Über schlesischeLepidium-Arten

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207 Uber schlesische Lepidium-Arten, Von Kurt )Ieyer (Breslau). In Sehlesien sind aus der Gattung Lepidium nur zwei als Ruderal- pfianzen h~ufige Arten einheimisch, L. ruderale L. und L. campestre L. Erstere ist tiber die ganze sehlesisehe Ebene weit verbreitet, L. campestre ist 5fters mit ihr vergesellschaftet, steigt bis ins Vorgebirge hinauf (500 m), wird nach Westen seltener und fehlt in der Ostlichen 0ber- lausitz. Eine dritte Art, L. Draba L., hat erst vor 100 Jahren in Schlesien Btirgerrecht erworben. Ihre Heimat ist das ehemalige mittlere und stid- ]iche 0sterreich, besonders NiederSsterreich, Steiermark, Lombardei, Dalmatien, ferner auch Galizien, Bi~hmen und Ungarn. Anfangs wanderte sie langs der Flufil~iufe in Deutschland ein und betrat 1728 bei Ulm erstmalig deutsehen Boden; 1825 finden wit sie am Rhein fiir Bonn angegeben, aullerdem verzeiehnet ffir Bayern, Sachsen und Schlesien. :Noch ~t880 ist sie hier relativ selten und nach Fiek nur bekannt fiir Hirschberg, Schweidnitz, Glogau, Breslau, Prausnitz, Kreuzburg, Oppeln und Myslowitz. In den letzten Jahrzehnten hat sich L. Draba besonders tiings der Hauptverkehrswege sehnell ausgebreitet, tritt gern an Bahn- linien, oft weir entfernt yore niiehsten Standort, plStzlich auf, fehlt aber in verkehrsarmen Gegenden der Provinz noch heute. Eine Ubersicht tiber ihre Ausbreitung in den vergangenen 40 Jahren mSge die sprung- weise Ansiedelung veranschaulichen; sie wurde aufgefunden: 1881 in Grfinberg 1900 in Goldberg 1908 in Ltiben 1882 , Beuthen 1902 , Haynau 1910 , Strehlen 1885 ,, 6~rlitz 1904, K5nigshfitte 1911 ,, Leobschtitz 1888 , Liegnitz 1905 ,, Peiskretscham 1912 , Gleiwitz 1890 ,, Ziegenhals 1906 , Bunzlau 1915 ,, Neumarkt 1892 ,, Striegau 1906 ,, Muskau 1915 , Freiburg. 1892 , Tarnowitz 1906 ,, Brieg Im Jahre 1919 land der Verfasser diese Art an der neugebauten Verkehrsstral~e der Weistritztalsperre im Sehlesiertal bei Kynau, dis erst w~hrend des Krieges vollendet wurde. Dorthin wurden vermut]ich Samen durch das Baumaterial verschleppt. Im Jahre 1921 konnte er L. Draba ftir den Bahnhof Gnadenfrei naehweisen. Das auch in Schlesien hin und wieder kultivierte L. sativum L., dessen Vaterland unbekannt ist, findet sich hier bisweilen verwildert.

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Uber schlesische Lepidium-Arten, Von Kurt )Ieyer (Breslau).

In Sehlesien sind aus der Gattung Lepidium nur zwei als Ruderal- pfianzen h~ufige Arten einheimisch, L. ruderale L. und L. campestre L. Erstere ist tiber die ganze sehlesisehe Ebene weit verbreitet, L. campestre ist 5fters mit ihr vergesellschaftet, steigt bis ins Vorgebirge hinauf (500 m), wird nach Westen seltener und fehlt in der Ostlichen 0ber- lausitz.

