Über dominant-geschlechtsbegrenzte vererbung und die erbliehkeit der basedowdiathese

2
Referate. 123 9 Kinder (4 ¢, 5 ~), yon denen 5 (3 ¢, 2 9) befallen waren. Von diesen 5 befallenen Kindern hatten die 3 SShne nur gesunde Kinder, die 2 Sehwestern hatten nur ein Kind (~), das gleichfalls befallen war. Wir haben es also anscheinend mit einem Merkmal zu tun, das dominant und monohybrid ist. In einem Zweig der Familie komfi~en auch Verkriimmungen der Wirbelsaule geh~uft vor. Die 3 Brfider der Stammutter haben eine Nach- kommenschaft, in der Schwachsinn aufierordentlich h~ufig ist, Kleinhirn- ataxie aber nieht beobachtet werden konnte. Siemens. Paulsen~ Dr. Jens. I)ber die Erblichkeit volt Thoraxanomalien mit be- sonderer Beriieksiehtigung der Tuberkulose. Archiv ftir Rassen- und Gesellschaftsbiologie, 13. Bd., 1. Heft, S. 10--31, 1918. Verf. teilt 16 Stammtafeln mit, die sieh tiber 2--5 Generationen erstrecken. 2 dieser Stammtafeln illustrieren das erb]iche Auftreten yon Trichter- brust, 6 weitere das erbliche Auftreten yon Rundrticken, die iibrigen 8 das erbliche Auftreten yon Habitus astbenicus. Alle untersuchten Ano- malien erwecken den Tafeln naeh den Anschein dominanten monohybriden Verhaltens; doch verwahrt sich Verf. -- speziel beiml Habitus athenicus --- gegen die Annahme einfach monohybrider Vererbung, da die Anomalien in den einzelnen F~llen in recht verschieden stark ausgepr/~gten Formen auf- treten. Ein abschliefiendes Urteil kann man sich fiber diese an und ffir sich schon schwierigen Verh~ltnisse umso weniger bflden, als es Verf. unterlassen hat, genaue, ausfiihrliche Krankenbefunde mitzuteilen. Dies ist, besonders beim Habitus asthenicus, zu bedauern; denn der Habitus athenicus ist ein so wechselnder, so vieles umfassender, und yon den einzelnen Autoren so ver- schieden aufgefai~ter Symptomenkomplex, daft man durch die einfache Nennung der Diagnose nicht in die Lage versetzt wird, sich ein klares Bild machen zu kSnnen. Die Tuberkulose tritt bei den Personen mit den genannten Thorax- anomalien h~ufiger auf als bei den fibrigen Familienmitgliedern. Die An- sicht, dai~ die Thoraxanomalie h/~ufig die Folge einer frfihzeitig erworbenen Tuberkulose sei, ist naeh Verf. durch den Nachweis des familiBren Auftretens der Anomalien widerlegt. Es ist gewifi lebhaft zu begriifien, daft mit der vorliegenden Arbeit der alte Versuch, die Vererbung der Tuberkulose nachzuweisen, durch den aussichtsreicheren Versuch ersetzt wird, die Vererbung derjenigen Anomalien zu erforschen, die der Tuberkulose in der Mehrzahl der F~lle zugrunde liegen sollen. Es bleibt aber bedauerlich, daft mit diesem Versucb nicht gleiehzeitig eine genaue Analyse der Jn Rede stehenden Anomalien im all- gemeinen und in jedem einzelnen der untersnchten Falle gegeben worden ist. Siemens. I,enz, Dr. Fritz. Uber dominant-gesehleehtsbegrenzte Vererbung und die Erbliehkeit der Basedowdiathese. Archiv fiir Rassen- und Gesellschafts- biologie, 13. Bd., 1. H., S. 1--9, 1918. Verf., der schon 1912 auf Grund theoretischer Erw~gungen zu dem Schluf~ kam, dai~ es aufier den Krankheiten mit.rezessiv-geschlechtsbegrenzter Vererbung (Rotgriinblindheit, progressive Muskelatrophie, myopische Heme- ralopie usw.) auch Krankheiten mit dominant-geschlechtsbegrenzter Vererbung geben miisse, glaubt, in der Basedowdiathese ein solches Leiden gefunden zu haben. Die Krankheiten mit dominant-gesch]echtsbegrenzter Vererbung

Transcript of Über dominant-geschlechtsbegrenzte vererbung und die erbliehkeit der basedowdiathese

Referate. 123

9 Kinder (4 ¢ , 5 ~), yon denen 5 (3 ¢ , 2 9) befallen waren. Von diesen 5 befallenen Kindern hatten die 3 SShne nur gesunde Kinder, die 2 Sehwestern hatten nur ein Kind (~), das gleichfalls befallen war. Wir haben es also anscheinend mit einem Merkmal zu tun, das dominant und monohybrid ist.

