Über Keratitis disciformis

28
(Aus der Universitgts-Augenktinik Bonn.) iJber Keratitis diseiformis. Ein Beitrag zur Klinik und zur Entstehungsweise der Krankheit. Von Privatdozent Dr. Junius~ Bonn, Mit 5 Textabbildungen. Im Jahre 1901 beschrieb F u c h sl) als erster das klinische I~'ankheits- bild der K. disciformis. Das Leiden war als ,,Abscessus siccus" schon den Augengrzten einer glteren Generation unvollkommen bekannt. Unter diesem Namen ist es z. B. yon Arlt geschildert. Th. Saemiseh lehrte das Krankheitsbild des Infiltratum corneae centrale profundum. Das Verdienst, die eharakteristischen Zfige des Krank- heitsbildes der K. diseiformis aus diagnostischen Irrtiimern herans- gehoben und in einer jetzt klassisch gewordenen Schilderung nieder- gelegt haben, gebfihrt aber Ernst Fuehs. Er grenzte die neue Krank- heir auch yon der K. annularis (Vossius) trod yon der K. profunda (Fnehs) ab, Mir erschien es eine reizvolle Aufgabe, jetzt zu untersuchen, welehe Weiterentwicklung unser Wissen fiber die X. disciformis in den zwei Jahrzehnten genommen hat, die seit der ersten Mitteilnng yon F uchs nun vergangen sind. Die oft zitierte, aber immer wieder von jedem Praktiker mit Nntzen und als Muster feinster Beobaehtungsknnst zu lesende Definition der Xrankheit, wie sie Ernst Fuehs zu Anfang des 20. Jahrhunde~s erschien, wird als bekannt vorausgesetzt. Die Beschreibung deekt sieh in der Hauptsaehe mit dem ktinischen Bride, wie wir es heute noeh sehen. Uber den Verlauf der Krankheit bemerkte Fuehs damals: Ein- zelne ]?glle verl~ufen fast ohne Reiz bis zum Ende. Die SehstSrnng ffihrt bier die Kranken zum Arzt. Meist kommt es gber zu zunehmen- den entzfindlichen Erscheinnngen am erkrankten Auge, die erhebtich sind und Monate hindureh da:uern kSnnen. Dann aber erfolgt sehlieBlich Beruhigung des Auges; das Leiden ist abgeschlossen. Einen Durehbruch der Hornhaut bei Personen, die K. disciformis iiberstanden hatten, konnte F uehs selbst nicht beobachten. Er erw~hnt einen beziiglichen Fall yon Grunert~) (vgl. unten). v. Graefes Archiv flit Ophthalmologie, Bd, 105, 12

Transcript of Über Keratitis disciformis

Page 1: Über Keratitis disciformis

(Aus der Universitgts-Augenktinik Bonn.)

iJber Keratitis diseiformis. Ein Beitrag zur Klinik und zur Entstehungsweise der Krankheit.

V o n

Privatdozent Dr. Junius~ Bonn,

Mit 5 T e x t a b b i l d u n g e n .

I m Jahre 1901 beschrieb F u c h sl) als erster das klinische I~'ankheits- bild der K. d i s c i f o r m i s . Das Leiden war als , , A b s c e s s u s s i c c u s " schon den Augengrzten einer glteren Generation unvollkommen bekannt. Unter diesem Namen ist es z. B. yon A r l t geschildert. Th. S a e m i s e h lehrte das Krankheitsbild des I n f i l t r a t u m c o r n e a e c e n t r a l e p r o f u n d u m . Das Verdienst, die eharakteristischen Zfige des Krank- heitsbildes der K. d i s e i f o r m i s aus diagnostischen Irr t i imern herans- gehoben und in einer jetzt klassisch gewordenen Schilderung nieder- gelegt haben, gebfihrt aber E r n s t F u e h s . Er grenzte die neue Krank- heir auch yon der K. a n n u l a r i s (Voss ius ) trod yon der K. p r o f u n d a (Fnehs ) ab,

Mir erschien es eine reizvolle Aufgabe, jetzt zu untersuchen, welehe Weiterentwicklung unser Wissen fiber die X. d i s c i f o r m i s in den zwei Jahrzehnten genommen hat, die seit der ersten Mitteilnng yon F u c h s nun vergangen sind.

Die oft zitierte, aber immer wieder von jedem Praktiker mit Nntzen und als Muster feinster Beobaehtungsknnst zu lesende Definition der Xrankheit , wie sie E r n s t F u e h s zu Anfang des 20. Jahrhunde~s erschien, wird als bekannt vorausgesetzt. Die Beschreibung deekt sieh in der Hauptsaehe mit dem ktinischen Bride, wie wir es heute noeh sehen.

Uber den V e r l a u f der Krankhei t bemerkte F u e h s damals: Ein- zelne ]?glle verl~ufen fast o h n e Reiz bis zum Ende. Die S e h s t S r n n g ffihrt bier die Kranken zum Arzt. Meist kommt es gber zu z u n e h m e n - d e n e n t z f i n d l i c h e n E r s c h e i n n n g e n am erkrankten Auge, die erhebtich sind und Monate hindureh da:uern kSnnen. Dann aber erfolgt sehlieBlich Beruhigung des Auges; das Leiden ist abgeschlossen.

Einen Durehbruch der Hornhaut bei Personen, die K. disciformis iiberstanden hatten, konnte F u e h s selbst nicht beobachten. E r erw~hnt einen beziiglichen Fall yon G r u n e r t ~ ) (vgl. unten).

v. Graefes Archiv flit Ophthalmologie, Bd, 105, 12

Page 2: Über Keratitis disciformis

178 Junills :

At iologisch wurde eine milde m i k r o b i s e h e I n f e k t i o n zun~ehst ve rmute t , e in b e s t i m m t e r Er reger abe r n ich t nachgewiesen.

H ie rnaeh ersehien K e r a t i t i s d i s e i f o r m i s , wie aueh der N a m e besagt , als eine der F o r m e n y e n H o r n h a u t e n t z i i n d u n g .

Daft d a m i t nur das e r s t e , aber n ieht das l e t z t e W o r t fiber die eigena.rtige Kr~nkhe i t gesproehen war, l iegi im Wesen der Dinge.

J ede neue E rkenn tn i s h a t na%urnotwendig neue Frages te l lungen und Prob leme im Gefolge. Bei der K. d i s e i f o r m i s ha t sich uns neues XVissen nur gunz l angsam ersehtossen. Die Seh~derigkei t , h ier in wel te r zu kommen, lag darin, daft ~natomisches Unte r suchungsmate r iM n ich t erhMtl ieh war, insbesondere n ieh t von F r f i h s t a d i e n des Leidens .

Die MSglichkeit , e in der~r t iges Auge i i be rhaup t ana tomiseh zu untersuehen, ha t t e zuers t M e l l e r 3) (1905). Sein Fa l l und der yon ihm erhobene nl ikroskopisehe Unte r suehungsbefund sind Mlgemein b e k a n n t geworden a n d oft in de r L i t e r a t u r besproehen. I eh verweise darauf .

Naeh M e l l e r h~t te B a r r e l s ~) ( Inaug . -Diss . l % o s t o c k 1907) die MSgliehkeit , das Auge eines 60j~hr igen TagelShners ana tomisch zu untersuehen, der folgende Krankhe i t sgesch ieh te h in te r sieh h a t t e :

Entztindung eines Auges im Oktober 1905, 3 Wochen nach H i n e i n f l i e g e n von Sand .

K l i n i s e h e r B e f u n d : Abziehbarkeit des Hornhautepithels. Z e n t r a l v e r d i e k t e H o r n h a u t mit gestippter Oberfl~iche, Unterempfindtichkeif~ der Hornhaut in diesem Bezirk, s e h e i b e n f S r mige Tr i ib ung inmitten der I-Iornhaut, doeh in tie~erer Lage, mit ausstrahlenden Streifentriibungen. DeseemetfMten. Irisverf~rbung, gemisehte Injektion um die Hornhaut, torpider Verla.uf, Entlassung nach 8 Woehen (mit noch gereiztem Auge und intensiver Scheibentrtibung).

B e f u n d bei de r E n t l a s s u n g am 10. IX. 1905. Kein nennenswerter Reiz- zusta.nd des Auges, doch Hornhaut stark gestippt, 5dema~Ss v e r d i c k t , positive Fluorescinf~.rbung. Am 12. IX. 1905 ist noch notiert: An der IIornhauthinter- fl~ehe ist eine Art Infiltrationsring zu erkennen, auf der Hornhautoberfl~che be- finder sieh eine grofte E p i t h e l b l a s e .

Dre i M o n a t e sp~t~er, am 11. XII. 1905, mul3te die W i e d e r a u f n ~ h m e des Kranken in die Xlinik erfolgen, weft seit drei Tagen Sehmerzen im rechtea Auge ~ufgetreten waren. Das Auge war m~il~ig gerStet. Im ttornhautzentrum be- fanden sich weil~graue, umschriebene, leicht vorragende Tefle des nekrotischen Gewebes, ,,welches die ganze Hornhautdicke durchzieht". Naeh oben sehob sieh bogenf6rmig eine interlamell~re Triibung etwa 2 mm welt vor, die ziemlich scharf begrenzt war. Die Umgebung des nekrotisehen Bezirks war nach der tem- poralen Seite diffus getrtibt, w~hrend nasal eine scharfe Abgrenzung bestand. Die v o r d e r e K a m m e r war a u f g e h o b e n , stellte sieh ~m n~chsten Tage wieder her.

P a t h o ] o g i s e h a n a t o m i s e h e r Be~und desAuges, soweit er hier besonders interessiert: Ver~nderung der ganzen Hornhaut, die aueh positive Fluoresein- fgrbung gab. Kteine Blaschen im Epithel und andere Epithelver~nderungen. B o w m a n - M e m b r a n i n t a k t bis auf zwei kiinstlich gesetzte Verletzungsstellen.

Im Umgebungsbezirk der Seheibe (die als Sequester mechanisch entfernt war and in diesem Falle mikroskopisch nieht genau untersueht wurde!), ist das Gewebe stark gequolten, kernarm (Zustand der Nekrose oder ein diesem ~ihnlieher

Page 3: Über Keratitis disciformis

D~ber Keratitis disciformis. 17 9

Zustand an den Grenzen der verbliebenen Gewebsltieke). Entztindliehe Rund- zelleninfiltration wurde erst an zwei anderen, r/~umlich vonder Scheibe getrennten Teilen gefunden (bier im Leben Trfibung besonderer Form ohne Zusammenhang mit der Scheibe). Ferner wurde Verdiekung des Hornhautparenchyms im ganzen festgestellt. Die M. Descemet war zum Tell de fek t (und zwar fiber den Bezirk der Seheibe hinaus !). Die Endothetien waren streckenweise stark ver~ndert. Es bestand Auflagerung auf der Hornhauthinterwand. M i k r o o r g a n i s m e n wurden n i c ht naehgewiesen.

U r t e i l y o n Bar t e l s zu dem Fal l : Kein Anhalt ftir ektogene Infektion. K. disciformis ist gemg,l~ der Ansieht yon P e ~ e r s s) Ms eine A b a r t d e s Her p e s

co rneae aufzufassen, bei welcher ein noch g~nzlieh unbekannter Einflul~ von seiten des Nervensystems wirksam ist.

SchtieBlich konn te noch Lieuwe Hemke W a g n e t 5), Univ . -Augen- kl inik A m s t e r d a m , im Jahre 1916 ein Auge mi t K. disciformis ana- tomisch untersuehen.

Weitere Befunde sind m. W. in der Li te ra tur n leht mitgetei l t . W a g n e r s Inaug . -Disser ta t ion 5) is~ nu r in hollgndiseher Sprache

ver6ffentt icht u n d daher wohl weniger b e k a n n t geworden.

Referat fiber W a g n e r s ]~al l 13:

Kl in i sches : 70j~hriger, vSIlig tauber Mann, keine Anamnese. A~ffnahme am 3. V. 1909.

Be fund : Gemischte Injektion am rechten Auge. Starker Entziindungs- zustand, Sehwellung der Conjunetiva. Am Limbus s iehe l f6 rmiges R a n d . gesch~viir der Cornea oben, an der Stelle der st~rksten Sehwellung der hier fiberh~ngenden Conjuntiva. Graue Randtriibung der Cornea aueh unten am Limbus, positive Fluorescinf~rbung. GrSl~ter Tell des Zentrums der Cornea ge- ftihllos. Das Epithet dart~ber ,,fett.ig", als ob es dort fehlend w£re. Die Ste]len fgrbten sich aber zun~chs~ nooh n ioh t mit Fluorescin (doch sparer!) Zentrum der Cornea gelbweiB. N~here Betraohtung ergibt, dal~ wahrsoheinIich eine g raue s e h e i b e n f S r m i g e T r t i b u n g in der tieferen Hornhaut selbst liegt, aul]er- dem fibrin6ses gelbliches Exsudat dahinter in dot V.K. An einer Stelle auoh Zu- sammenhang zwisehen oberem flaohon Randgeschwiir nnd tiefer Seheibe. T. ~ n. Nut Lichtempfindung. Nach der Punktion kam das Hypopyon zum ¥orsohein. Viele Schmerzen, daher Enucleation.

R e k a p i t u l a t i o n dos m i k r o s k o p i s c h e n B e f u n d e s (1. c. Seito 47): Die nekrotisohe Seheibe wird nach yore begrenzt dureh ein stark infiltriertes Gewebe mi~ zahlreichen Lymphocyten. Nach hinten durch ein gleichartig inffltriertes Gewebe oder dutch M. Descemet nnmittelbar oder duroh polynucl. Leukooyten an Stelle der zerstSrten M. Desoeme~, naeh den Seiten durch lebendes Gewebe der ttornhaut, das eine massige V e r m e h r u n g se ine r n o r m ~ t e n K e r n e l e m e n t e aufweist. M. Desceme t im besonderen: An einigen Stellen defekt, hior oft um- gebogen; an den FehlstoUen Leukocyten, sonst M. D. normal. E n d o t h e l : Nir - gends n o r m a l , 6fter unterbroehon oder gewucher~. Eingelager~e polynuol~ire und sp~rliche Lymphoeyten. An einzeh~en Stellen liegen die Endothel[en ganz abgel6st. Sie sind dann in ein teukocytenreiehes fibrin6ses Itypopyon eingelagert, das der Hornhauthinterwand anliegt, zeigen Neigung zur Wucherung. In vor- deter Kammer f i b r inSses E x s u d a t , wie oben angegeben, in der Kammerbucht etwas Zellgewebsinfiltr ation.

In der Iris Leukocyten, das gleiohe auch auf der Iris. Beide Lagen sind sehar:[ voneinandor getrennt. Die Irisgef~fte zeigen ~hrdiche krankbafte Ver~inderungen.

12"

Page 4: Über Keratitis disciformis

180 Junius :

Keine wesentliche Veranderung an den andern Teilen des Auges. SehluBfolgerung, bez. deren Begrtindung auf die Dissertation ver-

wiesen werden muB: Ablehnung aller bisherigen Ansehauungen (iVfeller, Bar te l s , Pe te rs , von I t ippel) als dutch den Befund nicht hinreiehend fundiert.

