und in - izw.baw.de · einzig verfitgbare Reservoir, aus dem der frei flieBende Strom sein...

10
Technische Universitat Dresden - Fakultat Bauingenieurwesen Institut far Wasserbau und Technische Hydromechanik Dresdner Wasserbaukolloquium 2010 „Wasserbau und Umwelt - Anforderungen, Methoden, L6sungen" I WD 24 Das Sohlstabilisierungskonzept fur die Elbe von Miihlberg bis zur Saalemundung Thomas Gabriel An der Mittelelbe zwischen den Ortschaften Muhlberg und Coswig/Anh. hat sich das Gewasserbett der Elbe uber einen Zeitraum von mebr als 100 lahren um durchschnittlich einen Meter eingetieft. Diese sich heute weiter stromab bis zur Saalemundung fortsetzenden Erosionstendenzen stellen eine zunehmende Gefahr- dung far die Funktionsfahigkeit des Stromregelungssystems dar. Um der Erosion entgegen m wirken, wird seit 1996 ein Sand-Kiesgemisch ats Ersatz for fehlendes naturliches Flussgeschiebe eingebracht. Zusatzlich sind auch strombauliche MaB- nahmen unterschiedlichster Art erforderlich. Mit einem im Jahr 2009 fertig ge- stellten „Sohlstabilisierungskonzept fOr die Elbe von Muhlberg bis zur Saatemun- dung" wurde die konzeptionelle Grundlage der zukanftig notwendigen MaBnah- men zur Eindammung der Erosion bei gleichzeitiger Beibehaltung der naturlichen Sobldynamik basierend auf umfangreichen Untersuchungsergebnissen aufgestellt. Erosion, Flussbau, Buhnen, Geschiebebewirtschaftung 1 Die Erosionsstrecke der Elbe Als Erosionsstrecke wird der durch eine langfristige und groBraumige Sohleintiefung charakterisierte Stromabschnitt der oberen Mittelelbe bezeichnet. Der Begriff wurde in den 1990er Jahren zunachst auf den Bereich zwischen Muhlberg (El-km 120) und Coswig/Anh. (El-km 230) angewendet, da (tort in der Vergangenheit die gr6Bten Eintiefungen beobachtet wurden. Mittlerweile wird auch die unterstromig anschlieBende Strecke bis zur Saalemindung (El-km 290,7) mit einbezogen, wobei sich hier Erosions- und Sedimentationstendenzen abwechseln (Abbildung 1). In diesem Elbabschnitt ist seit mehr als 100 Jahren eine verstarkle Sohlerosion zu beobachten. Die Erosion der Sohle geht mit einer entsprechenden Absenkung des Flusswasserspiegels einher (Abbildung 2) und hat u. a. nachteilige Auswir- kungen auf die Verkehrssicherheit der Schifffahrt und auch auf die Bauwerkssi- cherheit des bestehenden Stromregelungssystems. m

Transcript of und in - izw.baw.de · einzig verfitgbare Reservoir, aus dem der frei flieBende Strom sein...

Page 1: und in - izw.baw.de · einzig verfitgbare Reservoir, aus dem der frei flieBende Strom sein Geschiebedefizit kompensierenkann, im Ergebnis aber auf diese Weise sei-ne Sohle standig

Technische Universitat Dresden - Fakultat BauingenieurwesenInstitut far Wasserbau und Technische HydromechanikDresdner Wasserbaukolloquium 2010

