Umwelt-Info Oasen in der Stadt: naturnahe Gärten · Es können auch andere Materi-alien wie...

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neueLu 3/4/2004 23 Umwelt-Info Die meisten der Gärten sind blühende Oasen, bei deren Pflege sehr viel Wert auf or- dentliches Aussehen gelegt wird. Doch was fürs Auge sau- ber, gepflegt und adrett wirkt, ist häufig wenig einladend für Säugetiere, Reptilien, Vögel und Insekten. Sie gehören zu den eher seltenen Besuchern in besonders gründlich ge- pflegten Gärten, da sie dort nicht ausreichend Nahrung und Unterschlupf finden. Oft würden dagegen schon wenige Handgriffe genügen, um Tie- ren und seltenen Pflanzen eine Gartennische zu schaffen und damit zur Artenvielfalt in Lud- wigshafen beizutragen. Denn nicht nur farbenprächtige, son- dern auch lebendige Gärten bereichern das Stadtgebiet. Auch sind Florfliegen, Bienen und Wespen für Gärtnerin und Gärtner sehr nützlich: Sie sorgen für die Blütenbestäu- bung und vertilgen zusammen mit Vögeln und Marienkäfern viele Schadinsekten. Tipps zur Gestaltung eines blühenden, artenreichen und naturnahen Gartens gibt das Umwelt-Info in der neuen Lu. Was zeichnet die Naturnähe eines Gartens aus? In erster Linie sind hier die vielseitigen Strukturen auf einem Grund- stück zu nennen, die für Tiere und Pflanzen verschiedenste Lebensbereiche, so genannte Biotope, bieten können. So fördert eine ausgewogene Mi- schung aus Kräutern und Nutzpflanzen, Stauden, He- cken, Bäumen und Blumen- wiesen sowie Wasserflächen, Trockenmauern, Kompost-, Stein- und Reisighaufen die Naturvielfalt in einem Garten. Weitere wichtige Elemente der Gartengestaltung sind ein geringer Grad der Flächenver- siegelung, Fassaden- oder Dachbegrünung, heimische Bäume, Sträucher und Stauden sowie das Gärtnern mit gerin- gem bis keinem Einsatz von chemischen Dünge- und Spritzmitteln. Lebendige Garten- nischen schaffen Das Aufhängen von Nist- kästen ist für viele heimische Vogelarten wie Meise, Garten- rotschwanz, Kleiber oder Star von großer Bedeutung, da in städtischer Umgebung kaum Ludwigshafen ist eine „Industriestadt im Grünen”: Auf rund 1.000 von 7.767 Hektar Stadt- fläche findet man eine reichhaltige Palette an wertvollem Grünbe- stand wie Parkanlagen, Spielplätze oder Naher- holungsgebiete. Solch öffentlich gestaltete Grünflächen prägen das Gesicht einer Stadt, aber auch Privatgärten auf Hausgrundstücken und in Kleingartenan- lagen tragen ihren Teil dazu bei. Letztere nehmen in Ludwigshafen mit rund 2.200 Garten- parzellen allein eine Fläche von 100 Hektar ein. Oasen in der Stadt: naturnahe Gärten noch Baumhöhlen zum Brüten existieren. Platz dafür gibt es auch in kleinen Gärten. Im zeitigen Frühjahr sollte der Nistkasten an einem Baum oder einer im Halbschatten ge- legenen Gartenecke in mindes- tens zwei Metern Höhe aufge- hängt werden; mit Einflugloch gen Südosten. Dabei entschei- det die Größe des Einfluglochs darüber, welche Vogelart sich zum Brüten einfinden kann. Da Vögel schmutzige Nistkäs- ten vermeiden, ist es notwen- dig, im Herbst oder Frühjahr das alte Nistmaterial zu ent- fernen. Für Bienen- und Wespenar- ten, die in Röhren oder kleinen Spalten nisten, können wert- volle Brutplätze geschaffen werden, indem man Holzklöt- ze, Baumscheiben oder Mauer- blöcke anbohrt. Die Röhren sollen waagrecht liegen; zwei bis zehn Millimeter breit und fünf bis zehn Zentimeter tief sein. Für die Nisthölzer ist eine sonnige und windge- schützte Lage wichtig. Alte Bäume oder hohle Baum- stümpfe sollten möglichst im Garten stehen bleiben, da sich zahlreiche Insekten- und Kä- ferlarven von abgestorbenem Holz ernähren. Generell sollte versucht werden, alte Baum- und Strauchbestände auf ei- nem neu erworbenen Grund- stück zu erhalten und in die eigene Gartenplanung zu inte- grieren. In einem größeren Garten können noch weitere Lebens- räume geschaffen werden, zum Beispiel durch die Anlage eines Steinhaufens, einer Tro- ckenmauer, eines Reisig-, Ast- oder Holzhaufens, einer Wild- krautecke, einer Kräuterspi- rale oder eines Naturteichs. Bei einer Trockenmauer wer- den die einzelnen Gesteins- brocken sorgfältig aufge- Naturnahe Elemente in einem Ludwigshafener Kleingarten: Trockenmauer, begrünte Pergola, Hecken und eine Mischung aus Stauden-, Kräuter- und Gemüsebeeten

