Thieme: Mündliche Prüfung Pharmakologie · 5.2 Therapie des Diabetes mellitus Typ 2 (Metformin,...

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Hörbuch-CD

Sie wollen nicht immer das Buch mit sich herumtragen? Auf dieser CD finden Sie alle Fragen und Antworten dieses Buchesals MP3-Dateien für Ihren MP3-Player und als AAC-Dateien für Ihren iPod oder Ihr iPhone:

Track Thema Buchkapitel Länge

1 Koronare Herzkrankheit 1.1 32:27

2 Akutes Koronarsyndrom 1.2 15:38

3 Chronische Herzinsuffizienz 1.3 32:48

4 Herzrhythmusstörungen 1.4 31:41

5 Arterielle Hypertonie 2.1 29:12

6 Schwangerschaftshypertonie und hypertensiver Notfall 2.2 und 2.3 16:46

7 Arterielle Hypotonie und Schock 2.4 und 2.5 15:31

8 Arterielle und venöse Durchblutungsstörungen 2.6 und 2.7 31:25

9 Asthma bronchiale 3.1 29:49

10 Akuter Asthmaanfall 3.2 12:15

11 Akute Bronchitis 3.3 7:20

12 COPD 3.4 10:13

13 Übelkeit, Erbrechen und Refluxkrankheit 4.1 und 4.2 17:52

14 Ulkuserkrankung 4.3 16:45

15 Chronisch-entzündliche Darmerkrankungen 4.4 19:36

16 Diarrhö und Obstipation 4.5 und 4.6 21:50

17 Diabetes mellitus Typ 1 5.1 22:35

18 Diabetes mellitus Typ 2 5.2 21:24

19 Schilddrüsenerkrankungen 6 22:31

20 Hyperurikämie 7 20:49

21 Fettstoffwechselstörungen 8 18:43

22 Osteoporose 9 17:37

23 Störungen des Wasser- und Elektrolythaushalts 10 26:31

24 Störungen des Säure-Basen-Haushalts 11 6:28

25 Allgemeine Schmerztherapie und leichte Schmerzen 12.1 und 12.2 21:13

26 Kopfschmerzen 12.3 12:44

27 Starke Schmerzen 12.4 23:34

28 Allgemeines zur immunsuppressiven Therapie 13.1 19:01

29 Rheumatoide Arthritis 13.2 23:42

30 Tumorerkrankungen 14 10:12

31 Epilepsie 15.1 21:07

32 Morbus Parkinson 15.2 18:51

33 Multiple Sklerose 15.3 10:23

34 Affektive Störungen 16.1 33:19

35 Schizophrenie 16.2 15:59

36 Angststörungen 16.3 8:31

37 Schlafstörungen 17 11:46

38 Grundlagen der antibakteriellen Therapie 18.1.1 9:50

39 Betalaktame, Glykopeptide und Aminoglykoside 18.1.2-18.1.4 26:07

40 Weitere Antibiotika 18.1.5-18.1.11 31:13

41 Antituberkulotika 18.1.12 14:55

42 Virustatika 18.2 13:22

43 Antimykotika und Antiprotozoenmittel 18.3 und 18.4 17:45

Mündliche Prüfung

Pharmakologie

Gerd Luippold

Georg Thieme VerlagStuttgart ∙ New York

Prof. Dr. med. Gerd LuippoldInstitut für Pharmakologie und ToxikologieWilhelmstraße 56D-72074 TübingenE-mail: [email protected]

Dr. med. Horst GrossFacharzt für Anästhesie und IntensivmedizinFreier MedizinautorWeimarische Str. 410715 [email protected]

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© 2010 Georg Thieme Verlag KGRüdigerstraße 14D-70469 StuttgartUnsere Homepage: http://www.thieme.de

Printed in Germany

Layout und Umschlaggestaltung: Thieme VerlagsgruppeSatz: Mitterweger & Partner, 68723 PlankstadtDruck: Grafisches Centrum Cuno, Calbe