Eigene Auffassung des Ver f . : Die K. disciformis wird gekenn . zeichne?0 du tch ein in der Tiefe gelegenes scheibenf6rmiges Gebiet yon s t a r k ver/~ndertem t t o rnhau t gewebe und ve ru r sach t du tch Toxine , die p roduz ie r t werden dureh im H o r n h a u t e p i t h e l be l ind . l i the Mikroorgan i smen , welche un te r dem t t o r n h a u t m i k r o s k o p a l le rd ings nicht zu en tdeeken waren, d e r e n A n w e s e n h e i t dor t (aber nu t dort, nieht im tieferen Parenchym!) mit groBer Wahrsohe in l ichke i t zu v e r m u t e n ist.

In kurzer Z u s u m m e n f a s s u n g ergibt sieh: M e l l e r (1905) sah durch den Befund in seinem Fulle die urspriing-

liehe Anschauung von F u e h s bez. des Wesens der K. diseiformis be- st~t~gt ( W a h r s e h e i n l i c h k e i t d e r d i r e k t e n b a k t e r i e l l e n I n f e k - t i o n d e r m i t t l e r e n C o r n e a ) .

B a r r e l s (1907) sah in seinem Befund eine Best~tigung der bekannten Auffassung seines Lehrers P e t e r s , die dieser an anderer Stelle ent- wiekelt hat (K. d i s e i f o r m i s eindeigenartige V a r i a t i o n des H e r p e s e o r n e a e ) .

W a g n e r (1916) lehnte beide Auffassungen ab und sah die Ur- saehe der K. diseiformis in einer Infektion der E p i t h e l s e h i e h t der Hornhaut (naeh kleinem Trauma oder Herpes), die dureh T o x i n - , also F e r n w i r k u n g yon noeh nieht naehgewiesenen Mikroorganismen die seheibenf6rmige Triibung bei K. diseiformis erzeuge.

Beim Riiekbliek auf diese Beobaehtungen vom jetzigen Erfahrungs- s tandpunkt aus ist auf fotgendes hinzuweisen: :Die bisher unatomiseh untersuchten drei Augen s tammen yon ganz alten Leuten, welehe fiber die yon F u c h s angegebene Altersgrenze ffir die Erwerbung det Krankhei t hindus wuren. Wenn diese Grenze aueh variieren mug, so sind die aueh sonst komplizierten Krankheitsf~lle doeh nieht ganz , , r e in" im Sinne der bisherigen Ansehuuung.

Zu dem Falle yon ~ [e l l e r ist yon Gi lber tT) , dem wit die erste u m f a s s e n d e Durs~ellung des Krankheigsbildes des H e r p e s i r i d i s verdanken, im Jahre 1913 die Bemerkung gemaeh~, dab es sieh dabei wahrscl einlieh um eine K o m p l i k a t i o n m i t H e r p e s i r i d i s handele.

Und in der Tat spreehen die bei diesem Kranken beobaehteten mehrfaehen Btutungen in die vordere K a m m e r durehuus daf~r.

Nine sp~tere .KuBerung Mel le r s , der neuerdings unsere Kenntnisse iiber die friiher allgemein wenig gewi]rdigte Krankhei t (He r p e s u v e a e) in wertvollster Weise gef6rdert hat (1919)s), liegt m. W. nieht vor.

Zu dem Falle W a g n e r s ist mir bei einer miindtiehen Bespreehung yon erfahrenster Seite der Ninwurf gemaeht, dug es sich in diesem FMle ~ wenigstens, soweit dus aus der Besehreibung ersiehtlieh sei - -

Page 5: Über Keratitis disciformis

l~ber Keratitis disciformis. 181

wohl gar nieht um K. diseiformis, sondern um K. p u s t u l i f o r m i s p r o f u n d a ( F u e h s ) gehandelt habe . Ieh stelle die nachtrgglieh sehwer zu entseheidende Frage zur Erwggung anheim.

Zum Falle B a r t e l s wgre zu bemerken: Hier wurde bei der Wiederaufnahme des Kranken in die Klinik

(s. o.) A u f h e b u n g de r v o r d e r e n A u g e n k a m m e r festgestellt. Die Ursa~he war unklar. Der Befund ist verzeiehnet, abet nieht besom ders bewertet. - -

Als E r g e b n i s de r m i t g e t e i l t e n B e o b a e h t u n g e n i s t f e s t - z u s t e l l e n , daf t d r e i A u f f a s s u n g e n g e g e n e i n a n d e r s t a n d e n , d ie n i e h t l e ieh~ m i t e i n a n d e r zu v e r e i n b a r e n w a r e n .

Wir besitzen aueh noeh jetz~ keine a l l g e m e i n a n e r k a n n ~ e Erklgrung des Wesens der Krankheit .

D u r e h b r u e h de r H o r n h a u t nnd die B e z i e h u n g e n z u m H e r p e s d e r I r i s sind bisher in der Klinik der K. diseiformis wenig gew~irdigt. Die oben erw~thnte Bemerkung yon G i l b e r t ist das Einzige, was ieh hier~ber in der Literatur land.

Einige Effahrungen, die in B o n n gemaeht sind, liegen es mir weft- roll erseheinen, gerade auf diese bisher nebensgchlieh erseheinenden Dinge in ihrem Zusammenhang mit K. diseiformis einmal n~her zu aehten.

Es ersehien zweekmgftig, zun~ehsL fiber einen Punkt naehzuforsehen, der sonst in die Sehlul3betraehtung geh6rt: Die F r a g e n a e h d e m S e h i e k s a l d e r K r a n k e n m i t K e r a t i t i s d i s e i f o r m i s .

Nach der gegenw~rtig verbreitet, en Ansieht ist das Leiden nach Ablauf der entztindlichen Erseheinungen, also naeh einer Anzahl von Wochen oder Monaten, a b g e s e h l o s s e n . Eine zentrale Hornhaut- narbe bleibt als dauernde Folge zuriiek.

F~;~r die Mehrzahl der F~tle ist das aueh unzweifelhaft zutreffend (wenn man etwaige Wiedererkrankung an Herpes, weleher der K. diseiformis 5fter vorangeht, davon abtrennt!) .

Einige Fiille weiehen aber doeh davon ab. Das Verhalten erseheint bemerkenswert.

Schon G r u n e r t 2) hat.re im Jahre 1901 unter seinen Krankengesehich- ten (Fglle, die er zuni~chst noch der K. annularis zureehnete, die aber F u c h s als znr K. diseiformis gehSrig anerkannte), mit Fall 4 folgende auff~llige Beobaehtung mitgeteilt:

Verletzung linken Anges bei einer 27jahrigen Bgnermnagd durch Hinein- schlagen eines Dornzweigs im Jahre 1895. Es entstand d~mach K. disciformis. Die Heilung erfolgte mit Hinterlassung einer Narbentrfibung. - - Im Jahre 1899, Mso vier Jahre spgter, ~ d e Wieder erkrankung desselben Anges ohne bekannten Anlal~ festgestellt. Im Zentrum der ttornhaut wurde bei der erneuten Vorstellung der Kranken in der Klinik ein , ,durehgebrochenes t to rnhau tgeschwi i r " gefunden. Die ngheren Vorgiinge waren nieht beobachtet. G rune r t selbst sagte

Page 6: Über Keratitis disciformis

182 Junius :

am Sehlul~ seines Krankenber4ehtes, dab die Entstehung des Hornhautgeschwiirs als eine yon der friiheren FIornhauterkrankung u n a b h ~ n g i g e K o m p t i k a t i o n a.nzusehen sei. Auff~tlig ist aber in der Besehreibung G r u n e r t s unter allen Um- st~nden die Bemerkung: ,,Nach einigen Tagen war die vordere Kammer normal tier, doeh die ganze Cornea mit k l e i n e n B l~schen besetzt (als K. v e s i c u l o s a bezeichnet!), Die Bl~schen verschwanden nach 'einigen Tagen. Die Heilung des Gesehwiirs dauerte noch einige Woehen. Hintere und vordere Syneehien waren nachweisbar." Es handelte sich jedenfalls um k e i n g e w S h n l i c h e s Uleus.

Auf den ebenfal ls ungekl~r ten i~hnlichen Fa l l yon B a r t e l s is t oben bere i t s verwiesen (Aufhebung der V. K . be i der Wiede rau fnahme eines K r a n k e n im Verlauf yon K. disciformis).

Analoge Fes t s t e l lungen s ind nun in de r Folgezei~ noch 5frets gemach t und zwar un te r gf inst igeren Beobaeh tungsumst~nden , D i e K o m p l i - k a t i o n e r s e h e i n t d a d u r c h i n e i n e m b e s o n d e r e n L i c h t .

I e h selbst b in in de r Lage, i iber fo lgenden ~a t l zu ber ichten , de r in B e n n aus der Zei t der klinisehenTi~tigkeit, yon Th. S a e m i s e h her noeh b e k a n n t ist. I eh bemerke dazu im voraus : Der Beginn der K r a n k h e i t wurde im J a h r e 1900, also kurz v e t der e rs ten bez. Mit te i lung yon F u c h s beobach te t . Das is t bei der Bewer tung der im Auszuge mi tge t e i l t en Krankhe i t sgesch ieh te zu ber i ieksieht igen. Da[t dieser Fa l l t ro tz ma nc he r Unebenhe i t en in de r Dars te l lung (er is~ damal s als I n f i l t r ~ t u m c o r n e a e p a r e n e h y m ~ t o s u m c e n t r a l e p r o f u n d u m S a e m i s e h aufgefaBt) in d e r T a t eine K. d i s e i f o r m i s war, aueh naeh der sp~teren Auffassung von S a e m i s c h selbst , is t mir von Prof. W. R e i s besti~tigt, de r die Beobaeh tung mi t seinem damal igen kl in isehen Chef z u s a m m e n maeh te und sich des Fal les und seiner Beur te i lung noch ents innt .

F a l l 1: Johanna W a h l s d o r f f , 53 Jahre. Sehlossergattin, sp~iter auch Seheuerfrau. Star. Journal 1900, Nr. 47.

Vorgesch i eh~e : Als Kind 5fret ~ut~ere Augenentziindung beiderseits mit der Folge duuernder ttornhauttriibungen, tt5here Kurzsiehtigkeit. Seit 6 Wochen Entztindung des rechten Auges ohne bekannte Ursache.

B e f u n d bei der Aufnahme in die Klinik am 30. IV. 1900: Linkes Ange reiz- los. Homhautflecke. Myopia magna. Kurzsichtigkeitsver~nderungen. R e c h t e s Auge: S t a r k e r R e i z z u s t a n d . Gemischte pericorneale Iniektion. Keine ab- norme Sekretion. Kein Tr~nenleiden. In der ]=Iornh~utmitte ein E p i t h e l d e f e k t , dessen Grund und Umgebung gleichm~l~ig infiltriert erseheinen. Z e n t r a l e pa - r e n c h y m a t S s e T r i i b u n g de r C o r n e a y o n 6ram D u r c h m e s s e r . Kein scharf abgesetzter Rand. Hornhaut im iibrigen klar bis auf einzelne feinste In- filtrate nahe dem Limbus. Feine Gef~l~ehen erstreeken sich seitlieh ein wenig in die Hornhaut hinein. P u p i l l e unter Atropin maximal weir. Am 6. V. ist notiert: Infiltrat erszheint etwas kleiner. Am 7. V: Spur yon g y p o p y o n . Am ~. V: Hypopyon versehwunden. Am 9, V.: Wieder I~ypopyon. 10. V.: Sehmer- zen verschwunden. Kein Epitheldefekt mehr. ttypopyon noeh x~orhanden. Dichte zentcale parenehymatSse Trtibung unregelm~l~iger Form. Tiefliegende r a n d - s t ~ n d i g e F o r t s ~ t z e strahlen yon der zentralen Triibung aus. Die Enden der Forts~itze sind dutch feine Infiltrate arkadenartig verbunden. 19. V.: Pa.renehym- at5ses Infittrat geringer, nur noch im Zentrum eine diehte Triibung bfldend. :Die Ausl~ufer sind versehwunden. - - In der Folge bildete sich noehmals H y p o-

Page 7: Über Keratitis disciformis

Uber Keratitis disciformis. 183

p y o n mit neuen Schmerzen. Am 5. Vt. war das rechte Auge re iz los . Am 14. VI. erfolgte E n t l a s s u n g mit dichter z e n t r a l e r N a r b e (yon unregelm~tgiger, durch Reste der Ausl£ufer etwa trapezf6rm]ger Gestalt). K l i n i s c h e D i a g n o s e : I n f i l t r a t u m c o r n e a e c e n t r a l e p r o f u n d u m S a e m i s e h = K e r a ~ i t i s d is - e i fo rmis .

Am 16. IV. 1907, also 7 J a h r e sp~tter , stellte sich Pat. wieder vor. K l a g e n : Seit AnfangApri11907 E n%ziindung des r e c h t e n Auges ,dieanseheinend, ,von s e l b s t " entstanden war. Nachtr~gliehe Angabe : Seit 3 Monarch f i e b e r h a f t e r R h e u m a t i s m u s mit Herzschw~che (seit 10 Jahren schon oft Rheumatismus, aber geringeren Grades), v i e l und oft K o p f s e h m e r z . Kein Leiden der Tr/inen- wege.

B e f u n d bei de r A u f n ~ h m e am 22. V. 1907: R e e h t e s A u g e : Starke gemischte perieorneale Injektion. tiornhaut oberfi~chtieh matt.. Im Zentrum eine ~ast trapezfSrmige Narbe der Hornhaut, 4 zu 6 ram, grau, undurehsiehtig, die infiltriert erseheint (!). Diese zentrale Trtibung wird unten yon einer hellcren, diffusen Halbringtriibung umgeben, wonaeh zu vermuten ist, da.B aueh h i n t e r der zentralen Narbe in den t i e f e r e n Schiehten f r i s che I n f i t t r a S e sich befinden. In den Randpartien, die diffus getriibt sind, befinden sich einige leicht punkt- f5rmige, flecldge Infiltrate in s/~Intliehen Schiehten tier Hornhaut. T = n, Linkes Auge reiztos. Am 23. V. ist notiert.: Infiltrat helIer, 22. V.: Inffl~rat oben heller, unten dichter. Hornh~utobertl/iche leicht ulceriert. 31. V.: Entlassung aus h~us- lichen Grtinden. Infiltrat der Hornha.ut leicht grau, bis leieht gelblich. Nach 5 Tagen kehrte Pat.. in die Klinik znrtick. Die H o r n h a u t war p e r f o r i e r t , die vordere Kammer aufgehoben. Iris unten adherent. Am 15. VI. war die Vernarbung vollst£ndig, das Auge reizlos. T = n. Besondere Notiz: Kein Anhalt ffir Lnes.

