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Diskriminierung und Rassismus Internationale Verpflichtungen und nationale Herausforderungen für die Menschenrechtsarbeit in Deutschland David Nii Addy www.institut-fuer-menschenrechte.de Deutsches Institut für Menschenrechte German Institute for Human Rights Zimmerstrasse 26/27 D-10969 Berlin Phone: (+49) (0)30 – 259 359 0 Fax: (+49) (0)30 – 259 359 59 [email protected] Studie

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Diskriminierung und RassismusInternationale Verpflichtungen und nationale Herausforderungen für die Menschenrechtsarbeit in Deutschland

David Nii Addy

www.institut-fuer-menschenrechte.de

Deutsches Institut für Menschenrechte

German Institute for Human Rights

Zimmerstrasse 26/27

D-10969 Berlin

Phone: (+49) (0)30 – 259 359 0

Fax: (+49) (0)30 – 259 359 59

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Deutsches Institut für MenschenrechteGerman Institute for Human RightsZimmerstr. 26/27D- 10969 BerlinPhone (+49) (0)30 – 259 359 0Fax (+49) (0)30 – 259 359 59info@institut-fuer-menschenrechte.dewww.institut-fuer-menschenrechte.de

Gestaltung: iserundschmidt Kreativagentur für PublicRelations GmbH Bad Honnef – Berlin

Juni 2003

ISBN 3-9808112-1-2

Impressum

Studie

Diskriminierung und RassismusInternationale Verpflichtungen und nationale Herausforderungen für die Menschenrechtsarbeit in Deutschland

David Nii Addy

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Vorwort

David Nii Addy, Politikwissenschaftler mit Speziali-sierung in den Bereichen Migration, Antidiskriminie-rung und Entwicklungspolitik. Nach mehrjähriger Tä-tigkeit als wissenschaftlicher Mitarbeiter an der FreienUniversität Berlin und für die Internationale Arbeits-organisation arbeitet Addy derzeit freiberuflich alsGutachter.

Der Autor

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Der Autor

Das Deutsche Institut für Menschenrechte begleitet undfördert den Umsetzungsprozess der Ergebnisse der„Weltkonferenz gegen Rassismus, Rassendiskriminie-rung, Fremdenfeindlichkeit und darauf bezogene In-toleranz“, die im August 2001 in Durban stattfand. Esübernimmt eine aktive Rolle bei der Überwachung derinternationalen Verpflichtungen Deutschlands im Be-reich Rassismus und Diskriminierung.

Diese Grundlagenstudie systematisiert die völkerrecht-lichen Instrumente und Mechanismen gegen Rassismusim Rahmen der Vereinten Nationen, des Europaratesund der Europäischen Union, betrachtet die deutscheBerichtspraxis an die internationalen und europäi-schen Organe und deren Kommentare zur rechtlichenund tatsächlichen Lage in Deutschland. Auf dieser Ba-sis entwickelt der Autor Leitlinien für eine umfassen-de Antidiskriminierungspolitik in Deutschland.

Darüber hinaus sollen die Überlegungen und Empfeh-lungen des Autors dazu dienen, die Entwicklung einesdeutschen Nationalen Aktionsplanes gegen Rassismusin der Nachfolge der Weltkonferenz gegen Rassismuszu unterstützen und die Umsetzung der Antidiskrimi-nierungsrichtlinien der Europäischen Union zu fördern.

Wir hoffen, dass diese beiden Prozesse wichtige Bau-steine in der Entwicklung einer konsequenten deutschenPolitik gegen rassistische Diskriminierung bilden werden.

Juni 2003

Frauke SeidenstickerStellvertretende DirektorinDeutsches Institut für Menschenrechte

Vorwort

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Inhalt

Inhalt

3.4 Berichte anderer UN Gremien . . . . . . . . . . . . . . . . 413.5 Berichte der Europäischen Kommission gegen

Rassismus und Intoleranz (ECRI) . . . . . . . . . . . . . . 423.6 Berichte zum Rahmenübereinkommen des

Europarates zum Schutze nationaler Minderheitensowie des Europäischen Zentrums fürMinderheitenfragen (ECMI) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 45

3.7 Berichte der Europäischen Stelle zur Beobachtung vonRassismus und Fremdenfeindlichkeit (EUMC) . . . . . 46

3.8 Berichte von internationalenNichtregierungsorganisationen . . . . . . . . . . . . . . . 48

3.9 Hauptergebnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 49

4 Maßnahmen der Bundesrepublik Deutschland zurBekämpfung von Rassismus . . . . . . . . . . . . . . . . 50

4.1 Maßnahmen zur Schaffung einesZuwanderungsgesetzes und eines neuenIntegrationskonzeptes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 52

4.2 Maßnahmen durch Sonderprogramme und institutio-nelle Netzwerke . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 54

4.3 Maßnahmen zur Umsetzung der EU-Richtlinien undanderer Vorschläge für ein Anti-Diskriminierungsgesetz bzw. eine nationale Anti-Diskriminierungsstelle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 56

4.4 Maßnahmen zur Umsetzung der Beschlüsse der UN-Weltkonferenz gegen Rassismus . . . . . . . . . . . . . . 58

4.5 Hauptergebnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 59

5 Zusammenfassende Bewertung und Empfehlungen 60

6 Internationale Leitlinien für Maßnahmen gegenRassismus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 62

Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 67

Abkürzungsverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 74

Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .9

Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12

1 Rassismus und Diskriminierung als politischeHandlungsfelder . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16

1.1 Hauptergebnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23

2 Die Bekämpfung von Rassismus als völkerrechtliche Verpflichtung der Bundesrepublik Deutschland . . . . . . . . . . . . . . . . 24

2.1 UN-Konventionen und Programme . . . . . . . . . . . . 262.1.1 Das Internationale Übereinkommen zur Beseitigung

jeder Form von Rassendiskriminierung (ICERD) . . . . 262.1.2 Verwandte Konventionen der UN und ausge-

wählter Sonderorganisationen . . . . . . . . . . . . . . . 272.1.3 Die Erklärung und das Aktionsprogramm der UN-

Weltkonferenz gegen Rassismus . . . . . . . . . . . . . . 272.2 Europäische Menschenrechtsstandards und

Rechtsverpflichtungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 302.2.1 Die Europäische Menschenrechtskonvention . . . . 312.2.2 Das Europäische Rahmenabkommen für den

Schutz nationaler Minderheiten . . . . . . . . . . . . . . 312.2.3 EU-Richtlinien und Aktionsprogramme . . . . . . . . . 322.3 Hauptergebnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35

3 Deutsche Staatenberichte und Berichte von interna-tionalen Organisationen zu Rassismus undDiskriminierung in Deutschland: Erscheinungsformenund Handlungsbedarf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 36

3.1 Deutsche Staatenberichte an den UN-Ausschuss fürdie Beseitigung jeder Form vonRassendiskriminierung (CERD) und ihreKommentierung durch den Ausschuss . . . . . . . . . 37

3.2 Berichte des UN-Sonderberichterstatters überRassismus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 40

3.3 Untersuchungen der Internationalen Arbeitsorga-nisation (ILO) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 40

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Die vorliegende Studie gibt einen Überblick über vor-handene internationale Menschenrechtsstandardszum Schutz vor Diskriminierung und Rassismus. Aufder Basis von aktuellen Berichten und Empfehlungenentsprechender Gremien der Vereinten Nationen, desEuroparats und der Europäischen Union werden Leit-linien für die Entwicklung einer umfassenden Anti-diskriminierungspolitik in Deutschland entwickelt.

Rassismus und Diskriminierung als politischeHandlungsfelder

In der Studie wird Rassismus als besonders schwereForm von Diskriminierung und als Menschenrechts-verletzung charakterisiert, die die gesellschaftlicheIntegrationsfähigkeit gefährdet und für Deutschlandein wichtiges politisches Handlungsfeld darstellt.Neben Gewaltübergriffen und stigmatisierenden Ein-stellungen kann Rassismus dabei auch in anderenFormen der gesellschaftlichen Benachteiligung wirk-sam werden. Der Rolle von Diskriminierung bei derVerhinderung von tatsächlicher Chancengleichheitfür ethnische Minderheiten wird daher in Zukunft mehrBeachtung geschenkt werden müssen, wobei es zuneh-mend auch zu Überschneidungen mit Diskriminierun-gen aufgrund von Religion oder Nationalität kommt.

Ausmaß und Entwicklungstrends von rassistischerDiskriminierung sind nur schwer meßbar, da es inDeutschland bislang keine systematische Dokumen-tation von Rassismus in all seinen Erscheinungsfor-men gibt und kaum empirische Untersuchungen überDiskriminierungserfahrungen vorliegen. Trotz Ver-änderungen bei der offiziellen Erfassung von entspre-chenden Delikten besteht hier weiter ein grundsätz-licher Verbesserungsbedarf – nicht zuletzt um Formender indirekten Diskriminierung aufzudecken und dieunabhängige Dokumentation bzw. Analyse von rassi-stischen Phänomenen zu ermöglichen. Die vorhande-nen Zahlen über rassistische Straftaten belegen dieanhaltende Brisanz der Situation, die durch subtilereFormen der Diskriminierung in vielen Gesell-

schaftsbereichen ergänzt wird. Gleichwohl scheint dasgesellschaftliche Bewußtsein für Diskriminierungs-tatbestände nur gering ausgebildet zu sein. Eine um-fassende Antidiskriminierungspolitik muß hier auf derBasis von vorhandenen Erfahrungen lokaler Beratungs-einrichtungen und internationaler Standards ansetzen.