ISBN 978-3-13-144821-7 1 2 3 4 5 6

Wichtiger Hinweis: Wie jede Wissenschaft ist die Medizinständigen Entwicklungen unterworfen. Forschung und kli-nische Erfahrung erweitern unsere Erkenntnisse, insbeson-dere was Behandlung und medikamentöse Therapie anbe-langt. Soweit in diesem Werk eine Dosierung oder eine Ap-plikation erwähnt wird, darf der Leser zwar darauf vertrauen,dass Autoren, Herausgeber und Verlag große Sorgfalt daraufverwandt haben, dass diese Angabe demWissensstand beiFertigstellung des Werkes entspricht.Für Angaben über Dosierungsanweisungen und Applika-tionsformen kann vom Verlag jedoch keine Gewähr über-nommen werden. Jeder Benutzer ist angehalten, durchsorgfältige Prüfung der Beipackzettel der verwendeten Prä-parate und gegebenenfalls nach Konsultation eines Spezia-listen festzustellen, ob die dort gegebene Empfehlung fürDosierungen oder die Beachtung von Kontraindikationengegenüber der Angabe in diesem Buch abweicht. Eine sol-che Prüfung ist besonders wichtig bei selten verwendetenPräparaten oder solchen, die neu auf den Markt gebrachtworden sind. Jede Dosierung oder Applikation erfolgtauf eigene Gefahr des Benutzers. Autoren und Verlag ap-pellieren an jeden Benutzer, ihm etwa auffallende Unge-nauigkeiten dem Verlag mitzuteilen.

Geschützte Warennamen (Warenzeichen) werden nichtbesonders kenntlich gemacht. Aus dem Fehlen eines sol-chen Hinweises kann also nicht geschlossen werden, dasses sich um einen freien Warennamen handele.Das Werk, einschließlich aller seiner Teile, ist urheberrecht-lich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engenGrenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmungdes Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesonderefür Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungenund die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischenSystemen.

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Vorwort

Jeder in die Behandlung von Patienten involvierte Arztwird täglich mit Fragen zur Arzneimitteltherapie kon-frontiert. Leider erschließt sich den Medizinstudenten diebesondere Stellung der Pharmakologie, neben den großenFächern Chirurgie und Innere Medizin, oft erst spät imStudium. Das Buch „Mündliche Prüfung Pharmakologie“soll helfen, das Interesse für die Pharmakologie schonfrüh zu wecken und die Vorbereitungen auf mündlichePrüfungen zu erleichtern.

Im Frage-Antwort-Stil werden die für die spätere klini-sche Tätigkeit wichtigsten pharmakologischen Themenanhand von 18 Kapiteln abgehandelt. Infoboxen gebenin komprimierter Form einen schnellen Überblick überwichtige Themen oder Wirkstoffe. Die Möglichkeit, un-abhängig vom Buch, die Informationen auch hörbar zumachen, entspricht dem Wunsch vieler Studenten. DiesesKonzept soll die Motivation zur Aneignung von phar-makologischem Wissen erhöhen. Das Buch bereitet aufdie relevanten Themen der klinischen Pharmakologie vor(z.B. Therapieprinzipien, Wirkstoffauswahl, Neben-wirkungen, Interaktionen) und enthält auch wichtigeInhalte der allgemeinen Pharmakologie (z.B. Wirkstoffe,Wirkmechanismen, Pharmakokinetik).

Mein Dank gilt den Mitarbeitern des Georg-Thieme-Verlages, insbesondere Frau Dr. med. Petra Fode undFrau Dr. med. Lydia Bothe, die mich von dem Konzept desBuches überzeugt haben und die Planung für das Buch-projekt vorangetrieben haben. Mein besonderer Dank giltFrau Dr. med. Andrea von Figura für die unkompliziertemehrfache Überarbeitung des Manuskripts. Natürlichmöchte ich mich bei meiner Familie für die Unterstützungwährend der Erstellung des Manuskriptes ganz herzlichbedanken.

Ich wünsche dem vorliegenden Buch, dass es Bestandteilin der Vorbereitung der Medizinstudenten auf einemündliche Prüfung im Fach Pharmakologie wird. Ebensosoll dieses Buch dazu beitragen, die Qualität der Aus-bildung im Medizinstudium zu verbessern, was letzt-endlich auch den Patienten zu Gute kommt.

