Über die Thrombokinase des Blutes

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258 REXCHI~L, ThromboMnase des Blutes. Klinische Wochenschrift sog. dreifache Reaktion der Haut erzeugeii, n~mlich tokale /~6tung, Quaddel und roten Hot. Diese Reaktion, die fibrigens nicht nur an der Haut, sondern auch bet der glatten, quer- gestreiften und Herzmnskulatur beobachtet wurde, h~ngt nicht etwa damit zusammen, dab diese Vasopathen gegen Gewebshormone, also z. B. histamin~Lhntiche Stoffe, fiber- empfindlicher sind : die pharmakologischen Schwellenwerte des Histamins, in die Haut gebracht, Silld bei diesen Menscb,en dieselben wie bet gesunden Menschen. Die Vasopathie hat also bet der Dermographie nicht ihre Ursache in der krankhaft ge~tnderten Vasomotorik, sondern ist yon der l?berempfind- tichkeit der Haut gegen Reize abhgngig. Jeder andere Reiz z. ]3. Temperaturreiz, kann tiber den Weg der gest6rten Hantzelle vasopathische Reaktionen hervorbringen. So be- ruht z. B. die vorfibergehend auftretende R6tung am Hals- ausschnitt der Frau darauf, dab der dauernde K/iltereiz Verltnderungen des Gewebes und damit der Vasomotorik setzt. In das Krankheitsgebiet der Vasopathie muB man ferner die Migr/ine rechnen. Wenn Wir auch nieht wissen, wodurch die Anderung der Vasomotorik zustande kommt, so steht doch die Tatsache im Vordergrunde, dab sie bet dieser Er- krankung anfallsweise ver/indert ist. Bekannt ist der Ver- such von D6LLKEN 6, der durch Einspritzen yon o,5mg Histamin jedesmal einen echten MigrAneanfall ausl6sen konnte. \u bet den anderen schon angeftihrten Vasopathien handels es sich mit Wahrscheinlichkeit auch bet der Migr~ne nicht um eine prim~ire Erkrankung des GefiiBapparates, sondern letzterer stellt nut das Ausdrucksorgan irgendeiner aiideren Erkrankung dar. Man hat jedoch bei der Migr~ne wie bei den anderen schon angeffihrten yasopathien zu er- warren, dab das k~ankmachende Leiden mehr oder weniger nahe dem peripheren Kreislaufgebiet liegt, das jetzt in patho- logiseher Weise reagiert. Bei der Dermographie saheii wir, dab diese Noxe in der Haut, beim intermittierenden Hinken im Muskel entsteht und dann an Oft und Stelle am Kreislauf wirksmn wird. 13el der Raynaudschen Erkrankung liegen die Verh~iltnisse noch zu' wenig iibersichtlich, als dab wir sie zu, den ,,echten" Vasopathien z/~hlen k6nnten. Bei tier Migriix~e sind auch vegetative Nerven beteiligt, wie aus der gelegent- lich auftretenden Anisocorie und der halbseitig auftretenden Gesichtsbl~isse hervorgeht. Auch bei der Angina pectoris vasomotoria dfirften die vasomotorischen Nerven ffir die anfallartigen Beschwerden in erster Linie in Anspruch ge-. nommen werden. Wir sind nicht sicher, ob die 0dembereit- schaft (Nesselfieber, Quinckes (3dem) als Ausdruck einer Capillarsch~tdigung der Vasopathie zuzurechnen ist, obwohl bei dieser Erkrankung die Noxe direkt dieCapillaxen im Siune einer krankhaften Durchl/issigkeit schltdigt. Es ist jedoch besser, diese Erkrankungen wie bisher in das Gebiet der Allergie unterzubringen, weft die Symptomatologie der Capil- larsch/tdigung nicht vasomotorisch ist. Vasopathen zeigen fast framer eine ~bererregbarkeit der vegetativen Nerven, die sich in Neigung zu leichtem Schwitzen, in Durchfiflten, ver/~nderter Herzt/itigkeit und PulsauffAllig- keiten iiuBert. Es ist daher sehr schwer, bei der korrelativen Dysfunktion yon Itormoiidrfisen, Gewebsstoffwechsel und vegetativem Nervensystem zu entscheiden, welches Organ prim~tr erkrankt ist nnd die Vasopathie zustande bringt. Es mag jedoch immer wieder darauf hingewiesen werden, daB bei den Vasopathien zun/ichst immer irgendein anderes Organ erkrankt ist und dab der Gei/iBapparat den Ausdruck dieser Erkranktmg daxstetlt, ohiie zun/ichst selbst mit erkrankt zu sein. Eine bemerkenswerte Parallele zu dieser Anschauungs- weise bietet die Auffassung, die heute fiber das Schizophrenie- problem ge/iuBert wird. Auch bier braucht nicht prim/it das Gehirn erkrankt zu sein, sondern dieses reagiert nut sekund/ir auI ein Leiden, das ,,sich auBerhalb des Gehirns in anderen Organen des K6rpers abspielt. Die Ergebnisse der hirn- anatomischen wie der serologischen Forschung sprechen in gleicher Weise