Z u s a m m e n f a s s u n g y o n ] ? a l l 1: Bei einer 53j~hrigen, in W i r t - schaf t und Hausa rbe i t t~ t igen F r a u wurde im J a h r e 1900 K. d i s e l f o r m i s r. Auges beobach te t . Hei lung erfolgte in e twa 11/~ Monaten. Es ver- bl ieb eine zentra le H o r n h a u t n a r b e , Das Auge war bei der En t l a s sung reizlos. Es h a t t e Mitbete i l igung der I r i s (und H y o p y o n ! ) best.anden. Nach s i e b e n J a h r e n t r a t n e n e E n t z i i n d u n g dieses Auges auf, angebl ieh , ,yon selbst" , .doch war seit dre i Mona~en sehwerer f ieberhaf ter l~heumat i smns rnit Herzsehw~ehe vorausgega.ngen (der auch sehon f r~her in ger ingerem Grade be s t anden h a t t e !) - - m i t v i e ] Kopfschmerz . Die a ! t e t l o r n h a u t n a r b e , d. h. auch der umgebende Bezirk d a r u m und d a r u n t e r erwies sich als , , infiltriert". Das Gewebe zerfie]. Un- m i t t e l b a r nach vorzei t iger En t l a s sung aus der Kl in ik (aus wir t schaf t - l ichen Grfmden) p e r f o r i e r t e die H o r n h a u t . Neuaufnahme in die Kl in ik wurde nach 5 Tagen erforderl ieh. Hei lung in e twa 10 Tagen.

Die bemerkenswer te Beobaehtung , dab die H o r n h a u t n a r b e (und ihre Umgebung! ) naeh s e h e i n b a r ~bgelaufgner K . diseiformis sieh nach l~ngerer Zeit noch e inmal , , i n f i l t r i e r t " , 5fret zu e inem G e - s c h w i i r , ,mit wei~hem B o d e n " und unterminieI~em l~and sieh u m w a n : del te und zwar un te r Begle i tumst~nden, welche eine Sch~digung des Hornhau tgewebes d u t c h B a k t e r i e n - W i r k u n g unwahrschein l ieh oder als nebens~ehlieh erseheinen lieBen, is t a.ueh in anderen Kl in iken gemaeht .

Page 8: Über Keratitis disciformis

t 8 4 Junius :

Drei weitere bez. h o l l ~ n d i s c h e Fi~lle, die yon W a g n e r * ) aus

der Univ . -Augenkl in ik A m s t e r d a m ber iehte t sind, seien hier kurz

refer ier t :

R e f e r a t f i b e r F a l l 12 ( W a g n e r ) :

29jg.hriger Patient, Sehiffer. A n g a b e n am 4. XII. ]907: Rechtes Auge seit 8 Tagen ,,rot". Seit dieser Zeit ist Pat. nicht ganz wohl, nachts fiebrig. Po 1 i- k l i n i s e h e r B e fund : Pericorneale Injektion. Im Z e n t r u m der Hornhaut s c h e i b e n f S r m i g e T r f i b u n g , die sich in die tieferen Lagen fortsetzt. Ober- flEche der Hornhaut rein gestippt. Auch einige Bl i i schen im Epithel. Posi. t ire Fluorescinf~irbung der Hornhaut. 11. XIL 1907: Keine Griinf~rbung mehr. Von der Scheibe gehen rad i~ re s t r e i f i g e T r f i b u n g e n aus. In den folgenden Tagen ist notiert: Epithel der Cornea sehr locker, leicht abziehbar, so dab ein D e f e k t fiber der Sehe ibe entsteht. Das Epithel wurde abgeschabt, worauf ein sehr langsam heilender Substanzverlust entstand. Rauheit des Epithels blieb bis zum Februar 1908 nachweisbar bestehen. Ende Juni 1908 bildete sieh ein z e n t ~ l e s U l e u s m i t t e n in der a l t e n N a r b e der Cornea. Am 11. VII. 1908 wurde Pat. mit seharfbegrenzter, tiefliegender Narbe in der Hornhaut entlassen. Zwei J a h r e s p a r e r stellte sieh Pat. wieder vet. B e f u n d vom 6. VI. 1910: Reehtes Auge seit einer Woche entziindet. In der z e n t r a l e n I~'arbe nach unten e i n e t i e f e Tr i ibung . Hornhautepithel uneben. Iris nieht hyper~.misch. VeaR.. negativ. 15. VI.: Infiltrat nasal vorgeschritten. Viel r ad i~ re t i e f e S t r e i f en . 20. VI.: E n o r m e pericorneale Injektion. Inmitten der 1V[acula ein U l e u s mit ,,weichem" (weeken) Boden und unterminiertem Rand. Hypopyon und sehr s t a r k e I r i t i s . 22. VL: Das Uleus p e r f o r i e r t , w~hrend Pat. auf der Abteilung sieh befindet, s p o n t a n . Erst am 5. VII. wa~r die V. K. wiederhergestellt. Lang- sdme Heilung. T. war (oder wurde?) normal. Am 6. VIII. ist Pat. als g e h e i l t entlassen.

1Re{er~t f i b e r F a l l 9 ( W a g n e r ) :

31 j~ihriger Patient, Zuekerb~icker , hatte vet 2 Woehen , ,koor ts" gehabt, kam am 1. III. 1907 mit H e r p e s e o r n e a e linkes Auge zur Poliklinik. Schnell danach entwiekelte sieh eine t i e f e S che ibe inmitten der Hornhaut mit s a t u - r i e r t e m Rand. Aul~erdem bestand: L e i e h t e I r i t i s und Hypopyon. In der Hornhaut fiber der Seheibe enistand ein kleines U l e u s , das v ie l Sehmerzen verursaehte. Daher k l in i sche A u f n a h m e am 13. III. 1907. B e fu n d : Unebene Cornea. Tiefe runde graue Scheibe in der Cornea. StreifenfSrmige tiefliegende Ausliiufer. Mitten fiber der Seheibe ein oberft~chliches U l e u s , Hypopyon. Stark hyper~in~sche Iris. T ~ n. 14. III. : B l u t u n g in die v o r d e r e A u g e n k a . m m e r (!). 21. III. : S p o n t a n e P e r f o r a t i o n des U l c u s (also in der Xlinik!) Es erfolgte schnelle Wiederherstellnng der V. K. Pat. wurde am 22. IV. als geheilt entlassen. Am 8. VIII. trat 1907 wieder ein k]eines Ulcus auf, das sehnell heilte.

Sehr interessant ist der w e i t e r e Ver lauf : Am 25. VII. 1910, also dre i Jahre sparer, kam Pat.. wieder in die Kliifik, jetzt

mit Beschwerden am a n d e r e n , rechten Auge, Es handelte sich um t y p i s e h e b e g i n n e n d e K. d i s e i f o r m i s , n u n rech t s I Keine Ursaehe bekannt. WaR. hegativ. Einzelnes aus dem Befund bei der Aufnahme: Das rechte Auge ist seit drei Tagen rot. Es besteht pericorneale Injektion. Ira Zentrum der Hornhaut ist eine tiefgelegene, seharfbegrenzte s e heib e n f 5 r mig e T r fi- b u n g s ichtbar. Aul~erdem Bl~schen im E p i t h e l . Positive Fluorescin- f~rbung der Itornhaut. I r i s no rmal . Am 30. VII. 1910 sind die ersten

*) Nur in holl~ndischer Sprache!

Page 9: Über Keratitis disciformis

[~ber Keratitis disciformis. 185

Descemetstippen notier~. 11. VIII.: Wenig Vergnderung. Cornea heUer. ,Deseemetfalten und Besehtage in der Form der arabisehen Zfffem," Am 16. VIII. 1910 wurde das Auge plStzlieh viel sehlechter. Die ganze Oberflache wurde uneben, ,,wie russisches Leder". Falten und Beschl/~ge nahmen zu. Jetzt bestand auch I r i t i s . In den folgenden Tagen entstanden fund nm die Seheibe eine grol~e Anzahl p e r i p h e r e r I n f i l t r a t e , wodurch der R a n d der Sche ibe einen s e h a r f e n , d i c h t e n R i n g erhielt. Die Cornea blieb 1/ingere Zeit im gleichen Zustand. Erst Mitre September ist Besserung vermerkt. Diese ging dann sehne11 vorwarts, so da$ Patient am 3. X. 1910 mit ruhigem Auge entlassen werden kormte.

R e f e r a t i ~ b e r F a l l 11 ( W a g n e r ) :

33j/~hriger Patient, Stral]enarbeiter, kam am I5. VIII. 1907 zur Poliklinik mit H e r p e s c o r n e a e desreehtenAuges. Ursacheunbekannt. Am26.VIIl. k l i n i s c h e A u f n a h m e . Starke pericorneale Injektion. Cornea im ganzen trfibe. I r i s h y p e r ~ mise h, reagiert aber gut auf Atropin, zeigt keine Synochien. 31. VIII.: In der trfiben Hornhaut hat sieh eine k r e i s r u n d e Sche ibe entwiekelt. Diese tiegt in den tiefsten Lagen der Hornhaut. Radiate Streffen gehen yon ihr aus ~de Radspeiehen. Die oberflachtiche Lage der ttornhaut ist heller geworden. Das Epi thd ist sehr lose auf der Unterlage. In der Folge wurde das Auge ruhiger, aueh das tiefe Infiltrat etwas heller. Ein kleines parazentrales U l c u s bildete sich, heilte abet schnell wieder. Am 19. X. erfolgte Entlassung des Pat. mit spiegeln- dem Epithel. E n t l a s s u n g s b e f u n d : Die t r f ibe Sehe ibe , deren Zentrum unter tier Mitre der Hornhaut sich befindet, liegt, wie erw/ihnt, in t i e f s t e n Lagen. Einige tiefe Streifen, einige Descemetstippen. Die Genesung war abet nur eine s c h e i n b a r e . Einige :Bgschwerden waren immer geblieben. Am 16. VII. 1908, also e in J a h r sp/i,t~er, wurde alas Auge wieder rot, das EpitheI nneben, leicht abziehbar. Allm~hlich kam fiber der Seheibe ein U I c u s mi t t i e f l i e g e n d e m , ,weichem*) B o d e n zur Entwieklung. Die 0 o r n e a blieb inzwisehen z e n t r a l 5dematSs v e r d i c k t . Am 25. VIII. ist notiert: S c l e r a an der Unterkante ge- ff ihl los. Am 29. VIII.: Die C o n j u n e t i v a ist merkwfirdig geff ihl los. Am 25. IX.: Die H o r n h a u t ist rechts m i n d e r f e in f f ih l i g wie links. Mitre Sep- tember war d~s Auge ruhig, das Geschwtir geheilt, tIornhaut fiber tier blauweiSen Narbe noch lmeben.

Z u s a m m e n f a s s u n g d e r d r e i h o l l ~ n d i s c h e n F a l l e : I n e inem Fa l le wurde ein s p o n ~ a n i n d e r K l i n i k ( ! ) p e r f o r i e r e n d e s U l c u s c o r n e a e gesehen, das sich ei n J a h r naeh H e i l u ng yon K. d~sciformis in der a l i en Narbe gebfldet ha t te . Begle i te rscheinungen: , , E n o r m e I r i t i s " und H y p o p y o n .

I m zwei ten Fat le t r a t w g h r e n d tier Behand lung yon K. discifor- mis in tier K l i n i k s p o n t a n e Pe r fo ra t ion eines Ulcus eorneae ein, das sich t i b e r d e r S e h e i b e gebi ldet ha t t e . Begle i terscheinungen: , , S t a r k h y p e r g m i s c h e I r i s " und s p o n t a n e B l u t u n g i n d i e v o r d e r e K a m m e r (eine Woehe vor der Per fora t ion!) .

Naeh d r e i J a h r e n E r k r a n k u n g des z w e i t e n Auges dieses Pa t i en ten , die als K. d i s c i f o r m i s , nun a m a n d e r n Auge, gedeu te t wurde (abet noch andere Ersehe inungen aufwies, s. o.!).

I r a d r i t t e n Fa t le b i lde te sieh e~n J a h r nach B e h a n d h m g wegen

*) Hollandiseh: ,,weeken".

Page 10: Über Keratitis disciformis

186 Junius:

K.diseiformis fiber der Scheibe'ein Ule u s mi t t i e f t i e g e n d e m we i eh e m B o d e n , das n i e h t perforierte. B e g l e i t e r s e h e i n u n g e n : A n g s t h e - sie d e r S c l e r a (teilweise), sowie der Conjunetiva, der Hornhaut Z e n t r a l e 5 d e m a t S s e V e r d i c k u n g d e r C o r n e a .

Ein ~hnlieher, bez. der 6de m a t 5 s e n V e r d i e k u ng de r z e n t r a l e n C o r n e a besonders auff~lliger Fall ist aueh in B o n n beobachtet. Die genaue Krankengesehichte steht mir leider nicht zur Verfiigung. Es handelte sich um einen Mann in mittleren Jahren mit typischer K. diseiformis und erheblicher Angsthesie der Cornea. Bei Druek mit dem Sondenkopf auf die Hornhaut blieb eine langsam versehwindende D e l l e znriick.

Durch diese Erfahrungen erh~lt meines Eraehtens die Ansehauung eine Stiitze, daf3 in s e l t e n e n F ~ l l e n v o n K . d i s c i f o r m i s die K r a n k - h e i t m i t de r e r s t m a l i g e n I K e i l u n g ( A u s g a n g in H o r n h a u t - n a r b e ) n n r s c h e i n b a r a b g e s c h l o s s e n is t . Die n a c h J a h r e n be i d i e s e n P a t i e n t e n f e s t g e s t e l l t e r i i c k f ~ l l i g e E r k r a n k u n g m i t D u r e h b r n e h d e r H o r n h a u t k a n n n i c h t a]s u n a b h ~ u g i g e K r a n k h e i t g e l t e n .

Es kann sich dabei nach der klinisehen Beobaehtung wohl nut um eine E r n ~ hr u n g s s t 5 r u ng handeln, die hSchstwahrseheinlich u n t e r Ne r v e ne i n f 1 u 1~ zustande kommt.

Begriindung: In den oben mitgeteilten F~llen w u r d e H e r p e s i r i d i s bisher einmal s i e h e r n e b e n K. disciformis beobaehtet. Die allgemeine Erfahrung spricht aber dafiir, dai3 H. iridis 5fter, als man bisher wul~te, der K. disciformis vorangeht oder ihr folgt. Das kann kein Zufall sein.

Das W e s e n des H. iridis ist die 1N'erver~sch~digung, die u. a. in dem Symptom der GefaSsehgdigung dureh wiederholte Blutung in die vordere Augenkammer sieh offenbart.