„Wasserbau und Umwelt - Anforderungen, Methoden, L6sungen"I WD24

Das Sohlstabilisierungskonzept fur die Elbe von

Miihlberg bis zur Saalemundung

Thomas Gabriel

An der Mittelelbe zwischen den Ortschaften Muhlberg und Coswig/Anh. hat sichdas Gewasserbett der Elbe uber einen Zeitraum von mebr als 100 lahren um

durchschnittlich einen Meter eingetieft. Diese sich heute weiter stromab bis zur

Saalemundung fortsetzenden Erosionstendenzen stellen eine zunehmende Gefahr-dung far die Funktionsfahigkeit des Stromregelungssystems dar. Um der Erosion

entgegen m wirken, wird seit 1996 ein Sand-Kiesgemisch ats Ersatz for fehlendesnaturliches Flussgeschiebe eingebracht. Zusatzlich sind auch strombauliche MaB-nahmen unterschiedlichster Art erforderlich. Mit einem im Jahr 2009 fertig ge-stellten „Sohlstabilisierungskonzept fOr die Elbe von Muhlberg bis zur Saatemun-

dung" wurde die konzeptionelle Grundlage der zukanftig notwendigen MaBnah-men zur Eindammung der Erosion bei gleichzeitiger Beibehaltung der naturlichenSobldynamik basierend aufumfangreichen Untersuchungsergebnissen aufgestellt.

Erosion, Flussbau, Buhnen, Geschiebebewirtschaftung

1 Die Erosionsstrecke der Elbe

Als Erosionsstrecke wird der durch eine langfristige und groBraumigeSohleintiefung charakterisierte Stromabschnitt der oberen Mittelelbe bezeichnet.Der Begriff wurde in den 1990er Jahren zunachst auf den Bereich zwischen

Muhlberg (El-km 120) und Coswig/Anh. (El-km 230) angewendet, da (tort inder Vergangenheit die gr6Bten Eintiefungen beobachtet wurden. Mittlerweilewird auch die unterstromig anschlieBende Strecke bis zur Saalemindung (El-km290,7) mit einbezogen, wobei sich hier Erosions- und Sedimentationstendenzenabwechseln (Abbildung 1).

In diesem Elbabschnitt ist seit mehr als 100 Jahren eine verstarkle Sohlerosionzu beobachten. Die Erosion der Sohle geht mit einer entsprechenden Absenkungdes Flusswasserspiegels einher (Abbildung 2) und hat u. a. nachteilige Auswir-

kungen auf die Verkehrssicherheit der Schifffahrt und auch auf die Bauwerkssi-cherheit des bestehenden Stromregelungssystems.

m

Page 2: und in - izw.baw.de · einzig verfitgbare Reservoir, aus dem der frei flieBende Strom sein Geschiebedefizit kompensierenkann, im Ergebnis aber auf diese Weise sei-ne Sohle standig

106 Das Sohlstabilisieningskonzept Br die Elbe von Muhlberg bis zur Saalemindung

- 4Tle,mi 4 -

4

..f cosivig Witenbq= =.

&

.'. 2.5 ....::r Torgau . <,26.

... ...4- 51-

i .-

Torpl,./ ..........................tut.

4--.

Abbildung 1: Die Erosionsstrecke der Elbe

Da auch das flussnahe Grundwasser von der Absenkung betroffen ist, sind als

Folge der fortschreitenden Sohlerosion Beeintrachtigungen filr das Okosystemder Talaue nicht auszuschlieBen.

Um einer weiter fortschreitenden Erosion entgegen zu wirken und die Sohle m

stutzen, wird seit Mitte der 1990er Jahre der Elbe gezielt Geschiebeersatzmateri-al in unterschiedlichen Abschnitten der Erosionsstrecke zugefithrt (Kuhne &

Scho,Aig, 2000 sowie PG Erosionsstrecke Elbe, 2001 und 20051. Neben des Ge-

schiebezugabe, als kurzfristig zu realisierende MaBnahme im Rahmen der Was-

serstraBenunterhaltung, sind jedoch fur eine nachhaltige Eindammung der Ero-

sion weitere  ankierende MaBnahmen im Bereich des Gewasserbettes und in

den Vorlandern notwendig. Mit dem Auftrag hierftir ein MaBnahmenkonzept zu

erstellen, wurde von der Wasser- und Schifffahrtsdirektion (WSD) Ost eine Pro-

jektgruppe eingerichtet. Seit 2009 liegt das Konzept vor und ist seit dem Hand-

lungsgrundlage far die Wasser- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes (WSV).