In einem Zweig der Familie komfi~en auch V e r k r i i m m u n g e n d e r W i r b e l s a u l e geh~uft vor. Die 3 Brfider der Stammutter haben eine Nach- kommenschaft, in der S c h w a c h s i n n aufierordentlich h~ufig ist, Kleinhirn- ataxie aber nieht beobachtet werden konnte. S i e m e n s .

Paulsen~ Dr. Jens. I )ber die Erblichkeit volt Thoraxanomal ien mit be- sondere r Beri ieksieht igung der Tuberkulose. Archiv ftir Rassen- und Gesellschaftsbiologie, 13. Bd., 1. Heft, S. 10--31, 1918.

Verf. teilt 16 Stammtafeln mit, die sieh tiber 2--5 Generationen erstrecken. 2 dieser Stammtafeln illustrieren das erb]iche Auftreten yon T r i c h t e r - b r u s t , 6 weitere das erbliche Auftreten yon R u n d r t i c k e n , die iibrigen 8 das erbliche Auftreten yon H a b i t u s a s t b e n i c u s . Alle untersuchten Ano- malien erwecken den Tafeln naeh den Anschein dominanten monohybriden Verhaltens; doch verwahrt sich Verf. - - speziel beiml Habitus athenicus --- gegen die Annahme einfach monohybrider Vererbung, da die Anomalien in den einzelnen F~llen in recht verschieden stark ausgepr/~gten Formen auf- treten. Ein abschliefiendes Urteil kann man sich fiber diese an und ffir sich schon schwierigen Verh~ltnisse umso weniger bflden, als es Verf. unterlassen hat, genaue, ausfiihrliche Krankenbefunde mitzuteilen. Dies ist, besonders beim Habitus asthenicus, zu bedauern; denn der Habitus athenicus ist ein so wechselnder, so vieles umfassender, und yon den einzelnen Autoren so ver- schieden aufgefai~ter Symptomenkomplex, daft man durch die einfache Nennung der Diagnose nicht in die Lage versetzt wird, sich ein klares Bild machen zu kSnnen.

Die T u b e r k u l o s e tri t t bei den Personen mit den genannten Thorax- anomalien h~ufiger auf als bei den fibrigen Familienmitgliedern. Die An- sicht, dai~ die Thoraxanomalie h/~ufig die F o l g e einer frfihzeitig erworbenen Tuberkulose sei, ist naeh Verf. durch den Nachweis des familiBren Auftretens der Anomalien widerlegt.

Es ist gewifi lebhaft zu begriifien, daft mit der vorliegenden Arbeit der alte Versuch, die Vererbung der Tuberkulose nachzuweisen, durch den aussichtsreicheren Versuch ersetzt wird, die Vererbung derjenigen Anomalien zu erforschen, die der Tuberkulose in der Mehrzahl der F~lle zugrunde liegen sollen. Es bleibt aber bedauerlich, daft mit diesem Versucb nicht gleiehzeitig eine genaue Analyse der Jn Rede stehenden Anomalien im all- gemeinen und in jedem einzelnen der untersnchten Falle gegeben worden ist.

S i e m e n s .

I,enz, Dr. Fritz. Uber dominant -gesehleehtsbegrenzte Vererbung und die Erbliehkeit der Basedowdiathese. Archiv fiir Rassen- und Gesellschafts- biologie, 13. Bd., 1. H., S. 1--9, 1918.

Verf., der schon 1912 auf Grund theoretischer Erw~gungen zu dem Schluf~ kam, dai~ es aufier den Krankheiten mit.rezessiv-geschlechtsbegrenzter Vererbung (Rotgriinblindheit, progressive Muskelatrophie, myopische Heme- ralopie usw.) auch Krankheiten mit dominant-geschlechtsbegrenzter Vererbung geben miisse, glaubt, in der B a s e d o w d i a t h e s e ein solches Leiden gefunden zu haben. Die Krankheiten mit dominant-gesch]echtsbegrenzter Vererbung

] 24 Referate.

zeichnen sich dadurch aus, daft sie niemals yore Vater auf den Sohn, aber regelm~fig vom Vater auf s~mtliche TSchter iibergehen; bei Frauen miis~en diese Leiden etwa doppelt so h~ufig angetroffen werden als bei Mannern.

