthaltszeiten der Patienten in der Notaufnahme sowie dem geringeren Ressourcenbedarf besteht ein enormes Einsparpotential im Vergleich zum Stan-dardprozess. Betrachtet man Deutsch-land als Beispiel, sanken die Kosten pro Patient um 38 % von 2412 auf 1504 EUR.

Unabhängig vom verwendeten diagnosti-schen Algorithmus sind die hs-cTn-Ergeb-nisse immer im klinischen Kontext zu betrachten (z. B. Symptome der Ischämie, EKG-Veränderungen, Bildgebungsver-fahren). Bei Patienten, die sich nach der Stratifizierung in der Beobachtungsgruppe befinden bzw. die sehr früh vorstellig werden (z. B. 1 h nachdem der Brustschmerz aufge-treten ist), sollte auf jeden Fall ein zweiter Troponinwert nach 3 h bestimmt werden.8 Bei etwa 1 % der Brustschmerzpatienten erfolgt der Anstieg des zirkulierenden kardi-alen Markers stark verzögert. Daher sind bei bestehendem klinischem Verdacht bzw. bei wieder auftretendem Brustschmerz serielle Troponinbestimmungen angezeigt.

* NSTEMI: Non-ST-Elevation Myocardial Infarction (Nicht-ST-Hebungsinfarkt)

Literatur 1 ESC und DGK (2015): http://leitlinien.dgk.org/files/2016_

PLL_ACS_Version_fuer_Internet.pdf 2 Roffi M et al: Eur Heart J (2015); 37(3):267–315 3 Giannitsis E, Katus HA (2015): https://www.roche.de/res/

content/9799/troponin_t-fallbeispiele.pdf 4 Ambavane A et al: Economic evaluation of the one-

hour rule-out and rule-in algorithm for acute myo-cardial infarction using the high sensitivity cardiac trononin T assay in the emergency department. PLOS ONE (2017); doi.org/10.1371/journal.pone.0187662

5 Reichlin T et al: Arch intern Med (2012); 172(16):1211–1218 6 Reichlin T et al: CMAJ (2015); 187(8):E243–E252 7 Mueller C et al: Ann Emerg Med (2016); 68(1):76–87 8 Sankawa Y: Der Kardiologe (2015); 9(6):Beilage Pharma

Report

Dr. Anja Kuschinsky Clinician Marketing Manager 0621 759-69825 [email protected]

Medizin | Für Sie gelesen | Messung kardialer Troponine | Diagnostik im Dialog • Ausgabe 56 • 06/2018

Abb. 1: 0/1h-Algorithmus für hs-cTnT-Assays bei Verdacht auf AMI in den ESC-Leitlinien (mod aus 4). *Brustschmerz aufgetreten > 3 h

0 h < 5 ng/L* 0 h < 12 ng/L

und Δ 1 h < 3 ng/L

Andere0 h ≥ 52 ng/L

oder Δ 1 h ≥ 5 ng/L

hs-cTnT-Werte von Patienten in der Notaufnahme mit akutem Brustschmerz

Rule-out Observationszone (weitere Abklärung) Rule-in

Die Troponin-Werte müssen mit einer klinischen Einschätzung, die EKG und klinische Symptome beinhaltet, verwendet werden.

Abb. 2: Multizentrische Studien zur klinischen Validierung des 0/1h-Algorithmus mittels Elecsys TnT-hs (aus 5: APACE-2012; 6: APACE-2015; 7: TRAPID-AMI). NPV = negativer prädiktiver Wert, PPV = positiver prädiktiver Wert

Rule-out Observationszone Rule-in

APACE-2012(Brustschmerz aufgetreten < 12 h)n = 436

60 % der Patienten NPV: 100 %

Sensitivität: 100 %

23 % der Patientenweitere Abklärung

nötig

17 % der Patienten PPV: 84 %

Spezifität: 97 %

APACE-2015(Brustschmerz aufgetreten < 12 h) n = 1320

60 % der Patienten NPV: 99,9 %

Sensitivität: 99,6 %

24 % der Patientenweitere Abklärung

nötig

16 % der PatientenPPV: 78,2 %

Spezifität: 95,7 %

TRAPID-AMI(Brustschmerz aufgetreten < 6 h) n = 1282

64 % der Patienten NPV: 99,1 %

Sensitivität: 96,7 %

22 % der Patientenweitere Abklärung

nötig

14 % der Patienten PPV: 77,2 %

Spezifität: 96,1 %

Abb. 3: 30-Tage-Mortalität nach Stratifizierung von Brustschmerzpatienten über den 0/1h- Algorithmus (Elecsys TnT-hs)7

Rule-out Observationszone Rule-in

Ster

blic

hkei

t (%

)

Tage seit erster Vorstellung in der Notaufnahme

4

3

2

1

00 10 20 30

2,7%

0,7%

0,1%

Page 10: Ausgabe 56 • 06/2018 Diagnostik im Dialog - roche.de · Ute Reimann Chefredakteurin „Diagnostik im Dialog“ Sehr geehrte Leserin, sehr geehrter Leser, Notaufnahmen sind für

10

Herr Professor Perner, welche Parameter kommen üblicherweise in der Pathologie zur Diagnosesicherung eines Prostatakarzinoms zum Einsatz und welche spezifischen Infor-mationen liefern Sie dem behandelnden Arzt?

In der Regel erhalten Pathologen bei klini-schem Verdacht auf Prostatakarzinom 10–12 Stanzbiopsien aus der Prostata, die transrek-tal entnommen werden und optional darü-ber hinaus gezielte Stanzbiopsien aus Regi-onen, die im MRT auffällig waren. Diese Stanzbiopsien, bei denen es sich um dünne Gewebszylinder handelt, werden gewebs-schonend nach einem standardisierten Pro-tokoll aufgearbeitet. Ziel ist es, möglichst viel Gewebe auch für Zusatzuntersuchungen wie die Immunhistochemie zu asservieren.

Die Grundlage einer jeden Tumordiagnose stellt das mit Hämatoxylin und Eosin (HE) gefärbte Schnittpräparat dar. Hier sind häu-

„Prostatakarzinom“ lautet eine der häufigs-ten Tumordiagnosen bei Männern der west-lichen Welt. Im gesetzlichen Früherkennungs-programm Deutschlands sind digital-rektale Tastuntersuchungen vorgesehen, zusätzlich lassen Männer häufig ihren PSA-Wert testen. Nicht zuletzt aufgrund dieser Untersuchun-gen steigt die Anzahl positiver Befunde. Nach einem zumindest verdächtigen Ergebnis der Tastuntersuchung und/oder des PSA-Werts stellen sich für das weitere Patientenmana-gement grundlegende entscheidende Fragen: Handelt es sich um ein Prostatakarzinom (Diagnosesicherung) und falls ja, welcher Verlauf ist im individuellen Fall zu erwarten (Prognose)? „Diagnostik im Dialog“ fragte Prof. Sven Perner, Direktor der Pathologie am Universitätsklinikum Schleswig-Holstein, Campus Lübeck und der Pathologie am Leib-niz Lungenzentrum Borstel, welche Antwor-ten die Pathologie heute liefern kann und wo noch diagnostische Lücken bestehen.

fig schon in der Übersicht infiltrierende Drüsen eines Karzinoms klar zu erken-nen, die die normale Architektur der Pro-stata verändern. In diesen Fällen erhält der behandelnde Urologe meist noch am selben Tag eine Rückmeldung, dass ein Prosta-takarzinom vorliegt. Schwieriger wird es, wenn nur wenige suspekte Drüsen in den Prostatastanzzylindern auffallen. Dann ist die Immunhistochemie gefragt, die gezielt die Expression linienspezifischer Proteine untersucht.