H e r p e s i r i d i s wird natiirlich in den Fgllen, wo or vorhanden ist, ungtinstig auf die Hornhaut~ einwirken ( B l u t u n g , E x s u d a t , E n d o - t h e l s c h g d i g u n g ) . Dadnrch allein kann aber nieht etwa K. discifor- mis bedingt sein, sehon aus dem Grunde nieht, weil Herpes iridis selten vorausgeht. Es i s t a b e r die V e r m u t u n g b e r e e h t i g t , dal~ a u c h i n de r b e n a e h b a r t e n H o r n h a n t - - v i e l l e i e h t a u s g l e i c h e r G r u n d u r s a c h e - - N e r v e n i n e i n e m b e s t i m m t e n V e r s o r g u n g s - g e b i e t e r k r a n k e n u n d ta t s~ i .ch l ieh d ie G r u n d l a g e f a r d ie E n t s t e h n n g y o n K. d i s c i f o r m i s a b g e b e n . Hierfiir sprechen eigenartige Geschwiirsformen der Hornhaut im Verlauf yon K. disci- formis, yon denen der obige Fall 11 ( W a g n e r ) ein Beispiel ist. - -

VC~enn somit ein neurog .ene .s Moment bei der X. d i s e i f o r m i s versthrkt hervortri t t , so ergibt sich die Frage, woher es s tammt und wie es in die Xtiotogie einzugliedern ist.

Page 11: Über Keratitis disciformis

U~ber Keratitis disciformis. 187

F n c hs l) nahm zun~chst nur einen ganz ~ui~erlichen Zusammenhang der K. disciformis mit A u g e n n e r v e n - E r k r a n k u n g an : Entstehung der Krankhei t dutch anscheincnd oft erfolgende s e k u n d ~ r e Infektion eines durch ~:er p e s blase gesetzten Epitheldefektes mit dem vermute- t en s p e z i f i s c h e n Erreger des Leidens. Er glaubte aber, dab auch andere traumatische Epithcll~sionen die Eingangspforte ffir die Krank- heitskeime abgeben kSnnten

Die h o l ] ~ n d i s c h e Auffassung, vertreten dutch WagnerS) , unter- schied sich in diesem Punkte nicht grunds~tzlich hiervon, wenn sie auch F e r n w i r k u n g yon einem spezifischen Bakterienherd im E p i t h e l ats Ursache der K. di~eiformis annahm.

Pe t e r s6 ) , der K. disciformis mit seinen Schfilern als eine eigen- art ige V a r i a t i o n des H e r p e s c o r n e a e auffaBte, nahm einen n o c h u n b e k a n n t e n NerveneinfluB als Grundlage an, wollte aber das yon au l~en einwirkende T r a u m a (grSberes, mechanisches!) nieht aus- schliel~en. P e t e r s nahm an, dab das T r a u m a nieht dutch Vermitte- lung yon Infektion, sondern durch Erzeugung eines Locus minoris resistentiae a u s ] 6 s e n d e U r s a c h e einer Hornhautnervenerkrankung oder Wegbereiter einer solchen sei. - -

Die Frage der Atiologie der K. disciformis muir wohl auf Grund der jetzt vorliegenden Erfahrungen mSglichst unbefangen nacbge- prtift werden.

Einige Krankheitsgesehiehten aus der B o n n e r Klinik sollen im folgenden ganz kurz mit.geteilt werden. Es ist zun~chst die :Frage zur Er6rterung zu stellen:

Gibt es eine r e i n e n d o g e n e Entstehung der K. disficormis, d. h. auch ohne das Zwischenglied des Herpes corneae, ferner o h n e i~ul~eres Trauma und oh n e Kul~ere Infektion ?

P e t e r s , dessen Anschauung in dieser Hinsicht allein in Betraeht kommt, lehnt das fiir die K. diseiformis trotz der angenommenen inneren Verwandtschaft mit dem Herpes eorneae ab, stipuliert ein p e r i p h e r einwJrkendes T r a u m a ftir alle F~lle*).

Einige Beobachtungen lassen die l e d i g l i c h i n n e r e Genese des Leidens - - (in einze]nen F~llen !) - - aber immel:hin diskutabel erscheinen.

Klarheit fiber diesen Punkt zu gewinnen, erscheint klinisch zwar weniger belangreieh, aber wichtig fiir unsere grundsEtzliche Auffassung veto W+esen der K. disciformis.

*) Peters 6 b (1. c., S. 137). Nach Seite 120 ibid. konzediert P. einen innigeren Zusa.mmenhang zw~schen dem neurogenen H. zoster und K. disciformis. Als Ursache in seinen F~llen t und2 war ,,kein Trauma" , doch , ,Erk~l tung" an- gegeben. Peters nahm aber einen unbemerkt gebliebenen H. corneae als Grund- lage dieser F~lle an. - - wobei dann freilieh, nach meinem persSnlichen Urteil, die Schlul~folgerung S. 137, Ziffer 6, nieht gegen MiBdeutung sicher formuliert ist.

Page 12: Über Keratitis disciformis

188 Junius :

F a l l 2:

Job. S ch mi~z, 30 Jahre, Berg mann . Stat.-Journai 1910, ~r. 465. Klinische Diagnose: K. disciformis.

Vorgeschichte : lkTach schwerer E r k ~ l t u n g , die ~rztliche Behandlung notwendig machte, entzfindete sich Anfang Februar 1910 im unmittelbaren An- schlul~ daran das rechte Auge, wurde yon einem Arzt in der tteimat behandelt. K e i n e V e r l e t z u n g e r inne r l i ch . Befund der Klinik am 25. II. 1910: Rechtes Auge: M~Bige Lichtscheu, gemischte Injektion um die Hornhaut, l i n s e n g r o i t e Trfib ung fast im Zentrum der ttornhaut, tiefliegend, in der Mitre ges~ttigt. Rund- herum starke ring~Srmige Infiltration, die iib e r der Triibung liegt. Ausl~ufer nach allen Seiten yon der Trfibung, insbesondere ganz tiefliegende strichartige Trii- bungen. Die Hornhautobelffl~ehe zeigt kaum Defekte, ist aber, besonders zentral, gestichelt. K,-W. klar. Pupille maximal weir. Kamn Einbtick ins Augeninnere. Im April 1910 wurde der Kranke schon, nach Ausfiihrung ciner Iridektomie, nach Hause enttassen. Eine st~rkere Beteiligung der Iris lag also in diesem Fatle nichV vor. Die zuriickbleibende (parazentral getegene) I-Iornhautn~rbe war nach der im Journal befindlichen Skizze anscheinend yon derselben GrSite wie der m'sprfing - liche Umfang der Scheibe. Das linke Auge war normal geblieben.

F a l l 3 :

Michael Marx , 40j~hriger D i e n s t m a n n . Stat.-Journal 1908, ~Tr. 104. K l i n i s c h e Diagnose : Infiltratum parenchymatosum profundum corneae S a e m i s c h (=: K. disciformis) .

Vorgeschichte : Vor 3 Jahren entztindete sich das linke Auge erstmalig ganz leicht, ohne erkennbare Ursache. Seit 1 Jahr ist das linke Auge starker ent- ztindet (mit l%missionen unter 5fterer ambulanter Behandlung). Die :Erkrankung kam w o n selbst" . Insbesondere soll eine V e r l e t z u n g b e s t i m m t n i c h t v o r a u s g e g a n g e n sein. A l l g e m e i n e E r k ~ l t u n g u n d 5 r t l i che Abki ih- l u n g d u t c h Z u g w i r k u n g , zu denen der Beruf h~ufigen Anlal~ gab, ist als Ur sache des Le idens ~ngenommen.

B e f u n d der K l i n i k yore 8. V. 1904: Linkes Auge: Mittlerer Reizzust.and. Gemischte perieorneule Injektion. I m Z e n t r u m der H o r n h a u t 4 mm grotte r u n d e , g r au - weiite Sche ibe , fiber welcher das Epithel gestippt ist, die Trii- bung liegt tier im Parenchym. Sie setzt sich aus zwei aufeinanderliegenden Schei- ben bzw. l~ingen zusammen (d. h. wohl: Es liegen oberfl~ehliche Ringe fiber einer tieferen Scheibe). Die Umgebung der Scheibe zeigt diffus grauliche Trfibung, welche yon strahlig verlanfenden Radien (besonders deuflich oben!), durchzogen wird. Keine Besehl~ge an der ttornhauthinterwand. Pat. blieb nnr kurze Zeit auI der Abteilung, wurde dann in ambulante Behandlung entlassen. - - Genaue Notizen fiber den weiteren Verlauf liegen nichl~ vor. Es entstanden aber jedenfalls auch sparer keine Bedenken gegen die ~ngegebene Anamnese. Pat. war eine in Bonn bekannte Person.

Z u s ~ m m e n f a s s u n g v o n F ~ l l 2 und 3: I n beiden Fa.llen wurde yon den K r a n k e n s c h w e r e E r k a l t u n g Ms vermu~liche e i n z i g e Ursaehe des Augenleidens ausdrackl ich angegeben. Xul~ere Verletzun- g e n d e r Augen waren n ich t erinnerlich, wurden nie gel tend gemacht , ~uch yon ~rztlieher Seite n icht festgesteltt. Anch far Herpes corneae lag nichts vor. Der Beruf der K r a n k e n (Berg- bzw. Diens tmenn) , gab zur ErkMtung reichlich Anlaft.

Bei der Neigung aller K r u n k e n im Zeital ter der Unfallversieherung, die

Page 13: Über Keratitis disciformis

Uber Keratiti~ disciformis. !89

auf einen Betriebsunfatl beziiglieh en Vorg~nge stets hervorzuheben, kommt der l~ri~zisen A b l e h n u n g eines derartigen Zusammenhangs in diesen beiden F~lten immerhin ein gewisses, wenn auett kein entseheidendes Gewieht zu. Als voll aberzeugend werden sie vermutlieh nieht anerkannt werden, da immer der Einwand mSglieh ist, dab eine unbemerkt ge- bliebene Herpesblase auf der Hornhaut hie sieher auszusehlieBen ist.

_F~r eine mal3gebliehe Beurteilung yon ~rztlieher Seite bedarf es jedenfalls weiterer objektiver Anhaltspunkte, welehe eine derartige Auffassung, d. h. die endogene Entstehung der K. diseiformis, zu stfitzen geeignet erseheinen.

An dieser Stelle ist ein Wort fiber die , , E r k i ~ l t u n g " wohl am Pla~ze.

Noeh niemand hat ihr Wesen ganz ergrt~ndet. G e o r g S t i c k e r 10) meint im Vorwort seiner wertvollen Monographie t~ber E r k ~ t t u n g s - k r a n k h e i t e n u n d K ~ 1 t e s e h ~ d e n, dem neuesten und umfassendsten Werk t~ber den Gegenstand (1916), daft Erki~ltung ein fast ,,wesenloses Wort" far die moderne Wissensehaft geworden sei. Wie sehr er mit der hohen Bewertung der Erk~ltung als Krankheitsfakgor reeht hat, haben uns i~rztliehe Kriegserfahrungen mannigfaeher Art in neuester Zeit eindringlieh wieder vor Augen geffihrt. Ich verweise auf das Werk und die bez. neuere allgemeine und Faehliteratur 9, 10, 11, 12, 22, ~t).

Mag nun, um mich ganz kurz und unter Beschr~nkung auf das hier Interessierende zu fassen, der Begriff der Erk~ltung ~rztlieh damn zu definieren sein, daft Sch~digung der weiBen BlutkSrperehen auf dem Wege dutch die abgekfihlten Gef~l~e der Haut bzw. Sehleimhaut oder sonst irgendwie erfolgt, mit den entspreehenden Folgen: B e s e h ~ - d ig u n g, Verminderung der Z a h 1 der weigen BlutkSrper, S i n k e n des Opsoningehaltes usw., oder mag in anderer Weise der Ring der Seh~d- liehkeiten sieh sehlie6en: In jedem Falle werden, das lehrt uns die praktisehe Erfahrung, die Tr~ger der Polizeigewalt im K6rper, d. h. die weil3en Blutk6rper, die t~berall dorthin wandern, wo Spaltpilze einwirken und wo Eiwei6 zerf~llt, irgendwie regelwidrig beeinflu6t mit der Wirkung, dab Abwehrkri~fte des Organismus gestSrt, oder ge- ]~hmt werden, und daf; his dahin geb~ndigt im K6rper anwesende Krankheitskeime die MSgliehkeit erhalten, s e h ~ d i g e n d wirksam zu werden. Beispiel: Die Lungenentzt~ndung, bei der die t I i l f s u r - sache, d. h. die Erk~ltung, ebenso wiehtig ist wie das Kontagiumtl).

Es gibt aueh augen~i.rztliehe Belege, die uns n~herliegen. Beispiel: Die eigenartigen E n t z f i n d u n g e n des S e h n e r v e n be i F e l d z u g s - t e i l n e h m e r n , fiber die ieh reich an anderer Stelle verbreitet habe~2).

Wir haben vollen Grund zu der Annahme, da6 zwisehen den Leuko- eyten, denen nach Erki~t tungseinf l f issen nieht mehr die vollen Schutzkr~fte des Blutes (Abwehrstoffe) zur Verfagung stehen, und

Page 14: Über Keratitis disciformis

190 Junius :

gewissen, s te ts angriffsberei t , abe t zeitweil ig maeht los im K 6 r p e r ver- wei lenden pa thogenen Mikroorganismen das Gleiehgewieht der Kr~ifte d a n n versehoben ist.

Bei dem im KSrpe r da rauf sich absp ie lenden K a m p f runs Leben dieser Zel len g ib t es Leiehen: T o t e Z e l l e n und a b g e s t o r b e n e B a k t e r i e n. Beide bzw. ihre Zer fa l l sprodukte s ind Sehgdtinge f i~ den Organismus, spezieli fi ir empfindl iches Nervengewebe*) .

E in de ra r t ige r Z n s a m m e n h a n g is t sehr nahel iegend. Erwiesen ist er for K, diseiformis b isher n i c h t . Wir bes i tzen aber in den Beob- ach tungen yon H e i n e la) Er fahrungen , die als Wegweiser f~r die wei tere l~aek[orsehung in dieser Hins ich t wieht ig sind.

H e i n e l a n d zungehst bei 25 , ,neurot ischen" Cornealaf fekt ionen versehiedener Art , bei denen er die L u m b a l p u n k t i o n ansfi~hren konnte ,

*) Vgl. den Gedankenga.ng bei S t i c k e r (I. o., S. 87): Die sa .uren Stofi- weehselprodukte des KSrpers, welehe bei jedem Abktihlungskatarrh sogleich ver- mehrt a.usgesehieden werden, (es finden sieh z.B. sehon beim einfaehen E r kglt. u ng s- sehnnpfen in jedem TrSpfchen l~asensekret neben den wiirfelf6rmigen ClhTa-Kri- statlen die sehleifsteinfSrmigen der reinen Harnsgure, ferner harnsaure, phosphor- saure, kohlensaure Xalk- und lqatronsalze in gro6er Menge!), e n t z t i n d e n die Sehleimhgute, bringen das EiweiB zum Zerfall und hem men die Sehutzwirkung der Wander- und FreBzellen (Phagocy t en ) . Die fiberall vorhandenen Bakterien g e d e i h e n auf diesem entziindeten Gewebe und e r z e u g e n den eigentliohen tange anhaltenden Kata.rrh.

Erkgl tungsanlagen (ererbt oder individuell erworben) disponleren e i n z e l n e besonders hierzu. Es gibt , , k a t a r r h a l i s e h e " Familien, bei denen vorwiegend die o b e r e n L u f t w e g e kglteempfindlich sind und , , r h e u m a t i s c h e " Familien, bei denen voI~degend die G e l e n k e und i n n e r e n O r g a n e die erkgltungsempfind- lichen Tefle sind (S t icker , 1. c., S. 144--145).