Biberach, im Juli 2009Gerd Luippold

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Inhaltsverzeichnis

1 Therapie von Herzerkrankungen 11.1 Koronare Herzkrankheit (KHK) 11.2 Akutes Koronarsyndrom 81.3 Chronische Herzinsuffizienz 121.4 Herzrhythmusstörungen 22

2 Therapie von Kreislaufstörungen 302.1 Arterielle Hypertonie 302.2 Schwangerschaftshypertonie 402.3 Hypertensiver Notfall 422.4 Arterielle Hypotonie 442.5 Schock 452.6 Arterielle Durchblutungsstörungen 462.7 Venöse Durchblutungsstörungen 49

3 Therapie von Atemwegserkrankungen 543.1 Asthma bronchiale 543.2 Akuter Asthmaanfall 603.3 Akute Bronchitis 633.4 Chronisch-obstruktive Lungenerkrankung

(COPD) 64

4 Therapie gastrointestinaler Erkrankungen 674.1 Übelkeit und Erbrechen 674.2 Refluxkrankheit 694.3 Ulkuserkrankung 714.4 Chronisch-entzündliche Darmerkrankungen 764.4.1 Colitis ulcerosa 764.4.2 Morbus Crohn 794.5 Diarrhö 804.6 Obstipation 82

5 Therapie des Diabetes mellitus 845.1 Diabetes mellitus Typ 1 845.2 Diabetes mellitus Typ 2 88

6 Therapie von Schilddrüsenerkrankungen 946.1 Euthyreote Struma 946.2 Hypothyreose 946.3 Hyperthyreose 966.4 Thyreotoxische Krise 98

7 Therapie der Hyperurikämie 99

8 Therapie von Fettstoffwechselstörungen 104

9 Therapie der Osteoporose 110

10 Therapie von Störungen des Wasser-und Elektrolythaushalts 114

10.1 Störungen des Wasser- und Natriumhaushalts 11410.2 Störungen des Kaliumhaushalts 11610.3 Störungen des Kalziumhaushalts 119

11 Therapie von Störungen desSäure-Basen-Haushalts 120

12 Schmerztherapie 12212.1 Allgemeines 12212.2 Leichte Schmerzen 12312.3 Kopfschmerzen 12812.4 Starke Schmerzen 130

13 Immunsuppressive Therapie 13613.1 Allgemeines 13613.2 Rheumatoide Arthritis 139

14 Therapie von Tumorerkrankungen 146

15 Therapie neurologischer Erkrankungen 14815.1 Epilepsie 14815.2 Morbus Parkinson 15515.3 Multiple Sklerose 160

16 Therapie psychiatrischer Erkrankungen 16316.1 Affektive Störungen 16316.2 Schizophrenie 17216.3 Angststörungen 175

17 Therapie von Schlafstörungen 177

18 Therapie von Infektionskrankheiten 18118.1 Antibiotika 18118.1.1 Grundlagen der antibakteriellen Therapie 18118.1.2 β-Lactamantibiotika 18318.1.3 Glykopeptidantibiotika 18818.1.4 Aminoglykoside 18918.1.5 Makrolide und Ketolide 19018.1.6 Lincosamide 19218.1.7 Tetrazykline 19318.1.8 Sulfonamide und Diaminobenzylpyrimidine

(Folsäureantagonisten) 19418.1.9 Fluorchinolone 19618.1.10 Nitroimidazole 19818.1.11 Oxazolidinone 19918.1.12 Antituberkulotika 19918.2 Virustatika 20218.3 Antimykotika 20518.4 Chemotherapie von Protozoenerkrankungen 207

Quellenverzeichnis 209

Sachverzeichnis 210

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Infoboxverzeichnis

1 Therapie von Herzerkrankungen1.1 Antianginosa (Betablocker, Nitrate und Molsidomin) 41.2 Thrombozytenaggregationshemmer (Acetylsalicylsäure) 71.3 Akutes Koronarsyndrom 81.4 Fibrinolyse bei Myokardinfarkt (Fibrinolytika) 101.5 Therapie der chronischen Herzinsuffizienz (Diuretika, Herzglykoside) 181.6 Antiarrhythmika (Klasse I, Klasse III, Adenosin) 27

2 Therapie von Kreislaufstörungen2.1 Arterielle Hypertonie (Übersicht) 302.2 Therapie der arteriellen Hypertonie in Abhängigkeit von kardiovaskulären Risikofaktoren 312.3 Therapie der arteriellen Hypertonie (ACE-Hemmer, AT1-Rezeptorantagonisten, Kalziumkanalblocker) 362.4 Therapie der Schwangerschaftshypertonie (α-Methyldopa) 412.5 Therapie des hypertensiven Notfalls (Clonidin) 432.6 Schockformen 452.7 Periphere arterielle Verschlusskrankheit 472.8 Pathogenese der Phlebothrombose 492.9 INR (International normalized ratio) 502.10 Antikoagulanzien (Vitamin K-Antagonisten, Heparine) 52