Eines der wesentlichen Merkmale eines Pros-tatakarzinoms ist der Verlust der Basalzellen, was im HE-Schnitt häufig nicht gut erkenn-bar ist. Hier helfen immunhistochemische Basalzellmarker weiter, bewährt in der all-täglichen Praxis haben sich z. B. p63, p40 oder 34ßE12. Sie werden häufig mit einem Marker kombiniert, der das Zytoplasma neoplastischer Drüsen spezifisch anfärbt

shut

ters

tock

/Rus

lan

Guz

ov

Interview

ProstatakarzinomDiagnostisches Update aus Sicht des Pathologen

Medizin | Interview | Prostatakarzinom | Diagnostik im Dialog • Ausgabe 56 • 06/2018

Page 11: Ausgabe 56 • 06/2018 Diagnostik im Dialog - roche.de · Ute Reimann Chefredakteurin „Diagnostik im Dialog“ Sehr geehrte Leserin, sehr geehrter Leser, Notaufnahmen sind für

11

Prof. Dr. med. Sven Perner

Medizin | Interview | Prostatakarzinom | Diagnostik im Dialog • Ausgabe 56 • 06/2018

(i.d.R. AMACR/p504s). Diese Markerkom-bination lässt sich in einer Doppelfärbung an einem Schnittpräparat gewebssparend ver-wenden. Wir selbst führen die Färbung der Basalzellen und des neoplastischen Epithels als Doppelfärbung mit zwei verschiedenen Chromagenen durch. Der Basalzell-Cocktail detektiert Keratine und p63 in den Basalzel-len in Braun. p504s der Prostatakarzinom-Zellen wird rot angefärbt (Abb. 1).

Lassen Sie uns bei der Doppelfärbung nach-fragen. Welche Vorteile sehen Sie in dieser Variante gegenüber der Einzelfärbung?

Die Doppelfärbung erweist sich gerade bei Prostatastanzzylindern als Vorteil, denn die oft sehr kleinen, suspekten Drüsen können so auf einem Schnitt im direkten Vergleich begutachtet werden. Zwei Einzelfärbungen bergen das Risiko, dass suspekte Drüsen auf dem nächsten Schnitt nicht mehr nachweis-bar sind. Ein weiterer Nutzen, den wir insbe-sondere beim Lungenkarzinom kennen, ist die Asservierung von Gewebe für zusätzliche prognostische und prädiktive molekularpa-thologische Untersuchungen. Das heißt: je geringer der Verbrauch von Gewebe in der initialen Diagnostik desto geringer die Not-wendigkeit einer Re-Biopsie. Zwar spielt

dieser Aspekt beim Prostatakarzinom in der alltäglichen Diagnostik noch keine große Rolle, angesichts der langen Krankheitsver-läufe gehen wir aber davon aus, dass uns in naher Zukunft immer mehr Anforderungen von gewebsbasierten Biomarker am stanz- bioptischen Material – auch am bereits archivierten Gewebe – erreichen werden.

Was unterscheidet Ihrer Erfahrung nach den Roche-Klon p504 (SP116) von entsprechen-den Produkten anderer Anbieter?

Unsere bisher durchgeführten Färbun-gen vermitteln den Eindruck, dass hier-mit benigne Drüsen weniger häufig falsch positiv und auch spezifischer für AMACR sind. Für eine belastbare Statistik haben wir noch nicht ausreichend Fälle vergleichend untersucht. Sofern sich bei der routinemä-ßigen Anwendung der Eindruck von weni-ger falsch-positiven Befunden in benignen Veränderungen wie Atrophie etc. bestätigt, könnte das auch ein Argument für die Ein-sendergewinnung sein.

Wie beurteilen Sie die derzeitigen Möglich-keiten der Pathologie zur Diagnosesicherung eines Prostatakarzinoms? Sehen Sie hier noch entscheidende diagnostische oder methodi-sche Lücken?

Unsere derzeitigen Möglichkeiten sind schon sehr gut ausgebaut. Wir und andere Pathologien haben die Prostatakarzinomdia-gnostik in den letzten Jahren stark optimiert. Die Verbesserung der Diagnostik bleibt aber Gegenstand der Forschung. Bei jedem Gen, dessen Expression wir in der Forschung untersuchen, denken wir immer auch an seine Eignung, das klinische Management zu präzisieren.

Die Feststellung der Dignität eines Befundes nach positivem Screening ist der erste wich-tige Schritt für das Patientenmanagement. Wie ist es aktuell um prognostische Marker bestellt, also Parameter, die den individuellen klinischen Krankheitsverlauf vorhersagen und evtl. auch ein Therapiemonitoring ermögli-chen können?

Im Gegensatz zu vielen anderen soliden Tumoren, wie z. B. dem Pankreaskarzinom mit rapidem Verlauf und durchweg schlechter Prognose, sind viele Prostatakarzinome auch unbehandelt nicht letal. Man unterscheidet zwischen den seltenen signifikanten Prostata-karzinomen mit aggressivem Krankheitsver-lauf und den viel häufigeren insignifikanten Prostatatumoren, welche erst nach vielen Jahren oder gar nicht klinisch in Erscheinung treten (Abb. 2). Patienten mit einer insigni-fikanten Erkrankung sterben eher mit, als an einem Prostatakarzinom. Mehr als 90 % aller Patienten mit der Diagnose Prostatakarzi-nom überleben ihre Erkrankung.

Deshalb wird heutzutage eine zurückhal-tende Therapie bevorzugt. Beispielsweise kann bei einer bestimmten Konstellation (unter anderem Gleason-Score* < 6, nicht mehr als zwei Stanzen befallen) neben den klassischen Therapieverfahren (Operation, Strahlentherapie) auch ein aktiv abwarten-des Vorgehen mit wiederholten Stanzbiop-sien zum Zuge kommen.

Abb. 1: Prostatakarzinom mit zytoplasmati-scher Expression von p504s (Prostatakarzinom-zellen rot) bei gleichzeitigem Verlust der Basalzellen (braun), (Quelle: S. Perner)

Page 12: Ausgabe 56 • 06/2018 Diagnostik im Dialog - roche.de · Ute Reimann Chefredakteurin „Diagnostik im Dialog“ Sehr geehrte Leserin, sehr geehrter Leser, Notaufnahmen sind für

12

Medizin | Interview | Prostatakarzinom | Diagnostik im Dialog • Ausgabe 56 • 06/2018

Der Gleason-Score ist ein sehr guter pro-gnostischer Indikator und wird durch den Pathologen sorgfältig anhand aktuell gül-tiger Klassifikationen erstellt. Zusätzlich ist seit 2016 die Vergabe einer sog. „Grade Group“ vorgesehen, die mit dem krankheits-spezifischen Gesamtüberleben des Patienten korreliert: je höher die Grade Group, desto schlechter das Gesamtüberleben. Auch viele Gene wurden im Rahmen von wissenschaft-lichen Studien auf ihre Eignung als Progno-semarker hin untersucht.

