un701034 Uniprisma 2007 AK - Uni Koblenz-Landau

40
UNIPRISMA Das Wissenschaftsmagazin der Universität Koblenz-Landau Februar 2007 Spannende Zeiten für Bildungsforscher Die Arbeit der Erddetektive Elektronisches Europa

Transcript of un701034 Uniprisma 2007 AK - Uni Koblenz-Landau

UNIPRISMADas Wissenschaftsmagazin der Universität Koblenz-Landau

F e b r u a r 2 0 0 7

■ Spannende Zeitenfür Bildungsforscher

■ Die Arbeit derErddetektive

■ Elektronisches Europa

un701034_Uniprisma 2007 AK.qxd 15.02.2007 10:13 Uhr Seite 1

D I E W E I C H E N W U R D E N N E U G E S T E L L T

An der Universität sind in den vergangenen Monaten wichtigeWeichenstellungen für die weitere Hochschulentwicklung vorgenommen worden. Ausgangspunkt waren Veränderungenbeim Personalbemessungskonzept des Landes (PBK). Die Uni-versität wurde Ende 2005 darüber informiert, dass keine Plan-stellen mehr aus dem PBK zugewiesen werden können. Das2003 beschlossene Entwicklungskonzept konnte nicht mehr wie geplant weiter umgesetzt werden, da es auf der Erwartungkontinuierlicher Stellenzuwächse basiert, wie sie die Uni-versität seit Einführung des PBK jährlich erhalten hatte. DieUniversitätsleitung hat auf diese Lage unverzüglich reagiert.Strategiekommissionen an den Campi und eine gesamtuniver-sitäre Strategiekommission wurden eingesetzt, bereits im Mai2006 verabschiedete der Senat die Eckpfeiler eines aktualisier-ten Gesamtstrategiekonzepts, denen auch der Hochschulrat zustimmte. Damit wurde der Prozess fortgesetzt, der mit demEntwicklungskonzept 2003 gestartet wurde: die Konzentrationauf Schwerpunkte in Lehre und Forschung zur weiteren Profi-lierung der Universität. Dabei knüpft die Universität dort an,wo sie bereits gut aufgestellt ist und ihre Stärken hat. DieseStrategie erlaubt es auch, die knappen personellen Ressourcenmöglichst effizient einzusetzen.

Viele Maßnahmen des neuen Konzepts wurden bereits 2006umgesetzt. Am Campus Koblenz hat z. B. der Fachbereich Infor-matik sein gesamtes Studienangebot auf drei Bachelor- undvier Masterstudiengänge umgestellt; am Fachbereich Philo-logie/Kulturwissenschaften ist das Institut für Kulturwissen-schaften neu eingerichtet worden, an dem jetzt neue kultur-wissenschaftliche Bachelor- und Masterstudiengänge entwickeltwerden. Am Campus Landau werden u. a. die Kunstwissenschaftund Wirtschaftswissenschaft ausgebaut, der FachbereichNatur- und Umweltwissenschaften positioniert sich neu durchdie Konzentration auf die Schwerpunkte Didaktik der Natur-wissenschaften und Umweltwissenschaften.

E D I T O R I A L

2

Die zunächst ungünstige Ausgangslage infolge der Veränderun-gen beim PBK hat die Universität Koblenz-Landau als Chancefür eine nachhaltige Neustrukturierung der Universität begrif-fen und genutzt. Gleichzeitig wird in Koblenz wie in Landau mitHochdruck an der Umsetzung der Reform der Lehrerbildung, dieauf neu konzipierte Bachelor- und Masterstudiengänge umge-stellt wird, gearbeitet. Läuft alles nach Plan, werden diese Stu-diengänge zum Wintersemester 2007/2008 eröffnet, früher alsan anderen Landesuniversitäten.

Ungeachtet dieser umfangreichen Aktivitäten im Zusammen-hang mit der Hochschulentwicklung und der europaweitenUmstellung des Studienangebots auf Bachelor- und Masterstu-diengänge, auch bekannt als Bologna-Prozess, wurde und wirdan der Universität Koblenz-Landau studiert, gelehrt undgeforscht, wie es auch die Beiträge in dieser neuen Ausgabevon Uniprisma zeigen.

Prof. Dr. Roman HeiligenthalPräsident der Universität Koblenz-Landau

un701034_Uniprisma 2007 AK.qxd 15.02.2007 10:13 Uhr Seite 2

2 EDITORIAL

■■■■■ WISSENSCHAFT UND BILDUNG

4 Spannende Zeiten für Bildungsforscher Leistungsstudie DESI – Datenschatz für Wissenschaftund Lehrerausbildung

6 Hilfe für „Zappelphillip“ und „Träumer“Landauer Zentrum für empirische pädagogische Forschung diagnostiziert und therapiert Aufmerksam-keitsstörungen bei Kindern

7 Praktika an 1.700 SchulenInternet-basierte Plattform unterstützt Reform der Lehrerbildung in Rheinland-Pfalz

7 Mathe verstehen mit Zara ZylinderStudierende entwickeln Lernwerkstatt für den Mathe-Unterricht an der Grundschule

8 Impressum

9 Frühstudium für HochbegabteNeues Förderangebot für Schülerinnen und Schüler an der Universität

10 Angst vor Kindern

11 Erfolgsmotor Motivation:Internationale Tagung zur Motivationsforschung an Landauer Campus

12 Motivierte Sommerschüler aus der ganzen Welt in Landau

■■■■■ WISSENSCHAFT UND UMWELT

14 Erster Diplomand in den UmweltwissenschaftenDer 24-jährige Mirco Bundschuh ist erster LandauerDiplom-Umweltwissenschaftler

15 Institut in Wissenschaftsszene positioniertInstitut für Umweltwissenschaften gibt Einstand aufSETAC-Jahrestagung

17 Die Arbeit der ErddetektiveBöden sind Archive der Natur- und Kulturgeschichte –diese auszuwerten, ist Aufgabe von Landschafts-ökologen

■■■■■ WISSENSCHAFT UND GESELLSCHAFT

20 Wir tun was! Initiative gegen Rechtsextremismus und Fremdenfeind-lichkeit gestartet

21 Stiftungsprofessur für DemographieforschungErstmals Stiftungsprofessur am Campus Landau eingerichtet

23 Frauenwege in die WissenschaftFörderung durch Wiedereinstiegsstipendien

24 Elektronisches Europa – Der Wandel der Verwaltungin der Wissensgesellschaft

25 Doppelter Erfolg für Psychotherapeutische Univer-sitätsambulanz: Praxis für Psychologen und optima-le Patientenversorgung

■■■■■ WISSENSCHAFT UND KULTUR

27 Über Text- und BildkulturTagung am Campus Koblenz

28 Kulturwissenschaft für PraxisDas neu gegründete Institut für Kulturwissenschafthat am Campus Koblenz seine Arbeit aufgenommen

28 30 Jahre Landauer Sprechwissenschaft

29 Internationale Hume-Konferenz in Koblenz

30 31. Internationales LAUD-Symposium zur Interkulturellen PragmatikWissenschaftler aus 25 Nationen waren zu Gast in Landau

■■■■■ INTERNATIONALE ZUSAMMENARBEIT

32 Zum Studium nach HongkongLandauer Anglistik kooperiert mit der „University of Hong Kong“

33 International Studieren mit Qualitätssiegel

35 Internationale Auszeichnung für die Universität in KoblenzMitarbeit an eLearning-Standards gewürdigt

■■■■■ TRANSFER

36 Wissenschaft mit MethodeNeues Methodenzentrum bietet Dienstleistung in Methodik, Diagnostik und Evaluation

37 Interdisziplinäres Promotionszentrum

38 Literatursponsoring gestartet

39 TV-Projekte in Koblenz und Landau

3

I N H A L T

un701034_Uniprisma 2007 AK.qxd 15.02.2007 10:13 Uhr Seite 3

Mit PISA startete im Jahre 2000 eine der bekanntesten undumfassendsten Vergleichsstudien im schulischen Bereich.Schnell zeigte sich, dass das bei PISA geprüfte Leseverständnisnicht zum Erfassen der Sprachkompetenz von Schülerinnenund Schülern ausreicht. 2001 gab die Kultusministerkonferenz(KMK) deshalb die DESI-Studie (Deutsch Englisch Schüler-leistungen International) als Ergänzung von PISA in Auftrag.An DESI arbeiteten maßgeblich auch Landauer Wissenschaftlermit. UNIPRISMA sprach mit dem Landauer BildungsforscherProfessor Dr. Andreas Helmke.

UNIRPISMA: Herr Prof. Dr. Helmke, im Schuljahr 2003/04 wurdedie bundesweite Studie DESI durchgeführt. Worin liegt dasBesondere dieser Studie?HELMKE: Das Anliegen der KMK war eine Studie, mit der dieSprachkompetenz von Schülerinnen und Schülern erfasst werdenkann. Dabei lag es nahe, neben Deutsch als Muttersprache auchEnglisch als die in allen Schularten gelehrte Fremdsprache zuerheben. Geprüft wurde ein breites Spektrum von Facetten derSprachkompetenz: vom Sprachbewusstsein und Leseverständnis,über Argumentation und Wortschatz bis hin zu Rechtschreibung,Grammatik und interkultureller Kompetenz. Doch DESI ist auseinem weiteren Grund von großer Bedeutung. In 105 der 388Englischklassen haben wir den Unterricht mittels Videoauf-nahmen erfasst, natürlich mit dem Einverständnis der Eltern.DESI ist im deutschen Sprachraum die bisher umfangreichsterepräsentative Erhebung des Unterrichts, eine Datenbasis vonunschätzbarem Wert für die Wissenschaft.

UNIPRISMA: An DESI arbeitete ein Konsortium von zahlreichenrenommierten Bildungswissenschaftlern Deutschlands unter der

Federführung des Deutschen Instituts für Internationale Pädago-gische Forschung (DIPF). Welche Aufgaben oblagen den LandauerWissenschaftlern?HELMKE: Ohne überheblich wirken zu wollen: Landau trug denLöwenanteil in personeller wie finanzieller Hinsicht. Mit dreiWissenschaftlern und bis zu 20 wissenschaftlichen Hilfskräftenwaren wir für die Erstellung und Auswertung der Schüler- undLehrerfragebögen sowie für die Videostudie verantwortlich.

UNIPRISMA: Seit Anfang 2006 gibt es in Landau eine Gradu-iertenschule, die die Qualität von Unterricht zum Thema hat.Gibt es eine Verbindung zwischen Graduiertenschule und DESI?HELMKE: Unbedingt. Denn gerade die Verzahnung zwischenempirischer Unterrichtsforschung und den Fachdidaktiken machtdas Einmalige am Konzept der Graduiertenschule aus. Eine Sti-pendiatin promoviert mit den Daten, die im Rahmen von DESIerhoben wurden, und es entstanden mehrere interdisziplinärePublikationen dazu. Außerdem fließen die Ergebnisse der DESI-Studie in das Lehr- und Schulungsangebot für die Graduiertenmit ein. Das passiert mit der Absicht, die Lehrerausbildung quali-tativ zu verbessern.

UNIPRISMA: Was passiert mit den erhobenen Daten und denErkenntnissen aus DESI? Kann damit etwas bewirkt werden oderhandelt es sich nur um eine weitere Studie, die rein wissen-schaftlichen Zwecken dient?HELMKE: Keinesfalls. Die DESI-Daten sind nicht nur ein riesigerSchatz für die Wissenschaft, sondern auch für die Lehreraus-und -fortbildung. Dank der Videoaufnahmen entstand eine großeSammlung von in dieser Form bislang nicht verfügbarenMaterialien zum realen Unterricht in Form von Transkripten. Mit diesem Material können wir nun die Unterrichtsqualitätbeleuchten: Gehen beispielsweise die Lehrer auf Schülerfragenein, welcher Umgangsstil wird in der Klasse gepflegt, bestreitetein- und dieselbe Schülergruppe den Unterricht, wie hoch ist derRedeanteil des Lehrers? Diese Liste ließe sich unbegrenzt weiter-führen. Darüber gibt es ab Januar 2007 ein Novum: Auf der SchweizerWebsite www.IQES-online.net (IQES = Instrumente für die Qua-litätsentwicklung und Evaluation in Schulen) stellen wir Teile derFragebögen von MARKUS und DESI, später auch der Grundschul-studie „VERA – Gute Unterrichtspraxis“ kostenlos zum Herunter-laden zur Verfügung. Die Lehrer können diese in ihren eigenenKlassen einsetzen und anschließend die Unterrichtssituationihrer Klasse – aus Sicht ihrer Schülerinnen und Schüler – mitReferenzwerten aus repräsentativen Studien vergleichen.

4

S P A N N E N D E Z E I T E N F Ü R B I L D U N G S F O R S C H E R

L E I S T U N G S S T U D I E D E S I – D A T E N S C H A T Z F Ü R W I S S E N S C H A F TU N D L E H R E R A U S B I L D U N G

Prof. Dr. Andreas Helmke, Leiter der DESI-Videostudiein Landau

un701034_Uniprisma 2007 AK.qxd 15.02.2007 10:13 Uhr Seite 4

5

W I S S E N S C H A F T U N D B I L D U N G

Drittens fließen Erkenntnisse aus DESI in die Schulevaluierungein. So wird in den Evaluationsbögen verschiedener Ministerienseit Kurzem der Sprechanteil des Lehrers während des Unter-richts erfasst.

UNIPRISMA: Was ist Ihrer Meinung nach notwendig, um dieUnterrichtsqualität an deutschen Schulen zu verbessern?HELMKE: Mit den Ergebnissen der Vergleichsstudien schlagen wireine Brücke zwischen Wissenschaft und Schulinspektion. Das istmeines Erachtens der stärkste Hebel, an dem man bei der Nut-zung wissenschaftlicher Ergebnisse ansetzen kann. In der Praxiswünsche ich mir im Lehrerkollegium mehr Teamarbeit, wie wirsie aus der Wirtschaft kennen. Unterricht findet an deutschenSchulen leider noch hinter verschlossener Tür statt. Warum nichtLehrerkollegen zur Hospitation in den Unterricht einladen, umsich später über die Lehrform auszutauschen? Motivierend wäresicherlich auch, Unterrichtsthemen gemeinsam mit Lehrerkolle-gen vorzubereiten, um neue Ideen zur Unterrichtsgestaltung zuentwickeln und umzusetzen. Studien haben gezeigt, dass nuretwa zwei Prozent des Englischunterrichts und acht Prozent desDeutschunterrichts im Kollegenkreis vorbereitet wird. Da gibt esalso noch viele Möglichkeiten.

UNIPRISMA: Wird sich aufgrund der Vergleichsstudien Schulelangfristig verändern?HELMKE: Sicherlich. Und zwar durch Bildungsstandards einer-seits und die steigende Selbständigkeit der Schulen andererseits.So wird in zehn Jahren Kleingruppenarbeit in der Schule selbst-verständlich sein. Geschlossene Türen zum Klassenzimmer geltenschon heute als anachronistisch. Ich hoffe, dass sich eine fürExperimente und Innovationen im Unterricht offene geistige Hal-tung weiter verbreiten wird. Eine solche Trendwende ist jabereits seit einiger Zeit in Sicht.

UNIPRISMA: Welche Chancen bietet DESI für die Universität?HELMKE: Sehr große. Ich berate zahlreiche Landesregierungen inFragen der Unterrichtsqualität. Außerdem laufen zurzeit achtgroße Projekte im Rahmen des Hochschulsonderprogramms„Wissen schafft Zukunft“, in denen 21 Wissenschaftlerinnen undWissenschaftler sowie rund 60 wissenschaftliche Hilfskräfte ein-gebunden sind. Das Klima für Forschung und Innovation im Bil-dungsbereich ist derzeit so günstig wie noch nie, ganz im Gegen-satz zu früher: Kollegen, die bereits vor 20 Jahren erstklassigeIdeen hervorbrachten, wurden nicht ernst genommen. Wir selbstkönnten heute noch weitaus mehr Projekte realisieren, doch diepersonellen Ressourcen schieben uns einen Riegel vor. In der Bil-

dungsforschung spielt Landau trotz bescheidener Infrastrukturmit renommierten Großforschungsinstituten wie dem DIPF, demIPN und dem MPI für Bildungsforschung ganz vorne mit. Zu ver-danken haben wir das nicht zuletzt dem rheinland-pfälzischenHochschulsonderprogramm, das derzeit die Wissenschaft, undhier insbesondere die Bildungsforschung, wie in keinem anderenBundesland fördert.

Kontakt:Prof. Dr. Andreas HelmkeE-Mail: [email protected]

D E S I

DESI steht für "Deutsch Englisch Schülerleistungen Inter-national". Diese Studie wurde 2001 von der Kultusminister-konferenz als erste große deutsche Schulleistungsstudie in Auf-trag gegeben, bei der die sprachlichen Leistungen in Deutschund Englisch erfasst werden. Zu Beginn und zum Ende desSchuljahres 2003/04 wurden rund 10.500 Schülerinnen undSchüler aller Schularten der 9. Klassenstufe aus 219 Schulenund 427 Klassen geprüft. Durchgeführt wurde die Studie durchein wissenschaftliches Konsortium unter der Federführung desDeutschen Instituts für Internationale Pädagogische Forschung(DIPF) in Frankfurt/Main. Die Testungen wurden ergänzt durchSchüler-, Lehrer- und Elternbefragungen. In 105 Schulklassenerfolgte eine Videostudie des Englischunterrichts. DESI er-möglicht Aussagen über Lehr-Lern-Prozesse und den Erwerbsprachlicher Kompetenz, die für Unterrichtspraxis, Lehrer-bildung und Bildungspolitik gleichermaßen wichtig sind.

Einblick in die Lehr-Lern-Situation: Hier ein Ausschnitt aus einem der210 Videofilme des Englischunterrichts

un701034_Uniprisma 2007 AK.qxd 15.02.2007 10:13 Uhr Seite 5

6

Irgendetwas stimmt nicht. Häufig werden Eltern oder Lehrerdurch Misserfolge in der Schule darauf aufmerksam, dass einKind Probleme hat, sich zu konzentrieren. Seit 2003 arbeitetdas Landauer Zentrum für empirische pädagogische Forschung(zepf) daran, Konzentrations- und Aufmerksamkeitsproblemebei Kindern und Jugendlichen zu diagnostizieren und thera-pieren. Diese Probleme sind keineswegs Neuerscheinungenunserer Zeit. Vor rund 150 Jahren beschrieb der Nervenarzt Dr. Heinrich Hoffmann in seinem Buch vom Struwwelpeter solche Verhaltensauffälligkeiten. Auch heute beobachtenEltern, Lehrkräfte, Erzieherinnen und Erzieher bei KindernKonzentrations- und Aufmerksamkeitsprobleme, motorischeUnruhe oder Verträumtheit. Betroffen sind – laut Experten-statistiken – drei bis fünf Prozent aller Kinder und Jugendlichenin Deutschland.

„Aber nicht alle Auffälligkeiten können dem Aufmerksamkeits-Defizit-Syndrom (ADS) oder dem Aufmerksamkeits-Defizit-Hyperaktivitäts-Syndrom (ADHS) zugeordnet werden. AuchTraumata, psychische Belastungen, Hochbegabung, Überfor-derung oder schlechter Erziehungsstil können Gründe für dasgleiche auffällige Verhalten sein“, erklärt Diplom-PsychologinMonika Wentlandt. Um herauszufinden, ob tatsächlich einADS- oder ADHS-Syndrom vorliegt, untersuchen die Mitarbeiterdes zepf die Kinder mit entsprechenden Auffälligkeiten sehrdifferenziert.

Als derzeit deutschlandweit einzige Institution arbeitet daszepf mit einem besonders detaillierten Test, der drei verschie-dene Aspekte von Aufmerksamkeit überprüft: Zuerst wird dieselektive Aufmerksamkeit untersucht, das heißt die Fähigkeit,sich für eine bestimmte Dauer auf einen Reiz zu konzentrieren.Anschließend testen die Projektmitarbeiter die Fähigkeit, dieAufmerksamkeit möglichst schnell auf gegensätzliche Aspektezu wechseln. Und zuletzt zeigen die Kinder, ob sie sich gleich-zeitig auf zwei verschiedene Reize konzentrieren können, ver-gleichbar der Situation in der Schule, wenn sie der Lehrerinzuhören und gleichzeitig das Tafelbild verstehen müssen.

Mit diesem Verfahren, das die zepf-Mitarbeiter aus dem Ameri-kanischen übersetzt und adaptiert haben, wurden seit 2003mehr als 600 Kinder im Alter zwischen sechs und 16 Jahren

H I L F E F Ü R „ Z A P P E L P H I L L I P “ U N D „ T R Ä U M E R “

L A N D A U E R Z E P F D I A G N O S T I Z I E R T U N D T H E R A P I E R T A U F M E R K S A M K E I T S S T Ö R U N G E N B E I K I N D E R N

getestet. „Das Projekt boomt“, berichtet Diplom-PsychologeStephan Kolbe. Die aufwendige diagnostische Klärung des zepfschließt auch Beobachtungen der Eltern und Einschätzungender Lehrkräfte mit ein. So positioniere sich das zepf anders alsviele Ärzte, die lediglich vereinfachte, schnelle Tests durch-führten und dann ein Rezept mitgäben. „Wir plädieren füreinen multimodalen Ansatz, für eine Verzahnung von Diagnoseund Training. Eine singuläre Behandlung mit Medikamentenohne begleitende Therapie ist sinnlos“, betont Kolbe.