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Umwelt-Info

Die meisten der Gärten sindblühende Oasen, bei derenPflege sehr viel Wert auf or-dentliches Aussehen gelegtwird. Doch was fürs Auge sau-ber, gepflegt und adrett wirkt,ist häufig wenig einladend fürSäugetiere, Reptilien, Vögelund Insekten. Sie gehören zuden eher seltenen Besuchernin besonders gründlich ge-pflegten Gärten, da sie dortnicht ausreichend Nahrungund Unterschlupf finden. Oftwürden dagegen schon wenigeHandgriffe genügen, um Tie-ren und seltenen Pflanzen eineGartennische zu schaffen unddamit zur Artenvielfalt in Lud-wigshafen beizutragen. Dennnicht nur farbenprächtige, son-dern auch lebendige Gärtenbereichern das Stadtgebiet.Auch sind Florfliegen, Bienenund Wespen für Gärtnerin undGärtner sehr nützlich: Sie

sorgen für die Blütenbestäu-bung und vertilgen zusammenmit Vögeln und Marienkäfernviele Schadinsekten. Tipps zurGestaltung eines blühenden,artenreichen und naturnahenGartens gibt das Umwelt-Infoin der neuen Lu.

Was zeichnet die Naturnäheeines Gartens aus? In ersterLinie sind hier die vielseitigenStrukturen auf einem Grund-stück zu nennen, die für Tiereund Pflanzen verschiedensteLebensbereiche, so genannteBiotope, bieten können. Sofördert eine ausgewogene Mi-schung aus Kräutern undNutzpflanzen, Stauden, He-cken, Bäumen und Blumen-wiesen sowie Wasserflächen,Trockenmauern, Kompost-,Stein- und Reisighaufen dieNaturvielfalt in einem Garten.Weitere wichtige Elemente derGartengestaltung sind eingeringer Grad der Flächenver-siegelung, Fassaden- oderDachbegrünung, heimischeBäume, Sträucher und Staudensowie das Gärtnern mit gerin-gem bis keinem Einsatz vonchemischen Dünge- undSpritzmitteln.

Lebendige Garten-nischen schaffen

Das Aufhängen von Nist-kästen ist für viele heimischeVogelarten wie Meise, Garten-rotschwanz, Kleiber oder Starvon großer Bedeutung, da instädtischer Umgebung kaum

Ludwigshafen ist eine„Industriestadt im

Grünen”: Auf rund 1.000von 7.767 Hektar Stadt-

fläche findet man einereichhaltige Palette an

wertvollem Grünbe-stand wie Parkanlagen,Spielplätze oder Naher-

holungsgebiete. Solchöffentlich gestaltete

Grünflächen prägen dasGesicht einer Stadt,

aber auch Privatgärtenauf Hausgrundstücken

und in Kleingartenan-lagen tragen ihren Teil

dazu bei. Letzterenehmen in Ludwigshafen

mit rund 2.200 Garten-parzellen allein eine

Fläche von 100 Hektarein.