Ia„i.

-O ..9-4

D. .t

<.

Page 3: und in - izw.baw.de · einzig verfitgbare Reservoir, aus dem der frei flieBende Strom sein Geschiebedefizit kompensierenkann, im Ergebnis aber auf diese Weise sei-ne Sohle standig

Dresdner Wasserbaukolloquium 2010: „Wasserbau und Umwelt"107

Dresdner Wasserbautiche Mitteilungen, Heft 40

1.1 Historische Entwicklung

Naturliche Flusssysteme verandern durch das Wechselspiel zwischen Erosion

und Anlandung stiindig ihre Form und Gestalt. In ausgebauten FlieBgewassernwie der Elbe sind der Selbstgestaltung jedoch enge Grenzen gesetzt. Morpholo-gische Verandemngen konnen heute nur noch innerhalb des durch die Deiche

begrenzten Querschnitts stattfinden und konzentrieren sich dort im Wesentlichen  auf die Sohle des durch Buhnen, Parallel- und Deckwerke festgelegten Mittel-  wasserbetts. In Abhangigkeit von Sedimentzufubr und Transportvermagenkommt es entweder zur Eintiefung oder zur Aufhahung der Sohle. Wenn sich

Sedimentzufullr und Transportvermogen die Waage halten, bleibt die Sohthi heim raumtichen und zeitlichen Mittel stabil.

Kemizeichnend fitr die Erosionsstrecke der Elbe ist der zeitlich anhaltende und

raumlich ausgedehnte Trend zur Eintiefung der Gewassersohle. Diese Entwick-

lung ist in der sedimentologisch-morphologischen Charakteristik der Erosions-strecke begrandet, wird aber auch stark durch anthropogene Eingriffe aus der

Vergangenheit beeinflusst.

MaBgebende Faktoren sind u. a.

• ein zu geringer Geschiebeeintrag bedingt durch Staustufen und Querbau-werke im Oberlaufund in den emmundenden Nebengew5ssem,

• die Verengung und Festlegung des Hochwasserbetts durch Deichbau,

• die Verengung des Mittelwasserbetts durch Regelungsbauwerke,

• die Verminderung der Geschiebeeintrage durch Seitenerosion in Folge der

Uferbefestigung,

• UngleichmaBigkeiten der Durchflussflache und der Kornzus=mmensetzungder Sohle.

Aus der historischen Analyse der Wasserstande lasst sich ableiten, dass eine ver-

st:irkte Erosion nachweislich bereits Ende des 19. Jahrhunderts eingesetzt hat,mit groBer Wahrscheinlichkeit auch schon davor. Der Vergleich von Wasser-

spiegelfixierungen, geometrischen Sohlaufnahmen und Feststofftransportmes-sungen zeigt, dass der Eintiefungsprozess weiter anhalt. Each aktuellen Analy-sen und Modelluntersuchungen wandert der Schwerpunkt der Erosion langsamstromabwarts (Abbildung 2),

Page 4: und in - izw.baw.de · einzig verfitgbare Reservoir, aus dem der frei flieBende Strom sein Geschiebedefizit kompensierenkann, im Ergebnis aber auf diese Weise sei-ne Sohle standig

108 Das Sohlstabilisierungskonzept fur die Elbe von Malberg bis zur Saalemindung

20 ·

0I

1-20

R -40

2 -60(U

  -80

  -100

N 420

0 -140tc

-160

-180

-200 -

Differenz der auf MNQ normierten Wasserspiegel

11888

1AA

,/ "ll \

1

Dfferenzvon 1904 zu 1888

- - Differenz von 1934 zu 1888

-Differenz von 1959 zu 1888

-Differenz von 1996 zi 1888

-Differenzvon 2004 und 1888

120 140 160 180 200 220 240 260 280 [km] 300

Abbildung 2: Wasserspiegelentwicklung in Bezug auf einen normierten Wasserspiegel von

1888 (BAW)

