Über Proliferative Hepatitis und Cholecystitis bei Scharlach

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20 KLINISCHE WOCHENSCHRIFT. Io. JAHRGANG. Nr. I 3. JANUAR x93I Streptokokken stets und st~ndig und unter allen Umst/~nden aueh gleichzeitig das problematische Seharlachvirus den Tieren eingeimpft wfirde und dadurch Antik6rper gegen dieses erzeugt wfirden. Ebensosehr spricht in diesem Sinne die einwandfrei nachgewiesene aktive Immunisierung des mensch- lichen Organismus mit Seharlachstreptokokkentoxin. Es w~Lre miil3ig, an dieser Stelle die Gegengr/inde gegen diese in jeder Beziehung unwahrscheinliche und unnatfifliche Anschauung von dem Wirken eines okkulten, noch unbekannten Scharlachvirus wieder anzuffihren (vgl. SCHOTTMULLER, 1. C.t). Also gerade die spezifisch-antitoxische Wirkung des Tier- immunserums ist neben versehiedenen anderen, auch yon mir in Ineinen Arbeiten aufgezeigten Grfinden ein Beweis daffir, da~ die Seharlachstreptokokken die alleinigen Erreger dieser Krankheit sein mfissen. Folglich mfissen diese auch den eigenartigen Krankheits- prozeI3 in der Leber, yon dem bier gesprochen worden ist, letzten Endes verursachen. Die Kolzken selbst k6nnen abet, wie wir gesehen haben, die Symptome nicht ausl6sen, folglich mu~3 ihr Toxin die St6rung veranlassen. Damit ist aber zugleich vom klinischen Standpunkt der Nachweis geffihrt, dal3 das Toxin der Seharlachstreptokokken yon besonderer Art sein mull Andernfalls m/il3ten wir die Sym- ptome yon seiten der Leber und Gallenblase, yon denen hier gesprochen ist, auch im Rahmen anderer Krankheiten, insbeson- dere yon Streptokokkeninfektionen, kennen. Jedenfalls sieht der Kliniker das nicht !, wie schon gesagt wurde (vgl. FAHR~). Auf Grund dieser l~berlegungen und Schlul3folgerungen k6nnte man also annehmen, dab die bisher noch nicht ge- lungene Dif]erenzierung der Scharlaehstreptokokken yon anderen h~molytischen Streptokokken auf diesem bier geschilderten anatomischen Wege neue Gesichtspunkte gewinnt. Wenn aueh Dr~sensehwellungen im Verlauf des Scharlachs einen regelm~13igen Befund darstellen, so toni3 doch beachtet werden, dab in unseren F~llen die Lymphadenitis besonders hervortrat. Es k6nnte immerhin sein, dab das lebersch~digende Toxin vorzugsweise in den Lymphdrfisen produziert wird. Es wird nun das Ergebnis der Versuehe, mit dem wir uns besch~ftigen, interessant sein, ob das Scharlachstreptokokken- toxin bei irgendeinem Versuehstier Leberver~nderungen in der beim Menschen beobachteten Form erzeugen kann. Es war n~mlich yon Bedeutung -- und damit komme ich auf einen noch besonders wiehtigen Punkt--, dab in dem einen zur Sektion gekommenen Fall Herr FAiR unsere auf Grund der klinischen Erscheinungen gest/itzte Annahme be- st~tigen konnte, dab die Leber~erdinderungen nicht durch Streptokokkenansiedlung selbst im Gewebe, sondern nur toxisch veranlal3t waren; Der Autor erhob einen h6chst eigen- artigen tgefund, der in der hier anschlieBenden Arbeit be- sehrieben werden wird. Ich entnehme an dieser Stelle den Untersuchungen yon FAHR nur so viM, da~3 es sich um Ge- websver~tnderungen handelt, wie man sie bei Anaphylaxie bzw. Allergie zu sehen pflegt. Damit war auch eine Brtieke zu dem I/ir Seharlach charakteristischen Blutbefund der Eosino- philie geschlagen. Gewi~3 wird nun wieder die Meinung v. SzoN- TAGS, SELMA MEYERS, V. GROERS U. a. als bewiesen gelten, dab Scharlach nichts anderes als ein anaphylaktischer Zustand sei'. Es w/irde mieh zu welt Ifihren, hier nun die yon mir wieder- holt ge~ul3erten Gr/inde vorzutragen, welche es unm6glich er- scheinen lassen, den Seharlaeh einfach als eine anaphylakti= sche Reaktion aufzufassen. (VgL SCHOrTMOLLER, M/inch. med. Wschr. 1929 und Kongrel3 f/ir Innere Medizin 1929.) Die Feststellung yon FAHR best~ttigt in erfreuliehster Weise auf morphologisehem Wege, dab wir im Seharlachvirus bzw. in den Seharlachstreptokokken eine Noxe haben, die eine Art, anaphylaktoide Ver~nderungen beim Menschen ausl6st, d. h. das morphologische ]3ild einer Anaphylaxie ohne deren Pathogenese. In der anaphylaktoiden Eigenart seines Toxins zeigt der Seharlachstreptococeus seine Spezi/it(~t au/. Zusammen/assung: Wir unsererseits machen also, wie schon gesagt, das dem Seharlaehstreptococeus eigent/imliche Toxin I/it die Leber- und Gallenblasen~eranderungen ebenso wie ffir die beiden Nephritis/ormen und das sog. Ncharlachrheuma- told verantwortlich und glauben in dem yon FAHR erhobenen Befund eine Best~tigung unserer Auffassung zu sehen. Literatur : 1 Charit6 Ann. 7 (I88O). -- ~ Vgl. SC~OTTMt~LLER, l~ber akute Gelenkentzt~ndungen, ihre ~_tiologie und Behandlung. Mfinch. reed. Wscbr. I929,' 499. -- 3 SCHOTTMOLLER, Zur Ntiologie und Klinik des Scharlachs. Verh.'d. dtsch.