Über den Durchgang von Elektronen durch lichtelektrisch empfindliche Kristalle

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1926. .AS 13. ANNALEN DER PITYSIP;. VIERTE FOLQE. BAND 77. 1. Uber den Durchgang vorc Elektronen durch UchteZektr4sch empjbdl4che EHetaZle ; vom H e r b e r t Lemnx. I n h a1 t sii b e r s i ch t : 1. Einleitung: Etwas uber das Wesen des lichtelektrischen Primarstromes. - 2. Versuchsanordnung zur Messung des Halleffektes. - 3. Ergebnisse: Der Nachweis dea Hdeffektea und seine Abhiingigkeit von Spannung, Magnetfeld und Stromstiirke. - 4. Theorie dea Halleffektes im firistall. - 5. Vergleich zwjElchen Theorie und Experiment, Berechnung der freien Wegliinge, der StoDzeit und der Geschwindigkeit der Elektronen. - 6. uber den Elektronenstrom durch dunkle Kristallteile. - 7. Nachweis, daB der 'Elektronenstrom durch dunkle Kristallteile nicht durch diffus reflektiertes Licht erkliirt werden kann. - 8. Der anomale Halleffekt und vergebliche Versuche, ihn durch Kristallorientierung und ungleichmiifiige Belichtmg zu erkliiren. - 9. Vergeblicher Versuch, eine h d e r u n g des Diamagnetismus nachzuweisen durch Bestrahlung. - 10. Das HineinschieOen von Ka&odenstrahlelek. tronen in den Kristall. - 11. Die Temperaturabhiingigkeit des licht. elektrischen Primarstromes von - 191 bis 800. 1. Einleitung: Etwae uber das Wesen dee liohtelektrischen Primiiretromea. Die metallische Stromleitung gehort zu den dunkelsten Gebieten der Physik. Es wird die Aufgabe der Experimental- physik sein, erst einmal Tatsachen in genugender Anzahl zu bringen, bevor man spszielle Annahmen uber den Leitungs- mechanismus machen kann. Die Untersuchungen der Strom- leitung bei Temperaturen in der Nahe des absoluten Null- punktes scheinen vielversprechend zu sein. Andererseits hat die Untersuchung der lichtelektrischen Leitung manches Inter- essante zutage gefordert. Bei dieser werden Isolatoren durch kunstlichen Eingriff zu Stromleitern. Das Ziel der vor- liegenden, noch nicht beendeten, von Herrn Geheimrat W. Wien gefuhrten Arbeit war die nahere Untersuchung des lichtelektrischen Stromes unter Berucksichtigung der Verhaltnisse bei sehr tiefen Temperaturen. Annalen der Physik. IV. Folge. 77. 30

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1926. .AS 13.

ANNALEN DER PITYSIP;. VIERTE FOLQE. BAND 77.

1. Uber d e n Durchgang vorc Elektronen durch UchteZektr4sch empjbdl4che EHetaZle ;

vom H e r b e r t Lemnx.

I n h a1 t sii b e r s i c h t : 1. Einleitung: Etwas uber das Wesen des lichtelektrischen Primarstromes. - 2. Versuchsanordnung zur Messung des Halleffektes. - 3. Ergebnisse: Der Nachweis dea Hdeffektea und seine Abhiingigkeit von Spannung, Magnetfeld und Stromstiirke. - 4. Theorie dea Halleffektes im firistall. - 5. Vergleich zwjElchen Theorie und Experiment, Berechnung der freien Wegliinge, der StoDzeit und der Geschwindigkeit der Elektronen. - 6. uber den Elektronenstrom durch dunkle Kristallteile. - 7. Nachweis, daB der 'Elektronenstrom durch dunkle Kristallteile nicht durch diffus reflektiertes Licht erkliirt werden kann. - 8. Der anomale Halleffekt und vergebliche Versuche, ihn durch Kristallorientierung und ungleichmiifiige Belichtmg zu erkliiren. - 9. Vergeblicher Versuch, eine hderung des Diamagnetismus nachzuweisen durch Bestrahlung. - 10. Das HineinschieOen von Ka&odenstrahlelek. tronen in den Kristall. - 11. Die Temperaturabhiingigkeit des licht. elektrischen Primarstromes von - 191 bis 800.

1. Einleitung: Etwae uber das Wesen dee liohtelektrischen Primiiretromea.

Die metallische Stromleitung gehort zu den dunkelsten Gebieten der Physik. Es wird die Aufgabe der Experimental- physik sein, erst einmal Tatsachen in genugender Anzahl zu bringen, bevor man spszielle Annahmen uber den Leitungs- mechanismus machen kann. Die Untersuchungen der Strom- leitung bei Temperaturen in der Nahe des absoluten Null- punktes scheinen vielversprechend zu sein. Andererseits hat die Untersuchung der lichtelektrischen Leitung manches Inter- essante zutage gefordert. Bei dieser werden Isolatoren durch kunstlichen Eingriff zu Stromleitern. Das Ziel der vor- liegenden, noch nicht beendeten, von Herrn Geheimrat W. Wien gefuhrten Arbeit war die nahere Untersuchung des lichtelektrischen Stromes unter Berucksichtigung der Verhaltnisse bei sehr tiefen Temperaturen.

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Viele isolierende Kristalle, z. B. Zinkblende, Zinnober, Diamant, werden durch Bestrahlung mit einer starken Liclit- quelle leitend. Es war ein groBer Fortschritt, daB es den Herren Gudden und Pohll) in Gottingen gelang, diesen lichtelektrischen Strom im Kristall in einen Primar- und einen Sekundarstrom zu zerlegen. Der Primarstroni besteht aus lichtelektrisch im Kristallinnern ausgelosten Elektronen, die voii einem starken elektrisohen Feld weggefiilirt werden, ehe sie sich wieder anlagern konnen. Er ist der Lichtintensitat und bei nicht zu hohen Feldern auch der beschleunigenden elektrischen Spannung proportional und zeigt Sattigungs- charakter bei hohen Feldstarken.

Der Sekundarstrom ist wahrscheinlich elektrolytischer Natur. Ganee Ionen durchwandern den Kristall. Er tritt nach Gudden und P o h l erst oberhalb gewisser Spannungeii (8000 Volt/cm bei Zinkblende), bei grol3eren Lichtdichten und langen Belichtungszeiten auf und ist mehr als spannungs- und lichtintensitatsproportional. Oberhalb 8000 Volt/cm findet er sich bei ZnS schon im Dunkeln als elektrolytischer Dunkel- strom und wird durch gleichzeitiges FlieBen des PrimSirstroms iiur verstarkt. Vielleicht wird durch den Primarstrom, der eine lokale Elektronenverarmung im Kristall hervorruft, die Zahl der wanderungsfahigen positiven Ionen vermehrt. Auch beim Diamanten tritt ein Dunkelstrom auf. Ob eiiie von diesen Stromarten allein, einige oder alle auftreten, hangt von dem Stoff, der angelegten Spannung, der Wellenlaiige des erregenden Lichtes, der Beleuchtungsstarke, der Be- leuchtungszeit und der Temperatur in sehr verwickelter Weise ab. So ist die groBe Anzahl der iiber diese Erscheinungen gemachten Arbeiten - am belichteten Selen allein uber 500 - verstiindlich, die bisher zu keinem befriedigenden Ergebiiis gefiihrt haben.

Es war vorerst meine Aufgabe, Untersuchungen uber die Beschleunigung von lichtelektrisch im Innern von Kristallen ausgelosten Elektronen durch starke elektrische und magne- tische Felder zu machen.