3 Therapie von Atemwegserkrankungen3.1 Therapie des Asthma bronchiale (kurzwirksame β2-Rezeptoragonisten, inhalative Glukokortikoide,

langwirksame β2-Rezeptoragonisten) 583.2 Therapie des Asthmaanfalls (Theophyllin) 623.3 Therapie der chronisch-obstruktiven Lungenerkrankung (inhalative Anticholinergika) 65

4 Therapie gastrointestinaler Erkrankungen4.1 Brechzentrum und Neurotransmitter 674.2 Therapie von Übelkeit und Erbrechen (5-HT3-Rezeptorblocker) 684.3 Histamin H2-Rezeptorantagonisten 704.4 Therapie der Ulkuskrankheit (Protonenpumpeninhibitoren) 744.5 Einteilung der chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen 764.6 Therapie der Colitis ulcerosa (5-Aminosalizylate, Azathioprin) 784.7 Therapie des Morbus Crohn 804.8 Therapie der Diarrhö (Loperamid) 82

5 Therapie des Diabetes mellitus5.1 Therapie des Diabetes mellitus Typ 1 885.2 Therapie des Diabetes mellitus Typ 2 (Metformin, Sulfonylharnstoffe) 92

6 Therapie von Schilddrüsenerkrankungen6.1 Therapie der Hypothyreose (Schilddrüsenhormone) 956.2 Therapie der Hyperthyreose (Thyreostatika) 97

7 Therapie der Hyperurikämie7.1 Hyperurikämie und Gicht 997.2 Therapie der Hyperurikämie (Urikostatika, Urikosurika) 102

8 Therapie von Fettstoffwechselstörungen8.1 Hyperlipidämien 1048.2 Therapie von Fettstoffwechselstörungen (Statine, Cholesterinresorptionshemmer,

Ionenaustauscherharze, Fibrate, Nikotinsäure und ihre Derivate) 106

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9 Therapie der Osteoporose9.1 Vitamin D-Stoffwechsel 1119.2 Bisphosphonate 112

10 Therapie von Störungen des Wasser- und Elektrolythaushalts10.1 Isovolämie und Isotonie 11410.2 Einteilung und Ursachen von Dehydratation und Hyperhydratation 11410.3 Der Kaliumhaushalt und seine Veränderungen 11610.4 Der Kalziumhaushalt und seine Veränderungen 119

11 Therapie von Störungen des Säure-Basen-Haushalts11.1 Der Säure-Basen-Haushalt und seine Veränderungen 120

12 Schmerztherapie12.1 Schmerz 12212.2 Nicht-opioide Analgetika (Paracetamol, nicht-steroidale Antiphlogistika, Coxibe) 12512.3 Kopfschmerzformen (Migräne, Cluster-Kopfschmerz, Spannungskopfschmerz, Trigeminusneuralgie) 12812.4 Migränetherapie (Triptane) 13012.5 Opioide 134

13 Immunsuppressive Therapie13.1 Auswirkungen einer längerfristigen Glukokortikoid-Therapie 13713.2 Therapie der rheumatoiden Arthritis (Sulfasalazin, Methotrexat, Infliximab) 143

14 Therapie von Tumorerkrankungen14.1 Wichtige Zytostatikagruppen und deren Wirkmechanismen 147

15 Therapie neurologischer Erkrankungen15.1 Antiepileptika (Carbamazepin, Valproinsäure, Phenytoin, Lamotrigin, Gabapentin) 15115.2 Therapie des Morbus Parkinson (Levodopa, Dopaminrezeptoragonisten, Selegilin) 15815.3 Therapie der multiplen Sklerose (Interferone, Glatirameracetat) 162

16 Therapie psychiatrischer Erkrankungen16.1 Übersicht über sedierende und antriebssteigernde Antidepressiva 16416.2 Trizyklische Antidepressiva: Unerwünschte Wirkungen 16516.3 Antidepressiva (nichtselektive und selektive Monoamin-Reuptake-Inhibitoren) 16916.4 Neuroleptika 174

17 Therapie von Schlafstörungen17.1 Der physiologische Schlafrhythmus 17717.2 Therapie von Schlafstörungen (Benzodiazepine) 179