-russ. Scharlachkongr., Juni I928, K6nigsberg i. Pr. -- ~t?er Scharlaeh. Mt~neh. med~ Wschr. I929 -- Heilserumbehandlung und Schutzimpfung bei Scharlach. lReferat. Verb. dtsch. Ges. inn. Med., 4 I. KongreB, Wiesbaden 1929. -- t SC~O~OLLER, ~ber den Wert der Scharlach- sehutzimpfung. Dtsch. reed. Wschr. I93o, Nr 28. -- ~ FAHR, Klin. Wschr. 193 ~, 2 o. -- ~ H~B~LEI~, Einige FMIe yon scarlatin6ser Gallengangsentz~ndung. Hamburg, Diss. ~93o/3I. UBER PROLIFERATIVE HEPATITIS UND CHOLE- CYSTITIS BEI SCHARLACH*. Von TH. FAme. Aus dem Pathologischen Institut der Universit~t Hamburg (Allgemeines Krankenhaus I~ppendorf) (Leiter: Prof. Dr. TH. FAHR), ]~s ist eine dem Pathologen schon immer gel~ufige Tatsaehe, dal3 im Verlauf des Scharlaehs nicht selten Entzi~ndungsherde proli/eratiVen Charakters in Verschiedenen Organen, vor allem in der Niere, aber auch im Herzen und in der Leber gefunden werden. In der Leber sind diese Entz/indungsvorg~nge meist leichterer Natur, pr~sentieren sieh iri Form kleiner Infiltrate an der Glissonschen Kapsel in einer Form, wie man sie bei allen m6glichen Infektionskrankheiten finder. DaB diese ~?;ntz/indung aber auch einmal gr613eren Umfang annehmen und auch die Gallenblase in Mitleidenschaft ziehen kann, ist eine Tatsaehe, die seither noch keine besondere Beachtung gefunden zu haben scheint, doch babe ieh k/irzlich eine Be- obachtung gemaeht, die zeigt, d~I3 beim Scharlach auch eine schwere prolilerative Hepatitis lu~d Cholecystitis vorkommen kann, eine Bepbachtung, die deshalb v0n besonderem Inter- esse ist, well sie einschl~gigen klinischen Beobachtungen SCHOT~MOLLERS, die sieh schon auf ein etwas gr6t3eres Material erstrecken, eine greifbare Untertage gibt. Klinisch ist der Fall in der vorstehenden Kasuistik SCHOTT- MOLLE~S an 5. Stelle beschrieben. Die Sektion mu/3te, da nur eine Teilsektion gestattet war, yon einem kleinen Bauch- schnitt aus vorgenommen werden. Es konnten seziert werden Herz, Milz, Leber, Nieren, Darm und Lungen. Das Herz zeigt einen deutlich erweiterten linken Ventrikel. Epi- kard, Endokard und Klappenappafat intakt. Das Myokard ist r6tlich- grau, ein wenig fleckig und trflbe. Abgegrenzte Herde sind nicht erkennbar. Thrombotische Wandauflagerungen linden sich nicht in den Ventrikeln, auch nicht in den Herzohren. Das Foramen ovale ist ventilartig geschlossen, an einer Stelle far eine kleine Scheren- branche durchg~ngig. Lungen: Die Lungenlappen sind bis auf den linken Oberlappen gut lufthaltig. Hier findet sich unter der Spitze ein etwa walnul3- grol3er, nnschari in das gesunde Gewebe flbergehender Herd, all dessen Stelle das Gewebe verdichtet ist und wo sich kleinere Bronchiektasien zeigen. Im tibrigen ist das Lungenparenchym herdfrei, sehr saft- und ziemlich blutreich. Nieren: Fibr6se Kapseln leicht abziehbar. Oberfl~che glatt, fleckig, graurot, mit deutlicher Zeichnung der Venae stellatae und einzelnen deutlich erkennbaren Blutpunkten. Auf dem Sehnitt erscheint die Niere im ganzen 6demat6s und geschwollen bei fteckiger, unregelm~i3iger und unscharfer Zeichnung yon Mark und Rinde, die gegeneinander undeutlich abgegrenzt sind. Nieren- becken und Ureteren o. ]3. Magen, Duodenum, Pfortader, Yena cava, Pankreas o. ]3. Die Leber ist im ganzen m~chtig geschwollen, die Oberfl~che ist glatt. Die 1R~nder sind scharf. Die SchnifffiAche ist graur0t init etwas nndeutlicher L~ppchenzeichnung.. Schnittfi~che leicht trflbe. Die Gallenblase ist gut doppeltkindsfaustgrol3, prall mit gallig tingierter schleimiger Flfissigkeit gefi~llt. Die Innenfl~che ist hellgrau sehniggl~nzend, mit einigen erhaltenen Partien gallig tingierter Schleimhautinseln. Die Wand ist im ganzen verdickt, yon fester I{onsistenz. Der Ductus cysticus ist abgeknickt, sein Lumen jedoch' verf01gbar. Die flbrigen extrahepatischen Gailenwege sind intakt. Steine nicht auifindbar. * Nach einem Vortrag in der ]3iologischen Abteilung des Arztlighen VerMns zu Hamburg.