Dazu war vor allein die Unterdruckung des Sekundar-

1) Vgl. Gudden u. Pohl, Zahlreiche Arbeiten uber lichtelektrische Leitfahigkeit in Kristallen in der Zeitschr. f . Physik.

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Durchgang von Elektronen durch Iiristalle. 45 1

stroms notlg. Denn einmal tauscht er einen grofieren Elektronen- strom vor und fiilscht die Rechnungen, wenn man ihn zu anderen Grofien in Beziehung setzt, und ein andermal zerstort er das Kristallgitter durch Bildung der Tuband t schenl) Metall- brucke bei Zinkblende und leitender Graphitfiiden beim Dia- manten. Besonders die Metallbrucke macht sich durch StoBe in allen MeBinstrumenten bemerkbar, wenn die Brucke soeben hergestellt ist und der dadurch entstehende KurzschluB so vie1 Joulesche WSirme erzeugt, da13 sie im selben Augenblick wieder durchschmilzt. Die Kristalle sind dann unbrauchbar. Man erkennt den Beginn der Bruckenbildung auch sofort daran, daB der Gesamtstrom mehr als spannungsproportional ansteigt. Zur volligen Unterdruckung des Sekundarstromes genugt allein eine nicht zu hohe Spannung (etwa 5000 Volt/cm bei ZnS).

Die Lichtdichte ist moglichst groB zu machen; denn desto starker ist der Strom und desto eher sind bei den Resultaten die durch Isolationsfehler bedingten Korrektionsglieder zu vernachlassigen. Kurze Belichtungszeiten sind nur notig, wenn man bei Messung des Verhaltnisses von Elektronen- ausbeute zur absorbierten Lichtenergie das Quantenaquivalent- gesetz prufen will. Dabei braucht man den Einsatzstrom. Der stationiire Strom, der sich gleich danach einstellt, ist naturlich kleiner, weil die durch Abwanderung der freigemachten Elektronen entstehende Elektronenverarmung eine positive Raumladung hervorruft, die das ursprungliche Feld schwacht und die den Strom herabsetzt. Dieser stationare Primiirstrom hat niemals eine sekundare elektrolytische Komponente, er ist ein reiner Elektronenstrom und mu6 demnach den Gesetzen der metallischen Leitung gehorchep.

L&Bt man nun senkrecht zu der die Feldrichtung bestimmen- den Richtung des lichtelektrischen Elektronenstromes ein Magnetfeld wirken, so mussen die Elektronen abgelenkt werden.

Das ist der richtige, sogenannte negative Halleffekt der metallischen Stromleitung, der sich mit der Richtung cles Magnetfeldes umkehrt, und den die Theorie erklaren kann. Erst der einwandfreie Nachweis des Halleffektes ware ein bundiger Beweis fur die Elektronennatur des Primarstroms.

1) Tubandt, Zeitschr. f . anorg. u. allg. Chemie 110, 115, 117. 30 *

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Der Halleffekt tritt nur beim Elektronenstrom, niemals beim Ionenstrom auf. Da bei dem regularen Aufbau der Kristalle besonders regelmaBige Verhaltnisse vorliegen, kann man einen regelma5igen Halleffekt erwmten, vor allem auch einen symmetrischen, wahrend fast samtliche gewohnlich untersuchten Leiter einen unsymmetrischen, viele sogar einen positiven Halleffekt zeigen. Spezielle Annahmen uber das Gitter, ob Ionengitter wie bei Zinkblende oder Atomgitter wie bei Diamant, sind vorerst nicht notig. Es erschien moglich, durch Ermittlung der mittleren freien Weglange, der Ge- schwindiglreit der Elektronen und der Zeit ihres freien Fliegens etwas uber die Art der Elektrizitatsbewegung zu erfahren, z. B. daruber, ob das einmal ausgeloste Elektron direkt zur Anode fliegt oder ob die Leitung durch Weiterreichen von Atom zu Atom geschieht,.

2. Versuohsanordnung. Verwendet wurden ein Diamant in Plattchenform von

6,4-4,0-1,30 mm und helle Santander Zinkblende, die in Kisten- form geschliffen und hochglanzpoliert wurde. Bei ZnS wechsel- ten die Dimensionen nach Bedarf bis zu 10-8-2 mm. Die Kristalle wurden mit den Schmalseiten durch konstanten Federdruck zwischen zwei mit Stanniolkissen belegte Messing- elektroden geprel3t und so zwischen die Polschuhe eines grol3en Elektromagneten gebracht, dal3 die Kraftlinien die gro5en Flachen des Kristalls senkrecht durchsetzten. Vor einer grol3en Kristallflache stand ein total reflektierendes Quarzprisma, welches die den lichtelektrischen Effekt hervorrufenden Strahlen senkrecht auf die Kristallflache warf. Als Lichtquelle diente eine Quarzlampe. An den"Messinge1ektroden lagen die Enden einer in der Mitte geerdeten Hochspannungsbatterie. Der lichtelektrische Strom wurde galvanometrisch gemessen. An den zwei freien Schmalseiten des Kristalls lagen je eine be- wegliche Querelektrode, die bisher immer aus scharfen, mit Stanniol beklebten Messingschneiden bestanden, und von einer Feder fest angedruckt wurden (vgl. Fig. 1).

Der Gang der Untersuchungen war im allgemeinen fol- gender: Zuerst wurde gepruft, ob die Isolation der mit destil- liertem Wasser und Alkohol abgewaschenen Kristalle im Dunkeln eine vollkommene war, was meistens zutraf. Dann wurde das

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Durchgang von Elektronen durch KristaWe. 453

PoteiitialgefalIe mit jeder Querelektrode einzeln gepruft. Es mu13 im Dunkeln linear, im Belichteten fast linear sein, nach Fig. 2, die von den Herren Gudden und Poh l angegeben wircl. ')

Es stellte das bei ZnS aukierordentliche Anforderungen an das Kristallmaterial, das selbstverstandlich frei von Rissen, Schlieren und braunen Eisensulfidstreifen sein mu13te. Beim Schleifen mu13 man in der Wahl der Schleif- und Poliermittel recht vorsichtig sein, urn eine vollige oder ortliche Oberfliichen- leitung durch Verschmieren zu verhuten. War die Potential- verteilung befriedigend, so durfte an dem Quadrantelektrometer, mit dessen Quadrantpaaren die beiden Querelektroden ver-

a V

Kathode Anode Fig. 1. Fig. 2.

bunden waren, sowohl im Dunkeln wie im Licht kein Ausschlag entstehen, wenn beide Querelektroden genau gegenuberstanden. Dann konnte man annehmen, da13 der Kristall elektrisch homogen war. Wurde nun der Magnet eingeschaltet, so drgngte das Magnetfeld die Elektronen einmal in die eine, das andere Ma1 in die andere Querelektrode, je nach seiner Richtung. Geniessen wurde die Spannung in Volt, bis zu der sich das Elektrometer aufliidt, und die der wirkenden magnetischen Kraft das Gegengewicht hiilt. Da es sich urn Messung einer Potentialdifferenz handelte, deren Lage gegen Erde nicht genau fixiert werden konnte, muaten die auftretenden Hall- spannungen mit einem Elektrometer ohne Hilfsladung quan- tita tiv gemessen werden. Benutzt wurde ein Quadrant- elektrometer in Doppelschaltung.' Da man an diesem aber wieder das Vorzeichen des Effektes nicht sehen kann, was besonders bei ZnS stets notig ist, wurden die Querelektroden

1) Gudden u. Pohl , Zeitschr. f . Phys. 7. 8. 69.