Man muss konstatieren: Jenseits der traditi-onellen Marker wie Gleason-Score, Tumor-stadium oder Lymphknotenbefall konnten sich molekulare Biomarker zur Abschätzung der Prognose bislang nicht durchsetzen. So ist z. B. die diesbezügliche Bedeutung der TMPRSS2-ERG-Genfusion – mit ca. 50 % die häufigste molekulare Veränderung im Pros-tatakarzinom – immer noch unklar. Natür-

lich forschen wir an präzisen Biomarkern, um besser zwischen signifikanten und insi-gnifikanten Prostatakarzinomen unterschei-den zu können. Ziel ist weiterhin, einerseits Patienten mit insignifikanten Tumoren eine Übertherapie mit entsprechenden Neben-wirkungen zu ersparen und andererseits, Patienten mit hohem Mortalitätsrisiko zu identifizieren. Letztere könnten von einer intensivierten Therapie und/oder Überwa-chung profitieren.

Die Möglichkeiten zur Abschätzung der Tumorprogression sind also derzeit limi-tiert. Wie bewerten Sie mit Ihrer besonde-ren Expertise für die Prostatapathologie das diesbezügliche Potential künftiger Parame-ter? Welche Marker und Methoden zeigen sich in der Forschung als vielversprechende Kandidaten, um die für Patienten und Ärzte belastende Situation zu verbessern?

Hier liegt die Hoffnung auf einer breiten Implementierung von NGS-Technologien, also von Methoden zur Hoch-Durchsatz-Analyse molekularer Veränderungen in der DNA und RNA des Tumorgewebes. Poten-tiell lassen sich damit zukünftig nicht nur prognostische Marker identifizieren, son-dern auch molekulare Veränderungen, die therapeutisch nutzbar sind. Beispielsweise kann der Verlust von PTEN**, welches den wichtigen PI3K-AKT-mTor-Signalweg steuert, signifikante von indolenten Tumo-ren unterscheiden. Dies ist wichtig für die Abschätzung der Prognose des lokalisierten Prostatakarzinoms. Gleichzeitig kann dieser Signalweg auch gezielt therapeutisch beein-flusst werden und damit das therapeutische Arsenal für Patienten mit fortgeschrittenen oder metastasierten Prostatakarzinomen erweitern.

Unsere Arbeitsgruppe untersucht bestimmte Veränderungen im Mediator-Komplex***

Korrespondenzadresse

Prof. Dr. med. Sven Perner Direktor der Pathologie Universitätsklinikum Schleswig-Holstein, Campus Lübeck und Forschungszentrum Borstel, Leibniz Lungenzentrum Ratzeburger Allee 160 (Haus 50) 23538 Lübeck [email protected] [email protected]

auf ihr prognostisches Potential. Wir konn-ten zeigen, dass die Untereinheit MED15 in fortgeschrittenen, kastrationsresistenten Tumoren überexprimiert ist und mit dem klinischen Verlauf korreliert. Spannend sind auch Entwicklungen von prädiktiven Bio-markern in „liquid biopsies“, wo beispiels-weise der Nachweis der Androgenrezeptor-Splicevariante AR-V7 in zirkulierenden Tumorzellen ein schlechteres Ansprechen auf eine antiandrogene Therapie mit neu-eren Medikamenten wie Enzalutamid und Arbirateron vorhersagt.

Ich glaube, wir sind auf einem guten Weg, auch die Prognose von Patienten mit Pros-tatakarzinom zu präzisieren. Es wird aller-dings noch einige Jahre dauern, bis entspre-chende Biomarker technisch und klinisch für die Routinediagnostik validiert sind.

* Gleason-Score: Dient der histologischen Beurteilung der Drüsenmorphologie der Pros-tata. Drüsenformationen werden bewertet und einem bestimmten Grad zugeordnet. Je höher der Wert, desto höher ist der Grad der Entdif-ferenzierung.

** PTEN: Phosphatase, die in zelluläre Signalwe-ge eingreift. Als Tumorsuppressor hemmt sie physiologischerweise die Zellprofileration. Mutationen am PTEN-Gen führen zu unkont-rollierter Zellvermehrung.

*** Mediator-Komplex: Multiprotein-Komplex in allen eukaryontischen Zellen, der als trans- kriptionaler Cofaktor fungiert.

Abb. 2: Prostatakarzinome mit unterschiedli-chem klinischem Verlauf. Während die meisten Prostatakarzinome einen sehr langsamen Progress aufweisen und sich lebenslang als indolent erwei-sen (blaue Linie), können einige Prostatakarzino-me nach initial sehr langsamer Progressphase in ein rapide progredientes Stadium übergehen und ohne Intervention zur lebensbedrohlichen Erkran-kung werden (grüne Linie). Nur sehr wenige Pros-tatakarzinome haben von Beginn an einen sehr rapiden klinischen Verlauf mit infauster Prognose (rote Linie), (Quelle: S. Perner)

Stad

ium

hormon-refraktär

regional metastasiert

lokal fort-geschritten

lokalisiert

Zeit

Page 13: Ausgabe 56 • 06/2018 Diagnostik im Dialog - roche.de · Ute Reimann Chefredakteurin „Diagnostik im Dialog“ Sehr geehrte Leserin, sehr geehrter Leser, Notaufnahmen sind für

13

Jucken, Brennen, Ausfluss) und führen des-halb oder aus Schamgefühl der Betroffenen nicht zwingend zu einem Arztbesuch.3,5 Gesundheitliche Risiken einer fehlenden Behandlung reichen von Entzündungen der Geschlechtsorgane bis hin zur Infertilität. Auch mögliche Komplikationen während der Schwangerschaft werden diskutiert.6

Neben den „etablierten“ STI gewinnen Infektionen mit dem Bakterium Myco-plasma genitalium (MG) und dem Parasiten Trichomonas vaginalis (TV) an Bedeutung (Abb. 2).2,7 Für beide Erreger ist eine ziel-gerichtete Antibiotikabehandlung verfügbar, leider ist deren Einsatz bei unspezifischer Symptomatik und auch wegen unpräziser Diagnostik oft nicht adäquat gegeben.8,9

STI durch Trichomonas vaginalisLaut WHO ist die Infektion mit TV weltweit die häufigste nicht-viral übertragene Geschlechts-krankheit.10 Das parasitische Protozoon sie-delt sich im Lumen und der Schleimhaut des menschlichen Genitaltraktes an und kann schwere Entzündungen verursachen.11

Im Jahr 2008 wurden etwa 276  Mio. Fälle registriert und die Prävalenz auf ca. 8 % bei Frauen und 1 % bei Männern geschätzt.10 Laut Robert Koch Institut wurden in Deutschland von 2003 – 2008 knapp 80 000 Menschen auf TV untersucht und bei etwa 2000 Personen diagnostiziert (2,5 % Prävalenz).12 In den USA schwankt die mit molekularen Testverfahren in verschiedenen Ethnien ermittelte Präva-lenz bei Frauen zwischen 1 % und 13 %.13