Hierzu kommt eine d r i t t e Gruppe yon Mensehen, die bei einer besonderen Empfindliehkeit gegen Erkgltungseinflfisse eine auffallende N e i g u n g z u E r- k r a n k u n g der A u g e n n e r v e n unter dem EinfluB yon X~ltewirkung zeigen, zu sogenannten rheumatischen Neuralgien, Lghmungen, Nenritiden nnd den zu- gehSrigen He~utleiden.

Die drei in t~ede s~henden Krankheitsa.nlagen oder vielmehr ihre patho- logischen Xul~erungen und Merkmale sind, zuerst yon fra.nzSsischen Klinikern, unter der Bezeiehnung L y m p h a t i s m u s , A r t h r i t i s m u s , Neuropa~thie zusammengefa$t. Es ist auch auf die gelegenttiehe Verbindung dieser Anlagen bei e i n e m Individuum hingewiesen.

Dal~ im ~ibrigen die sogenannte ,,rheumatisehe" Faeialislghmung keine inter- stitielle Nervenentz~indung ist (Erb), lehrte die k]inische und anatomische Be- obachtung geeigneter Fglle, z. B. ein Fall yon M i n k o w s k i (1891): 27j~hriger Mann mit komplJzicrter, durch Erk~iltung entstandener Lghmung des reehten Facialisgebie~es. Klarer Fall. Zungehst teilweise~ dann volle Entartungsreaktion. Zwei Monat~ naeh Beginn der Lghmung beging Pat. Selbstmord. :Bei der ana- tomisehen Untersuchung wurden ~¥urzel und Stature des Facialisnerven bis zmn Gangl. geniculi v611ig unversehrt gefunden. Vom Ganglion a.bwgrts war eine vor- geschrittene parenehymatSse Degeneration der ~ervenbfindel zu sehen, die nach der Periphmqe hin zunahm. Keine Vergnderungen am Can. Fallopii oder am Neu- rilem ( S t i c k e r , 1. c., S. 288).

Page 15: Über Keratitis disciformis

~ber Keratitis disciformis. 191

nut zweimal normalen Hirndruek (und auch in einem dieser ]~Mlo vermehrten Albumingehalt des Punktats!) In den iibrigen Fallen war tier H i r n d r u c k g e s t e i g e r t . Unter den Patienten waren 11 mit H e r p e s e o r n e a e s i m p t e x .

Bei weiteren 7 FMlen yon H e r p e s zost, er wurde durchweg ge- steigerter Hirndruck gefunden, desgleiehen bei 7 Fallen yon K. den- dritiea.

Bez~glieh der Bewertung, fiber welche die Anschauung H e i n e s 1913 noch in Entwiekhmg war, verweise ich auf die Arbeit. Hier ge- niige der Hinweis, dab bei den herpetischen Hornhautkrankheiten der Liquor cerebrospinahs eine kraI~khafte Zusammensetzung zeigte. Denn das ist wohl das Wesenthche, weniger das Symptom tier Druek- steigerung als solehes.

Auf die K. disciformis sind die Untersuchungen his jetzt anscheinend noch nieht ausgedehnt. Best~tigt sich die gleiche Erfahrung auch bier, woran wohl kaum zu zweifeln ist, so ist der Weg der bei Erk~tltungs- krankheiten gewisser Form im KSrper sieh biMenden ,,Gifte" gewiesen, und es ist leicht verst~ndlich, wie sie in ungtinstigen FMlen elektiv auf gewisse Nervenganglien und Nervenwurzeln des Auges wirken kSnnen und wie, je naeh dem betroffenen Versorgungsgebiet, H e r p e s z o s t e r o p h t h a l m . , K. d e n d r i t i c a oder K. d i s c i f o r m i s bzw. H e r p e s i r i d i s , oder eine K o m b i n a t i o n m e h r e r e r K r a n k h e i t e n d i e s e r F o r m e n entsteht oder die G r u n d l a g e dazu.

Wichtig ist diese Auffassung auch ftir die Erkl~rung der do p p e l - s e i t i g e n symmetrisehen, namentlieh der g le ic h z e i t ig e n bilateralen Erkrankungen, die sonst ganz unverst~ndlich bleiben.

Da$ es etwas Derartiges ft~r die K. disciformis gibt, ist allerdings noeh kaum bekannt, jedenfalls nicht allgemein anerkannt.

G r u n e r t ~) hat einen doppelseitigen Fall beschrieben. W a g n e r 5) hat dann neuerdings einen Fall yon nachtragheher

Erkrankung des zwe[ten Auges an typischer K. diseiformis mitgeteilt (Fall 9, s oben).

In B o n n haben wit einen doppelseitigen Fall bisher nicht gesehen. Abet m6glich ist etwas Derartiges gewift. Ieh erinnere daran, daft aueh iiber die Doppelseitigkeit des symmetrischen H. z o s t e r o p h t h a l - m i c u s lange Unklarheit geherrscht hat. Ein Kenner wie H u t c hi n s o n spraeh sich ablehnend aus. Dennoch kommen als Ausnahmen yon der l~egel doppelseitige Fatle tats~ehlich vor14). ])iese seltenen FMIe sind fiir unser Verst~ndnis yore Wesen der Dinge yon grofter Wichtigkeit und warden vorkommendenfalls eines besonderen Studimns wert sein, auch Vornahme der Lumbalpunktion wohl rechtfertigen.

In kurzer Z u s a m m e n f a s s u ng des Wiehtigsten dieser Er6rterun- gen ergibt sich ats meine pers6nliche Ansicht, da6 nach der ktinisehen

Page 16: Über Keratitis disciformis

192 Junius:

Erfahrung kein Hindernis besteht, seltene Fi~lle von K. diseiformis, welche auch bei kritischer Betrachtung rein endogen entstanden zu sein s e h e i n e n , unbedenklich als solehe aufzufassen, d. h. als endogen aueh ohne das Bindeglied des Herpes eorneae.

Eine wohl eharakterisierte Erk~iltnngs-I nfe k t i o ns krankheit geht bei K. diseiformis gewShnlich nicht voraus. , ,Er k~ilt n ng" der iibtiehen Art Mlein, also ,,Katarrhfieber" *) mug als geniigend angesehen werden, a u s n a h m s wei s e die Krankheit - - bei gewissen dureh ihre Konstitution dazu veranlagten Individuen! - - gelegentlich zu erzeugen.

Es ist natfirlich zu verlangen, dab aneh die sog. t r a u m a t i s c h e n F~l le sieh hinreiehend anfkliiren lassen.

F~lle, in denen die einzige naeh der Erinnerung der Kranken in Betraeht kommende Ursaehe m6glieherweise in einer Y e r l e t z u n g des Anges gegeben sein konnte, sind nieht selten. Anffi~llig war aber immer die aueh yon F u e h s sehon vermerkte Beobachtung, dag stets ganz geringe Ursaehen angegeben wurden, nie sehwereres Trauma, Oft mag daher die Angabe gar nieht notiert sein.

Ich lasse zunaehst einige Beobaehtungen aus der Univ.-Augen- klinik B o n n folgen, gebe die Krankengesehichten nut im tdirzesten Auszug, mit Auswahl des 'haupts~ehlieh bez. Entstehung u M Verlauf Interessierenden:

Fall 4: l~ranz Mtinehhofer, 49 Jahre, Tagel6hner. Stag. JournM 1906, Nr. 290.

Vorgesehiehte" Seit 10. VIII. 190,1 soll das bis dahin gesunde Auge entztindeg sein. Als Ursache wird Gegenfliegen eines Steinspl i t ters bei Sehlag mit der Haeke auf Kies angenommen (unsiehere Angabe eines nnzuverl~issigen Nannes, [Trinket !]). Er wilt einen Arzt aufgesueht haben, behandelte sieh in der Haupt- saehe aber selbst mit Bleiwasserumsehlagen.

Befund der Kt inik am 30. VIII. 1906: Reehtes Auge. Gemisehte peri- eorneale Infektion. Die ganze I-Iornhaut, deren Oberfliiehe gestippt ist, zeigt eine diffus gra.ue Trtibung, die bei n~.herer Besiehtigung den oberfY~chliehen und mittel- tiefen Sehichten angehSrt. In der ~iugeren ttornhauthglfte, in der Wagereehten, 2 mm yore Limbus entferng, befindet sieh ein unregelmEBiger Epi the ldefek t , yon dem ver/~stelte graue ziemlieh grobe Tri ibungen ausgehen (nut in den oberflgehlichen Sehiehten!). Im Bezirk dieser Stelte ist ein fast kreis- f6rmiger Trfibungsring vorhanden, der tier im Parenehym liegt. Innerhatb des Ringes kleinere Infiltrate. Pupille extrem weir. Keine hinteren Syneehien.

Verlauf. Die Triibung der zentralen Itornhaut sehreitet fort. 20. IX." Am Boden der V.-K. kleines Hypopyon . 30. IX.: Hypopyon versehwindet 5fters, kehrt aber wieder. 2. X.: Trtibung der Hornhaut in der Tiefe n immt zu. Epighel stellenweise nneben, ,,wie leiehg blasig ~bgehoben". Pupille mittet- weir. Hornhautoberfl~iche wieder glatt. 3. XI.: Neuer geizzustand, tIornhaut glanzlos, matt in allen Schichten. Zahlreiche Streffentriibungen in den tiefsten

*) Katarrhfieber gleich ,,Fluftfieber", im Sinne der Auffassung friiherer Arztegenerationen, mit den Einschrgnkungen wie etwa Sticker (1. c. S. 79) sie maeht.

Page 17: Über Keratitis disciformis

[~ber Keratitis disciformis. 193

Schiehten. I r i s v e r w a s c h e n , h y p e r ~i m i s e h, trfibe, ringf6rmige hint. SynecMen. Pupille mitteleng. 28. XI.: Langsame Aufhetlung der Hornhaut beginnt. 18. L 1907: Entlassen wegen Trunkenheit und Ungebiihr. Befund: Noeh m~gige peri- corneMe Injektion. Cornea in allen Sehiehten getrtibt, doch viel heller als am 3. XI., oberfl~iehlich gestippt, matt , in Gegend des ehemaligen Substanzverlustes ver~stelte dichte narbige T14ibung. tt ier eine g roBe f l u k t u i e r e n d e E p i t h e l b l a s e t Pupille mittelweit. RingfSrmige hintere Synechien. T ~ etwas erh6ht.

Bei Wiedervorstellung am 5. I IL 1907 wurden Bl~schen nieht mehr Zest- gestellt.

F ~ l l 5 :

J o h a n n S t e e g , 24 Jahre, PoSzeisergeant. Stat.-Journal 1907, Nr. 512. V o r g ~ n g e : Vor 8 Jahren H o r n h a u t e n t z f i n d u n g reehten Auges. Seitdem H o r n h a u t f l e c k e . Als Soldat l i n k s gezielt. Im Juni 1906 bei der Arbeit als Maschinensehlosser ,,R o s t " ins rechte Auge gekommen. Der Arzt entfernte einen ]~'remdkSrper. Das Sehen wurde in der Fotge nieht sehleehter. Seit 11--12 Woehen Entztindung des reehten Antes w o n s e l b s t " .

B e f u n d am 28. II. 1907: Liehtscheu, keine Absonderung, gemisehte In- jektion um die Hornhaut. H. oberfl~iehlieh gestippt, rauh, im ganzen dicht getriibt. Die Trtibungen gehSren allen Schiehten an, haben tells narbigen, tells Infiltra.t- charakter, sind im Zentrum der Homhaut am dichtesten, wo sie eine grSBere zu- sammenhangende Fl~ehe bilden, w~Lhrend naeh der Peripherie bin die Triibungen teils pnnktf6rmigen, tells nm'egehn~Ng streifigen Charakter haben. ]?upille nnter Atropin hinreichend weir.. Linkes Auge normal. - - 4. III . 1907: Neuer starker Reizzustand. 10. I i I . : Infiltrate sind im Zentrum zu einer diehten zusammen- h/~ngenden S e h e i b e konfluiert (3 mm Durehmesser). 23. I I I . : Seheibe diehter. 29. I I I . : Seheibe noeh diehter, ziemlieh seharf abgegrenzt, frei yon Gef~Ben. I~and- pgrtien wie bei der Aufnahme. Hier aueh feinste Gefiil3ehen. Oberflgehe matt. 15. IV.: Ange wird blaB. Zentrales Infiltrat ,,zieht sieh konzentrisch zusammen". 5. V.: l~eehtes Ange: Noeh geringer geizznstand. Auf der Hornhaut, etwas naeh unten vom Zentrum, 4 mm grol~e, gesgttigt grane Trtibung, naeh der Peripherie. Mlmghlich liehter werdend. Im Zentrum eine kleine Del le . K l i n i s e h e D i a g nose : Infi l tratum eentrale parenehymatosum ~ K. d i s e i f o r m i s linkes Auges. 3laeulae eorneae ~eehten Auges.

F a l l 6:

J o h a n n S t e i n , 30 Jahre, Steinhauer. Stat.-Journal 1907/8, Nr. 562. K l i - n i s e h e D i a g n o s e : K. d i s c i f o r m i s o. d., Maeulae eorneae o. s.

V o r g g n g e : Vor 6 Woehen ein S t a h l s t f i e k c h e n ins reehte Auge gekommen, den die Kameraden entfernten. Danaeh t ra t Entziindung auf. Ein Arzt verordnete dann Umsehlgge. Es wurde zun/~ehst besser, spgter wieder sehleehter. B e f u n d vom 21. III . 1908: t~eehtes Ange: Mgl3iger l ~ e i z z u s t a n d , gemisehte peri- eorneale Injektion. t tornhaut im ganzen bauehig getrfibt, Epithel fiber Mien ge- trtibten Partien gestippt. Gefiihl vermindert. T =: n. Pupille mittelweit. Keine Syneehien. Auf der tIornhaut naeh unten yore Zentrmn eine 1I/2 mm im Dureh- messer grote, oberfl~ehliche, n~rbige Trfibung. Um diese herum, mehr zentrM, in den tiefen Sehiehten des Hornhautparenehyms eine g r a u - w e i g e T r t i b u n g i n F o r m e i n e r Sche ibe . /?eriphere Zone stgrker getrfibt. ~ber dieser t i e f e n S e h e i b e erkennt man h S h e r g e l e g e n e k l e i n e I n f i l t r a t e . Zwisehen Limbus und Seheibe sieht man einen 4 mm groBen B o g e n s e k t o r , der ghnlieh getrtibt ist ~de die Seheibe. Linkes Ange: l~laeula in cornea.

E n t l a s s u n g s b e f u n d am 20. V. 1908: Reehtes Auge reizlos. In der im fibrigen klaren Ii[omhaut zentral eing 4 mm groBe, kreisrunde, dieht g r a u -

v. Graefes Archly fflr Ophthalmologie. Bd. 105. 13

Page 18: Über Keratitis disciformis

] 94: Junius :

we iBe T r i i b u n g , die das ganze Pupillengebiet einnimmt. S. rechten Auges = 6/36, linken Auges = 6/8.