Um den Eltern von Kindern mit ADS oder ADHS verschiedeneTherapiemöglichkeiten aufzuzeigen, geben ihnen die Psycho-logen Wentlandt und Kolbe im Anschluss an den 90-minütigenTest die schriftlichen Ergebnisse mit und laden sie zu einer ausführlichen Beratung ein. Kolbe: „Dabei regen wir bewusstAlternativen an. Diese reichen von einer ärztlichen Behandlungüber Ergotherapie bis zur Psychotherapie. Letztlich können dieEltern selbstständig entscheiden.“

Als eine Möglichkeit der Therapie bietet das zepf ein selbst entwickeltes Trainingsprogramm an. Bei diesem LandauerAufmerksamkeits- und Konzentrationstraining (LAuK) bekom-men die Kinder und Jugendlichen in kleinen Gruppen von zweiTrainerinnen Strategien an die Hand, wie sie ihren Schulalltagbesser bewältigen und sich in ihrer Umwelt wieder wohl fühlen.

Dass sowohl das Diagnoseverfahren als auch das Training schon vielen Kindern zu Erfolgen verhelfen konnten, zeigen diezahlreichen Weiterempfehlungen zufriedener Eltern. Darüberhinaus kommen, wie Monika Wentlandt berichtet, viele Elternüber Kooperationspartner zum zepf oder werden durch Info-abende auf das zepf-Angebot aufmerksam. Die Kosten für dasTestverfahren und das Training übernehmen die Krankenkassennicht. „Die Pharma-Lobby forciert eine Solo-Medikamenten-vergabe“, erklärt Kolbe. „Damit wird viel Humbug zu Lasten der Kinder getrieben. Dagegen gehen wir bewusst vor.“

Pia Bitzer

Kontakt:Stephen KolbeE-Mail: [email protected]

un701034_Uniprisma 2007 AK.qxd 15.02.2007 10:13 Uhr Seite 6

7

■ Die Universität Koblenz-Landau wird voraussichtlich zum Wintersemester 2007/2008 als eine der ersten rheinland-pfälzischen Universitäten die Reform der Lehrerbildung um-setzen. Das neue Konzept der Lehrerbildung sieht ein dualesStudienmodell vor, das die strukturellen Vorteile der Bachelor-und Master-Studiengänge aufweist. Die Studiengänge sollen so eine bessere Durchlässigkeit zu anderen Studiengängen so-wie eine effizientere Studienstruktur ermöglichen. Derzeit istdie Entwicklung der zentralen Komponenten, die für die Umset-zung relevant sind, in vollem Gange. Ein wesentlicher Bestand-teil der Reform wird künftig in der reibungslosen Organisationder Praktika-Stellen für Studierende liegen. Die Organisationsoll mittels einer Internet-basierten Plattform erfolgen, die dasLandesmedienzentrum in Kooperation mit Prof. Dr. Klaus G.Troitzsch (Institut für Wirtschafts- und Verwaltungsinformatik)an der Universität in Koblenz entwickelt hat.

■ Erstmals wurde die Plattform Anfang 2007 am KoblenzerCampus vorgestellt. Nach Abschluss der Erprobungsphase wirdsie an allen rheinland-pfälzischen Universitäten zur Vergabevon Praktika-Plätzen innerhalb der Lehramts-Studiengängegenutzt werden. Da künftig alle Schulen in Rheinland-Pfalz als

W I S S E N S C H A F T U N D B I L D U N G

P R A K T I K A A N 1 . 7 0 0 S C H U L E N

I N T E R N E T - B A S I E R T E P L A T T F O R M U N T E R S T Ü T Z T R E F O R M D E RL E H R E R B I L D U N G I N R H E I N L A N D - P F A L Z

Ausbildungsschulen den Studierenden zur Verfügung stehen,muss das System nicht nur Plätze für Praktika sämtlicher 1.700Schulen verwalten, sondern gleichfalls in jedem Jahr die Anfragen mehrerer tausend Studierender aufnehmen können.

■ Der hohe Bedarf an Praktika-Stellen resultiert aus dem neuenModell der Lehrerbildung, das durchgängig verpflichtende Schul-praktika während des gesamten Studienverlaufs vorsieht. Nebenden drei orientierenden Praktika sind weiter zwei vertiefendePraktika sowie je nach Lehramt ein bis zwei Fachpraktika vorge-sehen. Die Zahl der Praktika-Stellen an den Schulen ergibt sichin Abhängigkeit von der jeweiligen Schülerzahl einer Schule.

■ Neben den Schulen und den Studierenden erhalten dieStudienseminare sowie die Zentren für Lehrerbildung an denUniversitäten Zugang zu der übergreifenden Internet-Plattform.Die Zentren für Lehrerbildung tragen die Verantwortung für dieGestaltung und Organisation der Lehramts-Studiengänge sowiefür die Verbindung zwischen Studium und berufspraktischerAusbildung. Die Kooperation zwischen Universitäten und Studi-enseminaren wird so gleichfalls gestärkt.

M A T H E V E R S T E H E N M I T Z A R A Z Y L I N D E R

S T U D I E R E N D E E N T W I C K E L N L E R N W E R K S T A T T F Ü R D E N M A T H E - U N T E R R I C H T A N D E R G R U N D S C H U L E

Wer hat Angst vor Mathematik? Annika Dragon, Johannes Eckstein und Katrin Krüll jedenfalls nicht. Die drei Studierendender Universität in Koblenz haben gemeinsam mit PD Dr. Wolf-gang Zillmer eine Lernwerkstatt für den Mathe-Unterricht entwickelt. Die Werkstatt für Geometrie ist eine Antwort aufdie Fragen der PISA-Studie. Gemeinsam mit dem „Flächikus“,„Zara Zylinder“ und „Jopo Topo“ können Schüler in der Grund-schule so Mathematik erleben und begreifen lernen.

Die Qualität des Unterrichts an rheinland-pfälzischen Schulensoll steigen. Seit 2004 gibt es dazu ein entsprechendes Pro-gramm – eine neue Herausforderung und eine Folge der PISA-Studie. Hans Georg Baldus, Leiter der Theodor-Heuss-Grund-schule in Wirges, wandte sich gemeinsam mit seinen Kollegin-

Mit solchen Modellen können die Schüler experimentieren und so ihrräumliches Vorstellungsvermögen entwickeln

un701034_Uniprisma 2007 AK.qxd 15.02.2007 10:13 Uhr Seite 7

nen an die Universität, um diese Forderungen an seiner Schuleoptimal umsetzen zu können. Schwerpunkt der Qualitätsoffen-sive an seiner Schule sollte unter anderem die Geometrie sein,die oft vernachlässigt wird. PD Dr. Wolfgang Zillmer vom Insti-tut für Mathematik in Koblenz nahm die Idee zur Entwicklungeiner Lernwerkstatt für Geometrie auf. Im Rahmen einerExamensarbeit für das Lehramt an Grundschulen haben die dreiStudierenden die Werkstatt erarbeitet und in einer Projektwo-che an der Schule vorgestellt.

Zillmer war selbst lange Lehrer, bevor er sich der Wissenschaftzuwendete. Der Mathematikdidaktiker kennt den Schulalltagund blickt sorgenvoll auf sein Fach: „Mathematik ist keinModefach. Oft genug gehört die „schlechte Note in Mathe“ so-gar zum guten Ton. Verständlich ist das nicht, denn Wirtschaftund Informatik prägen unseren Alltag und sind ohne mathema-tische Grundlagen gar nicht denkbar.“ Die PISA-Studie hat dieProbleme ins öffentliche Bewusstsein gerückt. Wer den schuli-schen Alltag kannte, konnte die Ergebnisse allerdings vorausse-hen, meint Zillmer.

Wenn es um das bloße Rechnen ging, standen deutsche Schülergut da. Düster waren hingegen die Aussichten, sobald die Aufgabenstellungen problemhaften Charakter annahmen. DieLernwerkstatt sucht eine Antwort auf diese Schwierigkeiten.Seither trainieren Schülerinnen und Schüler in Wirges nichtbloß den richtigen Lösungsweg, sondern erarbeiten ihr Wissenselbst. Knapp 200 Arbeitsaufträge, dazu Modelle und Materia-lien liegen – geordnet nach Klassenstufen – in der Werkstattbereit. Die „neue Unterrichtskultur“ setzt auf die Tätigkeitender Schülerinnen und Schüler. Es gilt der Grundsatz: Ich weiß,

8

was ich getan habe. Wissen wird nicht mehr bloß vom Lehrerübermittelt, sondern tätig angeeignet.

Der „Flächikus“, „Zara Zylinder“ und „Jopo Topo“ begleiten dieKinder beim Lernen. Die Figuren stehen für die Bereiche derFlächen- und Körperformen sowie der Topologie. Mit Modellenkönnen die Schüler experimentieren und so ihr räumliches Vorstellungsvermögen entwickeln. Körper müssen geordnet,Grundformen der Alltagswelt und Perspektiven erkannt werden.Das Grundverständnis sowie das Erarbeiten von Lösungswegenstehen im Mittelpunkt. Doch Zillmer blickt voraus: „Wir müssennun aufpassen, dass wir das Rechnen nicht vergessen – dasrichtige Verhältnis ist entscheidend.“

W A S I S T E I N E L E R N W E R K S T A T T ?

Eine Lernwerkstatt ist eine geeignete Lernumgebung, die mitHilfe bereitgestellter Materialien Schülern ein Experimentierenund Erproben, Handeln und Lernen individuell und kooperativermöglicht. Sie setzt sich von der geschlossenen Unterrichts-form ab und zielt auf:

■ Erhöhung des Interesses und der Motivation der Schüler■ Förderung der aktiven Auseinandersetzung und Aneignung

inhaltlicher Themen■ Handlungs- und materialgeleitetes Lernen mit klaren

Arbeitsaufträgen■ Offenheit in Zeit und Weg bei der Bearbeitung

I M P R E S S U M

UNIPRISMAist das Wissenschaftsmagazin der Universität Koblenz-Landau

Herausgeber:Der Präsident

Redaktion:Bernd Hegen (verantw.), Maria Hammes,Thomas Metten, Kerstin Theilmann

Anschrift Redaktion:Universität Koblenz-LandauPräsidialamt, Referat ÖffentlichkeitsarbeitIsaac-Fulda-Allee 3, 55124 MainzTelefon 0 61 31–3 74 60-34/35Telefax 0 61 31–3 74 60-40E-Mail: [email protected]

Gesamtherstellung:Schrift & Druck Hammer GmbH, 76877 Offenbach

Bildnachweis:S. 1, 17/18: Juniorprof. Dr. Markus Dotterweich, S. 2, 10, 11/12 oben, 14, 16, 21/22, 23, 26, 31, 37: Karin Hiller, S. 4/5: Prof. Dr. Andreas Helmke, S. 7, 36:Jasper Grahl, S. 12 unten/13: Pia Bitzer,S. 19, 20: Kerstin Theilmann, S. 32: Prof. Dr. Martin Pütz, S. 38: Hans-GeorgMerkel, S. 39: Objektiv-TV. Alle weiterenFotos Universität Koblenz-Landau.

Namentlich gekennzeichnete Beiträgegeben nicht unbedingt die Meinung vonHerausgeber bzw. Redaktion wieder.

un701034_Uniprisma 2007 AK.qxd 15.02.2007 10:13 Uhr Seite 8

F R Ü H S T U D I U M F Ü R H O C H B E G A B T E

N E U E S F Ö R D E R A N G E B O T F Ü R S C H Ü L E R I N N E N U N D S C H Ü L E R

■ Mit dem Wintersemester 2006/07 hat die UniversitätKoblenz-Landau die Möglichkeit zum betreuten Frühstudiumfür besonders begabte und leistungsstarke Schülerinnen undSchüler eingerichtet. Das Projekt wird finanziell gefördertdurch das Hochschulsonderprogramm „Wissen schafft Zukunft“des Landes Rheinland-Pfalz und die Deutsche Telekom-Stiftung.Die auf den Pionier Dr. Ulrich Halbritter (Universität Köln)zurückgehende Idee richtet sich an Begabte der gymnasialenOberstufe und, in Ausnahmefällen, auch der Mittelstufe. DieTeilnehmer des Programms besuchen reguläre Lehrveranstal-tungen und können bereits Scheine, unter den gleichen Voraus-setzungen wie Studierende, erwerben, die bei Aufnahme einesordentlichen Studiums anerkannt werden.

■ Das Programm wurde für Schülerinnen und Schüler einge-richtet, die sich in ihrem Spezialfach in der Schule unterfordertfühlen. In Landau ist neben der Mathematik auch die Physikbeim Frühstudium mit von der Partie, geplant ist die Auswei-tung auf weitere Fächer in den Naturwissenschaften und ande-ren Disziplinen. Ferner wird die Hochbegabtenförderung in dieLehrerbildung integriert, damit Schüler von und mit Studentenlernen und die angehenden Lehrer auch für die Leistungsfähig-keit der Schüler sensibilisiert werden. In Koblenz können dieFrühstudierenden derzeit Veranstaltungen in den Naturwissen-schaften, der Informatik und der Psychologie besuchen, die Einbindung der Bildungs- und Kulturwissenschaften ist vorge-sehen. So studiert der 16-jährige Andreas Michael derzeit Phy-sik am Campus in Koblenz. Stefan Simon, ebenfalls 16 Jahrealt, besucht Veranstaltungen in Geometrie, Relativitätstheorieund eine Übung zur Linearen Algebra. Florian Wilhelmy gehthingegen seiner Leidenschaft für Chemie nach.

■ In der Schule hatte Stefan Simon bereits das Fach Physik abgewählt, da der Unterricht das Interesse des 17-jährigennicht stillen konnte. An der Universität hat sich die Sicht ge-wandelt. Die Themen entsprechen seiner Neigung und seinemfachlichen Interesse. Die Schule hat ihn daher auch für die Vorlesungen freigestellt. Der Besuch der Veranstaltungen bietetden Schülern bereits während des Frühstudiums die Möglichkeit,Leistungsnachweise zu erwerben. Florian Wilhelmy hat dieersten drei Testate in der Chemie absolviert, eines mit beson-ders gutem Ergebnis. Während die Scheine bei einem späterenStudium voll anerkannt werden, wird die Zeit des Frühstudiumshingegen nicht auf die Regelstudienzeit angerechnet. Das Stu-dium bietet so Gelegenheit, Kontakt zu anderen Studierendenaufzunehmen und erste berufliche Perspektiven zu eröffnen,ohne später verpflichtet zu sein, das gewählte Fach zu studieren.

■ Die Frühstudierenden blicken jedoch nicht bloß auf die künf-tigen Vorteile. Vielmehr steht bei allen die Freude am Fach imVordergrund. Für die Aufnahme ins Frühstudium benötigen dieSchülerstudierenden neben den fachlichen Qualifikationenzudem die Zustimmung von Eltern und Schulleitung. Sie können jederzeit ein Semester pausieren oder nach Rück-sprache mit den jeweiligen Instituten auch im laufenden Semester den Besuch der Lehrveranstaltung abbrechen. Denn nach wie vor gilt: Schule geht vor. Damit Universität und Schule besser vereinbar sind, sollen die für Schüler geeignetenVeranstaltungen künftig in den Nachmittagsstunden liegen.

■ Besonderes Augenmerk wird auf die Betreuung der Schüle-rinnen und Schüler gelegt. In Landau nimmt sich in den kom-menden zwei Jahren Bernd Knecht den Belangen der Schüler-studierenden an. Derzeit leitet er zu einer interdisziplinärenLehrveranstaltung „Kryptologie – Mathematik der Verschlüsse-lung“ eine Mathe-Übung, in der Schüler und Studierende gemeinsam Aufgaben lösen und die Lehramtskandidaten fachliche Probleme und die besondere Leistungsfähigkeit derSchüler kennen lernen. Als fächerübergreifender Administratorfür die Teilnehmer des Frühstudiums wird er künftig „Studien-beratung“ anbieten und in die Besonderheiten des Uni-Alltagseinführen. In Koblenz koordiniert Dr. Martina Endepohls-Ulpedas Frühstudierenden-Programm. Endepohls-Ulpe lehrt amInstitut für Psychologie und ist Expertin für Hochbegabung. Das von ihr konzipierte Mentorenprogramm am Campus Ko-blenz wurde speziell auf die Bedürfnisse der Frühstudierendenabgestimmt. Monika Brandenburger und Christine Orth betreuendie Schülerinnen und Schüler während ihres Studiums und stehen im Alltag zu allen Fragen beratend zur Seite. Auch dieLehramtskandidaten sollen von dem Förderprojekt profitieren:Die Erkenntnisse daraus fließen direkt in die Lehramtsausbil-dung ein. In praxisorientierten Veranstaltungen wird den Lehramtsstudierenden die Förderung individueller Begabungeneinzelner Schülerinnen und Schüler vermittelt.

Ansprechpartner:Campus Koblenz Campus LandauDr. Martina Endepohls-Ulpe Bernd KnechtE-Mail: E-Mail:[email protected] [email protected]

9

W I S S E N S C H A F T U N D B I L D U N G

Nähere Infos zum Schülerstudium/Frühstudium unter Landau: www.uni-landau.de/ZLB-Landau/html/

profjekte_forschung/frühstudium.htmKoblenz: www.uni-koblenz.de/fruehstudium

un701034_Uniprisma 2007 AK.qxd 15.02.2007 10:13 Uhr Seite 9

„Nach dem Pisa-Schock, mit seinem deutlichen Hinweis auf dieBedeutung der Eltern für den schulischen Erfolg, erleben wirderzeit eine zweite Schockwelle, die über unser Land hineinbricht. Sendungen mit Supermamas treffen offensichtlich denNerv der Zeit,“ so der Koblenzer Schulpädagoge Prof. Dr. Rein-hard Voss. 2006 fand daher die erste Koblenzer Elternuniver-sität statt, mit dem Ziel, die Rolle der Eltern im Zusammenhangmit Schulen und Gemeinden zu stärken. Die Universität seizwar keine traditionelle Institution der Familienbildung, aberals zentraler Ort der Lehrerbildung an einer starken Elternschaftinteressiert und auf eine gute Kooperation mit den Eltern ange-wiesen. Neben der Lehrerbildung gebe es zugleich einen allge-meinen Bildungsauftrag der Universität und die Notwendigkeit,sich an einem öffentlichen Diskurs zu beteiligen, meint Voss.

Die Elternuniversität stellte bewusst eine Grundhaltung geprägtvon Respekt und gegenseitiger Anerkennung in den Mittelpunktund grenzte sich so von der öffentlichen Diskussion ab. Vosssieht in der Diskussion eine Haltung vorherrschen, die durcheinen Umgang mit wenig Respekt und Wertschätzung, einerfehlenden Achtung der jeweils erbrachten Leistungen von Kin-dern, Eltern und Lehrern und einer allgemeinen Missachtungvon persönlichen Kompetenzen geprägt ist. Viele Menschenfühlen sich in einer Umwelt, deren Verhältnisse zudem vielfäl-tiger werden und sich schneller wandeln, ohne Orientierung.Daher müsse das Kräftedreieck Familie, Schule und Beratunggestärkt werden, so Voss, der auch die Elternuniversität initiierte.Auch Kinder sollen früh lernen, mit schwierigen Situationenund Unsicherheit umzugehen. Der Familie, in der Mitgliederpersönlich füreinander sorgen und Verschiedenheit anerkanntwird, kommt dabei eine besondere Stellung zu.

Zur ersten Elternuniversität erschienen 300 Lehrer, Eltern undBerater. Voss begrüßte zur Elternuniversität Haim Omer. Dergebürtige Brasilianer lehrt heute als Professor für Psychologiein der zweitgrößten israelischen Stadt Tel Aviv. Vor 13 Jahrenhat er sein Projekt mit einer Zeitungsannonce begonnen: Elterngesucht, die Angst vor Kindern haben. Sein Ansatz soll Elternhelfen, die sich hilflos gegenüber gewaltbereiten Kindern füh-len, die schreien, zu Wutausbrüchen neigen und starke Forde-rungen stellen.

In vielen Gesprächen mit Eltern hat Omer seine Überlegungenzum Konzept der „elterlichen Präsenz“ entwickelt. „Für dieEltern ist es wichtig, einen leitenden Begriff zu haben, an dem

A N G S T V O R K I N D E R N

sie sich orientieren können. Komplizierte psychologische Kon-zepte helfen oft wenig, wenn die Eltern handeln müssen undunter großem emotionalen Druck stehen. Die Idee der Präsenzsoll Orientierung bieten.“ Wie präsent Eltern sind, lässt sich miteiner einfachen Frage erkennen: „Wie viele Stunden in derWoche gibt es, von denen sie nicht genau wissen, wo ihr Kindsich aufhält?“ Eltern, die wissen, wo sich ihr Kind aufhält, sindfür dieses zumeist präsent. Aufsicht und Aufmerksamkeit sindwichtige Anzeichen. Wissen sie es nicht, leiden vor allem dieEltern selbst darunter. Elterliche Präsenz führt so nicht nur zueiner erhöhten Aufmerksamkeit gegenüber den Kindern, son-dern stärkt auch die Position der Eltern.

Auch Konflikte zwischen Eltern und Kindern müssen nicht zur Eskalation führen, wenn die Eltern mit dem Verhalten desKindes nicht einverstanden sind. Omer schlägt vor, nicht um-gehend eine Strafe zu verhängen, sondern die Reaktion zu ver-schieben. In einem eigenen Gespräch sollen die Eltern für dasKind wieder präsent werden. Dabei geht es um ernsthafte Pro-bleme, wenn Kinder ihre Geschwister schlagen oder stark auf-fällig werden, nicht bloß um ein unaufgeräumtes Zimmer. DieGespräch kann mit wenigen Sätzen beginnen: „Wir sind da,weil wir nicht einverstanden sind mit dem, was du getan hast.Bitte schlage uns vor, wie du dein Verhalten wiedergutmachenwillst.“ Eltern müssen lernen, ihren Redeanteil klar zu be-schränken und dies auch auszuhalten. Tadeln, Rügen und Pre-digen führen oft nur zur Verschärfung. Die Entschärfung derSituation durch eine Verschiebung und ein ausgeglichenes Ge-spräch erzeuge elterliche Präsenz. Studien haben ergeben, dassdie Gewaltbereitschaft steigt, je stärker eine Familie isoliert ist.Doch auch Eltern suchen nach Austausch und benötigen einNetzwerk zur Orientierung bei der Erziehung. Die Entwicklungvon Netzwerken stärkt die Eltern. Es gilt das Sprichwort: „Fürdie Erziehung eines Kindes braucht es ein ganzes Dorf“.