und mit gleicher Entschiedenheit gegen die Auffassung, man babe in der Schizophrenie oder der Gruppe der Schizophrenien eine primate Erkrankung des Gehirns zu erblicken"L Gehirn und GefXB dtirften als sehr empfind- liche Indicatoren mannigfacher Leiden anzusehen sein, ohne dab sie zun~chst selbst dazu neigen, mit zu erkranken. In diesem Sinne ist die Vasopathie Ausdruck eines nicht gefAB- bedingten Leidens, das spezieller oder allgemeiner Natur sein kann. Es mag hier uiier6rtert bleiben, wie weft das Gefi~B- system des Vasopathen mehr als das des Normalen ,,bereft" ist, auf krankhafte Reize zu antworten. D er Begriff der Bereitschaft (Anfallsbereitschaft des Epileptikers) ist nicht so test umrissen~ Ms dab wir mit ihm als einer gegebenen Gr6Be rechnen kSnnen. Soviel kann jedoch fiber die ,,Krank- heitsbereitschaft" des GefABsystems bet Dermographie ge- sagt sein, dab sie ffir das Histamin nicht besteht (s. o.). Literatur: x E. SCHILF, Klin, VCschr. 1936, 962. -- 2 FELD- BERG U. SCmLF, Histamin, seine Pharmakologie und Bedeutung ffir die Humoralphysiologie. Berlin: Springer 193 o. -- 8 GADDUM U. DALE, Gef/~Berweiternde Stoffe der Gewebe. Leipzig: Georg Thieme. -- 4 E. WEBER, Der EinfluB psychischer VorgAnge auf den K6rper. Berlin: Springer 191o. -- s W. RIEnER, Arch. klin. Chir. I59, i (I93o). -- 6 D6LLKEN, Mlinch. reed. Wschr. i928 , 291. -- H. LT0XENBURGER,Die Schizophrenie. Handbueh der Erbkrank- heiten 2, I97 (194o). (~BER DIE THROMBOKINASE DES BLUTES. 'Von CHRISTIAN REICHEL, z. z. Oberarzt d. H. Aus der Gaukinderklinik Posen (Direktor: Doz Dr, phil.Dr. reed. habil.F. WIDENBAUER). Dutch die experimentellen Untersuchungen von L~NGGEN- HAGEF lind WIDENBAUERund REICnEL fiber die Blutthrombo- kin~e sind Ergebnisse gefunden worden, die mit den bisher fiblichen Vorstellungen fiber die ~-ntstehung und die chemische Natur der 131utthrombokinase nicht in Einklang zu bringen sind und vielfach die Unrichtigkeit frfiherer Vorstellungen beweisen. Bislang wurde angenommen, dab die Thrombo- cyten bet ihrem extravasMen Zerfall die Thrombokinase des Blutes liefern. Nachdem es gelang, aus den Thrombo- cyten Lipoide mit Thrombokinasewirkung zu isolieren, nabm man an, dab das aktive Prinzip der Blutthrombokinase dutch ein Lipoid dargestellt wird, und zwar wahrscheinlich durch das Cephalin. Die Thrombokinasewirkung des Cepha- lins ist yon verschiedenen Autoren framer wieder bestritten worden. In neuester Zeit haben aber eine ganze Reihe yon Untersuchern, zuletzt WIDENBAUER und REICHEL, beweisen kSnnen, dab Prothrombin bet Anwesenheit yon Ca-Ionen und alkohollSslichem Cephalin* in Thrombin umgewandelt wird. Damit ist die Thrombokinasewirkung des alkoholI6slichen Cephalins einwandfrei festgestellt. Dabei bleibt aber die Prage, ob die V~Tirkungder Blutthrombokinase auf einer Lipoid- oder LipoideiweiBkomponente beruht, v611ig often. Zunitchst f~llt auf, daB die Gerinnungszeit des Blutes in keinem flmktio- nellen Zusammenhang mit dem GehMt an Thrombocyten oder gerinnungsaktiven Lipoiden steht. Die Gerinnungszeit ist yon der vorhandenen Thrombocytenzahl unabh~ngig, wie am fiberzeugendsteii die normale Geriniiungszeit bet der thrombopenischen Purpura zeigt, wo in schweren F/illeii ein fast v611iger Schwund der Blutpl~ttchen auftritt. Es ist weiterhin sehr unwahrscheinlich, dab die Blutgeriiinung, deren Ablaut doch immerhin in verh/iltnism~Big engen zeit- lichen Grenzen sich abspielt, yon einem in weiten Grenzen schwankenden Lipoidgehalt des Blutes abh~ingig sein soll. LENGGENHAGER hat darauf bereits hingewiesen, und ihm verdanken wir auch Untersuchuiigen, die das Problem der Blutthrombokinase in einem vSltig neuen Licht erscheinen lassen. Er konnte ans einem thrombokinaseffeien Plasma dutch Verdfinnen und vorsichtige Eiiglobulinffialung mit COS einen Niederschlag gewinnen, der, in physiologischer NaC1- LSsung aufgel6st, nach Zugabe yon Ca-Ioneii spontane Ge- rinnung zeigte. Daraus dart geschlossen werden, daBThrombo- kinase neugebildet wurde. LENGGENHAGERnimmt an, dab sich im I~lasma eine inaktive Vorstufe der Thrombokinase findet, die durch die Euglobulinfiillung in die aktive Stufe * Siehe WIDENBAUER u. REICHEL, Biochem. Z. 309, lOO,