Lag in der Vergangenheit das Erosionsmaximum im Bereich des Torgauer Fel-

sens @1-km 155), wo die Erosion aktuell mehr und mel]r zum Abklingenkommt, so trat zwischen den 1960er und 1980er Jahren die starkste Erosion bei

Pretzsch (El-km 185) auf. In den letzten 15 bis 20 Jahren hat sich der Erosions-

schwerpunkt weiter in Richtung Kloden (El-km 190) und Wittenberg/L. (El-km215) verlagert. Die Eintiefung erfolgt dabei nicht kontinuierlich und nicht

gleicbmaBig uber die gesamte Strecke. Trotz langfristiger und groBraumigerErosion kommt es u. a. auch aufgrund eines nicht voll funktionsfihigen Strom-

regelungssystems mit ungleichmaBiger Streichlinienfiihrung lokal und temporarzu Anlandungen, die zu Fehlstellen for die Schifffahrt werden.

1.2 Charakteristik der Erosionsstrecke

Die Elbe unterliegt im hier betrachteten Stromabschnitt keiner Stauregelung und

hat freien Abfluss. Sie ist jedoch ein erheblich anthropogen itberpragter Fluss.

Kennzeichnende Strukturelemente sind neben den Hochwasserdeichen vor allem

die Buhnen und Deckwerke, die das Flussbett nach erfolgterMittelwasserregelung in den 80er Jahren des 19. Jahrhunderts in dem heute noch

vorhandenen Lauffixieren.

Die Erosion kommt dort voll zum Tragen, wo die Sohle nicht durch eine

grobkumige Deckschicht geschutzt ist und genugend feink niges Material aus

t 1 tA : I

190

tA 1934

1 n ./'' 4 , \ 1W \-

ritr   16 A ,· „ 4

959 2004*. 4

1996  Ungena.*ke;t d= 1,1.hem  

5.

A.i

'

J 1

Page 5: und in - izw.baw.de · einzig verfitgbare Reservoir, aus dem der frei flieBende Strom sein Geschiebedefizit kompensierenkann, im Ergebnis aber auf diese Weise sei-ne Sohle standig

Dresdner Wasserbaukolloquium 2010: „Wasserbau und Umweit"

Dresdner Wasserbauliche Mitteitungen, Heft 40

der Sohle herausgelast und abtransportiert werden kam. Aufgr[md der

vorherrschenden geologisch-sedimentologischen Verhaltnisse ist das heute nochunterhalb von El-km 130 der Fall. Allerdings haben die bisher durchgefithrtenMaBnahmen der WSV in diesem Streckenabschnitt zu einer gewissenStabilisierung der Sohle bis in den Bereich Torgau (El-km 155) gefithrt. DieanschlieBende Strecke ist durch eine Zunahme der Geschiebefracht bis hin zur

Saaleinundung gekennzeichnet.

Die anhaltende Erosion hat bereichsweise dazu gefithrt, dass die Regelungsbau-werke im Hinblick auf den Bezugswasserstand zu hoch liegen und deshalb aber

Mittelwasser hinaus regelungswirksam sind. Gleichzeitig hat die Erosion in

Verbindung mit einer zustitzlichen sedimentationsbedingten Aufh6hung derVorlander dazu gefilhrt, dass sich der Abstand zwischen dem Niveau der Vor-

lander und der Flusssohle vergr6Bert. Als Folge davon werden die Vorltinder

erst bei haheren Abflussen uberstr8mt. Beide Wirkungen fithren zu einer Sellst-

verstarlamg der Erosion.