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auch noch mit einem Quadrantelektrometer in Quadrant- schaltung verbunden, an dem nur das Vorzeichen des Effektes festgestellt wurde. Die Nadelspannung desselben muB sehr hoch sein, damit die Spannung der Quadranten immer unter der Nadelspannung bleibt.

Zur elektrostatischen Isolation, die immer peinlich genau sein muBte, diente Bernstein, Hartgummi und Schellack. Samtliche Zuleitungen waren in geerdete Metallrohre ein- geschlossen, die MeBinstrumente standen jedes einzeln in einem Blechkasten, diese alle in einem Blechhaus aus Zinkblech.

3. Ergebnisse.

Es wurde die Hallspannung Q, in Abhiingigkeit von der Magnetfeldstiirke ,Q und der elektrischen Feldstarke @, sowie der Stromstiirke i, untersucht, wobei immer zwei dieser Veranderlichen konstant gehalten wurden. Es seien hier einige Ergebnisse angegeben. Die Anderung der Stromstiirke geschah durch hderung der Bestrahlung.

Diamunt: Der Halleffekt kehrt sich in jeder Stellung des Diamanten mit dem Magnetfeld um und ist in beiden Richtungen gleich groB.

a) Die Hallspannung ist dem Magnetfelde genau pro- portional (Kurve I und Tab. 1).

7063 - Tabelle 1.

80 - Es = 4000 Voltlcrn; i, = 5- 10-0 Amp.

-

5Ooo 78 6OOo 100

--t 6 in 1000 Gauss Em 3 4000 Volt/cm, i, = 50*10-10 Amp.

Kurve I. Diamant.

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Durchgang von Elektronen durch I~ristalb. 455

b) Die Hallspannung eteigt anfanglich proportional mit dem elektrischen Felde und erreicht schlieBlich einen Hochstwert (Kurve 2, Tab. 2).

1'40 :i ?20 i, = 105-10-10 Amp.

f@ c

& in 1000 Volt/cm -+ Kurve 11. Diamant.

Tabelle 2. i, = 105 - Amp.

._~__

Q, in Voltlcm

1600 2240 2580 3200 3520 4160 4800 5440 6080 6400.

____ ____

B, = 4000 Volt/cm f7 = 6500 Gauss

110

m dD

A

6 I 60

p w 20

EI .d ' U 40 I 725 765 2cw Zwt 2# 325 ,980

i, in 10-I0Amp. --t

Kurve 111. Diamant.

Vol

3 = 3500 Q, bei

30 45 55

70 75 82 80 80 80

-

cm Qg bei

3 = 7000

62 93

115 125 132 150 163 166 163 166

___

Tabel le 3. Q, = 4000 Volt/cm; 8 = 6500 Gauss

50 73 95

108 123 135 138 150

6 12 21 27 51 90

105 120

158 135 153 I 157 155 158 163 163 158

180 231 270 300 345

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456 H. Lenz

2000 3400 5000 6800

c) Die Hallspannung steigt bei kleinen Stromstarken rasch mit dieser an und erreicht bald einen Wert, iiber den sie trotz Weitersteigen der Stromstarke nicht hinausgeht (Kurve 3, Tab. 3).

Zinkbblzde : Es ist sehr lange uberhaupt nicht gelungen, an der Zinkblende den richtigen Halleffekt zu finden. Der

21 36 48 68

& in 1000 Volt/cm --t Kurve V. Zinkblende.

Tabelle 5. 8 = 7000 Gauss.

Ez in Volt/cm

1330 2130 2400 2930 3470 4000 4530 5070 5330

Ctu in Volt/cm

25 37 47 54 69 80 92 97 96

___~_

Ausschlag anderte mit der Umkehrung des Magnetfeldes sein Vorzeichen nicht, sondern ging stets in derselben Richtung. Aber immer fanden sich einzelne .Kristalle, bei denen sich der Halleffekt ganz regelmaaig einstellte wie beim Dia- manten. Es schien zweifelhaft,. den anormalen Halleffekt einer zufalligen Inhomogenitiit zuzuschreiben. Uber Ver- suche, ihn naher aufzukliiren, wird weiter unten berichtet.

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Durchgang von Elektronen durck I<ristalle. 457

Ev in \'olt/cm

67 68 68 72 74 74

Es folgen hier einige Tabellen und Kurven von ZnS-Kristallen, die den normalen Halleffekt zeigen (Kurve 4, 5, 6; Tab. 4, 5 , 6). DaB die Hallspannung oberhalb einer gewissen Mindestgrenze nicht mehr vom Strom abhangt, tritt hier infolge des groBeren MeBbereichs noch deutlicher als beim

i, in 1O-l0Amp.

240 600 780

1000 1200 1320

GZ = 4500 Volt/cm $ = 7000 Gauss

Y * * k A n x r " I 60

t I I I I I ! ! I

0 ZOO +OO 600 800 1500 1200 1Mo 1600 7BCV

i, in Amp. --t Kurve VI. Zinkblende. 67 1860

Diamanten in Erscheinung. Deshalb war es bei Messung der. Abhangigkeit von der Spannung nicht mehr notig, den mit der Feldstarke wachsenden Strom konstant zu halten, was sonst grol3erer Sicherheit wegen durch Glasfilter erreicht wurde.

4. Theorie des Halleffektes.

Man nimmt an, daB die Elektronen, welche in dem Kristall durch die Bestrahlung ausgelost werden, durch das elektrische Feld eine Beschleunigung erhalten, bis sie beim Auftreffen auf ein Kristz+llatom ihre Geschwindigkeit wieder verlieren. Dann lassen sich die gewohnlichen elektromagnetischen Glei- chungen ffir ein beschleunigtes Elektron ansetzen. Es sei &%

also die elektrische Feldstarke in der Hauptstromrichtung, ,fj die magnetische Feldstarke, die Feldstarke senkrecht zu beiden, hervorgerufen durch die bis zur Hallspannung aufgeladenen Hallelektroden, die der wirkenden magnetischen Kraft im Endzustand das Gleichgewicht halt, m die Masse, e die Ladung, z und y die Koordinaten eines Pnnktes der Bahnkurve vor dem Auftreffen auf ein Kristallatoin (1781. Fig. 3).

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Wird das Elektron nur vom elektrischen Felde be- schleunigt, so kann man sich seine Bahn als geradlinig vor- stellen, sie wird in der 2-Richtung liegen. Die Geschwindigkeit wachst von Null an und ist bei der Abbremsung am groBten. Wirkt zugleich das Magnetfeld $j senkrecht zum elektrischen Felde auf das Elektron ein, so wird die Bahn zwischen zwei ZusammenstolSen mit einem Kristallatom ungkGchmalSig ge- krummt sein. Es entsteht eine Bewegungskomponente in der y-Richtung. Die Elektronen, die genugend nahe am Rande des Kristalls fliegen, werden in die Hallelektrode hineingebogen. So kann man sich die Bahn der Elektronen bald nach dem

lY Fig. 3.

