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FEBRUAR 2004 STANDPUNKT Das neue Schulgesetz SEITE 3 TITEL Was wird aus der Berliner Schule? SEITE 5 Soziale Brennpunkte und Schule SEITE 14 GLOSSE Im Casting-Fieber SEITE 17 Aktiv gegen Sozial- und Bildungsabbau SEITE 18 58.(73.) JAHRGANG ZEITSCHRIFT DER GEW BERLIN Was wird aus der Berliner Schule?

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STANDPUNKT

Das neue SchulgesetzSEITE 3

TITEL

Was wird aus derBerliner Schule?SEITE 5

Soziale Brennpunkteund SchuleSEITE 14

GLOSSE

Im Casting-FieberSEITE 17

Aktiv gegenSozial- undBildungsabbauSEITE 18

5 8 . ( 7 3 . ) J A H R G A N G

Z E I T S C H R I F T D E R G E W B E R L I N

Was wird aus der

Berliner Schule?

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Z E I T S C H R I F T F Ü R D I E M I T G L I E D E R D E R G E W B E R L I N b l z | F E B R U A R 2 0 0 4

Groß war der Jubel über dasneue Schulgesetz in der

blz-Redaktion nicht. Siebenmagere Jahre haben wir dieDiskussion begleitet und do-kumentiert. Zum Schluss be-wegte sich nichts mehr. Wer-tung: nicht zukunftsfähig! Bisalle Geburtsfehler behobensind, wird es noch einmal sie-ben Jahre dauern. Wir doku-mentieren weiter und fragenim Titel: Was wird aus der Ber-liner Schule?

Es wurden nur 32 blz-Seiten.Das gab’s lange nicht. Der

ursprünglich geplante Schwer-punkt „Fortbildung“ kommtspäter. Sonst mussten sichwohl viele AutorInnen vombildungspolitisch so schlech-ten Berliner 2003 erholen.

Warum ruft niemand„Schluss mit dem Unsinn

– wir haben wichtigere Aufga-ben“? Wie im vergangenenJahr mit den Ferienpräsenzta-gen hat die Bildungsverwal-tung mit den Ausgleichstagenfür beamtete LehrerInnen wie-der einen Idiotenknallfroschabgefeuert. Der wird nun Mo-nate hin und her springen undvon Wichtigerem ablenken. Ab-sicht?

pit

I M P R E S S U M

Ü B R I G E N S

3-4 Leute | Standpunkt | Kurz und bündig | Post an die Redaktion|P

T I T E L

5 Was wird aus der Berliner Schule? Klaus Meißner

ost an die RedaktiS C H U L E

8 Die Mama zu Hause war das Ideal Dorothee Nolte

10 Verstrahlte Zukunft Siegfried Schwarzmüller

12 Service Learning Joachim Syska

13 Kollektive Fehlsichtigkeit Almuth Klemm

14 Wenn’s brennt LDV

G L O S S E

17 Im Casting-Fieber Gabriele Frydrych

G E W E R K S C H A F T

18 Die Zeit der einvernehmlichenVerhandlungen ist vorbei Ulrich Thöne

19 Zwei Bündnisse für ein Ziel Hartmut Schurig

20 Selbstverständnis der GEW GEW Betriebsgruppe

20 Reinhart Behr ist tot Michael Retzlaff

R E C H T & T A R I F

21 Chaos hoch drei Ilse Schaad

22 Weitere Kürzungen in der Beihilfe Ilse Schaad

T E N D E N Z E N

25 Wem würdest du ein Denkmal setzen? Gabriele Frydrych

26 Verhinderung des Bombodroms AG Friedenserziehung

S E R V I C E

23 Schule des Lebens Ursula Kohler

27 Theater und Schule | Fortbildung | Materialien

I N H A L T

FOTO: VEIT METTE

Die blz ist die Mitgliederzeitschrift der Gewerkschaft Erziehung undWissenschaft, Landesverband Berlin, Ahornstr. 5, 10787 Berlin underscheint monatlich (10 Ausgaben) als Beilage der E&W. Für die Mit-glieder ist der Bezugspreis im Mitgliedsbeitrag enthalten. Für Nicht-mitglieder beträgt der Bezugspreis jährlich 18 € (inkl. Versand).Redaktion:

Pit Rulff (verantwortlich), Klaus Will (Koordination und Schlussredaktion), Beate Frilling, Bettina Liedtke, Ralf Schiweck, Folker Schmidt, Günter LangerRedaktionsanschrift: Ahornstr. 5, 10787 Berlin, Tel. 21 99 93-46, Fax. -49, e-mail: [email protected]

Anzeigen und Verlag: GEWIVA GmbH, erreichbar wie RedaktionFür Anzeigen gilt die Preisliste Nr. 9 vom 1.7.2003

Satz, Layout und Konzept: bleifrei Texte + Grafik/Claudia Sikora/Jürgen BrauweilerPrinzessinnenstr. 30, 10969 Berlin, Tel. 61 39 36-0, Fax -18, e-mail: [email protected]

Druck: Gallus Druckerei KG, Gutenbergstr. 3, 10587 Berlin

ISSN 0944-3207 1/2004: 23.000

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Tom Stryck hat laut Tagesspiegel nichtsdagegen, wenn man ihn als „Vater desBerliner Schulgesetzes“ bezeichnet – überdie Mutter schweigt er sich allerdingsaus. Er gibt aber zu, dass es während derlangen Schwangerschaft von immerhinsieben Jahren ab und zu „Motivationskri-sen“ gab. Kein Wunder, dass er und seinDienstherr auf nix und niemand mehrhören wollten und autokratisch entschie-den: Das Kind muss kommen! Zwar keinedemokratisch einwandfreie Geburt, abernach Meinung von Stryck eine juristischstandhafte – immerhin war ein „brillanterJurist“ als Geburtshelfer dabei! Statt Zu-kunftsfähigkeit also Klage-Resistenz.

Gerhard Schmid, leitender Schulrat inKreuzberg-Friedrichshain und mittlerwei-le bildungspolitischer Sprecher der CDU,agiert ähnlich autokratisch: Er qualifizier-te eine Studie über extremistische Ten-denzen kurzerhand als „einseitig und un-wissenschaftlich“ ab und untersagte dieAuseinandersetzung damit: „Es wäre eineKatastrophe, wenn sich Lehrer in ihrerDienstzeit damit beschäftigen, denn dasPapier hat eindeutig politischen Charak-ter“, erklärte er laut Berliner Zeitung seinVorgehen. Das war selbst Parteifreundund Landesschulrat Hansjürgen Pokallzu viel. „Die Argumente des Kollegen ausFriedrichshain werden keinen Bestand ha-ben“, sagte er der Zeitung.

Ulrich Thöne und Klaus Böger tauschtenauf Anregung der Berliner Zeitung Neu-jahrsgrüße aus. Während Böger sich artigwünschte, dass der Lehrer-Beruf mehrgesellschaftliche Anerkennung und Un-terstützung bekommt und die SchülerIn-nen guten Unterricht, fand Thöne einenanderen Ton: „Zeigen Sie sich wie einmutiger Hai und nicht wie ein Bücklingim Senatstümpel. Machen Sie Schluss mitall den faulen Kompromissen, den offe-nen und versteckten Angriffen. StellenSie sich vor die Berliner Bildungseinrich-tungen und ihre Beschäftigten. WechselnSie die Seite“ , heißt es in seinem Neu-jahrsgruß.

Michael Cramer, Bündnis90/Die Grünen,darf seinen Beruf als Musik- und Sport-lehrer nicht ausüben, solange er Parla-mentarier ist. Nach dem Verwaltungsge-richt hat jetzt auch das Oberverwaltungs-gericht Berlin Cramers Klage abgewiesenund die Unvereinbarkeit von Lehramtund Mandat bestätigt.

Die SPD setzt mit der PDS ein Schul-gesetz fast unverändert durch, das

für die Große Koalition mit der CDUund vor den Erkenntnissen der PISA-Studie konzipiert war. Die pädagogi-sche Lyrik der ersten Paragraphen lässtdas Herz gestandener Reformpädago-gInnen in freudiger Erwartung schnel-ler schlagen. Dann kommt aber dasKleingedruckte, die schulische Alltags-prosa: in den nachfolgenden Paragra-phen wird alles gleich wieder ausgehe-belt. Und das Sahnehäubchen dabei:SPD und PDS zementieren mit starremBlick auf das Lichtenrader und Köpe-nicker Reihenhausmilieu das dreiglie-drige Schulsystem!

Bei dieser Nummer „Kulturrevolution“des Amateurkabaretts auf dem Betriebs-ausflug einer West-Berliner Schule ju-belt das Kollegium. Wird doch das Alt-68er Klischee der politisch unzuverläs-sigen SPD mit dumpfen Vorbehaltengegen „die Ossis“ in der PDS und gene-reller Parteienverdrossenheit instinkt-sicher verknüpft. Eine Nummer zumSchenkel klatschen und Mitschunkeln.

Das ist nun aber leider kein Kaba-rett, sondern bildungspolitische Rea-lität im Berlin des Jahres 2004: dasneue Schulgesetz ist da. Und es wirdlange bleiben.

Schauen wir in das Jahr 2020: Dannhaben alle, die ihre Schulzeit unter demneuen Schulgesetz begonnen haben,längst ihr Abitur. Diese Abiturientenmüssen dann zahlreicher sein als heu-te. Die ohne Erfolg aus dem Schulsy-stem herausfallen, müssen wenigerwerden. Das sagt die OECD.

In Berlin wird es mehr Migranten ge-ben als heute und mehr soziale Brenn-punkte, sagen die Stadtsoziologen.Und da es insgesamt weniger Kinderund Jugendliche geben wird, müssensie alle qualifiziert werden, sagen dieDemografen.

Nach dem Schulgesetz von 2004 wer-den sie aber – trotz aller lyrischen Be-merkungen über individuelle Förde-

rung und gesellschaftliche Integration –nach wie vor sitzen bleiben, durchge-reicht werden und im Problemfall mitallen anderen Problemfällen in derHauptschule vereint sein. Dafür wirddem Land Berlin kein finanzieller undsozialer Preis zu hoch sein, währenddie Integration behinderter Kinder undJugendlicher immer noch unter Haus-haltsvorbehalt stehen wird. Es wirddafür auch keine Öffnungsklausel ge-ben für Schulen, die anders verfahrenwollen – trotz aller lyrischen Bemer-kungen über den hohen Wert vonSchulentwicklung und Schulprogramm-arbeit an der Einzelschule.

Niemand wird so überheblich seinzu unterstellen, dass die politisch

Verantwortlichen für das Gesetz diesetwa nicht gemerkt hätten. Sie habensich einer seriösen öffentlichen Diskus-sion zu dem Thema der inneren Wider-sprüchlichkeit des Schulgesetzes nurnicht gestellt. Sie haben das Problemdes Schulsystems einfach für nicht exi-stent erklärt.

Sie haben aber damit eine bildungs-politische Chance vertan. Mit einemneuen Schulgesetz unter der Berlinerpolitischen Konstellation von Parteien,von denen man eine kritische Distanzzu den überkommenen deutschen Schul-traditionen erwarten konnte, hätte einZeichen gesetzt werden können für ei-ne grundlegende Reform des Schulwe-sens – eine Reform, die mehr gewesenwäre als finanzielle Ausdünnung beste-hender Strukturen und Modernisierungder Kontrollmechanismen.

Ihre Kulturrevolution hat nur in derLyrik stattgefunden.

Vor welchem Interessentenhaufen sieeingeknickt sind, wer an der Basis derbeteiligten Parteien dahinter steht, dassei dahingestellt. Uns als Gewerkschaf-tern bleibt nur noch Wetten abzu-schließen, wann die harten sozialen Rea-litäten im Land Berlin die erste Novel-lierung des Schulgesetzes erzwingenwerden.

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Geisterfahrt ins Jahr 2020Das neue Schulgesetz ist nicht zukunftsfähig.

von Thomas Isensee, Leiter Referat Bildungspolitik

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Hauptschule wegweisendVorbildlich und beispiellos haben sich

die SchulleiterInnen gleich am erstenWochenende nach den Ferien in Erknerzu einer Klausurtagung getroffen. Un-ter der Leitung von Oberschulrat HorstSeidel haben sie über die offenen Fra-gen des neuen Schulgesetzes in Bezugauf seine Umsetzung für die Haupt-schule diskutiert und Vorschläge erar-beitet. Die Ergebnisse werden auf einereigens eingerichteten Homepage doku-mentiert und können in der Schulöf-fentlichkeit kritisiert und ergänzt wer-den. Ein Beispiel, dass auch für die an-deren Schulzweige nachahmenswert istund das vor allzu großen Überraschun-gen im Herbst etwas schützen kann.Natürlich geht nichts ohne Mut undEinsatz, aber das war den Hauptschul-kollegen noch nie fremd.

50 Jahre MundorgelIn Lied Nr. 82 liebt Gott diese Welt, in

Nr. 261 rasen die Affen durch denWald: Viele kennen sicherlich noch daskleine rote Liederbuch, das im Oktober1953 die Welt erblickte und mit seinempraktischen Kleinformat in jede Hemd-oder Hosentasche passt und eine zwarsehr christlich geprägte, aber durchausbunte Mischung an Volks- und Fahrten-

liedern nicht nur aus deutschen Landenbietet. Von den 132 Texten der erstenAusgabe sind allerdings nur noch 54übrig geblieben. Lieder, in denen von„Negern“ die Rede war oder von „Zigeu-nern“ wurden ebenso gestrichen wieLieder mit militaristischer Tendenz undLieder der Nazis. Herausgegeben vomChristlichen Verein junger Männer(CVJM) hatte das Liederbuch bis Endeder 70er Jahre ein Auflage von zehnMillionen erreicht; in den Jahren da-nach bis heute wurden nur noch vierMillionen Exemplare verkauft. Moder-ner (aber auch teurer: 21 Euro) ist dieLiedersammlung „Das Ding“: hier findetman 400 Lieder vom Volkslied über denSchlager bis zum Pop- und Rock-Song.Die „Capri-Fischer“ von Rudi Schurickeebenso wie „Talking about a Revolu-tion“ von Tracy Chapman oder „Like aPrayer“ von Madonna, aber auch „DieGedanken sind frei“.

Bachelor-Studiengang für ErzieherInnen

Ab April 2004 bietet die Alice-Salomon-Fachhochschule für Sozialarbeit densiebensemestrigen Studiengang „Erzie-hung und Bildung im Kindesalter“ an.Zugangsvoraussetzung ist das Abitur,der Studiengang endet mit dem „Bache-

lor of Arts“ (Education). Pro Jahr will dieFachhochschule 40 Studienplätze bereitstellen. Die Anerkennung dieses Ausbil-dungsgangs als Modellversuch wurdeDezember 2002 von der Bund-Länder-Kommission abgelehnt. Jetzt führt dieAlice-Salomon-Fachhochschule den Stu-diengang ohne Bundesunterstützungdurch. Gegenüber dem beantragten Mo-dellversuch, der auch von der GEW mitentwickelt wurde, ist der jetzt von derFachhochschule allein verantworteteStudiengang in Umfang und Inhaltdeutlich verkürzt worden.

Europäischer Aktionstag gegen Sozialabbau

Der Europäische Gewerkschaftsbundund der DGB rufen auf, am 3. April 2004mit Protestaktionen und Massendemon-strationen in den Hauptstädten und inanderen großen Städten Europas gegenden Sozialabbau zu protestieren. Die Ak-tionstage waren von den sozialen Bewe-gungen beim europäischen Sozialforumund vom Europäischen Gewerkschafts-bund initiiert worden. „Attac hat sichmit großer Vehemenz für einen gemein-samen Protesttag eingesetzt“, sagte PeterWahl vom Attac-Koordinierungskreis.„Das Zusammenwirken von sozialen Be-wegungen und Gewerkschaften ist eineneue Qualität und bildet die Grundlagefür eine breite, außerparlamentarischeOpposition. Die Zeiten, in denen die All-Parteien-Koaliton ihren Kurs ohne mas-sive Proteste durchsetzen kann, sindvorbei.“

Berlin vertreibt junge LehrkräfteMit der von Bildungssenator Klaus Bö-

ger verkündeten Absenkung der Ein-gangsgehälter um eine Besoldungsstufewerden noch mehr in Berlin dringendbenötigte Lehrkräfte in andere Bundes-länder abwandern, befürchtet die GEWBERLIN. Denn anders als der Bildungs-senator behauptet, bedeute die Absen-kung der Eingangsgehälter nicht eine An-passung an andere Bundesländer, son-dern eine Schlechterstellung der BerlinerLehrkräfte. Außerdem will der Senat in2004/2005 insgesamt 400 Referenda-riatsplätze streichen, 200 Plätze in die-sem Jahr und 200 Plätze in 2005. Dieohnehin schon geringe Ausbildungska-pazität wird dadurch noch weiter redu-ziert. Im August könnten dann nurnoch 180 Plätze besetzt werden – bei2.000 Bewerbungen! Angesichts der be-vorstehenden Pensionierungswelle wer-den die beiden Maßnahmen dazuführen, dass Berlin kaum den nötigenNachwuchs bekommen wird.

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Aktion des DGB Berlin-Brandenburg am 13. Januar 2004 am Historischen Hafen in Berlin-Mitte für die Integrationbehinderter Menschen ins Arbeitsleben unter dem Motto „Wir wollen ins Boot! Ausbildung und Arbeit für behinder-te Menschen“. FOTO: TRANSIT/POLENTZ

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Im Oktober 2003 hat das Max-Planck-Institut fürBildungsforschung die Maßnahmen beschrieben,

die als Folge der PISA-Ergebnisse in allen Bundes-ländern nach eigenen Angaben bildungspolitischePriorität besitzen:

… „Eine frühe Sprachförderung, insbesonderefür Migrantenkinder bzw. Kinder mit Deutsch alsZweitsprache, in der Regel verbunden mit Sprach-standsfeststellungen für alle Kinder;

… die bessere Verzahnung von Kindertagesstät-ten, Vorschulerziehung und Grundschule sowiedie Einführung einer verlässlichen Halbtagsgrund-schule und von Ganztagsschulangeboten;

… die Ergebnissicherung mittels fortlaufenderLernstandsermittlung, der Entwicklung und An-wendung von Instrumenten der Leistungsdiagno-se sowie die Durchführung schulübergreifenderVergleichsarbeiten;

… die Erstellung von Schulprogrammen;… die Neufassung bzw. Weiterentwicklung von

Rahmenplänen sowie die Erarbeitung von Stan-dards in den Kernfächern;

… die Weiterentwicklung der methodischen unddiagnostischen Kompetenz der Lehrkräfte insbe-sondere durch Lehrerfortbildung.“ (s. Bildungsbe-richt für Deutschland: Erste Befunde/ Zusammen-fassung, S.11)

In Berlin materialisieren sich diese Absichten imjetzt verabschiedeten neuen Schulgesetz, in derersten Ausgabe der neuen Informationsreihe derSenatsverwaltung für Bildung, Jugend und Sportvom November 2003 „Schule für Berlin“ und inden seit Dezember 2003 im Internet nachlesbarenund zur Diskussion freigegebenen neuen Rahmen-plänen für die Grundschule, die im Schuljahr2004/05 in Kraft treten sollen. Das neue Schulge-setz schafft die rechtlichen Voraussetzungen fürdie verbindliche und flächendeckende Schulpro-grammentwicklung.