Vergleicht man die Erosionsstrecke hinsichtlich Feststoffhaushalt und Erosions-

intensitat mit den oberhalb und unterhalb anschlieBenden Stromabschnitten, so

zeichnet sich die unterstromige Strecke durch einen relativ ausgeglichenen Ge-schiebehaushalt aus. Der oberhalb der Erosionsstrecke liegende Abschnitt zwi-schen tschechischer Grenze und Mithlberg ist durch ein sehr hohes Geschiebede-fizit charakterisiert. Gleichwohl ist die Erosionsintensitat in dieser Strecke sehr

gering. Hier wird die Sohle durch eine grobl mige Deckschicht nachhaltig sta-bilisiert. Somit erweist sich der sandig-kiesige Untergrund im Bereich der Erosi-onsstrecke als das einzig verfitgbare Reservoir, aus dem der frei flieBende Stromsein Geschiebedefizit kompensierenkann, im Ergebnis aber auf diese Weise sei-ne Sohle standig weiter absenkt.

Auch wenn, wie hier beschrieben, in einigen Abschnitten ein quasi naturliches

Abklingen der Erosion zu verzeichnen ist, so ist nicht davon auszugehen, dasssich in absehbarer Zeit ilber den gesamten Streckenverlauf vergleichbares ein-stellen wird. Die Ursachen hierfar liegen maBgeblich in der Heterogenitat der

Materialzusammensetzung der Flusssohle im Streckenverlau£

2 Konzept zur dynamischen SohIstabilisierung

Grundlage for die Entwicklung eines geeigneten Konzeptes zur Eindammungder Erosionstendenzen war ein umfangreiches Untersuchungsprogramm (siehe

E

109

Page 6: und in - izw.baw.de · einzig verfitgbare Reservoir, aus dem der frei flieBende Strom sein Geschiebedefizit kompensierenkann, im Ergebnis aber auf diese Weise sei-ne Sohle standig

110 Das Sohlstabilisierungskonzept fitr die Elbe von Muhlberg bis zur Smlemundung

PG Erosionsstrecke Elbe, 2009). Zwar konnte auch auf Erfahrungen aus der

Vergangenheit und aus anderen Flussgebieten mit vergleichbarer Problematik

zuruckgegriffen werden, aber eigene aktuelle gebietsspezifische Untersuchungenin der Natur (z. B. Schwebstoff- und Geschiebemessungen Follmer & Schriever,

2005) sowie die Entwicklung von hydraulischen, aerodynamischen sowie nume-

rischen Modellen (siehe Faulhaber 2001, Anlauf& Hentschel 2002 und Ale,042004) erwiesen sich als unverzichtbar, um die ablaufenden Natorprozesse hin-

reichend genau beschreiben zu k8nnen und um darauf aufbauend ein MaBnah-

menprogramm zu entwickeln, welches den nachfolgend aufgeftihrten Zielen und

Grundsiitzen gerecht wurde.

2.1 Ziele und Grundsiitze

Als Entwicklungsziel far die Erosionsstrecke wird die Stabilisierung der mittie-

ren Sohlhohe bei Erhalt oder Farderung der morphologischen Dynamik atlge-

strebt

Neben der Aufrechterhaltung bzw. der Wiederherstellung der definierten Schiff-

fahrtsbedingungen, des Grundwasserhaushaltes und der Hochwassemeutralitat

der eingesetzten MaBnahmen, sind aus 6kologischer Sicht eine starkere Struktu-

rierung und Dynamisierung des Flusslaufes und der Aue, insbesondere durch

Zulassen von Struktur bildenden Prozessen sowie eine haufigere und groBrau-migere Oberstr6mung der Aue bzw. der Vorlander zu berucksichtigen.

Die konkreten MaBnahmen zur Erosionsminderung werden u. a. unter Beriick-

sichtigung der nachfolgenden Grundsiitze gewahlt:

• Dem Geschiebedefizit wird durch eine dauerhafte, uber die gesamte Ero-

sionstrecke verteilte Geschiebezugabe begegnet

• Die Regelungsbauwerke und das Gewasserbett einschlieBlich der bei hau-

flgem Hochwasser (< HQs) durchstr6mten Vorlander sind so zu gestalten,dass der gleichmaBige Durchtransport von Geschiebe gewahrleistet wird.

• UngleichmliBigkeiten im Frachtverlauf, die sich durch RegelungsmaB-nabmen nicht beheben lassen, werden durch gezielte Geschiebeumlage-rung ausgeglichen.