Einschalten des Magnetfeldes vorstellen (in Fig. 3 mit a be- zeichnet). Nun laden aber die langsam in die Hallelektrode eindringenden Elektronen das Elektrometer negativ auf. Da- durch entsteht eine elektrische Querspannung &, , Hall- spannung genannt, die bestrebt ist, die Elektronen entgegen der magnetischen Kraft wieder zuruckzubiegen. Es tritt schlieBlich ein Gleichgewichtszustand zwischen magnetischer Kraft @ und der Hailspannung 6u ein. Die Bahn des Elektrons ist jedoch nicht geradlinig. Gleich nach der Aus- losung, also bei kleinen Geschwindigkeiten, uberwiegt die elektrische Ablenkung. Das Elektron wird von der negativ aufgeladenen Hallelektrode abgestoSen und tritt aus seiner in der x-Richtung liegenden Bahn heraus. Mit zunehmender Geschwindigkeit wiichst die wirkende rnagnetische Kraft, wird erst gleich der elektrischen und dann groBer, so daB es

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Durchgapig von Ejektronen durch Iirisfnlle. 459

ihr gerade noch gelingt, das Elektron vor der Abbremsung wieder in die durch das Ausgangsatom zur x-Richtung par- allele Linie zuruckzubiegen ( b in Fig. 3). Darauf kommt es hier an. Das Elektron hat keine mittlere Bewegungskomponente, also auch keine freie Weglange in der y-Richtung, der Hall- &om hort auf.

Es hat vorlaufig keinen Wert, die Kwve naher zu dis- kutieren. Es sei nur noch gesagt, daD sich der Betrag der vorubergehenden Abweichung zur freien Weglange groBen- ordnungsmaDig verhalt wie die Hallspannung EV zur Haupt- spannung !&., also wie 1 : 80. Die Bahn kann also als gerade angesehen werden, d. h. bei einer Angabe des Betrages der freien Weglange kommt es nur auf die x-Komponente an.

Im folgenden wird die Bahn eines Elektrons von der Auslosung bis zur Abbrernsung behandelt. Dann gelten die Beschleunigungsgleichungen :

Die Grenzbedingungen dieser simultanen, inhomogenen Differentialgleichung zweiter Ordnung fiir t = 0 sind:

t ist von der Auslosung an gerechnet. Setzt man noch:

80 lautet die allgemeine Losnng:

Aus der ersten Gleichung berechnet sich dann das zugehorige x, die freie Wegliinge des Elektrons. Fur kleine nnt last sich entwickeln :

123 i?

1 . 2 . 3 s inn t = n t - - - 122 ts c o s n t s 1 -- 1.2 '

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Der erste Ausdruck fallt weg; Die Losung vereinfacht sich au:

Wenn der Gleichgewichtszustand erreicht, die Elektrometer- aufladung vollendet ist, so wird der Hallstrom in Richtung der y-Achse und damit auch die freie Weglange: y = 0. Dann ist:

Und fur kleine n t:

Eliminiert man nun daraus mittels Gleichung (1) :

6 0 folgt:

5. Vergleich zwischen Theorie und Experiment und Berechnung der freien Wegliinge, der BtoBzeit

und der Geechwindigkeit der Elektronen (vgl. Kurve I und IV). Die Theorie ergibt in Ubereinstimmung mit dem Ex-

periment Proportionalitat von Halleffekt und Magnetfeld- stllrke (I u. IV). Ohne weiteres verstandlich ist auch die Un- abhangigkeit der Hallspannung von der Stromstarke, soweit sie nur durch Veranderung der Beleuchtungsstarke hervorge- rufen wird (Kurve 111 und VI).

Die Kurve I11 zeigt fur schwache Stromstarken ein all- mahliches Ansteigen bis zum Grenzwert. Dieser erste TeiI der Kurve wird wahrscheinlich durch sekundare Umstllnde b eding t sein.

Die Kurven I1 und V zeigen die Abhiingigkeit der Hall- spannung von der angelegten Spannung @*, Man sieht, daB 6, zuniichst proportional ist. Das bedeutet nach Gleichung (3), daB die freie Weglange z proportional Gs ist. Nach Gleichung (1) ist :

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Durchgang von Elektronen clurch IihAalle. 461

es wurde also die freie Wegliinge x proportional der Geschwindig- keit sein.

Bei hoheren Werten von Ex wird aber nach den Kurven I1 und V Q, konstant. Dies ka,nn nach Gleichung (3) nur ein- treten, wenn x proportional l / E E ist. Dies wurde bedeuten, daI3 v konstant ist. Dies widerspricht der Beobachtung, daB der Strom mit zunehmender Spannung groBer wird.

Das Konstantwerden von Q, ist daher nicht ohne weiteres verstiindlich.

Aus den Gleichungen (l), (a), (3) lassen sich mittlere StoBzeit, freie Weglange und Geschwindigkeit der Elektronen berechnen. Nach Fig. 3 ist 2;. B. fur den Diamanten:

elektrische Feldstarke: 4000 Volt, Hallspannung : 62 Volt, Magnetfeldsttirke: 4000 Gauss.

w = -!E = @=L t = 4000 lo8 . 1,7 + 10,7. 10-l2 = 6,8 . cmlsec.

Man kommt zu denselben GroBen, wenn man andere Daten aus anderen Figuren kombiniert. Fur ZnS ergeben sich Werte derselben GroBenordnung. Die Elektronenleitung im Kristall geschieht also weder durch Weiterreichen der einmal ausgelosten Elektronen von einem Atom zum Nachbar- atom, noch durch freies Fliegen bis zur Anode. Die freie Weg- lange im Diamanten ist von der GroBenordnung 10-6, der Kernabstand im Diamentgitter von der GroBenordnung 10-8. Also verliert dae Elektron etwa an jedem 100. Atom seine Geschwindigkeit .

d t m

6. mer den Elektronenatrom durch dunkle Krietallteile.

Aus den Arbeiten von Gudden und Pohl ist bekannt, daB die lichtelektrisch ausgelosten Elektronen auch durch dunkle Kristallteile hindurchmandern konnen. Es ware von

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Interesse, etwas uber den Leitungsmechanismus dieses ,,Stromes irn Dunkeln" ausxusagen.

Es wurde euerst qualitativ der EinfluB einer verschiedenen Beleuchtung Iangs des Kristalls auf den lichtelektrischen Strom untersucht. Der Strom im vollbelichteten Kristall wurde gemessen. Dann wurde ungefahr die Halfte des Kristalls mit einem Kartenblatt senkrecht zur Stromrichtung gegen das Licht abgedeckt. Der Strom sank nicht auf die Halfte, sondern auf einen kleineren Bruchteil, ein Funftel bis ein Zehntel des urspriinglichen Stromes. Bemerkenswert war dabei, daB der Strom immer starker war, wenn die Kathode am belichteten Ende des Kristalls lag. Eine MeBreihe sei herausgegriffen (Strom im willkurlichen MaBe) :

Tabel le 7.

Bhnliches ergab sich, wenn ein Drittel oder zwei Drittel des Kristalls bedeckt wurde.

Es wurde weiter die Anderung der Potentialverteilung dureh folgende Versuchsanordnung gemessen. Eine Hoch- spannungsbatterie lag, in der Mitte geerdet, am Kristall. Die Hallelektroden standen in der Mitte derselben gegen- iiber, also an einer Stelle, wo das Potential gegen Erde un- gefiihr Null war. Es bewahrte sich nicht, das Potential mit einem Braunschen Elektrometer xu messen. Benutet wurde der Halleffekt auf folgende Weise. Die Hallelektroden lagen an den Quadranten eines Quadrantelektrometers in Quadrant- sohaltung. Die Hilfsspannung an der Nadel wurde so lange geandert, bis der Ausschlag Null wurde bxw. sich umkehrte, menn das Magnetfeld eingeschaltet war. Dann war das Po- tential an den Hallelektroden gleich der Hilfsspannung. Das war eine sehr empfindliche Spannungsmessung. Sie war bei genau gegenuberstehenden Elektroden zugleich eine Gewahr fiir ausreichende Homogenitat des Kristalls und Homogenitat der Beleuchtung.