Schulprogrammentwicklung

Das Schulprogramm wird als zentrales Instru-ment der Schule zur Wahrnehmung pädagogischerEigenverantwortung eingestuft. „Mit ihm muss sichdie Schule im Rahmen des vorgegebenen Bildungs-und Erziehungsauftrags, der verbindlichen Stan-dards und ihrer konkreten Möglichkeiten über die

eigenen Ziele klar werden. Das Schulprogrammdient dazu, sich der eigenen Ziele zu vergewis-sern und die eigenen pädagogischen Möglichkei-ten und Ziele im Rahmen des vorgegebenen Bil-dungs- und Erziehungsauftrags und der verbindli-chen Standards zu dokumentieren. Es unterstütztdie Selbstkontrolle und Evaluation der eigenen Ar-beit und soll zu einer neuen Form der Koopera-tion mit der Schulaufsicht in der Orientierung aufein gemeinsam verantwortetes Entwicklungszielführen.“ (Schule für Berlin, Heft 1, 2003, S. 5)

Für die meisten LehrerInnen ist diese Anforde-rung neu und deckt sich kaum mit ihrem berufli-chen Selbstverständnis. Sie sind gewohnt, nur aufdie Klassen bezogen zu denken und zu handeln,in denen sie unterrichten; eine gemeinsame Ver-antwortung für die gesamte Schule zu überneh-men, ist ihnen dagegen in der Regel fremd. Sichan dieser Stelle auf einen Prozess des Umdenkens

Was wird aus der

Berliner Schule?

Reformen können nur Erfolg haben, wenn Ressourcen sofort bereitgestellt werden.

von Klaus Meißner, Hochschullehrer an der UdK und Leiter der Diesterweg-Hochschule

Ein Blick auf die Schulentwicklung in Berlin... FOTO: VEIT METTE

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einzulassen, der die Voraussetzung für eine iden-tifizierte Mitarbeit an der Schulprogrammentwick-lung ist, macht viel Überzeugungsarbeit erforder-lich. Die Schulprogrammentwicklung selbst istsehr komplex und erfordert eine fachliche Unter-stützung.

Eine erste praxisnahe Hilfe bietet die 2003 vomLISUM veröffentlichte Informationsschrift „Statio-nen auf dem Weg der Schulprogrammentwick-lung“. Dieser Leitfaden beschreibt Erfahrungenaus dem dreijährigen Pilotprojekt „Schulprogramm-entwicklung und Evaluation“, an dem 60 BerlinerSchulen teilgenommen haben, und verdichtet siezu Handlungsempfehlungen. In einem umfangrei-chen Anhang sind Kopiervorlagen abgedruckt, diezur Strukturierung des Entwicklungsprozesses ge-nutzt werden können, sowie weiterführende Lite-raturangaben und Adressen von Unterstützungs-systemen. Für die persönliche Beratung könnensich die Schulen an die Agentur für Prozessbera-tung und Beratung für Schulprogrammentwick-lung des LISUM wenden; doch die Kapazitätensind begrenzt.

Flexible Schulanfangsphase

Die flexible Schulanfangsphase ist für die Kin-der vor allem durch ein früheres Einschulungsal-ter und durch eine flexible Verweildauer in derSchulanfangsphase gekennzeichnet. In der Regelerfolgt nach zwei Jahren unter Verwendung einesstandardisierten Instrumentariums die Erfassungund Bewertung des individuellen Leistungsstan-des. Entspricht er den für das Ende des zweitenSchuljahres festgelegten Standards, geht das Kindin die dritte Jahrgangsstufe über. Anderenfalls hates ein weiteres Jahr Zeit, die geforderten Kompe-tenzen zu erwerben. Ein Wechsel in die dritteJahrgangsstufe vor Ablauf von zwei Jahren istmöglich, wenn das Kind bereits früher über diefestgelegten Kompetenzen verfügt.

„Die besondere pädagogische Aufgabe derSchulanfangsphase besteht darin, Defizite im Be-reich der Grundfertigkeiten auszugleichen, dieinsbesondere bei Kindern aus sozial benachteilig-ten Familien zunehmend zu beobachten sind...Hierfür werden künftig die bisherigen Vorklassen-leiterinnen im Rahmen der verlässlichen Halbtags-schule unterstützend in der Schulanfangsphaseeingesetzt. Sie übernehmen in Organisationsfor-men, die vorrangig von den Schulen festzulegensind, die Förderung basaler Fertigkeiten und Kom-petenzen der Kinder. Die Zusammenarbeit vonLehrern, Vorklassenleiterinnen und Erzieherinnenwird deutlich verstärkt und eine gezielte Förde-rung aller Kinder verbessert (Schule für Berlin,Heft 1, 2003, S. 21).“

Neben organisatorischer Kompetenz der Schul-leitung sind zur erfolgreichen Realisierung desVorhabens die Kompetenz zur Kooperation undzur Lerndiagnostik von ErzieherInnen und Lehre-rInnen besonders gefragt. Gerade im Bereich derlerndiagnostischen Kompetenz, die zur gezieltenindividuellen Förderung unerlässlich ist, bestehenbislang jedoch erhebliche professionelle Defizite,

da in der Lehrerausbildung der Erwerb dieserKompetenz in der Regel nicht ermöglicht wird.

Ganztagsgrundschule

Ganztagsgrundschulen benötigen „ein pädagogi-sches Konzept, in dem Lehrkräfte und Sozialpäda-gogen kooperieren.“ (Hocke, N., blz 1, 2004, S. 8)Das momentan diskutierte „Gesamtkonzept für dieGanztagsbetreuung von Grundschulkindern“ ent-spricht nach Auffassung der GEW BERLIN nichtihren pädagogisch-innovativen Qualitätsansprü-chen und wird deshalb von ihr in dieser Fassungzurückgewiesen (Näheres: blz 1, 2004, S. 8-16).

Sprachförderung Deutsch

Als Reaktion auf erhebliche Defizite bei der al-tersgemäßen kompetenten Verwendung der deut-schen Sprache vieler Kinder bei Schuleintritt hatdie Senatsbildungsverwaltung Maßnahmen zurReduzierung dieses Missstandes ergriffen. Es istgeplant, den Sprachentwicklungsstand der Kindererstmals bei Schuleintritt und dann alle zwei Jah-re bis zum Wechsel in die Sekundarschule mit ei-nem standardisierten Verfahren zu messen undauf der Grundlage der Ergebnisse individuelle För-dermaßnahmen anzubieten. Kinder nichtdeut-scher Herkunftssprache mit sehr geringer Sprach-kompetenz in Deutsch werden seit diesem Schul-jahr nach dem neuen Rahmenplan DaZ unterrich-tet. Problematisch ist allerdings nach wie vor dieQualifizierung der Lehrkräfte für die Sprachförde-rung. Aber „ohne eine entsprechende Qualifizie-rung des Personals kann das Sprachförderkonzeptnatürlich nicht umgesetzt werden. Deshalb ist dasFortbildungsangebot für die Erzieherinnen und Er-zieher verdoppelt worden. Die Jahreskurse an derTechnischen Universität zur Qualifizierung vonLehrkräften für Deutsch als Zweitsprache DaZmüssen fortgesetzt werden. Außerdem müssenam LISUM die Fortbildungskurse DaZ für Vorklas-senleiterinnen ausgebaut werden. Und schließlichist die Aufnahme eines Moduls DaZ in die zweiteAusbildungsphase der Lehrkräfte zu nennen.“(Schule für Berlin, Heft 1, 2003, S. 16)

Neue Rahmenlehrpläne

Seit Dezember 2003 stehen die neuen Rahmen-lehrpläne für die Grundschule bis Ende Januar2004 zur öffentlichen Anhörung im Internet(www.lisum.de). Die Pläne sind unter der Feder-führung des LISUM Brandenburg unter Beteiligungvon Berlin und Mecklenburg-Vorpommern – anden Plänen für Deutsch und Mathematik hat auchBremen mitgearbeitet – von September 2002 bisOktober 2003 entwickelt worden. Es ist beabsich-tigt, sie in diesen drei bzw. vier Ländern zumSchuljahr 2004/5 in Kraft zu setzen.

Bei dieser rigiden Zeitplanung ist die notwendigequalitative öffentliche Diskussion, an deren Endeauch substantielle Veränderungen der Pläne stehen

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könnten, nicht möglich, so dass die kurze Phase derAnhörung als demokratische Farce gewertet werdenmuss. Bereits die Fertigstellung der Pläne von denländerparitätisch zusammengesetzten Rahmenlehr-plangruppen vollzog sich unter unzumutbarenBedingungen: Zwei Wochen vor Terminablauf wur-de allen Arbeitsgruppen mitgeteilt, dass sie ihrebisherigen Entwürfe nach einem neuen verbindli-chen Raster umzuarbeiten hätten. Diese Auflageführte dazu, dass in einigen Fächern die konzep-tionelle Anlage des Plans radikal geändert werdenmusste und zum Schluss sich nicht mehr alle Mit-glieder der Rahmenlehrplangruppen aufgrund an-derer Terminverpflichtungen an der aufwändigenÜberarbeitung beteiligen konnten. ProfessionelleRahmenlehrplanarbeit sieht anders aus!

Wer die Pläne aufmerksam liest, wird feststel-len, dass sie einige wesentliche Neuerungen ent-halten, die den LehrerInnen bei der unterrichtli-chen Realisierung Kompetenzen abverlangen, diesie bislang nicht erworben haben. Es seien hiernur einige aus dem Kapitel „Bildung und Erzie-hung in der Grundschule“ angeführt: Orientierungdes Unterrichts auf den Erwerb von Sachkompe-tenz, Methodenkompetenz, sozialer und persona-ler Kompetenz; Arbeiten mit einem neuen Lei-stungsbegriff, bei dem zwischen Leistungsermitt-lung und Leistungsbewertung strikt unterschie-den wird; qualitative Weiterentwicklung des Un-terrichts unter Einbeziehung von schulbezogenenQualitätsstandards und schulinterner Evaluation.Das alles sind wichtige Innovationen, die die Qua-litätsentwicklung der Grundschule fördern. Siemüssen aber in ihrer Bedeutung und Tragweitevon LehrerInnen verstanden werden, um in derUnterrichtspraxis wirksam werden zu können. Oh-ne effektive Implementierung mit begleitender sy-stematischer Evaluation werden die neuen Pläneden Unterricht so wenig verändern wie viele Lehr-pläne zuvor.

Personalentwicklung in der Schule

Nach Analyse der Bildungskommission der Län-der Berlin und Brandenburg scheiden bis zumJahr 2010 zwölftausend der dreißigtausend Lehre-rInnen, die 2001 in Berlin tätig waren, altersbe-dingt aus ihrem Beruf aus. Zur Kompensation wer-den aufgrund sinkender Schülerzahlen innerhalbdieses Zeitraums 6700 Neueinstellungen erforder-lich (2003, S. 49). Diese Personalentwicklungkönnte einen Innovationsschub für die BerlinerSchule auslösen, wenn die Senatsbildungsverwal-tung die Neueinstellungen durch umfassende per-sonalqualifizierende Maßnahmen flankiert.

Kompetenzentwicklung

Die geplanten und teilweise bereits eingeführ-ten Neuerungen, die zu Qualitätssteigerungen inder Berliner Schule führen sollen, erfordern beiLehrerInnen Kompetenzen, die sie bisher kaumentwickelt haben. Insbesondere sind zu nennen:lerndiagnostische Kompetenz einschließlich der

Kompetenz zur differenzierten Leistungserfas-sung und -bewertung; evaluative Kompetenz;Kompetenz zur Sprachförderung; Medienkompe-tenz; Kompetenz zur Kooperation; Unterrichts-kompetenz für Mathematik und Naturwissen-schaften.

Die Universitäten müssen sich bei der Ausbil-dung von LehrerInnen auf diese neuen Anforde-rungen einstellen, ein neues Anforderungsprofilsowie neue Studien- und Prüfungsordnungen ent-wickeln, die dem veränderten Berufsbild der Leh-rerInnen entsprechen. Ebenso muss die zweitePhase der Lehrerbildung durch neue Akzentset-zung ihr Ausbildungscurriculum reformieren. Be-sonders gefragt ist jedoch die wirksame Unter-stützung der Lehrkräfte beim Erwerb der neuenKompetenzen. Sie ist nach dem neuen Schulge-setz die zentrale Aufgabe des Landesinstituts fürSchule und Medien (LISUM).

Partiell wird sie von dem Institut auch wahrge-nommen. Doch aufgrund der permanenten Redu-zierung des Personals – gegenwärtig ist der Be-stand auf 73 feste Stellen abgeschmolzen, von de-nen nur wenige für pädagogische ReferentInnenausgewiesen sind – und der geplanten erneutenUmquartierung des LISUM im Sommer 2004 vonder Storkower Straße nach Alt-Friedrichsfelde ver-liert das Institut zunehmend an Innovationswirk-samkeit. „Exzellente Ergebnisse sind im Bildungs-system nicht ohne exzellentes kontinuierlichnachwachsendes und klug eingesetztes Personalerreichbar.“ (Max-Planck-Institut für Bildungsfor-schung, 2003, S. 5) Gegen diese Erkenntnis wirdim LISUM allerdings seit Jahren verstoßen. Wasmit der gesetzlichen Anforderung zur Schulpro-grammentwicklung jetzt für jede Berliner Schuleverpflichtend wird – Aufstellung eines Schulpro-gramms zur qualitativen Weiterentwicklung derSchule – , wird dem LISUM permanent vorenthal-ten. Für das LISUM gibt es weder Planungssicher-heit noch eine konstruktive Personalentwicklung.Die dringend notwendige und in gemeinsamerDiskussion zu entwickelnde Institutskonzeptionwird von der Leitung blockiert und durch Lei-tungsentscheidungen zur formalen Neustrukturie-rung des LISUM ersetzt.

Die Bildungskommission der Länder Berlin undBrandenburg betont in ihrem Bericht, dass Schu-len und Lehrkräfte professionelle und effektiveUnterstützung benötigen, um die neuen Aufgabenleisten zu können. Sie empfehlen für Berlin undBrandenburg „die Einrichtung einer gemeinsamenServicestelle zur Qualitätssicherung; diese Ein-richtung könnte im Rahmen der geplanten Zusam-menlegung der beiden Landesinstitute PLIB undLISUM geschaffen werden.“ (S.233)

Der Bedarf nach vielfältiger qualitativer Unter-stützung ist akut und unbestritten; die Fusion derbeiden Institute erfolgt jedoch frühestens 2005.Die Erfolgsaussichten der angestrebten Innovatio-nen in der Berliner Schule sinken erheblich, wenndie Lehrkräfte auf Unterstützung so lange wartenmüssen. Wer ernsthaft an der Umsetzung der ein-geleiteten Reformen interessiert ist, muss die er-forderlichen Ressourcen jetzt bereitstellen unddie Schulen nicht auf später vertrösten.

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Eigentlich ist es verrückt: In den mei-sten europäischen Staaten ist die

Ganztagsschule seit langem normal, undauch in Deutschland wünschte sichschon in den sechziger Jahren knappdie Hälfte der Eltern in Umfragen ganz-tägige Betreuungsangebote für ihre Kin-der. Heute sind es sogar weit mehr, un-ter den Frauen über 80 Prozent. Trotz-dem ist die Halbtagsschule, zumindestin Westdeutschland, über all die Jahredas dominante Modell geblieben. Wiekommt das?

Für Karen Hagemann, Historikerin ander TU, lässt sich der deutsche Hang zurHalbtagsbildung und -betreuung weit indie Geschichte zurückverfolgen – und„deswegen bin ich skeptisch, wenn ichdie Wahlversprechen der Politiker hö-re“. Die rühmen ja seit neuestem dieVorzüge der Ganztagsbildung, weil sieFrauen die Berufstätigkeit erleichtert

und die Bildungschancen von Kindernaus sozial schwachen oder ausländi-schen Familien verbessert. Rheinland-Pfalz will bis 2006 zwanzig Prozent derSchulen auf Ganztagsbetrieb umstellen,die SPD verspricht vier Milliarden Eurozum Ausbau der Ganztagsbetreuung.Dennoch: Bis die Ganztagsbetreuungbedarfsgerecht ausgebaut oder gar dieGanztagsschule zur Regelschule wird,dürfte noch viel Zeit vergehen. Und dashat laut Hagemann historische Gründe.

Schon im 19. Jahrhundert war dieAuffassung verbreitet, öffentliche Kin-derbetreuung könne nur eine Notlö-sung für arme Familien sein, in denendie Mütter gezwungen waren, zu arbei-ten. Für deren Kinder wurden „primärkaritative ganztägige Bewahranstalten“eingerichtet. Daneben gab es Schul-und Kindergartengründungen aus pä-dagogischen Motiven, die nur halbtags

geöffnet waren. „Hauptgegnerin jegli-cher öffentlichen Betreuung, die übereine halbtägige Ergänzung zur Fami-lienerziehung hinausging, war die ka-tholische Kirche“, so Karen Hagemann.

Auch die Landbevölkerung, die aufdie Mitarbeit der Kinder in Haus undHof angewiesen war, wollte ihren Nach-wuchs höchstens halbtags in eine Bil-dungsanstalt schicken. Viele niedereSchulen waren im 19. Jahrhundert da-her Halbtagsschulen. An höheren Schu-len dagegen war ein Ganztagsunterricht– mit Mittagspause – zunächst durch-aus üblich. Erst seit der Mitte des 19.Jahrhunderts setzte sich auch dort zu-nehmend der Halbtagsunterricht durch– mit dem Argument, durch zuviel Un-terricht würden Jungs wehruntauglich.Auch der Deutsche Philologenverbandplädierte, aus ständischen Motiven, fürdie Halbtagsschule.

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Die Mama zu Hause war das IdealWarum gibt es in Deutschland eigentlich die Halbtagsschule? Ein Blick in die Geschichte — und in die europäischen Nachbarländer.

von Dorothee Nolte

Deutscher Hang zur Halbtagsbildung schon im 19. Jahrhundert. FOTO: ARCHIV

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In anderen europäischen Ländernverlief die Entwicklung anders. In Eng-land etwa wurde die allgemeine Schul-pflicht zugleich als Mittel im Kampf ge-gen die Kindererwerbstätigkeit auf demLande und in Fabriken eingesetzt, ab1920 war dort der ganztägige Unter-richt Pflicht. Auch in Frankreich gibt eseine lange Tradition der Ganztagsschu-le und vorschulischen Ganztagsbetreu-ung. Im Unterschied zu England undFrankreich baute Deutschland auch dieGanztagsangebote, die im ersten Welt-krieg aufgrund des Mangels an Arbeits-kräften entstanden waren, nach demKrieg rasch wieder ab.

Reformpädagogen, die eine Kombina-tion von Unterricht mit Sport und Spielforderten, über den ganzen Tag ver-teilt, konnten sich in Deutschland niedurchsetzen; ihre Schulen wurden vonden Nationalsozialisten geschlossen.Nach 1945 empfanden viele Westdeut-sche eine Abneigung gegen jeglicheForm von Gemeinschaftserziehung undwarfen Ganztagsschule und Gesamt-schule munter in einen Topf. In denfünfziger und sechziger Jahren holteman lieber ausländische Arbeitskräfteins Land, statt – wie in Frankreich oderden skandinavischen Ländern – aufweibliche Arbeitskräfte zurückzugrei-fen und die öffentliche Kinderbetreu-ung auszuweiten. Sogar die westdeut-schen Gewerkschaften und die SPD ver-traten bis in die siebziger Jahre hineindie Meinung, Ganztagsbetreuung seinur etwas für soziale Problemfälle. DieMama zu Hause war das Ideal. Die DDR

dagegen mit ihrer hohen Frauenerwerbs-quote setzte auf Halbtagsschule plusNachmittagsangebote und erreichte diehöchste Betreuungsrate im Ostblock.