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258 REXCHI~L, ThromboMnase des Blutes. Klinische Wochenschrift

sog. dreifache Reaktion der Hau t erzeugeii, n~mlich tokale /~6tung, Quaddel und roten Hot. Diese Reaktion, die fibrigens nicht nur an der Haut , sondern auch bet der glatten, quer- gestreiften und Herzmnskulatur beobachtet wurde, h~ngt nicht etwa damit zusammen, dab diese Vasopathen gegen Gewebshormone, also z. B. histamin~Lhntiche Stoffe, fiber- empfindlicher sind : die pharmakologischen Schwellenwerte des Histamins, in d i e Haut gebracht, Silld bei diesen Menscb,en dieselben wie bet gesunden Menschen. Die Vasopathie hat also bet der Dermographie nicht ihre Ursache in der krankhaft ge~tnderten Vasomotorik, sondern ist yon der l?berempfind- tichkeit der Hau t gegen Reize abhgngig. Jeder andere Reiz z. ]3. Temperaturreiz, kann tiber den Weg der gest6rten Hantzelle vasopathische Reaktionen hervorbringen. So be- ruht z. B. die vorfibergehend auftretende R6tung am Hals- ausschnitt der Frau darauf, dab der dauernde K/iltereiz Verltnderungen des Gewebes und damit der Vasomotorik setzt. In das Krankheitsgebiet der Vasopathie muB man ferner die Migr/ine rechnen. Wenn Wir auch nieht wissen, wodurch die Anderung der Vasomotorik zustande kommt, so steht doch die Tatsache im Vordergrunde, dab sie bet dieser Er- krankung anfallsweise ver/indert ist. Bekannt ist der Ver- such von D6LLKEN 6, der durch Einspritzen yon o,5mg Histamin jedesmal einen echten MigrAneanfall ausl6sen konnte. \u bet den anderen schon angeftihrten Vasopathien handels es sich mit Wahrscheinlichkeit auch bet der Migr~ne nicht um eine prim~ire Erkrankung des GefiiBapparates, sondern letzterer stellt nu t das Ausdrucksorgan irgendeiner aiideren Erkrankung dar. Man hat jedoch bei der Migr~ne wie bei den anderen schon angeffihrten yasopathien zu er- warren, dab das k~ankmachende Leiden mehr oder weniger nahe dem peripheren Kreislaufgebiet liegt, das jetzt in patho- logiseher Weise reagiert. Bei der Dermographie saheii wir, dab diese Noxe in der Haut, beim intermitt ierenden Hinken im Muskel entsteht und dann an Oft und Stelle am Kreislauf wirksmn wird. 13el der Raynaudschen Erkrankung liegen die Verh~iltnisse noch zu' wenig iibersichtlich, als dab wir sie zu, den ,,echten" Vasopathien z/~hlen k6nnten. Bei tier Migriix~e sind auch vegetative Nerven beteiligt, wie aus der gelegent- lich auftretenden Anisocorie und der halbseitig auftretenden Gesichtsbl~isse hervorgeht. Auch bei der Angina pectoris vasomotoria dfirften die vasomotorischen Nerven ffir die anfallartigen Beschwerden in erster Linie in Anspruch ge-. nommen werden. Wir sind nicht sicher, ob die 0dembereit- schaft (Nesselfieber, Quinckes (3dem) als Ausdruck einer Capillarsch~tdigung der Vasopathie zuzurechnen ist, obwohl bei dieser Erkrankung die Noxe direkt dieCapillaxen im Siune einer krankhaften Durchl/issigkeit schltdigt. Es ist jedoch besser, diese Erkrankungen wie bisher in das Gebiet der Allergie unterzubringen, weft die Symptomatologie der Capil- larsch/tdigung nicht vasomotorisch ist.

Vasopathen zeigen fast framer eine ~bererregbarkeit der vegetativen Nerven, die sich in Neigung zu leichtem Schwitzen, in Durchfiflten, ver/~nderter Herzt/itigkeit und PulsauffAllig- keiten iiuBert. Es ist daher sehr schwer, bei der korrelativen Dysfunktion yon Itormoiidrfisen, Gewebsstoffwechsel und vegetativem Nervensystem zu entscheiden, welches Organ prim~tr erkrankt ist nnd die Vasopathie zustande bringt. Es mag jedoch immer wieder darauf hingewiesen werden, daB bei den Vasopathien zun/ichst immer irgendein anderes Organ erkrankt ist und dab der Gei/iBapparat den Ausdruck dieser Erkranktmg daxstetlt, ohiie zun/ichst selbst mit erkrankt zu sein. Eine bemerkenswerte Parallele zu dieser Anschauungs- weise bietet die Auffassung, die heute fiber das Schizophrenie- problem ge/iuBert wird. Auch bier braucht nicht prim/it das Gehirn erkrankt zu sein, sondern dieses reagiert nu t sekund/ir auI ein Leiden, das ,,sich auBerhalb des Gehirns in anderen Organen des K6rpers abspielt. Die Ergebnisse der hirn- anatomischen wie der serologischen Forschung sprechen in gleicher Weise und mit gleicher Entschiedenheit gegen die Auffassung, man babe in der Schizophrenie oder der Gruppe der Schizophrenien eine primate Erkrankung des Gehirns zu erblicken"L Gehirn und GefXB dtirften als sehr empfind- liche Indicatoren mannigfacher Leiden anzusehen sein, ohne