Oasen in der Stadt:naturnahe Gärten

noch Baumhöhlen zum Brütenexistieren. Platz dafür gibt esauch in kleinen Gärten. Imzeitigen Frühjahr sollte derNistkasten an einem Baumoder einer im Halbschatten ge-legenen Gartenecke in mindes-tens zwei Metern Höhe aufge-hängt werden; mit Einfluglochgen Südosten. Dabei entschei-det die Größe des Einfluglochsdarüber, welche Vogelart sichzum Brüten einfinden kann.Da Vögel schmutzige Nistkäs-ten vermeiden, ist es notwen-dig, im Herbst oder Frühjahrdas alte Nistmaterial zu ent-fernen.

Für Bienen- und Wespenar-ten, die in Röhren oder kleinenSpalten nisten, können wert-volle Brutplätze geschaffenwerden, indem man Holzklöt-ze, Baumscheiben oder Mauer-blöcke anbohrt. Die Röhrensollen waagrecht liegen; zweibis zehn Millimeter breit undfünf bis zehn Zentimeter tiefsein. Für die Nisthölzer isteine sonnige und windge-schützte Lage wichtig. AlteBäume oder hohle Baum-stümpfe sollten möglichst imGarten stehen bleiben, da sichzahlreiche Insekten- und Kä-ferlarven von abgestorbenemHolz ernähren. Generell sollteversucht werden, alte Baum-und Strauchbestände auf ei-nem neu erworbenen Grund-stück zu erhalten und in dieeigene Gartenplanung zu inte-grieren.

In einem größeren Gartenkönnen noch weitere Lebens-räume geschaffen werden,zum Beispiel durch die Anlageeines Steinhaufens, einer Tro-ckenmauer, eines Reisig-, Ast-oder Holzhaufens, einer Wild-krautecke, einer Kräuterspi-rale oder eines Naturteichs.Bei einer Trockenmauer wer-den die einzelnen Gesteins-brocken sorgfältig aufge-

Naturnahe Elemente in einem

Ludwigshafener Kleingarten:

Trockenmauer, begrünte

Pergola, Hecken und eine

Mischung aus Stauden-,

Kräuter- und Gemüsebeeten

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Waldrebe und der heimischefünfblättrige Wilde Wein. Wersich noch nicht endgültig füreine Fassadenbegrünungentscheiden kann, sollte eszunächst mit einer einjährigenKletterpflanze versuchen, diezum Beispiel in einen Kübelgepflanzt wird. Besonderspfiffig ist die Feuerbohne mitrötlichen Traubenblüten, dasie schnell wächst und ihreFrüchte essbar sind. Es gibtaber auch die orange blühendeKapuzinerkresse, die Schwarz-äugige Susanne, die Duft-wicke, die rötliche Prunk-winde, die weiß-violette Glo-ckenrebe und den gelb blühen-den Zierkürbis.

Mechanismen der Naturnutzen

Der Kompost darf als Kern-stück des biologischen Garten-baus nicht fehlen. Die durchBodenorganismen abgebautenorganischen Abfälle sind ver-gleichbar mit einer Vollwert-ernährung für Pflanzen: nähr-stoff- und vitaminreich. Werregelmäßig Kompost in denBoden mischt, kann vollstän-dig auf mineralische Düngerverzichten. Generell sollte ineinem naturnahen Garten sowenig wie möglich Chemieeingesetzt werden, damit Nutz-pflanzen, Boden und Grund-wasser rückstandsfrei bleiben.Ein umweltfreundlicher Pflan-zenschutz setzt auf Nützlinge,Mischkulturen und Handarbeitstatt auf Giftcocktails in Spritz-mitteln. Wenn zum BeispielMarienkäfer, Florfliegen, Ohr-würmer oder Schwebfliegenausgesetzt werden, geht esBlattläusen an den Kragen.Salatliebende Nacktschneckenstehen dagegen auf dem Spei-seplan von Blindschleichen,Igeln und Maulwürfen. Schne-cken, Kartoffelkäfer und Rau-pen können aber auch perHand eingesammelt; und stö-rende Wildkräuter ausgehacktwerden. Bei Mischkulturenwerden verschiedene Pflan-zenarten nebeneinander ge-setzt, deren Ausscheidungenabschreckende Wirkung auf

