Triage in der Kinderambulanz – Erfahrungen und ... · Triage in der Kinderambulanz –...
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Triage in der Kinderambulanz – Erfahrungen und
Anwendungsanalyse OÄ.in Priv. Doz. in Dr. in Angela Zacharasiewicz MBA
Wilhelminenspital
Abteilung für Kinderund Jugendheilkunde [email protected]
Hintergrund und Zielsetzung
• Wien hat stärkstes Bevölkerungswachstum laut Statistik Austria
• <14 oder < 18 Jährige: 329 000 (2010) auf prognostizierte 366 500 (2025)
• Dringliche hochakute Vorstellungen sind in Kindernotfallambulanz die Ausnahme
Ziel:
• Patientenströme lenken und ausschließlich nach der Dringlichkeit Ihrer Beschwerden versorgen
Ihrer Beschwerden versorgen
Statistik Austria 2014 a
Nikolai Iwanowitsch Pirogow (1810-1881): Prinzip der Krankenstreuung
• Krimkrieg
• Fünf Gruppen-Triage
• Einbeziehung der Transportmöglichkeiten
• Kapazitäten der Lazarette
• 1934: Prozess der Sichtung =>
Triage-Transport-Treatment
© Gustav Fischmeister, St. Anna Kinderspital
Was ist Triage?
Sortieren:
• Präklinisch: „möglichst viele PatientInnen mit Überlebenschance behandeln“
• Klinisch: „alle PatientInnen in einer sinnvollen Reihenfolge behandeln“
Einschätzung alt: alle zu einem Schalter, ABC
© Gustav Fischmeister, St. Anna Kinderspital
• Qualitätssteigerung der Versorgung
• Strukturierte, kommunizierbare und vergleichbare Terminologie
• Patientensicherheit erhöhen
• Erkennen der Dringlichkeit der Beschwerden
• zeitgerechte notwendige Behandlung
wenn:
klinischen Anforderungen >>>>> vorhandene Kapazitäten • Schwersterkrankten identifizieren und zuerst behandeln
->International Strategien: Manchester Triage (MTS)
5 Dringlichkeitsstufen
» SOFORT
» Sehr dringend --10 Minuten max
» Dringend –30 Minuten max
» Normal -90 Minuten max
» Nicht dringend -120 Minuten max
Ersteinschätzung: durch geschultes Pflegepersonal & Zuordnung zu Dringlichkeitsstufen
Liste der Präsentationsdiagramme
Abdominelle Schmerzen Irritiertes (auffälliges) Kind
Abdominelle Schmerzen bei Kindern Körperstammverletzung
Abszesse und lokale Infektionen Kollabierter Erwachsener
Allergie Kopfschmerz
Angriff (Zustand nach) Kopfverletzung
Asthma Krampfanfall
Atemnot bei Erwachsenen Nackenschmerzen
Atemnot bei Kindern Ohrenprobleme
Auffälliges Verhalten Psychiatrische Erkrankung
Augenprobleme Rückenschmerzen
Besorgte Eltern Schreiendes Baby
Betrunkener Eindruck Schwangerschaftsproblem
Bisse und Stiche Schweres Trauma
Chemikalienkontakt Selbstverletzung
Diabetes Sexuell erworbene Infektion
Durchfälle und Erbrechen Stürze
Extremitätenprobleme Thoraxschmerz
Fremdkörper Überdosierung und Vergiftung
Gastrointestinale Probleme Unwohlsein bei Erwachsenen
Gesichtsprobleme Unwohlsein bei Kindern
Halsschmerzen Urologische Probleme
Hautauschläge Vaginale Blutung
Herzklopfen Verbrennung und Verbrühung
Hinkendes Kind Wunden
Hodenschmerzen Zahnprobleme
Tabelle aus Kevin Mackway-Jones, J. M.: Ersteinschätzung in der Notaufnahme. 3. überarbeitete und ergänzte Auflage. Huber 2011, S 32
Methode der MTS
• Identifizieren das Problem = welches Präsentationsdiagramm
• Analysiere die Informationen, die zur Lösung betragen können = Schlüsselindikatoren
Indikatoren
• Lebensgefahr: unsicherer Atemweg, fehlende Atmung,
Pulslosigkeit, Schock
• Schmerz: stärkste, mäßige, jüngerer leichter
• Blutverlust: lebensbedrohliche, unstillbare, unstillbare kleine
• Bewusstsein: Krampf, veränderter Bewusstseinszustand, Bericht
über Bewusstlosigkeit
• Temperatur
• Krankheitsdauer: abrupt, rasch<12 h: akut:12-24h
Methode der MTS
• Identifizieren das Problem = welches Präsentationsdiagramm
• Analysiere die Information, die zur Lösung betragen können = Schlüsselindikatoren
• Prüfe Handlungsmöglichkeiten und wähle Umsetzung aus
Erhebung mit Unterstützung des Wiener Bürgermeisterfonds
Vergleichszeitraum:
VOR Einführung der Triage:
EH 1: 01.12.2012 - 28.02. 2013
versus
NACH Einführung der Triage
EH 2: 01.12. 2013 - 28.02. 2014
EH 3: 01.12. 2014 - 28.02. 2015
Fragestellung: 1) WER: Welche Kinder und Jugendliche kommen in die Notfallambulanz -
Anzahl, Art aller ambulanter Vorstellungen und daraus folgende Aufnahmen
und Liegedauer der stationären PatientInnen?