dab sie zun~chst selbst dazu neigen, mi t zu erkranken. I n diesem Sinne ist die Vasopathie Ausdruck eines nicht gefAB- bedingten Leidens, das spezieller oder allgemeiner Natur sein kann. Es mag hier uiier6rtert bleiben, wie weft das Gefi~B- system des Vasopathen mehr als das des Normalen ,,bereft" ist, auf krankhafte Reize zu antworten. D er Begriff der Bereitschaft (Anfallsbereitschaft des Epileptikers) ist nicht so test umrissen~ Ms dab wir mit ihm als einer gegebenen Gr6Be rechnen kSnnen. Soviel kann jedoch fiber die , ,Krank- heitsbereitschaft" des GefABsystems bet Dermographie ge- sagt sein, dab sie ffir das His tamin nicht besteht (s. o.).

L i t e r a t u r : x E. SCHILF, Klin, VCschr. 1936, 962. -- 2 FELD- BERG U. SCmLF, Histamin, seine Pharmakologie und Bedeutung ffir die Humoralphysiologie. Berlin: Springer 193 o. -- 8 GADDUM U. DALE, Gef/~Berweiternde Stoffe der Gewebe. Leipzig: Georg Thieme. -- 4 E. WEBER, Der EinfluB psychischer VorgAnge auf den K6rper. Berlin: Springer 191o. -- s W. RIEnER, Arch. klin. Chir. I59, i (I93o). -- 6 D6LLKEN, Mlinch. reed. Wschr. i928 , 291. --

H. LT0XENBURGER, Die Schizophrenie. Handbueh der Erbkrank- heiten 2, I97 (194o).

(~BER DIE THROMBOKINASE DES BLUTES. 'Von

CHRISTIAN REICHEL, z. z. Oberarzt d. H.

Aus der Gaukinderklinik Posen (Direktor: Doz Dr, phil. Dr. reed. habil. F. WIDENBAUER).

Dutch die experimentellen Untersuchungen von L~NGGEN- HAGEF lind WIDENBAUER und REICnEL fiber die Blutthrombo- k i n ~ e sind Ergebnisse gefunden worden, die mit den bisher fiblichen Vorstellungen fiber die ~-ntstehung und die chemische Natur der 131utthrombokinase nicht in Einklang zu bringen sind und vielfach die Unrichtigkeit frfiherer Vorstellungen beweisen. Bislang wurde angenommen, dab die Thrombo- cyten bet ihrem extravasMen Zerfall die Thrombokinase des Blutes liefern. Nachdem es gelang, aus den Thrombo- cyten Lipoide mi t Thrombokinasewirkung zu isolieren, nabm man an, dab das aktive Prinzip der Blutthrombokinase dutch ein Lipoid dargestellt wird, und zwar wahrscheinlich durch das Cephalin. Die Thrombokinasewirkung des Cepha- lins ist yon verschiedenen Autoren framer wieder bestritten worden. In neuester Zeit haben aber eine ganze Reihe yon Untersuchern, zuletzt WIDENBAUER und REICHEL, beweisen kSnnen, dab Prothrombin bet Anwesenheit yon Ca-Ionen u n d alkohollSslichem Cephalin* in Thrombin umgewandelt wird. Damit ist die Thrombokinasewirkung des alkoholI6slichen Cephalins einwandfrei festgestellt. Dabei bleibt aber die Prage, ob die V~Tirkung der Blutthrombokinase auf einer Lipoid- oder LipoideiweiBkomponente beruht, v611ig often. Zunitchst f~llt auf, daB die Gerinnungszeit des Blutes in keinem flmktio- nellen Zusammenhang mit dem GehMt an Thrombocyten oder gerinnungsaktiven Lipoiden steht. Die Gerinnungszeit ist yon der vorhandenen Thrombocytenzahl unabh~ngig, wie am fiberzeugendsteii die normale Geriniiungszeit bet der thrombopenischen Purpura zeigt, wo in schweren F/illeii ein fast v611iger Schwund der Blutpl~ttchen auftritt . Es ist weiterhin sehr unwahrscheinlich, dab die Blutgeriiinung, deren Ablaut doch immerhin in verh/iltnism~Big engen zeit- lichen Grenzen sich abspielt, yon einem in weiten Grenzen schwankenden Lipoidgehalt des Blutes abh~ingig sein soll. LENGGENHAGER hat darauf bereits hingewiesen, und ihm verdanken wir auch Untersuchuiigen, die das Problem der Blutthrombokinase in einem vSltig neuen Licht erscheinen lassen. Er konnte ans einem thrombokinaseffeien Plasma dutch Verdfinnen und vorsichtige Eiiglobulinffialung mi t CO S einen Niederschlag gewinnen, der, in physiologischer NaC1- LSsung aufgel6st, nach Zugabe yon Ca-Ioneii spontane Ge- r innung zeigte. Daraus dart geschlossen werden, daBThrombo- kinase neugebildet wurde. LENGGENHAGER n immt an, dab sich im I~lasma eine inaktive Vorstufe der Thrombokinase findet, die durch die Euglobulinfiillung in die aktive Stufe