F a l l 7:

I t e i n r i c h t t e r m e l i n g , 48 Jahre , Sehmied. Stat.-Journal 1907/08, Nr. 295 K l i n i s e h e D i a g n o s e : K. d i s e i f o r m i s .

Vorggnge: Vet 9 Jahren Bubo links. 3 gesunde Kinder. Vor 1 Jahr in der Sehmiede ein F u n k e n in das reehte Auge geflogen. Vet 4 Woehen K o h l e n - s t a u b ins reehte Auge gekommen, den die Ehefrau ausMsehte. Zusammenhang mit jetziger Krankheit wird fiir mSglieh gehalten, abet nieht, behauptet

B e f u n d am 26. IX. 1907: P~eehtes Auge: Mit, t l e r e r ~ e i z z u s t a n d mit. entsprechender Injek~ion. t tornhaut matt, Epithel gestippt. Nasal und oben einige E p i t h e l d e f e k t e . Im I-Iornhautparenehym viele Meine und grol3e, runde, an eilligen Stellen konfluierende mat~-graue bis weiBe, unregelmgl3ig p u n k t f 6 r - m i g e Triibungen. Diesetben sind nasal dichter gestellt, bilden hier einen 11/2 mm breiten H a l b r i ng. Im Zentrum sind die punktf6rmigen Triibungen fast w e i g , i n ~'o r m d e r S e h ei b e angeordnet. Lage der Infiltrate: In mittleren und tiefen Sehiehten der I-Iornhaut. K a m m e r w a s s e r klar. I r i s leieht verfgrbt. Pupilte erweiterf~ sich hinreichend. Linkes Auge reizlos. 17. X.: R.eehtes Auge zeigt- jetzt deutlieh g r a u - w e i g e S t r e i f e n in den oberftgehliehen Partien des Parenehyms, die ver~ikM yon oben naeh unten zieh.en. Dazwisehen verstreute graue Punkte. (Die Streifen beginnen am Limbus, ziehen fast tiber die ganze Cornea herttber. ) Wesent- heh tiefer liegt ein g r a u e r , n u n m e h r v 6 I l i g g e s e h l o s s e n e r I~ ing , der in der unteren tIglfte wesenttieh breiter ist, als oben. Epithel noeh gestippt, unregel- mgBig. - - Oben innen isg ein z w e i t e r k o n z e n t r i s e h e r Ig ing angedeutet, tIorn- haut im Bereieh des Infiltrats vNlig an/isthetiseh. 13. X.: Innerer Kreis des In- filtratsverkleinert, P~andp~rtien aufgehellt. 19. X.: Inunterer Hglfte dert-Iornhaut ist ein 3 mm breiter S u b s t a n z v e r l u s ~ mi~ getrttbtem Grund entstanden. Dazu: Kteines E x s u d a t mit 1/~ mm hohem Hypopyon. in V.K. 4. XI.: Kauterisation des Ulens. 12. XI.: Uleus in ~ e i h n g begriffen. Erst am 18. XI. ist notiert: Itorn- h~ut spiegelt. 10. XII . : E n t l a s s u n g s b e f u n d : Ges~,tttigt graue narbige Trti- bung im Zentrum der ttornhaut. Diese ist hier noch unempfindlieh. Diffuse und punktf6rmige, tier im Parenehym gelegene Narben. Periphere t tornhaut fast klar. Zarte GefgBe nur am I-Iornhautrand. 5. I. 1908: V o r s t e 11 u n g: Reeh{es Auge reizlos, unverg,nderter Befund.

F a l l 8:

C h r i s t o p h t I e r m a n n s , 33 Jahre , Fabrikarbeiter. Stat.-Journa.1 1907/08, Nr. 480. K l in . D i a g n o s e : K. d i s e i f o r m i s , o. s.

V o r g a n g : Seit 4~ Woehen Entztindung linken Auges aus u n b e k a n n t e r U r s a e h e . S p g t e r e A n g a b e : Anfang Januar 1908 bei der Arbei~ Ms Goldleisten- maeher S e hl e l f s t a u b ins linke Auge geIlogen. Seitdem immer Besehwerden gehabt. Naeh 8 Tagen einen Arzt befragt, der angeblich nichts fest~stellte. Naeh weiteren 8 Tagen wurde dan hnke Auge trt~be. Daher wurde die K]inik aufgesueht.

B e f u n d am 6. VIII. 1908: t~echtes Auge normal. Linkes Auge m g g i g e r t ~ e i z z u s t a n d , entspreehende pericorneale Injektion. Hornhaut im ganzen hauchig getriibt, matt. In der gul?eren tIglfte der / tornhaut nahe dem IAmbus tiegt in den tieferen Sehiehten der tIornhaut eine 4: mm im Durehmesser haltende, r u n d e , g r a u e , g e t r t i b t e S e h e i b e , deren t~andparfien i n t e n s i v e r g e t r i i b t sind, erseheinen als das Zentrum. Sie setzt sieh zusammen aus: Diffusen Trii- bungen, dieht beieinanderliegenden Striehen und Punkten. In der Umgebung dleser runden Triibs~ng sind auBer diffuser grauer Parenehymtriibung viele deut- lieh oberflg~ehlieher Ms die Scheibe gelegen'e, scharf begrenzte S t r e i f e n siehtbar,

Page 19: Über Keratitis disciformis

~ber Keratitis diseiformis. 195

die teits radigr yon der Gegend der Scheibe auszugehen scheinen, tells in anderer Riehtung ~-erla, nfen. Einige derselben liegen dentlich auch i iber der Seheibe. Gefiihl der I-Iornhaut tiber dem getrt~bten Bezirk deutlich berabgesetzt, in der Peripherie der tIornhaut nicht nachweisbar verandert. Pupille mittelweit. 13. II.: Streifen ira Parenchym gesch~qmden. Urn die Scheibe verl~%uft im Abstand yon 1 mm j etzt konzentl~sch ei n g r a u er I%i n g (datuMs als ,,Einwandernngsring" bezeichnet), Parenchym im fibrigen Mar. 29. II.: Scheibe und Ringe unverandert. Zone zwischen Ring und Scheibe diffus getriibt. Strahlenf6rmig davon ausziehende St re i fen . Sparer: Fortschreitende Aufhellung. Ent, tassung Ende Febru~r. - - A m 6. IV. Wiedervorstellung. Linkes Auge seit einigen Tagen starker gereizt. Im Zentrum der Scheibe ist ein S u b s t a n z v e r l u s t i n U l c e r a t i o n begriffen (d. h. woht im Bezirk itber der Seheibe). 8. VIII.: Linkes Auge reizlos. In der IIornhaut nach anBen nnten yon Zentrmn 6 × 6 mm groBe dichte Narbe, die ins Pupillar- gebiet hineinreich~. Pupille rund, reagierend.

Fall 9:

I~einrich Paffenholz, 50 Jahre, Fabrikarbeiter. Stat.-Journal 1908/09, Nr. 443. KlinischeDiagnose: K. disciformis.

Vorg~,nge: Vor 4--5 Woehen ein Messingspan gegen das rechte Auge geflogen, den Pat. selbst entfernte. Seit 22. XI. 1908 rech~es Auge entziindet mid sehmerzhaft.

B e f u n d am 28. XI. 1908: S t a r k gere iz tes reeh tes Auge. Trfinen, Lichtscheu. I - Io rnhau t diffus getriibt. K. W. getriibt. I r i s leicht verfarbt, Pupille eng. Zunaehst poliklinische Behandlung. Am 28. XII. 1908 A u f n a h m e in die X l i n i k : MaBiger !~e izzus tand. Deutliehe Lichtscheu. Keine Ab- sonderung. Hornhaut iln ganzen oberfl~ehlieh matt, gestiehelt, besonders zentra.1. t~er in der Tiefe (mittlere Schichten) eine ovale s c ~e i be n f S r mi ge g r a u e T r f i b u n g yon mal?iger Diehte. Der l~and ist s a t u r i e r t , zeigt eine Anzahl punktf6rmiger dichterer Infiltrationsherdchen. Naeh oben yon der Scheibe eine dem Rande konzentrisehe zartere, ziemlieh breite, den tiefsten Schichten angehSrige r i n g f S r m i g e T r t i b u n g , die oben auBen sich zu einem grSBeren rnndIichen, tier gelegenen unscharfen I-Ierd verbreitert, naeh unten hin nicht v611ig zum l~ing gesehlossenist. AusgesprocheneUnterempf indl ichke i t in den zentralen Teiten der Cornea. Auch der ringfSrmigen Trfibung sind einzelne punktf6rmige dist, inkte Trtibungen angegliedert. K.W. deutlieh triibe. Iris verwaschen, glanzlos.

Wegen Lichtscheu kamn Einblick in das Auge. Pupille unter Atropin knapp mittelweit. Ausgeswochene S c h r a e r z h a f t i g k e i t , die am guBeren Orb i t a l - r a n d lokalisiert wird. 3. I.: l~eizzustand und Sehmerz geringer. 10. I.: Pupille maximal weir. Seheibenf6rmige Trtibung riiekt naeh dem Zentrum zm T. = n. I6. I. 1909: Auge blaBt ab. 27. I. 1909: E n t l a s s u n g : Noeh geringe Ciliarinjek- tion. Die s e h e i b e n f 6 r m i g e T r i i b u n g liegt zent.raI , ist haIffkorngroB, ke, t also bedeutend an Gr6Be abgenommen. Hornhaut noch im ganzen leicht trtibe. Pupille mittelweit. Ambulante Weiterbehandlung. 30. I.: W i e d e r a u f n a h m e in die K l i n i k ist erforderlieh geworden. ~eehtes Ange: Reizzustand heftiger. Keine Absonderung. Hornhaut matt, v611ig gctriibt in tieferen Sehicbten. Im Zentrum diehtere ringf6rmige, 2 ram im Durchmesser haltende Trfibung (d. h. wohl S eheibe). T ~ etwas erhSht. 4. II. : Die Triibungen gehen langsam zurfiek; nut die Tr~bmlg im Zentrum bleibt. T = erh6ht. I r i s h y p e r a m i s c h . 9. iI.: T = n. 20. II.: Allnfiihliche Besserung.

Auf Wunseh Entlassung. Auge noeh reizbar. 27. III.: Vorstellung. Zustand im allgemeinen unverandert. Epithel fiber der Seheibe noch uneben. Hornhaut im Bereieh der Scheibe absolut geftihllos. 72 IV.: Linkes Auge reizlos. LinsengroBe Triibung, T ~ n . 19. IV.: Neuer I~tiekfall. Starker I~eizzustaud. Trtibungen

13"

Page 20: Über Keratitis disciformis

196 Jmfius :

haben wJeder zugenommen. Starke Ciliarinjektion. Pat. war bis in den Juni- mona~ hinein arbeitsunf~hig. 18. VI. ist not:iert: Linkes Auge blaB, ziemlieh diehte, d~s ganze Pupillengebiet einnehmende Narbe der I-IornhauL

Bemerkenswert ist an diesen F~llen, die trotz gewisser Einf6rmigkeit im allgemeinen Verlauf doeh bemerkenswer~e Abstufungen und Ver- sehiedenheiten in, der Mitbe~eiligung der Iris erkennen lassen, be- ziiglieh der m 6 g l i c h e n Xtiologie: Die Angaben der Kranken fiber vorausgehendes T r a u m a waren durehweg unsieher, die angenom- menen mechanisehen Verletzungen konnten immer nur minimal ge- wesen sein.

Aber aueh an einem derartigen Zusammenhang mit Verursa~hung yon K. diseiformis sind noeh Zweifei zu gut~ern, wenn man sieh ngher in die F~lle vertief~.

Interessant ist auf alle Falle ein Rfiekbliek auf frtihere Angaben: S e h i r m e r I~) beriehtete 1904 fiber zwei klinische Fglle. In beiden

handelte es sich um F uhrleute, die ,,Chausseestaub" als Ursaehe ange- geben batten.

In den Fallen yon G r u n e r t e) handelte es sieh um Hinfliegen yon ,,I~ug" oder um Kranke aus dem Bauernstande, welehe keine besondere Verletzung angaben. In einem Fall ferner (mit d o io p e 1- seitiger, gleiehzeitiger Erkrankung an K. diseiformis!) um einen geit- kneeht beim gemontedeloot, der doeh wohl beim berufsmagigen Be- wegen junger Pferde vielfaeh in SehweiB geriet, mit nachfolgender sehneller Abkfihlung bei Zug- und Windeinwirkung, wie aueh die Bauern bei der Feldarbeit.

Bei meinen oben mitgeteilten Fallen wurde , ,Goldle is te n s t a u b", , ,Z iege l s t aub" usw. oder kleinste Fremdk6rper, welehe die Patienten oder ihre Arbeitskameraden aber immer selbst entfernen konnten, als vermeintliehe Ursache angegeben. Auch unter meinen wenigen Fallen befanden sieh zwei Fuhr leute .*)

Hierdureh wird ein bemerkenswerter, bisher woht zu wenig be- aehteter Umstand in den Vordergrund des Interesses gerfickt: Die MSgl i ehke i t , dab e in d u r c h , , E r k ~ l t u n g " a l t e r i e r t e s , abe r n i e h t m a n i f e s t k r a n k e s Auge bei G e l e g e n h e i t e ine r n e u e n l o k a l e n A b k i i h l u n g e r s t m a l i g o f f e n s i e h t l i e h e r k r a n k t . Vor- ausselbzung is~ da.nn, dab die A l t e r a t i o n bzw. Krankheitsdisposition

*) l~a l l 9a : Chr . t t e i n r i e h , 24]/~hriger F u h r h a l t e r . Star. Journal 1906/7 Nr. 343. Angabe fiber vermutliehe En~stehung der Krankheit (K. distil.): Vielleieht Z i e g e 1 s ~ a.u b - Einwirkung beim Fahren auf der Landstra/3e im Berufe (t~efund: Tyloisehe Seheibe in der Hornhaut mit umgebenden konzen- trisehem l~ing in tieferer Lgge und einem weiteren Viertel-Ring. Starke Beteili- gung der Iris), sowie: ]~a l l 9b: Ein F u h r m a n n mit X. diseiformis, fiber den keine genauere Krankengesehiehte vorliegt, weft er nut den I~a.t der Klinik, aber nieht Behandlung wiinschte.

Page 21: Über Keratitis disciformis

Uber Keratitis diseiformis. 19i

des Auges in einem labilen, dutch geringe ~ugere Einwirkung leiehg aus dem Gleiehgewiehg zu bringenden Zustand zwis e he n Gesundheit und Krankheit besteht. Wit k6nnen uns vorstellen, dal~ am feinen Regulierungswerk der Nerven des Auges in einem bestimmten Versor- gungsgebiet dann etwas in Unordnung gergt, was bisher noeh aus- gcgliehen war. Es ents~eht nun K r a n k h e i t under dem Bilde der K. diseiformis.

Wir h~tten dann in d i e sen t~llen , , E r k ~ l t u n g " als G r u n d - ursaehe und 5 r t l i e h e A b k ~ h t u n g des Auges als Hilfsursaehe und ~us lSsendes ~{oment.