Die internationalen Standards zur Bekämpfungvon Rassismus

Auf der internationalen Ebene existiert ein umfassen-des System zum Schutz vor rassistischer Diskriminie-rung als Teil des globalen Menschenrechtsschutzesdurch völkerrechtliche Konventionen. Deutschlandhat sich durch die Anerkennung der zentralenMenschenrechtskonventionen einen hohen Standardgesetzt. Die entsprechende Zusammenarbeit mit denzuständigen internationalen Organisationen produ-ziert für den Bereich der Rassismusbekämpfung einenumfassenden nationalen Handlungsbedarf, dem in derVergangenheit noch nicht vollständig entsprochenwurde. Zudem muß Deutschland gegenwärtig spezifi-sche Richtlinien der Europäischen Union zur Vermei-dung von Diskriminierung umsetzen. Im Rahmen derStudie werden die relevanten EU-Richtlinien sowiedie Vorgaben und Empfehlungen folgender völker-rechtlicher Übereinkommen, globaler Aktionspro-gramme bzw. multilateraler Einrichtungen behandelt:

Internationales Übereinkommen zur Beseitigungjeder Form von RassendiskriminierungAktionsprogramm der UN-Weltkonferenz gegenRassismusUN-Sonderberichterstatter über RassismusEuropäische Konvention zum Schutz der Menschen-rechteEuropäische Kommission gegen Rassismus und In-toleranzEuropäische Stelle zur Beobachtung von Rassismusund FremdenfeindlichkeitRahmenabkommen für den Schutz nationalerMinderheiten

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Die Wirksamkeit dieses vorhandenen internationalenRahmens beruht auf der nationalen Umsetzung derRechtsverpflichtungen. Eine vollständige Umsetzungder auf Diskriminierungsschutz zielenden völkerrecht-lichen Standards sowie die stärkere Berücksichtigungvon internationalen Empfehlungen ist daher geboten.Die Untersuchung empfiehlt deshalb für Deutschlandeine regelmäßige, öffentlichkeitswirksame Beobach-tung ihrer Berichtspraxis an die entsprechenden Gre-mien sowie die aktive Rezeption der entsprechendenKommentare und Empfehlungen, die die Umsetzungdieser Standards begleiten sollte. Besondere Bedeutungkommt hierbei einer aktiven Auseinandersetzung mitden Problemanalysen durch die entsprechenden Gre-mien des Europarats, der Europäischen Union und derVereinten Nationen zu, die sinnvolle Vorschläge zurBekämpfung von Rassismus in Deutschland enthalten.Insbesondere die im Zusammenhang mit der UN- Welt-konferenz gegen Rassismus identifizierten Problem-bereiche sollten auf diese Weise im Rahmen einesNationalen Aktionsplans angegangen werden undweitreichende, überprüfbare Maßnahmen nach sichziehen.

Die deutsche Anerkennung der Individualbeschwerdeim Rahmen der Zuständigkeit des UN-Ausschusses fürdie Beseitigung jeder Form von Rassendiskriminierunghat bereits ein positives Zeichen gesetzt, das jedochmehr Öffentlichkeit verdient. Durch die zügigeRatifizierung des 12. Zusatzprotokolls der EuropäischenMenschenrechtskonvention, die konsequente Um-setzung der EU-Gleichbehandlungsrichtlinien und dieBerücksichtigung vorhandener internationaler Empfeh-lungen bei der Entwicklung zusätzlicher gesetzlicherSchutzmaßnahmen würde Deutschland wichtige Vor-aussetzungen für den Abbau von Diskriminierung schaf-fen. Hierzu zählen ein Antidiskriminierungsgesetz, dieSchaffung einer Struktur von nationalen und regio-nalen Antidiskriminerungstellen sowie spezifische För-derprogramme für benachteiligte ethnische Minder-heiten.

Berichte internationaler Organisationen unddie Analyse nationaler Maßnahmen

Die deutschen Staatenberichte an internationale Gre-mien sind in den vergangenen Jahren bei der Behand-lung von Rassismus problemorientierter gewordenund von einigen notwendigen Reformen der nationa-len politischen Rahmenbedingungen begleitet wor-den. Allerdings bestehen zentrale Forderungen wich-tiger internationaler Instanzen weiter fort: nach un-abhängigen Untersuchungen über Vorwürfe hinsicht-lich polizeilicher Übergriffe, nach der Ausweitung des

bisherigen Verständnisses von besonders schutzwür-digen Minderheitengruppen und nach einer aussage-fähigen statistischen Datenbasis zwecks kontinuier-licher Wirkungsanalyse der Politikmaßnahmen. Beson-dere Berücksichtigung müssen zukünftig außerdemDiskriminierungstatbestände auf dem Arbeits- undWohnungsmarkt finden, denen potentiell eine wich-tige Rolle bei der wahrnehmbaren Marginalisierungvon Migranten und ethnischen Minderheiten zukommt.Forderungen nach einer konsequenteren Strafverfol-gung rassistischer Gewalttäter sowie weitere Vorschlä-ge von internationalen Nichtregierungsorganisatio-nen sollten ebenfalls beachtet werden.

Der politische Kontext für die Bekämpfung vonRassismus wird durch die Art der Behandlung desThemas in der Öffentlichkeit, aber auch durch dieEffektivität von Sonderprogrammen und spezifischenpolitischen Maßnahmen zur nationalen Umsetzungvon internationalen Verpflichtungen bestimmt. Vordem Hintergrund der Reform des Staatsangehörigkeits-rechts und der Einsicht, dass Rassismus eine dauerhaftpolitische Herausforderung für Deutschland bildenwird, lässt sich aus den offiziellen Stellungnahmenein allmählicher Wandel in der Beurteilung diesespolitischen Handlungsfeldes ableiten. Diese politischeEinsicht sollte durch eine Intensivierung der Maßnah-men gegen rassistische Gewalt, eine gezielte Förderungvon ethnischen Minderheiten beim Aufstieg in ge-sellschaftliche Schlüsselbereiche und eine aktiveAuseinandersetzung mit vorhandenen Diskriminie-rungstatbeständen im Rahmen von zukünftigen Poli-tikmaßnahmen noch deutlicher umgesetzt werden.Die menschenrechtliche Ausgestaltung des Zuwan-derungsgesetzes sowie die Konzipierung von Antidis-kriminierungspolitik als Teil einer umfassenden Inte-grationspolitik würden einen wichtigen politischenRahmen für die Bekämpfung von Rassismus bilden,der auf keinen Fall für parteipolitische Zwecke instru-mentalisiert werden darf.

Empfehlungen für eine Antidiskriminierungspolitik

Die konsequente Umsetzung der EU-Richtlinien gegenDiskriminierung und die Schaffung eines eigenstän-digen Antidiskriminierungsgesetzes sollten die gesetz-liche Basis einer neuen gesamtgesellschaftlichenInitiative gegen Rassismus bilden. Internationale undzivilgesellschaftliche Vorschläge sollten hierbei imInteresse einer Optimierung des Schutzes unbedingtBeachtung finden. Überprüfbare Maßnahmen zurbesseren Unterstützung von besonders bedrohtenOpfergruppen und zur schnellen Umsetzung der im

jüngsten Menschenrechtsbericht der Bundesregierungidentifizierten Aufgabenfelder sollten im Zusammen-hang mit den Empfehlungen der UN-Weltkonferenzgegen Rassismus zentrale Bestandteile des zu ent-wickelnden Nationalen Aktionsplans gegen Rassismuswerden. Bestehende Bundesprogramme und institu-tionelle Netzwerke müssen ferner in Zusammenarbeitmit lokalen Beratungsprojekten verbessert sowie inihrer Wirkungsweise durch unabhängige Evaluierun-gen gestärkt werden.

Vor diesem Hintergrund werden in der Studie ab-schließend Empfehlungen an Regierung, Sozialpartner,Zivilgesellschaft, Wissenschaft und Medien abgege-ben. Ferner werden Elemente einer nationalenAntidiskriminierungspolitik entwickelt, die auf derGrundlage von internationalen Leitlinien folgende Poli-tikvorschläge für die Bundesrepublik umfassen:

Zivilrechtliche Maßnahmen gegen direkte undindirekte Diskriminierungen, die eindeutig und um-fassend im Rahmen eines Einzelgesetzes definiertsein müssen, Zugang zu effektiven Rechtsansprüchen,eine Erleichterung bei der Beweislastregelung sowieeine Klagemöglichkeit für antirassistische Bera-tungsinstitutionen ermöglichen müssen;Einrichtung einer unabhängigen Antidiskriminierungsstelle zur Förderung der Gleichbehandlung, Opferbe-ratung, Öffentlichkeitsarbeit sowie der wissenschaft-lichen Begleitforschung und Politikberatung;

Konsequente Anwendung bestehender strafrecht-licher Verbote und die strafverschärfende Berück-sichtigung rassistischer Beweggründe;Systematische Erfassung von Diskriminierungsfällendurch unabhängige Stellen und Entwicklung von sta-tistischen Datenerfassungsmethoden, die Aussagenüber die sozio-ökonomische Position von Männernund Frauen mit tatsächlicher oder möglicherDiskriminierungserfahrung ermöglichen;Unabhängige Bewertung der Antidiskriminerungs-politik durch ein Monitoring auf der Basis von un-abhängigen Analysen und eindeutigen Qualitäts-standards;Durchführung von Positivmaßnahmen mit überprüf-baren Zielvorgaben für besonders benachteiligte Be-völkerungsgruppen und unter Berücksichtigung vongeschlechtsspezifischen Wirkungen;Gezielte Entwicklung und Implementierung von prä-ventiven Trainingsmaßnahmen, die eine Verbindungvon Menschenrechtsbildung und Antidiskrimi-nierung zur Überwindung rassistischer Einstellungenund Verhaltensformen fördern;Entwicklung selbstverpflichtender Verhaltenskodicesdurch Medien, Politiker und Parteien mit unabhängi-gen Kontrollmechanismen.