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20 K L I N I S C H E W O C H E N S C H R I F T . Io. J A H R G A N G . Nr . I 3. J A N U A R x93I

St rep tokokken stets und s t~ndig und un te r allen Umst/~nden aueh g l e i chze i t i g das problemat i sche Sehar lachvi rus den Tieren e inge impf t wfirde und dadurch Ant ik6rper gegen dieses e rzeugt wfirden. Ebensosehr spr icht in diesem Sinne die e inwandfre i nachgewiesene ak t ive Immuni s i e rung des mensch- lichen Organismus mi t Sehar lachs t rep tokokken tox in .

Es w~Lre miil3ig, an dieser Stelle die Gegengr/ inde gegen diese in jeder Bez iehung unwahrschein l iche und unnatf i f l iche Anschauung von dem Wirken eines okkul ten, noch unbekann ten Schar lachvi rus wieder anzuff ihren (vgl. SCHOTTMULLER, 1. C.t).

Also gerade die spezif isch-ant i toxische W i r k u n g des Tier- immunse rums ist neben versehiedenen anderen, auch yon mi r in Ineinen Arbe i ten aufgezeigten Grfinden ein Beweis daffir, da~ die Sehar lachs t rep tokokken die alleinigen Erreger dieser Krankhe i t sein mfissen.

Folgl ich mfissen diese auch den e igenar t igen Krankhe i t s - prozeI3 in der Leber, yon dem bier gesprochen worden ist, l e tz ten Endes verursachen .

Die Kolzken selbst k6nnen abet , wie wir gesehen haben, die S y m p t o m e n ich t ausl6sen, folglich mu~3 ihr Toxin die S t6rung veranlassen.

D a m i t ist aber zugleich v o m klinischen S t a n d p u n k t der Nachweis geffihrt, dal3 das Toxin der Seharlachstreptokokken yon besonderer Art sein m u l l Andernfa l ls m/il3ten wir die Sym- p tome yon sei ten der Leber und Gallenblase, yon denen hier gesprochen ist, auch im R a h m e n anderer Krankhe i ten , insbeson- dere yon S t rep tokokkeninfek t ionen , kennen. Jedenfal ls s ieht der Kl in iker das n icht !, wie schon gesagt wurde (vgl. FAHR~).

Auf Grund dieser l~berlegungen und Schlul3folgerungen k6nnte man also annehmen, dab die b i s h e r noch n ich t ge- lungene Dif]erenzierung der Scharlaehstreptokokken yon anderen h~molyt i schen S t r ep tokokken auf diesem bier geschi lder ten ana tomischen Wege neue Ges ich t spunkte gewinnt .

Wenn aueh Dr~sensehwellungen im Ver lauf des Schar lachs einen regelm~13igen Befund darstel len, so toni3 doch beach t e t werden, dab in unseren F~llen die Lymphadenitis besonders he rvo r t r a t . Es k6nnte immerh in sein, dab das lebersch~digende Toxin vorzugsweise in den Lymphdr f i sen p roduz ie r t wird.

Es wird nun das Ergebnis der Versuehe, mi t dem wir uns besch~ftigen, in te ressant sein, ob das Schar lachs t rep tokokken- tox in bei i rgende inem Versuehst ier Leberve r~nderungen in der be im Menschen beobach te ten F o r m erzeugen kann.