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Dzirchgung uon Ebktronen dwrcla I<risfulb. 463

Versuchsskizze fs. Fig. 4) :

Der Kristall war 8,5 mm lang. Die angelegte Spannung Betrug 3500 Volt. Wurde nun der Eiristall rechts oder links halb abgedeckt, so stieg die Spannung an den Schneiden gewaltig. Das ganze Potentialgefalle wurde bis auf einige 100 Volt auf den dunkeln Teil zusammengedrangt (Fig. 4a): Der Spannungsabfall langs des voll- und halbbelichteten Kristalls ist graphisch aufgetragen.

Es murde weiter versucht, Spannung uiid Strom in Ein- klang zu bringen (s. Tab. 8).

Tabe l l e 8.

Das kann man so deuten: Durch Abdecken des halben Iiristalls sinkt die Tragerzahl auf die Halfte. Die Feldstarke am belichteten Teil sinkt von 4100 Volt pro Zentimeter auf etwa ein Viertel bis die Halfte. Also sinkt der Strom auf ein Achtel bis ein Viertel. Oder einfacher gesagt : Die Spannung am belichteten Kristall sinkt bei gleicher Lichtdichte pro Quadratzentimeter von 3500 auf 500 bzw. 750 Volt/cm. Ent- sprechend sinkt der Strom.

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Es scheinen ailso nur Spannungs- und Beleuchtungs- verhiiltnisse am belichteten Kristallteil den Strom zu be- stimmen. Die Spannung am dunklen Teil dient nur dam, in Analogie zur metallischen Leitung freie Elektronen ent- gegen einem gewohnlichen 0 hmschen Widerstand hindurch- zutreiben. Da nun der Strom im belichteten gleich dem im unbelichteten ist, so kann man vielleicht sagen, daB im be- lichteten viele langsame, im dunklen Teile wenig schnelle Elektronen fliegen.

Es gelang leider noch nicht, Quantitatives iiber den Hall- effekt im Dunkeln auszusagen. Die Messungen sind darum so schwierig, weil am belichteten Kristallteil immer nur wenig Spannung liegt, so daB der Strom sehr klein wird. VergroBerung der Spannung hilft nichts, da das Potentialgefalle sofort wieder in der Hauptsache nach dem dunklen Teil riickt, wo schlieBlich der elektrolytische Dunkelstrom auftritt.

7. Nachweis, da5 der Elektronenstrom durch dunkle Kristall- teile nicht durch dims reflektiertes Licht erkliirt werden kann.

Ein Zweifel daran, ob die Elektronen wirklich durch die dunklen Kristallstellen hindurohwandern konnen, schien noch berechtigt. Wenn man nur einen schmalen Streifen des Kristalls mit Quecksilberlicht bestrahlt, so erscheint nicht nur dieser Streifen, sondern der ganze Zinkblendekristall in einem gelb- grunlichen Lichte. Es ist kein Fluoreszenzlicht, denn ein ZnS-Kristall leuchtet nicht, wenn man ihn mit der Hg-Lampe durch einen Ultraviolettfilter hindurch bestrahlt, was aber z. B. ein kleines Quarzprisma in demselben Strahlengang doch tat, ein Zeichen, daB genugend Intensitat an kurzwelligem Licht vorhanden war. Der Kristall wurde vielmehr durch diffus nach der Seite hinaus reflektiertes Licht erleuchtet. Es tauchte die Frage auf, ob nicht dieses Licht die Ursache der Leitung durch die bedeckten, nicht vom direkten Strahlen- gang getroffenen Kristallteile sein konnte. Bei dem Versuch, der das entschied, wurde 'von folgender Tatsache ausgegangen : Lichtelektrisch am starksten wirksam sind nur Wellenlangen, die wenig von dem durchstrahlten Kristall absorbiert werden. Die Kurve der spektralen Erregungsverteilung hat ihr Maximum vor der langwelligen Grenze der optischen Absorption, wie aus den Arbeiten der Herren Gudden und Pohl hervorgeht.

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Durchgang von Elektronelz durch Kristalle. 465

Lichtelektrisch unwirksames Licht wird also in geringer Tiefe schon vom Kristall absorbiert, lichtelektrisch wirksames Licht durchsetzt ihn, nur wenig geschwBcht durch den Energie- betrag, der den Strom erzeugt. Also kann man von der In- tensitat des durchgegangenen Lichtes auf seinen lichtelektrischen Wirkungsgrad schlieljen. Die entstehenden Strome verhalten sich annahernd wie die IntensitMen des durchgehenden Lichtes.

Die Versuchsanordnung war folgende : Das Licht der Quarzlampe trat, von einer Quarzlinse konvergent gemacht, durch eine Irisblende in einen inwendig schwareen Kasten. Hier traf es auf einen halbverdeckten ZnS-Kristhll, hinter

a, b, c lichtdichte Wffnde. I u. I1 Stellung der photographischen Platte im direkten

und gestrenten Licht. Fig. 5.

dem eine photographische Platte stand. Die dunkle Halfte des Kristalls ragt, ringsherum sorgfaltig in Samt lichtdicht eingelegt, mit dem Ende durch ein schwarzes Kartenblatt, hinter dem ein anderer Teil derselben photographischen Platte der Bestrahlung ausgesetzt werden konnte (vgl. Fig. 5).

In der zweiten Stellung der Platte wurde so lange belichtet, bis die Schwarzung amiihernd gleich derjenigen in der ersten Stellung war. Um ein Resultat herauszugreifen : Belichtungs- zeit in Stellung 1: Sekunde, in 2: 120 Sekunden, in 2 also 600mal so grol3 wie in 1. In ganz grober Anniiherung kann man sagen, daB die Intensitat des direkten Lichtes mehrere hundert Male so groB ist wie die des seitlich zerstreuten. Also kann die Leitfahigkeit im dunklen Kristall unmoglich als dureh das gestreute Licht entstanden erklart werden. Es war bei diesem Verhgltnis der Intensitiiten nicht einmal notig, durch Anbringung von Schwarzungsmarken auf der Platte den Exponenten der Schwarzschildschen Strahlungsformel

Amden der Physik, IV. Folge. 77. 31

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466 Ha Lerzx.

S = I*t*, zu bestimmen, woriln S die Schwiirzung, I die h- tensitiit, t die Zeit und p den Schwarzschildschen Ex- ponenten bedeutet, der in clem benutzten Wellenlangenbereich so gut wie konstant ist und ungefihr neun Zehntel betriigt.

8. Der anomale Halleffekt und vergebliche Versuche, ihn durch Kriatallorientierung oder uagleiohmmiiBige Belichtung zu erkliiren,

Es kommt oft vor, daB sich der Halleffekt mit dem Magnetfelde nicht umkehrt. Dais ist haufig bei Zinkblende der Fall. Die Elektronen wandern also manchmal der be- schleunigenden magnetischen &aft entgegen. Der Effekt wurde dann anomal genannt. Seine Aufklarung schien vor allem notig.

Zuerst konnte festgestellt werden, daI3 die Anomalitat nur' eine vorubergehende war. Wenn man sehr lange wartete, ging der anomale Ausschlag zuruck, durch Null hindurch und wurde richtig normal, wie man ihn erwarten muate.