Grundstücks sollte so geringwie möglich gehalten werden,damit Regenwasser im Bodenversickern kann. Zudem tra-gen begrünte Flächen rundums Haus an heißen Tagen zueinem kühleren Stadtklimabei. So können Garten- undGaragenwege beispielsweisemit begrünbaren Belägen wieRasenpflaster und Rasengitter-steine, Kies, Rindenmulch,Holzpflaster oder einzelnenSteinplatten angelegt werden.Andere befestigte Bereiche wieTerrasse, Laube, Gerätehäus-chen, Garage, Carport oderMülltonnenstellplätze solltenso klein wie möglich gehaltenund am Besten mit Dach- oderFassadenbegrünung naturnah

gestaltet werden. Eine Dach-begrünung für Nebengebäudewie Garagen oder Geräte-schuppen ist kostengünstigherzustellen. Für eine Fassa-denbegrünung eignen sich vorallem Schling- und Rankpflan-zen, die an gespannten Draht-seilen oder Rankhilfen ausHolz emporwachsen. Zum Bei-spiel: Pfeifenwinde, Knöterich,Hopfen, Geißblatt, Winter-jasmin, Kletterrose, Blauregen,

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schichtet und die entstehendenLücken nicht verfugt. DieseRitzen und Fugen bietenwertvollen Lebensraum fürzahlreiche Tiere wie Eidech-sen, Laufkäfer, Kröten, Spitz-mäuse oder Hummeln, aberauch für wärmeliebende Pflan-zen wie Mauerraute oderMauerpfeffer. Im Schatten ent-wickeln sich dagegen meistinteressante Farne und Flech-ten. Je lockerer man Steine undBrocken von unterschiedlicherBeschaffenheit aufschichtet,um so mehr Unter-schlupfmöglichkeiten findendie Tiere. Schnittmaterial vonBäumen und Hecken lässt sichzu einem Asthaufen auftür-men, in dem Spitzmäuse, Erd-kröten und Igel einen optima-len Unterschlupf- und Über-winterungsplatz finden. Auchbei einigen Vögeln ist ein sol-cher Reisighaufen als Brutplatzoder Versteck beliebt.Idealerweise legt man diesesBiotop in die Nähe von Heckenoder Sträuchern an.

Geradezu unabdingbar füreinen naturnahen Garten isteine so genannte Wildkraut-ecke, in der sich beispielsweiseBrennnesseln ansiedelnkönnen. So brauchen zumBeispiel viele Schmetterlings-arten das als „Unkraut” be-zeichnete Nesselgewächs, umihre Eier abzulegen. Ein geeig-neter Standort für dieses Wild-kraut ist auf feuchtem, humo-sem Boden. Wer sich trotz öko-logischer Überzeugung nichtmit dem Anblick einer Brenn-nesselhecke oder eines Reisig-haufens anfreunden möchte,kann sie mit Himbeer-, Johan-nis- oder Stachelbeersträu-chern tarnen. Bei einer Kräu-terspirale aus Sandstein kön-nen Küchenkräuter, trotz ihrerteils gegensätzlichen Standort-ansprüche auf kleinem Raumwachsen: Oben pflanzt manwärmeliebende Kräuter wieRosmarin und Thymian aufnährstoffarmes Substrat undam unteren Ende wachsenfeuchtigkeitsliebende Kräuterwie die Brunnenkresse auf hu-mosem Erdreich. Ein Natur-