2) WIE: Wie ist Verteilung der Triagestufen?
3) WAS PASSIERT: Beschleunigt Triage und Triagestufe die stationäre
Aufnahme?
4) MitarbeiterInneneinschätzung der Massnahme?
WER: Facts der jeweilig 3 monatigen Erhebung
• EH 1: (12/13): Ambulanzbesuche: n=8 271: 605 Aufnahmen
durchschnittlich 7,3 % der akut vorgestellten Kinder
aufgenommen; davon Rettungen: 119 (18 %)
• EH 2 (13/14): Ambulanzbesuche: n= 6 807: 498 Aufnahmen
durchschnittlich 7,3 % der akut vorgestellten Kinder
aufgenommen; davon Rettungen: 105 (21 %)
• EH 3 (14/15): Ambulanzbesuche: n=8 259: 574 Aufnahmen
durchschnittlich 6,9 % der akut vorgestellten Kinder
aufgenommen; davon Rettungen: 128 (22 %)
Aufnahmediagnosen und Aufenthaltsdauer
>50% jünger als 2a;
55,3% männlich
Aufenthaltsdauer: ~ 4,5d
WIE: 2015: Vergleich der Triagestufe ambulant/stationär
WAS PASSIERT: Zeitdauer bis zur stationären Aufnahme
• Vor Triage: EH 1 146,7 min (SD 78,45) Rettung: 118,2 min (SD 70,8) = minus 19,4% • Nach Triage: EH 2 165,1 min (SD 84,3) Rettung: 117 min (SD 76,4) = minus 29 % -> EH 2 plus 18,4 min => plus 12,5 %, nicht stat. sign -> EH 3 plus 7,5 min => plus 4,5 %, nicht stat. sign
Zusammenfassung 1 • Zeitdauer bis zu Aufnahme auf der Station korreliert mit dem
Schweregrad der Triagestufe
• Zeit bis zur stationären Aufnahme seit Triageeinführung länger
• Aufnahmen nach Rettungsvorstellung am schnellsten
(EH 1 u. EH 2: 117 min (SD 70,8) bzw. 118 min (SD 76,4))
• Aufnahmen in der Nacht nehmen zu und erfolgen signifikant
rascher (140,4 min (SD 83,9))
Erklärungen & Folgen für Triage Prozess
• Evaluierung erfolgte bereits kurz nach Einführung der MTS-> Eingewöhnung des
Systems
• Ausweitung der Triage auf 24 h?
1) Komplexere Massnahmen nötig, um Gesamtwartezeiten zu reduzieren
2) Prozessorientierte und zielgruppenspezifische Arbeitvorgaben inklusive:
Dokumentationsassistentin, online Dolmetscher
3) Weitere zu erhebende Parameter: PatientInnenzufriedenheit, Zielwartezeiten,
Prozessdauer, ambulante Therapien, Entlassungen ohne Akuttherapie, Zeit bis zur
Vorstellung beim Arzt
Überblick – 2014/2015
Administration zu Arztkontakt: 36 min Triagedauer: 7 min
Jöbstl et al.