Es wurde vermutet, daB die Lage der vier dreizahligen, polaren Achsen einen EinfluB auf die seitliche Bewegung der Elektronen hat, weil auf der dreizahligen Achse der Abstand eines Zn-Atoms vom S-Atom doppelt so groB ist, wie der Abstand des letzteren' vom nachsten Zn-Atom. Da die durch die einzelnen Atome gehenden Ebenen, die senkrecht zur dreizahligen Achse stehen, immer mit derselben Atomart besetzt sind, so entstehen elektrische Doppelschichten, durch welche gewisse Vorzugsrichtungen fur Elektronen gegeben sein konnten. Um das zu prufen, wurde mit einer verhaltnis- m5Big primitiven, aber genugend genau arbeitenden Schleif- vorrichtung ungefahrt 20 Rristalle nacheinander so in die immer angewendete Streichholzschachtelform geschliffen, daB die Achsen alle maglichen ausgezeichneten Orientierungen zur Strom- und Magnetfeldrichtung hatten. Das war sehr schwierig und langwierig bei der Sprodigkeit des Materials und im Hin- blick auf die oben geschilderten Anforderungen, die schon beim einfachen Halleffekt an die Kristalle gestellt werden muBten. Da vier dreizahligs Achsen vorhanden sind, die gegeneinander dieselbe Neigung haben wie die Hohen eines Tetraeders, so war die Lage der Achsen gegen die Feldvektoren immer sehr verwickelt. Kristalle mit folgenden Achsenlagen wurden hauptsiichlich untersucht (vgl. Fig. 6) :

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Durchgang von Elektranea durch Kristalle. 467

Dabei bedeuten die ausgezogenen Pfeile Achsen, die in der Papierebene liegen, die punktierten Pfeile dagegen die zusammenfallenden Projektionen zweier Achsen, von denen die eine nach oben, die andere nach unten unter einem Winkel von SO0 aus der Papierebene hinausschaut. Die dunn aus- gezogenen Linien bedeuten die Umrisse der Rhbmbendodeka- ederflache der Kristallform von ZnS.

Die miihsamen und zahlreichen Messungen konnten eine Erkltirung fur den anomalen Halleffekt bei ZnS nicht bringen. Bei allen Achsenorientierungen fanden sich Kristalle, die den schFnsten und richtigsten Halleffekt zeigten, Der

Elektr. Feld

oder --t

t

Magnet- feld

/ )c

oder

I- - Fig. 6.

anomale Effekt trat anscheinend vollig willkiirlich auf, oft gerade da, wo er erwartet wurde und umgekehrt. Es wird daher verzichtet, das Tatsachenmaterial anzugeben.

Der Verdacht, den anomalen Effekt zu verursachen, fie1 nun auf das Licht der Quecksilberdampflampe. Selbst bei gleichmaSiger Beleuchtung konnte eine ortliche Verschieden- heit der Absorption, verursacht etwa durch geringe, naturlich nicht mehr sichtbare Schwankungen in der Eiaensulfid- beimischung, eine Verschiedenheit des Potentialgefdles, Raum- ladungen im Kristall usw. hervorrufen, was den normalen Halleffekt verhindern oder storen muSte. Die in der Haupt- stromrichtung gemachten kiinstlichen Variationen von Strom und Spannung (vgl. Abschnitt S), wurden nun systematisch auf den durch das Magnetfeld erzeugten Hallstrom uber- tragen, in der Hoffnung, den anomalen Halleffekt auf dieso Weise kliiren zu konnen. Es wurden Kristalle genommen, die einen normalen Halleffekt zeigten. Dann wurde der halbe Kristall abgedeckt, aber jetzt nicht mehr senkrecht

31 *

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468 H. Lertz.

zur Hauptstromrichtung, sondern parallel derselben, so deI3 also einmal die eine Hallelektrode, das andere Ma1 die andere im Dunkeln war (vgl. Fig. 7).

&s floB also in der unteren Kristallhalfte beispielsweise ein Strom, in der oberen nicht. Da das Potentialgefalle im Dunkeln ein’wenig anders ist als im Licht, muBte, damit an beiden Hallelektroden gleiches Potential herrschte, ent- weder die eine um ein kleines aus der symmetrischen Stellung

heraus versetzt werden, oder es muBte durch Herstellung einer kleinen Inhomogenitat der Beleuch- tung langs des belichteten Teiles das Potentialgefalle ein ganz klein wenig geandert werden, was nach dem Vorhergesagten leicht mijglich

war. Das letztere wurde vorgezogen aus Grunden der Schnellig- keit, mit der die gewunschte Korrektion durch Verschieben der Quarzlinse mit einer Mikrometerschraube vom Beobachtungs- tisch aus erreicht wurde. Diese Korrektion erwies sich als unbedenklich im Hinblick auf die sonstige Mefigenauigkeit. Nachdem man sich jedesmal davon iiberzeugt hatte, dafi der Halleffekt im vollbelichteten Kristall normal war, wurden Gruppen von je acht Messungen gemacht. Einmal wurde die obere, einmal die untere Halfte des Kristalls zugedeokt und dabei das Magnetfeld und die Hauptspannung umgekehrt. Ein Beispiel sei gegeben (vgl. Tab. 9 S. 469).

Die Richtung des Pfeiles gibt die Richtung des Elektronen- Hallstromes an. N bedeutet normal, A bedeutet anomal. Wo beide nebeneinancler stehen, tritt erst ein anomaler, dann ein normder Effekt auf. Von je zwei Effekten war immer einer vorubergehend anomal. Bei Fall 1 und 2 scheinen die Elektronen vorubergehend anomal in das Helle abzuflieBen, bei 3 und 4 dagegen ins Dunkle. 3 widerspricht 2, und 4 widerspricht 1, wenn man nur einen EinfluD der Beleuchtung annehmen wollte.

Dieselben Versuche wurden beim Diamanten gemacht, der sonst keinen anomalen Effekt zeigte. Der anomale Effekt trat such hier auf und ebenfalls in sich widersprechenden Paaren. Man muBte zur Erkltirung des anomalen Effektes zu der ungleichmliBigen Belichtung noch eine weitere Be-

Fig. 7.

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Durchgang von Elektronen durch Kristalle.

Tabelle 9.

469

___

voll belichtet N-C.

1. oben bedeckt

4. unten bedeckt

2. unten bedeckt 10 N +

A + N +

i N +

3. oben bedeckt

r'

dingung hinzunehmen, etwa die Kristallorientierung. Das ist aber schlecht moglich, da man wohl noch bei der Zink- blende, aber nicht mehr beim Diamanten von einer Orientierung reden kann.

Von einer weiteren Verfolgung dieser Arbeiten muBte vorlaufig abgesehen werden.

9. Vergeblicher Verauch, eine Bnderung dea Diamagnetismua durah Bestrahlung naohsuweisen.

Es liegt nahe, bei der Erklarung des Mechanismus der lichtelektrischen Leitung die Frenkelsche Theorie der metal- lischen Stromleitung heranzuziehen. Danach beruht die ,,Frei- heit", d. h. die Ieichte Verschieblichkeit der Valenzelektronen der Atome im Metallgitter auf der groBen Exzentrizitat der Ellipsenbahnen derselben. Bei Kalium und Natrium Bind die Aphelradien der Valenzelektronen doppelt so grol3 wie die Abstiinde vom Nachbaratom. Deshalb ist eine Quanten- bewegung um das Vateratom unmoglich. Das Valenzelektron wird von einem Atom zum anderen auf Bruchstucken von

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470 H. Lenz.

Quantenbahnen wandern, Bei Stoffen, deren Nachbaratome sich in entgegengesetzten Phasen befinden, wie das F r enkel beim Diamanten als moglich annimmt, kreisen die Valenz- elektronen um dasselbe Atom, daher leiten diese Stoffe den Strom auch nicht. Vielleicht kann man im Hinblick auf die lichtelektrische Leitfiihigkeit nun so weiter schliei3en: Durch Absorption eines Energiequantums springt das Valenzelektron auf eine hohere Quantenbahn. Die Bindung an den Atomrumpf ist nun so klein und der Bahnradius so groB, da13 das Elektron in die Wirkungssphare eines anderen Atoms kommt, um das es nun einmal oder auoh mehrere Male kreist, um dann wieder weiterzuwandern. Damit wiirde das Valenzelektron zu einem Leitungselektron. Derartige Vermutungen sind zwar ver- lockend, aber gewagt, da sie noch jeder experimentellen Grund- lage entbehren.