teich bietet einer Vielzahl vonVögeln, Amphibien und Was-serinsekten einen Ersatzle-bensbereich. Die Anlage einesTeiches ist allerdings aufwän-dig und kostenintensiv. AlsRichtwerte werden mindestensacht Quadratmeter Fläche undein Meter Tiefe empfohlen. DerTeich ist am besten in drei Zo-nen gegliedert: die Sumpfzonemit Wassertiefen von Null bis30 Zentimeter, die Flachwas-serzone von 30 bis 50 Zenti-meter und die Tiefzone von 50bis 100 Zentimeter. Fischesollten nicht im Teich gehaltenwerden, da ihre Ausscheidun-gen das Algenwachstum be-günstigen. Alle anderen Tierewerden sich in der Regel ganzvon selbst einstellen, um zutrinken oder im Wasser zuwohnen, wie zum Beispiel Li-bellen. Für Kleinkinder sollteder Teich in den ersten Jahrenumzäunt sein. Wenn Platz-mangel im Garten herrscht,können statt dessen bepflanzteWassertränken oder Gefäßeaufgestellt werden.

Versiegeln oderbegrünen?

Der Versiegelungsgrad des

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So kann ein Garten geplant

werden: Hecken, Blumenra-

sen, Teich, Kräuterspirale,

Gemüsebeet, Komposthaufen

und wasserdurchlässige Weg-

befestigung. Ein begrüntes

Garagendach rundet den

naturnahen Garten ab

Stauden und Gräser als „grüne

Klimaanlage” auf Flachdächern

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ckenschonende Arbeit, dieauch Gartenneulingen Freudebereitet. Vorteilhaft kann an-schließend die Anfuhr von mitKompost angereicherter Mut-tererde sein, um eine weitereVerbesserung des Bodens zuerreichen. Mit der Aussaat vonGründüngungspflanzen wieBienenfreund, Gelbsenf oderLupinen im Frühjahr; Feldsa-lat, Winterraps- und -roggenim Spätjahr kann die Boden-

struktur zusätzlich verbessert;die Bodenoberfläche durchderen Wurzeln aufgelockertwerden. Zudem unterbindendie Gründüngungspflanzen dieVerbreitung von unerwünsch-ten Wildkräutern. Zur Humus-bildung werden die genanntenPflanzen nach der Blüte ge-mäht, kompostiert oder in denBoden eingearbeitet. Danachkann mit der eigentlichenPflanzung im Garten begonnenwerden.

Hausbäume fürHäuslebauer

Heimische Bäume, Hecken,Stauden und Wiesenkräuterhaben den Vorteil, dass sichdie Tierwelt auf sie eingestellthat und sie als Unterschlupf,Wohnungs-, Nahrungs- undBrutstätten genutzt werdenkönnen. Zudem sind standort-gerechte, heimische Pflanzenweniger anfällig für Schäd-linge und Krankheiten – im

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Schädlinge haben. So hält bei-spielsweise Kerbel neben Salatgepflanzt Schnecken und Läu-se fern und die KombinationLauch-Karotte schützt vorMöhrenfliege und Lauchmotte.

Taten und Warten imkleinen Garten

Ist die Außenfläche eherklein, kann bereits das zeit-liche Verschieben oder gar Un-terlassen bestimmter Pflege-maßnahmen ein Pluspunkt fürden Artenschutz im Gartensein. Lässt man beispielsweiseabgeblühte Pflanzenstengelüber den Winter stehen, bietensie Vögeln Nahrung und Insek-ten eine Überwinterungsstätte.Auch Herbstlaub sollte amBesten dort liegen bleiben, woes hinfällt. Denn Käfer und an-dere Kleintiere finden in derLaubschicht einen sicherenUnterschlupf für den Winter.Gleichzeitig schützen die wel-ken Blätter Bodenlebewesenund Wurzelwerk vor Frost.Nur Rasenflächen sollten frei-gehalten werden, damit derRasen stets genügend Luftzu-fuhr erhält. Laub von Rasen undWegen kann unter angrenzendeBüsche und Sträucher gekehrtwerden. Diese Abdeckung desBodens nennt man „Mulchen”.Es können auch andere Materi-alien wie Rasenschnitt, Holz-häcksel oder grober Kompostverwendet werden.