Dauer bis zum Arztkontakt
• Dauer von Administration/Triage bis Arztkontakt mit
steigender Triagestufe länger
MTSSTAT
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Arz
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100
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Zusammenfassung 2
• 71,7 % der Kinder, die ambulant entlassen werden, benötigen keine akute
Therapie
• 41, 8 % der Kinder, die in der Folge stationär aufgenommen werden,
erhalten bereits in der Ambulanz eine medikamentöse Behandlung
• Zeit von Administration zur Triage dauert zu lange
• Triagestufen Rot und Blau werden praktisch nicht vergeben
Where to from here? Weitere Überlegungen
Intramuraler Bereich
• stets Akutbetten/Erstversorgungsbetten sofort zur Verfügung
• Ausbau der Ressourcen in den pädiatrischen
Krankenhausambulanzen - Ausweitung der Triage auf 24 h
• speziell geschultes Kinderkrankenpflegepersonal für
Hausbesuche nach dem Krankenhausaufenthalt - fixe
Etablierung mobiler Kinderkrankenschwestern
Where to from here? Weitere Überlegungen
Extramural
• Verbesserung der extramuralen Versorgungsstruktur
• Öffnungszeiten an Tagesrandzeiten und an Wochenende
• Kindernotarzt entsprechend dem Notarzt für Erwachsene
Where to from here? Weitere Überlegungen
Schnittstellen
• einheitliches Entlassungsmanagement -
niedergelassener Kinderfacharzt sollte eine kurze
stichwortartige Checkliste erhalten
• Entlassungsmanager
Studienlage MTS
• hohe MTS: Sensitivität ICU zu detektieren: 71% (95% CI 68%-74%),
Spezifiät 85% (95% CI 85%-85%):
– 28.7% von 830 Kindern (ICU) untertriagiert
– cave: Alter <3 Monate, Komorbidität, Überweisung vom FA; Vorstellung abends/nachts
• Schweregrad und Häufigkeit der Untertriagierung (Expertenmeinung):
0.9 % (119/13,408), 53 % (63/119) schwerwiegend, 89 % (56/63) abnor. Vitalzeichen!
– Cave: Kinder mit unspez. Symptomen (adj OR 11.1, CI 5.5 - 22.3)
– Säuglinge (adj OR: 4.2, CI 2.3 - 7.7)
• Hospitalisationsrate als Marker für MTS Wirksamkeit zur Identifizierung
nicht dringender PatientInnen:
– cave: Kinder<1 a, Atemnot, GI Symptomen, FOU: erhöhte Hospitalisationsrate
Zachariasse JM et al J Pediatr. 2016 Seiger N et al.Arch Dis Child 2011 van Veen M. et al. Arch Dis Child 2011
Was Triage kann.....
• Erfahrung ersetzen
• Arzt ersetzen
• Aufnahmeprozess beschleunigen
->hochakute Fälle herausfiltern
• ABER:
Kinder, chronisch Kranke
MTS in der österreichischen Pädiatrie
• 2010 Kinderklinik Graz • danach St Anna Kinderspital • Universitäts Kinderklinik • Nun auch Wilhelminenspital Abteilung f Kinder und
Jugendheilkunde (Prof . Dr. Mag. Thomas Frischer)
• AG Kindernotfallmedizin der ÖGKJ Seit 2015 Forum MTS in der Pädiatrie regelmässige Treffen zur Optimierung der Kinder Tools: • Prof. Dr. Greber-Platzer und Univ. Doz. Dr. Fischmeister
– Konsensuskonferenzen – Europaweite Vergleichbarkeit der Situation der Notaufnahmen
Joint Commission International Accreditation
Ambulanzen, die zu irgendeinem
Zeitpunkt mit einem Überschreiten
ihrer Kapazität konfrontiert sind->
dort ist Einführung eines Triage-Systems
unabdingbar (Rutschmann et al., 2009)
© Gustav Fischmeister, St. Anna Kinderspital
Zusammenfassung
Triage ist Good Clinical Practise
Großteil der vorstelligen pädiatrischen PatientInnen nicht spitalspflichtig
Zeitdauer bis stationären Versorgung ~2-3 Stunden
in der Pädiarie: Internationally: work in progress
+ Hochakut triagierte Kinder wurden rascher stationär aufgenommen
Beurteilung der MitarbeiterInnen positiv: Arbeits und
Gesundheitsscore trotz Winterbelastung nach Einführung der Triage nicht
gestiegen
Zacharasiewicz 30.11.2013
NICHT VOR KINDERN RAUCHEN
Danke für Ihre Aufmerksamkeit!