Bei diesen epidemiologischen Angaben ist zu berücksichtigen, dass die TV-Infektion in vielen Ländern – auch in Deutschland – keiner Meldepflicht unterliegt und bisherige Nachweismethoden oft unzureichend sen-sitiv ausfallen. Es ist von einer relevanten Dunkelziffer auszugehen, sodass die Präva-lenz insgesamt deutlich höher und regional unterschiedlich ausfallen dürfte.10

STI durch Mycoplasma genitaliumAuch eine Infektion mit MG ist meist nicht meldepflichtig. In Deutschland gibt es aus-schließlich in Sachsen eine sog. erweiterte Labormeldepflicht für Mycoplasmen.14

Sexuell übertragbare Infektionen (sexually transmitted infections, STI), führen in Deutsch-land und weltweit zu einer hohen Krankheits-last.1 Die Ursachen sind vielfältig – Bakterien, Viren, Pilze, Protozoen und Arthropoden kön-nen Auslöser sein.2 Oft sind sich Betroffene ihrer Erkrankung nicht bewusst oder meiden aus Scham eine adäquate Behandlung.2,3 Die gesundheitlichen Folgen können erheblich sein.2 Die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA), die mit ihrer erfolgreichen HIV-Kampagne bereits Bewusstsein für AIDS geschaffen hat, versucht beispielsweise in ihrem neuen Ansatz „Liebesleben“ mit drastischen Motiven die Bevölkerung auch für andere STI zu sensibilisieren (Abb. 1).4

Zu den häufigsten bakteriellen Geschlechts-krankheiten gehören Infektionen mitO Neisseria gonorrhoeae: verursacht

Gonorrhö, umgangssprachlich "Tripper"O Chlamydia trachomatisO Treponema pallidum: verursacht Syphilis2

STI verlaufen oft asymptomatisch oder zeigen unspezifische Beschwerden (z. B.

shut

ters

tock

/don

atas

1205

Blitzlicht

Sexuell übertragbare ErkrankungenWeltweite Relevanz

Medizin | Blitzlicht | Sexuell übertragbare Erkrankungen | Diagnostik im Dialog • Ausgabe 56 • 06/2018

Page 14: Ausgabe 56 • 06/2018 Diagnostik im Dialog - roche.de · Ute Reimann Chefredakteurin „Diagnostik im Dialog“ Sehr geehrte Leserin, sehr geehrter Leser, Notaufnahmen sind für

14

Literatur

1 Bremer, V et al: Bundesgesundheitsblatt (2017); 60:948–957

2 Deutsche STI Gesellschaft: Was sind STD/STI? http://www.dstig.de/was-sind-stdsti.html

3 Schmidt AJ et al: BMC Infect Dis. (2011); 132

4 BZgA-Pressemitteilung zum Kampagnenstart LIEBES- LEBEN, 04.05.16 https://www.liebesleben.de/fuer-alle/

5 Bayerisches Staatsministerium für Gesundheit und Pflege http://www.mitsicherheitbesser.de/sti-sexuell- uebertragbare-infektionen/

6 Daley GM et al: Int J STD AIDS (2014); 25(7):475–487

7 Sethi S et al: Infection and Drug Resistance (2017); 10:283–292

8 Packungsbeilage cobas® TV/MG Test (2018)

9 Petrin D et al: Clinical Microbiology Reviews (1998); 11(2):300–317

10 Kissinger, P: BMC Infectious Diseases (2015); 15:307

11 Schwebke JR et al: Clin Microbiol Rev. (2004); 17(4):794–803

12 Robert Koch Institut: EpiBull 3/2010:21

13 Sutton M et al: Clin Infect Dis. (2007); 45(10):1319–1326

14 REVOSax – Recht und Vorschriftenverwaltung Sachsen https://www.revosax.sachsen.de/

15 Getman D et al: J Clin Microbiol.(2016); 54(9):2278–2283

Medizin | Blitzlicht | Sexuell übertragbare Erkrankungen | Diagnostik im Dialog • Ausgabe 56 • 06/2018

Abb. 1: Kampagne der BZgA (aus 4). Während „Gib AIDS keine Chance“ bereits ein Bewusstsein im Umgang mit HIV bei vielen Menschen geschaffen hat, geht es nun darum, die Bekämpfung von HIV und anderen STI in einem übergreifenden Ansatz fortzusetzen. Die Aufgabe der neuen Kampagne „Liebesle-ben“ ist es, zu sensibilisieren, informieren und aktivieren.

Bisher liegen nur wenige Prävalenzstudien vor. Dies ist vor allem der schwierigen Kultivierung des Bakteriums und einem Mangel an standardisierten Tests geschul-det.8 Eine US-amerikanische Untersuchung aus dem Jahr 2016, durchgeführt mit einer molekularen Methode in diversen Versor-gungseinrichtungen, wies Prävalenzraten von 16,1 % bei Frauen und 17,2 % bei Män-nern nach.15

Zurzeit existieren weder ein evidenzbasier-ter Konsensus, noch ein Goldstandard zur MG-Testung. Es fehlen Richtlinien bezüg-lich eines Screenings sowie ein allgemein akzeptiertes und standardisiertes Testver-fahren für Risikogruppen. Bei MG kam es in den letzten Jahren außerdem zu einer zuneh-menden Resistenzentwicklung gegen die Erstlinienbehandlung. Verantwortlich dafür ist vermutlich ein unüberlegter Umgang mit Antibiotika ohne Kontrolle des Therapieer-folgs.7 Einen entscheidenden Einfluss darauf haben fehlende Richtlinien zur Nachtestung bei MG-Therapie.8

Abb. 2: Trichomonas vaginalis (links) und Mycoplasma genitalium (rechts) TV: Parasitär lebender, begeisselter Protozoe (Länge 10–20 μm, Breite 2–14 μm). Die Vermehrung erfolgt durch binäre Teilung, was zu einem Anstieg der Population im Lumen und der mukösen Oberfläche des Urogenital-trakts führt.11 Der Erreger ist im niederen Genitaltrakt von Frauen sowie in der Prostata und im Harnleiter des Mannes zu finden.10 MG: Bakterium, 1980 erstmalig isoliert aus einem Urethralabstrich einer Nicht-Gonokokken verursachten Harn-röhrenentzündung. Diese kommt in beiden Geschlechtern vor, des Weiteren Entzündungen der Eichel, der Pros-tata, der Zervix und des Beckens. Zu etwaigen Folgen zählen die Unfruchtbarkeit (Männer und Frauen) sowie Frühgeburten und Entzündungen außerhalb des Genitaltrakts.6

Page 15: Ausgabe 56 • 06/2018 Diagnostik im Dialog - roche.de · Ute Reimann Chefredakteurin „Diagnostik im Dialog“ Sehr geehrte Leserin, sehr geehrter Leser, Notaufnahmen sind für

15

Infektionen mit Trichomonas vaginalis (TV) bzw. Mycoplasma genitalium (MG) sind häu-fige sexuell übertragbare Krankheiten (STI), deren Behandlung an Bedeutung gewinnt. Im Rahmen einer umfangreichen Studie wurde ein neuer Assay, der cobas TV/MG Test, mit anderen Nukleinsäure-Tests verglichen.1,2 Dabei kamen diverse Probenmaterialien mit breiter geografischer Abdeckung zum Einsatz. Die sehr guten Leistungsdaten weisen den cobas TV/MG Test als attraktive Möglichkeit für eine optimierte Diagnostik von TV- und MG-Infektionen aus.