Von der Baustelle zumGarten

Wie kann ein neues Grund-stück urbar gemacht werden?Ein durch Baumaschinen starkverdichteter Boden, zusätzlichbestückt mit Bauresten wieGlas-, Holz-, Stein-, Mörtel- undPlastikteilen: so präsentiertsich oft der als Garten vorge-sehene Teil des Grundstücks.Ratsam ist deshalb nach demAuslesen des Unrats eine Bo-denverbesserung, die mit ei-nem „Kultivator”, auch „Sau-zahn” genannt, durchgeführtwerden kann. Wie einen Mini-pflug zieht man dieses Garten-gerät hinter sich her, um denBoden aufzulockern: eine rü-

Gegensatz zu Exoten – undmüssen daher nicht mit chemi-schen Spritzmitteln geschütztwerden.

Wie keine anderen Garten-pflanzen prägen Bäume dasErscheinungsbild unserer Gär-ten. Sie spenden Schatten, ver-bessern Luft und Kleinklimaihrer Umgebung und gehörenals wichtiges gestalterischesMoment eigentlich in jedenGarten. Laubbäume sollten

gegenüber Nadelbäumen be-vorzugt werden, da diese auchim Winter Schatten werfenund aufgrund ihres starrenAufbaus bei Stürmen vielanfälliger sind. Die gesetzli-chen Grenzabstände zu denNachbargrundstücken solltenbeim Pflanzen von Bäumenund Hecken berücksichtigtwerden. Sie schwanken von

vier Meter für stark wachsen-de und 1,5 Meter für schwachwachsende Bäume. Folgendeheimische Baumarten miteiner Wuchshöhe von bis zuzwölf Metern können für klei-ne Gärten empfohlen werden:Für windige Lagen bietet sichdie anspruchslose Schwe-dische Mehlbeere mit ihrenweißen Blüten und scharlach-roten, ungiftigen Früchten an.Im Halbschatten kann die bis

zu acht Meter hohe Thüringi-sche Säuleneberesche mit ke-gelförmiger, dicht geschlosse-ner Krone gedeihen. Ihre dun-kelroten Beeren sind im Win-ter bei Vögeln sehr begehrt.Mediterran angehauchten Gär-ten kann der in der Pfalz selte-ne Burgen- oder Gottesahornein südliches Flair geben. Derwärmeliebende Baum möchtetrockene und durchlässige Bö-den. Dekorativ ist die immer-grüne Stechpalme mit ihrenkorallenroten, aber giftigenFrüchten. Sie kann auch gutim Schatten an windgeschütz-ten Plätzen wachsen und stehtin Deutschland unter Natur-schutz. Einen besonders kegel-förmigen dichten Wuchs zeich-net die Gartenform „Pyrami-dalis” aus. Ein Blickfang imGarten ist der Kugelspitzahornmit seiner dichten, kugelför-migen und nur langsam wach-

Pflanzentipps für den naturnahen Garten

Geeignete Pflanzen für frei-wachsende Hecken, Pflanz-abstand 1,5 bis zwei Meter: Heckenrose, Schneeball, Kor-nelkirsche, Haselnuss, Weißdorn,Deutsche Mispel, Flieder,Forsythie, Pfeifenstrauch, Weige-lie, Schmetterlingsflieder undDeutzieHeimische Pflanzen für ge-schnittene Hecken, Pflanz-dichte zwischen zwei bis fünf

Stück pro laufendem Meter: Laubabwerfende Schnitthecken:Hainbuche, Weißdorn, Berberit-zen, Feldahorn, Weinrose Immergrüne Schnitthecken: Eibe,Liguster und BuchsStauden für sonnige BeeteEibisch, Herbst-Aster, Margeri-ten, Indianernessel , Pfingstrose,Rittersporn, Phlox, Salbei, Schlei-erkraut, Schwertlilie, Sonnenhut,Schafgarbe