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Mehrfachdiskriminierungen kommen kann. Tatsächlichsind viele Diskriminierungserfahrungen auch inDeutschland unabhängig vom individuellen „Integra-tionserfolg“ der betroffenen Person und gründen sichauf die Nationalität, die religiöse Zugehörigkeit sowieinsbesondere auf die ethnische Herkunft der Opfer.Sie betreffen dabei jedoch zunehmend auch Deutsche,deren vermeintliche oder tatsächliche ‚ethnischeHerkunft’ zu einer diskriminierenden Ungleichbehand-lung führen kann. Hierüber gibt es bislang allerdingskaum verläßliche Statistiken oder umfassend ausge-wertete Erfahrungsberichte. Ohne eine systematischeAnalyse und Dokumentation von Erscheinungsformenund Wirkungsweisen rassistischer Diskriminierungkönnen aber die Ursachen nicht identifiziert undPräventionsmaßnahmen nicht zielgerichtet entwik-kelt werden. Vielmehr droht die Verstärkung von ne-gativen Vorurteilen und diffamierenden Stereotypen,die auf der Basis von wertenden Verallgemeinerung-en rassistische Handlungen nach sich ziehen können.Diese Besorgnis ist auch mit Blick auf die Wirkungs-weise einzelner Maßnahmen der Terrorismusbekäm-pfung relevant geworden.

Nationale Menschenrechtsinstitutionen haben einebesondere Verpflichtung, sich dem ThemenkomplexRassismus und Diskriminierung zu widmen. Sie könnenbei der Umsetzung von umfassenden Antidiskrimi-nierungsmaßnahmen zum Schutz von Migranten undAngehörigen ethnischer Minderheiten wichtige Über-wachungsfunktionen leisten, die – je nach Ausstattungund Mandat – Dokumentationstätigkeiten, regelmä-ßige Stellungnahmen bei Gesetzesvorlagen, unab-hängige Forschungsarbeiten oder sogar juristischeBeratung von Betroffenen einschließen können. Auchkönnen sie durch ihre Beiträge zur Menschenrechts-bildung eine Schlüsselrolle in der präventivenBildungsarbeit und friedlichen Konfliktvermittlungerhalten. Regelmäßige Analysen und Dokumentatio-nen zur nationalen Diskriminierungssituation sowieeine begleitende Kommentierung der getroffenenGegenmaßnahmen können dazu beitragen, dieBedeutung des politischen Willens, der von Seitendes Staates nötig ist, um seiner Verantwortung fürangemessene rechtliche Schutzmaßnahmen und ge-zielte Fördermaßnahmen gerecht zu werden, heraus-

zustellen. Viele Menschenrechtsinstitutionen verstehensich zudem ausdrücklich als zuständige Verbindungs-glieder zwischen internationalen und nationalen Ak-tivitäten zur Bekämpfung von Rassismus.2

Eine besondere Rolle wurde nationalen Menschen-rechtsinstitutionen bei der Umsetzung bzw. Überwa-chung der Ergebnisse der UN-Weltkonferenz gegenRassismus (WCAR) in Durban zugedacht. Im Aktions-programm, das am Ende der Konferenz einstimmigverabschiedet wurde, werden die Unterzeichnerstaatenaufgefordert, „unabhängige nationale Menschenrechts-institutionen einzurichten, zu stärken, (…) und ihreWirksamkeit zu steigern, insbesondere in Fragen desRassismus …“.3 Der Weltkonferenz waren regionaleVorbereitungskonferenzen vorausgegangen, die zumTeil bereits im Vorfeld der Konferenz wichtige Pro-zesse für die spätere Umsetzung der Beschlüsse inGang gesetzt und Regierungen aufgefordert haben,ohne Verzögerung nationale Antidiskriminierungs-maßnahmen zu implementieren. Die EuropäischeKonferenz gegen Rassismus fand im Oktober 2000 inStraßburg statt und bestätigte mit Besorgnis die weitverbreitete Existenz von Rassismus, rassistischer Dis-kriminierung, Xenophobie, Antisemitismus und Into-leranz, die sich für deren Opfer insbesondere in fol-gender Weise zeigt: 4

Der alltäglichen Diskriminierung beim Zugang zuBeschäftigung, dem Wohnungsmarkt, der Bildung undDienstleistungen;

Dem Mangel oder der fehlenden Effektivität vonAnti-Diskriminierungsmaßnahmen;

Der Verbreitung von rassistischen Gewalttatengegen Migranten, Flüchtlinge, Menschen afrikanischerHerkunft, jüdische Gemeinden und andere Bevöl-kerungsgruppen;

Der Zunahme von extremistischen Gruppen unddem Anstieg von religiöser Intoleranz;

Der Förderung von Diskriminierung durch bestimmteMedien- und Politikerdiskurse;

Der Verwendung von neuen Technologien bei derVerbreitung von Rassismus.

Einleitung

13

2 Vgl.: The Copenhagen Declaration of the Sixth International Conference for National Institutions for the Promotion andProtection of Human Rights, Copenhagen & Lund, 10-13 April 2002; siehe auch: National Institutions’ Statement to theWorld Conference against Racism, Racial Discrimination, Xenophobia and related Intolerance, Durban 1 September 2001;

3 Programme of Action of the World Conference against Racism, Racial Discrimination, Xenophobia and related Intolerance,Durban 31 August - 8 September 2001, article 90;

4 European Conference against Racism: General Conclusions of the European Conference, EUROCONF (2000) 7 final,Strasbourg 11-13 October 2000;

Diskriminierung und Rassismus sind weit mehr alsgelegentlich anzutreffende Verhaltensweisen oderbedauerliche Ereignisse der Vergangenheit. Als dyna-mische Strukturmerkmale vieler Gemeinwesen stel-len sie eine ständige Herausforderung dar. Der Schutzvon Menschen vor Diskriminierung ist ein allgemeinesMenschenrecht, das in nahezu allen völkerrechtlichenStandards verankert ist. Sowohl die AllgemeineErklärung der Menschenrechte, das InternationaleÜbereinkommen zur Beseitigung jeder Form vonRassendiskriminierung, die beiden Menschrechts-pakte der Vereinten Nationen als auch eine Vielzahlvon anderen internationalen Konventionen enthaltenBestimmungen zum Schutz vor Rassismus und diskri-minierender Benachteiligung.1 Diese internationalenInstrumente sind nicht zuletzt aus der Gewissheitentstanden, dass auch für die internationale PolitikGefahr von rassistischen Konstellationen ausgeht, diein Extremfällen die Gefahr bergen, in einen kriegeri-schen Konflikt, einen Genozid oder andere Formender „ethnischen Säuberung“ zu eskalieren.

Rassismus gilt als eine besonders schwerwiegendeForm von Diskriminierung, die sich – im Rahmeneiner zumeist ungleichen Machtbeziehung zwischenTätern und Opfern – in Gewalt, die Menschenwürdeangreifenden individuellen Handlungen, stigmatisie-render Ausgrenzung oder auch durch überdurch-schnittliche sozioökonomische Benachteiligungenauf der Basis von struktureller Ungleichbehandlungäußern kann. Entsprechend handelt es sich beiRassismus um eine Verletzung von Menschenrechten,welche sowohl im Hinblick auf den effektiven Schutzder Opfer als auch für die nachhaltige Integrations-

fähigkeit multi-ethnischer Gesellschaften überausbedeutsam sind. Wenn dieser Zusammenhang ernstgenommen wird, muss die Bekämpfung vonRassismus zu einer gesellschaftlichenQuerschnittsaufgabe werden. Hierbei können inter-nationale Erfahrungen mit Antidiskriminierungs-politik eine zentrale Rolle spielen, die auch für dieBundesrepublik wichtige Anregungen bieten können.

Gleichwohl gab es in Deutschland lange Zeit kaumAnzeichen, daß internationale Empfehlungen für dieBekämpfung von Rassismus systematisch aufgegrif-fen und auf diese Weise die in der öffentlichen Dis-kussion relativ gering ausgeprägte Sensibilität fürDiskriminierungstatbestände erhöht wurde. Rassis-mus gefährdet nicht nur die soziale Bindungskrafteiner Gesellschaft, sondern hat auch wirtschaftlicheFolgewirkungen und kann das Erreichen eines hohenBeschäftigungsniveaus, aber auch die Wettbewerbs-fähigkeit eines Gemeinwesens negativ beeinflussen.Der Abbau von Diskriminierung ist daher sowohl einmenschenrechtlicher als auch ein wirtschaftlicherund sozialpolitischer Imperativ, durch den zukünftigegesellschaftliche Konflikte entschärft werden können.

Somit müssen Diskriminierung und Rassismus alskontinuierliche gesellschaftliche Herausforderungenbegriffen werden, die unterschiedliche Bevölkerungs-gruppen auf diverse Weise benachteiligen könnenund damit die Gesamtgesellschaft schädigen. Beson-ders betroffen sind Migrantinnen und Migranten undFlüchtlinge, aber auch andere ‚sichtbare Minderhei-ten‘, so daß es – nicht zuletzt in geschlechtsspezifi-scher Hinsicht - zu vielfältigen Überschneidungen und

Einleitung

Einleitung

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1 Hierzu zählen insbesondere das Übereinkommen zur Beseitigung jeder Form von Diskriminierung der Frau, das UNESCOÜbereinkommen gegen Diskriminierung im Unterrichtswesen, das Übereinkommen über die Rechte der Kinder sowie dasÜbereinkommen 111 über die Diskriminierung in Beschäftigung und Beruf (1958) der Internationalen Arbeitsorganisation.Auf regionaler Ebene ist insbesondere die durch Protokoll 12 erweiterte Konvention zum Schutze der Menschenrechte undGrundfreiheiten des Europarats zu nennen.