10

Haim Omer, Professor für Psychologie in Tel Aviv, hielt den Haupt-vortrag im Rahmen der Elternuniversität in Landau

un701034_Uniprisma 2007 AK.qxd 15.02.2007 10:14 Uhr Seite 10

E R F O L G S M O T O R M O T I V A T I O N

I N T E R N A T I O N A L E T A G U N G Z U R M O T I V A T I O N S F O R S C H U N G A N L A N D A U E R C A M P U S

Vergleichsstudien wie PISA, IGLU oder TIMSS haben es gezeigt:In manchen Ländern lernen Schüler erfolgreicher als in ande-ren. Schlagwörter wie Lebenslanges, selbstgesteuertes oderproblemorientiertes Lernen bestimmen seit geraumer Zeit diebildungspolitische Diskussion. Doch ohne Motivation bringenalle Lernformen nichts. Darin sind sich Motivationsforscherweltweit einig. Denn Motivation ist der treibende Motor, derLern- und Unterrichtsformen erst erfolgreich macht.

Über 170 Motivations- und Emotionsforscher aus 23 Ländernder Welt kamen zur „International Conference on Motivation“,kurz ICM, nach Landau. Nach 1996 durfte die Südpfalz bereitszum zweiten Mal Gastgeber dieser renommierten Konferenzsein. Eine Auszeichnung, denn die ICM genießt weltweit denRuf als bedeutendste Fachtagung auf dem Gebiet der Motiva-tions- und Emotionsforschung. Aufgrund der bildungswissen-schaftlichen Ausrichtung der Gastgeber-Universität hatte dieTagung den Themenschwerpunkt „Bildung und Lehr-Lern-prozesse“.

Die Tatsache, dass sich psychologische Grundlagenforscher und praxisorientierte Wissenschaftler aus der PädagogischenPsychologie und den Erziehungswissenschaften auf der imzweijährigen Rhythmus stattfindenden ICM austauschten, seidas Erfolgsrezept dieser Initiative, ist sich Pädagogik-ProfessorPeter Nenniger sicher. Gemeinsam mit seinen Kollegen Profes-sor Reinhold S. Jäger, Dr. Marold Wosnitza und Karen Kimmelorganisierte er diese Tagung. Vor zehn Jahren, als die ICM erst-mals in Landau Station machte, hatte Nenniger den Impuls fürdas Zusammenlegen dieser beiden Bereiche gegeben. „Damalskonnte niemand absehen, dass sich die Tagung dadurch auchweltweit derart weiterentwickeln würde“, so Nenniger. Dennhistorisch betrachtet, ist die ICM eine europäische Initiative.Mittlerweile besuchen und bereichern zahlreiche Wissenschafts-kollegen aus den USA und Australien die ICM. Entsprechendglobal ausgerichtet war das Thema der diesjährigen Tagung.

Unter dem Titel „Research on Motivation – Snapshots or GlobalPictures?“ diskutierten die Fachleute, in wieweit das breitge-fächerte Feld der Motivationsforschung globale Muster auf-weist und wie diese zu verstehen und zu benennen sind. DieDiskussion unter den Fachleuten habe eindeutig gezeigt, erklärtNenniger, dass es in der Motivationsforschung keine einheit-liche Auffassung, eben kein „Global Picture“ gebe. „Vielmehrkönnen wir von einem Flickenteppich mit Grundwebmusternsprechen.“ Die größten zusammenhängenden Muster gebe esdabei in den skandinavischen Ländern. Denn im Norden Euro-pas würden einzelne Maßnahmen zur Verbesserung der Moti-vation in Lernumgebungen gebündelt. „Deutschland hat hiereindeutig noch Handlungsbedarf“, bekräftigt Nenniger.

I C M G I B T A N S T Ö ß E F Ü R D I E F O R S C H U N G

Den Verdienst der ICM sieht Nenniger vor allen Dingen in denAnstößen in Forschung und Bildungspolitik, die durch denregelmäßigen internationalen wissenschaftlichen Austauscherfolgten. So haben beispielsweise seine ForscherkollegenMonique Boekaerts aus Leiden und Reinhard Pekrun aus München schon vor einiger Zeit erkannt, dass sich Menschennur dann erfolgreich selbst steuerten, wenn sie sich auch sonstgut fühlten. In Hongkong werden besonders die studentischenLernprobleme in der Forschungsrichtung „Approaches to Lear-ning“ unter die Lupe genommen. Der mit Landau besondersverbundenen Professorin Simone Volet von der Murdoch-Universität in Perth habe man schließlich aus ihren zahlreichenArbeiten mit internationalen Studierenden genauere Erkennt-nisse über kulturelle Unterschiede in der Lernmotivation zuverdanken. Darüber hinaus gesellte sich in diesem Jahr ein bislang fremder Bereich zur Motivationstagung: In der Sitzungzum Thema „Motivation und Verbrechen“ diskutierten Wissen-schaftler erstmalig über motivationsbedingte Ursachen undFolgen beim Begehen von Verbrechen.

M O T I V A T I O N I S T T R E I B E N D E R M O T O RD E R A L L T A G S B E W Ä L T I G U N G

Das Feld der Motivationsforschung ist weit: Die psychologischeGrundlagenforschung beschäftigt sich mit der Funktionsweiseder Motivation. Beflügeln oder bremsen Emotionen wie Ärger,Freude oder Angst die Menschen, sich mit der jährlichen Steuer-erklärung, einem unliebsamen Kollegen, Vorgesetzten oder demverstimmten Partner auseinanderzusetzen? In der angewandtenForschung wird bereichs- oder motivationsspezifischen Fragenauf den Grund gegangen, beispielsweise inwieweit die Qualität

11

W I S S E N S C H A F T U N D B I L D U N G

un701034_Uniprisma 2007 AK.qxd 15.02.2007 10:14 Uhr Seite 11

von Unterricht auch vom Engagement oder Durchhaltevermögender Lehrkräfte abhängt oder unter welchen Bedingungen Schulen Schülern mit Lerndefiziten eine Berufsperspektive vermitteln können. Ziel der Motivationsforschung ist somit, dieunterschiedlichen Formen der Motivation zu erfassen, um sieentsprechend fördern und über praktische Modelle in die erfolg-reiche Bewältigung des Alltags einfließen lassen zu können.Denn Motivation ist der Motor, der die Menschen zum Lernenund Handeln antreibt, so die einhellige Meinung der Forscher.

Derzeit laufen am Campus Landau am erziehungswissenschaft-lichen und am psychologischen Fachbereich mehrere Disserta-tionsvorhaben, die verschiedene Aspekte der Motivations-forschung unter die Lupe nehmen, wie zum Beispiel: Welche

Das Thema Motivation stand nicht nur bei der „InternationalConference on Motivation (ICM)“ im Vordergrund, sondern istauch für den wissenschaftlichen Nachwuchs sehr wichtig: Hinter jeder Doktorarbeit steckt eine große Portion Motivation.Dazu konnte die erste Summer School im Vorfeld der Konferenzsehr viel beitragen. 24 ausgewählte, junge Wissenschaftlerinnenund Wissenschaftler aus der ganzen Welt hatten die Chance,sich bei der ersten ICM – Summer School gegenseitig zu moti-vieren, ihr Promotionsvorhaben in der Motivationsforschung zudiskutieren und jede Menge Ratschläge der nicht nur dozieren-den Professorinnen und Professoren aus Australien, Finnland undDeutschland mit nach Hause zu nehmen.

Nina Holstermann, 26 Jahre alt, Doktorandin der Universität Göttingen:„In meiner Doktorarbeit beschäftige ich mich damit, wie man mitpositiven Erlebnissen beim Sezieren zum Beispiel von Schweine-herzen Schülern neben einem größeren Interesse an Humanbio-logie auch eine bessere Wertschätzung des eigenen Körpers ver-mitteln kann. In der Summer School hatten wir alle die Gelegen-heit, Leute kennen zu lernen, deren Projekte vielleicht Ähnlich-keiten mit der eigenen Arbeit aufweisen. Wir haben immer über-legt, wie und wo man sich unter Umständen helfen kann. Auf diesozialen Kontakte wurde sehr viel Wert gelegt. Ich werde ganzsicher mit vielen in Verbindung bleiben, beispielsweise mit Kolle-gen, die wie ich ein Graduiertenkolleg besuchen. Wir haben dieSummer School wirklich optimal erlebt. Das verdanken wir aufjeden Fall auch der tollen Organisation und Betreuung vor Ort.“

12

Aussichten motivieren Lehrkräfte, sich weiterzubilden? Was motiviert Lehramtsstudierende zu ihrem Studium? oderWelcher Zusammenhang besteht zwischen Lernproblemen vonHauptschülern und deren Berufseinstieg? „Diese unterschied-lichen Promotionsthemen deuten schon an, wie weit das Feldder Motivationsforschung bereits innerhalb der Bildungsfor-schung ist“, so Nenniger. Dissertationsvorhaben in der Motiva-tions- und Emotionsforschung waren auch Inhalt der erstenSummer School zur ICM.

Kontakt:Prof. Dr. Peter NenningerE-Mail: [email protected]

M O T I V I E R T E S O M M E R S C H Ü L E R A U S D E R G A N Z E N W E L T I N L A N D A U

un701034_Uniprisma 2007 AK.qxd 15.02.2007 10:14 Uhr Seite 12

Robert Ely, 40 Jahre alt, Doktorand der Universität Melbourne, Australien:„Die Summer School war für uns alle eine sehr intensive Zeit. Wir hatten die Gelegenheit, sehr kompetente Leute über unsereThemen sprechen zu hören. In sehr ernsthaften, engagierten undkonstruktiven Diskussionen haben die Dozenten jedem von unsganz verschiedene Forschungsrichtungen aufgezeigt und sounseren Blickwinkel erweitert. In diesem internationalen Umfeldöffnet man seine Augen für die Welt und sieht nicht nur dieeigene Arbeit. Ich habe auch viele Anregungen zu meinem Themabekommen. Dafür suche ich nach Möglichkeiten, die intrinsischeMotivation bei extrem auffälligen Schülern zu stärken. Dank derSummer School konnten wir alle mit vielen neuen Freunden zuranschließenden ICM-Konferenz nach Landau kommen, so fühltenwir uns nicht alleine oder fremd. Ich freue mich besonders, Kolle-gen aus Amsterdam und Norwegen kennen gelernt zu haben, dieein ähnliches Thema bearbeiten. Im Anschluss an die Konferenzwerde ich sie direkt besuchen.“

Julia Schmitz, 24 Jahre alt, Doktorandin der französisch-sprachigen Université Catholique in Löwen, Belgien:„Ich habe Psychologie studiert und schreibe jetzt im ersten Jahran meiner Dissertation. Ich untersuche, in welchem Zusammen-hang soziale Isolation und das Scheitern bei Prüfungen stehen.Meine Supervisorin hat mir empfohlen, mich mit meinem Projektfür diese Summer School zu bewerben. Und ich bin sehr froh,dass es geklappt hat. Jeder von uns hat seine Doktorarbeit miteinem Poster präsentiert. Die Professoren haben uns dann ganzviele Tipps gegeben. So konnten wir lernen, wie unser Thema inanderen Ländern angefasst wird. Ich finde, diese Summer Schoolsollte zur Dauereinrichtung werden. Ich habe junge Menschenaus Australien, Deutschland, Kanada, Hongkong, Belgien oderauch aus Norwegen kennen gelernt. Ich bin mir sicher, dass wiralle Kontakt halten werden.“

Pia Bitzer

13

W I S S E N S C H A F T U N D B I L D U N G

un701034_Uniprisma 2007 AK.qxd 15.02.2007 10:15 Uhr Seite 13

Zum Wintersemester 2001/2002 richtete die UniversitätKoblenz-Landau am Campus Landau den Diplom-Studien-gang Umweltwissenschaften ein. Damit vollzog die Univer-sität den letzten Schritt in ihrem Vorhaben, in jedem ihreracht Fachbereiche einen Diplom-Studiengang anzubieten.Mit 20 Studierenden startete der neue Studienzweig, mitt-lerweile sind über 250 Diplom-Aspiranten eingeschrieben,Tendenz steigend. Im Oktober 2006 war es dann soweit: DieUmweltwissenschaften konnten mit Mirco Bundschuh denersten Absolventen verbuchen.

■ Neun Semester Studium liegen hinter dem 24-jährigenMirco Bundschuh aus Mannheim, Landaus erstem Diplom-Umweltwissenschaftler. Wo er heute steht, hat er seiner Mutterzu verdanken. Sie hatte während Bundschuhs Zivildienst nachinnovativen Studiengängen mit Zukunft recherchiert, undihrem Sohn Landaus jüngsten Studienspross nahe gelegt. Mitdem Diplom in der Tasche startet der Hobby-Badminton-Spielerin das nächste akademische Abenteuer: Seit Kurzem arbeitet erals Doktorand am Institut für Umweltwissenschaften und kanndamit das Thema seiner Diplomarbeit, ein Testsystem für Arz-neimittelwirkungen in Gewässern, in die praktische Anwendungüberführen. In seinem Promotionsvorhaben untersucht Bund-schuh die Auswirkungen von Verunreinigungen, die durch Klär-anlagen in die Umwelt gelangen, beispielsweise Waschmittel-zusätze, Pharmaka oder Kosmetika. Initiiert wurde das Projektvom Schweizerischen Umweltbundesamt, das auch die Finanzierung sichert.

E R S T E R D I P L O M A N D I N D E N U M W E L T W I S S E N S C H A F T E N

D E R 2 4 - J Ä H R I G E M I R C O B U N D S C H U H I S T E R S T E R L A N D A U E RD I P L O M - U M W E L T W I S S E N S C H A F T L E R

Bundschuh hat sein Studium zum Sommersemester 2002begonnen – ein Semester nach dem offiziellen Start des Studi-engangs. Etwas „verwaist“ habe er sich mit seinen wenigenKommilitonen in den ersten Semestern gefühlt, erinnert sichder Nachwuchswissenschaftler. Schließlich war für die Genera-tion der ersten Stunde alles neu, direkte Ansprechpartner gabes für die studentischen Pioniere der Umweltwissenschaftlernur bedingt. Mit Juniorprofessor Markus Dotterweich haben dieStudierenden seit 2003 einen Ansprechpartner eigens für dieBelange der Umweltwissenschaften. 2004 folgte Professor Dr.Ralf Schulz einem Ruf nach Landau, das Institut für Umwelt-wissenschaften wurde gegründet. Seit dieser Zeit ist Instituts-leiter Schulz mit dem Aufbau des Instituts betraut. Seine ersteAmtshandlung war die Überarbeitung der Prüfungsordnung, dieunter Beteiligung der Studierenden erfolgte. „Anfangs musstendie Studierenden rund 14 Klausuren am Ende eines Semestersschreiben, das war kaum zu schaffen“. Mit der neuen Prüfungs-ordnung wurden andere Formen zur Leistungsüberprüfung wieReferat, Hausarbeit oder Protokoll eingeführt.

■ Es gibt nur wenige Standorte in Deutschland, die Umwelt-wissenschaften als Studiengang anbieten, erklärt Schulz. Diemeisten seien allerdings technisch ausgerichtet. Die Stärke desLandauer Studiengangs sieht Schulz in der interdisziplinärenAusrichtung. Neben rein naturwissenschaftlichen Fächern wieBiologie, Chemie, Physik, Geographie und Mathematik, vermit-telt der Studiengang Fachkenntnisse in Wirtschaft, Umwelt-recht, Sozialwissenschaften, Philosophie, Psychologie, Pädago-gik und Umweltwissenschaften. „Die Umweltprobleme heutzu-tage sind sehr komplex“, erklärt Schulz dieses integrierte Quer-schnittsstudium. „Unser Ziel ist es, Experten mit breit gefächer-tem Wissen auszubilden, die gute Berufschancen haben“.Schulz weiß, wovon er spricht. Denn neben vielen Jahren in derWissenschaft war er lange Zeit in der Pflanzenschutzindustriein England tätig und weiß, nach welchen Kompetenzen Arbeit-geber suchen und in welchen Tätigkeitsfeldern Umweltwissen-schaftler beruflich unterkommen können.

■ In zwei Jahren hat der Institutsleiter schon viel erreicht:Mittlerweile sind 250 Studierende für die Umweltwissenschaf-ten eingeschrieben, begonnen hatte der Studiengang mit 20Pionieren. Über eine Million Euro an Drittmitteln hat das Insti-tut eingeworben, zahlreiche Forschungsprojekte laufen. „Einegute Basis für Studierende, die in der Wissenschaft tätig sein wollen.“ Zwei Ziele sieht Schulz klar vor sich: Die Umstellungdes Studiengangs auf den Bachelor-Master-Abschluss sowie

14

Mirco Bundschuh isterster Absolvent inden Umweltwissen-schaften

un701034_Uniprisma 2007 AK.qxd 15.02.2007 10:15 Uhr Seite 14

die Internationalisierung des Studiengangs. Beispielsweiseschwebt ihm vor, einen gewissen Teil der Lehrveranstaltungennur noch auf Englisch anzubieten. „Englisch ist die lingua franca in Wissenschaft und Wirtschaft.“ Verstärken und aus-bauen möchte er auch das Netzwerk mit wissenschaftlichenGesellschaften wie der SETAC (Society of Environmental Toxi-cology and Chemistry), die ihre Jahrestagung Anfang Septem-ber in Landau abgehalten hat. Solche Gesellschaften bötenStudierenden die Möglichkeit, mit potentiellen Arbeitgebern ins Gespräch zu kommen. Für das Institut hingegen seien sieeine Chance, sich auf der wissenschaftlichen Landkarte zupositionieren.

■ Kontakte zur SETAC hat Mirco Bundschuh bereits geknüpft. Seit März ist er Sprecher der europaweiten studentischen Beratungsgruppe für den SETAC-Vorstand. In dieser Funktionhat er den Aufbau einer Info-Plattform für Studierende forciert

und ein Forum zum Informationsaustausch etabliert. Derzeitplant er einen Vortragsblock für Studierende auf der Jahresta-gung in Porto in diesem Jahr. „Der deutsche Zweig der SETACist das Aushängeschild in Fragen der Nachwuchsförderung“,bekräftigt der Wissenschaftler Schulz. Bundschuh kommt nachseinem Dafürhalten als Sprecher der studentischen Beratungs-gruppe eine wichtige Rolle zu, in der er für Studierende euro-paweit viel bewegen könne. Doch auch für die SETAC sei diesesGremium um Bundschuh von unschätzbarem Wert, „ein Netz-werk lebt nur durch effektive Nachwuchswerbung“. Dass Lan-dau durch Bundschuh einen großen Beitrag dazu leisten könne,komme sicherlich auch dem Renommee des Landauer Institutszugute.

Kontakt:Prof. Dr. Ralf SchulzE-Mail: [email protected]

15

W I S S E N S C H A F T U N D U M W E L T

I N S T I T U T I N W I S S E N S C H A F T S S Z E N E P O S I T I O N I E R T

I N S T I T U T F Ü R U M W E L T W I S S E N S C H A F T E N G I B T E I N S T A N D A U FS E T A C - J A H R E S T A G U N G

Über 250 Vertreter aus Wissenschaft, Politik, Verbänden undIndustrie haben am Campus Landau auf der 11. Jahrestagungder deutschsprachigen Sektion der SETAC (Society of Environmental Toxicology and Chemistry) über Fragen derÖkotoxikologie und Umweltchemie diskutiert. Organisierthatte die Tagung das erst 2004 gegründete Landauer Institutfür Umweltwissenschaften.

„Mit dieser Tagung konnten wir unser junges Institut erfolg-reich in der Wissenschaftsszene positionieren“, bekräftigt Pro-fessor Ralf Schulz, Leiter des Instituts für Umweltwissenschaf-ten. Die Landauer Universität sei nun einem großen Fachzirkelin Deutschland, Österreich und der Schweiz ein Begriff unddank der Tagung nachhaltig in Erinnerung. Einige Kooperatio-nen haben sich im Nachgang zur Konferenz ergeben: Ein Pro-jekt läuft im Auftrag des Umweltbundesamtes (UBA), in dem es um die Risikobewertung von Pflanzenschutzmitteln im Obst-, Wein- und Hopfenanbau geht. Das Schweizer Umwelt-bundesamt, BafU, hat in Landau ein Projekt vergeben, das dieAuswirkungen von Verunreinigungen untersucht, die durchKläranlagen in die Natur gelangen.

„Die Einführung in die Fachzirkel erfolgte auf besondere Weise,weil wir eine Reihe Neuerungen und Verbesserungen durch-führten, die bei den Teilnehmern auf große Resonanz stießen“,erklärt Dr. Carsten Brühl. Als Mitarbeiter am Institut für Um-weltwissenschaften und Präsident der deutschsprachigen Sek-tion der SETAC war er für die Durchführung der Tagung verant-wortlich. Die Landauer Impulse konzentrierten sich in besonde-rem Maße auf die Förderung und Einbindung des wissenschaft-lichen Nachwuchses: Erstmals fanden sich Unternehmen zueiner Jobbörse zusammen, in einem eigenen Vortragsblockkonnten die Nachwuchswissenschaftler einen Fachvortrag vorerfahrenen Kollegen halten, und Landauer Studierende botenKommilitonen kostenlose Übernachtungsmöglichkeiten an.