18 Therapie von Infektionserkrankungen18.1 Angriffspunkte der Antibiotika 18118.2 β-Lactamantibiotika (Penicilline, Cephalosporine, Carbapeneme und Monobactame) 18618.3 Glykopeptide 18918.4 Aminoglykoside 19018.5 Makrolide und Ketolide 19118.6 Lincosamide 19218.7 Tetrazykline 19418.8 Folsäureantagonisten 19618.9 Fluorchinolone 19818.10 Therapie häufiger bakterieller Infektionserkrankungen 20118.11 Azole 20518.12 Polyene 207

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1 Therapie von Herzerkrankungen

1.1 Koronare Herzkrankheit (KHK)

è Ein 67-jähriger adipöser Patient mit langjährigemHypertonus klagt über Brustschmerzen, die fast re-

gelmäßig bei körperlicher Anstrengung auftreten und inRuhe wieder nachlassen. Das durchgeführte Belastungs-EKG zeigt ST-Hebungen in den linksthorakalen Ableitun-gen. Welche Erkrankung liegt bei diesem Patienten ver-mutlich vor? Wie entsteht diese?

Der Patient schildert die typische Symptomatik einer stabi-len Angina pectoris. Hierbei handelt es sich um belastungs-abhängige Schmerzen, die in Folge eines Missverhältnissesvon myokardialem Sauerstoffbedarf und -angebot entste-hen. Häufigste Ursache der Koronarinsuffizienz ist die ko-ronare Herzkrankheit, also eine Atherosklerose epikardia-ler Koronarien.

è Welche nichtmedikamentösen Therapieansätze lei-ten sich von den bekannten Risikofaktoren der

koronaren Herzkrankheit ab?

Die wesentliche Maßnahme ist eine Änderung des gewohn-ten Lebensstils. Hierzu gehörtNikotinverzicht,Normalisie-rung des Körpergewichtes und körperliche Bewegung.Empfehlenswert sind 30–45 min Sport mehrmals die Wo-che. Gut geeignet sind Ausdauersportarten wie z.B. Walken.Sportarten mit Spitzenbelastung sollten vermieden werden.Hilfreich kann hier die Teilnahme an einer Koronarsport-gruppe sein.

Merke Bei den koronaren Risikofaktoren werdenbeeinflussbare und nicht beeinflussbare Risikofaktoren un-terschieden:" Zu den nicht beeinflussbaren Risikofaktoren zählen

z.B. Geschlecht, höheres Lebensalter und positive Fami-lienanamnese.

" Beeinflussbare Risikofaktoren sind Rauchen, Über-gewicht, Bewegungsmangel, Hypercholesterinämie,arterielle Hypertonie und Diabetes mellitus.

è Welche Faktoren führen zu einer verändertenSauerstoffbalance des Herzmuskels?

Die Sauerstoffbalance des Herzmuskels kann entwederdurch erhöhten kardialen Sauerstoffverbrauch oder ver-mindertes Sauerstoffangebot gestört werden.Ein erhöhter Sauerstoffverbrauch des Herzens entstehtdurch" erhöhte Wandspannung des Ventrikels bei erhöhter

Vor- oder Nachlast des Herzens und durch" Steigerung der Herzfrequenz.

Ein vermindertes Sauerstoffangebot des Herzens entstehtdurch" Abnahme der Diastolendauer bei erhöhter Herzfre-

quenz, da der Herzmuskel überwiegend in der Diastoledurchblutet wird und/oder durch

" verminderten Perfusionsdruck und erhöhten Koronar-gefäßwiderstand.

Merke In der pharmakologischen Therapie der KHKkommen verschiedene Antianginosa zum Einsatz, zu de-nen Betablocker, Nitrate und Kalziumkanalblocker zäh-len. Gemeinsam ist ihnen eine Verbesserung der myo-kardialen Sauerstoffbalance. Entsprechend den patho-genetischen Vorstellungen zur Myokardischämie ist dasZiel der Therapieansätze der Antianginosa eine Senkungdes Sauerstoffverbrauchs oder eine Erhöhung desSauerstoffangebotes.

è Unter den Antianginosa gehören die Betablocker zudenMitteln der erstenWahl. Erklären Sie bitte kurz

warum!

Während Nitrate und Kalziumkanalblocker nur die Sympto-matik der Erkrankung beeinflussen, verbessern BetablockerSymptomatik und Prognose.