Dag in ~ n d e r e n F~llen auch e h e m i s e h - m e e h a n i s c k e i~eize, wie t~ug, K o M e n s t a u b , S e h l e i f s t a u b , gelegentlieh eine gMeh- artige Wirkung ausfiben oder, in noeh andern F~llen aueh Chausse e- s t a u b , mit dem - - ftir Fuhr leu te! - - Abktihlung und ehemisek- meehanisehe Momente sick zur sehiidliehen Wirkung vereinen, ist naeh der Krankenbeobaehtung durehaus annehmbar.

DaB sehlieBlieh aueh grSgere Fremdk6rper dieselbe Wirkung aus- ~iben k5 n n te n, ist niekt ganz auszusehlieBen, aber dutch die khnisehe Beobaektung nieht erwiesen, aueh wenig wahrseheinlieh, denn offenbar m/issen alle Seh~digungen e ine Bedingung erfi~llen:

Sic m tissen, a n s e h e i n e n d mi t gewisser Daue r , an f vaso- m o t o r i s e h e N e r v e n des Auges e i n w i r k e n , also d u r c h V e r m i t t - l ung des N. T r i g e m i n u s .

Dal~ in einem weiteren Zusammenhange auek der N. s y m p a t hie u s sick irgendwie beteiligt, ist aus einigen kliniseken Anzeieken zu vet- tauten und wird dureh die Zunahme der neurogenen Augenerkran- kungen bei Kriegsteilnehmern wahrseheinlieh gemaeht, die auch Uht - hoff I6) bes~tigt. - -

Wenn sick. eine derartige Auffassung dutch weitere Beobaehtungen als zutreffend erweisen lieBe, w~re eine einfaehe Formel ftir das Ver- standnis maneher bisher sehwer zu deutender Beobaehtungen gefunden. Es e r g i b t sick die V e r x n u t u n g , dab das s ehon i m m e r ange - n o m m e n e , , aus l6sende" M o m e n t ke in e i n h e i t l i e h e s , k a u m j e e in r e i n m e e h a n i s e h e s is t , s o n d e r n e h e m i s e h - m e e h a n i s e h e r oder p h y s i k a l i s c k e r Ar t , das r e f l e k t o r i s e h k r a n k m a e h e n d auf A u g e n n e r v e n wirkg.

Dann kame eine Auffassung zu Ehren, die wit wohl Mle in letzter Zeit am weitesten zurOekgestell~ haben, weft sic keine Grundlage zu haben sehien: Die r e f l e k t o r i s e h e r z e u g t e Nervenseh~td igung . Und es erg~be sick der weitere Ausbliek, dab nieht Verletzungen, also Unf~.lle, sondern J ~ e r u f s s e h a d i g u n g e n wesentlieh beim Zustande- kommen der K. diseiformis mitwirken kSnnen, --- eine mit Vorsickg aueh ftir die Praxis zu verwertende Feststellung.

Page 22: Über Keratitis disciformis

198 Junius:

Abet eine Einschr~nkung w~re in jedem Falle zu machen: Es kann das nut ein ~%iologisohes Moment unter m e h r e r e n sein.

Auch d i r e k t e Ze l l s chgd igung der t t o r n h a u t ist nach des klinischen Beobachtung anzunehmem Es kSnnen n i e h t n n r vaso- motor i sohe N e r v e n beteiligt sein, sondem es miissen aneh N e r v e n der t t o r n h a u t selbst gesch~digt sein. Die Grundlage des Begriffes ,,fro phische Nerve n" habe ieh an anderer Stelle t7) zusammengefal3t.

SchlieBlich mug aueh Endolbhe lsohgdigung , die in bestimmtem Zusammenhang bei der K. disciformis zustande kommen kaan, auf die ,,Streifenbildung" und andere Symptome des Krankheitsprozesses Ein- flul~ haben, worauf bekanntlich P e t e r s G) schon friiher hingewiesen hat.

Es fragt sioh nun, ob sogleieh noch weitere Belege fiir eine derartige Anschauung aus der bisherigen Erfahrung beigebraeht werden kSanen. 5Ieines Eraohtens ist das in der Tat der Fall.

Bei einer ErSrterung tiber die K. d i se i fo rmis muB auch das eigen- tiimliehe Krankheitsbild der K e r ~ t i t i s pos~vaec ino losa (Schirmer) in Beri~oksichtigung gezogen werden.

Seh i rmer 15) hat unsere Aufmerksamkeit darauf gelenkt (1891 und 1904), dab h~ufiger bei Personen, die mit Impflingen zu tun batten, (Miitter, Wgr~erinnen), d u t c h U b e r t r a g u n g yon I n h a l t der I m p f p u s t e l n auf die Augen der Pflegerin gelegentlich eine Lid- r a n d p u s t e l zustande kam. Zuweilen tritt dann eine H o r n h a u t - e r k r a n k u n g auf, die der K. diseiformis ti~usehend i~hnlich sieht. Sch i rmer kam ~n seiner bekannten Arbeit zu dem Schlug: K. disci- fo rmis , die nach Be r i i h rung ruit I m p f p u s t e l i n h a l t sieh en t - w icke l t , hii, ng t mi t e iner I n f e k t i o n , z u n ~ c h s t des L i d r a n d e s , s e k u n d ~ r der H o r n h a u t , z u s a m m e n . Diese K. i0ostvaceino- losa is t i d e n t i s e h mi t der K. d i sc i fo rmis i ibl icher Benen- n u n g u n d ande re r E n t s t e h u n g s a r t .

Seh i rmer nahm also eine e k t o g e n e I n f e k t i o n an. Bei ngherem Zusehen ergeben sich abet schwierigste ]~"ragen: Was wurde anf die Hornhaut iibertragen ~. War es ein belebtes Virus, das dem Pustelinhalt zugehSrte? Dann f~l]t wohl die Spez i f i t~ t des Erregers. Denn bei der gewShnliehen Entstehungsart der K. diseiformis kgme doch, wenn ttberhaupt ein spezilischer Erreger, eine andersartige prim~re Infektion in Betraeht. t~[andelt es sioh abet um eine s e k u n d ~ r e Infektion mit dem vermeintllchen Erreger der K. diseiformis aueh bei K. postvaccino- losa, dann mug nnbedingt auffallen, dab das sonst so seltene Krank- heitsbild hier in j edem l%lle auftritt. D e n n an der Gle iehhe i t der a n a t o m i s e h e n Vorg~nge in der H o r n h a u t bei IK. disei- fo rmis gew6hn l i che r Ar t u n d bei IK. post~vaceinolosa, is t k ~ u m zu zwei fe ln , w e n n a~tch m i k r o s k o p i s c h e B e f u n d e his j e t z t n ioh t vorl iegen.

Page 23: Über Keratitis disciformis

Uber KerMitis diseiformis. 199

Die Vermutung t r i t t daher meines Erachtens auch hier in den Vordergrund, dM3 der Z u s a m m e n h a n g d e r H o r n h a u t e r k r a n k u n g mi~ der Vaccineinfektion ein anderer s e i n mut~ a l s mal~

b i s h e r a n n a h m . Eine Mte Beobachtung yon W a g ert m a 11 n gewinnt neues Interesse. W a g e n ra a n nlS) sah bei einer Krankenschwester , der Badewasser

yon einem Pockenkranken ins Auge gespritzt war, ein Geschwfirchen art der Conjunct iva tarsi entstehen, das eine gewisse J~hnliehkeit mit einem diphteroiden Gesch~qir ha.tte. An der gegen~berIiegenden Stelle der Augapfelbindehaut bildete sich am n~chsten Tage eine gleichartige Ver~nderung. Beide Geschwtire heiltert in 10 Tagen ab, ohne weiteren Schaden zu machen. - - Die Schwester war v o r der ~ b e r n a h m e der Poekenpflege friseh geimpft, ha t t e a b e r nicht darauf reagiert, besM3 also anseheinend v o l le n Impfsehutz . D e n n o e h zog sie sich die erwi~hnte Erk rankung zu.

Diese Beobachtung legt uns meines Eraehtens die Vermutung nahe, dab irgendwelche Stoffe, die sieh yon der H a n t des Poekenkranken 16sten, eine lokM , , ~ t z e n d e " Wirkung bei der Sehwester ausflbten. Hier handelte es sich u m e e h t e P o e k e n (Variola). I n den Fgllen yon S e h i t m e r lagen I m p f -V a c c i n e p u s t e 1 n a m Lidrande vor, yon denen man in Mlem a b g e s e h w h e h ~ e ~Tirkung erwartet . Gel6ste Stoffe aus dieser Pustel werden in jedem FMle mit der Tr~nenfl0ssigkeit die Hornhau t umsptilt haben, und zwar lgngere Zeit. Die Bedingungen der , , e h r o n i s c h e n '° Einwirkung lagen vor. Sie betrafen immer Per- sonen, die keinen genagenden Impfschutz besessen und d a h e r sich bei Beri~hrung mit Impfs toff an einer kleinsten Sehrunde der H a u t eine Pustel zngezogen ha t t en und neuen Impfschutz erwarben (oder bereits erworben ha t ten ?).

Die Verhi~ltnisse liegen durehaus kompliziert, sind ffir nns z. Zt. rtnfibersehbar*). Die M6gliehkeit ist abet nicht abznweisen, dal~

*) Hebra sah unter 1200 Poekenkranken nur in 1}~ B i n d e h a u t p o c k e n , Mso jedenfMls sehr selten. Xinige Autoren bestreiten das Vorkommen ganz. Die Pusteln heilten gewShnlieh, ohne Scha,den anzuriehten. Die am ttornhautrande sitzenden kSnnen zu einer Keragitis ftil:a'en. - - Adler sieht Pustetn vor dem achten Krankheitstag Ms V a r i o l a p u s t e l n an, die naeh dem 10. Tag, also naeh Vortiber- gehen des Floritionsstadiums sich en~wiekelnden ahnliehen Bildungen Ms P hly k- t /~nen. - - Im Prodomalzustand der Blattern, Mso vor Auftreten der Efflores- eenzen e, uf der Haut, sah Adler zweimM variolOse P~teln auf der Bindehaut.

Hiernaeh ist Beteiligung des Auges bei der nattirliehen Poekenerkrankung eine Sel tenhei t . Poekenpusteln kommen an der Bindehaut vor. Die Betei l i - g u n g der I - Iornhaut war aber a n s e h e i n e n d i m m e r sekund/~r.

Bei einem Arzt, der sieh mi?5 der Impflanzette ins Auge sties (eJnziger in der Literatur bekannt gegebener Fall yon u-nbeabsiehtigter Vaeeineeinimpfung dire k t i n die t I o r n h a ut , beriehtet yon Critehet) entstand ein,,eitrJges" (?) Infiltrat. ])er t~all liegt aber besonders (weiteres vgl. bei G r o e n o u w im Handbueh yon Graefe-Saemiseh, II. Auflage, Bd. XI. Diese Notizen sind yon dort en~nommen).

Page 24: Über Keratitis disciformis

200 Junius :

auch hier k e i n e I n f e k t i o n d e r H o r n h g u t eintr~, sonderneine Wirkung auf H o r n h a u t n e r v e n , deren Effekt eine E r n ~ h r u n g s - s t 5 r u n g d e r H o r n h a u t u n t e r d a m B i l d e d e r K. d i s c i f o r m i s war.

Ob d i r e k t e Sch~digung nach L~sion der feinsten Nervenendi- gungen in der Hornhaut erfolgte, oder r e f l e k t o r i s c h ausge/ibter l%eiz in einem ganz i n t ~ k t e n Auge, oder ob auch hier dieser Wirknng e t w a s e n t g e g e n k a m , , , A l t e r a t i o n " eines best immten Nerven- versorgungsgebietes der I Iornhaut aus e n d o g e n e r U r s a c h e - etwa bei Bildung des Impfschutzes ira KSrper - - wissen wir niche.

Die Einzelheiten dieses Vorg~nges sind uns noch g~nz verschlossen. Aber der Ged~nke, dab etwas derartiges in Betracht kommen kSnnte, wird vielleicht eine Anregung zu weiteren Beobachtungen nach dieser lgichtung hin sein.

Drei l%lle yon H o r n h a u t e r k r a n k u n g n a c h V a c o i n e i n f e k - t i o n aus der Univ.-Augenklinik B o n n , die manches Interessante bieten uud bisher nicht verSffentlicht wurden, seien kurz berich~et:

F a l l 10: Josef ine Arnold, 38 Jahre, M~urersfrau. Stat.-Journal 1908/09,

Nr. 147. Pat. war irtiher hie augenkrank. Vor 14 Tagen Schmerzen und Lidschwellung am l inken Auge. Starker Entztindungszustand. Schwellung der Driisen an Ohr und Hals. Am linken oberon and unteren Lide ent~%kelte

sich je eine Pustel, dievomArzt als I m p f p u s t e l , dm'ch lJbertragung yon dam frisch geimpften Kinde der P~tientin erklgrt wurde.

Befund am 3. X. 1908: An den Lidern linken Autos, nahe dam inneren LidwinkeI an gegen- t iber l iegenden S~elten des Lidr~ndes je ein etwa s/~ cm langes Ges ehwtir mit eingetrockneter Kruste. Geringe Lidschwellung. Bindehaut der Lider und des Augapfels hoehrot. Geringe Abson- derung. Starke perieorneale Injektion. Horn-

Abb. 1 zu Fall t0, welche genau h a u t : Inmit ten der H., die im ganzen mattgetr t ibt nach der im ]Lrankenblatt vor- ist, befindet sieh in den mittleren Lagen eine aus gefnndenen Skizze yon Iterrn S t r i e h e n and B a l k e n g i t t e r a r t i g zusammen- Maler D e 1 f o s s e, Bonn, gezeich- net ist. Die Skizze ist seinerzeit gesetzte Tr i ib u n g , die einen im Zentrum der H. ohne Riicksicht auf spatere Vet- gelegenen K r e i s yon ~ mm einnimmt. Um diesen 5ffentliehung gefergigt, wird die Bezirk is~, dureh eine wenig get~ibte Sehicht ge- Einzelheiten des Falles hash trennt, eine schwach angedeutete s c h m M e , z ~ r t e bestem K6nnen des damaligen Stationsarztes, aber nicht in allen t ~ i n g t r i i b u n g siehtbar; ~/~ mmwei te r naeh augen Feioheiten genau wiedergeben, e i n w e i t e r e r z a r t e r t~ing. Balkan und Gitter

liegen in den t i e f e r e n Sehiehten des Parenchyms der Hornhaut, die konzentriseh umkreisenden R.inge etwas obe~{l~iehlicher. V. t(. regelreeht tier. I r i s anseheinend n i c h t b e t e i l i g t . Gnte Atropinwirkung. Kein Einblick in d~s Augeninnere. - Am I0. X. 1908, also naeh z e h n Tagen, ist notiert: Die IIeilung der Lidgeschwtire vollzieht sieh regelreeht. Die allgemeine Trtibung der Hornhaut ist im gunzen geringer geworden. Die G i t t e r und B a l k e n sind n i e h t m e h r zu e r k e n n e n ( ! ! ) , die g i n g e sind noah sehwaeh ~ n g e d e u t e t siehtbaro 11. X. 1908: E n t t a s s u n g derPag., dieihrer Niederkuntt entgegensieht, auf dringen- den Wunseh. Xeine weiteren Notizen tiber spg~tere Wiedervorstellung der Kranken.