Ö K O T O X I K O L O G I E

Nach dem großen Fischsterben im Rhein, das vor 20 Jahrendurch Löscharbeiten einer Brandkatastrophe in einer schwei-zerischen Chemie-Lagerhalle ausgelöst wurde, ist die Ökotoxi-kologie in den Blickpunkt gesellschaftspolitischer Fragestellun-gen gerückt. Unter anderem drängten die Verantwortlichen auf

un701034_Uniprisma 2007 AK.qxd 15.02.2007 10:15 Uhr Seite 15

die Ausbildung von Umweltwissenschaftlern, wie dies seit vierJahren auch in Landau möglich ist. Für viele Menschen galtenund gelten die Fortschritte in der medizinischen und chemi-schen Forschung als wahrer Segen: Ob Pflanzenschutzmittel,die eine ertragreiche Ernte sicherten oder Hormone und Arznei-mittel, die das Leben unbeschwerter machen und Leiden lindernkonnten. Doch die Schattenseite dieser Stoffe war schnelldeutlich zu sehen: weibliche Wasserschnecken mit männlichenGeschlechtsorganen oder ein Anstieg der Erkrankungsraten beiBrust- und Hodenkrebs.

„Die Umweltprobleme sind heute komplexer denn je“, erklärtUmweltwissenschaftler Schulz. Neben Maßnahmen zumUmweltschutz flössen immer auch ökonomische Ansprüche anÖkosysteme sowie gesellschaftswissenschaftliche Kriterien indie Bewertung mit ein. Die Ökotoxikologie müsse deshalb lang-fristig den Blick über den Tellerrand wagen. „Dieses Ziel habenwir mit der Tagung verfolgt und auch erreicht“, bekräftigt For-scherkollege Brühl. Entsprechend breit müsse auch die Ausbil-dung der Ökotoxikologen in Deutschland ausgelegt sein, so dieMeinung der Experten. Bislang sei das noch unzureichend derFall. Doch das soll sich langfristig ändern: So bieten diedeutschsprachige Sektion der SETAC und die Gesellschaft Deut-scher Chemiker seit 2005 den Weiterbildungsstudiengang„Fachökotoxikologe“ an. Das Landauer Institut für Umweltwis-senschaften ist dabei für den Teil „Landschaftsmaßstab - Inte-grative Aspekte“ zuständig. In zwei bis drei Jahren erwerbendie Teilnehmer berufsbegleitend Kenntnisse über das breiteSpektrum der Ökotoxikologie einschließlich umweltchemischerAspekte.

L A N D A U E R F O R S C H U N G S B E I T R A G

Neben der Landschaftsökologie und der Biodiversität bildet dieÖkotoxikologie den dritten Forschungsschwerpunkt des Lan-dauer Instituts für Umweltwissenschaften. Hierbei haben dieWissenschaftler aquatische und terrestrische Fragestellungenim Blick. Gerade begonnen hat ein mit 3,8 Millionen Euro aus-gestattetes Forschungsprojekt der EU namens „ArtWET“.

Mit Landau sind neun weitere internationale Projektpartner ausWissenschaft, Behörden und Praxis mit im Boot. „Bei diesemumfassenden und renommierten Projekt mitarbeiten zu können,ist für unser junges Institut eine große Auszeichnung“, bekräf-tigt Ralf Schulz, Projektverantwortlicher auf Landauer Seite. ImRahmen des Projekts soll untersucht werden, durch welcheTechnologien die negative Einwirkung von Pflanzenschutzmit-teln auf Ökosysteme minimiert werden kann. Ein Untersu-chungsgegenstand sind dabei mit Pflanzen bestandene Rück-haltebecken, beispielsweise kleinere Bachaufweitungen, die alsNieren der Ökosysteme fungieren. Die Pflanzen wirken dort wieFilter, da sich Pflanzenschutzmittel an deren Oberfläche heftenund durch dort angesiedelte Mikroorganismen abgebaut wer-den können. „Wir wollen herausfinden, wie viel der Pflanzen-schutzmittel durch diese Filterfunktion zurückgehalten werdenkann“, so Schulz. Bislang gibt es nur wenige Untersuchungenzu dieser Fragestellung aus den USA oder Südafrika. In einemweiteren Schritt geht es darum, wie diese Lösungsansätze öko-nomisch und rechtlich umgesetzt werden können.

Die Ökotoxikologie im terrestrischen Bereich ist das Spezialge-biet von Dr. Carsten Brühl. Derzeit betreut der Wissenschaftlerunterschiedliche Studien zu verschiedenen Parametern der EU-Richtlinie zur Risikobewertung von Pflanzenschutzmitteln aufSäugetiere und Vögel. Hier arbeitet der Forscher eng mit derIndustrie zusammen. Zwei weitere Projekte starten in 2007:Eines befasst sich damit, wie sich Naturschutz und Ökotoxiko-logie am Beispiel von Fledermäusen, einer in ganz Europastreng geschützten Tiergruppe, verbinden lassen. Die Fragestel-lung lautet hierbei, welchen Einfluss der Einsatz von Pflanzen-schutzmitteln auf Fledermauspopulationen hat – direkt durchdie Nahrungsaufnahme toxischer Rückstände auf Insekten undindirekt durch die Reduzierung der Insektendichte in der Kult-urlandschaft. Eine Anschubfinanzierung stellt das rheinland-pfälzische Wissenschaftsministerium aus Mitteln des Projekts„Ökotoxikologie in der Kulturlandschaft: vom Molekül zur Maß-nahme“ bereit.

16

Groß war das Medieninteresse an den ökotoxikologischen Themen

Das Landauer Institut für Umweltwissenschaften war Organisator der 11. SETAC-Jahrestagung

un701034_Uniprisma 2007 AK.qxd 15.02.2007 10:15 Uhr Seite 16

D I E A R B E I T D E R E R D D E T E K T I V E

B Ö D E N S I N D A R C H I V E D E R N A T U R - U N D K U L T U R G E S C H I C H T E –D I E S E A U S Z U W E R T E N , I S T A U F G A B E V O N L A N D S C H A F T S Ö K O L O G E N

Das zweite Projekt ergründet die Beeinflussung von Käfer- undInsektenpopulationen durch Pestizide. Hier werden ökologischemit konventionellen Flächen verglichen, mit besonderemAugenmerk auf angrenzende Saumstrukturen wie Hecken oderWiesen. Dabei soll die Zusammensetzung von Insektengemein-schaften mit unterschiedlichem Pestizideinsatz und landwirt-schaftlicher Praxis korreliert werden, um Erkenntnisse für die

interdisziplinär ausgerichtetes Arbeiten: Von der Geomorpho-logie, Klimatologie und Bodenkunde über Geschichtswissen-schaften und Archäologie bis hin zu der Geoinformatik reichtdie Bandbreite seiner verwendeten Methoden, um das histori-sche Landschafts-Puzzle Stück für Stück zu legen.

Extreme Witterungsausschläge wie wir sie heute mit „Jahrhun-dertsommer“ oder „Jahrhundertflut“ kennen, gab es auch früherschon, erklärt Umweltwissenschaftler Dotterweich. Ob sich dasallein auf das Wirken des Menschen zurückführen lässt, istoffen. Fest steht allerdings, dass der Mensch diese klimatischenExtreme wie Hochwasser, extrem trockene Jahre oder Heu-

17

W I S S E N S C H A F T U N D U M W E L T

Atemberaubende Bergkulissen beim Wanderurlaub, sanfteHügelformen des Haardtgebirges oder verwunschene Auen-wiesen. Kaum etwas ist vielfältiger und abwechslungsreicherals die Landschaften der Erde. Doch hatten sie schon immerihre heutige Form? Wie hat der Mensch die Landschaft überJahrzehnte, Jahrhunderte, ja sogar Jahrtausende durch Bewirt-schaftung und Besiedlung beeinflusst und sogar verändert?Und welche Rückkopplungen, beispielsweise in Form von klima-tischen Katastrophen, gab es auf den Menschen? Wie wurdedas Ökosystem durch unsere Vorfahren beeinflusst? WelcheFolgen ergeben sich für den heutigen Naturschutz?

Das sind Fragen, mit denen sich die Landschaftsentwicklungbeschäftigt. Wahre Detektivarbeit steckt dahinter, wie MarkusDotterweich, Juniorprofessor am Institut für Umweltwissen-schaften am Campus Landau zu berichten weiß. Denn bei derSuche nach Antworten auf seine wissenschaftlichen Fragengreift er nicht nur auf Archive der Landwirtschaft sondern auch auf solche der Kulturgeschichte zurück. Das bedeutet fürden Experten für Landschaftsentwicklung im Klartext stark

Zulassung von Pflanzenschutzmitteln zu gewinnen. Dieser For-schungsaspekt wird auch ein Schwerpunkt-Thema auf dereuropäischen SETAC-Tagung in Porto 2007 sein.

Kontakt:Prof. Dr. Ralf Schulz Dr. Carsten BrühlE-Mail: [email protected] E-Mail: [email protected]

Ca. 1000 Jahre alte Kera-mikbruchstücke, Schlacken,Knochen und Muscheln, dieaus den Hochflutsedimen-ten des Mississippi gebor-

gen wurden

un701034_Uniprisma 2007 AK.qxd 15.02.2007 10:15 Uhr Seite 17

im Neolithikum, fing der Mensch an, den Boden zu kultivierenund Spuren zu hinterlassen. Seit dieser Zeit hat der Menschden Wasser- und Stoffhaushalt nachhaltig verändert. Die Dyna-mik desselben liefert Indizien, um die Kulturgeschichte undBeschaffenheit der Erdoberfläche zu rekonstruieren.

Bagger, Schaufel oder Bohrhammer sind Dotterweichs Begleiterbei Forschungsgrabungen im Freiland, um in unterschiedlichenTiefen an aufschlussreiche Bodenproben aus unterschiedlichenSedimenten zu kommen. Für die Datierung der Sedimente gibtes zahlreiche Methoden. Dotterweich arbeitet hauptsächlichmit zwei Techniken. Grobe Datierungen kann der Landschafts-forscher aufgrund seiner langjährigen Erfahrung vornehmen.Aufschlüsse gibt dabei die Beschaffenheit des Sediments, bei-spielsweise ob es locker oder fest ist, sowie die Bodenentwick-lungs- und -bildungsprozesse im Sediment. Erfahrungsgemäßbenötigt ein solcher Entwicklungsprozess zwischen 500 und1.000 Jahren. Indizien zur Bodendatierung sind auch Materiali-en, die sich im Sediment abgelagert haben, beispielsweiseKeramikstücke oder organische Reste wie Holz und Holzkohle.Die Datierungen des Alters der organischen Funde führen Spe-ziallabore mittels Radiokohlenstoffmethode durch, bei Keramikist das Know-How der Archäologen gefragt.

Für eine spätere Management-Strategie zur Landschaftsnut-zung, die der Wissenschaftler erarbeitet, müssen die Datenzunächst analysiert, datiert und anhand von historischen Quellen wie Karten-, Schrift- oder Bildmaterialien in einenhistorischen Kontext überführt werden. „Solche Strategien können Grundlage für politische Entscheidungen sein, bei-spielsweise bei der Erstellung von Landschaftsplänen, Natur-schutz- oder Tourismuskonzepten.“

D I E P R O J E K T E

Derzeit führt Dotterweich gemeinsam mit dem amerikanischenDoktoranden Jared David May das von der Deutschen For-schungsgesellschaft finanzierte Projekt „Soilmiss“ in Mississippi(USA) durch. Kooperationspartner vor Ort sind das „USDANational Sedimentation Laboratory“ und das „Cobb Institute of Archaeology“ an der Mississippi State University in Stark-ville, die infrastrukturelle Unterstützung leisten. Forschungs-gebiet sind so genannte „Badlands“ in Lafayette County imNorden des US-Bundesstaates Mississippi, Landschaften, diedurch intensive Landnutzung und starke Bodenerosion mit Gullys durchzogen und somit total zerstört wurden. „Drei

18

Im Rahmen des Projekts Soilmiss führte der amerikanische DoktorandJared David May Bodenuntersuchungen in Mississippi (USA) durch

schreckenplagen forcierte. „Was wir in historischen Aufzeich-nungen lesen, versuchen wir naturwissenschaftlich mit Gra-bungen zu belegen“, erklärt Dotterweich das Vorgehen. Nursomit ließe sich belegen, ob das in Archiven Geschriebene derWahrheit entspreche. „Die Geschichtsschreiber damals standenden Boulevard-Journalisten von heute in nichts nach“, so Dot-terweich. „Auch damals wurden Ereignisse reißerisch berichtet“.Klassisch sei das immer wieder kehrende Bild einer Witwe, dievon Hochwasserfluten mitgerissen wird. Doch Landschaftsfor-scher müssen noch andere Hürden überwinden. So fielen zahl-reiche historische Dokumente Kriegen oder Bränden zum Opfer,nicht alle Ereignisse wurden aufgezeichnet oder manchemLehnsherrn schien die Aufbewahrung von Aufzeichnungennicht notwendig.

D I E M E T H O D E

Beweise dafür, wie der Mensch durch landwirtschaftliche Nut-zung die Erdoberfläche verändert hat, sucht Geoökologe Dot-terweich durch Forschungsgrabungen, wie er sie bereits inAmerika, Polen, Belgien oder dem Pfälzer Wald durchgeführthat. Besonders deutlich wird die Wechselwirkung zwischenMensch und Umwelt an der Bodenerosion. Bis zu 7.000 Jahrekönnen die menschlichen Eingriffe zurück liegen, die der wis-senschaftliche „Erddetektiv“ identifizieren kann. Denn damals,

un701034_Uniprisma 2007 AK.qxd 15.02.2007 10:15 Uhr Seite 18

Aspekte sind in diesem Projekt besonders spannend“, erklärtDotterweich. Denn inwieweit Landnutzung die Böden nachhal-tig veränderte, ist in den USA bislang noch nicht untersuchtworden. Außerdem ist noch völlig unbekannt, welchen Einflussdie indianische Landnutzung auf Böden und Relief genommenhat. Zwar sei die Vorstellung, dass die Indianer in Einklang mitder Natur lebten, bereits revidiert, doch die Auswirkung nochnicht geklärt. Des Weiteren sieht das Projekt neue Aspekte derGrundlagenforschung im Bereich der Prozessforschung vor.

Einen ähnlichen Forschungsansatz hat Dotterweichs Projekt imPfälzer Wald. Auch dort sucht der Wissenschaftler nachErklärungen, wie der Mensch die Erdoberfläche verändert hat.Vorteil dieses Projektes: „Wir betreiben hier Forschung vor derHaustür“, so der Landschaftsökologe. Davon profitierten inbesonderem Maße die Studierenden, die somit den praktischenTeil der Wissenschaft kennen lernen könnten. Im Sommer 2006führte Dotterweich eine Forschungsgrabung mit Studierendenim Rahmen einer Exkursion durch. Weitere sollen folgen, umsystematisch Daten bis hin zum Nordelsass und dem Saarlandzu erhalten.

Kontakt:Juniorprofessor Dr. Markus DotterweichTel: 0 63 41/280-328E-Mail: [email protected]

19

W I S S E N S C H A F T U N D U M W E L T

Im Sommer 2006 führte Juniorprofessor Markus Dotterweich imPfälzer Wald eine Forschungsgrabung mit Studierenden durch

un701034_Uniprisma 2007 AK.qxd 15.02.2007 10:16 Uhr Seite 19

■ 150 Lehrerinnen und Lehrer, Jugendpfleger, Politiker, Polizi-sten, Wissenschaftler und Vertreter der Kirchen waren zur Auf-taktveranstaltung der Initiative „Fremdenfeindlichkeit undRechtsextremismus? – Wir tun was!“ nach Landau gekommen.„Die Thematik ist ein Dauerproblem moderner Gesellschaften“,erklärt Dr. Elke Moning vom Landauer Institut für Erziehungs-wissenschaft, eine der Organisatorinnen der Tagung. Deshalbgehen verschiedene Landauer Universitätsinstitute diese Themen mit unterschiedlichen Schwerpunktsetzungen an.

■ Zusammen mit der Landeszentrale für Politische Bildung hat-ten das Institut für Erziehungswissenschaft und die AbteilungPolitik des Instituts für Sozialwissenschaften zur Auftaktveran-staltung eingeladen. In Vorträgen und Workshops vermitteltenExperten ganz unterschiedliche Aspekte von Rechtsextremismusund Fremdenfeindlichkeit. Die Bandbreite reichte von rechtenJugendkulturen, Musik der Rechtsextremen als Köder für Jugend-liche über das Auftreten der Rechtsextremen im Internet bis hinzu konkreten Präventions- und Lösungsansätzen in Unterrichtund Jugendarbeit.

■ „Das breite Spektrum der Teilnehmer und die Tatsache, dasswir etwa 80 Anfragen aus organisatorischen Gründen abweisenmussten, zeigt die Notwendigkeit dieser Auftaktinitiative“,unterstreicht Elke Moning. Sie selbst arbeitet im didaktischenBereich der Erziehungswissenschaft vor allem daran, angehendeLehrerinnen und Lehrer auf den Umgang mit Gewalt und Konflik-ten vorzubereiten. Dass das absolut notwendig ist, hat ElkeMoning selbst als Lehrerin an Schulen in sozialen Brennpunktenerfahren.

W I R T U N W A S !

I N I T I A T I V E G E G E N R E C H T S E X T R E M I S M U S U N D F R E M D E N F E I N D -L I C H K E I T G E S T A R T E T

■ „Lehrende müssen sich täglich mit Schülerinnen und Schülernin einer oftmals schwierigen Jugendphase auseinandersetzen. Zu nennen sind hier unter anderem die Rollenunsicherheit jungerMenschen, Probleme bei der Orientierung in der Gesellschaft, die Ablösung vom Elternhaus, der Einfluss der Medien und derGleichaltrigengruppe“, erläutert die Pädagogin Moning. All dieseFragen der Selbstorientierung bieten für die rechte Szene einSammelbecken für junge Menschen, die Gemeinschaft suchen,sich oft isoliert fühlen, vielleicht mangelnde Anerkennung erfah-ren und nicht gelernt haben, mit eigenen Aggressionen sinnvollumzugehen.

■ „Was können wir als junge Lehrerinnen und Lehrer hier lei-sten? Wo sind aber auch Grenzen?“ Solche Aspekte bewegen, wie Elke Moning berichtet, die Lehramtsstudierenden. Die rechteSzene ist eine besonders dynamische Szene. Um die neuestenTrends zu kennen, müssen sich Lehrerinnen und Lehrer immerwieder um aktuelle Informationen und Forschungsergebnissebemühen. Die Frage nach Deeskalation von Konfliktsituationen,Typen von Konflikten, sinnvollen Kommunikationsstrategien oderauch nach dem Umgang mit aggressiven Schülern stellen großeHerausforderungen dar – auch an die eigene Persönlichkeit.

■ Darauf sollen die künftigen Lehrer vorbereitet werden. Nebenfachwissenschaftlichen Kenntnissen im didaktisch-pädagogi-schen Bereich geht es Elke Moning darum, dass die Studieren-den eine soziale Kompetenz aufbauen. Eine Grundlage dafürbieten verschiedene Kurse zur Gewalt- und Konfliktpräventionmit einem Anti-Gewalttrainer. Weil diese Seminare sehr gutangenommen werden, wolle das Institut die Thematik Kon-fliktmanagement und Gewaltprävention im Semesterangebotfür Lehramtsstudierende weiter ausbauen. Die Studienseminarehaben es sich zur Aufgabe gemacht, die angehenden Lehrkräfteauch während der zweiten Phase ihrer Ausbildung, im Referen-dariat, weiter in diesen Bereichen zu schulen.

■ Neben dem Institut für Erziehungswissenschaft beschäftigensich am Campus Landau beispielsweise die Abteilung Politikwis-senschaft des Instituts für Sozialwissenschaften, das Institut fürBildung im Kindes- und Jugendalter sowie der Fachbereich Psy-chologie mit der Thematik Gewalt und Fremdenfeindlichkeit.Dank verschiedener Kooperationen wie zum Beispiel mit dem„Netzwerk für ein gewaltfreies Miteinander in der Südpfalz“, mitder Polizei Landau oder auch mit der Landeszentrale für Politi-sche Bildung gelingt es, wie Elke Moning berichtet, Expertenwis-sen breit verfügbar zu machen, Kräfte zu bündeln und Initiativendauerhaft in festen Projekten zu installieren.

20

Antigewalttraining für angehende Lehrerinnen

un701034_Uniprisma 2007 AK.qxd 15.02.2007 10:16 Uhr Seite 20

S T I F T U N G S P R O F E S S U R F Ü R D E M O G R A P H I E F O R S C H U N G

E R S T M A L S S T I F T U N G S P R O F E S S U R A M C A M P U S L A N D A U E I N G E R I C H T E T

■ Auch in Zukunft wird die Universität in Landau der Thematikvielfältig begegnen: Für das Frühjahr 2007 kündigt Elke Moningeine Wiederholung der sehr erfolgreichen Tagung im Raum Lud-wigshafen an sowie ein „Argumentationstraining gegen frem-denfeindliche Äußerungen“ an der Universität in Landau. Außer-dem sollen die wichtigsten Beiträge der Tagung in einer Publika-tion veröffentlicht werden, um sie einem breiteren Publikumauch außerhalb der Universität zugänglich zu machen. Darüberhinaus sind neue Weiterbildungsveranstaltungen sowie eine Ver-öffentlichung von „best practice“-Beispielen geplant, um Lehre-rinnen und Lehrern gelungene Modelle für Konfliktbearbeitungund Gewaltprävention an die Hand zu geben. Der Name derInitiative bleibt Programm: „Wir tun was!“

Pia Bitzer

Demographieforschung und Anthropogeographie liegt. DieFinanzierung der Stelle wird gemeinsam durch die SparkasseSüdliche Weinstraße, die Energie Südwest und die Leadership-Kulturstiftung Landau gesichert. Insgesamt werden 50.000 Europro Jahr für eine Laufzeit von sechs Jahren zur Verfügunggestellt.