Die ProbennahmeGematchte Probensets von 424 männlichen und 412 weiblichen Probanden aus den USA, Deutschland und der Ukraine wur-den in verschiedenen Labors mit bis zu vier unterschiedlichen Nukleinsäureassays pro Zielorganismus auf eine Infektion mit TV bzw. MG getestet (Tab. 1).

Die amerikanischen Proben stammten von unselektierten Patienten einer Kinder-

wunschklinik. Die Probanden aus Deutsch-land und der Ukraine zeigten mögliche, unspezifische Anzeichen einer STI. Weitere Einschlusskriterien waren: generell ≥ 18 Jahre und für Frauen aktuell keine Schwangerschaft sowie keine Gebärmutterentfernung.

Die Sets beinhalteten O Urine von Männern und FrauenO vaginale, endozervikale und zervikale

Abstriche (gewonnen im Anschluss an die Urinprobe)

O Penisabstriche (gewonnen vor der Urinprobe)

Die Abstrichproben wurden sowohl durch Ärzte als auch durch die Probanden selbst

entnommen und in vergleichbarer Anzahl in die Studie eingeschlossen. Weiterhin wurden Proben gleicher anatomischer Her-kunft nacheinander gewonnen und in unter-schiedlicher Reihenfolge in die verschiede-nen Transportmedien der Nukleinsäuretests überführt, um Einflüsse auf das Testergebnis zu minimieren.

Die Vergleichsuntersuchung umfasste vier verschiedene kommerziell verfügbare und drei laboreigene Methoden (Tab.  1). Als Sammel- und Transportmedien der Pro-ben kamen bei den kommerziellen Tests die jeweils spezifizierten Gefäße nach Gebrauchsanleitung zum Einsatz. Die Pro-ben für die LTD (lab developed tests; ver-

Trichomonas vaginalis und Mycoplasma genitaliumVergleichende Evaluierung des cobas® TV/MG TestsDr. Peter Gohl, Ingelheim, Dr. Michael Steidle, Sindelfingen, Prof. Dr. Udo Reischl, Regensburg, Dr. Andreas Hiergeist, Regensburg, Dr. Tanja Schneider, Rotkreuz, Dr. Carolin Bier, Rotkreuz

Produkte & Services | Vergleichende Evaluierung des cobas TV/MG Tests | Diagnostik im Dialog • Ausgabe 56 • 06/2018sh

utte

rsto

ck/a

leks

o94

Tab. 1: Labore und Tests der Evaluierungsstudie1,2 (LDT: lab developed tests; laboreigene Methoden)

Teilnehmende Labore Tests

O Bioscientia, Ingelheim

O Institut für klinische Mikrobiologie & Hygiene, Regensburg

O Laborärzte Sindelfingen

O Roche Diagnostics, Rotkreuz

O cobas TV/MG (Fa. Roche Diagnostics) O Aptima TV und Aptima MG (Fa. Hologic)O Xpert TV (Fa. Cepheid)O LDT1 (für TV und MG) O LDT2 (für MG)O LDT3 (für TV)

Page 16: Ausgabe 56 • 06/2018 Diagnostik im Dialog - roche.de · Ute Reimann Chefredakteurin „Diagnostik im Dialog“ Sehr geehrte Leserin, sehr geehrter Leser, Notaufnahmen sind für

16

schiedene laboreigene Methoden) wurden in den Transportmedien des cobas-Testes (cobas PCR Medium bzw. PreservCyt – je nach Probenart) prozessiert.

Die TestungJede individuelle Probe wurde – soweit möglich – mit vier verschiedenen Tests für TV und/oder MG analysiert (Tab. 2). Dabei wurde der cobas  TV/MG Test gegen drei weitere Assays verglichen, sein Ergebnis galt dann als richtig positiv bzw. richtig negativ, wenn mindestens zwei der drei Vergleichs-tests ein übereinstimmend positives bzw. negatives Testergebnis zeigten. Aus diesen Konkordanzen wurden Sensitivität und Spe-zifität des cobas TV/MG Tests relativ zu den anderen Methoden ermittelt.

Extraktion und Analyse mit den kommerzi-ell verfügbaren Assays (Tab. 1) folgten den Angaben der Hersteller. Die laboreigenen Methoden (LDT) wurden nach automati-sierter DNA-Extraktion wie folgt durchge-führt: O LDT1 nach Anleitung des S-DiaMGTV™

Tests ( Diagenode Diagnostics) unter Nutzung des LightCycler 480 Systems

O LDT2 verwendete einen selbst entwor-fenen Reaktionsmix und für die Amp-lifikation ebenfalls das LightCycler 480 System

O LDT3 setzte auf dem cobas 6800/8800 System die generischen Reagenzien für den cobas omni Utility channel zusam-men mit individuellen Oligonukleotiden zur Detektion von TV und MG ein.

Alle verwendeten Assays richten sich gegen unterschiedliche Zielregionen im Genom von TV und MG.

Zur Auswertung kamen nur Probensets, für die Resultate aller Tests in allen gesammelten Proben vollständig vorlagen (Tab. 2).

ErgebnisseO Für beide Erregernachweise gilt: Der cobas

TV/MG Test zeigt relativ zu den Ergebnis-sen der anderen untersuchten Assays eine hohe Sensitivität und Spezifität (Tab. 3).

O Es zeigten sich keine statistischen Unter-schiede zwischen Proben, die von einer medizinischen Fachkraft oder vom Pro-banden selbst gesammelt wurden.

O Exklusiv basierend auf den Ergebnis-sen des cobas TV/MG Tests ergab sich eine Prävalenz für TV von 7,5 % bei Frauen und 5,2 % bei Männern. Unter Berücksichtigung übereinstimmender Ergebnisse von mindestens zwei ande-ren Tests lagen die Raten mit 6,6 % bei Frauen bzw. 2.1 % bei Männern etwas niedriger.

Produkte & Services | Vergleichende Evaluierung des cobas TV/MG Tests | Diagnostik im Dialog • Ausgabe 56 • 06/2018

Tab. 3: Performance des cobas TV/MG Tests relativ zum Gesamtergebnis der anderen verwende-ten Tests1,2 *Sensitivität und Spezifität entsprechen der prozentualen Übereinstimmung positiver bzw. negativer Resultate zwischen Urin und Penisabstrich.