Eine dritte Art, L. Draba L., hat erst vor 100 Jahren in Schlesien Btirgerrecht erworben. Ihre Heimat ist das ehemalige mittlere und stid- ]iche 0sterreich, besonders NiederSsterreich, Steiermark, Lombardei, Dalmatien, ferner auch Galizien, Bi~hmen und Ungarn. Anfangs wanderte sie langs der Flufil~iufe in Deutschland ein und betrat 1728 bei Ulm erstmalig deutsehen Boden; 1825 finden wit sie am Rhein fiir Bonn angegeben, aullerdem verzeiehnet ffir Bayern, Sachsen und Schlesien. :Noch ~t880 ist sie hier relativ selten und nach F i e k nur bekannt fiir Hirschberg, Schweidnitz, Glogau, Breslau, Prausnitz, Kreuzburg, Oppeln und Myslowitz. In den letzten Jahrzehnten hat sich L. Draba besonders tiings der Hauptverkehrswege sehnell ausgebreitet, tritt gern an Bahn- linien, oft weir entfernt yore niiehsten Standort, plStzlich auf, fehlt aber in verkehrsarmen Gegenden der Provinz noch heute. Eine Ubersicht tiber ihre Ausbreitung in den vergangenen 40 Jahren mSge die sprung- weise Ansiedelung veranschaulichen; sie wurde aufgefunden:

1881 in Grfinberg 1900 in Goldberg 1908 in Ltiben 1882 , Beuthen 1902 , Haynau 1910 , Strehlen 1885 ,, 6~rlitz 1 9 0 4 , K5nigshfitte 1911 ,, Leobschtitz 1888 , Liegnitz 1905 ,, Peiskretscham 1912 , Gleiwitz 1890 ,, Ziegenhals 1906 , Bunzlau 1915 ,, Neumarkt 1892 ,, Striegau 1906 ,, Muskau 1915 , Freiburg. 1892 , Tarnowitz 1906 ,, Brieg

Im Jahre 1919 land der Verfasser diese Art an der neugebauten Verkehrsstral~e der Weistritztalsperre im Sehlesiertal bei Kynau, dis erst w~hrend des Krieges vollendet wurde. Dorthin wurden vermut]ich Samen durch das Baumaterial verschleppt. Im Jahre 1921 konnte er L. Draba ftir den Bahnhof Gnadenfrei naehweisen.

Das auch in Schlesien hin und wieder kultivierte L. sativum L., dessen Vaterland unbekannt ist, findet sich hier bisweilen verwildert.

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Von europaischen Arten wurden in Schlesien noch beobachtet: das siidosteuropitische L. perfoliatum L. einmal bei Steinau a. 0., 1891 am Odertorbahnhof zu Breslau und 1903 in Reiehenbach, ferner in frtiherer Zeit das halophytische L. latifolium L. am SchloSberge zu Ottmachau.

Ein grS~eres Interesse beanspruchen zwei nordamerikanische Arten, die seit Jahrzehnten allenthalben in Europa adventiv vorkommen, wenn auch stets Vereinzelt und an weir voneinander entfernten 0rtlichkeiten. Zuniichst sei alas in Kanada und Britisch-Kolumbien heimische L. densi- florum Schrad. erwahnt. Diese in der Schweiz, in England, Sehweden, Ruilland und Deutschland mehrfaeh adventiv wachsende Art fand sieh in Schlesien erstmalig 1896 bei Neusalz, 1914 in Griinberg und 1915 in Liegnitz. 1918 gelang es dem Verf., L. densiflorum ftir Breslau fest- zustellen, wo er die habituell mit L. ruderale leicht zu verwechselnde Art an der nSrdlichen StadLzone nahe der Hindenburgbrticke an der Einmi]udung des Umgehungskanals in die alte Oder einwandfrei nach- wies, und erst im Jahre 1921 fund er sic einige 100 m entfernt auf einem Schuttplatz an der Rosenthaler Brfieke und kurze Zeit spiiter an einem Ruderalplatz zu Bischofswalde im Osten der Stadt. Es acheint demnach, da5 sic um Breslau bisher nur fiberseheu worden ist. In die Geschichte der Art hat erst T h e l l u n g 1904 (6) Klarheit gebracht, ist sic doch bis dahin mit dem russischen L. incisum M. Bieb. und be- sonders mit dem asiatischen L. micranthum Ledeb. ~ L. a2~etalum L. falschlich identifiziert worden und wird noch heute in einigen Bestimmungs- biichern (z. B. Ga rcke ) mit diesem Namen belegt, obwohl die asiatische Pflanze noch nie adventiv in Europa gefunden worden ist.