Besonders an gesellschaftlichen Themen orientierte Stiftungenund Politikberater hätten Interesse an Erkenntnissen zumdemographischen Wandel, bekräftigt Köppen. Allerdingsbedauere er, dass dem Thema auf höchster politischer Ebenenoch nicht die angemessene Aufmerksamkeit zuteil würde. Er erklärt sich dies dadurch, dass die erwarteten negativen Fol-gen der zukünftigen Bevölkerungsentwicklung ein unangeneh-mes Thema seien und tief greifende Reformen erforderten. „Wirmüssen das Vorausdenken für zukünftige Generationen wiederlernen“, fordert Köppen. Es gehe deshalb in der Forschungzunehmend nicht nur darum, Detaillösungen zu finden odernoch mehr und immer feinere Vorausberechnungen zu erstel-len, sondern auch die Gesellschaft für das Thema weiter zusensibilisieren. „Wir müssen uns ernsthaft fragen, was wir unsleisten wollen und was davon wir erhalten können.“

„Deutschland ohne Kinder“ oder „Altes Deutschland“ waren2006 Titel in der Wochenzeitung „Die Zeit“. Aktuell vergehtkaum ein Tag, an dem nicht über den demographischen Wandelin Deutschland zu lesen oder zu hören ist. Nicht nur, weil dasThema so vielschichtig ist, sondern vor allen Dingen, weil diesozialen Sicherungssysteme nicht mehr funktionieren. „Demo-graphischer Wandel ist zurzeit ein Modethema“, bekräftigtJuniorprofessor Bernhard Köppen, Inhaber der ersten Stiftungs-professur am Campus Landau, deren Schwerpunkt auf der

21

W I S S E N S C H A F T U N D G E S E L L S C H A F T

Frau Dr. Elke Moning vomLandauer Institut für Erzie-hungswissenschaft war eineder Organisatorinnen derTagung

Juniorprofessor BernhardKöppen ist erster Inhaber einer Stiftungsprofessur am Campus Landau

Kontakt:Dr. Elke MoningE-Mail: [email protected]

un701034_Uniprisma 2007 AK.qxd 15.02.2007 10:16 Uhr Seite 21

Sicher ist sich Köppen, dass in Teilbereichen der demographi-sche Wandel spürbare Auswirkungen haben wird. Dabei könneman von den drastischen Entwicklungen lernen, die Ostdeut-schland in kürzester Zeit nach der Wende erlebt habe. Viele Zu-sammenhänge müssten allerdings noch wissenschaftlich unter-sucht werden, zumal die dortigen Erfahrungen nur bedingt aufandere Problemräume übertragbar seien, denn es zeichne sicheine regional sehr unterschiedliche Entwicklung ab. Allgemeingelte: Was auf den ersten Blick augenscheinlich wirke, sei beimzweiten Hinschauen meist komplexer. Schließlich stecke hinterder quantitativen Forschung, auf der demografische Untersu-chungen in der Regel zunächst basieren, immer auch ein quali-tativer Aspekt in Form menschlichen Handelns. „Deshalb ist dieDetailforschung auf kommunaler Ebene unablässig“ erklärtBevölkerungsgeograph Köppen. Diese müsse dann anschließendin einen größeren Zusammenhang übergeleitet werden. „Es istalso kaum verwunderlich, dass es bislang so schwer fällt, griffi-ge Konzepte zum Umgang mit den erwarteten Auswirkungendes demographischen Wandels zu finden. Gerade dieses ‘Sowohlals Auch’, das zukünftige Nebeneinander von Schrumpfung undWachstum, ist eine große Herausforderung für angewandteForschung, Planung und Politik.“

Seine Forschungsschwerpunkte legt Köppen insbesondere aufpraxisbezogene Fragestellungen der Bevölkerungsgeographie,Regionalentwicklung, Grenzraumforschung und Siedlungsgeo-graphie. Für die regionale Forschung gibt es bereits viele Ideen,beispielsweise zu Fragen von Siedlungsentwicklung und Infra-strukturplanung vor dem Hintergrund einer sich strukturellwandelnden Bevölkerung oder zu den demographischen Be-sonderheiten der grenzüberschreitenden PAMINA-Region (Südpfalz, Mittlerer Oberrhein und Nordelsass). Erkenntnisseaus der Forschung lässt Köppen unter anderem in die Lehreeinfließen. Er sei froh, dass er ein solch wichtiges Thema wieden demographischen Wandel zukünftigen Lehrern vermittelnkönne. „Lehrer sind wichtige Multiplikatoren. Über sie kann dasBewusstsein für die Problematik in den Schulen geschärft wer-den.“ Auch die Sensibilisierung der Bevölkerung für Umwelt-themen sei in hohem Maße über die Schulen erfolgt.

Bis zu seinem Umzug in die Pfalz im Frühjahr 2006 hat Köppensieben Jahre lang in Chemnitz gelebt. An der dortigen Techni-schen Universität hat der 35-Jährige als wissenschaftlicher Mit-arbeiter an der Professur für Sozial- und Wirtschaftsgeographiegearbeitet und seine mit „summa cum laude“ ausgezeichneteDoktorarbeit im Fach Geographie geschrieben. Sein Studium hat

der gebürtige Nürnberger größtenteils im heimatlichen Franken,zuerst an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnbergund dann an der Otto-Friedrich-Universität Bamberg absolviert.Vor seinem „sehr guten“ Diplom im Jahr 1999 hatte Köppeneinen einjährigen Studienaufenthalt am Institut de GéographieAlpine der Université Joseph Fourier im französischen Grenobleverbracht. Von dort konnte er 1997 eine „maîtrise“ mitbringen,das französische Diplom nach einem vierjährigen Studium. Inter-nationaler wissenschaftlicher Austausch ist ein weiteres zentra-les Anliegen Köppens, wie seine Vorträge und Lehrveranstaltun-gen in Finnland, Belgien, Bulgarien, Ungarn, Russland, Tschechienoder auch Korea sowie verschiedene Publikationen, Gutachter-tätigkeiten und internationale Projekte zeigen. Er hat auch dafürgesorgt, dass im Rahmen des EU-Mobilitätsprogramms ERAS-MUS ein Austausch von Studierenden und Dozenten zwischenden Instituten für Geographie der Universität in Landau und derUniversität Joensuu in Finnland vereinbart werden konnte.

Kontakt:Juniorprofessor Dr. Bernhard KöppenE-Mail: [email protected]

22

Gefördert wird die Stiftungsprofessur für Juniorprofessor Bernhard Köppen (Mitte) u. a. durch die Energie Südwest (hier vertreten durchKlaus Müller – links) und die Sparkasse Südliche Weinstraße (hier vertreten durch ihren Vorstandsvorsitzenden Horst Hoffmann – rechts)

un701034_Uniprisma 2007 AK.qxd 15.02.2007 10:16 Uhr Seite 22

F R A U E N W E G E I N D I E W I S S E N S C H A F T

F Ö R D E R U N G D U R C H W I E D E R E I N S T I E G S S T I P E N D I E N

„Das Wiedereinstiegsstipendium war ein Glücksfall“, schil-dert Dr. Susanne van den Berg-Stein. Mit dieser speziellenFörderung für Wissenschaftlerinnen kam die Biologin 1997an den Landauer Campus und schaffte nach mehrjährigerErziehungspause die Rückkehr ins akademische Leben. DreiJahre lang erhielt sie eine Förderung über ein sogenanntesWiedereinstiegsstipendium.

■ 1991 führte Rheinland-Pfalz die Wiedereinstiegsstipendienauf Grundlage eines Bund-Länder-Programms ein, um Fraueneine wissenschaftliche Weiterqualifizierung zu ermöglichenund deren deutliche Unterrepräsentanz im Hochschulsektorsukzessive abzubauen. Die Finanzierung erfolgt durch das Programm „Chancengleichheit in der Wissenschaft“. Mit diesemKonzept soll Frauen die Rückkehr in die wissenschaftliche Lauf-bahn nach einer Erziehungspause erleichtert werden. Aber auchFrauen, die zunächst mehrjährige Berufserfahrung außerhalbdes Hochschulbereichs erworben haben und promovierenmöchten, sind geeignete Kandidatinnen für die Stipendien.

■ Seit 1991 wurden an der Universität Koblenz-Landau überdie Frauenbüros 39 Anträge auf ein Wiedereinstiegsstipendiumgestellt. „Die Bewilligungsrate war sehr hoch“, stellt Heide Gieseke fest. Seit der Gründung des Frauenbüros am CampusLandau im gleichen Jahr setzt sich die Diplom-Psychologin fürdie Belange der weiblichen Bediensteten ein. Die Resonanz derKandidatinnen auf das Förderprogramm sei großartig gewesen,so die Frauenreferentin. Denn es sei für die meisten die einma-lige Chance auf Rückkehr in den Wissenschaftsbetrieb gewe-sen. Allerdings erinnert sich Gieseke auch an zahlreiche Vorbe-halte dieser Frauenförderung gegenüber. In der hochschul-öffentlichen Wahrnehmung seien sie oftmals als „Stipendien

zweiter Klasse“ angesehen worden. „Und dabei stimmt das ganzund gar nicht“, bekräftigt Frauenreferentin Gieseke. Durch ihreTätigkeit in der Vergabekommission des Ministeriums weiß sie,dass Familienpause und Wiedereinstieg nur die Grundvoraus-setzung für eine Bewerbung sind, für die Bewilligung desAntrags allein die Qualifikationen und das Forschungsvorhabender Bewerberin entscheidend sind.

■ Die promovierte Biologin und dreifache Mutter van denBerg-Stein fühlt sich wohl in ihrem Job. „Die Arbeit mit denStudierenden macht mir unheimlich Spaß“. Neben Vorlesungenführt sie biologische Praktika durch und betreut Examensarbei-ten wie auch Kandidatinnen und Kandidaten in den Schulprak-tischen Studien. In diesen Schulpraktika sieht die Wissen-schaftlerin, was in den Schulen an Experimenten möglich istund was bei den Schülerinnen und Schülern ankommt. „Das ist ungemein wichtig, um in meinen Lehrveranstaltungen denStudierenden das geeignete Rüstzeug für ihren späteren Beruf-salltag an die Hand zu geben“, so van den Berg-Stein. Das rich-tige Gespür dafür bekommt sie auch durch den Austausch mitihren eigenen Kindern. Ihre Halbtagsstelle an der Universität ist für die engagierte Wissenschaftlerin der „Königsweg“. DerVormittag gehört ihrem Job, am Nachmittag ist sie ganz für dieKinder da und am Abend bereitet sie sehr oft noch Dinge fürdie Universität auf. „Mit diesem Modell kann ich Beruf undFamilie vereinbaren“. Leider sei das noch selten der Fall, wie sieaus ihrem Freundes- und Bekanntenkreis weiß.

■ Das Wiedereinstiegsstipendium kam nach der Elternzeit fürvan den Berg-Stein genau richtig. „In den drei Jahren der Sti-pendienlaufzeit konnte ich beweisen, was ich kann und war insInstitutsleben integriert“. Auf ihre Initiative entstand eine bio-logische Kolloquienreihe. Zunächst habe sie nur den Austauschzwischen den Landauer Wissenschaftlerinnen und Wissen-schaftlern forcieren wollen, die fachlich sehr weit auseinanderstehen. Später habe sie die Reihe auf externe Referentinnenund Referenten ausgeweitet. Auch am jährlichen Girls’ Day, andem Mädchen naturwissenschaftliche und technische Berufs-felder näher gebracht werden sollen, hat die Biologin immermitgewirkt, „denn Wissenschaft ist spannend und aufregend“.Seit Ablauf des Stipendiums ist van den Berg-Stein über ver-schiedene Verträge weiterhin als Wissenschaftlerin in der Bio-logie am Campus Landau tätig.

■ So wirkungsvoll das Förderprogramm ist, so bedauerlich istes, dass in Rheinland-Pfalz Ende 2007, in vielen anderen Bun-

23

W I S S E N S C H A F T U N D G E S E L L S C H A F T

Schaffte nach ihrer Erzie-hungspause die Rückkehr ins akademische Leben: Dr. Susanne van den Berg-Stein

un701034_Uniprisma 2007 AK.qxd 15.02.2007 10:16 Uhr Seite 23

desländern sogar bereits Ende 2006 aufgrund der Föderalis-musreform und dem damit verbundenen Auslaufen des Bund-Länder-Programms vorerst Schluss sein soll. Ob und in welcherForm die Förderung zum Wiedereinstieg weitergeführt werdenkann, ist noch offen. „Die Hochschulfrauen auf Bundes- undLandesebene haben die Fortführung selbstverständlich gefor-dert“, bekräftigt Heide Gieseke. Denn die Stipendien seien sehrgut und wichtig, da sie für viele pausierende Wissenschaftle-rinnen sowohl Signalcharakter zum Wiedereinstieg haben alsauch in Anbetracht des begrenzten Stellenmarktes im Wissen-schaftsbereich sowie der Kriterien anderer Stipendiengeber oft-mals die einzige finanziell unterstützte Möglichkeit zur wissen-schaftlichen Weiterqualifikation bieten. Auch dass die Stipen-dien in Teilzeit möglich sind oder unterbrochen werden können,

E L E K T R O N I S C H E S E U R O P A - D E R W A N D E L D E R V E R W A L T U N GI N D E R W I S S E N S G E S E L L S C H A F T

beispielsweise bei einer weiteren Mutterschaft, unterstreichedie Orientierung an weiblichen Lebensentwürfen. Gleichzeitigrüttle das nicht im Geringsten an Qualität oder Qualifikation,so Gieseke.

Kontakt:Frauenbüro Campus KoblenzMarie-Theres Hammes-RosensteinE-Mail: [email protected]

Frauenbüro Campus LandauHeide GiesekeE-Mail: [email protected]

24

Verwaltungen betreiben nur in den seltensten Fällen eigeneForschungen. Doch die Zukunft sieht anders aus. Jede Verwal-tung soll dann in die eigene Entwicklung investieren. An dieStelle einer bloß überlieferten Bürokratie soll ein bewusstesund aktives Handeln treten. Die Verwaltung wird selbst zumAkteur und entwickelt neue, innovative Lösungen. Unter demSchlagwort des „Empowerment“ sollen die Mitarbeiterinnenund Mitarbeiter in öffentlichen und privaten Administrationenstärker in Entscheidungsprozesse eingebunden und die Eigen-verantwortung gefördert werden. Die Werkzeuge für solcheIdeen und Prozesse kommen aus dem Institut für Wirtschafts-und Verwaltungsinformatik (IWVI) der Universität in Koblenz.

Das Institut entwickelt neue Modelle und Forschungsvorhabeninnerhalb der so genannten Wissensgesellschaft, die zuneh-mend mit Kommunikationstechnologien agiert. Die Schwer-punkte der Forschungsgruppen versammeln Themen wie„Betriebliche Kommunikationssysteme“, „Empirische Methoden,Modellbildung und Simulation“, „IT-Sicherheit und Risk Mana-gement“, „Verwaltungsinformatik/ E-Government“, „Betriebli-che Anwendungssysteme/ E-Business“. Die Stärkung des Teamsdurch die Professuren von Maria Wimmer und Rüdiger Grimmsetzte 2006 neue Akzente in der Forschungslandschaft. MariaWimmer war zuvor in der Stabsstelle für Informations- undKommunikationstechnologien des österreichischen Bundes-

kanzleramtes tätig. Grimm, der für Fragen der Internet-Sicher-heit zuständig ist, war zuvor Inhaber des Stiftungslehrstuhlsder Deutschen Bank für Multimediale Anwendungssysteme ander Technischen Universität Ilmenau. Mit der Besetzung derProfessur für Betriebliche Anwendungssysteme durch PetraSchubert kommt nun eine Expertin für E-Business und Systemedes Enterprise Resource Planning (ERP) an das Institut, um dieEntwicklungen in Wirtschafts- und Verwaltungsinformatikgemeinsam voranzutreiben.

Die Idee einer elektronischen Verwaltung beschreibt den Ein-satz von Informations- und Kommunikationstechnologien zurGestaltung und Verteilung von Wissen, welches in verschiede-nen Arbeitsbereichen von Unternehmen und Verwaltungen ent-steht. Entscheidend ist in diesen Situationen nicht nur ein opti-males Management der Prozesse, sondern gleichfalls eineangemessene Qualität und Verfügbarkeit von Information undWissen. Bei der Umsetzung der Projekte sind eine multidiszi-plinäre Zusammenarbeit und ein ganzheitlicher Ansatz not-wendig. Mensch und Technik, Organisation und Prozesse müs-sen in einem übergreifenden Zusammenhang wahrgenommenwerden. So sollen die neuen Technologien auch unter demAspekt der Wirtschaftlichkeit das Verhältnis von Gesellschaftsowie Regierung und Verwaltung mitgestalten.

un701034_Uniprisma 2007 AK.qxd 15.02.2007 10:16 Uhr Seite 24

D O P P E L T E R E R F O L G F Ü R P S Y C H O T H E R A P E U T I S C H E U N I V E R S I T Ä T S A M B U L A N Z : P R A X I S F Ü R P S Y C H O L O G E N U N D O P T I M A L E P A T I E N T E N V E R S O R G U N G

Seit der Etablierung des Forschungsschwerpunktes E-Govern-ment konnte mit dem „egov network“ zudem eine Stärkung derForschungstätigkeiten und des Austauschs in Europa erreichtwerden. Gerade auf europäischer Ebene wird die Entwicklungeiner elektronischen Verwaltung zunehmend wichtiger undentsprechend forciert betrieben. So können Schülerinnen undSchüler im Europäischen Modellparlament die Debatten desModell-Europaparlaments aktiv erleben. In einem gemeinsamenProjekt der EU (LEX-IS), das am 1. Januar 2007 begonnen hatund an dem Maria Wimmer mit dem IWVI beteiligt ist, soll mit-tels technologischer Innovationen den Jugendlichen Gelegen-heit gegeben werden, aktuelle Gesetzesentwürfe zu kommen-tieren. Die Kommentare sollen wiederum Eingang in die Debat-ten des Parlaments finden und den Abgeordneten in der Dis-kussion elektronisch zur Verfügung gestellt werden.

In einem bereits laufenden Projekt skizzierte das Team vonWimmer in Kooperation mit sechs Partnern aus Europa sowie jeeinem Partner aus Amerika und Australien die Zukunft der elek-tronischen Verwaltung. Ziel war es, Szenarien des E-Govern-ments bis zum Jahr 2020 zu erarbeiten. Darauf aufbauendwurde eine Roadmap der wesentlichen Forschungsschwerpunk-te der nächsten Zukunft aufgestellt, um die positiven Szenarienumzusetzen bzw. unerwünschte Szenarien zu vermeiden. Einwichtiger Bereich innerhalb der Entwicklung von Verwaltungen

wird auch künftig in der Interoperabilität bestehen. Unter demStichwort wird vornehmlich das Ziel verfolgt, den Austauschzwischen verschiedenen Systemen zur Informationsverarbei-tung zu optimieren und allgemeingültige Standards zu schaf-fen. Gerade in diesem Bereich kann noch lange nicht von einerÜberstandardisierung die Rede sein. Auf kommunaler undregionaler Ebene, sowie auf der Ebene der Länder und des Bun-des bestehen noch Defizite.

Der öffentliche Sektor leistet zwar schon heute einen wesent-lichen, oft aber nicht wahrgenommenen oder unterschätztenBeitrag zur gesellschaftlichen Entwicklung. Die Potentiale zurUmsetzung und Optimierung elektronischer Verwaltungen sindallerdings erst zu einem kleinen Teil realisiert. Umso wichtigererscheinen die Forschungsprojekte der Wirtschafts- und Ver-waltungsinformatik in Koblenz für einen optimierten Einsatzmoderner Informations- und Kommunikationstechnologien ineiner künftigen Europäischen Wissensgesellschaft.

Das Institut für Wirtschafts- und Verwaltungsinformatik imInternet: http://iwvi.uni-koblenz.de

Das „egov network“ im Internet:http://www.egov-network.org/

25

W I S S E N S C H A F T U N D G E S E L L S C H A F T

Seit mehr als fünf Jahren arbeitet die Psychotherapeutische Universitätsambulanz als fester Bestandteil des Weiterbil-dungsstudiengangs „Psychologische Psychotherapie“ am Cam-pus Landau sehr erfolgreich: Aktuell behandeln 55 Psychologenin Ausbildung mehr als 330 Patienten. Uniprisma hat mit dem Leiter der Psychotherapeutischen Universitätsambulanz, Profes-sor Norbert Halsig, über deren Arbeit gesprochen.

UNIPRISMA: Herr Professor Halsig, wie kann man sich dieArbeit in der Universitätsambulanz vorstellen?HALSIG: Psychologische Erkrankungen nehmen immer weiterzu, das macht sich auch bei uns bemerkbar. Wir behandeln im

Moment mehr als 330 Patienten und sind noch in der Wachs-tumsphase. Ich selbst führe mit jedem Patienten das Erstge-spräch. Dazu bin ich verpflichtet, um das jeweilige Krankheits-bild zu diagnostizieren und eine Psychose auszuschließen, diesezu behandeln ist primär Sache der Psychiater und Kliniken. Die anschließende Behandlung führt eine oder einer unsererTherapeuten eigenständig unter Supervision durch. Alle unsereTherapeuten sind Diplom-Psychologen, die sich mit dem Wei-terbildungsstudiengang zu Psychotherapeuten ausbilden lassen.Jeder, der bei uns arbeitet, hat zuvor ein Jahr lang praktischeErfahrungen in einer psychiatrischen Klinik gesammelt.

un701034_Uniprisma 2007 AK.qxd 15.02.2007 10:16 Uhr Seite 25

UNIPRISMA: Mit welchen Beschwerden kommen Patienten zuIhnen?HALSIG: Ein Großteil unserer Patienten leidet unter Depressio-nen, Angst- oder Anpassungsstörungen. Anpassungsstörungenkönnen zum Beispiel nach der Diagnose einer schweren Krank-heit, nach einer Scheidung oder auch nach dem Tod einesFamilienmitglieds auftreten. Wir richten uns aber auch anMenschen mit anderen Beschwerden wie beispielsweise Ess-störungen, psychosomatischen Störungen, Suchterkrankungenoder Persönlichkeitsstörungen. Die Patienten werden unter-schiedlich lang bei uns behandelt, eine Kurzzeittherapie mit 30 Stunden dauert ein knappes Jahr.