Wie all diese Faktoren zusammenhän-gen – die Familienpolitik der europäi-schen Staaten, die Einstellung zur Er-werbstätigkeit der Frauen, Ganztags-schule –, das möchte Hagemann zusam-men mit zahlreichen Wissenschaftlernim Ausland erforschen und hat dafür,mit der TU-Historikerin Karin Hausenund der Bremer Professorin für Sozial-politik Karin Gottschall, einen Antragauf eine dreijährige Forschungsförde-rung bei der VW-Stiftung gestellt. (sieheKasten)

Und die Zukunft der Ganztagsschule?Aus Hagemanns Sicht steht die föderaleStruktur der Bundesrepublik Bildungs-reformen im Weg – neben den altenVorstellungen von Familie und Arbeits-teilung unter den Geschlechtern. Auchder Einfluss von Interessengruppen wiedem Deutschen Lehrerverband und derkatholischen Kirche wirke nach wie vorhemmend; und da es hierzulande weni-ger Schulen in freier Trägerschaft gibtals etwa in Frankreich und England, hatdas staatliche Schulsystem keine Kon-kurrenz. Was die Eltern wollen und wasfür die Kinder gut wäre, spielt Hage-mann zufolge eh nur eine untergeord-nete Rolle: „In diesem Land wird Politikohne die Betroffenen gemacht.“

Erschienen im Berliner „Tagesspiegel“ am 6. Juni 2002.Wir bedanken uns für die Nachdruck-Erlaubnis.

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FAMILIENPOLITIK UND GANZTAGSSCHULE

Das Forschungsprojekt, das Prof. Dr.Karen Hagemann (University of Gla-morgan, z.Z. WissenschaftszentrumBerlin) zusammen mit Prof. Dr. KarinHausen (Zentrum für InterdisziplinäreFrauen- und Geschlechterforschung ander Technischen Universität Berlin)und Prof. Dr. Karin Gottschall (Zentrumfür Sozialpolitik an der Universität Bre-men) bei der Volkswagen-Stiftung2002 beantragt hatte, erhielt zwar dieBefürwortung aller Gutachter, wurde

dann aber vom Kuratorium der Stif-tung doch nicht als förderungswürdigerachtet. Da eine Auswahl getroffenwerden musste, wurde anderen Pro-jekten der Vorrang gegeben. Ange-sichts des Zeitpunktes – mitten in derPISA-Diskussion und dem allgemeinenRuf nach mehr Ganztagsschulen – er-staunt, dass diesem Thema keine Prio-rität eingeräumt wurde. Die Antrag-stellerinnen vermuten, dass das Pro-jekt nicht nur bildungs- und sozialpoli-tisch, sondern auch geschlechterpoli-tisch zu brisant war. Eine ausführlicheDarstellung, die im wesentlichen aufden bisherigen ForschungsergebnissenHagemanns beruht, ist in der Zeit-schrift „Das Parlament“ Nr. 41 vom14.10. 2002 unter dem Titel „Die Halb-tagsschule in Deutschland: Ein Sonder-fall in Europa?“ abgedruckt. (Internet:www.das-Parlament.de) Karen Hage-mann arbeitet weiter an diesem The-ma: Auf der Fifth European SocialScience History Conference, die vom24. bis 27. März 2004 an der Hum-boldt Universität zu Berlin stattfindet,wird sie gemeinsam mit Kolleginnenin einem Panel mit dem Titel: „State –Children – Family: The Politics of ChildCare and Public Education in East-West-Comparison“ am 27. März ab14.15 Uhr ihre Forschungsergebnissezur Diskussion stellen. -wl

Halbtags- oder Ganztagsschule? FOTO: GISELA LAU

FOTO

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Unter dem Primat der „Effizienzstei-gerung“ geschehen derzeit in den

Schulen fast unbeachtet und unreflek-tiert Dinge, die früher zu regen Diskus-sionen und Aktionen geführt hätten.Oft ohne hinreichende Information undBeteiligung der Beschäftigten werden z. B. in Hessen an rund 100 Schulen un-ter dem Deckmantel von „Medienkom-petenz“, einer „neuen Lernkultur“ undeines „besseren Unterrichts“ Schülerin-nen und Schüler mit Laptops ausgestat-tet. Der Einsatz dieser mobilen Compu-ter hat vordergründig sicher einige Vor-teile wie Raumersparnis und Flexibilitätbei der Handhabung.

Bessere Bildung durch WLAN?

Gleichzeitig mit der Einrichtung derSchülerarbeitsplätze wird von der Lan-desregierung und den Schulträgern je-doch eine neue Technik eingeführt, ge-gen die aus gesundheitlicher Sicht star-ke Bedenken bestehen. Nach Auffas-sung der Initiative Schule@Zukunft, in

der Landesregierung, Schulträger undhessische Unternehmerverbände zu-sammenarbeiten, kommt als Laptop „nurein WLAN in Frage“. Bei dem derzeitforcierten Verfahren der WLAN-Technik(Wireless-Local-Area-Network) steht imKlassenraum oder im Schulhaus einSender, über den die Lernenden kabel-los untereinander kommunizieren odermit den Peripheriegeräten und dem In-ternet verbunden sind. Ihre Laptopssind dabei selbst Sender und Empfän-ger. Bei diesen Aktivitäten entstehen anjedem Schülerarbeitsplatz hochfrequen-te pulsierende elektromagnetische Fel-der, deren gesundheitsschädliche Aus-wirkungen inzwischen allgemein be-kannt und anerkannt sind. Schon 2001kam die unabhängige Arbeitsstelle fürUmweltfragen der Evangelischen KircheHessen-Nassau zu dem Schluss, einegroße Zahl von Experimenten lasse„den Schluss zu, dass Lebewesen aufdiese Strahlung reagieren.“ Vorsorgen-der Gesundheitsschutz ist hier drin-gend angeraten, vor allem auch vordem Hintergrund der Erfahrungen aus

der Vergangenheit, wo der sorgloseUmgang mit als harmlos geltenden Sub-stanzen wie Holzschutzmittel, Asbest,FCKW auch an Schulen zu verheeren-den gesundheitlichen Gefährdungenund finanziellen Folgen geführt hat.

Hochfrequente Strahlungen

Bei einer Raumvernetzung ist es nochweitgehend eine individuelle Entschei-dung, ob die Schülerinnen und Schülerüber Kabel oder Sender untereinanderkommunizieren und mit dem Netz ver-bunden sind. Bei einer Schulvernetzunggibt es für die Beschäftigten jedoch kei-ne Entscheidungsmöglichkeit mehr, obsie sich der zusätzlichen Strahlung aus-setzen möchten oder nicht. Ähnlich wiein Wartehallen der Flughäfen und in gro-ßen Bahnhöfen sind sie während desArbeitstages ständig den elektromagne-tischen Feldern der WLAN-Sendeanlagenausgesetzt. Je nach Arbeitsplatz sinddabei unterschiedliche Belastungenmöglich. Durch Überlagerungen undSpiegelungen können hier unbemerktauch extrem hohe Strahlungswerte er-reicht werden. An einem Arbeitsplatzin der juristischen Bibliothek in Göttin-gen hat die Zeitschrift Öko-Test bei derFlussdichte, der Maßeinheit für hoch-frequente Strahlungen, einen Spitzen-wert von 23 000 W/qm gemessen. Deramtliche Grenzwert in der Bundesrepu-blik liegt derzeit bei 10 W/qm.

Ohne Kabelverbindung muss dieWLAN-Anlage auch nachts eingeschaltetund über Funk mit dem Netz verbun-den sein, da in dieser Zeit die Fernwar-tung des Schulsenders mit den in den„Dockingstations“ zugeschalteten Lap-tops durchgeführt wird.

Im November 2002 hat die ZeitschriftÖko-Test bei einer umfangreichen Un-tersuchung festgestellt, dass besondersvon den sendenden Laptops mit ihrenWLAN-Karten eine beträchtliche Strah-lendosis ausgeht. Sie liegt oft erheblichüber den empfohlenen Vorsorgewertenund an Brennpunkten auch über denamtlichen Grenzwerten. Auch das no-va-Institut hatte zuvor schon bei seinerUntersuchung zur WLAN-Anlage derUniversität Bremen festgestellt, dassman hier bei einer Arbeit an den Note-books „mit einer Überschreitung derVorsorgewerte rechnen“ muss. Zu derin unserem Kulturkreis ohnehin schonvorhandenen massiven Beeinträchti-gung durch unnatürliche elektromagne-tische Felder (zum Beispiel Handy,DECT-Telefon, Mikrowelle, Bildschirme)werden in der Schule Kinder, Jugendli-che und Lehrerkräfte damit zusätzli-

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Verstrahlte Zukunft Gesundheitsgefahren durch kabellose Laptops.

von Siegfried Schwarzmüller, GEW Hessen

Gefahr durch hochfrequente Strahlung. FOTO: MEV

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chen Gesundheitsgefahren ausgesetzt,die ohne großen Aufwand vermeidbarwären. Ohne jegliche quantitative undqualitative Einschränkung ist es auchmit einem handlichen Laptop möglich,wie bisher über Kabel im Internet zu ar-beiten und so die zusätzliche Strahlen-belastung durch die WLAN-Sendeanlagezu vermeiden. Es ist dafür nur ein Ka-bel zu legen und mit dem Netz zu ver-binden. Auch Peripheriegeräte wie einzentraler Drucker lassen sich weiterhinüber Steckkontakt oder mittels Diskettebedienen.

Fast alles spricht gegen WLAN

Neben der Vorsorge käme eine solcheAusstattung der Schulen die Städte undKreise sogar finanziell günstiger, weildie Komponenten für den Funkbetriebentfallen würden. Gegen die WLAN-Technik sprechen auch die von außenbeeinflussbare Datenübertragung, die ge-genüber Kabelverbindungen reduzierteArbeitsgeschwindigkeit und Belastbar-keit der Anlagen, die begrenzte Eig-nung für die Durchführung von Prüfun-gen und die Störungen im alltäglichenGebrauch. Fremde Vorgaben und Inter-essen der Industrie scheinen allerdingsschwerer zu wiegen als alle gesundheit-lichen, technischen, finanziellen und pä-dagogischen Einwände. Gegenpositionenund Bedenken werden wohl auch des-halb verschwiegen, um eine neue, Ge-winn bringende Technik in einemGroßversuch rasch umsetzen und aus-probieren zu können. In einigen Schul-bezirken wird die Technik sogar anGrundschulen „erprobt“. Kinder werdendabei zu Versuchsobjekten.

Rechtlich Einspruchsmöglichkeitengibt es kaum: Bei der WLAN-Einrichtungin den Schulen liege „alles unterhalb dergesetzlichen Grenzwerte“, lautet wiedereinmal die Rechtfertigung. Die 1996 (!)in der Verordnung über elektromagneti-sche Felder festgelegten Grenzwerte,die als Rechtsgrundlage angeführt wer-den, berücksichtigen nur die Tempera-turauswirkungen dieser Strahlungen.Bei den pulsierenden hochfrequentenFeldern gibt es jedoch bereits bei gerin-ger Leistungsflussdichte von der Tem-peratur unabhängige Wirkungen. Sieverursachen bei Menschen Beschwer-den wie Kopfschmerz, Bluthochdruck,Konzentrationsstörungen und könnenauch zu bleibenden gesundheitlichenSchädigungen führen. Das ECOLOG-In-stitut in Hannover hat inzwischen eineVielzahl von Studien über die gesund-heitliche Belastung durch elektroma-gnetische Felder ausgewertet und

konnte dies wissenschaftlich begründetbestätigen. Zum Schutze der Gesund-heit ist daher heute nicht mehr von denalten, unzureichenden Grenzwerten aus-zugehen, sondern von einem alle bis-lang bekannten Einflüsse berücksichti-genden Vorsorgewert, den es dann beider Beurteilung von Strahlenbelastun-gen unbedingt einzuhalten gilt. DieSchweiz hat dies bereits umgesetzt.Hier gelten für die Leistungsflussdichteoffiziell 0,1 W/qm als Vorsorgegrenz-wert. Dies ist 1/100 des in der Bundes-republik geltenden Grenzwertes. DasECOLOG-Institut empfiehlt auf Grundseiner Untersuchungen 0,01 W/qm alsVorsorgewert. Bereits bei diesem Wertwurden in Studien negative Einflüsse aufdie Gehirnfunktionen – Gehirnströme,Reaktionsvermögen, Blut-Hirn-Schranke– festgestellt. Bei Untersuchungen hatÖko-Test an einzelnen Laptops Werte er-mittelt, die höher liegen als diese Vor-sorgewerte.

Fast schon Körperverletzung

Bei der unkritisch betriebenen Medien-ausstattung der Schulen mit Sendernund strahlenden Laptops wird auch nichtberücksichtigt, dass es sich ja um Kin-der und Jugendliche handelt, die an ih-nen oft stundenlang tätig sind. Im Jahr2000 kam in England eine von der Re-gierung beauftragte unabhängige Exper-tengruppe zu dem Ergebnis, dass Kin-der – wegen des sich noch entwickeln-den Nervensystems und einer um etwa60 Prozent höheren Aufnahmefähigkeitfür energetische Strahlungen – weit ver-wundbarer sind als Erwachsene. Für siemüssten daher noch strengere Maßstä-be bei den Vorsorgewerten gelten. Kin-der bewusst solchen Gefahren auszu-setzen, grenzt an Körperverletzung.

Nicht bedacht wird auch bei der Ar-gumentation, dass in den Räumen derSchule häufig nicht nur ein Gerät diepulsierenden, hochfrequenten elektro-magnetischen Strahlen erzeugt, son-dern dass es 20 oder mehr Schülerin-nen und Schüler sind, die im Unterrichtmit diesen Geräten arbeiten. Nicht sel-ten geschieht dies an Orten, an denenes bereits andere unnatürliche Strah-lungsquellen gibt (Leuchtstoffröhre,Halogenlampe, Handy, Trafo). Es ist da-her vorab nicht auszuschließen, dassdurch eine Überschneidung der Felderdie Vorsorgewerte für die elektromag-netische Belastung an den einzelnenArbeitsplätzen weit überschritten wer-den. Sicher liegt die elektromagneti-sche Strahlung des einzelnen Laptopsunter der eines Handys, doch erhöht er

die Intensität der Belastung mit Elektro-smog. Auch die Nutzungsdauer spielteine Rolle, die bei Informatik-Fachlehr-kräften und Fachschülerinnen und Fach-schülern mehrere Stunden pro Tag be-tragen kann.

Besonders geschützt werden müssenelektrosensible Personen, die wie Aller-giker auf elektromagnetische Strahlun-gen reagieren. Dies sind drei bis fünfProzent der Bevölkerung.

Keine Sender in Schulen!

Schon die hier kurz dargestelltenFakten und Argumente sind ausrei-chend, um zu dem WLAN-Projekt derLandesregierung und der Schulträgerbegründet „Nein!“ zu sagen: „Keine Sen-der in Schulen und anderen öffentli-chen Einrichtungen!“ Dazu zählen ne-ben der WLAN-Technik auch die kabel-losen Bluetooth-Einrichtungen, DECT-Telefone und Handys. Über Kabel las-sen sich die gleichen, bei der Arbeit mitComputern in der Übertragungsge-schwindigkeit sogar noch bessere Er-gebnisse erzielen. Schutz und Vorsorgegegen gesundheitliche Beeinträchtigun-gen sollten wichtiger sein als das etwasbequemere Hantieren mit kabellosenGeräten.

Die GEW und die Personalräte imLand, in den Städten und Kreisen undin den Schulen müssen darauf Einflussnehmen, dass Entscheidungen zur Me-dienausstattung der Schulen in diesemSinne revidiert und Kinder und Lehr-kräfte in den Schulen nicht bewusst zu-sätzlichen Gesundheitsgefahren durchelektromagnetische Strahlungen ausge-setzt werden.

Bei der Bewertung der Risiken gibt essicher noch Unklarheiten, doch solltedie Vorsorge um die Gesundheit derMenschen ausschlaggebend sein. Weite-re Hinweise sind von der REFLEX-Studiezu erwarten, die derzeit im Auftrag derEuropäischen Union von Wissenschaft-lerinnen und Wissenschaftlern aus ver-schiedenen europäischen Länderndurchgeführt wird. Sie untersuchen un-ter anderem die Auswirkungen elektro-magnetischer Felder auf Gewebeteile.Auch aus der INTERPHONE-Studie derWeltgesundheitsorganisation zur Han-dy-Strahlung können sich weiterführen-de Erkenntnisse ergeben. Zumindestbis zu den Abschlussberichten dieseroffiziellen Untersuchungen (voraus-sichtlich 2007) sollte die Entscheidungzu WLAN an den Schulen zurückgestelltwerden.

Aus: Zeitschrift der GEW Hessen, Nr. 12/2003

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Die Schule (www.r-os.cidsnet.de) be-findet sich in einem sozialen Brenn-

punkt Schönebergs. Seit 2002 wird dasService Learning als Schulprojektdurchgeführt und ist als Profilelementin das Schulprogramm aufgenommenworden.

Demokratie lernen als Ziel

Die Projektidee entstand bei einemBlick über den Tellerrand: Ehrenamtli-che Tätigkeit wird in den USA und Ka-nada als soziale und gemeinnützigeTätigkeit von Schülern und Studentenzusätzlich zur Ausbildung durchge-führt. Service Learning gilt als Beitragzur sozialen Versorgung der Menschenund als erster Schritt hinein in die realeBerufswelt.

Die schulische Reflexionsarbeit istein besonders wichtiger Punkt im Kon-zept. Oftmals werden die Tätigkeitenmit Bonuspunkten honoriert, wodurchsich der Zugang zu einer Hochschulebeschleunigt. Amerikanische Erzie-

hungswissenschaftler sehen im ServiceLearning neben der Hilfe für bedürftigeMenschen ein Trainingselement zurSchaffung und Förderung eines demo-kratischen Verständnisses.

Zivile Tugenden einer starken Demo-kratie umfassen die Fähigkeiten zumsozialen und politischen Handeln. Akti-ve Bürger einer Demokratie müssendemnach in der Lage sein, Aufgabenund Probleme in ihrer Lebenswelt zuerkennen, Lösungsansätze zu ent-wickeln und diese einzeln oder inGruppen durch aktives Tun umsetzen.Nimmt man dies zum Maßstab für einepolitische Bildung, die unsere Demo-kratie erhalten und stärken soll, kannman mit dem in der Schule üblicher-weise Geleisteten nicht zufrieden sein.Für unsere Schulen spielt sich Demo-kratie lernen, neben dem Erleben de-mokratischer Strukturen in der Schule,z.B. durch Organe der Schülermitbe-stimmung, vornehmlich als kognitives

Erarbeiten von Funktionszusammen-hängen einer (parlamentarischen) De-mokratie im Geschichts- oder Weltkun-deunterricht ab. Service Learning bietetauf diesem Gebiet neue Wege an.

Seit November 2002 beteiligen sich50 SchülerInnen aus drei 7. Klassen fürein Schuljahr am Service Learning. Sieverrichteten in diesem Zeitraum 450Dienstleistungsstunden. Betreut wur-den sie von sechs LehrerInnen. Im lau-fenden Schuljahr begann das Projekt inder ersten November-Woche und es be-teiligen sich vier Klassen mit 72 Schüle-rInnen, betreut von acht LehrerInnen.

Zentral ist die Selbsttätigkeit derSchülerInnen: Individuell unterschied-lich an einem Nachmittag findet dasService Learning freiwillig für ein biszwei Stunden statt. Jede SchülerIn hateine „Stelle“. Diese Stellen sind entwe-der bei gemeinnützigen Trägern in derNähe unserer Schule, z.B. bei der Arbei-terwohlfahrt, im Seniorentreff oder inder bezirklichen Kita, dem Senioren-heim in der Albestraße oder dem VereinLesewelt e.V. in der Thomas-Dehler Bi-bliothek, dem Heimatmuseum, der in-terkulturellen Clearingstelle Xenos, derStadtteil-VHS Crellestraße oder derStadtteilbibliothek Schöneberg und inEinzelfällen auch bei bedürftigen Pri-vatpersonen angesiedelt.

Nutzen für alle Seiten

Die Arbeiten, die unsere Schüler über-nehmen, nützen allen Seiten. Zum Bei-spiel den älteren Menschen, die sichüber Jugendliche freuen, die sie beimEinkaufen unterstützen und mit denensie noch einen Plausch machen können.Die Jugendlichen sind vielleicht zumersten Mal intensiver mit älteren Men-schen zusammen und knüpfen denKommunikationsfaden zwischen den Ge-nerationen wieder neu. Oder es freuensich Kinder in den hauptsächlich vonFrauen betreuten Einrichtungen über diemännlichen jugendlichen Helfer, diewie große Geschwister auftreten.