Es war n~mlich yon B e d e u t u n g -- und d a m i t k o m m e ich auf einen noch besonders wieht igen P u n k t - - , dab in dem einen zur Sekt ion g e k o m m e n e n Fal l H e r r F A i R unsere auf Grund der kl inischen Ersche inungen gest / i tz te A n n a h m e be- s t~t igen konnte , dab die Leber~erdinderungen nicht durch S t rep tokokkenans ied lung selbst im Gewebe, sondern nur toxisch veranlal3t waren; Der Au to r erhob einen h6chst eigen- ar t igen tgefund, d e r in der hier anschl ieBenden Arbe i t be- sehrieben werden wird. I ch en tnehme an dieser Stelle den Un te r suchungen yon FAHR nur so viM, da~3 es sich u m Ge- websver~tnderungen handel t , wie man sie bei Anaphylaxie bzw. Allergie z u sehen pflegt . D a m i t war auch eine Br t i eke zu dem I/ir Sehar lach charakter i s t i schen B lu tbe fund der Eosino- philie geschlagen. Gewi~3 wird nun wieder die Meinung v. SzoN- TAGS, SELMA MEYERS, V. GROERS U. a. als bewiesen gelten, dab Schar lach nichts anderes als ein anaphy lak t i sche r Zus tand sei'. Es w/ i rde mieh zu wel t I f ihren, hier nun die yon mi r wieder- hol t ge~ul3erten Gr/ inde vorzu t ragen , welche es unm6gl ich er- scheinen lassen, den Sehar laeh einfach als eine anaphylakti= sche Reaktion aufzufassen . (VgL SCHOrTMOLLER, M/inch. med. Wschr. 1929 und Kongrel3 f/ir Inne re Medizin 1929.)

Die Fes ts te l lung yon FAHR best~ttigt in erfreul iehster Weise auf morphologisehem Wege, dab wir im Sehar lachvi rus bzw. in d e n Sehar lachs t rep tokokken e i n e Noxe haben, die eine A r t , anaphylaktoide Ver~nderungen be im Menschen ausl6st, d. h. das morphologische ]3ild einer Anaphy lax ie ohne deren Pa thogenese .

In der anaphylaktoiden Eigenart seines Toxins zeigt der Seharlachstreptococeus seine Spezi/it(~t au/.

Zusammen/assung: Wir unserersei ts machen also, wie schon gesagt, das dem Seharlaehstreptococeus eigent / imliche Toxin I/it die Leber- und Gallenblasen~eranderungen ebenso wie

ffir die beiden Nephritis/ormen und das sog. Ncharlachrheuma- told veran twor t l i ch und glauben in dem yon FAHR erhobenen Befund eine Bes t~ t igung unserer Auffassung zu sehen.

L i t e r a t u r : 1 Charit6 Ann. 7 (I88O). -- ~ Vgl. SC~OTTMt~LLER, l~ber akute Gelenkentzt~ndungen, ihre ~_tiologie und Behandlung. Mfinch. reed. Wscbr. I929,' 499. -- 3 SCHOTTMOLLER, Zur Ntiologie und Klinik des Scharlachs. Verh.'d. dtsch.-russ. Scharlachkongr., Juni I928, K6nigsberg i. Pr. -- ~t?er Scharlaeh. Mt~neh. med~ Wschr. I929 -- Heilserumbehandlung und Schutzimpfung bei Scharlach. lReferat. Verb. dtsch. Ges. inn. Med., 4 I. KongreB, Wiesbaden 1929. -- t SC~O~OLLER, ~ber den Wert der Scharlach- sehutzimpfung. Dtsch. reed. Wschr. I93o, Nr 28. -- ~ FAHR, Klin. Wschr. 193 ~, 2 o. -- ~ H~B~LEI~, Einige FMIe yon scarlatin6ser Gallengangsentz~ndung. Hamburg, Diss. ~93o/3I.

UBER PROLIFERATIVE HEPATITIS UND CHOLE- CYSTITIS BEI SCHARLACH*.

Von TH. FAme.