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blematisiert. Schließlich werden im fünften Teil zen-trale Inhalte zusammengefasst und Empfehlungen anwichtige Akteure ausgesprochen sowie im sechstenKapitel durch eine knappe Darstellung von ‚bestpractices’ der Anti-Diskriminierungspolitik in einen

internationalen Zusammenhang gestellt. Hierbei wirddie Bedeutung eines umfassenden gesetzlichen Rah-mens, der umfassenden Kompetenzen einer unab-hängigen Antidiskriminierungsstelle, eines auf aussa-gekräftigen Daten beruhenden Monitoring sowie vonpositiven Fördermaßnahmen hervorgehoben.

Einleitung

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Die ethnische, religiöse, kulturelle und sprachlicheVielfalt in Europa wurde ausdrücklich als Quelle vonpositiver sozialer Vitalität gewertet. Diese Aussage warmit der Überzeugung verbunden, dass der Schutz vonMenschenrechten gesellschaftliche Bedingungen er-fordert, die für Menschen unabhängig von ihrer Her-kunft gleiche Rechte und Chancen sichern. Der Schutzvor Diskriminierung und Rassismus sollte hierbei vorallem durch die folgenden Maßnahmen gewährleistetwerden:

Die Ratifizierung und vollständige Implementierungder relevanten internationalen Konventionen;Die Verabschiedung umfassender nationaler Anti-Diskriminierungsgesetze und die Überprüfung be-stehender Gesetze hinsichtlich möglicher Formenvon Diskriminierung;Die Gewährung von Rechtsschutz und von notwen-digen Entschädigungsregelungen;Die Entwicklung von Positivmaßnahmen zur aktivenFörderung von Gleichberechtigung;Der Ausbau von Integrationsmaßnahmen unter Be-rücksichtigung des universellen Menschenrechts-schutzes, unabhängig von Nationalität oder auf-enthaltsrechtlichem Status.

Die vorliegende Studie für das Deutsche Institutfür Menschenrechte hat das Ziel, einen Überblicküber vorhandene internationale Verpflichtungen derBundesrepublik Deutschland auf dem Gebiet derBekämpfung von Rassismus zu geben und zentraleBereiche des zukünftigen nationalen Handlungsbe-darfs aus dem Blickwinkel von Empfehlungen ausge-wählter internationaler Organisationen aufzuzeigen.Eine besondere Aktualität erhält das Thema durch diepolitischen Prozesse, die sich aus der bevorstehendenUmsetzung von thematischen EU-Richtlinien sowieden Empfehlungen der UN-Konferenz gegen Rassis-mus für Deutschland ergeben haben.

Im ersten Teil der Studie wird der Abbau von Diskri-minierung und Rassismus unter Verwendung derinternational gängigen Definition als ein aktuellespolitisches Handlungsfeld thematisiert, welches inDeutschland trotz eindeutiger historischer Bezügeund einer Vielzahl von Diskriminierungserfahrungen,so eine These dieser Untersuchung, lange Zeit ver-nachlässigt wurde. Zentrale Konzepte und Datener-fordernisse der internationalen Rassismusanalyse sinddaher in der vorherrschenden Diskussion vielfachebenso unbekannt wie umstritten geblieben oder durchfragwürdige Konzepte wie ‚Ausländerfeindlichkeit’ er-setzt worden. Vor diesem Hintergrund wird die Schwie-rigkeit aufgezeigt, Ursachen und Erscheinungsformen

von Rassismus angesichts konzeptioneller Uneindeu-tigkeit und des Fehlens systematischer Untersuchun-gen in einen analytischen Zusammenhang einzuord-nen, der die soziale Realität von ethnischen Minder-heiten im Hinblick auf mögliche Anzeichen für eineDiskriminierung besser erfassen könnte.

Im zweiten Kapitel werden relevante internationaleMenschenrechtsstandards zur Bekämpfung von Rassis-mus präsentiert. Die Bundesrepublik hat sich durchdie umfassende Ratifizierung der relevanten interna-tionalen Völkerrechtsvereinbarungen einen hohenMaßstab gesetzt. Für die Darstellung dieses Teils derStudie bilden die Kernelemente des InternationalenÜbereinkommens zur Beseitigung jeder Form vonRassendiskriminierung (ICERD) einen wichtigen kon-zeptionellen Rahmen. Neben dem Aktionsprogrammder UN Weltkonferenz gegen Rassismus aus dem Jahr2001 stehen außerdem zentrale Inhalte der „EU-Richtlinie 2000/43/EG vom 29. Juni 2000 zur An-wendung des Gleichbehandlungsgrundsatzes ohneUnterschied der Rasse oder der ethnischen Her-kunft“ im Vordergrund, da sich hieraus jeweils fürdie kommenden Jahre konkreter und aktueller Hand-lungsbedarf in Deutschland ergibt.

Im dritten Abschnitt wird ein Überblick über zentraleAussagen einzelner internationaler Organisationenzu Erscheinungsformen von Rassismus in Deutschlandgegeben. Gemeinsamkeiten und Unterschiede dieserBerichte werden ebenso wie zentrale Forderungender beobachtenden Institutionen an die deutschePolitik aufgezeigt. Die Kommentierung der offiziellendeutschen Staatenberichte an den zuständigen UN-Ausschuss gegen jede Form der Rassendiskrimi-nierung sowie die besonders wichtigen Länderanalysender Europäischen Kommission gegen Rassismus undIntoleranz (ECRI) des Europarates bzw. der themati-schen Studien der Europäischen Beobachtungsstellefür Rassismus und Xenophobie (EUMC) der Europäi-schen Union bilden hier den Schwerpunkt. Ziel ist dieDarstellung zentraler Schwachstellen im Bereich derRassismusbekämpfung in Deutschland aus interna-tionaler Perspektive.

Die rechtlichen und praktischen Politikmaßnahmender letzten Jahre werden dann im vierten Kapitel amBeispiel offizieller Berichte der Bundesregierung sowieanhand geplanter Maßnahmen im Rahmen des na-tionalen Nachfolgeprozesses zur WCAR beschrieben.Darüber hinaus wird die Ausgangslage für dieUmsetzung der EU-Richtlinien und eines Anti-Diskri-minierungsgesetz beschrieben sowie die Struktur bzw.Wirkungsweise bundesweiter Sonderprogramme pro-

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Geschichte und Funktion

Bei der Herausbildung von modernen Gesellschaftenhaben vielerorts unterschiedliche Formen von Diskri-minierung existiert, die als offene bzw. versteckte,indirekte oder institutionalisierte Art der Ungleichbe-handlung unterschiedliche gesellschaftliche Unter-drückungsmechanismen rechtfertigten. Insbesonderedie transatlantische Sklaverei und der Kolonialismus,aber auch andere Formen der Entrechtung und dergesellschaftlichen Segregation, wurden schon in frü-heren Jahrhunderten immer wieder rassistisch legiti-miert. Auf der Basis von pseudowissenschaftlichen‚Rassetheorien’, die im Laufe des 19. Jahrhundertsaus dem Zusammenwirken von Anthropologie, So-zialdarwinismus und biologistischer Vererbungslehreim Rahmen der europäisch-angelsächsischen Sozial-geschichte entstanden waren, ließ sich die ver-meintliche Minderwertigkeit von Menschen ausder diskriminierenden Abwertung von phänotypi-schen bzw. herkunftsbedingten, aber auch von sozialkonstruierten Unterschieden herleiten.8

Die Reproduktion entsprechender Stereotype dientewährend der kolonialen Expansion vor allem der ideo-logischen Absicherung von Ausbeutungssystemendurch die Konstruktion von Minderwertigkeit bzw. derAbgrenzung der eigenen Gruppe. Es ist zu vermuten,daß diese Funktion von Rassismus auch während dervergleichsweise kurzen kolonialen VergangenheitDeutschlands eine ähnlich verhängnisvolle Rolle spiel-te, die bislang jedoch in der historischen Forschungstark vernachlässigt wurde9 und trotz periodischwiederkehrender Reparationsforderungen aus Namibiain der öffentlichen Wahrnehmung bislang kaumBeachtung fand. In der Ausprägung als systemati-sches Gedankengebäude und politische Praxis stehtRassismus jedoch in engem Zusammenhang mit derkolonialen Erfahrung.