• Dynamische Strukturveranderungen werden besonders im ObergangFluss-Aue auBerhalb der Fahrrinne unterstutzt

Page 7: und in - izw.baw.de · einzig verfitgbare Reservoir, aus dem der frei flieBende Strom sein Geschiebedefizit kompensierenkann, im Ergebnis aber auf diese Weise sei-ne Sohle standig

Dresdner Wasserbaukolloquium 2010: „Wasserbau und Umwelt"

Dresdner Wasserbauliche Mitteilungen, Heft 40

• Erosionsbedingt beeintrachtigte Strukturen im Vorland, wie Flutrinnen

und Maanderwege (Altarme), werden durch ImpulsmaBnahmen reakti-

viert.

2.2 MaBnahmen

Die im Sohlstabilisierungskonzept formulierten MaBnahmen bzw. MaBnahmen-

kombinationen zur Erreichung der o. g. Ziele lassen sich aus den jeweiligen im

Rahmen der Konzeptentwicklung durchgeithrten Untersuchungen ableiten.

Daraus ergibt sich, dass weiterhin der Geschiebezugabe bzw. der Geschiebeum-

lagerung eine zentrale Rolle zufallen wird. Die Zugabe wird dabei im gesamtenAbschnitt der Erosionsstrecke zur Anwendung kommen. Darlber hinaus wird

ein wesentlicher Schwerpunkt auf der Modifikation der Regelungsbauwerke lie-

gen. U. a. bedeutet dies die H6henanpassung der Bauwerke, dort wo notwendig.Auch sollen in ihrer hydraulischen und 6kologischen Wirkungsweise optimierteBauformen ebenso zu Anwendung kommen, wie der Ruckbau von Bauwerken,die regelungstechnisch nicht mehr von Bedeutung sind.

Bei h6heren Abflussen soll dem Fluss durch Uferabgrabungen und den Abtragvon Uferrehnen ein fritheres Ausufem ermdglicht werden. Durch das Reaktivie-

ren von Flutrinnen und das Wiederanbinden von Altarmen wird das Gewasser-

bett ebenfalls entlastet und der Stramungsangriff auf die Sohle bei Abflussenuber Mittelwasser reduziert.

Daruber hinaus wird die laufende Unterhaltung mit Blick auf die Erosionsprob-leme optimiert. Beispielsweise wird als eine zagig umzusetzende MaBnahme dasAusriiumen von verlandeten Buhnenfeldern realisiert. Dadurch werden die Was-

serflache bei niedrigen Abflussen und die Wassertiefe in den But,nenfeldem bei

allen Abflussen vergrdiBert. Die hydraulische Wirksamkeit der umstromten Buh-

nen wird wieder hergestellt.

2.3 Streckeneinteilung

Aufgrund der groBen Ausdehnung der Erosionsstrecke und der Notwendigkeitsich bei der Umsetzung von SchwerpunktmaBnahmen zuerst auf die Bereiche

mit den grOBten Erosionstendenzen zu konzentrieren, wird far die Erosionsstre-cke der Elbe eine Unterteilung in Streckenabschnitte von 15 bis 30 km Langegleicher oder annahernd gleicher Charakteristik vorgenommen (Tabelle 1).

m

11I

Page 8: und in - izw.baw.de · einzig verfitgbare Reservoir, aus dem der frei flieBende Strom sein Geschiebedefizit kompensierenkann, im Ergebnis aber auf diese Weise sei-ne Sohle standig

112 Das Sohlstabilisierungskonzept for die Elbe von Muh[berg bis zur Saatemindung

In den Strecken Klbden (3) sowie nachfolgend Wittenberg/L. (4) und Cos-

wig/Anh. (5) werden die MaBnahmen in Form von Pilotvorhaben zuerst umge-setzt.