* Siehe W I D E N B A U E R u. REICHEL, Biochem. Z. 309, lOO,

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Jg. ~2, Heft x 2 REICHtgL, Thrombokinase des Blutes. 259 2o, M ~ r z 1943

der Blutthrombokinase fibergeffihrt wird. Einen weitexen Beitrag zu diesem Problem brachten WIDENBAUER und REIC~EL, denen es gelang, aus Serum eine echte Thrombo- kinase zu isolieren, die auch ohne Lipoidkomponente voll wirksam ist und wahrscheinlich ein Euglobulin darstellt. Am klaxsten und fibersichflichsten erscheinen diese Verh/itt- nisse und l~obleme, wenn man Retroplacentarserum auf das 2ofache Volumen mit A. dest. verdfinnt und die Euglobuline durch Einheiten yon CO S ausf/~Ut. Man soUte erwarten, dal3 sich in dem Niederschlag bzw. dessen L6sung in physio- togischer NaC1-L6sung neben anderen Euglobulinen yon den Gerinnungsfaktoren nur Prothrombin vorfindet. Es zeigt sich jedoch, dab bei Zugabe yon Ca-Ionen das Prothrombin in einem zeiflich verfolgbaren Ablauf in Thrombin um- gewandelt wird. Nach der klassischen Gerinnungslehre muB angenommen werden, dab durch die Euglobulinf/illung aus einer inakt iven Vorstufe aktive Thrombokinase gebildet wurde. N~here Einzelheiten sind in einer Arbeit zu finden, die in der Klin. Wschr. erschien. Es lassen sich demnach immer mehr Ergebnisse finden, die darauI hinweisen, dab die Blut- thrombokinase ein Euglobulin ist, dessen V~'irksamkeit yon dem Lipoidgehalt unabh~ngig ist. Im Plasma und Serum findet sich eine aktive Vorstufe der Blutthrombokinase0 die dutch vorsichtige Euglobulinfi~llung in die aktive Stufe fiber- geffihrt werden kann.

In diesem Zusammenhang liegt es nahe, die Bfldung der Blutthrombokiaase aus einer inakt iven Vorstufe in Beziehung zu dem Abfall der CO,-Spannung des Blutes beim Austr i t t aus den Gef~13en zu bringen.

Die Mitteilungen fiber die Bedeutung der CO~-Spannung ffir den Gerinnungsablauf sind noch recht sp/~rlich. W~DEN- BAUER und I~mHEL konnten zeigen, dab erh6hte CO~-Span- hung im Gerinnungssystem die Wirkung der Blutthrombo- kinase vollst~ndig aufhebt. Nach Absinken der CO~-Spannung wird die Blu t thrombok inase wieder roll wirksam.

Die folgenden Versuche solten dazu beitragen, die Verh/~lt- nisse unter Berficksichtigung der neuen Erkenntnisse fiber die Blutthrombokinase aufzukt/iren.

Versuchsanordnun~: In inaktives menschliches Retroplacentar- serum wird etwa xo Minuten lang ein kr~ftiger CO,-St~om einge- leitet. Dann wird in bestimmten zeitlichen Abstfmden an einem Citratplasma auf Thrombinbildung dieses Serum gepraft. Zu diesem Zwecke werden zu o,~ ccm Citratplasma jeweils o,I 5 ccm des COe-behandelten Serums gegeben. Vorher wurde in einem Leer- versuch mit unbehandeltem Plasma Iestgestellt, dab bei dieser Versuchsauordnung die Ca-Ionen des Serums vollst~ndig durch das tibersch~ssige Citrat des Plasmas ausgeschaltet werden, d.h. es tritt keine Gerinnung ein.

Ergebniase : o Min.

I O , ,

2 0 j j

2.5 , ,

3 0 , ,

35 ,, 45 ,, 6 o , ,

I 2 0

Keine Gerinnung Nach 9 Min. 3 ~ Sek. Fibrin-

P/glen Keine totale Gerinnung

4Min. I5 Sek. I Min. 47 Sek. i lvIin. 4 ~ Sek. x Min. 42 Sek. I Min. 58 Sek.

FibrinfAden bei etwa I2 Ms Keine totale Gerinnung Keine Gerinnung

Die Versuche zeigen folgendes: Nach dem Einleiten von CO 2 in menschliches lZetroplacentarserum wird das Serum- prothrombin in einem zeittich verfolgbaren Ablauf in Thrombin umgewandelt. Die Thrombinbildung scheint erst nach Be- endigung der CO~-Durchleitung einzusetzen und erreicht zwischen 25 und 35 Minuten den h6chsten Spiegel. Schon nach etwa 60 Minuten war das neugebildete Thrombin fast vollst/~ndig zu Metathrombin geworden.

Leitet man in ein CO,-behandeltes Serum, das wieder vSllig inakt iv geworden ist, erneut CO, ein, so wi rd wieder Thrombin gebildet, allerdings in weft geringerem Umfang als beim ersten Einleiten. Nach einem dri t ten Einleiten 1/iBt sich kein Thrombin mehr nachweisen. Die Thrombo- kinasevorstufen sind dann ersch6pft,

Nach diesen Ergebnissen wird durch ~inlei ten yon CO~ in IZetroplacentarserum aus einer inakt iven Vorstuie aktive Thrombokinase gebildet, die bei Anwesenheit yon Ca-Ionen das Serumprothrombin in Thrombin umwandelt. Es liegen bei diesen Versuchen ]3edingungen vor, die einen Vergleich mit den Vorg~ngen, wie man sie bei der natfirlichen Gerinnung vorfindet, zulassen.