Aus dem Pathologischen Insti tut der Universit~t Hamburg (Allgemeines Krankenhaus I~ppendorf) (Leiter: Prof. Dr. TH. FAHR),

]~s ist eine dem Pa thologen schon immer gel~ufige Tatsaehe , dal3 im Verlauf des Scharlaehs nicht selten Entzi~ndungsherde proli/eratiVen Charakters in Verschiedenen Organen, vor a l lem in der Niere, aber auch im Herzen und in der Leber gefunden werden. In der Leber sind diese En tz / indungsvorg~nge meis t le ichterer Natur , pr~sent ieren sieh iri F o r m kleiner In f i l t r a te an der Glissonschen Kapsel in einer Form, wie man sie bei al len m6gl ichen In fek t ionskrankhe i t en finder. DaB diese ~?;ntz/indung aber auch e inmal gr613eren U m f a n g annehmen und auch die Gallenblase in Mi t l e idenschaf t z iehen kann, ist eine Tatsaehe, die sei ther noch keine besondere Beach tung gefunden zu haben scheint, doch babe ieh k/irzl ich eine Be- obach tung gemaeht , die zeigt , d~I3 be im Schar lach auch eine schwere pro l i le ra t ive Hepa t i t i s lu~d Cholecysti t is v o r k o m m e n kann, eine Bepbach tung , die deshalb v0n besonderem In te r - esse ist, well sie einschl~gigen kl inischen Beobach tungen SCHOT~MOLLERS, die sieh schon auf ein e twas gr6t3eres Mater ia l ers trecken, eine greifbare Unte r tage g i b t .

Klinisch ist der Fa l l in der vors tehenden Kasuis t ik SCHOTT- MOLLE~S an 5. Stelle beschrieben. Die Sekt ion mu/3te, da nur e ine Tei lsekt ion ges t a t t e t war, yon e inem kleinen Bauch- schni t t aus v o r g e n o m m e n werden. Es konnten seziert werden Herz, Milz, Leber, Nieren, D a r m und Lungen .

Das Herz zeigt einen deutlich erweiterten linken Ventrikel. Epi- kard, Endokard und Klappenappafat intakt. Das Myokard ist r6tlich- grau, ein wenig fleckig und trflbe. Abgegrenzte Herde sind nicht erkennbar. Thrombotische Wandauflagerungen linden sich nicht in den Ventrikeln, auch nicht in den Herzohren. Das Foramen ovale ist ventilartig geschlossen, an einer Stelle far eine kleine Scheren- branche durchg~ngig.

Lungen: Die Lungenlappen sind bis auf den linken Oberlappen gut lufthaltig. Hier findet sich unter der Spitze ein etwa walnul3- grol3er, nnschari in das gesunde Gewebe flbergehender Herd, all dessen Stelle das Gewebe verdichtet ist und wo sich kleinere Bronchiektasien zeigen. Im tibrigen ist das Lungenparenchym herdfrei, sehr saft- und ziemlich blutreich.

Nieren: Fibr6se Kapseln leicht abziehbar. Oberfl~che glatt, fleckig, graurot, mit deutlicher Zeichnung der Venae stellatae und einzelnen deutlich erkennbaren Blutpunkten. Auf dem Sehnitt erscheint die Niere im ganzen 6demat6s und geschwollen bei fteckiger, unregelm~i3iger und unscharfer Zeichnung yon Mark und Rinde, die gegeneinander undeutlich abgegrenzt sind. Nieren- becken und Ureteren o. ]3.

Magen, Duodenum, Pfortader, Yena cava, Pankreas o. ]3. Die Leber ist im ganzen m~chtig geschwollen, die Oberfl~che

ist glatt. Die 1R~nder sind scharf . Die SchnifffiAche ist graur0t init etwas nndeutlicher L~ppchenzeichnung.. Schnittfi~che leicht trflbe. Die Gallenblase ist gu t doppeltkindsfaustgrol3, pral l mit gallig tingierter schleimiger Flfissigkeit gefi~llt. Die Innenfl~che ist hellgrau sehniggl~nzend, mit einigen erhaltenen Partien gallig tingierter Schleimhautinseln. Die Wand ist im ganzen verdickt, yon fester I{onsistenz. Der Ductus cysticus ist abgeknickt, sein Lumen jedoch' verf01gbar. Die flbrigen extrahepatischen Gailenwege sind intakt. Steine nicht auifindbar.

* Nach einem Vortrag in der ]3iologischen Abteilung des Arztlighen VerMns zu Hamburg .

3. IANUAR 1931 K L I N I S C H E W O C H E N S C H

D a m : AuI der Serosa einiger gegen das kleine Becken bin gelegener Diinndarmschlingen l inden sich Ieine fibrin6se, leicht abwischbare Auflagerungen. Im iibrigen ist das Peri toneum glat t und spiegelnd. Darm selbst: o. t3.

In der freien Peritonealh6hle finder sich triibe Vermehrte Fltissigkeit.

Milz: Zeigt mehrere bis walnuggrol3e, scharf begrenzte keil- f6rmige, auf dem Schni t t heltgelbe, yon to tem Saum um- gebene tIerde, die mit der Basis gegen die Oberflfiche zu gelegen sind und sich hier vorbuckeln. Ober diesen Herden ist die Kapsel ieicht getrflbt. Im fibrigen i s t die Schnittfl~che dunkelrot, die Pulpa abstreichbar. Follikel- und Trabekelzeichnung erkennbar. Die Milz ist im ganzen vergr6Bert, von weicher Konsistenz.