Tabelle 1: Streckenunterteilung der Erosionsstrecke mit jeweiligen SchwerpunktmaB-nahmen

Strecken-Mr.

bezeictinung

Mihiberg

2 Torgau

3 Kladen

4 Wittenberg/L.

5 Cosivig/Anh.

7Saalemlin.

dung

Streckenabschnitt

Kreinitz bis Belgem

(El-km 1 20 - El-km 140)

Belgem bis Prettin

(El-km 140 - El-km 170)

Prettin bis Ester-Miindung

(EI-km 1 70 - Et-km 198,5)

Elster-Mandung bis Cos-

wig/Anh.

(El-km 198,5 - El-km230)

Coswig/Anh. bis Mulde

Mandung

(El-km 230 -El-km 259,6)

Mulde-Mundung bis Steckby

%1-km 259,6 - El-km 280)

Steckby bis Saalemundung

(El-km 280 - E]-km 290)

SchwerpunktmaBinahmen mr Sohistabilisierungnet,an der Regcluntel·hallung

=> Geschiebezugabe=* Geschiebeumlagerung4 Grobkomanreichening4 Geschiebezugabe=* Grobkornanreicherung=* Modifikation der Regelungsbauwerke=* Vergri Berung des Abflussanteils der Vortiinder

=* Geschiebezugabe=* Modifikation der Regelungsbauwerke=> Uferabgrabung=> VergrOBerung des Abflussanteils der VorIander

= Geschiebezugabe=> Geschiebeumlagerung=> Modifikation der Regelungsbauwerke=> Vergratterung des Abfiussanteils der Vorlander

=> Geschiebezugabe4 Geschiebeumlagemng4 Modifikation der Regetungsbauwerke=> VergraBerung des Ab lussanteils der Vorlander

=> Geschiebeumlagemng=* Modifikation der Regelungsbauwerke=* Uferabgrabung=> Vergrt Berung des Abflussanteils der Vorlander

=* Geschiebeumlagering=> Modifikation der Regelungsbauwerke=> VergraBerung des Abflussanteils der Vorl:inder

2.4 Naturschutzfachliche Bewertung der MaBnahmen gegen die Erosion

Die Erosionsstrecke der Elbe befindet sich in einem akologisch bedeutsamen

Gebiet und MaBnahmen, die hier umgesetzt werden, haben auch Auswirkungenauf die hiervon betroffenen Lebensriiume. Obwohl die Eindlimmung der Erosi-

onstendenzen grundsatzlich auch aus Sicht des Naturschutzes zu begrUBen ist,wurden die im Sohlstabilisierungskonzept entwickelten MaBnahmen hinsichtlich

1

6 Aken

Page 9: und in - izw.baw.de · einzig verfitgbare Reservoir, aus dem der frei flieBende Strom sein Geschiebedefizit kompensierenkann, im Ergebnis aber auf diese Weise sei-ne Sohle standig

Dresdner Wasserbaukolloquium 2010: „Wasserbau und Umwelt

113Dresdner Wasserbauliche Mitteilungen, Heft 40

ihrer akologischen Wirkungen betrachtet und einer naturschutzfachlichen Be-

wertung unterzogen.

Die Gesamtbetraehtung aus naturschutzfachlicher Sicht kommt dabei zu dem

Fazit, dass die Eindammung der fortschreitenden Erosion eine wesentliche Vo-

raussetzung for den Erhalt der auentypischen Funktionen darstellt und die Um-

setzung aller MaBnahmen, inklusive derjenigen im Vorland, in der Summe gut  geeignet sind, die naturschutzfachlichen Ziele einer Redynamisierung des Auen-  bereichs und AnstoBung auentypischer Prozesse auf graBeren Flacheneinheiten  Azu ernloglichen sowie die Erhaltungs- und Entwicklungsziele der nationalen,

europaischen und intemationalen Schutzgebiete zu unterstutzen.