Verf. teilt mehrere Stammtafeln mit, die sich diesem Vererbungsmodus gut einfiigen wiirden. Dem Einwand, dat~ der ausgepragte 2llorbus Basedowii bei Frauen m e h r als doppelt so haufig vorkommt als bei M~nnern, begegnet Verf. durch den Hinweis, daft bei M~nnern die rudiment~ren Formen h~ufiger angetroffen werden, daft also die gleiche Erbanlage bei Frauen oft nur auf- falliger in die Erscheinung trit t als bei Mannern. Von Krankheiten, die vielleicht in gleicher Weise wie die Basedowdiathese dem dominant-geschlechts- begrenzten l~Iodus der Vererbung folgen, erwahnt Verf. alas m a n i s c h - d e p r e s s i v e I r r e s e i n , die D i s p o s i t i o n zu H e r z k l a p p e n e n t z t i n d u n g (Herz) , gewisse Formen des s p o r a d i s c h e u K r o p f e s ( S i e m e n s ) , die F e t t s u c h t und die H y s t e r i e . S i e m e n s .

Bridges, Calvin B. Non-disjunction as proof of tile chromosome theory of heredity. Genetics , Vol. I, 1916, p. 1--52, 107--163. With 1 Tab. and 9 Textfig.

Diese Abhandlung ist eine Fortsetzung der frfiheren Mitteilungen fiber die Chromosomentheorie, Geschlechtsvererbung und ,crossing-over". Es wiirde zu welt fiihren, die grof~e Menge yon interessanten Tatsachen, welche diese Arbeit enthiilt, bier zu besprechen, nur die wichtigsten sollen mitgeteilt werden. Schon friiher hat Verf. bei seinen Untersuchungen yon Drosophila ampelo29hila Ausnahmen der gewShnliehen Erblichkeitserscheinungen beobachtet. Normal geben Mannchen mit einem dominierenden und Weibchea mit dem rezessiven geschlechtsbestimmten Merkmal SShne, die das rezessive Merkmal der Mutter zeigen, wahrend alle TSchter das dominierende Merkmal des Vaters besitzen. Bisweilen aber entsteht ein Sohn, der dem Vater, oder eine Tochter, die der Mutter gleicht. Veff. hat das Auftreten dieser Ausnahmen in der folgenden Weise erklart. Das Weibchen yon D. ampelophila hat drei Paar Autosomen und ein Paar Geschlechtschromosomen, die sogenannten X-Chromosomen; das M~nnchen hat ebenfalls drei Paar Autosomen, aber ein einziges X-Chromosom und ein Y-Chromosom. Die zytologische Unter- suchung hat gezeigt, daft die X-Chromosomen sich in Form und Lange yon den Autosomen und auch yon dem Y-Chromosom deutlich unterscheiden. Die weiblichen Geschlechtszellen enthalten also immer ein X-Chromosom, die m~nnlichen entweder ein X-Chromosom oder ein Y-Chromosom. Wird nun ein Weibchen mit einem rezessiv geschlechtsbestimmten Merkmal z. B. mit vermillongef~rbten Augen gekreuzt mit einem M~nnchen mit dem do- minierenden Merkmal, d.h. in diesem Falle mit roten Augen, so entstehen erstens Individuen mit zwei X-Chromosomon, also Weibchen und weft das vom M~nnchen stammende X-Chromosom das Gen des dominierenden Merk- reals, d.h. das Gen fiir rote Augen besitzt, sind diese Weibchen rot~ugig. Zweitens entstehen Individuen mit XY-Chromosomen, diese sind Mannchen und haben vermilion gefarbte Augen, weft das X-Chromosom v o n d e r Mutter s tammt und diese rezessiv ffir die rote Farbe ist. In den obengenannten AusnahmefMlen nun gehen die beiden X-Chromosomen bei der Bildung der weiblichen Geschlechtszellen nicht auseinander, sogenannte primate ,non- disjunction". Die Eizelle bekommt demzufolge zwei X-Chromosomen und das PolkSrperchen kein einziges oder umgekehrt. Bei Befruchtung der zwei Arten yon Eizellen mit den zwei verschiedenen mannlichen Geschlechtszellen