Hierbei kann Rassismus als undemokratische Herr-schaftsideologie, die zwecks Legitimierung von so-zialer Diskriminierungspraxis Anwendung findet, als

internationales Gesellschaftsphänomen interpretiertwerden. Als modernes Strukturelement wuchs dieBedeutung von Rassismus auch in der zweiten Hälftedes 20. Jahrhunderts mit der allmählichen Wahrneh-mung von ‚ethnisch-vermittelter’ gesellschaftlicherSchichtung, die im Kontext der Herausbildung vonneuen Einwanderungsgesellschaften in zahlreichenStaaten Westeuropas ihren Ausdruck in rassistischerGewalt, segmentierten Arbeitsmärkten und deutlichenUngleichheiten beim Zugang zu Bildung und sozialenDienstleistungen fand.10

Durch die Verknüpfung mit antisemitischen Vorurteilenund mystisch verklärten Vorstellungen von ‚Volk’ und‚Nation’ konnte sich Rassismus in Deutschland histo-risch als zentraler Bestandteil der nationalsoziali-stischen Ideologie legitimieren. Rassismus alsLegitimationsgrundlage für den Holocaust umfassteneben massiven, staatlich verordneten Diskrimi-nierungen und Verfolgungen in letzter Instanz auchdie physische Vernichtung aufgrund der vermeint-lichen ‚Rasse’, Religion, Behinderung, Weltanschau-ung oder sexuellen Orientierung. In seiner histori-schen Ausprägung richtete sich Rassismus inDeutschland daher im Kontext eines biologistischenVolksbegriffs vor allem gegen Menschen jüdischenGlaubens, Sinti und Roma sowie gegen andere Min-derheiten. Antisemitismus ist dabei weiterhin einwesentliches Element moderner rechtsextremerIdeologie.11

Die lange Tradition gesellschaftlicher Diskriminierungvon Menschen afrikanischer Herkunft ist in Deutsch-land erst in jüngerer Zeit wissenschaftlich aufgear-beitet worden. Ihre konkrete Ausprägung war nichtnur Konsequenz dominanter pseudo-wissenschaft-licher Rassetheorien oder einzelner Kolonialverbre-chen, sondern führte im Rahmen des nationalsozia-listischen Herrschaftssystems auch direkt zu staat-lich verordneter Ermordung, Zwangssterilisationenund Ausbürgerung von Deutschen afrikanischer Her-kunft.12 In der Nachkriegszeit, die mit einer weitge-henden offiziellen Ächtung des Antisemitismus ein-

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8 Vgl. den historischen Gesamtüberblick bei Lauren, Paul G.: Power and Prejudice – The Politics and Diplomacy of RacialDiscrimination, Oxford 1988;

9 Vgl. die neuen Forschungsergebnisse bei Van der Heyden, U. & Zeller, J.: Kolonialmetropole Berlin – Eine Spurensuche, Berlin2002; Grosse, Pascal: Kolonialismus, Eugenik und bürgerliche Gesellschaft in Deutschland 1850-1918, Frankfurt 2000;

10 Addy, David Nii: „Rassismus“ in: Lexikon der Internationalen Politik, U. Albrecht & H. Volger (Hrg.) München, 1997, S. 430 ff.;11 Bundesamt für Verfassungsschutz: Die Bedeutung des Antisemitismus im aktuellen deutschen Rechtsextremismus, 9/2002;

http://www.verfassungsschutz.de/12 Vgl. Lusane, Clarence: Hitler’s Black Victims – The historical experiences of Afro-Germans, European Blacks, Africans, and

African Americans in the Nazi Era, New York 2003; Lemke Muniz de Faria, Yara-Colette: Zwischen Fürsorge undAusgrenzung – Afrodeutsche ‚Besatzungskinder‘ im Nachkriegsdeutschland, Berlin 2002; El-Tayeb, Fatima: SchwarzeDeutsche – Der Diskurs um ‚Rasse’ und nationale Identität 1890-1933, Frankfurt a.M. 2001;

„Es ist Zeit zu begreifen, dass wir es bei der Fremden-feindlichkeit mit einem Phänomen zu tun haben, dasuns auf lange Zeit hinaus beschäftigen wird.“5

Rassismus ist ein internationales Phänomen mit tiefenhistorischen Wurzeln, das oft verharmlost oder ge-leugnet wird - oftmals um moralische Verantwortungpsychologisch abzuwehren. Das erschwert eine pro-blemgerechte Analyse. Aus diesem Grund und ange-sichts vielfältiger Ursachen bzw. komplexer gesell-schaftlicher Erscheinungsformen bleiben Umfang undEntwicklungstrends von Rassismus schwer zu fas-sen und laufen Gefahr, im politischen Alltagsge-schäft entweder für kurzfristige Zwecke instrumen-talisiert oder dauerhaft ignoriert zu werden. Staatenhaben aber die Verantwortung, Diskriminierungen imöffentlichen und privaten Bereich zu bekämpfen so-wie sicherzustellen, dass nach außen neutral erschei-nende Praktiken in ihrer tatsächlichen Wirkung nichtdiskriminieren. Hierbei muss der Schutz von Men-schenrechten auch für Nicht-Staatsangehörige Gel-tung haben.6

In Anlehnung an Artikel 1 des Internationalen Überein-kommens zur Beseitigung jeder Form von Rassendis-kriminierung der Vereinten Nationen läßt sich rassis-tische Diskriminierung als jede auf der vermeintlichenethnischen Herkunft, ‚Rasse‘, Hautfarbe, Abstammung,oder nationalen Ursprungs“ beruhende Unterscheidung,Ausschließung, Beschränkung oder Bevorzugung“ defi-nieren, „die zum Ziel oder zur Folge hat, daß dadurch eingleichberechtigtes Anerkennen, Genießen oder Ausübenvon Menschenrechten und Grundfreiheiten im politi-

schen, wirtschaftlichen, sozialen, kulturellen oder jedemsonstigen Bereich des öffentlichen Lebens vereitelt oderbeeinträchtigt wird“. Allerdings kommt es bei moder-nen Formen der ethnischen Diskriminierung zuneh-mend zu Überschneidungen mit Benachteiligungenaufgrund der Religion oder Nationalität, die zusam-men mit geschlechtsspezifischen Ungleichbehand-lungen als wichtige Formen von multipler Diskrimi-nierung in Erscheinungen treten.

Im 21. Jahrhundert drückt sich Rassismus in europä-ischen Demokratien vor allem als dynamisches Ideo-logieelement rechtsextremer Wertorientierungenaus, das überaus komplexe Sachverhalte im Zusam-menhang mit dem rasanten globalen Wandel verein-fachend zu deuten versucht. Darüber hinaus kannRassismus aber auch als politischer Diskurs undgesellschaftlich dominanter Begründungszu-sammenhang für eine Politik der Aus- und Abgrenzungim Kontext von Einwanderungspolitik fungieren.7 Dabeibezieht sich der Begriff Rassismus im Prinzip auf jedeForm der Diskriminierung aufgrund der ethnischenHerkunft oder Hautfarbe, ohne dass dies bedeutet,den pseudo-wissenschaftlichen ‚Rasse’-Begriff anzu-erkennen. Rassismus kann auch in Deutschland alseine wichtige Ursache für die direkte und indirekteBenachteiligung von Migrantinnen und Migrantenund ethnischen Minderheiten gesehen werden, diesich in vielen gesellschaftlichen Bereichen u.a. in Formvon offenen oder subtilen Alltagsdiskriminierungen,ungenügender Repräsentanz in gesellschaftlichenSchlüsselbereichen und in mangelhaftem Schutz vorgewaltsamen Übergriffen ausdrückt.

1 Rassismus und Diskriminierung als politische Handlungsfelder

Rassismus und Diskriminierung als politische Handlungsfelder

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5 BMI: Erster Periodischer Sicherheitsbericht, Berlin 2001, S. 304;6 International Council on Human Rights Policy: The persistence and mutation of racism, Versoix 2000;7 Hargreaves, A. & Leaman, J. (Hrsg.) Racism, Ethnicity and Politics in Contemporary Europe, Aldershot 1995;

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erfahrungen von örtlichen Antidiskriminierungs-büros könnte einen wichtigen Beitrag zur Ein-schätzung von Umfang und Charakter der Diskrimi-nierungserfahrungen leisten. Menschen afrikanischerHerkunft berichten vor allem von diskriminierendenPolizeikontrollen. Nach Wahrnehmung vonBetroffenen ist die Gleichsetzung des äußerenErscheinungsbild mit potentiellen Tatverdächtigenso verbreitet, dass sie dem international kritisierten‚racial profiling’ nahekommt. Zusammen mit der ver-breiteten Existenz von rassistischen Einstellungenund Gewaltübergriffen in einzelnen ‚no-go areas‘ bil-den diese aktuellen Erscheinungsformen aber sicher-lich nur einen Teilbereich der vorhandenen Diskrimi-nierungserfahrung in Deutschland.

Einzelne empirische Studien haben überzeugend dar-gelegt, dass rassistische Einstellungen in Deutschlandrelativ konstant auftretende Orientierungen sind, die– unabhängig vom sozialen Status des Ideologieträgersund der zahlenmäßigen Präsenz der zum Sündenbockerkorenen Zielgruppe - weit in die Mitte der Gesell-schaft reichen und daher nicht auf einzelne isolierteBevölkerungsgruppen reduziert werden können.19

Hierbei ist Arbeitslosigkeit und die Furcht vor demsozialen Abstieg allerdings keine unmittelbareUrsache von Rassismus, allenfalls kann dadurch eine„lebensgeschichtlich erworbene Vorurteilsneigung“verstärkt werden.20 Sie werden womöglich auch durchVorurteile im Handeln von Institutionen, versteckteBenachteiligungen innerhalb der schulischen bzw.beruflichen Ausbildungssysteme, der Justizsystemesowie im individuellen Verhalten von Polizeibeamtenergänzt. Auch antisemitische Einstellungen bleibenneueren Untersuchungen zufolge eine konstante Größe,die auch immer wieder wahltaktische Verwendungfindet und sich gewaltsam äußern kann.21

Ideologische Orientierungsmuster bilden somit einewichtige Voraussetzung für die augenscheinlichste