Die SchülerInnen sind im Durch-

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Service LearningLernziel praktisches Tun: Durch Mitgestaltung zur Bewältigung gesellschaftlicher Aufgaben.

von Joachim Syska, Lehrer an der Riesengebirgs-Hauptschule

Die SchülerInnen erwerben wichtige Schlüsselqualifikationen, wie zum Beispiel sich verlässlich und verantwor-tungsvoll den übertragenen Aufgaben zu widmen. FOTO: CHRISTINE ALBERT

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Jeder zweite Deutsche trägt eine Bril-le. Nach der Studie des Kuratoriums

Gutes Sehen ist der Anteil der Brillen-träger in Deutschland in den vergange-nen drei Jahren erneut angestiegen.Insgesamt tragen derzeit 63 Prozentder erwachsenen Bundesbürger eineBrille. Davon sind 39,4 Millionen Er-wachsene ab 16 Jahren und 1,6 Millio-nen Kinder. Kontaktlinsen tragen derStudie zufolge derzeit 2,4 Millionen Er-wachsene. Vor allem der Anteil der Bril-lenträger im Schulalter ist in den 50Jahren seit Beginn der Umfragen über-durchschnittlich angestiegen. ThomasNosch, Präsident des Zentralverbandesder Augenoptiker, stellte fest, dass 29Prozent der 18 bis 29 Jahre alten Bun-desbürger ständig oder gelegentlich ei-ne Brille tragen, dagegen waren es vor50 Jahren erst 13 Prozent.

Alte Glaubenssätze wie: Da ist nichtszu machen! Das ist vererbt! Es ist un-heilbar! verstärken unsere bisherige ge-sellschaftlich gewohnte Sichtweise.Sehverschlechterungen mit zunehmen-dem Alter, ein unentrinnbares Schicksalin unserer computerdiktierten Zeit?Wer sich aufmerksam in unseren Buch-läden in der Abteilung alternative Ge-sundheit umschaut, entdeckt heraus-fordernde Titel wie: Spielend besser se-hen für Kinder, Nie wieder Brille, Au-gentraining bei Weitsichtigkeit, Augen-fitness am Computer..., die Literaturli-ste ist lang. Als Sehlehrerin seit 1997bin ich immer wieder erstaunt über die

Vorbehalte und das Misstrauen gegen-über der in diesen Büchern dokumen-tierten Selbsthilfemethode.

Der 1931 verstorbene Pionier dieserMethode ist Augenarzt Dr. Bates ausNew York. Er wollte nicht länger nurSehhilfen verschreiben. R. Kaplan ausKanada/Wien, J. Liebermann, L. Scholl,Meir Schneider, John Selby aus denUSA, W. Hetcher-Rosenbauer und vieleandere haben über Jahrzehnte mit per-sönlichem Engagement die Methodeweiterentwickelt und erstaunliche Er-folge bei Klienten dokumentiert. Die18. internationale Konferenz für ganz-heitliches Sehen fand gerade im Okto-ber 2003 in Zürich statt. Auf diesenjährlich weltweit organisierten Sehleh-rerkonferenzen traf ich auf viele alter-nativ denkende Augenärzte und Opti-ker.

Sehverbesserungen ohne Brille

Menschen können ein Bewusstseinfür ihre Augen entwickeln, die heutzu-tage durch den täglichen Gebrauch vonComputern und ein Überangebot an Le-sestoff einseitig belastet sind. Sie kön-nen lernen, sich ganzheitlich zu ent-spannen und entwickeln neue natürli-che Sehgewohnheiten. Mit Sehspielen,guter Atmung und der Vorstellungs-kraft erreicht man häufig recht leichterste Sehverbesserungen. In den letz-ten Jahrzehnten wurde die ursprüngli-

che Bates-Methode mit weiteren alter-nativen Heilmethoden verknüpft. For-schung und Suche gehen weiter, dennin der Arbeit zeigte sich, dass Sehen alsganzheitlicher Prozess anzusehen ist,der sowohl über Körperarbeit, die Be-seitigung von Störfeldern im Körper,Lösung von emotionalen Blockaden so-wie eine ausgewogene Ernährung be-einflussbar ist.

Sehen: ein kostbares Gut

Wir leben in einer Zeit, wo mittlerwei-le die Hälfte der Bevölkerung von teuerzu bezahlenden Sehhilfen abhängig ist,wo Augenkrankheiten wie Grüner Star,Grauer Star, Netzhauterkrankung bei äl-teren Menschen epidemieartig zuzu-nehmen scheinen. Ein Zusammenhangvon diesen Augenerkrankungen mit demoft jahrzehntelangen extensiven Tragenvon Sehhilfen wird vermutet. Die tradi-tionelle Medizin bietet Brillen bzw. inschweren Fällen die Operation an. Ab2004 werden Brillen für über 18-jährigevon den gesetzlichen Kassen nur nochbei schweren Fällen von „Fehlsichtig-keit“ erstattet. Eine weitere Hiobsbot-schaft zum Thema Sehen? Oder könntees gar der Anfang von einem bewusste-ren Umgang mit uns selbst, mit unse-ren Augen sein? Es könnte ein Anfangwerden zu einem Umdenken bezüglichdieses unseres kostbaren Gutes, unse-rer Fähigkeit klar zu sehen!

schnitt 13 Jahre alt und gewinnen mitdiesen Erfahrungen auch erste eigeneEinblicke in die Berufswelt. Sie lernenalso nicht nur, sich für die Gemein-schaft einzusetzen, sondern erwerbenwichtige Schlüsselqualifikationen, wiezum Beispiel sich verlässlich und ver-antwortungsvoll der Erfüllung der über-tragenen Aufgaben zu widmen. Das trifftbesonders auf die Bereiche zu, in denenMenschen – seien es Kinder, Alte oderBehinderte – von ihnen abhängig sind.Hiermit lässt sich eine zentrale schuli-sche Aufgabe erfüllen, nämlich die des

konkreten Demokratie Lernens. Empa-thie, Solidarität und soziales Engagementsind zentrale Voraussetzungen für de-mokratisches Handeln. In der Schulewerten wir einmal in der Woche in zweiSchulstunden die in der vergangenenWoche gemachten Erfahrungen aus. Wirsprechen über die wöchentlich erfolg-ten Eintragungen ins Lerntagebuch,tauschen uns über Erlebnisse aus, dienicht selten emotional berührend sindund aufgearbeitet werden müssen. Dieschriftlichen Eintragungen werden auchim Deutschunterricht wieder aufgegrif-

fen, indem an diesen Texten weiter ge-arbeitet wird. Allerdings strahlen diegemachten Erfahrungen auch auf ande-re Schul- und Lebensbereiche aus: Sieerleben sich als ernst genommene Mit-glieder der Organisation, in der sietätig sind, und schöpfen daraus Selbst-bewusstsein und Selbstwertgefühl. Ineiner Online-Beratungsagentur werdeneinige Schüler mittels Internet aufNachfrage die gewonnenen Erfahrungenweitergeben und interessierte Schulenberaten. Außerdem werden sie versu-chen, neue Stellen zu akquirieren.

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Kollektive FehlsichtigkeitEin Phänomen an unseren Schulen, von unserer Gesellschaft ignoriert und mit der Brille „behandelt“.

von Almuth Klemm, Grundschul- und Sehlehrerin

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Soziale Brennpunkte werden gemein-hin als „schlechte Wohnlagen“ oder

Gebiete mit „überforderten Nachbar-schaften“ bezeichnet. Dort wohnen be-sonders viele Arme, Arbeitslose, Aus-länder, alte Menschen und Alleinerzie-hende. Familien leben mit ihren Kin-dern häufig in engen und kleinen Woh-nungen. Für die Kinder sind nur wenigegeschützte Spiel-Räume vorhanden.Deutsche und überproportional vielenichtdeutsche Kinder wachsen dort ineiner insgesamt anregungsarmen undsogar schädigenden Umgebung auf. Indiesen Stadtteilen fallen Kinderarmutund benachteiligende Bildungsstruktu-ren räumlich zusammen.

Auswirkungen auf Kinder

An diesem Umfeld leiden viele Kinderund das zeigen sie in den Schulen. Siesind unruhig, unkonzentriert und auchaggressiv, andere wiederum sprachlosund introvertiert. Schulen in sozialenBrennpunkten stellen somit einen Kri-stallisationspunkt der Entwicklung imWohnumfeld dar. Dort werden die Kon-sequenzen gesellschaftlicher Verände-rungen sichtbar. Demzufolge müssensich die LehrerInnen im Unterricht vor-dringlich mit den Auswirkungen psycho-sozialer Verelendungstendenzen sowiemit Spannungen und Aggressionen zwi-schen den Kindern befassen und kön-nen sich erst danach um die Durch-führung des Unterrichts bemühen. Al-lein durch schulische Maßnahmen kön-nen die Auswirkungen sozialer Her-kunft, eines Migrationshintergrundesund eines schlechten sozioökonomi-schen Umfeldes nicht kompensiert wer-den. Deshalb ist eine veränderte Stadt-entwicklungspolitik notwendig, die so-ziale Segregation verhindert bzw. rück-gängig macht und ein besseres schuli-sches Umfeld schafft.

Die PädagogInnen unterrichten untererschwerten Bedingungen und müssen

einen erweiterten Erziehungs- und Bil-dungsauftrag umsetzen, der erheblichesWissen vom außerschulischen Lebens-umfeld jeder/s einzelnen SchülerIn vor-aussetzt. Gerade benachteiligte Schüle-rInnen müssen Kompetenzen erlernen,die es ihnen ermöglichen, sich eigenak-tiv und selbstregulierend mit Lernin-halten zu befassen. Dafür entwickelnviele LehrerInnen individualisierendeLehr- und Lernmethoden, gestalten einmitwirkungsoffenes Schulleben undpflegen außerschulische Kontakte zurJugendhilfe und in den Stadtteil.

Schulentwicklung muss her

Grundschulen brauchen besondereHilfen bei der Erarbeitung eines Profils,das die Entwicklung schulischer Qua-

lität mit kompensatorischen Hilfen ver-bindet, denn sie sollen für alle Kinderim Einzugsbereich attraktiv sein. Des-halb sind entsprechende Ressourcendes LISUM auf diese Schulen zu konzen-trieren. Kinder in sozialen Brennpunk-ten erhalten im Elternhaus häufig weni-ger intellektuelle Anregungen. Nichtnur für die 5. und 6. Klassen (wie jetztdurch WUV), sondern auf allen Klassen-stufen sollen zusätzliche Neigungs- undInteressengruppen eingerichtet werden.

Oberschulen sollen Angebote für alleSchulabschlüsse einschließlich Abiturohne Schulwechsel machen können. Esdarf keine schulischen Sackgassen ge-ben. Dazu sollen gemeinsame Prozesseder Schulentwicklung benachbarter Schu-len eingeleitet werden, die zu einer en-gen Kooperation dieser Schulen führen.Praxislernprojekte wie „Stadt als Schu-

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Wenn’s brennt...Soziale Brennpunkte gibt es viele in Berlin.Hier muss Schule mehr sein, als eine her-kömmliche Lehranstalt. Was fordert die GEW?

Landesdelegiertenversammlung

Wo es hässlich ist, fühlt sich niemand wohl. FOTO: MICHEL

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le“ oder „Produktives Lernen“ sollen be-darfsgerecht angeboten werden.

Vor der Schule geht es los

Kinder brauchen schon vor der Schu-le zusätzliche altersgemäße Entwick-lungs- und Gesundheitsförderung. AufSprach- und Bewegungsentwicklung so-wie gesunde Ernährung soll dabei be-sonderer Wert gelegt werden. Insbeson-dere das Interesse an der Schriftspra-che soll geweckt und gefördert werden.Damit eine Förderung der Kinder ausbelasteten Familien möglichst früh ein-setzen kann, muss der Kitabesuch indiesen Regionen kostenlos sein.

Multiprofessionelles Team

Kinder und Jugendliche brauchenPädagogInnen, die mehr Zeit für sie ha-ben. Diese Zeit wird auch für Tätigkei-ten, die sich nicht direkt auf den Unter-richt beziehen, gebraucht. Aus diesemGrund muss die Lehrerarbeitszeit an-ders bewertet und organisiert werden.

Um den komplexen und anspruchs-vollen Aufgaben gerecht werden zukönnen, müssen PädagogInnen in ihrerAusbildung bzw. Fortbildung mit denaktuellen wissenschaftlichen und di-daktischen Ansätzen für eine Arbeitmit sozial benachteiligten Kindern undJugendlichen vertraut gemacht werden.Die Qualifikation gerade der PädagogIn-nen, die in sozialen Brennpunkten un-terrichten, muss besonders hoch sein.Systemische Fortbildung, die sich anden Bedürfnissen der Einzelschule ori-entiert, muss bedarfsberecht angebo-ten werden. Die Schulen sollen Einflussauf die Personalauswahl haben. Allediese Schulen brauchen ein Team aussozialpädagogischem Personal und Psy-chologInnen, die vor Ort zur Beratungund Unterstützung zur Verfügung ste-hen. Jede Schule braucht eine regelfi-nanzierte Einrichtung der Jugendhilfe,z.B. Schülerclub oder Schulstation.

Kleine Klassen

In Grundschulen sollte – beginnendim Schuljahr 2003/2004 – die Richtfre-quenz in den Vorklassen auf 12 und in1. Klassen auf 18 gesenkt werden. Insozial benachteiligten Gebieten findetder gemeinsame Unterricht von Schüle-rInnen mit und ohne Behinderung un-ter erschwerten Bedingungen statt. Inden Lerngruppen häufen sich oftmalsKinder mit Problemen und es fehlen in

manchen Klassen Vorbilder für Lern-freude und Leistungsvermögen. Ausdiesem Grunde brauchen die Schuleneine höhere Stundenzuweisung für dengemeinsamen Unterricht, insbesonderedann, wenn sie verlängerte Lernzeitenanbieten.

Gegen Gewalt

In sozialen Brennpunkten benötigendie Kollegien Konzepte, die Teambe-wusstsein und ein einheitliches päda-gogisches Handeln gegen Gewalt beför-dern. Dazu gehören klare Grenzsetzun-gen gegenüber verbalen, psychischenund physischen Übergriffen ebenso wiedie Vermittlung konstruktiver Konflikt-bewältigungsstrategien. Dabei kann aufbewährte Konzepte wie Mediation oder

Konfliktlotsenausbildung zurückgegrif-fen werden; soziales Lernen muss aberSache des gesamten Kollegiums werden.

Den ganzen Tag

Alle Grundschulen sollten in einemersten Schritt vom kommenden Schul-jahr an: Verlässliche Halbtagsgrund-schulen werden. Schrittweise sollten siedann in Ganztagsgrundschulen über-führt werden. Ebenso sollen auch alleOberschulen zu Ganztagsschulen ent-wickelt werden. Diese Schulen unter-breiten Angebote im sportlichen undkünstlerischen Bereich in Zusammenar-beit mit freien Trägern, Nachbarschaft,Eltern, aber auch zusätzliche Lern- undArbeitsmöglichkeiten wie Bibliotheken,freie Computernutzung, Werkstätten.

Internationales Miteinander

Die Schulen sollen den Neigungenund Interessen einer international zu-sammengesetzten Schülerschaft Rech-nung tragen. Sprache und Kulturen derKinder müssen anerkannt und in denUnterricht einbezogen und die Rah-menpläne daraufhin entsprechend um-gestaltet werden. Von besonderer Be-deutung für die Identitäts- und Persön-lichkeitsentwicklung sowie für denSchulerfolg ist die Einbeziehung derMuttersprache. Daher sollen Schulenneue Möglichkeiten der Einbeziehungerproben können. Dazu bedarf es einergesonderten Fortbildungsinitiative. FürSchulen im sozialen Brennpunkt soll inbesonderem Maße für die Ausbildungund Einstellung von Lehrkräften undsozialpädagogischen Fachkräften mit

anderen Erstsprachen als Deutsch ge-worben werden. DAZ darf nicht auf denDeutschunterricht oder auf einzelneKurse beschränkt sein. DAZ ist Unter-richtsprinzip selbst im Fremdsprachen-unterricht! Dies ist auch bei der Lehrer-aus- und -fortbildung zu berücksichti-gen.

Gepflegtes Schuloutfit

Gerade in problematischen und ten-denziell verwahrlosten Wohnumgebun-gen müssen die Schulen den Kindernund Jugendlichen eine gepflegte undästhetisch ansprechende Umgebungbieten, um ihnen damit auch Würdi-gung und Wertschätzung entgegen zubringen. Der Lebensraum Schule musspositive Ausstrahlungen haben.

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Der große Sprung nach vorn. FOTO: MANFRED VOLLMER

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Body and Soul

Kinder in solchen Gebieten ernährensich oft unzureichend oder ungesund.Deshalb soll allen Verlässlichen Halb-tagsgrundschulen von Anfang an säch-lich und personell die Möglichkeit ein-geräumt werden, ihren Kindern einFrühstück und ein warmes Mittagessenanzubieten. Dies kann auch durch Ko-operationsvereinbarungen mit freienTrägern erfolgen. Grundschulkinderbrauchen in besonderem Maße Sportund Bewegung. Dies sollte durch zu-sätzliche AG-Stunden und durch eineZusammenarbeit mit nichtschulischenTrägern (z.B. Zielvereinbarungen mitSportvereinen) so ermöglicht werden,dass im Grundsatz eine tägliche Be-wegungsstunde eingerichtet werdenkann.

Kultur, Kultour

Die Familien haben oft weder den An-spruch noch die Möglichkeiten, ihrenKindern ausreichende Anregungen zumusischen und künstlerischen Tätig-keiten zu geben. Daher gehört es zuden Aufgaben der Schulen, den Kindernverstärkt Möglichkeiten zu bieten, sichschöpferisch zu betätigen, ästhetischesEmpfinden und Einfallsreichtum zuentwickeln. Durch das Umsetzen eige-ner Ideen können die SchülerInnen zuErfolgserlebnissen und neuen Problem-lösungen finden. Musikinstrumentemüssen unentgeltlich zur Verfügunggestellt werden ebenso wie Sachmittel

für Kunst- und Theaterwerkstätten. So-wohl sportliche als auch kulturelle An-regungen werden den Kindern durchdie Eltern nicht in ausreichendem Maßegeboten. Auch hier ist die Zusammen-arbeit mit freien Trägern für ein ergän-zendes Angebot sinnvoll, wenn dabeipädagogische Kontinuität sichergestelltwerden kann. Außerschulische Lernortesollen einbezogen und die notwendi-gen Transportkosten zur Verfügung ge-stellt werden.

Leseratten

Um den SchülerInnen aus „bildungs-ferneren“ Familien den Zugang zum Le-sen zu erleichtern und Motivation zumUmgang mit Literatur zu schaffen, sol-len gut und altersgemäß ausgestatteteBibliotheken an jeder Schule eingerich-tet werden.

Interessierte Eltern

Kinder brauchen Eltern, die mit derSchule zusammenarbeiten. Gemeinsamkönnen die regionalen Beeinträchtigun-gen wirkungsvoller bekämpft werden.Sprachbarrieren, Ängste und Vorbehal-te halten aber viele Eltern von derSchule fern. Um diese Hürden zu besei-tigen, soll die Schule in den Stand ver-setzt werden, sprachliche Verständi-gung möglich zu machen und auch fürEltern Deutschförderung einrichten zukönnen. Durch Vernetzung mit sozialenDiensten sollte die Schule Eltern bei der

Bewältigung ihrer Probleme unterstüt-zen, damit sie sich den Belangen ihrerKinder leichter zuwenden können. DieSchule muss ein Ort werden, an dem El-tern auch ihre Kompetenzen im Rah-men des Unterrichts und bei außerun-terrichtlichen Angeboten einbringenkönnen.