Mikroskopiseh fanden sich im Herzen interstitielle Proliferatio- hen neben solchen am Endokard, die stellenweise in Form kleiner kn6tchenf6rmiger Wucherungen auftraten, so wie ich das beim Scharlach bei verschiedenen Gelegenheiten schon beschrieben habe.

In der Niere sieht man sehr ausgedehnte massige Infil trate, aus Lymphocyten, Plasmazellen, Histiocyten und Eosinophilen be- s tehend; die in Rinde und Mark vielfach zu ausgedehntem Gewebs-

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senders auf. Das dazwischen l i egende S t i i t zgewebe i s t deu t - l ich v e r m e h r t (s.. Abb. 2), die Gef~iSe erwei te r t , s te l lenweise f inden sich k le ins te B l u t u n g e n . Die I n f i l t r a t e d r i n g e n viM- factl in die Muske l sch ich t ein, d u r c h b r e c h e n sie a n zah l re i chen

Abb. 2. Interstitielle Cholecystitig bei Scharlach. Verdickung und zellige Infiltration namentlieh der auBeren Wandschichten.

Ste l len in b r e i t e r F r o n t u n d d r i n g en bis u n t e r die Innenfl~iche v e t (s. Abb . 3).

Es h a n d e l t sich also bei diesen en t z i ind l i chen W a n d - ve rAnderungen der Gal !enblase , wie aus der S c h i l d e r u n g ftir

Abb. I. Hepatitis bei Scharlach mit starker Infiltration der Venenwand.

nntergang gefiihrt haben, Ver~nderungen, die im Prinzip seit langem gut bekannt sind, die im vorliegenden Falle aber immerhin als yon ungew6hnlicher M~chtigkeit bezeichnet werden k6nnen.

In der Leber fanden sich breite wallartige Inf i l t ra te an d e r Glissonschen Kapsel, besonders um die kleinen GallengAnge herum, yon gleicher zelliger Zusammensetznng wie in der Niere. Die kleinen Gallenggnge zeigen iiberali freies Lumen. Besondere Beachtung verdienen die Wandungen der Venen, die kleineren u n d gr6Beren, die in analoger Weise wie das Endokard verXng!ert sind. Manchmal sieht man herdf6rmige Intimaproliferat ionen, manchmal ist die Wand im ganzen Umfange zellig infi l tr iert (siehe Abb. I), Ver~inderungen, wie sie auch SIEGMUND beim ScharIach beschrieben hat .

Die bis j e t z t e r w g h n t e n h i s to log i schen Be fu n d e b i e t en n i c h t s pr inz ip ie l l Neues. B e m e r k e n s w e r t i s t n u r die s t a r k e A n s b r e i t u n g de r P r o l i f e r a t i o n e n in de r Niere u n d besonde r s a u c h in der Leber , we ich sie in dieser M~ch t igke i t u n d in so ausgepr t tg te r Loka l i s a t i on u m die k le inen Galteng~inge h e r u m u n d in die V e n e n w a n d bis j e t z t n o c h n i c h t gesehen habe ,

Als be sonde re E i g e n t t i m l i c h k e i t k o m m t abe r im vor l iegen : d e n Fal l ' n o c h h inzu die auff~tltige Be te i l igung de r Gal len- b l a s e n w a n d . Die S c h l e i m h a u t is t h i e r f a s t d u r c h w e g ab- gestoBen, die W a n d ve rd ick t , vo r a l l em au f K o s t e n de r ~iuf leren W a n d s c h i c h t e n (Tunica f ibrosa , subse rosa u n d serosa). Es f inden sich b ie r m~ch t ige m a n c h l n a l m e h r h e r d / fSrmige, m a n c h m a l a b e r a u c h ganz diffuse I n f i l t r a t i o n e n yon gle icher zeltiger Z u s a m m e n s e t z u n g vvie in de r Niere. Die gos inoph i l en fa l len d n r c h g rebe Zah l b ie r m i t u n t e r ganz be-

Abb. 3. Interstitielle Cholecystitis bei Schariach. Dt~rchbrueh der Infiltration dnrch die Muskulatnr.

j eden K u n d i g e n ohne wei teres h e rv o rg eh t , u m eine genaue Analogie zu den en tz t ind l i chen P ro l i f e r a t i onen ill Herz , Niere und Leber.