Trit t das ]Nut aus den GefiiBen aus, so setzt eine momen- tane Abdunstung der Kohlens~ure ein, und gleichzeitig be- g inn t die Thrombinbildung aus Prothrombin bei Anwesen- heir von "s und Ga-Ionen. Der gleiche Vorgang !/iuft im Prinzip ab, wenn die CO,-Einleitung im Serum beendet ist. Auch in diesem Fall wird wie oben Throlnbin gebildet. Es gelingt also ein Modeltversuch, der in allen Phasen den ersten Abschnit t der Gerinnung aufzeigt.

Welche Vorstellung kann man sich aui Grund dieser Ver- suche fiber die Bildung der Blutthrombokinase aus einer unwirksamen Vorstufe machen? Vr welter oben schon angefiihrt wurde, wird durch erh6hte C02-Spannung die ak- tive Blutthrombokinase inaktiviert . Das spricht gegen die Annabme, dab die Thrombokinase des Serums w/ihrend des Einleitens von CO z entsteht. AuBerdem setzt die Bildung des Thrombins erst ein, wenn die CO~-Einleitung beendet ist. Wahrscheinlicher ist folgende Annahme: Durch d ie CO 2- Durchstr6mung wird ira Serum eine erh6hte CO2-Spannung erzeugt. Dutch die pl6tzliche Abdunstung nach Beendigung des Einleitens wird der AnstoB zur Umwandlung der Vorstufe in die aktive Thrombokinase gegeben. Vielleicht steht die IJmwandlung der Vorstufe in die wirksame Form in einem best immten Verh~Itnis zu der C02-Spannung, und zwar in dem Sinne, dab bei geringer Druckdifferenz nu t Bruchteile der Thrombokinasevorstufe umgewandelt werden und bei gr6Berer entsprechend h6here Anteile. Auf diese V~'eise lieBe sich die normalerweise in engen Grenzen schwankende Ge- rinnungszeit des menschlichen Blutes durch die gleich- bleibende CO2-Spannung des ]3lutes, die in engstem Zusam- menhang mit der Bildung der t31utthrombokinase aus der Vorstufe steht, befriedigend erkl/~ren.

Wenn nun bewiesen ist, dab die Thrombokinase des Blutes ein EiweiBk6rper ist, der beim Gef~t3austritt dutch den COa-Spannungsabfall aus einer Vorstufe mobilisiert wird, so liegt es nahe, den Versueh zu unternehmen, den ~u mechanismus der Lipoid-Thrombokinase aufzukl~Lren, denn es ist zun/~chst nicht wahrscheinlich, dal3 der Wirkungs- mechanismus der Blutthrombokinase und der Lipoidthrombo- kinase der gleiche ist, besonders nachdem es sich um zwei stofflich v6Uig verschiedene Substanzen handelt. ]3ei der Er- 6rterung dieses Problems sei auf einige Versuchsergebnisse von Pt~KELHARING hingewiesen, die wiederholt best~tigt worden sindo Wird Citratplasma einige Zeit mi t ~ ther ex- trahiert, so gerinnt es bei Recalciiizienmg nicht mehr. Leitet man jedoch kurze Zeit CO~ dutch das ~Ltherextrahierte Plasma, so gerinnt es bei Zugabe von Ca-Ionen wieder. Denselben Effekt erzielt man, wenn man zu solchem Plasma geringe Mengen gerinnungsaktiver Lipoide zugibt. Die Wirkung der Lipoide ist nach den herrschenden Vorstellungen verst~ndlich. Man n immt an, dab dutch die ~therextrakt ion die Thrombo- kinase, die ja ein Lipoid sein soll, entfernt wurde. Gibt man wieder Lipoid zu, so stellt man die ursprfinglichen VerhXltnisse her. Eine Erkl~rung ffir die, \u der CO, konnte dagegen nicht gegeben werden, obgleich sie dieselbe Wirkung erzeugt, wie der Lipoidzusatz, d. h. nach dem Durchleiten yon CO 2 finder sich in dem Plasma wieder ThromboMnase. Nach den jetzigen Erkenntnissen fiber die Ents tehung und die stoffliche Struktur der 131utthrombokinase kann dieser Befund erkl/irt werden. Dutch die Atherbehandlung wurde die empfindliche Blutthrombokinase zerst6rt. Nach der Durchleitung yon CO 2 tlat sich in dem/itherextrahierten Plasma aus der Vbrstufe wie- der aktive Thrombokinase gebitdet. Es muB angenommen wer- den, dab die inaktive Form der 331utthrombokinase eine gr6Bere Stabilit/~t aufweist als die aktive. Wenn man annimmt, dab gerinnungsaktive Lipoide urs~chtich anders wirken als die Blut- thrombokinase, dann muB man ihren Wirkungsmechanismus andersartig erkl~tren, als das bisher getan wurde. Nach den