Hilfen für Eltern

Für Kinder bzw. für ihre Familien be-steht oft in besonderem Maße die Not-wendigkeit, Hilfen von öffentlichenund privaten Trägern (Familienhilfe, Er-ziehungsberatung, Therapie etc) in An-spruch zu nehmen. Deshalb sollte derPlanungsraum der Jugendhilfe mit demSchuleinzugsbereich übereinstimmen.Außerdem sollten VertreterInnen ausden Schulen an sozialraumbezogenenArbeitsgruppen teilnehmen, um diedort gewonnenen Informationen an ih-re Schulen weitergeben zu können. DieTeilnahme an solchen Runden mussverbindlich sein und im Rahmen derArbeitszeit stattfinden.

Von der Schule ins Leben

Um den oftmals erschwerten Über-gang in den Beruf zu erleichtern, solldas Lernen in lebensnahen Projekten inder Sekundarstufe I verstärkt gefördertwerden. Dafür müssen Schulen die per-sonellen und sächlichen Mittel erhal-ten, um MitarbeiterInnen z.B. aus demhandwerklichen Bereich für diese Auf-gaben zu beschäftigen. Im Laufe der Se-kundarstufe I sollen Jugendliche mehr-fach die Möglichkeit erhalten, durch Be-triebspraktika einen für sie geeignetenBeruf zu finden. Die Kooperation zwi-schen dem Arbeitsamt, der Jugendhilfeund der Schule muss fest etabliert wer-den. Für jede Schule soll es feste An-sprechpartner geben. Die Schule ihrer-seits hat eine/n Fachfrau/mann für denÜbergang ins Berufsleben, die/der An-sprechpartner für Arbeitsamt, Jugend-hilfe und die über die Jugendhilfe fi-nanzierten freien Träger ist. Allen be-nachteiligten Jugendlichen mit schwa-chen kognitiven Leistungen soll dieMöglichkeit einer theoriereduziertenAusbildung geboten werden. Jeder Ju-gendliche (nicht nur in sozialen Brenn-punkten) soll nach Beendigung derPflichtschulzeit Anspruch auf einenAusbildungsplatz haben, der ihm staat-lich garantiert wird!

Schulen in sozialen Brennpunktenbrauchen eine besonders gute Ausstat-tung und öffentliche Anerkennung!

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Gesunde und leckere Ernährung. FOTO: MICHAEL SEIFERT

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Ich kann morgen das Diktat nicht mit-schreiben, ich hab’ ein Casting!“ Lisa

hält mir triumphierend ihre Entschuldi-gung vor die Nase. Etwas unsicherstimme ich zu. Ein Casting? Die kleine,pummelige Lisa? Was hat sie, was ichnicht habe? Jetzt weiß ich es. Eine ziel-strebige Mutter, die sie von einem Ca-sting zum nächsten chauffiert. Lisa hatmittlerweile einen eigenen Agenten.Das lohnt sich auch bei Fruchtjoghurt-Reklame und einer Nebenrolle im Kin-derfernsehen. Viele Stars haben kleinangefangen! Sicherheitshalber lasse ichmir schon mal ein Autogramm geben.Lisas Aufsatzhefte hebe ich auch auf.Wenn später die Reporter erscheinen,bekomme ich wenigstens ein kleinesStück vom Ruhm ab. Ich hatte immer-hin schon zwei Stars in meinen Klas-sen, die mir bewiesen haben, dassSchule relativ unwichtig ist. Der einesingt öffentlich und viel beachtetschaurige Lieder und begleitet sich da-bei auf einer singenden Säge, die ande-re mimt bei RTL ständig die verführteUnschuld vom Lande (mit Berliner Ak-zent).

In einem Gespräch mit meiner 9. Klas-se stelle ich fest, dass ich die Einzigebin, die noch nie bei einem Casting war(Lehrer haben nun mal keine Ahnungvom richtigen Leben! Das steht ja auchjeden Tag in der Zeitung...). Ein Mädchenhat als Baby Modefotos gemacht, einanderes einen Werbefilm für die SPDgedreht – als glückliche Schülerin, diegerade in den Genuss der lange ver-sprochenen Bildungsreformen kommt:Sie sitzt in einem hellen Klassenraum,zusammen mit zehn anderen glückli-chen Kindern und vielen Grünpflanzen,und wird von einer blutjungen, strah-lenden Lehrerin verwöhnt.

Meine Schüler sind auch bestens überalle Casting-Shows im Fernsehen infor-miert. Sie zählen mir jede Menge De-tails und Namen auf. Kein Wunder, dassim Hirn der Speicherplatz für Englisch-

Vokabeln fehlt.... Geduldig erklären siemir, wie man ein Daniel Küblböck wird.Sie streiten erbittert darüber, welcheTeeny-Band beim Star-Wettrennen denSieg verdient. Sie streiten immer noch,als ich längst meinen Unterricht überDürrenmatts „Physiker“ begonnen habe.Und hören erst auf, als ich die Augenzusammenkneife (= böser Blick) undmeine Stimme eine Oktave höherschraube (= Keifhöhe). Die Schüler brin-gen selbst gebastelte Fotobücher mit,in denen alle Artikel und Bilder ihrerMöchtegernstars kleben – sorgfältigstund säuberlich beschriftet, wie ich mirSchulhefter immer vergeblich wünsche.In den Pausen werden mir singendeFreunde aus den Parallelklassen prä-sentiert. Alle schauen mich erwartungs-voll an. Ich bin betreten und versuchetapfer, das zu überspielen. Was soll ichum Himmelswillen sagen, wenn manns-hohe Knaben mit Fistelstimme süßlicheTremolos produzieren? Wie ihre be-

rühmten Vorbilder dramatisch mit denHänden durch die Luft fahren? Soll iches jetzt wie in einer richtigen Casting-Show machen? „Du singst, als ob dugleich in die Tonne kotzt!“*, sagt da dieJury. Oder: „Du stehst da wie eine fest-getuckerte Fleischwurst!“* Als Lehrerinmuss ich vorsichtig sein. Schon leisesteKritik ruft beleidigte Mienen und zer-knüllte Arbeitsblätter hervor. Und treibtempörte Eltern ans Telefon. Dabei wür-de ich manchmal schon gern sagen:„Du schreibst wie ein besoffenesHuhn.“ Oder: „Dein Aufsatz war nichtnur schlecht, sondern grottenschlecht.“Oder: „Sing dieses Lied nie wieder!“*

Der Zeitgeist verblüfft mich, der Ju-gendliche zu solchen Castings strömenlässt. Klar, wir alle wollen reich undberühmt werden. Aber so? Da stehenKinder tränenden Auges vor der Fern-sehnation und hören sich masochis-tisch an, wie unterdurchschnittlich ihreLeistungen sind. Vielleicht packen El-tern und Lehrer die Jugendlichen vielzu sehr in Watte? Vielleicht sollten siealle offen und brutal ihre Meinung sa-gen???

Die blamabelsten Casting-Auftrittewerden übrigens zusammengeschnit-ten und wochenlang im Fernsehen vor-geführt. Jeder kann sich dabei aus-schütten vor Lachen. Aber anscheinendist es das Wichtigste, im Fernsehen zusein – egal, wie. Als peinlicher Talk-show-Gast oder als quakender Sänger.Als trauriger Comedian oder als stock-steifes Model. Hauptsache, einmal nachden Sternen gegriffen. Im Fortbildungs-verzeichnis habe ich gerade zwei Kursegefunden, wie man als Lehrer seineSchüler richtig fürs Casting vorbereitenkann. Na sicher habe ich mich angemel-det. Vielleicht werde ich auf diesemWeg selber reich und berühmt!

* Alles Originalzitate aus „Deutschland sucht den Super-star“. Von Dieter Bohlen. Angeblich unser nächster Bun-despräsident!

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Im Casting-Fieber

von Gabriele Frydrych

Bin ich schön? FOTO: MEV

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Das Berliner Abgeordnetenhaus hatin erster Lesung den Doppelhaus-

halt 2004/2005 behandelt. Darin sollenweiterer Sozialabbau und massive Kür-zungen im Bildungsbereich festgeschrie-ben werden: Dieser Haushalt ist unsozi-al und bildungsfeindlich! Deshalb betei-ligen sich die Gewerkschaften an einembreitem Bündnis der Stadt, das den Pro-test gegen diesen Haushalt organisiert– erste Beispiele für die Wirksamkeitdes Bündnisses waren die Demonstra-tionen am 13. Dezember und am 15. Ja-nuar. Gleichzeitig haben wir eine Reihevon Gesprächen mit Abgeordneten ini-tiiert, um sie mit den Forderungen zukonfrontieren, die die Menschen in die-ser Stadt tatsächlich bewegen.

Die Kürzungen müssen weg

Die zusätzlichen Kürzungen in Höhevon 75 Millionen Euro, die den Universi-täten auferlegt werden, müssen ebensovom Tisch wie die Einführung von Stu-diengebühren. Es ist eine Unverschämt-heit, wenn den DozentInnen der Volks-hochschulen nach über einem Jahrzehntverweigerter Lohnsteigerung (!) nun auchnoch die Zuschüsse zur Kranken- undRentenversicherung gestrichen werden.In den Schulen brauchen wir endlichdie Rücknahme der skandalösen Arbeits-zeitverlängerung. LehrerInnen dürfennicht länger benachteiligt werden. Wirbrauchen Neueinstellungen statt verord-neter Arbeitslosigkeit für tausende jungeLehrkräfte. Im Kinder- und Jugendbereichmüssen z.B. die Personalbemessungeneingehalten werden. Es darf zu keinerEinschränkung des Angebots und derQualität kommen. Der beabsichtigteRückzug des Staates aus den Kitas isteine weitere Ungeheuerlichkeit.

Kurz: Wir wollen, dass die Kürzungenzurückgenommen werden und Bildungtatsächlich Priorität erhält. Bildungs-ausgaben sind keine Konsumausgaben,

sondern Zukunftsinvestitionen. Sie müs-sen haushaltsrechtlich auch so behan-delt werden. Wir verlangen daher vondiesem Senat eine entsprechende Initia-tive im Bundesrat zur Änderung desBundeshaushaltsrechts.

Ich gehe davon aus, dass es für dieseForderungen eine klare Mehrheit in derGEW gibt. Ich vermute aber, dass Senatund Abgeordnetenhaus nicht bereit sind,sich zu bewegen. Dieser Senat hat sichder herrschenden Politik des Bundes-kanzlers widerspruchslos untergeordnet.„Wir werden Leistungen des Staates kür-zen, Eigenverantwortung fördern undmehr Eigenleistung von den Einzelnenfordern müssen.“ (Bundeskanzler Schrö-der, Regierungserklärung am 14.03. 03).

Getarnte Umverteilung

Die Strategie für diese als Modernisie-rung der Gesellschaft getarnte Umvertei-lung des gesellschaftlichen Reichtumsvon unten nach oben ist denkbar einfach.Das enorme Haushaltsdefizit der Stadtverlangt Kürzungen. Wegnehmen kannich aber nur denen etwas, die sich nichtwirksam wehren können. Zahlen sollenArbeitnehmerInnen, Sozialhilfeempfän-gerInnen, alte Menschen, Kranke, Blinde,Jugendliche und all die, die auf öffentli-che Leistungen angewiesen sind. Lehre-rInnen spielen dabei als schwarze Scha-fe eine besondere Rolle. An ihnen kannder Senat besonders gut zeigen, wie en-ergisch er bereit ist, zu kürzen und zusparen. Sollen die nur aufmucken...

Die Arroganz des Regierenden

Nach den vergangenen zwei Jahrenmuss man bilanzieren, dass wir mit un-seren Protesten und Demos die politischVerantwortlichen nicht erreicht haben.Das liegt auch mit an der selbstzufrie-denen Arroganz des Regierenden Bür-

germeisters Klaus Wowereit, die sich da-raus speist, dass er keine Abstim-mungspleite im Abgeordnetenhaus be-fürchten muss und darauf vertrauenkann, mangels Alternativen wiederge-wählt zu werden.

Die Zeit der einvernehmlichen Ver-handlungen ist vorbei. Ich behaupte, wirmüssen andere, grundsätzlichere Wegebeschreiten. Wie eine ganze Reihe An-derer auch, bin ich mittlerweile zu derAnsicht gekommen, dass dieser Senatabgewählt gehört! Wir brauchen wiederPolitiker, die die Interessen der Bürge-rInnen wahrnehmen und ihre Entschei-dungen daran orientieren. Die noch Re-gierenden werden der Bevölkerung undden Gewerkschaften noch in diesemFrühjahr die Frage beantworten müs-sen, für wen sie eigentlich Politik ma-chen und wie sie soziale Gerechtigkeitdefinieren. Wenn es im März/April zurVerabschiedung dieses Haushaltes oh-ne große Änderungen kommt, werdenwir im Bündnis mit vielen anderen so-zialen Gruppen dieser Stadt einen Stadt-politischen Kongress konstituieren. Wirwerden unsere Forderungen und Per-spektiven zusammentragen für eine Al-ternative zur vorherrschenden Politik.Unser Ziel ist es dabei, alle diejenigenzusammenzuführen, die in dieser Stadtan einer arbeitnehmerInnengerechtenund sozialen Politik mitwirken wollen.

Diese Ziele machen wir auch deut-lich bei Demonstrationen am 20. März

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Die Zeit der einvernehmlichenVerhandlungen ist vorbeiDer Berliner Doppelhaushalt 2004/05 zementiert den Sozial- und Bildungsabbau.

von Ulrich Thöne, Vorsitzender der GEW BERLIN

Politik in der Hauptstadt Berlin. FOTO: MATHIAS THURM

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Es ist Sonntag, der 30. November2003. Ich fahre zu 18 Uhr in die

Humboldt-Uni. Dort versammeln sichgut 150 BerlinerInnen. Sie stellen sicheinander vor als Mitglieder des BerlinerSozialforums: Attac-Aktivisten, Studie-rende- und Schüler-VertreterInnen, Ver-treterInnen von Initiativen, die Stich-worte wie Bürgerrechte, Menschenwür-de, Bankenskandal, Linke, Sozialistenund Friedensbewegung im Namen tra-gen. Ich sehe auch Linke von der SPDund der PDS sowie Mitglieder undFunktionärInnen von Gewerkschaften.

In der Runde ist man sich schnell einigüber die alle verbindenden Anliegen: ei-ne andere Politik muss erzwungen wer-den, nur ein vereintes Bündnis aller op-positionellen Kräfte in der Stadt kannetwas bewegen. Es wird das „BerlinerBündnis gegen Sozial und Bildungsraub“gegründet und die Demo für den 13.12.

verabredet. Ich habe das Gefühl, hierdürfen sich die Gewerkschaften nichtheraushalten. Nur mit dieser geballtenLadung kann – wenn überhaupt – dieSenatspolitik auch im ureigenen Ge-werkschaftsinteresse aufgeknackt wer-den. Die Erwartungshaltung gegenüberden Gewerkschaften ist hoch.

Seit diesem 30.11. treffen sich Bünd-nismitglieder jeden Sonntag jeweils 18Uhr in der HUB. Die Motivation ist groß,jetzt an dieser Bewegung festzuhalten.Ich habe in diesen Tagen ungeheuer vieleengagierte Menschen kennen gelernt undempfinde trotz der zusätzlichen zeitli-chen Belastungen eine Bereicherung.

Ferien. Die kleine Erholungspause istwirklich nötig und dennoch lasse ichdas Bündnistreffen am letzten Sonntagdes Jahres nicht aus. Die Protestvor-bereitungen konzentrieren sich jetztauf die Haushaltsberatungen am 29.

Januar. Als die Protestvorbereitungenöffentlich werden, legt das Abgeordne-tenhaus die Beratungen auf den 15. Ja-nuar. Kurzerhand werden auch die Pro-teste vorverlagert. Das setzt alle untererheblichen Druck. Den Gewerkschaftengelingt es in dieser kurzen Zeit nicht,eine Mobilisierung zu organisieren.

Während der Feiertage gibt es ersteVerabredungen zwischen DGB und Ein-zelgewerkschaften. Es wird der Willedeutlich, in dieser Phase den Wider-stand unter den ArbeitnehmerInnen zukoordinieren. Der DGB-Arbeitskreis Ber-lin konstituiert sich – ein Pendant zumkurz zuvor gegründeten Berliner Bünd-nis. Am 6. Januar berät dieser Arbeits-kreis das weitere. Es wird verabredet,den Senat mit klaren Forderungen zukonfrontieren. Unklarheit besteht überdie Protestbereitschaft unter den Kolle-gInnen.

Ein Berliner Kongress ist auch für dieGewerkschaften ein Zwischenziel imMai. Ziel unserer Bemühungen mussjetzt das gemeinsame Vorgehen allervon Kürzungen Betroffenen gegen dieSenatspolitik sein. Eine Solidarisierungvon Gewerkschaften und Bündnissen,von ArbeitnehmerInnen und Arbeitslo-sen, von Menschen mit „geregeltem“Einkommen und sozial Benachteiligtenist notwendig!

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und europaweit am 3. April. Die Ge-werkschaften rufen mit auf zu denvon den europäischen Sozialbewegun-gen initiierten europaweiten Aktio-nen und Demonstrationen.

Vom Träumen wird niemand satt

Nach meiner Auffassung gehen wirGewerkschafter dabei einen neuen undschwierigen Weg. Wir betreten Neuland.Wir sollten bereit sein, voran zu gehenund rufen zur Unterstützung auf:Macht mit bei den Diskussionen für ei-nen Stadtpolitischen Kongress. Unter-stützt die örtlichen Delegationen, Tref-fen und Diskussionen mit den Abgeord-neten zu unseren Forderungen an denHaushalt. Ergreift selbst die Initiativefür Diskussionen und Auseinanderset-zungen. Helft mit bei der Vorbereitungder Demonstrationen.

Natürlich träume auch ich davon,dass sich bedeutende Kräfte im Abge-ordnetenhaus an ihre eigentliche Ver-pflichtung erinnern und politische Ent-scheidungen im Interesse der Mehrheitder Bevölkerung treffen. Doch vonTräumen allein wird niemand satt.

Zwei Bündnisse für ein ZielDie Gewerkschaften müssen sich jetzt bewegen

von Hartmut Schurig

AKTIV GEGEN SOZIAL UND BILDUNGSABBAU

Seit Dezember: Die Berliner DGB-Ge-werkschaften schließen sich dem Anlie-gen des Berliner Bündnisses gegen So-zial- und Bildungsraub an und nehmenseine Konstituierung zum Anlass, dengewerkschaftlichen Widerstand in derStadt gegen die unsoziale Politik zu ko-ordinieren.

Januar/Februar: GewerkschafterInnenkonfrontieren die Abgeordneten anläss-lich der Haushaltsdebatte mit ihren For-derungen. Sie fordern in persönlichenGesprächen klare Stellungnahmen derPolitiker.

Januar bis April: Die KollegInnen inSchulen, Kitas und Hochschulen disku-tieren die Forderungen und die Stellung-nahmen aus den Fraktionen der Parteien.Sie beraten, ob sie sich mit der Situa-tion „abfinden“ wollen oder bereit sind,gemeinsam Widerstand zu leisten.

Februar bis April: Auf Betriebs- undPersonalversammlungen werden die

konkreten Auswirkungen des Doppel-haushaltes 2004/05 auf die Arbeitneh-merInnen der Stadt diskutiert.

April: Auf einer Berliner Betriebs- undPersonalrätekonferenz werden die Er-gebnisse der Diskussionen in den Ein-richtungen sowie in den Betriebs- undPersonalversammlungen zusammenge-fasst und über die notwendigen Schluss-folgerungen beraten. Es wird dort eben-so diskutiert, wie groß der Ärger undder Widerstandswille an der Basis ist,und welche Aktionsformen nötig undmöglich sind.