Da die kreisenden Elektronen aber zugleich den magne- tischen Zustand eines Atoms bestimmen, so ist eine Anderung ihrer Bahn durch Quantensprung infolge Absorption der er- regenden Frequenz gleichbedeutend mit einer hderung des magnetischen Zustandes. Diese Anderung konnte einmal in einer VergroBerung des Diamagnetismus bestehen, wenn etwa zwei Elektronen verschiedener Umlaufrichtung auf hohere Bahnen gehoben werden. Es konnte aber auch eine Ver- ringerung des Diamagnetismus erwartet werden, wenn ntimlich das lichtelektrisch freigemachte Leitungselektron das ihm zu- geordnete Elektron entgegengesetzter Umlaufsrichtung in ma- gnetischer Hinsicht nicht mehr kompensiert und das angeregte Atom also ein magnetisches Moment bekommt. Ein belichteter Diamant miiBte sich jedenfalls in einem starken Magnetfeld anders einstellen, als wenn er unbelichtet wiire.

Urn das zu prufen, wurde folgender Versuch gemacht: An einem dannen Quarzfaden von einigen p hing ein 10 ern langes Glasstiibchen, das am oberen Ende ein Spiegelchen zur Beobachtung mit Fernrohr und Skala trug und an das unten ein groBer Tafeldiamant von 13,7 mm GroBe und 7 Ka,rat Gewicht angekettet war. Der Quarzfaden war an einem Torsionsknopf befestigt. Die ganze Anordnung hing zum Schutze gegen Luftstromungen in einem Glasrohr. Der Diamant konnte von einer Quarzlampe mittels einer Anordnung von Quarzlinsen und Prismen senkrecht zu seiner Oberflgche

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Durchgang oolz Elektronen durch Kristalle. 471

bestrahlt werden. Die ganze Anordnung wurde so zwischea die Kegelpolsohuhe eines groBen Elektromagneten gehangt, daB der Diamant in die Verbindungslinie der Polspitzen zu hangen kam. Dann wurde das Magnetfeld von etwa 25000 Gauss eingeschaltet. Der Diamant stellte sich, da er diamagnetisch ist, senkrecht zu der Verbindungelinie der Polschuhe ein. Durch Torsion des Aufhiingeknopfes um etwa 3000O wurde er urn 45O aus seiner Lage herausgedreht. Diese Stellung isf am empfindlichsten fiir Anderungen des magnetischen en- standes. Dann wurde er bestrahlt.

Es ist fraglich, ob die Versuchsbedingungen noch erheblich empfindlicher gemacht werden konnen. Vielleicht ist der Effekt uberhaupt nicht zu bekommen, da beim lichtelektrischen Strom nur sehr wenig Atome angeregt werden.

Der erwartete Effekt trat nicht ein.

10. Das HineinechieBen von K~thodenetrahlelektronen in den Kristall.

Da offenbar im dunklen Kristallteil befindliche Elektronen von einer angelegten Spannung weggefuhrt werden konnen, scheint die Frage der Elektronenleitung im Kristall zu einem Problem des Hineinbringens von freien Elektronen in den Kristall zu werden. Es wurde darauf der Versuch gemacht, Kathodenstrahlen im Vakuum in einen Kristall, an dem Spannung liegt, hineinzusohieBen.

Versuchsanordnung : Eine einfache Kathodenrohre mit seitlicher Anode wurde durch Kapsel-, Vollmer- und Dif- fusionspumpe evakuiert. Zur Druckregulierung war sie durch eine Kapillare mit einem Zwischenvakuum verbunden. Be- trieben wurde die Rohre von einer 16plattigen Influenzmaschine oder einem Induktorium, Fiir kleine Spannungen und grol3e Intensitaten wurde eine Gliihkathodenrohre benutzt. Die Kathodenstrahlen durchliefen einen metallischen, geerdeten Zylinder und traten in den Kana1 eines metallischen Messing- blockes ein, der besonders geerdet war und trafen auf eine etwa 2 mm dicke Kristallplatte, die aul3en auf dem Messing- block aufgekittet war, und das Rohr nach auBen abschlol3. Die Kathodenstrahlen wfirden den Kristsll, der ja isoliert, im Augenblick auf die Spannung der Rohre aiufladen; denn im giinstigsten Falle wird ein verschwindend kleiner Bruchteil

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472 H . Lenx.

derselben eindringen und eine Leitung hervorrufen. Der bei vorliegender Anordnung auf den Kristall treffende Kathoden- strahlstrom wurde einmal gesondert gemessen und von der GroBenordnung 10-5 Ampere gefunden, also 1OOOOmal grol3er als lichtelektrische Strome in Kristallen beobachtet werden. Dwch die Aufladung entsteht eine hohe Spannung am Kristall, die weit uber der kritisahen Grenze des einsetzenden Dunkel- stromes liegt, der alle Messungen unmoglich macht und den Kristall zerstort. Deshalb wurde die Seite des Kristalls, auf die die Kathodenstrahlen aufprallen, durch Kathodenzerstiiubung schwach versilbert, und zwar so, dafi der ZnS-Kristall noch vollkommen durchsichtig war und im auffallenden Lichte einen Spiegel zeigte. Der Silberbelag stellt einen guten Kontakt mit dem dwchlochten Messingblook her und leitet die uber- schussigen Elektronen zur Erde ab. Nur die Elektronen, die vermoge ihrer Geschwindigkeit den dunnen Silberspiegel durchschlagen, konnen in den Kristall wirklich eindringen und als freie Elektronen umherirren. Der Belag muljte ofter er- neuert werden, da die aufprallenden Elektronen nach kurzer Zeit alles Silber restlos verdampften und der Kristall wieder isolierte. Auf die AuBenseite des Kristalls war ale Elektrode ein Stanniol- stuck gegenuber dem Kana1 aufgeklebt, von dem eine sorg- faltig in Metallrohre gelegte Leitung uber ein empfindliches Gal- vanometer zu dem einen Ende einer Hochspannungsbatterie fuhrte, die am anderen Ende geerdet war. Damit war die alte Versuchsanordnung, der iibliche Stromkreis, wieder her- gestellt : Der Messingblock als die eine geerdete Elektrode, Kris tall, S tanniolelektrode, Galvanometer, Ba tterie, Erde.

Folgende Vorversuche wurden gemacht : 1. Der Kristall isolierte ohne Kathodenstrahlen vollkommen. 2. Bei Bestrahlung mit einer Nemstlampe von rtul3en

zeigte er einen lichtelektrischen, stationaren Primiirstrom von etwa 30.10-1O Ampere.

3. Fuhrte man die Leitung von der auI3eren Elektrode uber das Galvanometer direkt zur Erde, also ohne Spannung an den Kristall zu legen, und beschoB nun mit Kathoden- strahlen, so zeigte sich im Galvanometer kein Ausschlag, auch nicht bei liingerer Bestrahlung.