Dimension von Rassismus – der rassistischen Ge-walt. Offiziell sind für 2001 eine Gesamtzahl von 3.391„fremdenfeindlich motivierte[n]“ Straftaten ausge-wiesen worden. Zusätzlich wurden 1.629 antisemiti-sche Straftaten registriert. Die Mehrzahl der politischmotivierten Gewalttaten hatte hierbei einen „frem-denfeindlichen Hintergrund“, ohne dass dabei einVorjahresvergleich statistisch möglich gewesenwäre.22 Denn seit Anfang 2001 existiert für die zen-trale Erfassung von (früheren) ‚Staatsschutzdelikten’unter dem Oberbegriff „Hasskriminalität“ ein neuesDefinitionssystem für ‚politisch motivierte Kriminalität’,„wenn die Umstände der Tat oder die Einstellung desTäters darauf schließen lassen, dass sie sich gegen einePerson aufgrund ihrer politischen Einstellung, Natio-nalität, Volkszugehörigkeit, Rasse, Hautfarbe, Religion,Weltanschauung, Herkunft, sexuellen Orientierung,Behinderung oder ihres äußeren Erscheinungsbildesbzw. ihres gesellschaftlichen Status richtet.“ 23

Ein deutlicher Schwerpunkt lässt sich weiterhin fürdie Neuen Bundesländer nachweisen, wo auch 2001,gemessen an der Einwohnerzahl, durchschnittlich mehrals doppelt so viele Gewalttaten wie in den westlichenBundesländern registriert wurden. Hierbei scheinen,nach einer Studie für das Bundesinnenministerium, dieMehrzahl der bekannt gewordenen Gewalttäter jungeMänner mit geringer Bildung zu sein, bei denen kri-minalistischen Untersuchungen zufolge vielfältigeÜberschneidungen mit allgemeiner jugendlicher De-linquenz identifiziert werden können.24 Es ist jedochauch hier von einer großen Dunkelziffer auszugehen,da viele gewaltsame Übergriffe nicht polizeilich ge-meldet werden. Antisemitische Straftaten werdenzudem auch zunehmend von islamistischen Organi-sationen propagiert.

Eine Gesamtschau der offiziellen Zahlen zur Entwick-lung von rechtsextremistischen, antisemitischen undrassistischen Straftaten ergibt sich für den Zeitraum

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19 Vgl. u.a. die empirischen Ergebnisse repräsentativer Umfragen in: Deutsche Zustände, herausgeben von W. Heitmeyer,Frankfurt a.M. 2002 oder auch die Sonderumfrage im Rahmen des EU-weiten, regelmäßigen Eurobarometers: Attitudestowards minority groups in West and East Germany – A special analysis of the Eurobarometer 2000 Survey on behalf ofthe EUMC, Vienna April 2001;

20 Ahlheim, Klaus: "Rechtsextremismus und Fremdenfeindlichkeit in Deutschland" in: Jahrbuch Menschenrechte 2002, hrsg.Von Gabriele von Arnim et al., Frankfurt am Main 2001, S. 298;

21 The American Jewish Council: German Attitudes towards Jews, the Holocaust and the US, Infratest, Dezember 2002;22 Auswärtiges Amt: Sechster Bericht der Bundesregierung über ihre Menschenrechtspolitik in den auswärtigen Beziehungen

und in anderen Politikbereichen, Berichtszeitraum 01.01.2000 – 31.03.2002, Berlin 2002, S. 48; 23 Bundesministerium des Inneren: Verfassungschutzbericht 2001, Berlin 2002, S. 35;24 BMI: Fremdenfeindlichkeit, Antisemitismus, Rechtsextremismus – Drei Studien zu Tatverdächtigen und Tätern, Texte zur

Inneren Sicherheit, herausgegeben von Klaus Wahl, Berlin 2001

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13 Zerger, Johannes: Was ist Rassismus? Eine Einführung, Göttingen 1997, S. 67;14 Vgl. Jaschke, Hans-Gerd: Rechtsextremismus und Fremdenfeindlichkeit, Wiesbaden 2001, S. 65f;15 Vgl. u.a. Klein, Eckart (Hrsg): Rassische Diskriminierung – Erscheinungsformen und Bekämpfungsmöglichkeiten, Berlin 2002;

Morgenstern, Christine: Rassismus – Konturen einer Ideologie. Einwanderung im politischen Diskurs der BundesrepublikDeutschland, Hamburg 2002; Winckler, Änneke: Antiziganismus – Rassismus gegen Roma und Sinti im vereinigtenDeutschland, Münster 2002; Arndt, Susan (Hrsg.): AfrikaBilder - Studien zu Rassismus in Deutschland, Münster 2001;Räthzel, Nora (Hrsg.): Theorien über Rassismus, Hamburg 2000; Koch, Ralf: Medien mögen’s weiß – Rassismus imNachrichtengeschäft – Erfahrungen von Journalisten in Deutschland und den USA, München 1996; Claussen, Detlev: Washeißt Rassismus?, Darmstadt 1994; Institut für Migrations- und Rassismusforschung: Rassismus und Migration in Europa,Hamburg 1992; Melber, Henning: Der Weißheit letzter Schluß – Rassismus und kolonialer Blick, Frankfurt 1992; Mosse,George: Die Geschichte des Rassismus in Europa, Frankfurt am Main 1990; Geiss, Imanuel: Geschichte des Rassismus,Frankfurt am Main 1988; Castles, Stephen: Migration und Rassismus in Westeuropa, Berlin 1987;

16 "The Situation of Roma in Germany” in: Monitoring the EU Accession Process: Minority Protection, (Hrsg.) Open SocietyInstitute, Volume II Case Studies in Selected Member States, Budapest & New York, 2002, S. 141-223;

17 Landeszentrum für Zuwanderung: Antidiskriminierungsarbeit in Nordrhein-Westfalen: Ergebnisse der Evaluation der mitLandesmitteln geförderten Antidiskriminierungsprojekte, Solingen Juni 2001;

18 Zentrum für Türkeistudien: Empfinden von Ungleichbehandlung nimmt zu, Presseinformation vom 5.12.2002;

herging, wurden verbreitete Diskriminierungen gegenschwarze Menschen und andere Minderheiten langeZeit nicht wahrgenommen. Ihre Verdrängung bildetejedoch eine wichtige Grundlage für den Mythos vomvermeintlich homogenen Deutschland.

Trotz der langen Vorgeschichte und globalen Verbrei-tung fand in Deutschland Rassismus als politischerBegriff und sozialwissenschaftliches Instrumentzur Analyse von Diskriminierung und Benachteili-gung lange Zeit fast ausschließlich im Zusammenhangmit dem nationalsozialistischen Holocaust, US-ame-rikanischer Segregationspolitik und südafrikanischerApartheid Verwendung. So ließ sich bis weit in die90er Jahre in Deutschland feststellen, „dass der BegriffRassismus jahrzehntelang sowohl in der wissen-schaftlichen Debatte als auch in der öffentlichenDiskussion kaum eine Rolle spielte.“13 Die verbreiteteSkepsis hinsichtlich der Verwendung des Rassismus-begriffs hängt dabei u.a. mit der Vorbelastung durchdie NS-Vergangenheit sowie mit der Gefahr zusam-men, das Konzept im Sinne eines politischen Kampf-begriffes inflationär bzw. wissenschaftlich unpräzisezu verwenden.14 Im öffentlichen Diskurs hat sich da-her – oft in Zusammenhang mit der Vorstellung voneinem extremistischen Randphänomen oder einervermeintlich natürlichen Reaktion auf die Präsenzvon Einwandern – das diffuse Konzept der Auslän-der- bzw. Fremdenfeindlichkeit durchgesetzt.

Ausmaß und Erscheinungsformen

Die allgemeine Rassismusdiskussion in Deutschlandist also vergleichsweise spät entstanden und hat erstin den letzten Jahren an Intensität und internationa-ler Anschlussfähigkeit gewonnen.15 Auch konzen-triert sich die Debatte immer noch vor allem auf diestrafrechtlich relevanten Gewaltübergriffe, da fürandere Diskriminierungstatbestände – mit Ausnahme

des durch repräsentative Erhebungen ermittelbarenundemokratischen Einstellungspotentials – keinesystematischen empirischen Analysen vorliegen. DieDiskriminierungen im Bereich der Beschäftigung,des Wohnungsmarktes, des Bildungsbereiches oderdes Zugangs zu Dienstleistungen sind wenigerleicht aufzuzeigen und werden gegenwärtig nurunsystematisch dokumentiert. Gleichwohl gibt eseinzelne Bestandsaufnahmen, die beispielsweise dieaktuelle Benachteiligung von Sinti und Roma imBildungs- und Arbeitsmarkt dokumentieren.16

Im Rahmen eines Modellprojekts in Nordrhein-Westfalen wurden zwischen 1997-1999 erstmals 215Diskriminierungsberichte analysiert, die während desUntersuchungszeitraums von sieben Beratungseinrich-tungen dokumentiert worden waren. Hiernach warenvon den Benachteiligungen überdurchschnittlichviele jüngere Männer betroffen, die zumeist türki-scher oder nordafrikanischer Herkunft waren, aberhäufig über einen gesicherten Aufenthaltsstatus oderdie deutsche Staatsangehörigkeit verfügten. DerGroßteil der Diskriminierungsvorwürfe konzentriertesich auf Erlebnisse mit Behörden, gefolgt vonErfahrungen auf dem Arbeitsmarkt bzw. beim Zugangzu Dienstleistungen. Der soziale Status, die Spracheoder das Geschlecht spielten nach dieser Studie eineweit weniger wichtige Rolle als die ethnischeHerkunft, die Staatsangehörigkeit oder die Hautfarbe,die in den allermeisten Fällen als Ursache für dieUngleichbehandlungen angegeben wurden.17

Auch das Zentrum für Türkeistudien hat in den Jahrenzwischen 1999-2001 einen deutlichen Anstieg bei der„empfundenen Ungleichbehandlung“ ausgemacht,wonach 2001 bereits 59% der 1000 regelmäßigbefragten türkischstämmigen Bürger in Nordrhein-Westfalen mehrfache Diskriminierungserfahrungenzu berichten wusste.18 Eine bislang nicht vorhandenebundesweite Auswertung der vielfältigen Beratungs-

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seit der deutschen Vereinigung aus den Angaben desErsten Periodischen Sicherheitsberichts der Bundes-regierung. Hiernach lassen sich bei der Entwicklungrassistischer Straftaten eine Hochphase für die Jahre1992-1993 mit 6.336 bzw. 6.721 Fällen ausmachen,um in den Folgejahren zwischen 2.000-3.000 jährlichenFällen zu schwanken und mit dem Jahr 2000 erneutauf über 3.594 Fälle anzusteigen.25 Die dem Gesamt-komplex politisch-motivierter ‚Hasskriminalität’ zu-gewiesenen Daten ergeben sich aus dem folgendenSchaubild. Dessen Angaben liegen allerdings deutlichunterhalb von anderen in diesem Zusammenhangerhobenen Zahlen.