ProbentypTrichomonas vaginalis Mycoplasma genitalium

Resultat 95 % CI Resultat 95 % CI

Endozervikal- abstrich

Sensitivität (%)(n Proben)

100(22/22)

84,6–100 100(16/16)

79,4–100

Spezifität (%)(n Proben)

99,2(387/390)

97,8–99,8 99(392/396)

97,4–99,7

Vaginal- abstrich

Sensitivität (%)(n Proben)

100 (25/25)

86,3–100 96,2 (25/26)

80,4–99,9

Spezifität (%)(n Proben)

99,7 (386/387)

98,6–100 99 (382/386)

97,4–99,7

Urin von Frauen

Sensitivität (%)(n Proben)

100 (25/25)

86,3–100 100 (26/26)

86,6–100

Spezifität (%)(n Proben)

99,7 (386/387)

98,6–100 97,7 (377/386)

95,6–98,9

Zervikal- abstrich

Sensitivität (%)(n Proben)

100 (23/23)

85,2–100 99,3 (21/23)

72–98,9

Spezifität (%)(n Proben)

99,5 (387/389)

98,2–99,9 99 (385/389)

97,4–99,7

Urin von Männern

Sensitivität (%)(n Proben)

100 (6/6)

54,1–100 100 (39/39)

91–100

Spezifität (%)(n Proben)

99,3 (415/418)

97,9–99,9 98,7 (380/385)

97–99,6

Penis- abstrich

Sensitivität (%)(n Proben)

88.9* (8/9)

51,8–99,7 100 (21/21)

83,9–100

Spezifität (%)(n Proben)

96,9* (402/415)

94,7–98,3 98,3 (396/403)

96,5–99,3

Tab. 2: Übersicht über die pro Methode verwendeten Probenmaterialien und Tests1,2

Proben von Frauen und Tests, die dieses Probenmaterial unterstützen Proben von Männern und Tests, die dieses Probenmaterial unterstützen Probenmaterial für den Test nicht zugelassen

Detektion TV Detektion MG

cobas TV/MG

Aptima TV

Cepheid TV

LDT1 TV/MG

LDT3 TV

cobas TV/MG

Aptima MG

LDT1 TV/MG

LDT2 MG

UrinVaginalabstrichZervikalabstrichEndozervikalabstrichUrinPenisabstrich

Page 17: Ausgabe 56 • 06/2018 Diagnostik im Dialog - roche.de · Ute Reimann Chefredakteurin „Diagnostik im Dialog“ Sehr geehrte Leserin, sehr geehrter Leser, Notaufnahmen sind für

17

Produkte & Services | Vergleichende Evaluierung des cobas TV/MG Tests | Diagnostik im Dialog • Ausgabe 56 • 06/2018

O Die analogen Betrachtungen für MG ergaben Prävalenzen von 9,0 % bei Frauen und 10,6 % bei Männern (nur cobas TV/MG Test) bzw. von 8,3 % bei Frauen und 9,7 % bei Männern (zwei andere Tests positiv).

Überraschend stellten sich die Ergebnisse in Abhängigkeit von den Probenmaterialien bzw. den anatomischen Lokalisationen dar (Abb. 1):O Abb. 1a zeigt für TV eine statistisch

gleichwertige Detektion in allen Proben-typen von Frauen, unabhängig davon, ob das Resultat des cobas TV/MG Tests allein oder die Gesamtheit der verwen-deten Assays betrachtet wurde.

O Im Unterschied zu TV fand sich für MG testunabhängig eine klare Tendenz (Abb. 1b): Der Erreger lässt sich bei Frauen am häufigsten im Urin nach-weisen, gefolgt vom Vaginalabstrich. Dieser Unterschied war jedoch nur für den cobas TV/MG Test statistisch sig-nifikant. Die Ergebnisse könnten einen Sensitivitätsvorteil von Urinproben

Quellen 1 Marlowe E, Gohl P, Steidle M, Arcenas R, Schneider T,

Lötscher P, Bier C: "Trichomonas vaginalis detection in female specimens with the cobas® TV/MG test for use on the cobas® 6800/8800 systems", Eccmid 2018, Madrid, Poster 3084

2 Interne Studiendaten, bisher nicht publiziert 3 Dize L et al: Sex. Transm. Infect. (2013); 89:305–307

Dr. Carolin BierPrincipal Scientist IIRoche Diagnostics International AGRotkreuz (CH)0041 41792-3426carolin.bier@ roche.com

Autoren

Dr. Peter GohlBioscentiaInstitut für Medizinische Diagnostik, Ingelheim

Dr. Michael SteidleLaborärzte Sindelfingen, Sindelfingen

Prof. Dr. Udo Reischl undDr. Andreas Hiergeist Universitätsklinikum RegensburgInstitut für Mikrobiologie und Hygiene

Dr. Tanja Schneider Roche Molecular Diagnostics, Rotkreuz (CH)

andeuten, was aber weiter belegt wer-den muss.

O Bei Proben von Männern ist, unabhän-gig vom eingesetzten Assay, die Zahl der Detektionen von TV in Penisabstri-chen gegenüber Urin deutlich erhöht (Abb. 1c).3

O Der umgekehrte Fall ist bei MG zu beob-achten, hier wurde der Erreger in Urinen statistisch relevant häufiger nachgewie-sen (Abb. 1d).

Das FazitO Der cobas TV/MG Test zeigte in Proben

von Frauen und Männern sehr gute Leistungsdaten im Hinblick auf Sensiti-vität und Spezifität (Tab. 3).

O Der cobas TV/MG Test bietet eine akku-rate Testung in diversen Probenmateria-lien (Abb. 1). Urin eignet sich nach den Erkenntnissen dieser Untersuchung ins-gesamt gut als Ausgangsmaterial: Er weist nicht nur gute Detektionsraten für beide Zielorganismen in beiden Geschlechtern auf, sondern ist auch einfach und „kos-tengünstig“ in der Probengewinnung.

O Das Studiendesign erlaubte auch eine Einschätzung der Prävalenz von TV und MG im untersuchten Kollektiv. Mit einer Prävalenz von bis zu 11 % unterstreicht die vorliegende Untersuchung die Rele-vanz dieser STI.

O Aufgrund des kleinen Studienkollektivs bedarf es weiterer Studien, um Unter-schiede in der Sensitivität der verschiede-nen Probenmaterialien zu bestätigen. Die Möglichkeit der flexiblen Probennahme und insbesondere der einfachen Proben-gewinnung von Urin wäre eine gute Basis für eine verbesserte Diagnostik.

Der cobas  TV/MG Test erwies sich in der umfangreichen Validierungsstudie als sehr gutes Nachweisverfahren, um die Diagnostik von TV- und MG-Infektionen zu optimieren.

Abb. 1: Detektion von TV und MG durch den cobas TV/MG Test (blaue Balken) bzw. durch min-destens zwei andere Tests (gelbe Balken) in verschiedenen Probentypen.(Abb. 1c: < 4 Vergleichstest verfügbar, s. a. Tab. 2)1,2

Zervikal- abstrich

Endozervikal- abstrich

Urin Vaginal- abstrich

Zervikal- abstrich

Endozervikal- abstrich

Urin Vaginal- abstrich

Penisabstrich Urin Penisabstrich Urin

a) Detektion von TV in Proben von Frauen b) Detektion von MG in Proben von Frauen

c) Detektion von TV in Proben von Männern d) Detektion von MG in Proben von Männern

9 %

6 %

3 %

0 %

14 %12 %10 %8 %6 %4 %2 %0 %

9 %

6 %

3 %

0 %

14 %12 %10 %8 %6 %4 %2 %0 %

Page 18: Ausgabe 56 • 06/2018 Diagnostik im Dialog - roche.de · Ute Reimann Chefredakteurin „Diagnostik im Dialog“ Sehr geehrte Leserin, sehr geehrter Leser, Notaufnahmen sind für

18

Produkte & Services | Der cobas® TV/MG Test | Diagnostik im Dialog • Ausgabe 56 • 06/2018

Bisherige Nachweismethoden der Erreger Trichomonas vaginalis (TV) und Myco-plasma genitalium (MV) waren in vielen Fällen unzureichend. Im Falle von MG sind sie nicht standardisiert, im Falle von TV wenig sensitiv. Insbesondere vor dem Hinter-grund von Resistenzentwicklungen bei den Erregern wächst die Notwendigkeit für ver-lässliche Diagnostik als Basis zielgerichteter Therapien.1–3 Der neue cobas® TV/MG Test bietet hierfür einen deutlichen Fortschritt. Beide Erreger lassen sich aus einer Vielzahl von Probenmaterialien direkt und sicher detektieren.