07.-09. Mai: In einer StadtpolitischenKonferenz beraten alle oppositionellenKräfte der Stadt (Bündnisse und Ge-werkschaften gemeinsam) über die Si-tuation in der Stadt und konkrete Aus-wege aus der Krise. Dieser Kongresswird sich auch mit der Frage auseinan-dersetzen, ob diesem Senat die Ge-schicke der Stadt weiter überlassenwerden können.

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In der blz (Nr. 11 und 12/2003) wurdedie längst fällige Diskussion über die

aktuelle Gewerkschaftspolitik begonnen.Hierbei schließen wir uns insbesonderedem Tenor der Beiträge der Kollegen derLoschmidt-Oberschule im November unddes Kollegen Klemm aus Hamburg imDezember an, die ausdrücken, was wirschon mehrfach gefordert haben: Es isthöchste Zeit, dass unsere Gewerkschaftihre zentrale Aufgabe nicht mehr darinsieht, die Bildung zu retten, sondern ihreMitglieder kollektiv darin zu unterstüt-zen, gegen Verschlechterungen und fürVerbesserungen derArbeits- und Berufs-bedingungen zu wir-ken. Die inhaltlicheZusammensetzungder Dezember-Aus-gabe von „Erziehungund Wissenschaft“ist ein bedrückenderund ärgerlicher Be-leg dafür, wie be-rechtigt der Vorwurfdes Kollegen Klemm ist, dass (vielleichtvor allem?) die Bundes-GEW sich weitmehr um das Wohlergehen von Kindernund Schülern den Kopf zerbricht alsum das Wohlergehen derjenigen, diesich in der Gewerkschaft (noch?) zurVertretung ihrer Interessen als Arbeit-nehmer organisiert haben.

Ziele gewerkschaftlicher Politik

Selbstverständlich sehen auch wir denZusammenhang zwischen dem Wohler-gehen der Schüler und einer möglichstguten Bildung für sie einerseits und un-serer Arbeitssituation andererseits. Fürbildungspolitische Ziele allerdings kannsich jede Kollegin/jeder Kollege in Par-teien und sonstigen gesellschaftlichenZusammenschlüssen engagieren; auch inder GEW können und sollen bildungs-politische Themen ihren angemessenenPlatz finden. Wenn sie aber so sehr do-minieren, dass die einfachen Mitgliederden Eindruck gewinnen, es ginge ihrerGewerkschaft vor allem um die Steige-rung des Arbeits-Outputs der Mitglieder,

dann ist unseres Erachtens die Abkehrvieler Mitglieder bzw. ihr mindestens in-nerlicher Rückzug nicht verwunderlich.

Mittel gewerkschaftlicher Politik

Klaus Will weist in seinem Beitrag zurDezember-Ausgabe der „blz“ auf einenfür uns sehr wichtigen Punkt hin, wenn er sagt, die Gewerkschaften hät-ten die Wende zur Mediengesellschaftverschlafen. Gerade LehrerInnen stehtder Streik kaum als wirksames Druck-

mittel zur Verfügung,weil er – außer beiextrem langer Dauer– keine unmittelba-ren ökonomischenFolgen auslöst. Dahermuss die GEW die Öf-fentlichkeit durch In-formation und Auf-klärung über die Ar-beitssituation ihrerMitglieder für ihre

Anliegen sensibilisieren. Da mit wenigengelegentlichen Ausnahmen die Medienschon lange unsere Arbeitssituation ver-zerrt darstellen, kann Aufklärung undÜberzeugung in unserem Sinne derzeitnur über eine kommerziell gestützte,professionell ausgearbeitete und län-gerfristig angelegte Informations- undImagekampagne erfolgen. Hierfür wärendie bisherigen Plakate und sonstigenPublikationen der GEW ausdrücklich keinMaßstab. Denn wie der Kollege Willschreibt: Gute Argumente medienwirk-sam unter die Leute zu bringen, kann einGewerkschaftssekretär oder eine Vorsit-zende nicht mal so nebenbei erledigen.

Eine solche Imagekampagne hat unse-re Betriebsgruppe bereits 1993 beimBerliner Landesvorstand angeregt underneut im November 2002 in der LDVbeantragt, leider erfolglos. Wir hoffenaber weiterhin auf allmähliche Einsichtund darauf, dass in nächster Zeit dochnoch ein Wandel des Selbstverständnis-ses unserer Gewerkschaft einsetzt.Denn wir sind durchaus der Überzeu-gung: Arbeitnehmer brauchen ihre Ge-werkschaft!

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Das Selbstverständnis der GEWZentrale Aufgaben und Mittel gewerkschaftlicher Politik.

von der GEW-Betriebsgruppe des OSZ Banken und Versicherungen

REINHART BEHR IST TOTAm 15. Dezember2003, kurz nachseinem 75. Ge-burtstag, ist Rein-hart Behr in Däne-mark gestorben.Noch im Mai 2003konnte er den Dankder GEW BERLIN für seine 50jährigeMitgliedschaft entgegen nehmen. Seinengagiertes Verhalten gegen die Be-rufsverbote, seine aktive Zeit als Ab-geordneter für die Alternative Liste imAbgeordnetenhaus, sein Einsatz in derFriedensbewegung und seine konse-quente Auseinandersetzung mit demFaschismus stehen für sein politi-sches Wirken als undogmatischer unddemokratischer Sozialist. In einer Feier-stunde zu seinem Gedenken am 8. Ja-nuar im Beethoven-Gymnasium versam-melten sich über 120 ehemalige Kol-legInnen, SchülerInnen, Freunde undpolitische Weggefährten. Christine Her-holz, die Reinhart über 24 Jahre alsKollegin begleitet hat, erinnerte sichin ihrer Rede an die Zeit mit ihm. Wirzitieren einige Passagen: „Ich glaube,dass Du in den politischen und schul-politischen Auseinandersetzungen biszum Ende Deines Berufslebens denGeist dieser Schule sehr nachhaltigmit geprägt hast. Vor allem auch da-durch, dass Du nach Deinen eigenenIdeen auch gehandelt hast. (...) Duhattest mit Verwaltung nie viel imSinn, sie war Dir im Grunde genom-men ein Gräuel: aber Du warst einerder Erfinder der ,Erweiterten Schullei-tung‘ (ESL). Und ich könnte mir gut vor-stellen, dass Deine Art, diese Idee demkommenden Schulleiter vorzustellen,wesentlich dazu beigetragen hat, dieESL als eine Hilfe und nicht als einKontrollinstrument darzustellen. Sie lebtnoch heute! Du warst ein Wortführer:einer der Vernunft! Ich denke, dass das,was Du da gesät hast, noch heute vonjungen KollegInnen an dieser Schulegeerntet wird, die Dich nicht einmalmehr dem Namen nach kennen kön-nen. Als ich mich an anderer Stelle fürheute Abend entschuldigte, bei einemehemaligen Schüler der Schule, der in-zwischen schon über Mitte Dreißig ist,und den Grund nannte, sagte er: ,Ach,Behrchen!‘ Das klang liebevoll.“

Christine Herholz/Michael Retzlaff

Unter der Adresse http://home.t-online.de/ho-me/hasso.b.manthey/start.htm können Freunde u.Interessierte mehr über die Werke und den außer-gewöhnlichen Menschen Reinhart Behr erfahren.

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Alle Proteste haben nichts genützt:Bildungssenator Böger hat Anfang

der Woche – hoffentlich noch nicht end-gültig – entschieden, dass alle Lehrkräf-te die ihnen zustehenden zwei freienTage in diesem Schuljahr individuellnehmen müssen. Berlinweit hat das zurFolge, dass bis zu den Sommerferien al-le 30.000 Lehrkräfte zwei Tage (macht60.000 Tage) frei nehmen müssen. Esist anzunehmen, dass die LehrkräfteTage frei nehmen wollen, an denen sieauch unterrichten müssen. Somit kannman pro Tag 6 Unterrichtsstunden an-rechnen: macht 360.000 Unterrichts-stunden. Lehrkräfte, Eltern, Schullei-tungen, Gesamtkonferenzen, Schülerin-nen und Schüler, ja sogar die Schulauf-sicht und die Schulverwaltung habenvor einem Vertretungschaos und vormassivem Unterrichtsausfall gewarntund den Schulsenator gedrängt, einevernünftige Lösung zentral zu treffen –ohne Erfolg. Mutig hat der Schulsenatordas Argument verteidigt, es dürfe nichtzu einer Beeinträchtigung des Bildungs-angebotes für die Berliner Schülerinnenund Schüler kommen. Die jetzige Rege-lung führt allerdings zu mehr Bildungs-verlust in der Berliner Schule als diesbei einer zentralen Regelung der Fallgewesen wäre.

Die beiden freien Tage sind verordnetworden als Ausgleich dafür, dass diePflichtstundenerhöhung für Lehrkräfte– anders als bei den Landesbeamtenund -beamtinnen – nicht zurückgenom-men wurde. Das heißt, die beiden Tagesind durch wöchentlich zwischen 0,5und 4 Pflichtstunden Mehrarbeit vonjedem einzelnen Lehrer bereits erarbei-tet worden. Werden die beiden freienTage individuell genommen, müssendie an der Schule zurückbleibendenLehrkräfte die Abwesenden vertreten –müssen also durch zusätzlichen Vertre-tungsunterricht ihre eigene Freistellungnoch einmal erarbeiten. Das ist Betrug!

Täglich beglückt der Bildungssenator

über die Berliner Presse die staunendeÖffentlichkeit mit neuen Erklärungen,warum er bei dieser unsinnigen Ent-scheidung bleibt. Mal argumentiert er,sie könne aus rechtlichen Gründen nichtmehr rückgängig gemacht werden, weileinzelne LehrerInnen ihre zwei freienTage bereits genommen hätten und aufdiese Weise in den doppelten Genussder freien Tage kämen. Andere Kolle-gInnen, so die Argumentation des Bil-dungssenators, könnten dann wegenUngleichbehandlung vor Gericht gehen.Das ist natürlich Unsinn.

Am 9. Januar 2004 überraschte er mitneuen – leider nicht sinnvolleren – Er-klärungen: Die Ferienordnung hätte füreine zentrale Festlegung geändert wer-den müssen. Dies sei so schnell nichtmöglich gewesen und man könne dieFerien nicht einfach verlängern. Dassdieses Argument an den Haaren herbei-gezogen ist, ist schon daran erkennbar,dass in der Vergangenheit regelmäßigaus „übergeordneten Gründen“ (deut-sches Turnfest, Kirchentag, Besuch derenglischen Königin) freie Tage festge-legt wurde. Ganz davon abgesehen,dass gemäß AZVO diese beiden freienTage gar keine Ferientage sein dürfen.

Der Wortlaut der AZVO ist eindeutig:der Freistellungsanspruch bezieht sichauf Unterrichtstage. Die AZVO hat denAnspruch auf zwei freie Tage begrün-det und ist somit auch umzusetzen.

Schließlich bemüht der Bildungssena-tor auch noch die Situation der ange-stellten Lehrkräfte, die keinen An-spruch auf die zwei freien Tage hätten.

Formal ist dies zwar richtig, da dieAZVO erst im Juli 2003 geändert wurde,gilt sie für angestellte Lehrkräfte, dieseit dem Austritt des Landes Berlin ausden Arbeitgeberverbänden am 8.1.2003nicht mehr unmittelbar tarifgebundensind, nicht mehr. Bei der Anordnungder Präsenztage hat der gleiche Bil-dungssenator die Sache allerdings an-ders gesehen. Hier hat er sogar vor Ge-richt die Auffassung vertreten, dass diePräsenztage selbstverständlich für an-gestellte Lehrkräfte gelten. Beide Ver-ordnungen sind nach dem Austritt ausdem Arbeitsgeberverband erlassen wor-den und könnten formal rechtlich keineWirkung auf die angestellten Lehrkräf-ten entfalten.

Sachlich allerdings ist die Verweige-rung der beiden freien Tage für die an-gestellten Lehrkräfte Betrug hoch drei. • Durch den Austritt aus den Arbeitge-berverbänden haben die angestelltenLehrkräfte im Unterschied zu den be-amteten Lehrkräften die Potsdamer Ta-riferhöhung nicht erhalten. • Da die Pflichtstundenerhöhung ei-nen Tag vor dem Austritt aus dem Ar-beitgeberverband verfügt wurde, habendie angestellten Lehrkräfte die Pflicht-stundenerhöhung ebenfalls hinnehmenmüssen. • Die freien Tage als Kompensation fürdie Pflichtstundenerhöhung wird ihnenaber verweigert. Die angestellten Lehr-kräfte haben ebenfalls eine erhöhte Ar-beitszeit. Die beiden freien Tage müs-sen ihnen also im Wege der Gleichbe-handlung auch gewährt werden.

Die GEW BERLIN hatte in zwei Schrei-

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Chaos hoch drei Schulsenator Klaus Böger hält an seiner unsinnigen Regelung für die zwei freien Tage fest: das Chaos in den Schulen ist vorprogrammiert.

Ilse Schaad, Leiterin des Referates A FOTO

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Die Bundesregierung hat die mit demso genannten Gesundheitsreform-

gesetz in Kraft getretenen Änderungen inder gesetzlichen Krankenversicherungauf die Beihilferegelungen übertragen.Damit sollen bis zu sechs Prozent derBeihilfeausgaben eingespart werden.

Folgende Kostendämpfungsmaßnah-men existieren in Berlin: Zuzahlung zuMedikamenten plus die Erhöhung derZuzahlung ab 1. Januar 2004, Strei-chung von Wahlleistungen, Kosten-dämpfungspauschale zwischen 50 und770 Euro pro Jahr. Der Bund und ande-re Bundesländer haben dagegen nur ei-ne oder zwei der Kostendämpfungs-maßnahmen umgesetzt. Bei Arznei-und Verbandsmitteln, Hilfsmitteln (so-weit keine Höchstbeträge festgesetztsind) sowie Fahrkosten vermindernsich die beihilfefähigen Aufwendungenum zehn Prozent mindestens aber um5 Euro, höchstens um 10 Euro, jedochnicht mehr als die Kosten des Mittelsselbst. Bei Krankenhaus- und Kurauf-enthalten beträgt der Abzugsbetrag 10Euro pro Tag. Dieser Abzugsbetrag istbei Krankenhaus- und Anschluss-heilbehandlungen auf höchstens 28 Ta-ge jährlich begrenzt. Bei häuslicherKrankenpflege beträgt der Abzugsbe-trag 10 Euro je Verordnung plus zehn

Prozent der Gesamtkosten. Entspre-chend der Praxisgebühr in der gesetzli-chen Krankenversicherung wird für denBeihilfeberechtigen und seine An-gehörigen jeweils ein Pauschalbetragvon 20 Euro pro Jahr abgezogen. DieserBeitrag wird in Berlin nicht zusätzlichzur Kostendämpfungspauschale erho-ben, sondern auf diese angerechnet.

Die Abzugsbeträge entfallen z.B. beiKindern bis zur Vollendung des 18. Le-bensjahres, bei Schwangeren, bei Vor-sorgeuntersuchungen oder wenn beihil-fefähige Höchstbeträge festgesetztsind. Erreichen die Abzugsbeträge zweiProzent des jährlichen Bruttoeinkom-mens bzw. bei chronisch Kranken einProzent, entfallen sie ab diesem Zeit-punkt. Für Ehegatten und für Kinderwerden bei der Berechnung des Ein-kommens Freibeträge abgezogen.

Leistungsausschlüsse

Für nicht verschreibungspflichtigeArzneimittel sowie für solche, die nichtmehr verordnungsfähig sind, entfälltdie Beihilfe. Die Verschreibungspflich-tigkeit wird künftig anhand einer Regi-striernummer (Pharmazentralnummer)erkennbar sein.

• Brillen sind nur noch für Kinder un-ter 18 Jahren bei schwerwiegendenSeherkrankungen beihilfefähig.• Die Beihilfe zu den Bestattungsko-sten entfällt, ebenso die Beihilfe zurSäuglings- und Kleinkinderausstattung. • Fahrtkosten zur ambulanten Behand-lung sind nur noch ausnahmsweise bei-hilfefähig, Verlegungen zwischen Kran-kenhäusern nur noch aus zwingendenmedizinischen Gründen. • Ab 2005 sind Material- und Laborko-sten für Zahnersatz nur noch zu 40 Pro-zent beihilfefähig (bisher 60 Prozent).

In Berlin wird weiterhin die Kosten-dämpfungspauschale erhoben. Sie istfällig in jedem Kalenderjahr, „in demein Beihilfeantrag gestellt wird“ (§ 44Landesbeamtengesetz). Wer in 2004Rechnungen von 2003 mit einreicht,kann nur für das Jahr 2004 zu einer Ko-stendämpfungspauschale herangezo-gen werden. Für jedes berücksichti-gungsfähige Kind vermindert sich diePauschale um 35 Euro.

Widerspruch der GEW

Die GEW BERLIN hatte der Einführungder Kostendämpfungspauschale wider-sprochen und Klageverfahren eingeleitet,eine Entscheidung ist aber noch nichtergangen.

Die GEW BERLIN hat den Senat aufge-fordert, die Pauschale angesichts derBelastungen aus den neuen Beihilfere-gelungen wieder zu streichen. Gleich-zeitig wurde der Senat aufgefordert,den Anrechnungsbetrag pro Kind vonderzeit 35 Euro auf 60 Euro anzuheben.Dieser Betrag entspräche dem Betrag,der auch in Nordrhein-Westfalen ange-rechnet wird.

ben an die Schulleitungen empfohlen,dass Gesamtkonferenzen die Verantwor-tung für einen ordnungsgemäßen Schul-betrieb selbst in die Hand nehmen undsich verständigen, an welchen beidenTagen sie die Schulen schließen wollen.Diese Tage sollten mit Schülern und El-tern abgestimmt werden. Nur so kannverhindert werden, dass an mehr als zwei Tagen faktisch kein ordnungsge-mäßer Unterricht durchgeführt werdenkann.

Bis zum Ende des Schuljahres ver-bleiben noch etwa 60 Schultage, wennman Tage wie mündliches Abitur undähnlich verpflichtende Unterrichtstageabzieht. Verteilt man auf diese 60 Tagedie 60.000 Anspruchstage, kommen1000 fehlende Lehrkräfte auf einen Tag

– zusätzlich zu den 722 Dauerkrankenund den ca. 1500 Lehrkräften, die we-gen Krankheit, Abordnung und andererdienstlicher Tätigkeiten täglich zu ver-treten sind. Erfahrungsgemäß werdensich die Anträge der Lehrkräfte jedochnicht gleichmäßig auf alle 60 Schultageverteilen, sondern es ist zu erwarten,dass es zu überproportionalen Häufun-gen an bestimmten Tagen vor bzw.nach den Schulferien kommt.

Hier soll nun nach dem Willen desSchulsenators die Schule entscheiden,welche Anträge genehmigt und welcheabgelehnt werden. Damit wird der Ar-beitsfrieden in den Schulen ganz erheb-lich gestört, denn sachliche Gründe fürdie Bewilligung des einen und die Ab-lehnung des anderen Antrages wird es

nicht geben. Es wird also zu Auseinan-dersetzungen in der Schule, teilweiseauch vor Gerichten kommen.

Die GEW BERLIN fordert den BerlinerBildungssenator auf, die Auseinander-setzung um diese beiden Tage zu been-den und die beiden Tage zentral festzu-legen. Es ist kein Zeichen von politi-scher Größe oder Verantwortung eineFehlentscheidung aufrecht zu erhalten,im Gegenteil: manchmal muss man sicheben korrigieren. Es ist nicht schlimm,einen Fehler zu machen. Nicht zu ver-antworten ist aber, zu wissen, dassman einen Fehler gemacht hat undschön, stark und mutig an ihm festzu-halten: Schön gegen die Wand gelaufen,stark davon abgeprallt und mutig wie-der dagegen gelaufen.