Wenn in der Gallenblase entztindliche Ver~nderungen gefunden werden, So k6nnte man ja zun~chst daran denken;

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dab diese Entzfindung durch Ausscheidung yon .Keimen -- es k~ime hier nattirlich der Streptococcus in 13etracht -- zu- stallde gebracht wiirde. DaB die Galle sich prinzipiell an der Keimausscheidung beteiligt, wissen wir ja, ich brauche nur an das Beispiel des Typhus zu erinnern; bier beim Scharlach liegen die Dinge aber zweifellos anders. Es handelt sich, wie aus den klinischen Erwiigungen SCHOTTMULL~ERS (S. oben), denen ich reich durchaus anschlieBe, schon hervorgeht und wie ich aus meinen mikroskopischen Untersuchungen mit Bestimmtheit glaube schlieBen zu k6nnen, um eine h~matogen, toxiseh bedingte Entzi~ndunq. Wenn die EntZtindung an eine Bakterienau~scheidung sich anschl6sse, dann mfiBten wir er- warren, dab sie yon der Schleimhaut ihren Ausgang n~hme, wie wit das bet derartig bedingten Cholecystitiden nach Paratyphus~ Typhus usw. ja immer sehen. Von einer solchen prim~ren Entzt indung der Mucosa ist abet, wie aus der mikro- skopischen Betrachtung hervorgeht, best immt keine Rede. Der Prozet3 beginnt in dem bindegewebigen Anteil der Gallen- blasenwand. Aber man kann noch weitergehen und sagen, dab die Entzfindung tiberhaupt nicht auf bakterielle, sondern auf toxisehe Einwirkung zuriickgeht. W~re sie bakteriell be- dingt, so mfii3te es zu richtigen, aus vorwiegend exsudierten Elementen bestehenden Me~a'stasen in Leber und Gallen- blasenwand mit zentralen Kokkenherden gekommen sein, davon ist ebenfalls keine Rede, d ie histologischen Ver~nde- rungen stellen vielmehr, wie schon erw~hnt, ein genaues Analogon zu den entzfindlichen Proliferationen im Herzen und in der Niere dar, die wir ja allgemein als toxisch bedingt auffassen.

Besonders m6chte ich noch einmal auf die entziindlichen VerXnderungen in der Venenwand hinweisen. In der Niere war sie hier als selbstiindige Erscheinung nicht festznstellen. Man sieht zwar in der Niere in den sehr ausgedehnten In- filtraten auch Venen wechselnden Kalibers, die in die In- filtrate mit einbezogen sind; man hat abet bier den Eindruck, als ob die allenthalben im Inters t i t ium der Niere sich ent- wickelnden Infil trate dabei auch auf die Venenwand iiber- gegriffen batten. In der Leber dagegen sieht man, wie die beigegebene Abbildung zeigt, die Venen vielfach ganz elektiv befallen, und diese Venenwandentztindung stellt ein vSlliges Analogon dar zu den Endokardproliferationen am Herzen, auf die ich beim Scharlach schon vor vielen Jahren die Auf- merksamkeit gelenkt habe, Proliferationen histiocyt~rer Natur, die manchmal mehr diffus, manchmal mehr kn6tchenf6rmig am Endokard auftreten.

Ich babe neuerdings diese Frage noch einmaI studiert, um dem Wesen der Ver~nderung n~herzukommen, und dabei das Herz beim Scharlach mit Streptokokkenerkrankungen ohne Scharlach verglichen, vor allem um festzustellen, ob es sich hier um etwas fiir den Scharlach Spezi]isehes handelt. Das ist nun nach meinen Untersuchungen (N~heres siehe in einer in Zieglers Beitr~igen erscheinenden Arbeit) nicht der Fall. Ich babe die fraglichen Prolilerationen auc!~ bet Streptokokken- infektionen Ieststellen k6nnen, die nicht im Verlauf eines Scharlachs aufgetreten sind. Wie ich das in der erw~hnten Arbeit, in der ich auch auI die Frage der Scharlach~tiologie etwas eingegangen bin, n~her aUsgeftihrt habe, dart man wohl annehmen, dab es sich hier um ein allergisches Phgnomen im Verlauf von Streptokokkeninfektionen handelt, wobei aber d:e zum Zustandekommen der Ver~nderung n6tige 1Reaktions- lage vor allem dnrch den Scharlach geschaffen wird, denn ich habe die Ver~nderung prozentual viel h~ufiger bet der Strepto- kokkeninfektion nach Scharlach als bet andersartigen Strepto- kokkeninfektionen gefunden. Die Gallenblase babe ich bet den erw~hnten Untersuchungen nicht besonders berficksich- tigt. Der hier beschriebene Tall, der ftir mich einstweiten vereinzelt dasteht, ist mir erst zu Gesicht gekommen, als die Iragliche Arbeit schon abgeschlossen war. Weitere Beob- achtungen mfissen zeigen, ob durch planm~Bige Untersuchung der Gallenblase bet Scharlachf~llen 6fter derartige Befunde, wenn auch vielleicht in graduell geringerer Auspr~gung, zu- rage gef6rdert werden, und des weiteren wird man nachzu- sehen haben, ob die Ver~uderung nur beim Scharlach ge- fanden wird oder ob sie sich evtl. auch bet Streptokokken-