Damit schien bewiesen, da13 reine Versuchsbedingungen vorlagen, und da13 Storungen nicht mehr moglich sein konnten,

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Durchgay won Elehtronen durch Kristalle. 473

Nun wurden bei einer anliegenden Spannung von etwa 1000 Volt am Kristall Kathodenstrahlen von etwa 10000 Volt Ge- schwindigkeit draufgeschickt. Der erwartete Effekt trat deutlich ein, a b ein Strom von der GroBe 3 - 30-10-10 Amp., je nach Dicke des Silberbelages. Bei starkerer Bestaubung blieb der Effekt aus, wie zu erwarten war. Es war dabei ganz gleich, ob man auBen an den Kristall das positive oder das negative Ende der Batterie anlegte. Mit anderen Worten: Die einmal in den Kristall eingedrungenen freien Elektronen werden von der angelegten Spannung je nach dem Vorzeichen in der Richtung oder entgegen der Richtung der auftreffenden Kathodenstrahlen fortgefuhrt. Ob man die Primarelektronen allein oder von diesen ausgeloste Sekundarelektronen fiir die Leitung verantwortlich macht, ist vollig gleichgultig. Auf jeden Fall mu13 jedes abgewanderte Elektron ersetzt werden. Die Abhangigkeit dieses Effektes von der Kristalldicke, GroBe der Spannung und der Rohrenspannung hiitten noch untersucht werden konnen. Wegen der Undefiniertheit der Dicke des Silberspiegels ware mit dem Resultat jedoch nicht vie1 anzu- fangen. Bei einem diesbezuglichen Versuch mit einer Gluh- kathodenrohre setzte der Effekt bei etwa 5000 Volt Rohren- spannung meBbar ein und stieg mit der Spannung stark an. Bei 20000 Volt waren starke Strome der GroBenordnung 10-8 Amp. wie beim gewohnlichen lichtelektrischen Effekt vor- handen. DaB der neue Effekt wirklich dem lichtelektrischen Primkstrom entspricht, ist zwar wahrscheinlich, konnte aber erst behauptet werden, wenn es gelange, einen Halleffekt der- selben GroBe zu finden wie beim Lichtstrom. Es wird aber technisch sehr schwierig sein, mit Kathodenstrahlen in starken magnetischen Feldern von mehreren tausend Gauss einwand- frei zu arbeiten.

Im AnschluB daran wurden dieselben Versuche mit Kanal- strahlen gemacht. Es trat ebenfalls ein Effekt auf. Nach Messungen von Rausch von Traubenberg durchschlagen schon Kanalstrahlen von einigen tausend Volt Geschwindigkeit eine Goldfolie von 0,3 p. Sauerstoffkanalstrahlen treten im untersuchten Bereich bis 20 000 Volt ungeladen aus, erzeugen aber auf der den Kanalstrahlen abgewandten Seite Sekundgr- elektronen in solcher Anzahl, daB der galvanometrisch ge- messene negative Strom derselben groBer war 4 s der positive

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474 HE Lenx.

ungeschwachte Kanalstrahlstrom ohne Zwischensohaltung einer Goldfolie. Ubertragt man diese Tatsacbe auf den vorliegenden Kanalstrahleffekt, so kann man zur Erklarung desselben an- fiihren, daB vielleicht die von der Silberschicht nach dem Kristall zu austretenden Sekundar-Elektronen die Leitfahigkeit hervorruf en.

Es folgt hier eine Skizze der Versuchsanordnung und eine Ubersicht der Ergebnisse :

Fig. 8.

Tabelle 10.

Strahlen --3

.. 1 "- I I Mit }spannung\-- 3 0 1 6 1 " 24 I 6

I - 1 1- I - 2. Induktor.

0

6 I

a I 0 0 1 0 )

11. Die Temperaturabhlngigkeib des liohtelektriaohen Primiiratromee von - 101O bie + SOo.

Bei Versuchen uber die Temperaturabhangigkeit des Halleffektes muBte festgestellt werden, daB der licht- elektrische Primiirstrom bei der Temperatur der flussigen

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Durchgang von Elektrolzen durch. Kristalle. 475

Luft bei Zinkblende vollkommen, beim Diamanten bis auf einen Bruchteil verschwand. Deshalb erschien es notig, erst einmal die Temperaturabhfingigkeit der Leitfahigkeit selbst zu untersuchen. Der Kristall wurde zwischen zwei auf Hart- gummi isolierte Messingelektroden gesetzt und entweder direkt in die fliissige Luft getaucht oder fur hohere Temperaturen

540 -

480 -

420 -

A 360-

2 300 - 4 2

5 240- .B

I

+-JUC &ma/

0 30 60 90 1201.50180210240270300330360390 Absolute Temperatur -t-

~

Kurve VIL mit einem doppelwandigen, heizbaren Olthermostaten erwarmt. Die Temperaturmessung geschah mittels Thermoelement und, soweit als maglich, durch Thermometer. DaB die flussige Luft etwa nicht das Licht absorbiert, wurde dadurch nach- gewiesen, daB in den Strablengang ein DewargefSiB mit flussiger Luft gebracht wurde, bei dem ein Teil des Silber- belages ausgespart war. Wie zu erwarten war, wurde der

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476 H. Lenz. Durchgang von Elektronen durch Kristalle.

Strom nicht erheblich geschwiicht. Es wurde dszu besonders reine flussige Luft verwendet. Ein Diamant und mehrere ZnS-Kristalle wurden untersucht. Mit steigender Temperatur stieg der lichtelektrische Strom bei konstanter Beleuchtung und Spannung linear an. yon 82O bis etwa 1350 absolut war der Strom beim Diamanten von der Temperatur unabhiingig. Bei ZnS verschwand der Strom vollkommen bei einer Tem- peratur, die von Kristall zu Kristall etwas verschieden war im Bereich zwischen 125 und 145O absolut. Da bei tiefen Temperaturen der storende elektrolytische Dunkelstrom weg- bleibt, konnten hohe Spannungen angelegt werden. Auch bei 20000 Voltlcm verschwand der Strom bei der Zinkblende. Die beiden Kurven (vgl. Fig. 7) geben die AbhBngigkeit des Stromes von der Temperatur fur Zinkblende und Diamant an. Der Halleffekt des Reststromes konnte bisher noch nicht gemessen werden.

Ich danke Herrn Geheimrat Wien fur die Anregung und Forderung meiner Arbeit.

Desgleichen bin ich Herrn Geheimrat Lenard in Heidel- berg, Herrn Privatdozenten Dr. Ri ichardt und Herrn Privat- dozenten Dr. Kirchner fur das stetige fordernde Interesse dankbar, da13 sie meiner Arbeit stets entgegenbrachten. Von Herrn Dr. Ri ichardt stammt die Anregung zu dem Kathoden- strahleffekt.

Fur die leihweise Uberlassung von Diamanten danke ich: S. K. H. dem Kronprinxen Ruprecht von Bayern fiir Dia- manten aus dem bayerischen Kronschatz, Freiherrn Dr. von Nagli, zurzeit Bern, Herrn Geheimrat Dr. Kaiser, Miinchen, Herrn Professor Dr. Steinmetz, Alte Akademie, Munchen.

Fiir die seltenen kostbaren Zinkblendekristalle danke ich deb Herren: Prof. Dr. Pardi l lo , Saragossa (Spanien), Professor Riemann, Zwingersammlung, Dresden, Geheimrat Rinne, Leipzig, Prof. Bielowsky, Berlin, Prof. Steinmet z , Miinchen.

Die schonsten und reinsten Stiicke verdanke ich meinen lieben Bundesbriidern: Geheimrat c) bee ke , Techn. Hochschule, Munchen, Generaldirektor Dr. T a u s e n t , Santander, Spanien.

Munchen, Physikalisches Institut. (Eingegasgen 17. Juni 1925.)