Auch wenn über die Höhe der registrierten Gewalttatenkein Konsens herrscht, lässt sich doch seit Mitte der80er Jahre ein relativ konstanter Anstieg der Straftatenbelegen. Im Durchschnitt schwankt die Anzahl der offi-ziell dokumentierten monatlichen Gewaltdelikte fürden genannten Zeitraum zwischen 1.581 (Juni 1993)und 265 (Juni 2000) und wird hier exemplarisch für dasJahr 2000 abgebildet.

1

Gleichwohl wird weiterhin ein großes Defizit bei derErfassung und Interpretation dieser Daten eingeräumtund durchaus selbstkritisch festgestellt, dass „…diebisherige polizeiliche Praxis der Einordnung von Straf-taten und Tatopfern in die Staatsschutzstatistiken zurestriktiv [war], weil sie am Extremismusbegriff ausge-richtet war und für die Berücksichtigung rassistischerund sozialdarwinistischer Elemente (…) keinen Raumließ.“26 Wenig Beachtung fanden bislang auch dietraumatisierenden Effekte für die Opfer der Gewaltsowie die integrationshemmenden Wirkungen vonDiskriminierung, die vor allem Migranten, Flüchtlingeund ethnische Minderheiten betroffen haben. Auchdie Bundesregierung räumt dies inzwischen ein:„Weder in der wissenschaftlichen Forschung undAnalyse, noch in der Arbeit der Polizei und Justiz,noch in den Interventionsstrategien und Gegenmaß-nahmen von Politik und Bildung werden die Opferrechter Gewalt bislang hinreichend berücksichtigt.“27

Schon im Jahr 2000 waren bereits über 60% derregistrierten Gewalttaten „gegen als fremd wahrge-nommene Menschen“ gerichtet. Offizielle Angabendes Bundesinnenministeriums hatten ursprünglich 25Todesfälle für den Zeitraum 1990-2000 aufgeführt,

eine Zahl, die nach einer internen Überprüfung aufinsgesamt 33 revidiert wurde.28 Begründete Skepsisbezüglich der offiziellen Analysesystematik vonDaten der Landeskriminalämter zu rassistisch undrechtsextrem motivierten Gewalttaten veranlaßte die‚Frankfurter Rundschau’ und den Berliner ‚Tagesspie-gel’ im Jahr 2000 und 2001 zur Herausgabe von eigensrecherchierten Dokumentationen über Todesopferrechter Gewalt. Hierin werden mindestens 93 „voll-endete Tötungsdelikte aus rechtsextremen oderfremdenfeindlichem Hintergrund seit der deutschenEinheit“ dokumentiert.29

Durch das lange Zeit dominierende Selbstverständnisals homogene Gesellschaft und das Fehlen einerübersichtlichen einzelgesetzlichen Regelung in Formeines Antidiskriminierungsgesetzes – von der sichBetroffene nicht nur eine politische Signalwirkung,sondern auch mehr Schutzmöglichkeiten erhoffen –ist die öffentliche Sensibilität für Diskriminierungenbislang äußerst unzureichend geblieben. QualifizierteUntersuchungen sind weiterhin große Mangelware.30

Dies muss angesichts des Ausmaßes an rassistischmotivierter Gewalt und der drohenden gesellschaft-lichen Marginalisierung weiter Bevölkerungsteile mitMigrationshintergrund verwundern.

Marginalisierung als Folge von Diskriminierung

Die schlechte Arbeitsmarktintegration von Migran-tinnen und Migranten wird auch im Rahmen von ak-tuellen Untersuchungen vor allem als Effekt vonSprachproblemen und anderen gruppenspezifischenDefiziten gesehen, so dass ein hohes Maß an Skepsishinsichtlich des Zusammenhangs mit Diskriminierunggeäußert wird.31 Allerdings scheint bei dieser Betrach-tung offensichtlich der international als indirekteDiskriminierung bezeichnete faktische Ausschluss-mechanismus nicht in die Analyse einbezogen wor-

den zu sein. Hiernach wäre zu vermuten, dass dasZusammenwirken von etablierten Normen, Verfahrenund Verhaltensweisen eine entscheidende Rolle bei der(nicht notwendigerweise beabsichtigten) Benachtei-ligung von ethnischen Minderheiten spielt. Somitwären unterrepräsentierte Arbeitsmarktpositionenvermutlich auch auf geringere Einstellungschancenzurückzuführen, die als Ergebnis von institutionali-sierten Prozessen bestimmte Bevölkerungsgruppenbeim Zugang zu Beschäftigung benachteiligen. Umentsprechende Untersuchungen durchführen zu kön-nen, müssten jedoch verlässliche statistische Anga-ben über die Arbeitsmarktsituation von ethnischenMinderheiten vorliegen, die – unabhängig von derNationalität – Rückschlüsse auf Diskriminierungser-fahrungen und Zugangsbarrieren zulassen.

Tatsächlich sind Einwanderer und ihre Nachkommenjüngeren empirischen Studien zufolge „überdurch-schnittlich von Einkommensarmut betroffen“, diedarüber hinaus auch weite Teile der Flüchtlinge trifftund dem weitverbreiteten Bild der ‚Sozialstaats-Schmarotzer‘ keineswegs entspricht.32 VergleichendeUntersuchungen betonen daher die Notwendigkeit,den Zusammenhang von Diskriminierung und derwahrnehmbaren Tendenz zu ethnischer Segregationund Benachteiligungen vor allem im Bildungssektorauch in Deutschland zu überprüfen.33 Hierbei müssenauch geschlechtsspezifische Unterschiede berücksich-tigt werden. Auch von offizieller Seite wird einge-räumt, dass ausländische Frauen und Familien aufdem Wohnungsmarkt benachteiligt sind und in derGewährleistung von Chancengleichheit für Familienausländischer Herkunft in Bildung und Ausbildungeine zentrale Aufgabe der Politik liegt.34 InternationaleUntersuchungen belegen für den Arbeitsmarkt dashäufige Zusammenspiel von objektiven Nachteilendurch Qualifikationsmängel und zusätzlichen Diskri-minierungserfahrungen aufgrund der ethnischenHerkunft, Nationalität oder vermeintlichen ‚Rasse’35.

Rassismus und Diskriminierung als politische Handlungsfelder

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28 Bericht der Beauftragten der Bundesregierung für Ausländerfragen über die Lage der Ausländer in der BundesrepublikDeutschland, Berlin und Bonn, August 2002, S. 264;

29 Todesopfer rechter Gewalt seit der Vereinigung – Eine Bilanz, Sonderdruck des Tagesspiegel , Januar 2001;30 Vgl. die Untersuchung des Landeszentrum für Zuwanderung: Antidiskriminierungsarbeit in Nordrhein-Westfalen, a.a.O.;31 Vgl. Argumentation bei Suntum, Ulrich van & Schlotböller, Dirk: Arbeitsmarktintegration von Zuwanderern – Einflussfak-

toren, internationale Erfahrungen und Handlungsempfehlungen, Bielefeld 2002;32 Hanesch, W. et al: Armut und Ungleichheit in Deutschland – Der neue Armutsbericht der Hans-Böckler-Stiftung, des DGB

und des Paritätischen Wohlfahrtsverbands, Reinbek 2000, S. 447;33 Schuck, Peter & Münz, Rainer: Paths to Inclusion – The integration of migrants in the United States and Germany, Oxford 1998;34 Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend: Frauen in Deutschland – Von der Frauen zur

Gleichstellungspolitik, Bonn 2002, S. 192; vgl. auch Deutscher Bundestag: Sechster Familienbericht – Familien ausländischerHerkunft in Deutschland: Leistungen, Belastungen, Herausforderungen und Stellungnahme der Bundesregierung, 14.Wahlperiode Drucksache 14/4357 vom 20.10.2000;

35 Zegers de Beijl, R. & McClure, I. & Taran, P. : ”Inequality in Access to Employment – A statement of the Challenge”, in:UNESCO (Hrsg.): United to Combat Racism, Paris 2001, S. 153-167;

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25 BMI: Erster Periodischer Sicherheitsbericht, Berlin 2001, S. 285f;26 ebd., S. 275;27 ebd., S. 272;

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6000

5000

4000

3000

2000

1000

1980 1984 1988 1992 1996 2000

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Schaubild I: Offizielle Angaben zur Entwicklung vonrechtsextremistischen, antisemitischen und rassisti-schen Straftaten in Deutschland 1980-2000