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Weitere Kürzungen in der BeihilfeIn Berlin kommt es zu überproportionalen Einschränkungen.

von Ilse Schaad

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Frage einer Studentin an eine 14-jährige Schülerin: „Was hat dir denn

gut an dem Theaterspielen mit altenMenschen gefallen?“ Antwort: „Dass dieuns auch so ihre Erfahrungen weiter ge-geben haben. Zum Beispiel, wenn wirAngst hatten, dann haben die uns ge-sagt: ,Es passiert nichts.’ Und die hammuns beruhigt, wenn wir jetzt … ich hab’ja auch einen Satz vergessen,… dannhamm die auch gesagt: ,Ist ja nicht soschlimm, weil das passiert jedem mal.’Die haben einfach uns das schlechteGewissen auch genommen – nach undvor der Aufführung.“

Die drei Altentheatergruppen vom„Theater der Erfahrungen“ (einer Ein-richtung des Nachbarschaftsheim Schö-neberg e.V.) haben jeweils an einer Ber-liner Gesamtschule die Patenschaft fürTheaterspiel übernommen. In einer aus-giebigen Workshop-Phase werden Im-provisationen mit den Schülern auspro-biert und zu Szenen ausgearbeitet. DieSzenen der letzten Workshoprundewurden vor großem Publikum im Saal-bau Neukölln gezeigt.

Seit dem Pisa-Schock geht es nebender Diskussion um den Inhalt der Lehr-pläne auch um die Frage nach sozial-kultureller Bildung, bzw. darum, wieman Jugendliche im Ort Schule bessergesellschaftlich integrieren kann. Einevon der Robert-Bosch-Stiftung beauf-tragte Studie widmet sich dem Schul-schwänzen. In Berlin hatten innerhalbvon 100 Tagen 3,5 Prozent aller Schülerzwischen 20 und 40 Tagen blaugemacht– und so bald die Hälfte des Stoffes ver-säumt. Die Studie versteht Schwänzenals Hilferuf und diagnostiziert das Ne-beneinander von Jugendhilfe und Schuleals das Problem. „Während in angel-sächsischen und skandinavischen Län-dern die Schulen sich traditionell auchum soziale Belange kümmern, habensie sich in Deutschland ihr Image alsobrigkeitsstaatliche Paukanstalt bewahrt.Was die Kinder nachmittags treiben,

geht die Lehrer nichts an, für Ge-spräche haben sie sowieso keine Zeit.“

Nach dem vereitelten Anschlag rechts-radikaler Gruppen auf das geplante Jü-dische Zentrum in München im vergan-

genen September ging ein Aufschreiauch durch die Bildungspolitik: „Wasnützt es uns, dass wir uns mit Mathe-matik auskennen, wenn wir nicht mit-einander umgehen können.“, so dieVorsitzende Richterin der Großen Ju-gendstraf- und JugendschutzkammerCottbus, Sigrun von Hasseln. Sie hat be-obachtet, dass Jugendliche, die rechts-radikal motivierte Straftaten begehen,sich nicht oder kaum in andere Men-schen einfühlen können und nur wenigvon demokratischem Handeln und denGrundwerten der Gesellschaft wissen.

Im Klitzekleinen hat das Berliner Se-niorentheater „Theater der Erfahrun-gen“ in den vergangenen Jahren Großesbewirken können, geht es darum, dieSchule als Ort der Integration fürSchüler zu stärken und Jugendliche inSachen zivilgesellschaftlichem Umgangzu schulen. Denn der theatrale Aus-tausch zwischen Alt und Jung trainiertnachhaltig die Soft Skills der Teenager.

Schon seit Anfang der Neunziger ma-chen die Senioren vom „Theater der Er-fahrungen“ mit Jugendlichen Theater,bereits drei generationsübergreifendeProduktionen sind entstanden. Seit ver-gangenem Jahr ziehen die einzelnen

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A N Z E I G E

Schule des LebensGenerationsübergreifendes Theaterspiel in den Berliner Schulen.

von Ursula Kohler, Theater der Erfahrungen

Achtung: Senioren! FOTO: MANFRED VOLLMER

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Altentheatergruppen in Berliner Schu-len aus, um in regelmäßigen Workshopsgemeinsam mit Schülern der siebten bisneunten Klassen Szenen zu erarbeiten.Die Themen geben die Schüler vor. Einesehr gelungene Zusammenarbeit mit ei-nem „Patenkind“ beschäftigte sich mit(Un)Gerechtigkeit und entwickelte be-eindruckende Improvisationen zumThema „Ohnmacht“. Der Name des in-tergenerativen Programms ist logi-scherweise „Schule des Lebens“. Die Fi-nanzierung kommt von der Stiftung CI-VITAS – einem Aktionsprogramm vomBundesministerium für Fa-milie, Senioren, Frauen undJugend für Maßnahmen ge-gen Gewalt und Rechtsextre-mismus.

Warum muten sie sich Se-nioren zwischen Mitte 50und Anfang 80 pubertieren-de Kids zu? Sie wollen Kon-takt zu Jugendlichen bekom-men und sie möchten mit al-len Altersgruppen zusam-men sein können. Und gerade weil siemit Schule schon seit Jahrzehntennichts mehr am Hut haben, möchtensie sich an diesem Ort einbringen – weildort eine fundamentale gesellschafts-politische Grundsteinlegung passiert.Nicht nur alt und jung, sondern auch

die Paarbildung „deutsche Rentner undKinder von Migranten“ zeigt Brisanz –und birgt viel kreatives Potential insich.

Sind alte Menschen mit im Spiel, gibtes für die Jugendlichen zunächst eingroßes Problem: „Na, am Anfang, wounsere Lehrerin gesagt hat, mit älterenLeuten, da dachten alle gleich: ja, diesind doch alt und so verschrumpelt,und die riechen immer nicht so gutund die können gar nichts, die habennichts drauf und so.“ Aber dann treffendie Kids auf Theaterprofis, und genau

mit dieser Energie können die Alten dieJungen aus der Reserve locken. DieAuseinandersetzung, die Jugendlichemit sich und ihresgleichen beim Thea-terspielen eingehen, potenziert sich,wenn alte Leute mit von der Partie sind.Denn die Senioren bieten von Anfang

an eine Reibungsfläche, sie haben völ-lig andere Erfahrungen und nicht zuvergessen: völlig andere Körper.Schließlich kann man zwischen Alt undJung einen wunderbaren Rollentauschorganisieren: „Ja, zum Beispiel, dass dieKarla das Baby gespielt hat. Das konnteich mir am Anfang gar nicht vorstellen,dass sie jetzt so was spielen kann. Ichdachte, die spielen jetzt nur die Omaoder die Mutter oder so was.“

Mit dem aufgrund eines Ausländeran-teils von 65 Prozent nicht ganz unkom-plizierten „Patenkind“, einer WeddingerGesamtschule, funktionierte die Zu-sammenarbeit am besten. Das war inerster Linie dem Lehrer zu danken, derals sehr zuverlässiger Kooperations-partner unterstützte, dass ein außer-schulischer Träger an seine Einrichtungherantritt. Stichwort „Community Educa-tion“: Durch die Öffnung der Schule füralle Generationen und für außerschuli-sche Kooperationen gewinnt die Schulean Identifikationspotenzial für ihreSchüler, sie wird ein Ort der Integrationim jeweiligen Bezirk. Das gilt vor allemfür Schulen in sozial schwachen Bezir-ken, die nur spärliche Freizeitangebotefür Jugendliche bereithalten.

In erster Linie hängt die Qualität derZusammenarbeit zwischen den Rent-nern und Schülern sehr stark davon ab,inwiefern die beteiligten Lehrer dieTheaterarbeit gegenüber ihrem Kolle-gium bzw. innerhalb des Schulalltagesvergegenwärtigen. Das „Theater der Er-fahrungen“ hat auch schon Lehrer er-lebt, die während einer Projektwochevor allem durch Abwesenheit glänztenund ihre Arbeit bereitwillig den Thea-terpädagogen überließen. Das ist natür-lich nicht Sinn der Sache: Es geht nichtdarum, Schülern für ein paar Stundenein neues Hobby zu bescheren, son-dern das theaterpädagogische Anliegenzwischen Alt und Jung möchte eine

Struktur entfalten, angefangenbei der Einrichtung Schule bishin zu den Ausdrucksmöglich-keiten der theaterspielenden Ju-gendlichen.

„Hat sich durch das Theater-projekt deine Einstellung zu al-ten Menschen geändert?“ Ant-wort einer 14-jährigen Schülerin:„Also, ja, die hat sich verändert.Weil ich denke, da man sich jetztbesser kennt, also mit älteren

Menschen, auch egal jetzt, wer es ist,dann, wenn man sich zum Beispiel ir-gendwo auf der Straße trifft, …früherwar es so, dass dann, wenn irgendwaspassiert ist, ist man dann weiter gelau-fen und jetzt kann man ja helfen.“ NochFragen?

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Durch die Öffnung der Schule für alleGenerationen und für außerschulischeKooperationen gewinnt sie anIdentifikationspotenzial für ihre Schüler.

Theater der Erfahrungen: Die Spätzünder mit „Aber wir doch nicht “ FOTO: BARBARA SEYERLEIN

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Ich würde meiner Klassenlehrerin einDenkmal setzen. Sie geht Tag für Tag

pflichtbewusst ihrer Arbeit nach, dieSchüler zu quälen und zu foltern. Sietut das so gut, dass die Schüler schonstarke psychische und physische Schä-den vorweisen können. (Christoph, 14)

Albert Einstein, weil er die Relati-vitätstheorie begründet hat. Ich weißzwar nicht, was das ist, aber es hörtsich interessant an! Außerdem sieht erwitzig aus. Er hatte zwar nur eine Vierin Mathe, aber dumm kann er nicht ge-wesen sein. Die Leute haben ihn ein-fach nicht verstanden, weil er so schlauwar. (Gina, 13)

Ich würde dem Chef von Nintendoein Denkmal setzen, weil er so genialeSpiele macht. (René, 14)

Hugh Hefner sollte man ein Denkmalwidmen, weil er den „Playboy“ erfun-den hat. Er hat damit alle Männer derWelt beglückt. (Nijas, 15)

Dem, der die erste Atomspaltungdurchgeführt hat. Das war etwasGroßartiges! (Alexander, 14)

Mustafa Kemal Atatürk sollte einDenkmal bekommen, weil er die Türkeigerettet hat.(Murat, 14)

Meiner Meinung nach sollten die Berg-arbeiter von Lengede ein Denkmal be-kommen für ihre Tapferkeit und Wil-lenskraft. Auch für die Opfer, die dabeigestorben sind, sollte ein Denkmal er-richtet werden. (Franziska, 14)

Jennifer Lopez sollte ein Denkmalbekommen. Sie ist ein großer Star, siesieht gut aus und ist beliebt. Jeder magsie! (Jennifer, 13)

Johannes Rau: Weil er seit über 20Jahren in der Politik erfolgreich ist undweil er bei der Bevölkerung beliebt ist.Er sollte auch ein Denkmal erhalten,weil er einen großen Schritt in der Poli-tik machte. (Marcel, 14)

Ein Denkmal für den, der die ameri-kanischen Filme erfunden hat! Weildie meistens total cool sind und Actionhaben. (Christopher, 13)

Jackie Chan, weil er alle seine Stuntsselber macht und seine Drehbücherselbst schreibt. Er hat großen Mut undhat sich schon fast alle Knochen gebro-chen. Er hat es geschafft vom Zirkus-clown zum Filmstar. (Tarek, 16)

Sarah Michelle Gellar: Ihr größter Er-folg war die Serie „Buffy“. Sie hat extradafür Taekwondo gelernt, das ist eineKampfsportart. Viele Kinder können sichso besser verteidigen, weil sie auch da-mit angefangen haben. (Ramona, 13)

Meinem Opa. Er war immer so liebzu mir, aber jetzt ist er leider tot, undich wünschte mir, er wäre immer nochhier. (Laura, 13)

Antworten einiger Eltern

Che Guevara, weil er ein Demokrat,Sozialist und Revolutionär war. Er halfin Südamerika armen Familien, war Arztund hat auf der Welt etwas bewegt.

Mahadma Ghandi, weil er konse-quent den Weg der Gewaltlosigkeit ge-gangen ist.

Mutter Teresa, weil sie sich selbstlosfür die Armen in Indien einsetzte.

Die Eltern meiner Mutter verdienenein Denkmal, weil sie immer ehrlich wa-ren, anderen Leute finanziell geholfenund liebevoll für ihre eigenen Kindergesorgt haben.

Das Vorbild meines Onkels ist Picasso,weil er ein berühmter Maler war. Er hatim Jahre 1937 eines seiner berühmte-sten Bilder namens Guernica gemalt.

Die Widerstandskämpfer des National-sozialismus, weil ihr Einsatz viel Mutverlangte und Todesgefahr bedeutete.

Denzel Washington, weil er ein guterSchauspieler ist.

Meine Mutter hat als Vorbild ihrenVater, weil er sehr weise war, intelli-gent und klug.

Mein Vater hat kein Vorbild, weil alleMenschen zu selbstsüchtig sind.

Tina Turner. Sie hat in ihrem Lebenviel erreicht, trotz ihres langen Leidens-wegs während ihrer Ehe mit Ike Turner,der sie geschlagen hat.

Andrulla Branchette – eine Bodybuil-derin. Sie strebte nach Perfektion undverwirklichte ihre Ziele durch unerbitt-liche Konzentration und Training.

Boris Becker. In jungen Jahren ge-wann er in Wimbledon. Er ist sportlichvorwärts gekommen und hat die Ju-gend dazu gebracht, auch diese Sport-art auszuüben.

Abraham Lincoln: Er setzte sich fürdie Menschenrechte ein. Er hat für sei-ne Überzeugung einen Krieg begonnen,um die Sklaverei zu stoppen.

Regine Hildebrandt. Sie hat die Frau-en in die Politik gebracht.

Willy Brandt. Er hat sich für die Versöh-nung mit dem Ostblock eingesetzt. Be-sonders hervorzuheben ist sein Kniefallin Warschau, womit er sich für das Un-recht der Deutschen entschuldigt hat.

Prinzessin Diana, weil sie Kindernund behinderten Menschen geholfen hat.Green Peace, weil sie sich für die Natureinsetzen.

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Wem würdest du ein Denkmal setzen? Die Antworten von Schülern einer achten Realschulklasse und einiger Eltern mögen erstaunen.

von Gabriele Frydrych

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Die Landesdelegiertenversammlungder GEW BERLIN hat auf der Herbst-

LDV im November 2003 folgenden Be-schluss gefasst: „Die GEW BERLIN prote-stiert gegen die geplante Inbetriebnah-me des 140 qkm großen Luftkriegs-Übungsplatzes – sog. Bombodrom – inder Kyritz-Ruppiner-Heide.

Die Mitgliedschaft der GEW BERLINwird aufgerufen, die vielfältigen Pro-test- und Widerstandsaktionen von gro-ßen Teilen der einheimischen Bevölke-rung durch eigene Beiträge aktiv zu un-terstützen. Die verantwortlichen Lehre-rinnen und Lehrer im Oberstufenbe-reich der Berliner Schule werden aufge-fordert, die Teilnahme an gewaltfreienAktionen zur Verhinderung des größteneuropäischen Luft-Boden-Schießplatzeszu prüfen. Die Durchführung von na-turkundlichen Exkursionen in die RegionWittstock, Kyritz, Rheinsberg wird emp-fohlen. Die AG Frieden der GEW BERLINwird aufgefordert, bei der Herstellungvon Kontakten zu örtlichen Wider-standsgruppen sowie bei der Organisa-tion von Bahn- oder Busreisen koordi-nierend tätig zu werden.“

Bombodrom – was ist in Wahrheit geplant?

Die Bürgerinitiative Pro-Heide dazu:• Die Bundeswehr will in der KyritzerHeide jährlich 1.700 Luft-Boden-Übun-

gen (Bombenabwurf) durchführen. Zujedem Einsatz gehören jeweils fünf An-flüge der Düsenjets. • Das Bombodrom wird von Flugplät-zen aus Deutschland und der NATO-Partner angeflogen. Zur Zeit führt dieBundeswehr in Deutschland auf den be-stehenden Übungsplätzen nach eigenenAngaben jährlich 1.400 Einsätze durch. Mit der Inbetriebnahme des Bombo-droms will die Bundeswehr offensicht-lich alle Schießübungen für das gesam-te Bundesgebiet auf die Kyritzer Heidekonzentrieren. • Um eine Korridorbildung zu vermei-den, soll die gesamte Region gleich-mäßig mit Tiefflügen überzogen werden. • Es sind 240 Nachtflugeinsätze vorge-

sehen. Die Nachteinsätze werden mon-tags bis donnerstags in den Zeiten von30 Minuten nach Sonnenuntergang bis23.30 Uhr geflogen. Die Einsätze sollenan 240 Tagen und 120 Nächten gebün-delt werden.• Tiefflugübungen im Platzanflug bis30 Meter und über das Gesamtterritori-um zwischen 150 bis 600 Meter Höhe,einschließlich aller Städte, außer Neu-brandenburg. • Des Weiteren sollen auf dem Übungs-platz Schießbahnen für Panzer und Ar-tillerie eingerichtet werden. • Hubschraubereinsätze werden geübt. • In der Kyritzer Heide soll der absolutgrößte Luft-Boden-Schießplatz in West-europa entstehen!“

Verhinderung des BombodromsDie GEW lädt ein zu einer Informationsfahrt in die Kyritz-Ruppiner Heide.

von der AG Friedenserziehung und Friedenspolitik

FAHRT ZUM BOMBODROM

Die AG Friedenserziehung und Friedenspolitik der GEW BERLIN lädt alle interessier-ten Kolleginnen und Kollegen ein zur Teilnahme an einer Tagesfahrt in die Kyritz-Ruppiner Heide am Samstag, den 6. März 2004

Verlaufsplanung09.00 Uhr Abfahrt mit dem Bus/Treffpunkt: OSZ-Verkehr, Dudenstr. 35-3711.00 Uhr Rundgang um das Gelände des geplanten Bombenabwurfplatzes13.00 Uhr Mittagessen14.00 Uhr Gespräch mit VertreterInnen der Bürgerinitiative FREIeHEIDe15.30 Uhr Kaffee16.00 Uhr Rückfahrt nach BerlinKosten pro Teilnehmerln: 10 EuroAnmeldungen erbeten bis zum 27. Februar in der GEW-Geschäftsstelle.