Als weitere amerikanische Art findet sich, wenn auch bedeutend seltener, in Schlesien das in ganz Europa (Portugal, Spanien, Frank- reich, Belgien, Deutschland, Schweiz, Osterreieh, Ungarn, Italieu) ad. ventiv auftretende L. virginicum L. Als erstes Vorkommen in Schlesien ist ein Fund yon G~rlitz im Jahre 1886 angegeben, weitere Angaben finden sich: 1914 nahe Militsch und 1915 bei Gleiwitz. Aueh diese Art konnte der Verf. 1921 als neu far Breslau nachweisen, u. zw. an obengenannter Stelle der 0der. In der Literatur wird sic zwar schon einmal flir Breslau erwahnt, jedoeh ist dieser Fund derartig unverbQrgt, da$ ihn schon A s c h e r s o n stark in Frage zieht (1): L. virgi~sicum war in Schlesien zu erwarten, da dessen Samen gelegentlieh unter nord- amerikanisehen Klee- und Grassaaten gefunden worden ist (4).

Sicherlich sind, gerade in der naehsten Umgebung der St/tdte, noch manehe Standorte dieser interessanten Adventivpflanzen, denen bisher gewi$ zu geringe Aufmerksamkeit gewidmet wurde, zu erwzrten. Ein besonderes Augenmerk ware u. a . auf die Bahnanlagen zu riehten.

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Versuche des Verf., die Breslauer Rangierbahnh0fe einer diesbeziigliehen Durehforsehung zu uuterziehen, scheiterten bislang an dem geringen Entgegenkommen der zustiindigen Eisenbahndirektion.

L i t e r a t u r .

I. F. A s c h e r s o n , Lepidiun~ apetalum und virginicum als Adventi~pflanzen ia Verhandlg. des Bot. Ver. der Prov. Brandenburg, 1891.

2. E. Fi 'ek, Flora yon 8chlesien, Breslau 1881. 3. Jahresberichte der Schlesischen Gesellschaft fiir vaterl~ndische Kultur, Breslau

1904--1918. 4. F. Pax, Sehlesiens Pflanzenwelt, Jena 1915, S. 159. 5. Th. Schube , Die Verbreitung tier Gefiii~pflanzen in Schlesien, Breslau 1903. 6. A. T h e l l u n g , Le29idium-Studien in Bulletin de L'Herbier Boissier, 2. sgrie, tome IV,

1904, S. 695ff. 7. h. T h e l l u n g , Die Gattung Zepidium. Eine monographische Studie in: Neue

Denkschr. der allg. sehweiz. Ges. der ges. Naturw. Ztirich, 1., XLI, 1906, 340ff.

Ober einige mit Unrecht zu A c h i l l e a gerechneto Arten. Von An ton I t e i m e r l (Wien).

(Mit 1 Textabbildung.)

1. A c h i l l e a a n t h e m o i d e s Freyn et Sintenis, Bulletin de l'herb, Boiss., HI., p. 346 (1895). Da Willdeno~v, Species plantarum. III/3, p. 2200 (1804), sehon eine Achillea anthemoides 1) anfiihrte, so finderten spiiterhin die 2xutoren den Namen, Bullet. etc.. V.. p. 626 (1897), in A. anthemiformis urn. - - Von S i n t e n i s in Tfirkisch-Armenien gesammelt: Gtimrischkaue, in pascuis saxosis al- pinis traetus KaragSll-Dagh, 2300--2600 m s. m., 22. VII. 1894 (Exsicc. nr. 7225); Bornmt i l l e r erwiihnt in ,~litteilg. d. thtiring. botan. Vereines", N. F.. XX. Heft, S. 15, 16 (1904), daI~ er dieselbe Art bereits 1890 ganz vereinzelt in der Alpenregion des Yildiss-Dagh bei 8iwas im nSrdlichen Anatolien um 2300--2500 m land.

Die auffallende Pflanze lag aus dem Herbare Khek in bltihenden und etwas abgeblrihten Stricken der Aufsammlung yon S i n t e n i s vor; ausgereifte Fri]chte kamen weder mir noch den Autorea tier Art zu Gesicht. trotzdem erwies sich die Sicherstellung der Gattung als wohl

i) Eine zweifelhafteArt, die yon T a u s c h zufolge eines eiagesehenen Originales in ,Flora", XV., p. 435 (1832), zur Achillea leptophylla MB. gebraeht wurde.