erkrankungen ohne Scharlach feststellen l~iBt. SCHOTTMfJLLER ist geneigt, die Ver~nderung als etwas fiir dell Scharlach Spezifisches anzusehen. Ich m6chte reich ill diesem Punkte sehr viel vorsichtiger ausdriicken als SCHOTTMLILLER, mit dem ich ja auch beztiglich der ScharlachXtiologie (1. c.) nicht recht iibereinstimmen kann. Ich hatte frtiher, als ich zuerst beim Scharlach die eigentfimlichen Endokardproliferationen beob- achtet hatte, mit der M6glichkeit gerechnet, dab es sich bier um eine dem Scharlach eigenttimliche Ver~nderung handeln m6chte; weitere Untersuchungen, yon denen schon die Rede war, haben mir dann gezeigt, dab diese -- im Prinzip wenig- stens -- nicht zutrifft, und so mug man meines Erachtens in Analogie dazu jedenfalls mit der M6glichkeit rechnen, dab die fraglichen Ver~nderungen an der Gallenblase auch einmal bet Streptokokkeninfektionen auftreten k6nuen, die nicht mit dem Scharlach zusammenh~ngen.

Aber jedenfalls bin ich mit SClmTTM/3LLER darin durchaus einig, dab es sich bet den entzffndliehen Proliferationen, yon denen im vorstehenden die Rede war, um ein allergisehes Ph(~nomen handelt und dab die Reaktionslage, die zum AuJ- treten der Veriinderung notwenclig ist, zum mindesten ganz vor- ~.vieyend Cureh den Scharlaeh geschaJ]en wird.

EPIDEMISCHE MENINGITIS SEROSA*. Von

Prof. A. ECKSTEIN. Aus der Kinderklinik der Medizinischen Akademie DiisseIdorf

(Vgrstand: Geheimrat Prof. Dr. SCHLOSSMANN).

In den letzten Jahren wurde an den verschiedensten Orten eine H~iufung yon Erkrankungen des Nervensystems be- obachtet, die nicht in den Rahmen der gewShnlichen Formen der Erkrankungen des Gehirns nnd der Rfickenmarksh~iute einzureihen waren. So beschrieb WALLGR~EN I925 ,,Une nou- velle maladie infectieuse du syst~me nerveux central", worunter er das geh~iufte Auftreten ser6ser Meningitiden, vor allem bet Kindern verstand. Die Jg2rankheitserscheinun- gen verliefen unter schweren Allgemeinsymptomen, Kopf- schmerzen, Erbrechen, hohem Fieber und gelegentlich Be- nommenheit. Bet der klinischen Untersuchung ergab sich Nackensteifigkeit, Kernig, aber wenig sonstige Erscheinungen, die auf eine Lokalisation im Gehirn hindeuten, abgesehen yon einer gelegentlichen Tr~igheit der Pupillenreaktion, Anisokorie, Strabismus und sehr se'lten ether Facialisparese. B e t der Lnmbalpunkt ion war der Druck stark erh6ht, der Liquor fast stets klar, nu t selten get r i ib t . ES bestand eine mehr oder weniger starke Zellvermehrung, und zwar yon Lympho- cyten, nur im Anfangsstadium traten auch Leukocyten auf. Der Liquor erwies sich kulturell stets steril. WALLGREN selbst beschreibt zun~ichst nur 3 F/ille aus dell Jahren 1922 und 1923, w~ihrend GUNTHER IOO Ffille aus den Jahren 19o6--1928 aus der Weltli teratur zusammenstellt. Die meisten F~ille (19) wUrden im Jahre 1922 beobachtet.

WALLGREN hat als charakteristisch ffir das Krankheitsbild der akuten ,,aseptischen" Meningitis folgende Erscheinungen gefordert :

I. Akuter t3eginn mit deutlichen meningitischen Sym- ptomen.

2. Meningitische Ver/inderungen der Spinalfltissigkeit, schwankend zwischen nur unbedeutender Vermehrung der einkernigen Zellelemente nnd Trtibung durch Leukocyten.

3. Steriler Liquor, sowohl bet direkter Untersuchung als auch bet Kultivierung.

4. Relativ kurzer Vertauf, gutartig, ohne sekund~ire Kom- plikationen.

5. Fehlen einer nachweisbaren Atiologie, sowohl in Form yon lokalen Affektionen (Otitis, Sinusitis, Trauma usw.) als auch in Form ether Allgenleinerkrankung (akute oder chroni- sche Infektionskrankheiten).

* Nach einem Vortrage in der Rhein..westf. Gesellschaft fis Kinderheilkunde.