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260 SCHUMANN, Herzstoffwechsel bei Lebersch/~den. Klinische Wochenschrift

vorliegenden Versuchen liegt es nahe anzunehmen, dab durch die gerinnungsaktiven IApoide aui nicht niiher bekannte Weise die Vorstuie der Thrombokinase in die aktive Form fibergeffihrt wird. Was aui tier einen Seite tier COz-Spannungs- abfall bewirkt, wird aut der anderen dutch Lipoide aus- gelSst_ Cephalin bzw. die gerinnun~saktiven Lipoide w~ren demnach keine echten Thrombokinasen. Auf die anders- artige Gerinnungsaktivit~t der sog. Gewebsthrombokinasen, im Vergleich mi t alkoholl6slichem Cephalin und Blutthrombo- kinase, die durch W~D~NB~UER und REICHEL festgestellt wurde, sei hingewiesen.

Zusammen]assung. L Dutch Einleiten yon CO~ in un- verdfinntes menschliches Retroplacentarserum gelang es, Thrombinbildung auszul6sen, die in ihrem zeitlichen Ablauf verfolgt werden konnte, iNach der klassischen Gerinnungs- lehre mul~ angenommen werden, dab dadurch aktive Blut- thrombokinase neugebildet wird. Diese wird aus einer in- akt iven Vorstute, die man zweckmaBigerweise Prothrombo- kinase nennt, durch den p16tzlichen CO~-Spannungsabfall nach Beendigung der Durchleitung gebildet. Auf die ~hnlichkeit dieses Vorganges im Vergleich mit der extravasalen Blut- gerinnung wurde hingewiesen. Es darf angenommen werden, dal] sich im Serum naeh CO~-Durchleitung dieselben Vor- g/~nge, die zur Thrombinbildung ftihren, abspielen, wie im extravasal gerinnenden Blur. Die Annahme yon LENGG~N- HAG~R, der als erster auf die Prothrombokinase und Thrombo- kinase als bluteigene EiweiBk6rper hingewiesen hat, wird durch die vorliegenden Versuche sehr wahrscheinlich ge- macht.

2. Es wurde der Versuch unternommen, den Wirkungs- mechanismus der gerinnungsaktiven Lipoide und des Cepha- fins unter Zugrundelegung dieser neuen Erkenntnisse fiber die Thrombokinase des Blutes an Hand bekannter Unter- suchungen zu erkl~ren. Danach sind Cephalin und die ge- ~innungsaktiven Lipoide keine echten Tnrombokinasen.

L i t e r a t u r : L. J0~LXNG0 Kolloid-Z. 9i, 47 (I94O). -- K. Lm~GO~HAG~R, Plelvet reed. Acta x94 o. "~62. -- CH. l~m~s~, Klin. Wschr. x94 z, Io8I, -- F. WImSNBAUSR0 Kiln. Wschr. x942, 524. -- F. W~EN~AU~ U. CH. Pd~mHEL, Biochem. Z. 3o9, ~oo -- Klin. Wschr. x94:, x~29; x94~~ 436. -- E, W6ar~scH, Erg. Physiol. 53, I89 (I94o).

U B E R S T O R U N G E N DES H E R Z S T O F F W E C H S E L S BEI L E B E R S C H / ~ D E N .

Von HEINRICH SCHUMANNj

z. Zt. Oberarzt an einer Flieger-U-Stelle und Ffihrer einer LW-Schfiler-Kompanie Aus der Medizinischen Uaiversit~tsldinik in Halle a.d.S.

(Direktor: Prof. Dr. RUDOLF COBET).

Unmit telbare und prim/~r am Muskelstoffwechsel an- grei/ende St6rungen der Energiebildung als Ursache eines Herzversagens sind dem Arzte bis heute praktisch unbekannt. Man k6nnte daher glauben, dab eine normale Funktion des Muskelstoffweehsels des Herzens ohne weiteres vorausgesetzt werden kann, wenn St6rungen der Herzdurchblutung, ent- zfindliche Muskelerkrankungen oder krankhaite Belastungen des Herzmuskels als Folge yon Ver~nderungen der t ierz- klappen oder des Blutdrucks auszuschlieBen sind. Und doch k6nnen wit gar nieht so selten bei den verschiedensten Krank- heiten eine erhebliche Einschr/~nkung der Leistungsbreite nieht nur des gesamten Kreislaufs, sondern besonders auch des Herzens beobachten, die nur durch eine mangelhafte Funktion der Muskulatur des Herzens zu erkl~ren ist. H/ilt man sich ferner vor Augen, dal~ der Herzmuskel iniolge seiner ununterbrochenen /iuBeren Arbeitsleistung im Verh/iltnis zu seiner GrSBe den h6chsten Stoffumsatz aller Gewebe des K6rpers aufweist, so erscheint es einleuchtend, dab sich auch schon geringe Funktions~nderungen des Energiestoffwechsels auf die Herzleistung auswirkcn k6nnen.