UNIPRISMA: Muss man sich von einem Hausarzt überweisen lassen, um zu Ihnen kommen zu dürfen?HALSIG: Nein, das muss man nur, wenn man sich die zehn EuroPraxisgebühr sparen möchte. Jeder kann direkt bei uns anrufenund einen Termin für das Erstgespräch vereinbaren. Bei uns sinddie Wartezeiten im Verhältnis zu den niedergelassenen Kollegenrelativ kurz. Unseren Patienten entstehen keine Kosten, weil wirdie Therapie direkt mit den Krankenkassen abrechnen. Uns freutbesonders, dass immer mehr Menschen auf Empfehlung ehema-liger Patienten zu uns kommen. Die größte Gruppe der Zuwei-sungen kommt jedoch von niedergelassenen Kollegen und Klini-ken. Mittlerweile haben wir ein Einzugsgebiet, das die gesamteSüdpfalz umfasst, bis nach Karlsruhe, Kaiserslautern, Mannheim,Hauenstein und Bad Dürkheim reicht.

UNIPRISMA: Wie ist Ihr Verhältnis zu niedergelassenen Kolle-gen und Kliniken? Stehen Sie in Konkurrenz zueinander?HALSIG: Für unsere niedergelassenen Kollegen sind wir keineKonkurrenz, eher eine Entlastung. Viele Kollegen haben so langeWartezeiten, dass sie froh sind, Patienten an uns abgeben zukönnen. Wir arbeiten sehr intensiv mit den Kliniken in Klingen-münster, Bad Bergzabern und Gleisweiler zusammen. Häufig„übernehmen“ wir gegenseitig Patienten. Das heißt, unsere Pati-enten können im Rahmen ihrer ambulanten Therapie zwischen-durch für einige Wochen stationär in einer Klinik aufgenommenwerden. Umgekehrt behandeln wir auch Patienten im Anschlussan einen Klinikaufenthalt ambulant weiter. Auch die Kooperati-on mit der Institutsambulanz des Pfalzklinikums in Klingenmün-ster funktioniert hervorragend. Durch unsere Arbeit bauen wirnicht nur gute Verbindungen zu Ärzten und Kliniken auf, sondernwir sind auch ein wichtiger Faktor für die Integration der Uni-versität in der Region. Durch die Ambulanz öffnet sich die Uni-versität und bietet der Bevölkerung ein attraktives Angebot.

26

W E I T E R B I L D U N G S S T U D I U M„ P S Y C H O L O G I S C H E P S Y C H O T H E R A P I E “

Die Psychotherapeutische Universitätsambulanz ist dem staatlich anerkannten Weiterbildungsstudiengang in „Psychologischer Psychotherapie“des Fachbereichs 8: Psychologie der Universität angegliedert. Mit ihrem Weiter-bildungsstudium hat die Universität als eine der ersten landes-weit auf das neue Psychotherapeutengesetz von 1999 reagiert.Dieses schreibt vor, dass alle Psychotherapeuten Weiterbil-dungen absolvieren müssen, um eine Approbation zu erlangen.Die Approbation ist Voraussetzung, um als niedergelassenerPsychotherapeut eine Praxis führen zu dürfen. Mit ihrem dreijährigen Weiterbildungsstudiengang bietet dieUniversität am Campus Landau ihren eigenen Absolventen und diplomierten Psychologen anderer Hochschulen die Mög-lichkeit, sich zum Psychotherapeuten mit dem SchwerpunktVerhaltenstherapie weiterzubilden. Neben der theoretischenAusbildung absolvieren die Psychologen in Ausbildung auch600 Praxisstunden, die sie zum Teil in der Universitätsambulanzin Form von eigenständig durchgeführten Psychotherapienableisten. Träger der Universitätsambulanz ist der Verein „Wei-terbildung in Psychologischer Therapie“, kurz WIPP e.V., derdem Weiterbildungsstudiengang angegliedert ist.

Prof. Dr. Norbert Halsig im Therapiegespräch

UNIPRISMA: Wie geht es für die Psychologen in Ausbildungnach der Ambulanz weiter?HALSIG: Wenn sie ihr Staatsexamen haben, können unsereAbsolventen eine Approbation sowie die Genehmigung der kas-senärztlichen Vereinigung beantragen, um sich niederlassen zudürfen. Häufig übernehmen junge Psychotherapeuten mit einerArt Jobsharing „schleichend“ die Praxis eines älteren Kollegen,der sich nicht von heute auf morgen zur Ruhe setzen möchte.Einige kaufen eine bestehende Praxis. Bislang haben wir 14Psychotherapeuten mit Staatsexamen entlassen, die es allegeschafft haben, in eine Praxis einzusteigen oder eine festeStelle in einer Klinik zu bekommen. Fundierte statistische Erhe-bungen sagen voraus, dass die Chancen, sich als Psychothera-peut niederlassen zu können, auch in Zukunft ausgesprochengut sind.

Pia BitzerKontakt:Prof. Dr. Norbert HalsigE-Mail: [email protected]

un701034_Uniprisma 2007 AK.qxd 15.02.2007 10:16 Uhr Seite 26

Ü B E R T E X T - U N D B I L D K U L T U R

T A G U N G A M C A M P U S K O B L E N Z

Texte beherrschten lange Zeit das Nachdenken über Spracheund Kultur. Hintergrund dafür ist die so genannte „Gutenberg-Galaxis“. Der Druck von Büchern mit beweglichen Lettern, wieihn Johannes Gutenberg in Mainz entwickelte, hat auch dasKulturverständnis beeinflusst. Die Wissenschaften sprechenheute angesichts der Bilderflut in den Medien von der Wendezum Bild, dem „iconic turn“, und nun beschäftigen sich auch die am Text orientierten Geisteswissenschaften intensiver mitBildern. Die Vervielfältigung von Bildern hat allerdings schonmit Beginn des Buchdrucks zugenommen, woraus sich interes-sante Wechselbeziehungen ergeben, die Thema einer interna-tionalen Konferenz am Koblenzer Campus waren. Ausgerichtetwurde die Konferenz von Michael Meyer, Professor für Literatur-wissenschaft in der Abteilung Anglistik der Universität.

Der Eröffnungsvortrag von Peter Wagner (Landau) führte dieTeilnehmer in frühe Text-Bild-Formen ein. Wagner stellte klar,dass Bilder wie Texte mehrdeutig und widersprüchlich sind, sich wechselseitig erläutern und in Frage stellen können undimmer interpretiert werden müssen. Als Beispiel diente die satirische Bilderwelt von William Hogarth. Der englische Malerund Grafiker hat im 18. Jahrhundert beispielsweise zwei sichergänzende Arbeiten mit dem Titel Bierstraße, eine Szenerie des „englischen“ Wohlstandes, und Ginpfad (1751), das Gegen-bild des Niederganges durch die Sucht nach hochprozentigemAlkohol geschaffen. In diesem Bilderpaar spielt er auch mitStereotypen. So scheint beispielsweise der ausgemergelte undabgerissene „französische“ Maler, der ein naives Bild im Bild inder „englischen“ Bierstraße malt, geradezu dem herunterge-kommenen und dekadenten Milieu des Ginpfades entlehnt undkonterkariert damit den satten Wohlstand und die Bildqualitätdes Stiches. Einfache Gegensätze etwa von gut und schlecht,schön und hässlich werden hinterfragt und eine Entwicklungvom einen zum anderen suggeriert.

Die Tagung im Namen der „Gesellschaft für Studien zur NeuerenEnglischen Literatur“ am Campus der Universität betrachtete vorallem die Beziehungen zwischen Texten und Bildern aus der Perspektive der so genannten postkolonialen Forschung. DerenAnliegen ist es u.a., Identitätskonstruktionen, Geschichtsbilderund Machtstrukturen in kulturellen Produkten aufzudecken. DerBlick fällt dabei auf Denkmuster der imperialen Staaten, hier insbesondere Großbritannien, und jenen Ländern, die ehemalsderen Kolonien waren und einen großen Teil der Welt bedeckten.Die Themen und Medien wiesen eine enorme Bandbreite auf:Imperiale Entwürfe von Herrschaft und Untertanen wurden etwa

an Illustrationen zu Shakespeare untersucht, an orientalistischenGemälden oder illustrierten Abenteuerromanen. Gareth Griffithsvon der University of Western Australia in Perth, einer der wich-tigsten Begründer der postkolonialen Forschungsrichtung, stelltesein aktuelles Forschungsprojekt über missionarische Weltbilderim 19. Jahrhundert mit deren teilweise sehr fragwürdigen voyeu-ristischen Fotos vor, die den missionarischen Eifer gleichermaßenbegründen und unterlaufen.

Postkoloniale Identitätsbilder und Kulturbeziehungen interpre-tierten zahlreiche Forscher aus der ganzen Welt in Bildbeschrei-bungen der Literaturen Afrikas, Indiens, der Karibik, Neuseelandsund Australiens, in Comics und Gemälden aus Südafrika, Foto-grafie aus Afrika und Kanada, „schwarzen“ Pop-Videos ausGroßbritannien sowie in zeitgenössischen Filmen aus Indien,Großbritannien und Nordamerika. Der Kurator Gerald McMasteraus Kanada, selbst indianischer Abstammung, gab beispielswei-se einen faszinierenden Einblick in Kunstwerke kanadischerIndianer, die mit Text-Bild-Kombinationen arbeiten und dabeidie koloniale Vergangenheit aufarbeiten.

Michael Meyer

27

W I S S E N S C H A F T U N D K U L T U R

Der englische Maler und Grafiker William Hogarth spielt in seinen Bildern auch mit Stereotypen

un701034_Uniprisma 2007 AK.qxd 15.02.2007 10:16 Uhr Seite 27

Seit Jahresbeginn 2007 ist der Fachbereich 2: Philologie/Kul-turwissenschaft am Campus Koblenz um ein Institut reicher:Das Institut für Kulturwissenschaft (IK) hat seine Arbeit auf-genommen und sich dabei die Aufgabe gesetzt, bis 2008 einenneuen Bachelor-/Master-Studiengang einzurichten, der die bis-herigen Magister-Studiengänge am Fachbereich ablösen wird.

Gebildet wird das Institut zum einen aus den neu eingerichte-ten Seminaren für Ethnologie und Medienwissenschaft sowiedem aus dem Fachbereich Bildungswissenschaften hinzuge-kommenen Seminar Philosophie. Das Besondere am IK ist aber,dass ihm darüber hinaus zahlreiche Wissenschaftler aus ande-ren Instituten des Fachbereichs als „Doppelmitglieder“ ange-hören, um die angestrebte breite Interdisziplinarität in Lehreund Forschung auch institutionell zu verankern. „Der erfolgrei-che Aufbau des Bachelor-/Master-Studiengangs Kulturwissen-schaft ist eine Gemeinschaftsaufgabe des ganzen Fachbereichs2“, hebt der Dekan Prof. Dietrich Grünewald hervor.

„Wir wollen Studiengänge entwickeln, die ein deutlich erkenn-bares ‚Koblenzer Profil’ aufweisen und damit bundesweitattraktiv sind“, fasst Michael Klemm, Professor für Medienwis-senschaft und Geschäftsführender Leiter des Instituts, die Zielsetzung zusammen. Zum Koblenzer Profil gehört zum einendie ungewöhnliche Breite des inhaltlichen Angebots, das zumBeispiel auch spezifische Lehrveranstaltungen aus Germanistik,Anglistik und Romanistik, Geschichte, Kunst- und Musikwissen-schaft, Theologie, Soziologie oder Medienpädagogik miteinan-der zu einem stimmigen Konzept vereinen wird. Zum anderensetzt die Koblenzer Kulturwissenschaft gezielt Schwerpunkte,die sich aus der Ausrichtung der „Kern-Professuren“ ergeben.

K U L T U R W I S S E N S C H A F T F Ü R D I E P R A X I S

D A S N E U G E G R Ü N D E T E I N S T I T U T F Ü R K U L T U R W I S S E N S C H A F TH A T A M C A M P U S K O B L E N Z S E I N E A R B E I T A U F G E N O M M E N

3 0 J A H R E L A N D A U E R S P R E C H W I S S E N S C H A F T

So werden die Studierenden die Konstruktion von Kultur in und mittels moderner Medien reflektieren und aus ethnologi-scher und kulturanthropologischer Perspektive Kulturen oderReligionen verschiedenster Art erforschen. Voraussetzungenund Folgen von Migration werden ebenso eine Rolle spielen wie Kulturvergleich und Interkulturalität. Aus philosophischemBlickwinkel werden Wissenskulturen, Werte und Normen inGeschichte und Gegenwart betrachtet. Auch die ästhetischeDimension von Kultur wird ausführlich behandelt.

Ganz wichtig ist den Verantwortlichen, dass die Studiengängeeine klare Praxisorientierung aufweisen. So machen die Studie-renden zum Beispiel Erfahrungen in ethnografischer Feldfor-schung oder erwerben durch Workshops und studentische Pro-jekte medienpraktische Kompetenzen, zudem ist ein Praktikumin einem möglichen Berufsfeld Pflicht. Dank einer fundiertentheoretischen und vielfältigen praktischen Ausbildung könnendie Studierenden nach dem Bachelorabschluss zum Beispiel fürKultureinrichtungen, Massenmedien oder Wirtschaftsunterneh-men attraktive Kompetenzen vorweisen. Das anschließendeMasterstudium soll hingegen eine stärker wissenschaftsorien-tierte Profilierung aufweisen. Ziel des Instituts ist es, die Studi-engänge nach erfolgreicher Akkreditierung im Jahr 2008 zustarten.

Kontakt:Prof. Dr. Michael KlemmTel.: 02 61 / 287-21 93, E-Mail: [email protected]. Internet: http://www.uni-koblenz.de/kulturwissenschaft (im Aufbau)

28

Reden, um zu überzeugen – seit Aristoteles’ Poetik ist Kommu-nikation Kunst und Gegenstand der Wissenschaft zugleich. In dieser Tradition der antiken rhetorischen Bildung beschäftigtsich die moderne Sprechwissenschaft mit Kommunikationunserer Zeit. Die Landauer Sprechwissenschaft konnte 2006 ihr30-jähriges Bestehen zusammen mit dem 80. Geburtstag ihresNestors, Professor Dr. Hellmut Geißner, feiern. Diese beidenEreignisse gaben Anlass, während einer Akademischen Feier-stunde einen Blick auf Vollbrachtes in Studium, Forschung,

Öffentlichkeitsarbeit sowie auf künftige Synergie- und Koope-rationsmöglichkeiten zu werfen.

Wie sprechen Menschen in verschiedenen Situationen mitein-ander? Die Landauer Sprechwissenschaft beschäftigt sich inForschung und Lehre mit dieser und vielen anderen spannendenFragen. Sie untersucht die Sprechkompetenz der Menschen inder rhetorischen, ästhetischen und therapeutischen Kommuni-kation. Dabei stehen die direkte mündliche und die medienver-

un701034_Uniprisma 2007 AK.qxd 15.02.2007 10:16 Uhr Seite 28

I N T E R N A T I O N A L E H U M E - K O N F E R E N Z I N K O B L E N Z

mittelte Kommunikation in öffentlichen und beruflichenZusammenhängen sowie in kulturellen und interkulturellenBeziehungen im Mittelpunkt.

Um den Profil bildenden Schwerpunkt „Kommunikation undMedien“ am Campus Landau noch nachhaltiger stärken zu können, wurde die Sprechwissenschaft im Jahr 2003 als eigeneAbteilung dem Institut für Kommunikationspsychologie,Medienpädagogik und Sprechwissenschaft (IKMS) im Fachbe-reich Psychologie angegliedert.

Als eine von nur zwei Universitäten in Deutschland kann die Universität in Landau ihren Studentinnen und Studenten Sprech-wissenschaft als eigenes Fach in den grundständigen Magister-oder Diplom-Studiengängen sowie in einem Zusatzstudium Sprecherziehung anbieten. Außerdem ist SprechwissenschaftPromotionsfach. Für die Zukunft plant das IKMS einen interdiszi-plinären Bachelor-/Master-Studiengang mit unterschiedlichenSpezialisierungsmöglichkeiten wie zum Beispiel Kommunikations-beratung, Medienforschung, Medienpädagogik oder Rhetorik. DieAbsolventinnen und Absolventen der Landauer Sprechwissen-schaft sind beispielsweise an Theatern und Schauspielschulen, in Funk und Fernsehen sowie in Schule und Erwachsenenbildunggefragte Spezialisten.

Auch an der Forschung können die Studierenden derSprechwissenschaft in Landau immer wieder teilhaben. For-schungskolloquien bieten den Studentinnen und Studenten dieMöglichkeit, sich in Fragestellungen verschiedener Projekteeinzuarbeiten. Aktuell arbeitet die Landauer Sprechwissen-schaft mit der Staatsuniversität Kemerovo in Russland in einemForschungsprojekt zusammen, um die politischen und sozialenKommunikationsstrukturen in Russland zu analysieren und zuinterpretieren. Die Sprechwissenschaftler beteiligen sich auchan einem Forschungsprojekt, das sich mit den Anforderungenan die Gesprächs- und Redekompetenz in einer globalisiertenund digitalisierten Welt befasst. Die zukünftige Entwicklungunserer Gesellschaft wird laut Professor Dr. Henner Barthel,Leiter der Sprechwissenschaft, kaum die Sprache verändern,aber sie wird die Art, miteinander zu sprechen, verändern.Sprechwissenschaft sei eine Wissenschaft der Zukunft.

Kontakt: Prof. Dr. Henner BarthelE-Mail: [email protected]: www.ikms-uni-landau.de

29

W I S S E N S C H A F T U N D K U L T U R

Seit 1974 veranstaltet die in den USA verankerte InternationaleHume Society regelmäßig jedes Jahr eine internationale Kon-ferenz zur Philosophie David Humes. 2006 fand die 33. Interna-tionale Hume Konferenz, das jährliche Treffen der David Hume-Forscher, auf dem Campus in Koblenz statt. Die Hume-Societyfolgte der Einladung von Prof. Dr. Rudolf Lüthe, Leiter desSeminars Philosophie an der Universität und selbst renommier-ter David Hume-Forscher. Damit tagte die Gesellschaft zumzweiten Male seit 1988, als sie in Marburg gastierte, inDeutschland. Dem schottischen Philosophen und HistorikerDavid Hume, der zu den herausragenden Vertretern der Auf-klärung gehört, hätte die Wahl der Stadt Koblenz als Konfe-renz-Ort wahrscheinlich gefallen, wie aus einem Brief an seinen Bruder John Home von 1748 zu schließen ist: „This is a very thriving well built Town situated at the Confluence ofthe Moselle & the Rhine, & consequently very finely situated.“

Die diesjährige Konferenz war den Themen Kulturphilosophie,Humes Verhältnis zur deutschsprachigen Philosophie sowie derÄsthetik Humes gewidmet. Beteiligt waren Philosophen aus den Vereinigten Staaten, Kanada, Japan, Island, Neuseeland,Kolumbien und zehn europäischen Ländern. In 22 Sektionenund 2 Symposien behandelten die 54 Rednerinnen und RednerFragen der Erkenntnistheorie, der Moral- und Sozialphilosophie,der politischen Philosophie, der Kausalität, Tugendethik, Ver-nunft und Leidenschaften sowie Ästhetik und Geschichte.

Paul Guyer, von der Universität in Pennsylvania und ausgewie-sener Kenner der Philosophie Immanuel Kants, sprach über dasVerhältnis des Schotten und zu dem Königsberger PhilosophenKant. Zu den Höhepunkten der Veranstaltung zählten weiter dieDarlegungen Donald Livingstons zu Humes politischer Philoso-phie. Wortgewandt zeigte Livingston die Vor- und Nachteile

un701034_Uniprisma 2007 AK.qxd 15.02.2007 10:16 Uhr Seite 29

politischer Systeme auf und sprach sich für eine volksnaheGesetzgebungsverfahren am Beispiel der Schweiz aus. Ein sehraktueller politik-philosophischer Beitrag, der mit Ironie gegen-wärtige politische Geschehnisse vorzuführen wusste. Livingstonselbst, der allgemein als beeindruckender Redner gilt, gründete1974 gemeinsam mit James King die Hume Society. Die Kon-ferenz schloss mit einem Beitrag der deutschstämmigen, emeritierten Professorin Annette Baier (Philadelphia) zu HumesÜberlegungen zu verschiedenen Religionen. In ihren Darlegun-gen stellte Baier heraus, dass Hume der Religion im Grunde dieFunktion zusprach, den Frieden im jeweiligen Land zu bewah-ren. Im Zuge dessen sollten seiner Meinung nach alle Bürgerdie jeweilige Staatsreligion respektieren. Zugleich habe Humejedoch vor allem die christlichen Religionen wegen ihrerBigotterie und Intoleranz kritisch untersucht.