Im Falle von TV beruhen bisherige Diagno-sen zu großen Teilen auf zeitkritischen Moti-litätsnachweisen an Frischpräparaten sowie der Nutzung von Kulturtests. PCR-basierte Nachweismethoden mit entsprechend gro-ßer Zuverlässigkeit und höherer Sensitivität sind demzufolge deutlich attraktiver und nehmen an Bedeutung zu.2–4

Flexible Probenmaterialien – ein SystemSeit Anfang 2018 ist der vollautomatisierte cobas® TV/MG Test verfügbar, der nicht nur präzise misst, sondern sich auch für unter-schiedliche Probenmaterialien eignet. Diese

Flexibilität kann für Betroffene wichtig sein. Da sich der sexuell übertragbare Erreger auf der Schleimhaut infizierter Personen ansiedelt, kommen bei Frauen ein zervika-ler Abstrich, eine endozervikale Probe, eine Urinprobe oder auch ein vaginaler Abstrich als Probenmaterial in Frage. Bei Männern muss kein unangenehmer Urethralabstrich durchgeführt werden. Vielmehr kann die Probennahme nicht-invasiv durch einen Meatusabstrich (Harnröhrenmündung) erfolgen, alternativ eignet sich eine Urin-probe.3

Trotz unterschiedlicher Probenmateria-lien ist eine parallele Bearbeitung auf den cobas®  6800/8800 Systemen möglich. Die Analyse erfolgt vollautomatisch, angefan-gen bei der Probenvorbereitung (Extrak-tion und Aufreinigung der Nukleinsäuren) bis hin zum automatisierten Reporting der Ergebnisse.3

Sensitive DetektionDer cobas®  TV/MG Test detektiert hoch-konservierte Regionen der beiden Zielor-ganismen. TV wird mittels „Multi-Copy Targets“ sehr sensitiv nachgewiesen, bei MG gewährleistet die Verwendung eines

„Dual Targets“ die hohe Ergebnissicherheit bei genetischer Variabilität.6

In einer Studie zur Kreuzreaktivität führte kein Erreger (insgesamt 102 Bakterien, Pilze und Viren untersucht) zu falsch-positiven Ergebnissen.3

Große Flexibilität bietet der Einsatz unab-hängiger Detektionssonden. Auf diese Weise liefert ein paralleler Nachweis von CT/NG* (cobas® CT/NG Test) und TV/MG (cobas® TV/MG Test) bis zu vier Ergebnisse mit zwei Kits. Der gesamte Workflow ist CE-IVD-zer-tifiziert.6 Für die Systeme cobas® 6800/8800 ist zudem eine LIS-Anbindung möglich.

Der cobas® TV/MG Test verbindet die hohen Ansprüche an qualitätsgesicherte Assays für die klinische Anwendung mit wegweisen-den Technologien, die neue therapeutische Optionen eröffnen. Durch seine Probenfle-xibilität und seine überlegenen analytischen Eigenschaften eignet er sich sowohl für eine initiale Diagnose als auch für therapiebeglei-tende Verlaufskontrollen.

* CT: Clamydia trachomatis NG: Neisseria gonorrhoeae

shut

ters

tock

/Ale

xand

er R

aths

Zuverlässige Testung – zielgerichtete TherapieDer cobas® TV/MG Test

Literatur 1 Sethi S et al: Infection and Drug Resistance (2017);

10:283–292 2 Petrin D et al: Clinical Microbiology Reviews (1998);

11(2):300–317 3 Packungsbeilage cobas® TV/MG Test (2018) 4 Kissinger P: BMC Infect Dis (2015); 15:307 5 Roche Pressemitteilung 1.3.2018 www.roche.de/

medien/meldungen/Schnellere-Diagnose-von- Sexualkrankheiten-4812.html

6 Flyer cobas® TV/MG Test (2018); STI: Eine kommt selten allein

Dr. Silke Schaffrath Produktmanagement Molekulare Diagnostik0621 [email protected]

Page 19: Ausgabe 56 • 06/2018 Diagnostik im Dialog - roche.de · Ute Reimann Chefredakteurin „Diagnostik im Dialog“ Sehr geehrte Leserin, sehr geehrter Leser, Notaufnahmen sind für

19

Produkte & Services | Neuer Slide-Scanner fördert die diagnostische Qualität | Diagnostik im Dialog • Ausgabe 56 • 06/2018

Schnellere und bessere Diagnosen zur Behandlung von Krebs zu erzielen, so lautet die Anforderung an eine zeitgemäße Patho-logie. Mehr und mehr Labore machen sich dafür digitale Technologien zunutze. Basis ist das digitale Objektträgerbild, aufgenom-men mit einem zuverlässigen, effizienten und leicht zu bedienenden Scanner. Roche bietet ab sofort mit dem CE-IVD-zertifizier-ten VENTANA DP 200 Slide Scanner, eine Lösung, die sich nahtlos in ein Gesamtkon-zept der digitalen Pathologie integriert.

Mit seinem Tray-basierten, intelligenten Design ermöglicht der VENTANA DP 200 Slide Scanner hochauflösendes, detailge-treues sowie berührungsloses Scannen von sechs Standard- bzw. drei Doppelobjekt-trägern (Abb.  oben) und minimiert auf diese Weise Fehler im Arbeitsablauf. Dies gilt auch für anspruchsvolle Gewebetypen oder Gefrierschnitte. Weitere Besonder-heiten sind die Scan-Geschwindigkeit von weniger als 49 Sekunden pro 15 x 15 Mil-

limeter Scanbereich sowie das „Internati-onal Color Consortium (ICC)“-Farbprofil, das die Farbgebung jedes digitalen Bildes an die unter dem Mikroskop beobachteten Farben angleicht (Abb. 1). Die Färbebilder unter dem Mikroskop und auf dem Bild-schirm sind somit identisch und erfordern für die pathologische Beurteilung keine Umstellungen.

Der Scanner bietet darüber hinaus O eine automatische Detektion der Ziel-

regionen (areas of interest)O die Wahl zwischen 20- oder 40-facher

VergrößerungO die Option eines Volumenscans O automatisierte 1D- sowie 2D-Barcode-

Erfassung.

Im Rahmen eines First Customer Monito-rings (FCM) am Institut für Pathologie der Universität Schleswig Holstein, Campus Lübeck hat der Scanner seine Routinetaug-lichkeit bewiesen.