Merke Betablocker sind in der Intervallbehandlungder Angina pectoris die Medikamente der 1. Wahl, dasie sowohl die Symptomatik als auch die Prognose der Pa-tienten mit koronarer Herzkrankheit verbessern!

è Welchen Vorteil haben die sog. selektiven Beta-blocker?

Selektive Betablocker hemmen selektiv die adrenergenSubstanzen am β1-Rezeptor. Da der β1-Rezeptor vornehm-lich am Herzen vorkommt, wird diese Gruppe auch als kar-dioselektive Betablocker bezeichnet. Die in der Therapieder KHK erwünschten Wirkungen werden ausschließlichüber eine Blockade des β1-Rezeptors vermittelt. Der Vorteilkardioselektiver Betablocker ist daher eine Besserung derHerzfunktion ohne β2-Rezeptor-vermittelte Nebenwir-kungen.

Merke Vorsicht: Auchmit selektiven Betablockern kannnie absolute Selektivität erreicht werden!

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è Wie wirken Betablocker am Herzen? Lassen sichaus diesen Wirkungen Kontraindikationen für den

Einsatz von Betablockern ableiten?

Betablocker wirken am Herzen negativ inotrop, chrono-trop und dromotrop. Sie mindern den Sauerstoffverbrauchdes Herzens durch Senkung von Herzfrequenz und Blut-druck. Über die verminderte Herzfrequenz und verlängerteDiastolendauer nimmt das kardiale Sauerstoffangebot zu.Kontraindikationen sind daher:" Bradykardie von unter 50 Schlägen pro Minute," akute Herzinsuffizienz, da es durch die negativ inotrope

Wirkung zu einer akuten Dekompensation kommenkann, und

" höhergradige AV-Blockierung.

è Nennen Sie bitte 3 Grunderkrankungen, bei denender Einsatz insbesondere von nicht-selektiven

Betablockern kontraindiziert ist bzw. gut überlegt seinmuss!

Eine grundsätzliche Kontraindikation für den Einsatz vonBetablockern besteht bei Patienten mit Asthma bronchiale,da die Blockade der β2-Rezeptoren an der Bronchialmusku-latur zu einer Bronchokonstriktion führt. Der Einsatz von Be-tablockern bei Patienten mit Diabetes mellitus muss wohlüberlegt sein. Betablocker hemmen die hepatische Glykoge-nolyse, so dass eine vermehrte Neigung zur Hypoglykämiebesteht. Zudem werden die Anzeichen einer Hypoglykämiewie Schwitzen, Tachykardie und Tremor durch Hemmungder sympathischen Gegenregulation verschleiert. Bei Patien-ten mit peripherer arterieller Verschlusskrankheit kön-nen Betablocker über eine Hemmung der β2-Rezeptorenan der Gefäßmuskulatur die Durchblutungssituation weiterverschlechtern.

è Kennen Sie eine Sonderform der Angina pectoris,bei der unselektive Betablocker kontraindiziert

sind? Welches Mittel bietet sich stattdessen an?

Eine Sonderform der Angina pectoris ist die vasospastischeAngina. Hier liegt der Gefäßverengung keine Atherosklero-se, sondern ein Koronarspasmus zu Grunde. Unselektive Be-tablocker führen über Blockade von β2-Rezeptoren zu einerVerengung der Koronarien, so dass sie Dauer und Häufig-keit der ischämischen Episoden bei rein vasospastischer An-gina pectoris verstärken. Der Koronarspasmus spricht gutauf die Gabe eines Kalziumkanalblockers vom Dihydropy-ridintyp an.

è Der Wirkstoff Ivabradin stellt ein neues Prinzip zurBehandlung der Angina pectoris dar. Bitte charak-

terisieren Sie ihn kurz!

Ivabradin wird zur Behandlung der stabilen Angina pecto-ris eingesetzt, wenn eine Therapie mit Betablockern nichtmöglich ist. Die Wirkung beruht auf Blockade von sog.If-Kanälen, die in den Schrittmacherzellen des Sinusknotenslokalisiert sind. Durch Blockade des Kanals verlangsamt sich

die Herzfrequenz, der Sauerstoffbedarf des Herzens sinktund über die verlängerte Diastolendauer nimmt das Sauer-stoffangebot zu.

è Können Sie sich vorstellen, welchen Vorteil Iva-bradin gegenüber Betablockern hat?