3 1 . I N T E R N A T I O N A L E S L A U D - S Y M P O S I U M Z U R I N T E R K U L T U R E L L E N P R A G M A T I K

W I S S E N S C H A F T L E R A U S 2 5 N A T I O N E N W A R E N Z U G A S T I N L A N D A U

Im Rahmen der Eröffnungszeremonie der Konferenz fand auchdie Vergabe des Hume Preises 2006 statt. Ausgezeichnet wurdeder 1952 in Graz geborene, österreichische Philosoph GerhardStreminger. Die Laudatio referierte die umfangreichen, wissen-schaftlichen Arbeiten Stremingers über die Philosophie DavidHumes. Streminger, der mehrere Werke zur Philosophie Humespubliziert hat, konnte aus gesundheitlichen Gründen bei derWürdigung nicht anwesend sein. Die Organisatoren RachelCohon, Lorne Falkenstein und Rudolf Lüthe sowie die Vorsit-zende der Hume Society, Jane McIntyre, dankten der DeutschenForschungsgemeinschaft, dem Minister für Wissenschaft, Weiterbildung, Forschung und Kultur, dem Freundeskreis derUniversität in Koblenz und der Fachschaft Philosophie für ihreUnterstützung.

Jennifer Schmitz

30

■ Der Streit um die Grundlagen bzw. Basisstrukturen unsererSprache ist seit über 2000 Jahren nicht entschieden. Bis in dieGegenwart hinein streiten sich Sprachtheoretiker darüber, ob es Universalien gibt, die dem Sprechen zugrunde liegen oder obwir in unserer alltäglichen Kommunikation ohne solche grund-legenden Strukturen auskommen. Die Globalisierung der Kom-munikation – im Wesentlichen über die lingua franca Englisch- bietet Anlass, diese Fragen erneut zu diskutieren. Wie (oderwie nicht) verstehen wir unsere Gesprächspartner über Sprach-grenzen hinweg? Welche konzeptuellen Unterschiede undGemeinsamkeiten existieren im interkulturellen Miteinander?Und wie wirken sich diese etwa auf die Vermittlung einerFremdsprache im schulischen Kontext aus?

■ Zum 31. Internationalen LAUD-Symposium mit dem Thema„Interkulturelle Pragmatik“ reisten über 100 Sprachwissen-schaftler aus 25 Nationen in Landau an, um solche und andereProbleme des kulturübergreifenden Sprachgebrauchs zu disku-tieren. Höhepunkt des viertägigen Expertentreffens unter Leitung des Landauer Anglisten Prof. Dr. Martin Pütz war derVortrag des renommierten Sprachphilosophen John Searle von

der Universität Berkeley (USA) im Jugendstilsaal der FesthalleLandau. Der in englischer Sprache gehaltene Vortrag war auchder Landauer Öffentlichkeit zugänglich und so war die Festhal-le bis auf den letzten Platz gefüllt.

■ Searle erläuterte aus seiner Sicht die Grundlagen der Spra-che, wie sie in seiner bis heute gültigen Sprechakt-Theorie formuliert sind. Im Anschluss an die goldenen 50er Jahre derSprachphilosophie in Oxford, einer Zeit in der Peter Strawson,John Austin und Paul Grice dort unter anderem eine Philoso-phie der „normalen“ Sprache vertraten, entwickelte Searle seineSprechakt-Theorie. Die von seinem Lehrer Austin entworfeneTheorie des sprachlichen Handelns baute er in den 60er Jahrenaus und systematisierte sie. In seinem Vortrag ging er der Fragenach: Was ist Sprache? Auf beeindruckend gelöste Weisebalancierte er seine Thesen durch vielfältige Illustrationen,theoretische Bezüge und ironische Kommentierungen.

■ Der historische Vergleich zwischen einer sprachlosen Phaseund dem heutigen Menschen, der Sprache verwendet, brachtedie Schwierigkeit des Gedankens eigentlich erst hervor: Wie

un701034_Uniprisma 2007 AK.qxd 15.02.2007 10:16 Uhr Seite 30

überwinden wir die Differenz zwischen einer uns umgebendenWelt aus bedeutungsloser Materie und unserem Selbstbild, indem wir uns als denkende, bewusst handelnde, kulturelle oderpolitische Wesen wahrnehmen? Searle konstatierte: Sprache istein Geschenk der Natur! So wie unsere Fähigkeit zur Erkenntnisder uns umgebenden Welt entwickelt ist, so entwickelt sichauch unsere Sprache. Wie wir uns selbst als denkende Wesenwahrnehmen, hängt auch davon ab, wie wir uns in unsererUmgebung bewegen und handeln. Sprache ist an unserenUmgang mit der Wirklichkeit gebunden. Und indem wir spre-chen, sagen wir zugleich etwas über diese Welt aus.

■ Dennoch, was aus der Perspektive Searles eindeutig erschien,kam in anderen Vorträgen auf ganz andere Weise zum Aus-druck. Anna Wierzbicka, die an der Universität Canberra (Australien) lehrt, präsentierte Überlegungen zu einer Grenzenüberschreitenden Universalsprache, einer Lingua Franca wie sieauch der Philosoph Leibniz verfolgt hat. Wierzbicka nimmt an,dass eine bestimmte Anzahl an Konzepten (gegenwärtig ca.120) in sämtlichen Sprachen der Welt unabhängig von ihremGebrauch eine identische Bedeutungsstruktur aufweisen. Einesolche These legt nahe, dass es universelle Basisstrukturen gibt,die eine Verständigung über Grenzen hinweg ermöglichten. Die anhaltende Diskussion zwischen solchen Theorien derBedeutung und Konzepten des Sprachgebrauchs – wie vonSearle vertreten – kam so zur Tagung erneut auf. Wierzbickahatte nicht nur Searle, sondern auch den SprachphilosophenLaurence Horn (Yale, USA) gegen sich, der ebenso in der Tradi-tion einer Philosophie der „normalen“ Sprache steht.

■ Die offene Kontroverse, die so erneut hervortrat, ist auf ihreWeise eine Auszeichnung des Landauer Symposiums. Nichtallzu oft treffen renommierte Vertreter verschiedener Positio-nen so direkt aufeinander. Dass sie dennoch diesen Dialoggewagt haben, ist zugleich dem Thema der Veranstaltung zuzu-sprechen. Denn auch der Dialog zwischen den Wissenschafts-kulturen setzt zumindest ein Grundmaß an Verständnis undVerständigung voraus. Ob dieses Grundmaß durch die Art undWeise des Sprachgebrauchs oder aufgrund universeller Struk-turen geleistet wurde, blieb zunächst noch unentschieden.

■ Das Symposium wurde finanziell unterstützt von der Deutschen Forschungsgemeinschaft, dem rheinland-pfälzischenWissenschaftsministerium, der Universität Koblenz-Landau, der Paul Gillet Stiftung (Edenkoben), sowie vom Freundeskreisder Universität in Landau. Eine Auswahl der gehaltenen 72 Vor-träge wird in 2 Bänden beim Verlag Mouton de Gruyter (Berlin/New York) unter der Herausgeberschaft von Martin Pütz(Anglistik, Campus Landau) publiziert werden.

Kontakt:Prof. Dr. Martin PützE-Mail: [email protected]

31

W I S S E N S C H A F T U N D K U L T U R

Höhepunkt des Expertentreffens war der Vortrag desSprachphilosophen John Searle von der Universität Berkeley (USA)

un701034_Uniprisma 2007 AK.qxd 15.02.2007 10:16 Uhr Seite 31

Englisch studieren in Asien: Das ist seit dem Wintersemester2006/07 für Landauer Anglistik-Studierende dank einer Koope-ration mit der „University of Hong Kong“ in greifbare Nähegerückt. Zustande kam dieses Austauschprogramm durch Kontakte des Landauer Anglistik-Professors Martin Pütz. Er ist seit mehreren Jahren als externer Gutachter für die „School ofEnglish and Communication“ der Universität Hongkong tätig.Anlässlich eines Gastvortrags im Oktober 2005 konnte er mitseinen asiatischen Kollegen die Weichen für eine langfristigeKooperation zwischen Landau und Hongkong stellen. Der am18. Januar 2006 geschlossene Kooperationsvertrag sieht zu-nächst den Austausch von drei Studierenden pro Jahr vor. ImWintersemester 2006/07 studiert die 20-jährige Ho Kwan Woaus Hongkong, hierzulande auch „Karen“ genannt, in Landau die Fächer Anglistik und Deutsch als Fremdsprache. Im Gegen-zug verbringt der erste Landauer Anglistikstudent ein Semesteran der Universität Hongkong. Die Vereinbarung sieht vor, dassdie Studiengebühren an der Hongkonger Universität in Höhevon 7.500 Euro pro Studienjahr den Landauer Studierendenerlassen werden.

Die „University of Hong Kong“ wurde 1910 gegründet. Sie istdie älteste und mit zwölf Fakultäten, rund 80 Instituten und19.000 Studierenden, davon zirka 1.200 internationale Studie-rende, die größte und renommierteste Hochschule in Hong-kong. Erst kürzlich sprach ein Hochschulranking der Times-Beilage „Times Higher Education Supplement“ der Universitätden Spitzenplatz 29 der 100 weltbesten Universitäten zu.

Die bereits erfolgreich begonnene Kooperation reflektiertgleichzeitig das Bestreben der Landauer Anglistik, die klassischanglophone Ausrichtung der englischsprachigen Linguistikenund Literaturen auf die USA und England um eine vielverspre-

Z U M S T U D I U M N A C H H O N G K O N G

L A N D A U E R A N G L I S T I K K O O P E R I E R T M I T D E R „ U N I V E R S I T Y O F H O N G K O N G “

chende Dimension zu erweitern und somit den Studierendenein zusätzliches interkulturelles Verständnis mit kulturspezifi-schem Blick zu ermöglichen. Für die Landauer Studierendenbietet das Lehrangebot einen Einblick in andere Varietätenanglophoner Sprachen und Kulturen, beispielsweise Hongkong-Englisch. Dies betrifft sowohl die Rezeption und Interpretationder Literatur asiatischer Autoren als auch die Konfrontation mit sprachpolitischen und sprachplanerischen Aspekten dermultilingualen Situationen im außereuropäischen Kontext. Einwesentlicher Studienschwerpunkt im sprachwissenschaftlichenBereich ist multikulturellen Problemen der Sprachverwendung,der Sprachpolitik und der Sprachenplanung gewidmet, wie siesich bezogen auf Hongkong, Asien und im weltweiten Kontextdarstellen.

Auch haben die Vertragspartner bereits eine wissenschaftlicheForschungskooperation fest anvisiert. Linguisten aus Hong-Konghielten Vorträge anlässlich der letzten LAUD-Symposia (2004und 2006) in Landau; im Gegenzug wird der Landauer Literatur-professor Peter Wagner im März 2007 mehrere Vorträge im anglistischen Institut der Universität Hongkong anbieten. DerSprachwissenschaftler Professor Martin Pütz wird im Rahmeneines Forschungssemesters im Sommer 2007 mehrere Wochenin Hongkong tätig sein, um empirische Untersuchungen zusprachpolitischen und sprachplanerischen Themen durchzu-führen.

Zurzeit liegt dem Deutschen Akademischen Austauschdienst(DAAD) ein Antrag auf Zuweisung von Stipendien für Austausch-studierende auf beiden Seiten im Rahmen des Programms Inter-nationale Studien- und Ausbildungspartnerschaften (ISAP) desDAAD vor.

Kontakt:Prof. Dr. Martin PützE-Mail: [email protected]

32

Ho Kwan Wo gehört zu denersten Teilnehmern des Studierendenaustauschs mitder Universität in Hongkong

SkylineHongkong

un701034_Uniprisma 2007 AK.qxd 15.02.2007 10:16 Uhr Seite 32

I N T E R N A T I O N A L S T U D I E R E N M I T Q U A L I T Ä T S S I E G E L

■ Pünktlich zum Wintersemester 2006/2007 sind die neuenBachelor- und Masterstudiengänge des Koblenzer FachbereichsInformatik der Universität akkreditiert worden. Damit tragenkünftig alle Studienangebote in den Bereichen Computervisua-listik, Informatik, Informationsmanagement und Wirtschafts-informatik das Qualitätssiegel des Akkreditierungsrats. Mit der Akkreditierung bietet der Fachbereich Informatik erstmalsauch alle Studiengänge nach dem modernen Bachelor-/Master-System an. Die Umstellung auf das Bachelor- und Mastersystemist Teil des europaweiten Bologna-Prozesses und führt das Stu-dium verstärkt in ein internationales Umfeld. „Die Akkreditie-rung zeigt, dass wir ein überzeugendes Studienkonzept anbie-ten“, erklärt Universitätspräsident Prof. Dr. Roman Heiligenthal.

■ Im Rahmen der Akkreditierung hatte eine Gruppe von exter-nen Professoren, Studierenden und Vertretern aus der Wirt-schaft die neuen Studiengänge auf Herz und Nieren geprüft.„Dieses Verfahren ist schon sehr aufwändig“, bekennt Prof. Dr.Dietrich Paulus, Dekan des Fachbereichs Informatik und er-gänzt: „Ein wenig wird man dabei wieder vom Prüfenden zumGeprüften“. Letztlich diene diese Prozedur jedoch der Qualitätin Lehre und Studium – und damit den Studierenden. Zudemwird durch die Akkreditierung sichergestellt, dass die Absolven-ten der Studiengänge später problemlos an andere Hochschu-len oder in die Praxis wechseln können.

■ Die Internationalisierung der Studienangebote sowie neueKooperationen bieten den Studierenden zunehmend bessereChancen, sich durch einen Auslandsaufenthalt sowie die An-erkennung ihrer Qualifikationen auf einem internationalenArbeitsmarkt zu orientieren. Daher haben die Universität inCádiz (Spanien) und die Universität Koblenz-Landau im Rahmendes EU-Programms Erasmus 2006 erstmals eine Vereinbarungüber den so genannten „doppelten Studienabschluss“ getroffen.Die Vereinbarungen richten sich in Cádiz an die Studierendender Escuela Superior de Ingenería, in Koblenz an die Studieren-den der Informatik im Masterstudium.

■ Die Studierenden können so ihr Studium mit den Zeugnissenbeider Hochschulen abschließen. Voraussetzung dafür ist, dasssie das letzte Jahr ihres Studiums an der Partnerhochschuleabsolvieren. Für die beteiligten Hochschulen hat der Vertrags-abschluss Pilotcharakter. Entwickelt wurde das Abkommen überden Doppelabschluss von den beiden Projektbeauftragten, Prof.Rioja del Rio aus Cádiz und Prof. Dr. Dieter Zöbel aus Koblenz.Im Rahmen der Internationalisierung der Studienangebote bil-

det der „doppelte Studienabschluss“ einen weiteren wichtigenBaustein. Die Studierenden der Informatik an der Universität inKoblenz erhalten so die Möglichkeit, in Spanien zu studierenund direkt anschließend dort ihre Abschlussarbeit zu fertigen.

■ Insbesondere im Bereich der Informatik bildet der spanisch-sprachige Kulturkreis nach dem englischen das zweitwichtigsteinternationale Arbeitsfeld für Studienabsolventinnen und -absolventen. Zahlreiche deutsche Firmen im Umfeld der Informationstechnik operieren in Spanien und in Süd- und Mittelamerika. Umgekehrt besitzt das Abschlusszeugnis einerdeutschen Hochschule für spanische Studierende eine hoheAnziehungskraft. Es wird als eine gute Referenz für einen Ein-stieg in ein deutsches Unternehmen gesehen.

■ „Willkommen in Osaka“ heißt es seit 2006 ebenso für jeweilsdrei Studierende der Informatik. Dank exzellenter Forschungs-ergebnisse und der überzeugenden Leistung von Studierendenbot Professor Ishiguro von der Universität Osaka der Arbeits-gruppe Künstliche Intelligenz des Instituts für Informatik inKoblenz ein Partnerprogramm an, das es Studierenden ermög-licht, am renommiertesten Institut für Roboterforschung für einhalbes Jahr zu studieren und zu forschen. Die „InternationaleStudien- und Ausbildungspartnerschaft“ wird vom DeutschenAkademischen Austauschdienst (DAAD) zunächst für 2 Jahregefördert.

■ „Die Chance, beim Papst der Androiden-Forschung studierenzu können, ist einmalig,“ betont Prof. Ulrich Furbach, der aufdeutscher Seite für den Austausch verantwortlich ist. SeineAufgabe ist es, geeignete Studierende aus den Bewerbern aus-zuwählen. Die Kooperation entstand durch einen Diplomandender Arbeitsgruppe Künstliche Intelligenz. Heni Ben Amor hattebei der Vorbereitung eines Beitrages für die Konferenz „Gecco“in Washington bereits im Frühjahr 2005 Kontakt zu den japani-schen Forschern. Hieraus entwickelte sich die Idee, eine dauer-hafte Kooperation anzustreben. Zur gleichen Zeit befand sichJoschka Boedeker, ebenfalls Diplomand bei Furbach, bereits inOsaka: Seine Leistungen überzeugten Professor Assada so sehr,dass er ihm eine Promotionsstelle anbot. Boedecker befindetsich seit 2005 für drei Jahre zur Promotion in Japan.

■ Die internationale Ausrichtung der Studienmöglichkeitenwurde auch in den Sommerschulen deutlich, an denen Dozen-ten ebenso wie Studierende aus zahlreichen Ländern teilnah-men. Die „Summer Academy“ der Universität ist in jedem Jahr

33

I N T E R N A T I O N A L E Z U S A M M E N A R B E I T

un701034_Uniprisma 2007 AK.qxd 15.02.2007 10:16 Uhr Seite 33

ein Treffpunkt für Master-Studierende und Professorinnen ausDeutschland und dem internationalen Ausland. Die Universitätpräsentierte auch 2006 erneut Kompetenzen auf internationalhohem Niveau. Auf Initiative von Professor Gianfranco Walshunterrichteten zur Summer Academy in Koblenz vier Professo-ren aus Großbritannien. Darunter befand sich auch ProfessorVincent-Wayne Mitchell von der Cass Business School (Lon-

34

Heni Ben Amor, Studierender der Computervisualistik, die Androidin „Ando-San“ und Professor Ishiguro am renommierten Institut für Androiden-Forschung in Osaka (Japan)

don), der seit Jahren zu den renommiertesten Marketingwis-senschaftlern seines Landes zählt. Die Internationale Sommer-schule wird auch im folgenden Jahr fortgesetzt und in dasLehrprogramm integriert.

Weitere Information zum Studium am Fachbereich Informatikin Koblenz: http://www.uni-koblenz.de/FB4/Studying

un701034_Uniprisma 2007 AK.qxd 15.02.2007 10:17 Uhr Seite 34

I N T E R N A T I O N A L E A U S Z E I C H N U N G F Ü R D I E U N I V E R S I T Ä T I NK O B L E N Z

M I T A R B E I T A N E L E A R N I N G - S T A N D A R D S G E W Ü R D I G T

Die Universität Koblenz-Landau erhält als zweite Hochschuleweltweit und als erste Universität in Europa von der Gesell-schaft IMS Global Learning den Status eines Vollmitglieds zubesonderen Bedingungen. Begründet wurde die Mitgliedschaftdurch das Koblenzer Institut für Wissensmedien der Universität,das den Status durch seine hervorragende Arbeit im Bereichdes E-Learning erarbeiten konnte. Die IMS widmet sich imBereich des Bildungswesens der Erarbeitung von weltweit gültigen technischen Standards. 1997 wurde die Gesellschaft in den USA gegründet. Seit 2001 besteht auch ein europäischesNetzwerk.

Hintergrund der Entwicklung sind die Fragen der Standardisie-rung, die unser Leben in der digitalen Welt ebenso beeinflussenwie in der realen. Die Spurweite für europäische Eisenbahnen,DIN A4 als standardisierte Papiergröße sowie eine einheitlicheSpannung für den elektrischen Strom sind prominente Bei-spiele. Die Standardisierung hat nun den Bildungsbereicherreicht. Bewirbt man sich heute bei mehreren Hochschulen inDeutschland – falls dies überhaupt schon elektronisch möglichist –, so muss man ähnliche Informationen stets aufs Neue inimmer andere Formulare eintippen. Künftig soll ein standardi-siertes Portfolio solche Prozesse erleichtern. In anderen Ländernwerden die elektronischen Portfolios bereits rege erprobt. DiePortfolios können auch dazu dienen, den Lernprozess einesMenschen zu dokumentieren und ihn, z.B. für Bewerbungen,darzustellen. Dies ist nur eines von vielen Beispielen, das stan-dardisierte Datenformate erfordert. Weitere Beispiele sind dieÜbernahme von Informationen beim Hochschulwechsel, derAustausch von Lehrmaterialien zwischen Hochschulen, dieZusammenführung von elektronischer Lernumgebung oder diePrüfungsverwaltung. Das Spektrum erweitert sich noch einmalbeträchtlich, wenn der Aspekt des lebenslangen Lernensberücksichtigt wird, da der Informationsaustausch zwischen-unterschiedlichsten Bildungseinrichtungen und Arbeitgebern an Bedeutung gewinnt.

35

I N T E R N A T I O N A L E Z U S A M M E N A R B E I T

Die Aufgabe von IMS besteht vor allem in der Erarbeitung vonSpezifikationen. Das sind Vorläufer von Standards die bereitsbreit eingesetzt werden können, um praktische Erfahrungen zusammeln, bevor offizielle Standards festgelegt werden. Durchdie Mitgliedschaft besitzt das Institut für Wissensmedien jetztdie Chance, unter der Leitung von Dr. Ingo Dahn, die Entwick-lung von E-Learning-Standards zu beeinflussen und sein Wis-sen in neue gemeinsame Projekte mit Partnern aus aller Welteinzubringen. Dahn wird zudem die IMS-Arbeitsgruppe zur Profilierung von Spezifikationen moderieren. Die Arbeitsgruppeverfolgt das Ziel, Spezifikationen an den eigenen Bedarf – z.B.an die Besonderheiten des deutschen Bildungssystems – anzu-passen.