Page 25: Über Keratitis disciformis

Uber Keratitis diseiformis. 201

F a l l 11:

Dr. E d u a r d Kr., 33 Jahre, prakt. Arzt. Stat.-Journal 1905/6, Nr. 514. Im Oktober 1905 bemerkte Pat. ,,leiehte Augenentziindung" links, die hi

3 Tagen heilte. Mitre November 1905 tra~ neue Augenreizung linken Auges auf, die in Ermangehmg einer andersn Ursaehe auf ,,Scheuern yon Konkrementen einer Meibom-Driise" zurtickgeffihrt wurde. Im Dezember 1905 trat noehraals kurz- dauernde Reizung linken Auges auf. Die Itornhaut war bis dahin nach ~irztlicher Ansieht intakt. Im Januar 1906 wurde nochmals lgeizung linken Auges beobaehtet, die 7 Tage anhielt. Im Februar 1906 wurden bei einem sieh wiederholenden Ent- z(indungszus~ande linksn Auges e r s t m a l i g zwei B l g s c h e n t r i i b u n g e n in der IIornhaut festgestellt. Es handelts sich mn sehr heftige Entziindung, die naeh 5 Tagen abet ~srschg~nden war. Anfang Miirz 1906 trat eine neue a u g e r s t heftige Entztindung des linken Auges, auf, die zur A u f n a h m e in die Klinik ftihrte.

Die Anamnese, die bei dieser Gelegenheit genau erhoben wurde, ergab, dab Pat. im Oktober und Ende Dezember 1905 als Arzt I m p f u n g e n gegen P o e k e n vorgenommen hatte. Im Oktober 1905 hatte er sish hierbei eine V a e e i n e p u s t e l am 4. F i n g e r der l i n k e n H a n d zugszogen, die einen typisehen Heilverlauf nahm. Es handelte sieh bei K. zweifellos um eine in Zusammenhang hiermit stehende Augenerkrankung.

B e f u n d am 13. III. 1906: geehtes Auge Myopie --2,75. Auge im fibrigen normal. Linkes Auge: Im Zentrum der It o r n h a u t , etwas naeh unten, ist ehl 4 mm breiter E p i ~ h e l d e f e k t siehtbar. An der Stelle des Defektes isb das ttornhaut- pgrenehym stark streifig und diffus grau infiltriert. Darunter bsfindet sieh eine ge t r t i b t e , r u n d e Scheibe in den m i t t l e r e n Lagen des P a r e n c h y m s der H o r n h a u t , die ziemlich schar f g b g e g r e n z t ist. Die Umgebung der Scheibe ist leieht getrtibt. Streifige Auslgufer mind sishtbar. Trtibung des Epithsls besteht aueh am Hornhautrande in begrenzter Zone. Xammerwasser getrfibt. Kleines Hypopyon. Guts Atropinwirknng. Periodiseh sehr heftige Schmerzen. 14. III. 1906: Hypopyon resorbiert. 15. III.: Epithel zum Teil regeneriert. Die radi/~ren Ausliiufer der Seheibe werden nun besonders deutlich siehtbar. Die Umgebung des I~ffiltrats erscheint hetlsr. K.W. klar. Pupille welt. 16. III.: Epi~heldefekt volI ersetzt. Wenig Sehmerzen. 18. III.: Das I n f i l t r a t hat sieh in der oberen H~lfte e rheb l i eh resorb ie r t . Das Epithel st6gt sieh im Zentrum der H. wieder ab, regeneriert sich jedoeh wieder. Umgebung des Infilt.rats heller. Zuweiten heftige Schmerzen (die im N. s u p r a o r b i t a l i s lokalisiert wsrdenI). 21. III.: Viet Schmerzen. tIeute Epithel ga.nz zerfetzt. ,,Offenbar hatte sieh eine Blase geNldet, die geplatzt ist." 26. III.: Es hat sieh eine neue Blase gebildet, die sieh leich~ abziehen lgBt. 28. III.: Neue Blase , welehe bMd platzt (Beband- lung mit Betupfen ~on Lapis arg. nitr.). 1. IV.: Epitheldefekt vSllig ausgefiillt. 13. IV. 1906: Der Zustand der Heilung hat angehalten. 14. IV.: E n t l a s s u ng aus der Ktinik mit fast reizlosem Auge. Epitheloberfl~ehe gIatt. Die Seheibe be- steht noeh, is~ viel heller, abet gegen lrfiher wenig verkleiner~. - - Weitere Notizen fiber den sp~teren Verlauf des FMles liegen nieht vor.

F a l l 12: S iby l l e t I i l d e n e r , 22j/4hrige H a u s t o e h t e r . Stat.-Journal 1905/06. Vorgeschiehte : Ats Kind gesund, bis auf Augenentzfindung (reehtes Auge ?)

im Alter yon 9 Jahren, die 1/4 Jahr dauerte. - - Seit 3 Woehen besteht E n t z f i n - d u n g u n d L i e h t s e h e u des r e e h t e n Auges. Ursaehe unbekannt. Mit einem im Sommer fl'iseh geimpften Kinde hatte Pat. viel Berfihrung.

A u f n a h m e b e f u n d am 7. VIII. 1905: Reehtes Auge btag, reizlos. Nur bei greller Beleuehtung etwas liehtseheu. Im Zentrum der Hornhaut, mittleren

Page 26: Über Keratitis disciformis

202 .lunius:

und ~iefen Schiehten, ist eine s che ibenfSrmige graue Triibung siehtbar, welehe yon m e h r e r e n u n v o l l k o m m e n e n konzen t r , t~ingen mngeben ist (Abb. 2), D~s }tornhautepilbhel erschein~ fi,uBerlich unver sehr t , gibg aueh keine positive Fluorescinf~rbung, is~ im Zentrum leicht grau getriibt. Ganz seitlieh unbedeutende Gefggentwicklung am Hornh~utrande. Pupille fund, reagier~ gut auf A~ropinein- ~riufelung, 18. VIII.: Auge fa, st Nag, In der Scheibentrtibung treten einige graue Punk~e deutlicher hervor. 24[. VIII.: Im peripheren jetzt gesehlossenen Ring treten stellenweise punkt, fSrmige Ti~ibungen deuflieher hervor (Abb. 3). Aueh in den zentralen Teilen ist die Trtibung ungleiehm~gig (Abb. 4). 24~. VIII.: Ent- la.ssung. Ke in g e i z z u s t ~ n d . Am ,i. I. 1907, also 1~/~ J~hre slogt.er, stellt Pat. sieh wieder vor. Es bestand ein reizloses Auge und eln zarge zen t r a l e Na rben - ~rtibung. Ringe a, ngedeuteg (Abb. 5),

Abb. 2. Abb. 3.

Abb, 4. Abb. 5.

kbb. 2--5 zeigen die kraakh~fteh Ver/~nderungen der l Iornhaut bei F a i l 12 in den verschiedenen Beobachtungsstadien. Beztiglich der Gewirmung und Genauigkeit der Bilder gilt das zu Fall 10

Gesagte.

Z u s a m m e n f a s s u n g y o n F a l l t0 h i s 12: Die Fi~lle, die wohl im einzelnen durehgesehen werden miissen, zeigen, dab die Hornhaut - e rkrankung zeitlieh immer n a e h der En ts tehung einer VaceinepusteI an a n d e r e r KSrperstelle auf t ra t und 5fters s e h n el 1 ablief; ferner dag der Verlauf der einzelnen Krankheitsf~lle ein etwas verschiedener war.

E i n m a l wurde eine G i t t e r - und B a l k e n b i l d u n g in Kreisform mJ%en in der Hornhau t beobaehtet (die mSglieherweise sp&ter noeh zur S e h e i b e sieh gestaltete!). Die Beobaehtung mugte friih abge- broehen werden.

I m z w e i t e n Falle t ra t a u g e r d e r S e h e i b e B l a s e n b i l d u n g an der Hornhautoberfl i iehe mit h~ufigen Naehseh~ben auf. Die Btasen waren wohl naeh i h l em Verhalten als Herpesblasen zu bezeiehnen.

Page 27: Über Keratitis disciformis

Uber Keratitis disciformis. 203

I m d r i t ~ e n Fal l wurde eine t y l 0 i s e h e S e h e i b e mi g l ~ i n g e n

in der I t o r n h a u t wie bei der K. diseiformis beobachtet . - -

E ine Aufkl~rung fiber das Wesen der K. postvaeeinolos~ geben auch diese hier n u t kurz behande l ten FMle noch nieht .

Es ist oben ausgeffihrt, zu welehem Gedankengang sie mir AnlaB gaben.

Aus den Ausffihrungen ergibt sich, dM3 unsere Vorstel lungen fiber die E n t s t e h u n g yon K. diseiformis seit der ers ten Mit te i lung yon F n e h s vor n u n 20 Jah ren sich naeh mancher Rich tung h in gew~ndelt haben.

Zun~chs~ muBte m~n wohl an direkte bakterielle In fek t ion der mi t t l e ren t Io rnhau tseh ieh t denken. Es ha t sieh aber gezeigt, dab

dagegen gewiehtige Bedenken geltend zu maehen sind. Volle Klarhe i t herrsehg a.uch je tz t noch nicht .

Erns t F u e h s ve rdanken wir aber die Grundlage Mles Wissens auf diesem Gebiet,: Die Erfassung a n d Dars te l lnng des kl inischen Krank- heitsbildes der Kerat i t i s diseiformis.

Bonn , 15. J a n u a r 1921.

Literaturverzeichnis.

1) F u c h s , Klin. Monatsbl. f. Augenheilk. 39, 2. I901. - - 2) G r u n e r t , ibid. 1900. Beilageheft. - - 3) Meller , ibid. 1905. 2. -,- 4) Bar re l s , Beitr. z. pathol. Anatomie der Keratitis disciformis. Inaug.-Diss. Rostoek 1907. - - 5) W a g n e r , Bijdrage tot de Kennis van her Wezen der Keratitis disciformis. Inaug.-Diss. Amsterdam 1916. - - % Pe t e r s , Im Berich~ fiber die 31. Versammlg. d. OphthMm. Gesellschaft in Heidelberg 1903. - - 6u) Pe t e r s , v. Graefes Archiv f. Ophthal- mologie 57. 1904. - - 6¢) Pe t e r s , Klin. Monatsbl. f. Augenheilk. 53, 2. 1905. - - v ) GiI b e r t , Der Herpes iridis und andere se]tene herpetische Augenerkrankungen. Sammlung zwangloser Abhandlungen a. dem Gebiet der Augenheilk. (Vossius) Bd. IX., H. 2. 1913. - - s) N/el!er, Zur Klinik u. path. Anatomie des Herpes uveae Zei~schr. f. Augenheilk. 43. 1920; Festschrift f. H e r m a n a K u h n t . --- ~) Mohr, L., Erk~ltung und Erkgltungskrankheiten. Handb. d. inneren Medizin (Mohr und St~het in) 4, 759ff. Verlag J. Springer, Berlin. 1912. - - 10) S t i cke r , Georg, Erk/iltungskrankheiten u. K/~lteseh~den (Encyklop~idie der klinischen Medizin) Monographie. Verlag J. Springer, Berlin. 1916. - - 1~) R o m b e r g , E., Die akuten Infektionskrankheiten. Einleitung zum Lehrbuch der innererxMedizin (Mehring- Krehl), I1. Auflage. | , lff. - - 1~) J u n i u s , Znr Frage der ~tiologiseh unklaren Fglle yon Sehnervensehwund, insbes, yon KriegstNlnehmern. Zeitsehr. f. Augen- heilk. 41. i9t9. - - is) H e i n e , Uber das VerhMten des Hirndrueks bei einigen Augenkrankhei~en. Mtineh. reed. Wochensehr. 1913. - - 1~) W i l b r a n d u. Sgnger , Handbnch der Neurologie den Auges. 190I. ~, S. 164. Verlag J. F. Bergmann, Wies- baden. - - 1~) Seh i rmer , Uber Kertitis diseiformis und Kera~itis postvaeeinolosa. v. Graefes Archly f. OphthMmologie 59. 1904. (Dort aueh Literatnrangabe fiber friihere Mitteilungen, ) - - ~6 ) U ht h o f f, Beitrag z. Gntach~rt~igkeit des Ophthal- mologen bei Kriegstcilnehmern. Klin. Monatsbl. f. Augenheilk. 1917, S. 480. - - 17) j u ni us, Beobachtungen und Gedanken iiber das Ulens corneae rodens. Zeitschr. f. Augenheilk. 43. 1920. Festschrift fiir F I e r m a n n K u h n t . - - is) W a g e n m a n n ,

Page 28: Über Keratitis disciformis

204 Junius: Uber Keratitis diseiformis.

Ein Fa~ yon variolSser Bindehauterkrankung. v. Graefes Arehiv f. OphthMmoto- gie 41, 1. 1895.

Vgl. augerdem: W e i t e r e I n a u g . - D i s s e r t a t i o n e n aus der U n i v . - A u g e n - k l i n i k , l~os toek . Literatm- lois 1917 bei: 1~) S t o e k m e i e r , I-]:ans, Die Be- ziehungen des Herpes eorneae zum Trauma, Inaug.-Diss. Rostoek 1917. - - 20) E r d - m a n n , GlaukomatSse Drucksteigerung bei Keratitis diseiformis und herpetisehen Hornhauterkrankungen. Zeit.sehr. f. Augenheitk. ~ . 1909. - - 3i) M a e h e k , Uber Herpes zoster der l~egenbogenhaut. Arehiv f. Augenheilk. 35. 1895. - - 22) j u n i u s , Neuere AnsiehSen fiber den Herpes zoster (H. eommunis, ophthalmieus, trau- matieus, dem Herpes verwandte Erkrankungen der Hornhaut. Zei~schr. f. Augenheilk. 44. 1920. - - .~a) F. S t o e k e r , Zur Frage der intektiSsen Natur des Herpes eorneae ,,febriles". Klin. Monatsbl. f. Augenheilk. 65. 1920. (Dort neueste Literagur tiber das Thema: Arbeiten yon G r t i t e r , L 6 w e n s t e i n , B a u m u. ft.)

Z u s a ~ z b e i d e r K o r r e k ~ u r :

24) A. d e K 1 e y n und ~o M a g n u s, Sympathieusl~thmung dureh Abkfih- lung des Mi~telohrs bei Ausspritzung des Geh5rgangs der Kat, ze mib kMtem Wasser. v. Graefes Arch. f. Ophtha!molcgie 96. It . 3/4. 1913.

Bei der Kabze verlaufen die Sympaghikusbahnen zum Auge dutch das Mittelohr. Die Lghmung (K~ltvparese der genannten Bahnen) wird besonders dutch st~rkeres Hervortreten der Niekhau~ sieh~bar.