Sowohl Betablocker als auch Ivabradin verlangsamen dieHerzfrequenz. Allerdings führt Ivabradin zu einer selektivenAbnahme der Herzfrequenz ohne Beeinflussung von Über-leitungszeit oder Kontraktilität. Da Ivabradin keine blut-drucksenkendeWirkung aufweist, kann es auch bei Patien-ten mit niedrigem Blutdruck eingesetzt werden.

è Durch welche unerwünschte Wirkung ist Ivabradinaufgefallen?

Ivabradin führt dosisabhängig bei bis zu 15% der Patientenzu reversiblen visuellen Störungen wie Lichtempfindlich-keit und Verschwommensehen. Die Beschwerden lassensich durch Beeinflussung des Schrittmacherstroms in der Re-tina erklären.

è Wie wirken Kalziumkanalblocker antianginös undwelche Komplikation kann unter der Gabe von Kal-

ziumkanalblockern bei Patienten mit koronarer Herzer-krankung auftreten?

Kalziumkanalblocker vermindern Nachlast und Vorlastüber arterielle und venöse Vasodilatation. Durch Senkungdes enddiastolischen Drucks reduzieren sie den Sauer-stoffbedarf. Gleichzeitig verbessern sie über Dilatationder Koronarien das Sauerstoffangebot. Beim koronarinsuf-fizienten Herzen ist die Regulation des Gefäßlumens deratherosklerotisch veränderten Wandanteile eingeschränkt.Dies induziert den sog. Steel-Effekt, d.h. gesunde Koronar-anteile dilatieren und bewirken eine verminderte Perfusionvon erkrankten Myokardanteilen.

è Welches „Notfallmedikament“ sollte jeder Patientmit Angina pectoris bei sich tragen?

Genauso wie jeder Asthmatiker ein kurz wirkendes β2-Sym-pathomimetikum bei sich haben sollte, sollte auch jeder Ko-ronarpatient mit einem schnell wirksamen Kurzzeitnitratz.B. Nitrokapseln oder -spray versorgt werden. So kann derPatient bei einem schweren Angina pectoris-Anfall selbsteine Ersttherapie durchführen.

è Bei der Nitrattherapie wird zwischen Anfallskupie-rung und Intervalltherapie unterschieden. Welche

Nitrate bieten sich für beide Therapieformen an? Bittecharakterisieren Sie diese kurz!

Zur Anfallskuperierung und Intervalltherapie sind Glycerol-trinitrat und Isosorbiddinitrat geeignet." Glyceroltrinitrat weist einen ausgeprägte First-Pass-Ef-

fekt auf. In der Akuttherapie kann es sublingual, in derIntervallbehandlung oral oder als Pflaster eingesetzt wer-

1 Therapie von Herzerkrankungen

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den. Bei akutem Koronarsyndrom wird es als Infusion ge-geben. Abhängig von der Applikationsart beginnt dieWirkung nach wenigen Minuten und hält für einige Stun-den an.

" Auch Isosorbiddinitrat ist sublingual zur Anfallskupie-rung und oral zur Intervalltherapie indiziert. Die Wirkungtritt nach wenigen Minuten ein, die Dauer beträgt mehre-re Stunden.

è Warum wird Isosorbidmononitrat ausschließlichzur Intervalltherapie der KHK eingesetzt?

Isosorbidmononitrat eignet sich aufgrund des langsamenWirkungseinritts ausschließlich zur Intervalltherapie, abernicht für die Anfallsprophylaxe.

è Warum hat sich der Stellenwert für den Einsatz vonLangzeitnitraten in der Therapie der KHK im Ver-

gleich zu früher gewandelt? Wie ist er aktuell?

Die klassische Indikation für den Einsatz von Langzeitnitra-ten ist die symptomatische Therapie eines akuten Angi-na-pectoris-Anfalls. Für die Intervalltherapie konnte bis-lang keine lebensverlängernde Wirkung nachgewiesenwerden. Durch die Optimierung revaskularisierender Maß-nahmen wie z.B. Dilatation oder Bypassoperation ist dieTherapie mit Langzeitnitraten in den Hintergrund getreten.Indikationen für ihren Einsatz sind" Kontraindikationen gegen eine Revaskularisation oder" Ablehnung eines interventionellen oder operativen Ein-

griffs von Seiten des Patienten.

è Erklären Sie bitte den Wirkungsmechanismus derorganischen Nitrate!