Dafür wurde im Rahmen des von der Europäischen Uniongeförderten Projektes „Telcert“ ein Profilierungswerkzeug„SchemaProf“ geschaffen, das nun international eingesetztwird. Die Entwicklung wurde vor allem von Koblenzer Informa-tik-Studenten unter Anleitung der Mitarbeiter des Instituts fürWissensmedien und im Austausch mit einem internationalenTeam von Entwicklern und Anwendern betrieben. IMS empfiehltseinen Mitgliedern im Rahmen der Mitgliedschaft der Univer-sität bei entsprechenden Vorhaben die Kompetenz des Institutsfür Wissensmedien zu nutzen und das Programm „SchemaProf“als offizielles Werkzeug zur Anpassung von IMS-Spezifikatio-nen einzusetzen.

Internet: http://www.imsglobal.org

un701034_Uniprisma 2007 AK.qxd 15.02.2007 10:17 Uhr Seite 35

■ Evaluation hat in der Wissenschaft und in weiten Bereichen der Gesellschaft schon immer eine wichtige Rolle gespielt.Doch so gehäuft wie heutzutage wurden Evaluationsmaßnah-men noch nie durchgeführt. Darin sind sich Professor ManfredSchmitt und Juniorprofessor Mario Gollwitzer des LandauerArbeitsbereichs Diagnostik, Differentielle und Persönlichkeits-psychologie, Methoden und Evaluation einig. Gemeinsam lei-ten sie das Zentrum für Methoden, Diagnostik und Evaluation,kurz Methodenzentrum, das im Januar offiziell eingeweihtwurde.

■ „Evaluation ist in vielen Bereichen zum Modewort gewor-den“, bekräftigt Psychologe und Methodiker Gollwitzer. Unterder Maxime von Effizienzsteigerung und Qualitätssicherungmüssten sich heute beispielsweise Bildungssysteme und -ein-richtungen wie Studiengänge, Curricula, Schulen und Univer-sitäten Evaluationen unterziehen. Auch die Diagnostik erfährteine ungeheure Dynamik. „Ständig werden neue diagnostischeInstrumente entwickelt“, unterstreicht WissenschaftlerSchmitt. So beispielsweise die Auswahl- und Eignungsdiagno-stik zum Ermitteln des passenden Mitarbeiters, die seit dreiJahren durch DIN 33430 auch genormt ist. Schon lange wer-den Evaluations- und Diagnoseverfahren EDV-gestützt durch-geführt. Dabei ermöglichen Hochleistungsrechner und anwen-derfreundliche Programme immer neue und umfassendereAuswertungsstrategien. „Methodisches Know-How ist gefragt,wenn all diese Möglichkeiten voll ausgeschöpft werden sol-len“, so Gollwitzer.

■ Das methodische Know-How an der Universität Koblenz-Landau zu bündeln und in zahlreichen Dienstleistungen zurVerfügung zu stellen, ist Aufgabe des neuen Zentrums fürMethoden, Diagnostik und Evaluation. Der Geschäftsführer desMethodenzentrums, Tobias Gschwendner-Lukas, koordiniert,was Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern an Expertisein der empirischen Forschungsmethodik, der psychologischenund pädagogischen Diagnostik und der Evaluationsforschungan der Universität Koblenz-Landau zu bieten haben. Die neueKoordinationsstelle hat eine breite Palette an Dienst- undServiceleistungen im Angebot für Adressaten innerhalb derUniversität, beispielsweise Studierende, Promovierende, Wis-senschaftlerinnen und Wissenschaftler sowie komplette Fach-bereiche aber auch für die Klientel außerhalb der Uni-Mauern.

■ Ein großer Part macht die Methodenberatung aus. Hilfewird beispielsweise von Studierenden bei Abschluss- und Qua-

W I S S E N S C H A F T M I T M E T H O D E

N E U E S M E T H O D E N Z E N T R U M B I E T E T D I E N S T L E I S T U N G I N M E T H O D I K , D I A G N O S T I K U N D E V A L U A T I O N

36

Testbogen zur Evalution von Lehrveranstaltungen

lifikationsarbeiten nachgefragt. „Dies muss allerdings mit dem Betreuer der Arbeit vorher abgeklärt sein“, macht Diplom-Psychologe Gschwendner-Lukas deutlich. Die Beratung laufegrößtenteils per Mail, doch auch Einzelgespräche sind an derTagesordnung. „Noch kommt unsere studentische Kundschafthauptsächlich aus der Psychologie, doch vermehrt erreichenuns auch Anfragen aus den Sport- und Umweltwissenschaften.Aus dem Kollegenkreis gelangen häufig Anfragen zur Konzep-tion der Auswertungsplanung für Forschungsanträge zu uns.“

■ Ein weiterer Service bilden die Fort- und Weiterbildungsan-gebote: Neben Kursen zu Statistikprogrammen und Datenaus-wertungsverfahren stehen auch Kurse zur computergestütztenDiagnostik auf dem Programm. Derzeit wird intern die Reso-nanz auf die Angebote getestet. Geplant ist dann die Auswei-tung auf weitere Zielgruppen, beispielsweise auf Kundenaußerhalb der Universität, Absolventinnen und Absolventenoder auch Wissenschaftler von anderen Universitäten.

■ Die vielfältige und unterschiedliche Methodenlehre ein-zelner Institute der Universität an einer Stelle zu bündeln, zukoordinieren und auszubauen, ist eine weitere Aufgabe desMethodenzentrums. Neben den Studierenden sollen in beson-derem Maße die Graduiertenschule der Exzellenz und dasInterdisziplinäre Promotionszentrum von diesem Lehr- bzw.Beratungsangebot profitieren.

■ Mit der Umstellung der Studiengänge auf Bachelor- undMaster-Abschlüsse rückt die Pflicht zur Evaluierung aller Lehrveranstaltungen in immer greifbarere Nähe. Derzeit sinddie Wissenschaftler des Methodenzentrums mit der Konstruk-tion und Pilottestung eines Fragebogeninstruments zur stu-dentischen Evaluation von Veranstaltungen beschäftigt. „DasInstrument soll dann uniweit zur Verfügung gestellt werden“,so Gollwitzer. „Dieser Service wird in diesem Umfang aller-dings sehr kostenintensiv sein, so dass wir ihn nicht werdenunentgeltlich leisten können.“

■ Ausgebaut werden soll auch das Serviceangebot für externeKunden. Die Bandbreite möglicher Leistungen reicht vonMarktforschung über die Evaluation von Schulen, Trainings-und Präventionsprogrammen über Hochbegabtendiagnostikoder Personal- und Eignungsdiagnostik. Auch Beteiligungen an externen Forschungsprogrammen haben die Wissenschaft-ler im Visier. „Es gibt bereits konkrete Anfragen aus der Wirt-schaft“, so Schmitt.

un701034_Uniprisma 2007 AK.qxd 15.02.2007 10:17 Uhr Seite 36

I N T E R D I S Z I P L I N Ä R E S P R O M O T I O N S Z E N T R U M

37

T R A N S F E R

Das Methodenzentrum in Landau: Geschäftsführer Tobias Gschwendner-Lukas, Juniorprofessor Mario Gollwitzer und Professor Manfred Schmitt (von links)

Die Universität Koblenz-Landau hat sich zum Ziel gesetzt, denBereich der Nachwuchsförderung auszubauen. Nachdem bereitseine Graduiertenschule der Exzellenz eingerichtet wurde (sieheUniprisma vom Februar 2006), konnte jetzt zusätzlich ein Pro-motionszentrum an der Universität etabliert werden. Sowohldas neue Interdisziplinäre Promotionszentrum (IPZ) als auch ie Graduiertenschule „Unterrichtsprozesse“ werden durch dasHochschulsonderprogramm „Wissen schafft Zukunft“ des Lan-des Rheinland-Pfalz gefördert. Während die Graduiertenschulean ein Thema gebunden ist und nur eine begrenzte Zahl vonPromovierenden aufnimmt, steht das IPZ allen Doktorandinnenund Doktoranden der acht Fachbereiche der Universität offen.

Das IPZ zielt darauf ab, optimale Rahmenbedingungen für dieDoktorandenausbildung zu schaffen: Durch Zusatzangebote soll das Promotionszentrum eine umfassende Betreuung derPromovierenden garantieren und so die fachliche Beratung derProfessorinnen und Professoren ergänzen. Die Verkürzung derPromotionsdauer, ein universitätsweiter hoher Qualitätsstan-dard der Dissertationsprojekte, die Professionalisierung der Pro-movierenden sowie die Vermittlung von Fachkenntnissen undSchlüsselqualifikationen gehören zu den vorrangigen Zielen.

In vier Kernbereichen sollen diese Ziele umgesetzt werden: Das Kursprogramm umfasst strukturierte Weiterbildungsmög-lichkeiten und veranstaltet sowohl fachspezifische als auchinterdisziplinäre Workshops und Seminare. Der Career Servicevermittelt Schlüsselqualifikationen für verschiedene Berufsfel-der. Arbeitsgruppen geben den Promovierenden die Gelegen-heit, selbstständig und eigenverantwortlich übergreifende For-schungsthemen und eigene Dissertationsprojekte kooperativ

■ Künftig soll die Aufgabe des Methodenzentrums um die Auswahl von Studierenden erweitert werden. Dabei soll es als Testzentrum in Kooperation mit der Zentralstelle für die Vergabe von Studienplätzen (ZVS) arbeiten.

Kontakt:Prof. Dr. Manfred Schmitt Jun.-Prof. Dr. Mario [email protected] [email protected].: 0 63 41 - 280-495 Tel.: 0 63 41 - 280-235

Dipl.-Psych. Tobias [email protected].: 0 63 41 - 280-228Internet: http://methodenzentrum.uni-landau.de

und interdisziplinär zu bearbeiten. Das IPZ bietet zudem Bera-tung in organisatorischen Angelegenheiten und stellt allgemei-ne Informationen zur Promotion zur Verfügung.

Für künftige Studierende soll das Zentrum fest in der Vorberei-tung ihrer Promotion verankert sein. Bereits die Gründungs-workshops in Koblenz und Landau bildeten die ersten Erfolgeder neuen Einrichtung ab: Seither sind eine Reihe verschiedenerArbeitsgruppen zu so unterschiedlichen Themen wie Wirtschaft,Informatik/Computervisualistik, Schule und Bildung, Umweltund Gesundheit oder Ästhetik entstanden. Viele der Promovie-renden fühlen sich bereits jetzt dem Promotionszentrum ver-bunden und bringen sich aktiv in die Gestaltung der neuen An-gebote ein. Langfristig ist der Aufbau eines starken Netzwerkesin Kooperation mit internen und externen Partnern fest im Pro-gramm verankert. Die Entwicklung eines solchen Netzwerkesdient dazu, den Promovierenden berufliche Perspektiven zu er-öffnen und zugleich eine internationale Einbindung des IPZ zu erlangen. Das Interdisziplinäre Promotions-zentrum (IPZ) hat seinen Sitz am Campus Koblenz und wird von Vizepräsident Prof. Dr. Wolf-Andreas Liebert, geleitet, Geschäftsführerin ist Dr. Kathrin Ruhl.

Kontakt:Dr. Kathrin RuhlE-Mail: [email protected]: www.ipz.uni-koblenz-landau.de

un701034_Uniprisma 2007 AK.qxd 15.02.2007 10:17 Uhr Seite 37

38

Der Campus Landau ist Partnereines bundesweit einzigartigenPilotprojekts für Literatursponso-ring. Damit sollen bedarfsgerechtMedien wie Bücher, Zeitschriftenoder Datenbanken finanziertwerden, die für Forschung undLehre dringend benötigt werden.

Mit den steigenden Studieren-den- und Mitarbeiterzahlensowie der breiteren Ausrichtungder Studiengänge wächst an derUniversität in Landau der Bedarfan Medien kontinuierlich. Zum

Wintersemester 2006/07 überschritt die Zahl der eingeschrie-benen Studierenden erstmals die 6.000-er Marke. Gleichzeitigverringerten sich die Erwerbungsmittel für konventionelle undelektronische Medien. „Ein unbefriedigender Zustand für Wis-senschaftler und Studierende“ stellt Michael Schefczik, Direktorder Universitätsbibliothek Koblenz-Landau, fest. Besonders drastische Einschränkungen habe es im Bereich Zeitschriftengegeben: Konnte die Universitätsbibliothek in Landau 2003noch 1.062 Zeitschriften abonnieren, sank die Zahl 2004 auf731 Periodika. Der Abwärtstrend setzte sich auch 2005 und2006 fort, weshalb die für die Wissenschaft notwendige Ver-sorgung mit aktuellen Forschungsergebnissen ebenso einge-schränkt ist wie das Informationsangebot für die Lehre.

Diese Umstände fielen auch dem Landauer Psychologie-Stu-denten Gregor Roux auf, der vor dem Studium als Buchhändlerim elterlichen Betrieb gearbeitet hatte. Gemeinsam mit seinemVater Wilhelm Roux entwickelte er ein Konzept, das Abhilfeschaffen soll. Nach ersten positiven Sondierungsgesprächen mitdem Bibliotheksbeauftragten des Fachbereichs Psychologie, Dr.Ulrich Gleich, überzeugten Vater und Sohn auch den Leiter derUniversitätsbibliothek von der Qualität des Konzepts und grün-deten die Firma OrgaLit.

Die Überlegungen der beiden Buchhändler sind dabei ebensoeinfach wie genial: Sie akquirieren Sponsoren, die langfristigePatenschafts-Abonnements übernehmen und gewährleisten,dass das Sponsoring dem Empfänger ohne Abzüge zugeführtwird. Kosten entstehen der Universität für diesen Service nicht.Dies ist möglich, weil sich OrgaLit über die üblichen Verlagsra-batte für Buchhändler finanziert. Und ein weiterer Vorteil: Die

L I T E R A T U R S P O N S O R I N G G E S T A R T E T

L A N D A U E R U N I V E R S I T Ä T S B I B L I O T H E K P A R T I Z I P I E R T A N P I L O T P R O J E K T

Anschaffungen orientieren sich am Bedarf der Universität. Überdie Bibliotheksbeauftragten der Fachbereiche und zentralen Ein-richtungen wurden Bedarfslisten erstellt, durch die Universitäts-bibliothek zusammengeführt und ergänzt. Anhand dieser Listenentscheidet sich der Sponsor gezielt für die Produkte, für die ereine Patenschaft übernehmen möchte. „Die Transparenz für alleBeteiligten ist uns ein großes Anliegen“, so Wilhelm Roux.

„Die Bedarfsorientierung als Grundidee des Konzepts sowie dietransparente Abwicklung sind im Hochschulbereich neuartig“,unterstreicht Bibliotheksleiter Schefczik. Zwar gebe es immerwieder Sponsoringinitiativen, beispielsweise von Verlagen. DieAuswahl der gestifteten Bücher gehe allerdings häufig amtatsächlichen Bedarf vorbei. Auch die Wissenschaftlerinnenund Wissenschaftler am Campus Landau konnten von den Vor-zügen des Projekts überzeugt werden. Zwar habe es Fragen undVorbehalte gegeben, räumt Schefczik ein, diese konnten jedochwährend einer Informationsveranstaltung mit den Buchhänd-lern Roux beantwortet und ausgeräumt werden. „Wichtig warden Wissenschaftlern, dass die Freiheit von Lehre und For-schung gewährleistet bleibt“.

Dabei überzeugte zweifelsohne auch die Expertise von WilhelmRoux. Er bringt 15 Jahre Erfahrung in der Organisation undVerwaltung von Fachliteratur in Betrieben und Krankenkassenmit. Auch dort, so Roux, habe es aus Kostengründen Einsparun-gen in der Beschaffung von Fachliteratur gegeben, gleichzeitighabe weiterhin Bedarf bestanden. Dort hatte Roux erstmalsseine Idee des Literatursponsorings umgesetzt, wie es jetzt ander Landauer Universität im Hochschulbereich getestet wird.

Die Kontinuität des Projektes haben sich die Projektpartner aufdie Fahnen geschrieben, denn nur so kann die Informationsver-sorgung der Universität nachhaltig unterstützt werden. Derzeitsucht OrgaLit adäquate Sponsoren. Bewährt sich das Konzept,wollen die Roux’ ihre Dienste auchder Koblenzer Universitätsbibliotheksowie anderen Universitätsbiblio-theken anbieten.

Weitere Informationen:www.orgalit.de

Kontakt:Michael [email protected]

un701034_Uniprisma 2007 AK.qxd 15.02.2007 10:17 Uhr Seite 38

39

T R A N S F E R

jektes kennen gelernt und kam mit ihm ins Gespräch. „Ichkenne noch das alte Unifernsehen, das Fortstadt-TV, und hattezu dem Zeitpunkt die Idee, so etwas wieder aufleben zu lassen“,erzählt sie. „Der nächste größere Schritt wird in einer Koopera-tion mit LD7 erreicht. LD7 pflegt den virtuellen StadtrundgangLandau“, berichtet Hartmann. „Für einen virtuellen Campus-rundgang haben wir die Beiträge gefilmt und geschnitten, dieProduktion ist bald abgeschlossen.“ Der virtuelle Campusrund-gang im Internet soll beispielsweise Studienanfängern als Ori-entierungshilfe dienen. Danach steht als weiteres großes Pro-jekt ein Imagefilm über die Universität an. „Das ist zwar bisjetzt noch viel Zukunftsmusik, aber es wird auch noch vielumgesetzt“, sind sich Schüller und Hartmann sicher.

U N I - T V A M C A M P U S K O B L E N Z

Seit Mai 2006 besteht am Campus Koblenz das BildungsforumMedien. Als Teil der Lehrerausbildung der Universität in Koblenzwill das Bildungsforum die Medienkompetenz von Studierendenfördern. Zentraler Bestandteil des Bildungsforums ist das neugegründete UniTV. Gemeinsam mit Prof. Dr. Norbert Neumannhaben Felix Wagner, Steffi Maaß und Jennifer Prem, Studieren-de der Diplom-Pädagogik, den Campus-Sender an der Univer-sität in Koblenz aufgebaut.

„Wir verstehen das Uni-TV im Rahmen der medienpädagogi-schen Ausbildung zugleich als Kompensation des Medienmark-tes durch Bürgermedien, die ganz eigene Interessen vertreten,“so Norbert Neumann. Damit setzt das Bildungsforum Medienkonsequent die zahlreichen Video- und Film-Projekte derPädagogik fort, die bisher in Schulen und Seminaren im Rah-men der Pädagogik-Ausbildung durchgeführt wurden. DasForum, Technik und Schnittplätze stehen zugleich allen Fach-bereichen und Studierenden der Universität für eigene Beiträgezur Verfügung. Das Team des Uni-TV unterstützt und begleitetinteressierte Studierende bei der filmischen Umsetzung eigenerIdeen. Uni-TV ist so auch ein Magazin von Studierenden fürStudierende. Die Beiträge werden zudem über den OffenenKanal ausgestrahlt und stärken so die Außenwirkung der Uni-versität. Die Kooperation des Campus-Senders mit dem offenenKanal bietet eine Sendeplattform, über die der neu gegründeteCampus-Sender 30.000 Haushalte in der Großregion Koblenzerreicht. Somit wird auch die Universität als Kulturträger derRegion in der Öffentlichkeit verstärkt wahrnehmbar. Zugleicheröffnet das UniTV der Hochschule einen weiteren und neuenWeg zur Forschungsvermittlung.

Das Team von Objektiv-TV

Fernsehen machen an der Universität, das haben sich zwei Pro-jektteams am Campus Koblenz und am Campus Landau vorge-nommen und in die Tat umgesetzt. „Objektiv-TV“ am CampusLandau ist aus einer studentischen Initiative hervorgegangen,das Koblenzer „UniTV“ ist über das Bildungsforum Medien indie Lehrerausbildung integriert.

O B J E K T I V - T V A M C A M P U S L A N D A U

Fernsehen von Studierenden für Studierende – das ist dasMotto von Objektiv-TV am Campus Landau. Was die Studieren-den interessiert, nehmen sie in die Hand und schauen sich an,was dahinter steckt. So kommt es, dass die Universität seitetwa einem Jahr ein eigenes Fernsehteam hat. Rund 20 Studie-rende überlegen sich regelmäßig Beiträge, filmen sie, schneidenund sorgen für deren Ausstrahlung – je nach Idee und Interes-senslage der einzelnen. „Das Objektiv-UniTV ist ein Projekt, dasin Studentenhand liegt“, erklären Kirsten Schüller und FelixHartmann, beide in dem Projekt aktiv. „Die Inhalte unsererBeiträge betreffen die Universität und die Stadt Landau undsollen möglichst studentennah sein.“ Dabei möchte die Gruppe– wie der Name schon verrät – möglichst objektive Beiträgeerstellen, und dafür auch mit dem Objektiv ihrer Kameras nahan das Geschehen heranzoomen.

Nachdem die Ideen gefilmt und der Dreh abgeschlossen ist,kommt der aufwändigste Part: der Schnitt. „Das dauert füreinen fünfminütigen Beitrag schon etwa 15 Stunden“, so dieErfahrung der beiden Filmbegeisterten. Danach werden dieBeiträge in der Universität ausgestrahlt. Pro Semester soll esmindestens eine Sendung geben, die vor dem Uni-Kino zirka 20Minuten lang gezeigt wird, und mit drei bis vier Beiträgengefüllt ist. Eines der Mitglieder des UniTV moderiert diese Sen-dung dann auch an und verweist im gleichen Zug auf kommen-de Veranstaltungen. Auch der „Offene Kanal“ in Landau strahltdie Sendungen aus.

„Über den ‚offenen Kanal’ kam diese ganze Idee erst so richtigins Rollen“, erinnert sich die inoffizielle Projektleiterin Schüller.So hat sie vor einiger Zeit den Betreuer des Senders, RalphHeydolph, im Rahmen von Dreharbeiten eines anderen Unipro-

T V - P R O J E K T E I N K O B L E N Z U N D L A N D A U

un701034_Uniprisma 2007 AK.qxd 15.02.2007 10:18 Uhr Seite 39

un701034_Uniprisma 2007 AK.qxd 15.02.2007 10:18 Uhr Seite 40