3 Danksagung

Das Sohlstabilisierungskonzept fit die Elbe von Muhlberg bis zur Saalemun-

dung ist das Ergebnis der Arbeit der Projektgruppe „Erosionsstrecke Elbe". An

dieser Stelle sei den weiteren Mitgliedern der Projektgruppe, Frau Dipl.-Ing.Faulhaber (Bundesanstalt far Wasserbau), Frau Dipl.-Ing. Kuhne und Frau

Dipl.-Ing. (FH) K.108 (Wasser- und Schifffahrtsamt Dresden), Herm Prof, Dr.

Gulz und Herrn Dr. Anlauf gundesanstalt ftir Gewasserkunde) gedankt. Wei-

terhin sei Herrn Dipl.-Ing. Puhlmann (Biospharenreservatsverwaltung„Mittelel-be" im Landesverwalkingsamt Sachsen-Anhalt) sowie Herm Dr. Grager (Sach-sisches Staatsministerium fUr Umwelt und Landwirtschaft) far deren Mitwir-

kung bei der Erstellung des Konzeptes nochmals besonders gedankt.

Page 10: und in - izw.baw.de · einzig verfitgbare Reservoir, aus dem der frei flieBende Strom sein Geschiebedefizit kompensierenkann, im Ergebnis aber auf diese Weise sei-ne Sohle standig

114 Das Sohlstabilisierungskonzept far die Elbe von Muhlberg bis zur Saalemundung

4 Literatur

Alexy, M (2004): Feststomransportmodell zur Simulation von Geschiebezugabeszenarienzur groBriiumigen und langfristigen Stabilisieni:ng der Elbesohle in derErosionsstrecke. Dresdner Wasserbautiche Mitteilungen, Heft 27, S. 459 - 471,Dresden.

Anlauf, A., Hentschel, B. (2002): Untersuchungen zur Wirkung verschiedenerBuhnenformen auf die Lebensritume in Buhnenfeldern der Elbe. In Die Elbe - neue

Horizonte des Flussgebietsmanagements, Tagungsband des 10. MagdeburgerGewasserschutiseminars, Verlag Teubner, Stittgart (ISBN 3-519-00420-8) S. 199 -

202

Faulhaber, P. (2001): MaBnahmen gegen die Sobleneintiefung der Elbe. InWasserwirtschaft-Wassertechnik, Heft 7, Berlin.

Kahne, E., SchoBig, R. (2000): Geschiebezugabe zur Sohlstabilisierung der Elbestreckeunterhalb Dresden. In Wasserbaukolloquium des Instituts kr Wasserbau und

Technische Hydromechanik 16. bis 17.3.2000, TU Dresden, Dresden (ISBN 3-

86005-243-8).PG Erosionsstrecke Elbe (2001): Erosionsstrecke der Elbe. Ergebnisse der Naturversuche

zur Geschiebezugabe 1996-1999, WSD Ost, WSA Dresden; BAW, BfG,unveraffentlichter Bericht der Projektgruppe „Erosionsstrecke".

PG Erosionsstrecke Elbe (2005): Erosionsstrecke der Elbe. Bewertung der Geschiebe-

zugaben und ergiinzende Untersuchungen 2000 bis 2003, WSD Ost, WSA Dresden;BAW, BfG, unveraffentlichter Bericht der Projektgruppe „Erosionsstrecke"

PG Erosionsstrecke Elbe (2009): Sohlstabilisierungskonzept filr die Elbe von Mublbergbis zur Saalemundung, WSD Ost, WSA Dresden, BAW und BfG, Bericht der

Projektgruppe Erosionsstrecke, Magdeburg, Dresden, Karlsruhe, Koblenz, 2009

http://www.wsd-ost.wsv.de/betrieb_unterhaltung/Elbe/Erosion/index.htmlVollmer, S., Schriever, S. (2005): Feststoffhaushalt der Elbe. Bundesanstalt far

Gewasserkunde, Veranstaltungen 4/2005, S. 25-36

Autor:

Dipl.-Geogr. Thomas Gabriel

Wasser- und Schifffahrtsdirektion Ost

Gerhart-Hauptmann-StraBe 1639108 Magdeburg

Tel.: +49 391 2887 3442

Fax: +49 39128873030

E-Mail: [email protected]