Organische Nitrate setzen im Organismus Stickstoffmon-oxid, kurz NO frei. NO führt über eine Aktivierung der Gua-nylatzyklase zu Vasodilatation und verminderter Throm-bozytenaggregation. NO wird endogen im nicht geschä-digten Endothel gebildet. Endothelläsionen wie bei Athero-sklerose führen daher zu einem NO-Mangel. Diepharmakologische Freisetzung von NO aus Nitraten aktiviertdie Guanylatzyklase und erhöht die Bildung des secondmessengers cGMP. Die erhöhte intrazelluläre cGMP-Konzen-tration führt zu einer Abnahme der intrazellulären Kalzium-konzentration mit Relaxation der glatten Muskulatur undVasodilatation.

è An welchen Gefäßen entfalten die Nitrate ihre Wir-kung?

Die vasodilatierende Wirkung der organischen Nitrate be-trifft im niedrigen Dosisbereich nur große Gefäße, insbe-sondere venöse Kapazitätsgefäße. Es kommt zum sog. ve-nösen Pooling und zur Vorlastsenkung. Der Sauerstoffbe-darf wird vermindert, der enddiastolische Ventrikeldruck ge-senkt und die myokardiale Durchblutung verbessert. Inwesentlich höherer Dosierung werden auch arterielleWi-derstandsgefäße beeinflusst, so dass die Nachlast sinkt.

Die direkte Dilatation der Koronarien steigert die koronareDurchblutung und das Sauerstoffangebot.

è Sie haben einem Patienten mit Angina pectoris Iso-sorbiddinitrat verschrieben. 2 Tage nach der ersten

Einnahme klagt er über erneute Beschwerden. WelcherVerdacht stellt sich Ihnen?

Bei jeder längerfristigen Therapie mit organischen Nitratenist eine Toleranzentwicklung zu beobachten, diemit einemWirkverlust der Nitrate einhergeht und zu erneutem Auf-treten der Symptome führen kann. Diese Toleranz kannschon nach 24 Stunden auftreten. Die Ursache der Nitratto-leranz ist unklar. Derzeit wird diskutiert, ob eine vermehrteBildung von Superoxidradikalen in der Gefäßwand zu einerInaktivierung von NO führt.

è Wie können Sie die Therapie umstellen, um eineNitrattoleranz zu vermeiden?

Nach Absetzen der Nitrate stellt sich rasch die ursprünglicheWirksamkeit ein. In der Regel wird bei stabiler Symptomatikauf ein nitratfreies Intervall während der Nacht geachtet.Üblicherweise wird eine orale Retardform morgens und mit-tags appliziert.

è Der Patient beklagt sich, dass er am Morgen nachdem nitratfreien Intervall unter pektinösen Be-

schwerden leide. Was unternehmen Sie nun?

Molsidomin ist eine Nitrat-ähnliche Substanz. Im Gegen-satz zu organischen Nitraten tritt jedoch keine Toleranzent-wicklung ein, vermutlich weil Molsidomin zu einer enzym-unabhängigen NO-Freisetzung führt. Die maximale Wirk-samkeit setzt nach 30–60 Minuten ein. Damit ist Molsido-min für die Akuttherapie ungeeignet. Gut geeignet istes aber zur Überbrückung des nitratfreien Intervalls beiBeschwerden.

è Über welche typischen Nitratnebenwirkungen, dieauch bei Molsidomin auftreten, sollten Sie Ihren

Patienten aufklären?

Durch die Vasodilatation der Nitrate treten zu Beginn derTherapie häufig Kopfschmerzen auf, die sich im Verlaufder Behandlung zurückbilden. Typisch sind auch Störungender Kreislauffunktion mit Blutdruckabfall, Reflextachykar-die und Orthostaseproblemen.

è Welches Phänomen wird beschrieben, wenn manvon der „paradoxen Reaktion“ bei hochdosierter

Nitrattherapie spricht?

Unter hochdosierter Therapie mit Nitraten kann es zu einerVerschlimmerung des myokardialen Sauerstoffmangelskommen. Ursache ist eine übermäßige Weitstellung derArterien mit starker Senkung des arteriellen Blutdrucks.Hierdurch wird der koronare Perfusionsdruck vermindertund das myokardiale Sauerstoffangebot eingeschränkt.

1.1 Koronare Herzkrankheit (KHK)