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Christian Giese, Jens Mondalski und Frank Engelhardt in dem Grips-Stück „Der Ballist rund“ – Ein Globalisierungskrimi für Menschen ab 10. FOTO: JÖRG METZNER

T H E A T E R S T Ü C K E K R I T I S C H G E S E H E N

„Stones“ im Theater Strahl ar-beitet mit Rollensplittern, Mu-sikfetzen und Handlungsparti-keln auf einer ortlosen Gerüm-pelbühne; das ist virtuos und„interessant“. Unklar ist mir, wieweit die Figuren bei den ju-gendlichen Zuschauern über-haupt ankommen, wie weitdiese Inhalt und Thema aus denständigen Sprüngen und Ab-weichungen zusammensetzenkönnen. Es geht um Gewalt ausLangeweile, um die schwin-dende Fähigkeit, nicht nur Ver-antwortung für die eigenen Ta-ten zu übernehmen, sondernsich überhaupt erst einmal fürdie Folgen des eigenen Tunszu interessieren – also wichti-ge, komplizierte Probleme. Zu-mindest, denke ich, brauchtein Besuch eine intensiveNachbereitung (ab 14 Jahren).„Zum Beispiel Harim oder:Kommt man dazu auf dieWelt?“ bei der Roten Grütze istnicht einfach eine Gewalt-Ge-schichte aus der Sicht des Op-fers , sondern eine sorglich-komplexe Rekonstruktion die-ser Geschichte eines 17jähri-gen von heute aus der Sicht ei-nes älteren Mannes, der zu-gleich zurückschaut auf seinLeben und seine eigenen Er-fahrungen mit Gewalt – als Op-fer UND als Täter. Das ergibt inHolger Frankes sprachlich unddarstellerisch fein ziseliertenErzähltheater faszinierendeMöglichkeiten, aus ganz unter-

schiedlichen Perspektiven aufdas Problem zu schauen; esverlangt aber auch ein Publi-kum, das nicht nur zuschauen,sondern auch zuhören und vorallem mitdenken kann. Idealalso, wenn sich die Besuchermit dem Thema schon selbstbefassen; ansonsten muss derLehrer die Problematik intensivvorbereiten (ab 15).Bamah, das Berliner jüdischeTheater macht qualitätsvolleProgramme, gibt Einblick in jü-disches Leben (etwa „ShabathShalom“), stellt wichtige Auto-ren (wieder) vor (etwa Lasker-Schüler, Heine, Singer). Diejüngste Inszenierung „Die Chi-nesen kommen!“ ist leidernichts als eine platte Komödie,die ihren Witz aus der Umkeh-rung ziehen will: Ein Chinesein jüdisch(-amerikanischer!)Umgebung würde gern Judesein. Mit Berlin hat das nichtszu tun; das Abgründige in derVertauschung von Dominanzund Diaspora kommt nicht inden Blick; es bleibt bei einerblassen Theater-Chinoiserie.Schade.Die Berliner Kammeroper istbereit, das nicht mehr genutz-te Hansa-Theater zu überneh-men; sie demonstriert Willenund Fähigkeit mit einer zumalmusikalisch überaus gelunge-nen Aufführung der Barock-oper „Der verführte Claudius“des Hamburger KomponistenKeiser. Mit sichtlichem Spaß

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Coaching und Supervision • Stressmanagement, KonfliktberatungDr. phil. Werner Leise, Tel. 692 57 70

Praxis GestalttherapieIndividuelle Klärungshilfe und Therapie bei Suchtproblemen, für soziale Berufe

auch bei Kaufsucht und Co-AbhängigkeitDipl.Pädagogin/Gestalttherapeutin(HPG)

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weils um 10 Uhr; 14./15.2. um16 Uhr.Der kleine Muck (ab 5): 18. bis20.2. um 10 Uhr; 21./22.2. um16 Uhr.Streit im Hof (ab 3) : 24./25.2.um 10 Uhr.Der hässliche Riese (nach einemgriechischen Märchen, ab 4) :26.2. um 10 Uhr.Die Salzprinzessin (frei nachGrimm, ab 4): 27.2. um 10 Uhr;28./29.2. jeweils um 16 Uhr.Hans Wurst Nachfahren, Gle-ditschstraße 5, 10781 Berlin,Tel. 216 79 25 oder www.hans-wurst-nachfahren.de

Fliegendes TheaterDer dreibeinige Hunde (4 bis 8):10. bis 12.2. jeweils um 10.30Uhr.Die Mondtücher (nach F.K. Wa-echter, von 5 bis 10): 19.2. um10.30 und 15 Uhr; 22.2. um 16Uhr.Die gnadenlose Clownsshow(Gastspiel Theater Tiefflieger, 4-10): 23. 2. um 10.30 und 15 Uhr;24.2. um 10.30 Uhr.Swimmy (Gastspiel Mägdefrau-entheater, von 4-9): Es spielenviele Wassertiere. Die Kinderwirken als Geräuschemachermit. Vom 2. bis 4. März jeweilsum 10.30 Uhr.Anne Frank – verstecktes Leben:27./28.2. und 19./20.3 jeweilsum 20 Uhr.Fliegendes Theater, Urbanstraße100, 10967 Berlin, Tel. 692 21 00oder www.fliegendes-theater.de

Mirakulum PuppenkomödieHase, Igel, Hahn und Sonne – Fa-belhafte Schattenwelten (ab 4):10. bis 29.2. jeweils Di-Do um 10Uhr; Fr 10 und 20 Uhr; Sa 11 und20 Uhr; So 16 Uhr. Der große und der kleine König –Abenteuer mit dem Mannsgögäli(ab 4): 2.3. bis 14.3. jeweils Di-Do um 10 Uhr; Fr um 16 Uhr; Sa

um 11 Uhr, So um 16 Uhr.Theater Mirakulum, Brunnen-straße 35, 10115 Berlin, Tel. 44908 20 oder www.mirakulum .de

LAG Spiel & TheaterÜber ein Dutzend Wochenend-werkstätten zu spiel- und thea-terpädagogischen Themen bie-tet die LAG Spiel & Theater 2004an: 12./13. März: Spielpädago-gik I, II, III. 23./24. April: RainerBengs/René Zind. 11./12. Juni.2./3./4. April: Improvisation, Ltg.Horst Hawemann. 23./24./25.April: Masken der Commediadell’arte, Ltg. Mario Fraschetti.8./9. Mai: contact-improvisati-ons-theater, Ltg. Tanja Hübner u.Anja Bierbaum. 29./30. Mai:Rhythmen – Klänge – Geräusch-kulissen, Ltg. Sabine Barth.12./13. Juni: Theaterpäd. Arbeitmit Jugendlichen I, Ltg. HelmaFehrmann. LAG Spiel & Theater Berlin e.V.,Fischerinsel 3. 10179 Berlin, Tel.(030) 20 45 82 - 45, Fax - 44, E-mail: [email protected], Internet:www.lagstb.de.

M A T E R I A L I E NLesePeterfür ein herausragendes Buch:Der Lesepeter der Arbeitsge-meinschaft Jugendliteratur undMedien der GEW (AJuM) für denMonat Januar 2004 geht an dasKinderbuch Kate DiCamillo:Winn-Dixie ( München: dtv 2003,139 Seiten, 5,50 Euro, ab 10 Jah-ren. Ausführliche Rezension un-ter www.AJuM.de/LesePeter.html

A K T I V I T Ä T E NGute Töchter – Gute SöhneDie Ausstellung „Gute Töchter –Gute Söhne. Von Missverständ-nissen des Zusammenlebens.Ein Projekt über interkulturelles

Leben in Neukölln“ ist vom 14.Februar bis 25. April 2004 in derGalerie im Körnerpark zu sehen.Das Projekt sucht mittels Aus-stellung, Videoprojektionen,Workshops etc. Antworten aufdie Fragen: Wie sehen kulturellbedingte Ansprüche von Elternan ihre Kinder aus, hinsichtlichEhre, Scham, Gehorsam, Respektund Toleranz? Was bedeutet z.B.„Ehre“ in den unterschiedlichenKulturen? Welche Konflikte fürdie Jugendlichen entstehendurch die Widersprüche, mit de-nen sie sich in Familie, Schuleund Gesellschaft auseinander-setzen? Welche Wege finden inBerlin beheimatete Jugendlicheaus aller Welt, mit widersprüch-lichen Erwartungen umzuge-hen? Inhaltliche Ergänzungenliefert das umfangreiche Rah-menprogramm: mit Filmvor-führungen, Workshops und Vor-trägen, interkulturellen Talkrun-den zum Thema „Was ist einegute Tochter, ein guter Sohn?“und Führungen für Schulklassen(5.-13. Klasse). Galerie im Körnerpark, Schier-ker Str. 8, 12051 Berlin-Neukölln(Di – So, 11-17 Uhr). Führungenfür Schulklassen: Regina Kra-mer, Tel. (030) 68 09 – 40 85

Gewerkschaftliche BildungIn folgenden Seminaren sindnoch Plätze frei. Ganztagsangebote für Grund-schulkinder für Erzieherinnenund Grundschullehrerinnen [041-S-07], 21.02. im GEW-Haus (auchNichtmitglieder)JÜL: Unterricht in heterogenenLerngruppen (Kl. 1-3) für Lehre-rInnen mit Vorkenntnissen inder Wochenplanarbeit [041-S-08], 28.02. im PIZ (auch Nicht-mitglieder)JÜL: Unterricht in heterogenenLerngruppen (Kl. 4-6) für Lehre-rInnen mit Vorkenntnissen inder Wochenplanarbeit [041-S-

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wird gekonnt und stilgerechtmusiziert, gut gesungen undzumindest ansehnlich gespielt.Also hingehen: Musikinteres-sierte SchülerInnen, insbeson-dere Leistungskurse Musik,sollten sich diese Gelegenheitnicht entgehen lassen.Persönliche Erfahrungen derTänzerInnen von Sasha Waltzwerden in brillante, kurze Sze-nen übersetzt, funkelnd wieEdelsteine. Sie sind freilichkaum richtig anzusehen, weilals „Insideout“ in derSchaubühne durcheinandergequirlt und hineingeworfen ineine chaotische Bühnenland-schaft mit frei beweglichemPublikum. Das ergibt (leidernur) interessante Augenblicke.

Hans-Wolfgang Nickel

T H E A T E RGrips TheaterEins auf die Fresse: 10./11.2. je-weils um 10 Uhr.Der Ball ist rund – Ein Globalisie-rungskrimi (ab 10): 11./12.2.und 16./17.2. jeweils um 10 Uhr;14.2. um 16 Uhr.Klamms Krieg (Schiller Werkstatt):10./11.2. jeweils um 11 Uhr.Klasse der Besten (Schiller-Werk-statt): 15.2. um 19.30 Uhr; 16./17.2. jeweils um 18 Uhr.Ab heute heiß du Sara: 20.2. um18 Uhr; 21.2. um 19.30 Uhr.norway.today (Schiller Werkstatt):23./24.2. um 18 Uhr.Julius und die Geister (ab 6):23./24.2. jeweils um 10 Uhr.Baden gehen: 25. bis 29.2. je-weils um 19.30 Uhr.Grips Theater, Altonaer Straße22, 10557 Berlin, Tel. 397 47477 oder 397 47 40 (Gruppen)oder www.grips-theater.deHans Wurst NachfahrenSchneewittchen: 11. bis 13.2. je-

Ihr gutes RechtDarf mein Schulleiter unangekündigt meine Unterrichtsstunde besuchen? Wie ist dasmit der Anordnung von Mehrarbeit? Muss ich bei Smog-Alarm in der Schule anwe-send sein? Mit dem Berliner Recht für Schule und Lehrer finden Sie die Antwort imHandumdrehen! Nur wer seine Rechte kennt, kann sie auch geltend machen! EinAbonnement des Berliner Recht für Schule und Lehrer hilft dabei.

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16], 27.03. im PIZ (auch Nicht-mitglieder)Pädogoginnen gestalten Vielfaltfür Frauen in der GEW u. Inter-essierte [041-S-09], 05.-06.03.im GEW-Haus (auch Nichtmit-glieder)Horte: Raus aus den Kitas - reinin die Schulen? für ErzieherIn-nen und LeiterInnen aus Kitas,08.03. [041-S-10] und 24.03.[041-S-15] im GEW-Haus (auchNichtmitglieder)Moderation von Sitzungen undBesprechungen für Vertrauens-leute, FunktionsträgerInnen undInteressierte [041-S-11], 11.-12.03. im GEW-HausTrägerwechsel von Kindertages-stätten für ErzieherInnen undLeiterInnen aus Kitas [041-S-13],19.-21.03. im GEW-Haus (auchNichtmitglieder)Coming Out II für Lehrerinnen,Erzieherinnen und Wissen-schaftlerinnen [041-S-14], 19.-21.03. in Erkner (auch Nichtmit-glieder)Das Anmelden ist ganz einfach:Karte mit Namen, Adresse, Tele-fon, Seminarnummer und Se-minartitel an die GEW BERLIN,Ahornstr. 5, 10787 Berlin.Oder per E-Mail unter sekretariat

@gew-berlin.de. oder per Tele-fon im Sekretariat unter 030 / 2199 93 0.

Internationale Woche gegenRassismusAnlässlich des „internationalenTages gegen Rassismus“ der Ver-einten Nationen am 21. Märzfindet vom 15. bis 21. März die„Internationale Woche gegenRassismus statt. Der Interkultu-relle Rat, Gesicht Zeigen! und dieAktion Weltoffenes Deutschlandregen an, dazu bundesweit Ver-anstaltungen durchzuführen. In-formationen und Materialien er-hältlich über: InterkulturellerRat in Deutschland, Goebelstr.21, 64293 Darmstadt oderwww.interkultureller-rat.de

Studienreise WeißrusslandVom 18. bis 27. Juni 2004 ver-anstaltet das Deutsch-Russ. Mu-seum Karlshorst eine Studien-reise nach Weißrussland (Brest,Minsk,Vitebsk). Kontakte mit derBevölkerung in Stadt und Land,Besuch der Festung Brest, derGeburtsstadt Marc Chagalls, desSommerhauses Ilja Repins und

viele andere interessante Pro-grammpunkte. Begrenzte Teil-nehmerzahl. Reisekosten: 700Euro incl. aller Nebenkosten. In-fo: Deutsch-Russ. Museum Ber-lin-Karlshorst . Reiseleitung In-grid Damerow, Zwieseler Str. 4,10318 Berlin. Tel. 501 508 41,833 41 11 oder 0172-848 23 10.

Das Labyrinth Kinder-museum in BerlinAnfassen, ausprobieren, spie-len, Neues entdecken – im Laby-rinth Kindermuseum im Wed-ding ist all das ausdrücklich er-laubt. Es versteht sich als außer-schulischer Lernort für Kinder,Familien und Pädagogen und ar-beitet mit Methoden des hand-lungs- und erfahrungsorientier-

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Erholung – Bildung – Sport – Freizeit

am WerbellinseeGrößte Kinder- und Jugendeinrichtung Deutschlandsmitten im Biosphärenreservat Schorfheide-Chorin ca.60 km nordöstlich von Berlin entfernt

Naturprojekt – Schule im Grünen, Kennenlernwoche. Erforsche Dich selbstund die anderen, Berufsbewerberseminar Klasse 9 und 10

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oder auf dem Werbellinsee;

Städtetour „Hauptstadt – Entdeckungen“zwei Hauptstädte kennen lernen – Berlin und Potsdam

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Wir verfügen: Kreativwerkstätten, Naturkabinett, Internetclub, Disco, Kino,Seminarräume, Seecamp mit Grill- und Lagerfeuerplatz, Kaminraum, Natur-sauna, Stadion, Sporthalle, Kegelbahn, Anlagen für Tennis, Ball- und Fun-sportarten, Boots- und Fahrradverleih; 11 Jugendherbergshäuser à 80 Betten,6 Sommerhäuser à 35 Betten, 1 Gästehaus mit EZ, DZ, Dreibettzimmer

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3 0 S E R V I C E b l z | F E B R U A R 2 0 0 4

ten Lernens. Ziel ist es, die Ge-sundheit und das Selbstwertge-fühl von Kindern zu fördern.Mehr als eine halbe Million gro-ße und kleine Gäste haben dasLabyrinth Kindermuseum seitseiner Gründung im Jahr 1997besucht. Herzstück sind dieSchulprojekte und wechselndeninteraktiven Mitmach-Ausstel-lungen für Kinder zwischen dreiund neun Jahren. Seit 2002 gibtes auch das Fortbildungspro-gramm „Labyrinth macht schlau“.Das Serviceangebot „Labyrinth

unterwegs“ – ausleihbare Koffer-versionen der laufenden Aus-stellungen enthalten Anregun-gen und Arbeitsmaterialien fürdie Schulen oder Einrichtungenin der außerschulischen Kinder-und Jugendarbeit.Vom 2.03. bis 9.12. veranstaltetdas Labyrinth Kindermuseum dieErlebnisausstellung „Unterwegnach Tutmirgut“ für Kinder von5 bis 12 Jahren zum Thema Ge-sundheitsförderung. Info undKontakt: Labyrinth Kindermuse-um, In der Fabrik Osloer Str. 12,

13359 Berlin, Tel. 49 30 89 01.E-Mail kontakt @kindermuseum-labyrinth.de oder www.laby-rinth-kindermuseum.de

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GEW-Haus | Ahornstraße 5 (U-Bhf Nollendorfplatz) | Mo bis Fr 9-12 und 12.30 bis 16 Uhr | Mi bis 17 Uhr, Fr bis 15 UhrTel. 21 99 93-0 | Fax. 21 99 93-50 | [email protected] | www.gew-berlin.dePersönliche Beratung in der Rechtsschutzstelle nur nach Vereinbarung: Tel. 21 99 93 45

B I L D D E S M O N A T S KARIKATUR: P. BALDUS

FACHTAGUNG VERGLEICHSARBEITEN• Bildungsstandards als neues Steuerungsinstrument • Stand der Planungen in Berlin und Brandenburg• Vergleichsarbeiten – mittlerer Schulabschluss • Arbeitsgruppen Sek I und Grundschule am Mittwoch, dem 3. März 2004 von 9 bis 16 Uhr im GEW-Haus, Ahornstr. 5, 10787 BerlinTeilnehmerbeitrag: 5 Euro bzw. 10 Euro. Anmeldung bis19. Februar. Tel.: 21 99 930, eMail: [email protected]

RECHTSEXTREMISMUS UND ISLAMISMUSDie GEW Friedrichshain-Kreuzberg und der Landesausschussfür multikulturelle Angelegenheiten laden ein zur Veran-staltung über extremistische Tendenzen im Bezirk Frie-drichshain-Kreuzberg. Vorgestellt und diskutiert wird u.a.eine Untersuchung zu diesem Thema. 26. Februar um 18.30 Uhrin der Aula der Hector-Peterson-Oberschule, TempelhoferUfer 15 (U-Bhf Möckernbrücke)

FACHGRUPPE SONDERPÄDAGOGIKDie Fachgruppe lädt zur ihrer Sitzung am01. März um 18.00 Uhr im GEW Haus: Unsere Schulen sollen Spitze sein – oderwerden? Gezeigt wird der Film „Spitze-Schulen amWendekreis“ von R. Kahl.

NEUWAHL DES STUDIERENDENAUSCHUSSESauf der Mitgliederversammlung der Studierenden am Mittwoch, 18. Februar 2004, 17 Uhr im GEW-Haus: Wer Interesse an den Studierendenaktivi-täten der GEW, der Studiensituation in Berlin und anderenAspekten hat, kann hier einiges erfahren. Gastreferat:Peer Pasternak, ehemaliger WissenschaftsstaatssekretärBerlin, zur Studiensituation in Berlin und zur Lage an denHochschulen.

10. FEB 19.00 FG Kinder-, Jugendhilfe und Sozialarbeit Raum 33

19.30 AG Ganztagsschule Raum 31

11. FEB 19.00 Attac Raum 47

12. FEB 15.00 AG Ganztagsschule Raum 33

18.00 AG Frauen Raum 34

16. FEB 14.00 Landesausschuss multikult. Angelegenheiten Raum 34

15.30 AG Bildungsfinanzierung Raum 33

17. FEB 17.00 AG Gesundheitsschutz Raum 33

18.00 FG sozialpäd. Aus-, Fort- und Weiterbildung Raum 34

19.00 Abtl. Berufsbildende Schulen Raum 33

18. FEB 10.00 Seniorenausschuss Raum 33

17.00 Studierendenausschuss: Neuwahl Raum 33

19. FEB 14.00 AG Altersversorgung Raum 34

18.00 Kita-AG Raum 33

20. FEB 09.00 AG Schulanfang Raum 33

19.30 Landesausschuss Frauenpolitik Raum 34

24. FEB 17.00 AG Friedenspolitik Raum 33

19.00 Schwule Lehrergruppe Raum 47

25. FEB 19.00 Attac Raum 47

26. FEB 16.15 WIP-Rat Raum 34

18.30 Abt. Wissenschaft Raum 33

27. FEB 15.00 AG Volkshochschul-DozentInnen Raum 33

01. MÄRZ 15.30 AG Bildungsfinanzierung Raum 33

18.00 FG Sonderpädagogik Raum 32

04. MÄRZ 17.00 Arbeitslose in der GEW Raum 33

09. MÄRZ 17.30 AG Schwerbehinderte Raum 34

19.00 FG Kinder-, Jugendhilfe und Sozialarbeit Raum 33