Teil eines digitalen Netzwerks Als Teil der Digitalen-Pathologie-Lösung von Roche ist der VENTANA DP 200 Slide Scanner optimal vernetzt: Er unterstützt den DICOM-Standard* und kommuniziert mit Image Management Servern (IMS), welche auch Teil des Software-Pakets VENTANA Virtuoso (Tab. 1) sind. Zusätzlich wurde der Scanner konzipiert, um mit der VENTANA Vector Software (Tab.  1) zu arbeiten. Dadurch setzt VENTANA DP 200 nicht nur

Roc

he

Neuer Slide-Scanner fördert die diagnostische QualitätDigitale Pathologie auch bei geringem Scan-Volumen sinnvoll

VENTANA DP 200: hochauflösendes, detailgetreues und berührungsloses Scannen von Objektträgern.

Abb. 1: ICC-Farbprofil

Page 20: Ausgabe 56 • 06/2018 Diagnostik im Dialog - roche.de · Ute Reimann Chefredakteurin „Diagnostik im Dialog“ Sehr geehrte Leserin, sehr geehrter Leser, Notaufnahmen sind für

20

einen neuen Standard für Objektträgerscans in der digitalen Pathologie, sondern fördert auch das digitale Pathologietraining sowie Kollaborationen unter Pathologen. Um die hochauflösenden Scans fachmännisch ana-lysieren und annotieren zu können, ist der Scanner mit der VENTANA Image Viewer Software (Tab. 1) ausgestattet.

Die nahtlose Symbiose von Hardware, Software und Algorithmen unterstützt den digitalen Wandel in Pathologielaboren. Die Komplettlösung reicht über Mikroskope und Objektträger hinaus. Sie unterstützt Ergeb-nisse, die Labore und Patienten für eine schnelle und sichere Diagnose benötigen.

Zielgruppe und Einsatzbereiche Bei vergleichsweise geringer Kapazität über-zeugt der VENTANA DP 200 durch eine hohe Scan-Geschwindigkeit. In puncto Bildqualität steht er seinem „großen Bruder“, dem VEN-TANA iScan HT, in Nichts nach.

Der VENTANA DP 200 Slide Scanner eig-net sich für Pathologielabore mit niedrigem Scan-Volumen. Potentielle Einsatzbereiche sind O ForschungO TrainingO KollaborationenO SchnellschnittdiagnostikO „Einsteiger“-Labore, die sich beim

Thema „Digitale Pathologie“ an die digi-tale Objektträger-Befundung herantasten möchten

O Anatomische Pathologien: Sie sind mit dem Scanner nun in der Lage, ihre vollständige Fallzahl zu digitalisieren – inklusive Hämatoxylin- & Eosin (HE)-Färbung, Immunhistochemie (IHC), in-situ-Hybridisierung (ISH) sowie Spezialfärbungen.

Die Einführung des VENTANA  DP  200 Slide Scanners komplettiert das digitale Pathologie-Portfolio von Roche. Sie ist

zudem Grundlage für ein zukünftiges Port-folio im Bereich Bildanalyse-Algorithmen. Dadurch wird die diagnostische Sicherheit in der Pathologie weiter steigen.

* DICOM: Digital Imaging and Communications in Medicine (digitale Bildgebung und Kommuni-kation in der Medizin). Standard zur Speiche-rung und zum Austausch von Informationen im medizinischen Bilddatenmanagement (z.B. digi-tale Bilder). DICOM standardisiert sowohl das Format zur Speicherung der Daten als auch das Kommunikationsprotokoll zu deren Austausch.

Sebastian Meyer Marketing Manager Workflow, IT & Digital Pathology 0621 759-76469 [email protected]

Produkte & Services | Neuer Slide-Scanner fördert die diagnostische Qualität | Diagnostik im Dialog • Ausgabe 56 • 06/2018

Tab. 1: Softwarekomponenten der Digitalen-Pathologie-Lösung von Roche

VENTANA VirtuosoBildmanagement Software

Umfangreiche Funktionalität und benutzerfreundliche Oberfläche für eine digitale Pathologie-Lösung, die alle Schritte von der Bildbetrachtung bis zur Erstellung maßgeschneiderter Patientenberichte einschließt.

Das vielseitige Funktionsmenü ermöglicht eine nahtlose Integration der digita-len Pathologie in den Labor-Workflow und die Datenweiterleitung an das LIS.

Mit Hilfe von Algorithmen können Assays digital ausgewertet und Färbeergeb-nisse quantifiziert werden.

VENTANA Vector Software

Softwarelösung zur Archivierung von selbst gescannten Objekträgern. Die Software kann darüber hinaus auch Bilder von anderen IMS aufrufen und übernehmen.

VENTANA Image Viewer Software

Softwarelösung zur schnellen Begutachtung eingescannter Bilder. Exzellente Bildqualität und keine Verzögerungen beim Verschieben und Zoomen von Bild-ausschnitten. Vergrößerungen von 1x bis 80x sind möglich.

Intuitive Anwendung zur simultanen Begutachtung mehrerer Bilder.

Page 21: Ausgabe 56 • 06/2018 Diagnostik im Dialog - roche.de · Ute Reimann Chefredakteurin „Diagnostik im Dialog“ Sehr geehrte Leserin, sehr geehrter Leser, Notaufnahmen sind für

21

Produktlinie Produktneuheit / -update

Analysensysteme Anwendungszweck / Produktverbesserung N / V* Einführung

Klinische Chemie

Alpha-2-Makroglobulin

cobas c 501cobas c 502

Differenzierung von Proteinurien N verfügbar

Buprenorphin

Zusätzliche Parameter für die Drogentestung

N verfügbar6-Acetylmorphin

Oxycodon

Ethylglucoronid (ETG)

N/U Q3/2018Fentanyl

Methadonmetabolit (EDDP)

Opiate im Serum Neue Applikation für Opiate-Bestimmung im Serum, neue Serum DAT-Kontrolle N Q3/2018

Immunologie Elecsys® Zika IgG

cobas® modular platform: cobas e 411 cobas e 601 cobas e 602

Bestimmung von IgG-Antikörpern gegen das Zikavirus in Humanserum und -plasma. Vor allem bei Schwangeren und Patienten mit schweren Vorerkrankungen besteht ein erhöh-tes Risiko für schwerwiegende Komplikationen im Erkran-kungsverlauf

N verfügbar

Molekulare Diagnostik

MP 24/96 Protocol Set 1 Magna Pure 24/96 Protokoll für Sequencing-Anwendungen ohne initialen Amplifikationsschritt (singel strand) V verfügbar

cobas® 4800 F II/V Test cobas® 4800 Qualitativer Test zur Genotypisierung von Gerinnungsfaktor II und V N verfügbar

cobas® 6800 TV/MG Test

cobas® 6800/8800

Qualitativer Nachweis von Trichomonas vaginalis und Mycoplasma genitalium N verfügbar

cobas® 6800 CHIKV/DENV Qualitativer Nachweis von Chikungunya- und Dengueviren N verfügbar

Influenza A/B, RSV Ready-to-Use Primer und Sonden für die Nutzung auf dem cobas omni Utility Channel

N verfügbar

HSV 1/2, VZV N verfügbar

Gewebe- diagnostik VENTANA DP 200 Objektträgerscanner für das Niedrig- bis Mittel-Durchsatz-

segment für den Routinebetrieb und die Forschung N verfügbar

* N = Neueinführung / V = Produktverbesserung, -erweiterung

Produktnews | Diagnostik im Dialog • Ausgabe 56 • 06/2018

Produktnews