Ein Baum mit Blumenwiese ist

eine Augenweide für den

Menschen und wertvoller

Lebensraum für viele Tiere

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Ernst Merkel im Gespräch

Die neue Lu sprach mit Bau- undUmweltdezernent Ernst Merkelüber Artenschutz durch Pflegeund Gestaltung von Grünbe-reichen in Ludwigshafen.

neue Lu: Wie natur-nah werden Parks,Freizeitanlagen undLandschaftsschutz-gebiete in der Stadtgepflegt?Merkel: 1925 wurde derEbertpark als architek-tonisch geprägte undauf Repräsentation ausgelegteGartenlandschaft geplant, die vorallem durch ein akkurat gepfleg-tes Äußeres wirkt und dadurchwenig Raum für naturnahe Maß-nahmen lässt. Das Gleiche giltauch für den Friedenspark undzahlreiche Stadtteilparks. Dafürgibt es aber viele Grünflächen inLudwigshafen, bei denen auf einenaturnahe Bewirtschaftung ge-achtet wird: Ein Beispiel dafür istder 30 Hektar große Wildpark inRheingönheim, der als Teil einesLandschaftsschutzgebietes einenhohen Bestand an Altholz auf-weist: Abgestorbene Baum-stümpfe und Reisighaufen sindwichtig für den Artenschutz in derStadt, da sie seltenen Vögeln undvielen Insektenarten Unter-schlupf, Brutstätte und Lebens-raum bieten. Auch der über 100Jahre alte Stadtpark auf der Park-insel, ebenfalls Landschafts-schutzgebiet, wird naturnah be-wirtschaftet. Dabei wird nur nochrechts und links der Wege häu-figer gemäht, so dass sich dahin-

ter höhere Blumenwiesen ent-wickeln können, und auf Natur-verjüngung ohne gärtnerischesEingreifen gesetzt. Notwendigdagegen ist die jährliche Gehölz-

entfernung amRheinufer, damit sichgefährdete Pflanzenartenauf der wechseltrocke-nen Uferböschung ver-breiten können. Abgese-hen davon, dass eine ex-tensive Pflege die natür-lichen Prozesse unter-stützt, können dadurch

auch Kosten gespart werden.

neue Lu: Welchen Einflusshaben die reduzierten, abergezielten Pflegemaßnahmenauf die Artenvielfalt imStadtpark?Merkel: Sehr positive, da sich soerst bestimmte Pflanzengesell-schaften etablieren können undHöhlen, Nester, Unterschlupfenicht durch kontinuierliche Mäh-und Pflegearbeiten zerstörtwerden. So ist es möglich, dassder Stadtpark mit seinen ver-schiedenen Lebensräumen vomHartholzauenwald über Wiesenfeuchter Standorte bis hin zurRheinböschung viele unterschied-liche Tier- und Pflanzenartenbeherbergt. Es finden sich hierviele Rote-Liste-Arten, wie dieSchwarzpappel, der Kanten-Lauchoder der Wiesen-Alant. Auch istdie Aue ein Paradies für Vögel:Rund 80 Singvogelarten leben imStadtpark, darunter Grün- undBuntspecht, Zaunkönig, Stieglitzund Goldhähnchen.

senden Krone, in der gerneVögel brüten. Höher als zwölfMeter werden die straff auf-recht wachsenden Säulenhain-buchen und Pyramideneichen,die jeweils bis zu 20 Metererreichen können.