DaB uns derartige St6rungen des Herzmuskelstoffwechsels so wenig bekannt sind, liegt daher nicht daran, dab es sie nicht gibto sondera daran, dab uns praktisch keine Methode bekannt ist, mit

der wir solche Erkrankungen des Stoffwechsels des Herzmuskels am Menschen feststellen k6nnen. So notwendig clio Mikrobestim- mungsmethoden des Blutzuckers zur Erforschung der Zucker- krankheit waren, so notwendig w~re eine leicht und jederzeit durchftihrbare Untersuchungsmethode des Herzmuskelstoftwechsels zur Erkennung yon krankhaften St6rungen der Energiebfldung. Eine derartige Methode ist aber bisher nicht bekannt. Schwere Funktionsst6rungen des Herzstoffwechsels fiihren zwar gelegentlieh zu mehr oder minder deutlichen VerAnderungen im Ekg., aber den wenigen m6glichen Jfmderungen der Form der I-Ierzstromkurve k6nnen so mannig~altige Ursachen zugrunde liegen, dab nut in den seltensten FAllen aus ihrem Vorhandensein aui nicht durchblutungs- bedingte Stoffwechselst6rungen des Hcrzmuskels geschlossen werden kann. Wir werden auBerdem noch zeigen, dab auch bei chemisch nachweisbaren Sto~fwechselst6rungen oft genug Ver- /~nderungen der Herzstromkurve v611ig tehlen. Untersuchungen des AUgemeinstoffwechsels verm6gen uns aber dem Problem ebenso- wenig nAherzubringen, wie etwa morphologische oder chemische Untersuchungen am Leichenherzen.

Es bleibt also zunAchst nur der Tierversuch. Aber aueh hierbei ergeben sich Schwierigkeiten. Denn selbst die unmittel- bare Erforschung des Herzstoffwechsels am Herz-Lungen- Pr~parat vermag nur ein ann~herndes ]3ild der wixklichen Vor- gAnge im Leben zu geben. Und zwar deswegen, weft die Ab* trennung dieser Organe vom rein einregulierten Stoffwechsel des Gesamtorganismus schon yon sieh aus zu sehr erheb- lichen St6rungen des Musk'elstoffwechsels fiihrt, die im ein- zelnen gar nicht zu fibersehen sind, die abet framer so ent- scheidende sind, dab es am Ende zu einem ,,spontanen" Ver- sagen des Herzens kommt.

So konnte bereits von STARLING, GREMELS und GOLLWITZER- MEIER, KRAMER und KRt3GER gezeigt werden, daB die Trennung des Herzens yon seinen nerv6sen Ziiglern den Wirkungsgrad des Herzmuskels entscheidend zu beeinflussen vermag. Kiirzlich land nun REIN in tJbereinstimmung mit PINOT~I, dab die beim Herz- Lungen-PrAparat notwendige Trennung vonder Leber zu schweren u im Herzstoffwechsel fiihrt. So konnte er innerhalb weniger Minuten nach der Abtrennung yon den Lebervenen eine Verminderung des Herzwirkungsgrades yon 20% auf Werte yon 2--5 % teststellen. Befunde, die an einem yon vornherein derart in seinem Stoffwechsel gest6rten Herzen erhoben werden, k6nnen daher nicht ohne weiteres auf die Verh/~ltnisse am Lebenden iiber- tragen werden.

Wit selbst haben nun versucht, durch Bestimmung des Glykogens, der Kreatinphosphors/ture und der Adenyl- pyrophosphors/iure im Herzmuskel Einblicke in den Herz- stoffwechsel zu gewinnen. Diese Substanzen spielen im Energiestoffwechsel der Herzmuskulatur ebenso wie im Skeletmuskel eine wichtige und bedeutsame Rolle. Sie er- m6glichen die sofortige Wiederaufffillung des bei der systoli- schen Kontraktion verbrauchten chemischen Energiepoten- tials, ohne dab dazu zun/tchst Sauerstoff vorhanden sein mfiBte, durch Aufspaltung in Substanzen mit geringerem chemischen Energiepotential. Dutch den gleichm~Big ab- lau/~nden oxydativen Erholungsstoffwechsel nach der Muskel- kofftraktion wird dann die nach jeder Kontraktion anaerob abgebaute Menge des Phosphagens, der Adenylpyrophosphor- s/iure und des Glykogens wieder ersetzt. Ich habe daher diese Substanzen das chemische ,,Energiekapital" des Herzens genannt. Wie ein Windkessel die ungleichm~Bigen Druek- st6Be eincr Kolbenpumpe in einen gleichm/~Big flieBenden Strum zu verwandeln vermag, so schafft das Energiekapital des Herzens einen Ausgleich zwischen den augenblicklich hohen Engergieanforderungen w~hrend der Systole und der sicher langsamer und daher gleichm~Big aus den oxydativen Stoffweehselprozessen sich neu bildenden chemischen Energie. Die im Herzen unter best immten Voraussetzungen gefundene Menge dieser Substanzen des , ,Energiekapitals" stellt daher eine Resultierende aus dem dauernden Verbrauch und der Neubildung an Energie aus dem oxydativen Stoffwechsel dar. Es ist verst~nd!ich, dab bei einer St6rung im oxydativen Stoffwechsel~ etwa durch Unterbreehung der Sauerstoffzufuhrp dieses Energiekapital sieh schnell vermindert, wie wir das ja auch bereits in frfiheren Versuchen feststellen konnten. Dabei wird pro ioo g Herzmuskel nach unseren Versuchen eine Energiemenge yon fiber xoo g cal frei. Diese Energie reicht aus, um ein ungcst6rtes Weiterarbeiten des Herzens nach