Weitere heimische Klein-bäume mit einer Wuchshöhevon sieben bis 15 Meter sind:die immergrüne Eibe mit aller-dings giftigen Früchten, Trau-benkirsche, Steinweichsel, Sal-weide, Frühlingsahorn, Zwei-grifflicher Weißdorn, echteMehlbeere und die Lorbeer-weide. Wenn das Grundstückzu klein ist für Hoch- und Halb-stammobstbäume, könnenschwachwüchsige Buschbäu-me gepflanzt werden. Für dieTierwelt sind Obstbäume mitihren Blüten und Früchtenbesonders wertvoll. Handels-übliche Apfelsorten wie „Fuji”,„Gala” und „Braeburn” könnenwegen ihrer Anfälligkeit imHobbygarten problematischsein. Pflegeleicht sind „Danzi-ger Kantapfel” und „Prinz Alb-recht von Preußen” als alteApfelsorten oder die für denBioanbau empfohlene Neu-züchtung „Topaz”, die meistschon im ersten Jahr Früchteträgt. Bei Birnen kann ein Mixaus der Sommersorte „Stuttgar-

ter Geißhirtle”, der Herbstbirne„Gute Luise” und der Winter-tafelbirne „Madame Verte”eine lange Erntezeit bescheren.Auch der aus dem Mittelalterstammende, vorderpfälzische„Heimeldinger Apfel” und diewürzige „Sommereierbirne”bieten sich als Obstbäume an.Obstbäume sind Kulturpflan-zen und bedürfen einer regel-mäßigen Pflege durch Dün-gung und Schnitt. Damit Jung-bäume gut anwachsen, ist einePflanzung im Herbst zubevorzugen. Ein Weißen mitBio-Baumanstrich schützt denBaum im Winter vor uner-wünschten Frostrissen.

In Hecken versteckenHecken sind die lockerste

und gleichzeitig lebendigsteArt, einen Garten einzufassen.Sie können auch – nach Ab-sprache mit den Nachbarn –direkt auf die Grundstücks-grenze gepflanzt und als be-grünter gemeinsamer Zaunverwendet werden. Mit ihrenBlättern fangen sie einen Teilder Abgase und des Lärmsangrenzender Straßen ab.Zudem sind sie idealer Lebens-raum für Vögel, Kleinsäugerund Insekten. Man unterschei-det freiwachsende und ge-schnittene Hecken. Eine Vier-jahreszeitenhecke erhält mandurch eine Kombination vonfrühblühenden Sträuchern wiedie Kornelkirsche, Sommer-blühern wie Schmetterlings-flieder und Rosen und herbst-lich gefärbten Büschen mitFruchtschmuck, zu denenRoter Hartriegel und Ligusterzählen. Worauf man in einemnaturnahen Garten verzichtensollte, ist das Anpflanzen vonThujahecken. Denn diese nichtheimischen Pflanzen sind inallen Teilen stark giftig, kön-nen beim Schneiden Hautek-zeme verursachen und werdenvon der heimischen Tierweltkaum angenommen. Stattdessen könnten als undurch-dringliche HeckenpflanzenWildrosen, Weißdorn, Hainbu-che, Eibe, Liguster oder Stech-palme eingesetzt werden.

Blumenrasen alsbunter Kompromiss

Rasen ist ein Klassiker inunseren Gärten. Er verträgt so-gar die Dauerbelastung toben-der Kinderfüße. Wer daher ei-ne Alternative zwischen Zier-rasen und hochwüchsiger,wildblumenreicher Wiese aus-testen möchte, kann einen Blu-menrasen aussäen. Er ist na-turnäher als ein englischerSchurrasen und trotzdem stra-pazierfähig. Saatgut bieten bis-her nur die Wildsamenprodu-zenten Rieger-Hofmann undSyringa-Samen an. Je nachdemwie oft er gemäht wird, entwi-

ckelt sich sein Erscheinungs-bild mehr in Richtung Wieseoder Rasen. So können durchein spätes Mähen Ende MaiWildblumen wie Günsel undGänseblümchen im Rasenerscheinen.

Das Umwelt-Info erscheint alsBestandteil des Stadtmagazinsneue Lu. Die Skizzen auf Seite24 sind von Annette Siegismund.Fragen zum Umwelt-Info beant-wortet Tanja Rehberger vomUmweltdienstleistungszentrumder Stadt, Telefon: 504-3455, E-Mail:[email protected]

Die Kriechrose gehört zu den

kletternden Kleinsträuchern

und kann an einem Holzgitter

die Fassade empor wachsen