Quelle: Polizeiliche Kriminalstatistik zitiert nach Erster PeriodischerSicherheitsbericht, Bundesministerium des Inneren, Berlin 2001, S. 284;

Quelle: Kriminalpolizeilicher Meldedienst Staatsschutz zusammen-gestellt nach Erster Periodischer Sicherheitsbericht, Bundesministe-rium des Inneren, Berlin 2001, S. 286;

700600500400300200100

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Schaubild II: Fremdenfeindliche Straftaten nachMonaten in 2000

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sche‘ Kategorien zunehmend ersetzen, ändert nichtsan den ideologischen Mechanismen und faktischenAusgrenzungspraktiken, die hierbei zugrunde liegen.Ursachen für die soziale und arbeitsmarktbezogeneMarginalisierung von Migranten und ethnischenMinderheiten können sowohl auf der Angebots- alsauch auf der Nachfrageseite gesehen werden. Imöffentlichen Diskurs wird ihre Randposition jedochzumeist nur mit ungenügenden Sprach- undBildungskenntnissen in Verbindung gebracht, so dassstaatliche Integrationsmaßnahmen einseitig aufVerbesserungen der Angebotsseite abzielen. Die Be-kämpfung von Rassismus verlangt aber integrativeKonzepte, die auf allen Ebenen von Diskriminierungansetzen und eines politischen bzw. rechtlichenRahmens bedürfen, der ein modernes Verständnis vonNation fördert, ohne eine Hierarchisierung vonRechtsansprüchen aus einer ethnischen Volkszuge-hörigkeit abzuleiten. In diesem Sinne kann dasFehlen einer Antidiskriminierungspolitik auch dazuführen, dass das Selbstbild einer homogenenGesellschaft als Mythos weiter reproduziert wird.42

Internationale Beobachter weisen aber auch daraufhin, dass zunehmend Staaten bereit sind, Rassismusnicht nur als externes Übel oder als historische Ver-antwortung für Verbrechen gegen die Menschlichkeitin Form von Sklaverei, Kolonialismus und Holocaust,sondern auch als innenpolitische Herausforderung zubegreifen.43 Auch für Deutschland bedeuten Diskri-minierung und Rassismus weit mehr als historischeVerantwortung und müssen daher in Zukunft nochstärker als politisches Handlungsfeld erkannt werden.Hierbei können globale Standards und internationaleEmpfehlungen helfen.

1.1 Hauptergebnisse

Zur Kennzeichnung und Analyse von direkten undindirekten Diskriminierungstatbeständen, gewaltsamenÜbergriffen oder politischen Diskursen hat der BegriffRassismus auch im 21. Jahrhundert Bedeutung, dahierüber historische Kontinuität ebenso wie die ideo-logische Dimension gesellschaftlicher Ausschlussme-chanismen deutlich gemacht werden kann. Durchvielfältige Überschneidungen mit anderen Diskrimi-nierungsgründen ermöglicht Rassismus auch die Legi-timation für weitere soziale Benachteiligungen. Ausmaßund Entwicklungstrends von rassistischer Diskrimi-nierung sind dabei allerdings nur schwer meßbar, daes in Deutschland bislang keine systematische Doku-mentation von Rassismus in all seinen Erscheinungs-formen gibt und kaum empirische Untersuchungenüber Diskriminierungserfahrungen vorliegen. Die vor-liegenden Zahlen von rassistischen Straftaten bele-gen die anhaltende Brisanz der Situation, die durchsubtilere Formen der Diskriminierung in vielen Gesell-schaftsbereichen ergänzt wird. Gleichwohl scheintdas gesellschaftliche Bewußtsein für Diskrimi-nierungstatbestände nur gering ausgebildet zu sein.Eine umfassende Antidiskriminierungspolitik mußhier auf der Basis von internationalen Standardsansetzen.

Rassismus und Diskriminierung als politische Handlungsfelder

In Deutschland geborene Jugendliche ausländischerHerkunft leiden ferner unter einer de facto Un-gleichbehandlung beim Zugang zu Arbeits- bzw.Ausbildungsplätzen, die neben Sprach- oder Schul-defiziten auch auf eine diskriminierende Ausschluß-praxis hindeuten könnte. Sie sind außerdem über-durchschnittlich von strukturellen Veränderungendes Arbeitsmarktes betroffen, was sich zusammenge-nommen in einem ausgesprochen hohen Anteil vonArbeitslosigkeit ausdrückt. Ein Anteil von fast 20%unter ihnen verfügt über keinen Schulabschluss,nahezu die Hälfte der 20-25 Jährigen hat keine ab-geschlossene Berufsausbildung. Die Vergleichszahlenfür deutsche Jugendliche liegen bei 8% bzw. 12%.36

Unkenntnis über die tatsächliche Lebenssituationvon Migranten und ethnischen Minderheiten kanndas periodische Erstarken von rechtsextremenParteien begünstigen. Trotz der vergleichbar günsti-gen Rechtsstellung und Ausbildungsvoraussetzung füreine erfolgreiche Arbeitsmarktintegration von jüdi-schen Kontingentflüchtlingen existiert auch bei die-ser Gruppe eine überdurchschnittlich hohe Arbeitslo-sigkeit. Untersuchungen zufolge kann daher auchhier das Fehlen einer umfassenden Integrationspoli-tik als wichtige Ursache für die beruflichen Einglie-derungsprobleme gelten, ohne bei der Beurteilungdie ungünstige Altersstruktur und anfangs sicherlichoftmals unzureichende Sprachkompetenz aus demBlick zu verlieren.37

Selbstverständlich ist nicht jede Schlechterstellungein Ergebnis von Diskriminierung. Aber soziale Mar-ginalisierungstendenzen sind oft Folge von sozioöko-nomischen und demographischen Entwicklungen, diesich mit Formen der ethnischen oder geschlechtsspe-zifischen Diskriminierung überschneiden. Zudembesteht die Gefahr, dass Armut und soziale Benach-teiligung nicht auch als Ergebnis von möglicherDiskriminierung gewertet werden, sondern vor allemals Bestätigung für rassistische Vorurteile dienen,

indem insbesondere Bildungsprobleme von Minder-heiten vorwiegend als individualpsychologische Ver-haltensdefizite oder kulturelle Anpassungsproblemeinterpretiert werden.38 Subtile Vorurteile gegenäußerlich wahrnehmbare Minderheitengruppen, aberauch Antisemitismus und Diskriminierungen gegenMuslime, werden hierbei gleichermaßen ignoriert undnicht selten durch die Verkennung interkulturellerErfordernisse bei Lehrinhalten oder Personal imBildungssystem reproduziert.

In der wissenschaftlichen und politischen Ausei-nandersetzung gibt es dementsprechend divergieren-de Positionen: Auf der einen Seite betonen Analysendie negaitive integrationspolitische Wirkung auslän-derrechtlicher Beschränkungen für Migrantinnen undMigranten und das Fehlen einer staatlichen Anti-diskriminierungspolitik, um daraus eine problemati-sche Sonderstellung Deutschlands abzuleiten, die zu„einer verfestigten ethnischen Schichtung und (…)struktureller Diskriminierung“ führe.39 In diesemSinne erscheint Rassismus als ideologisches undinstitutionelles Fundament einer sich lange Zeit überethnische Herkunft bestimmenden Bundesrepublik.40

Anderen Interpretationen zufolge ist Deutschlanddagegen kein Sonderfall, sondern Teil einer allgemei-nen europäischen Entwicklung. ‚Xenophobische Ge-waltausbrüche’ und auch regionale Besonderheitenerscheinen in dieser Sichtweise weniger als klareFormen von rassistischer Diskriminierung, sondern alssituationsbedingte Eskalationen, die die Weiterent-wicklung einer liberalen und offenen Gesellschaftnicht ernsthaft bedrohen.41

Aktive Formen von Rassismus stehen aber in einemengen Zusammenhang mit den Wirkungsweisen vonindirekter Diskriminierung, die im Ergebnis eine zu-sätzliche Form der Ungleichbehandlung bewirkenkönnen. Daß hierbei die Diskussionen über Zuwandererund Kulturbegriffe explizit rassistische bzw. ‚rassi-

Rassismus und Diskriminierung als politische Handlungsfelder

22 23

36 Angaben nach EUMC: Diversity and Equality – Annual Report 1999; Vienna 2000, S. 34;37 Rüßler, Harald: "Berufliche Integrationsprobleme hochqualifizierter Zuwanderer. Das Beispiel der jüdischen

Kontingentflüchtlinge aus den GUS-Staaten" in: ZAR 6/2000, S. 268-273;38 International Council on Human Rights Policy: The persistence and mutation of racism, a.a. O., S. 12;39 Kürsat-Ahlers, Elcin: "Die Bedeutung der staatsbürgerschaftlich-rechtlichen Gleichstellung und Antidiskriminierungspolitik

für Integrationsprozesse” in: Mehrländer, Ursula & Schultze, Günther (Hrsg.): Einwanderungsland Deutschland – NeueWege nachhaltiger Integration, Bonn 2001, S. 134;

40 Wilpert, Czarina: "Ideological and institutional foundations of racism in the Federal Republic of Germany” in: Wrench, John& Solomos, John (Eds.): Racism and Migration in Western Europe, Oxford1993, S. 67-81;

41 Kuerthen, H. & W. Bergmann & Rainer Erb (Hrg.): Antisemitism and Xenophobia in Germany after unification, New Yorkund Oxford 1997;

42 Alibhai-Brown, Yasmin: The role of racism and prejudice in exclusion, marginalization, inequality, and the implications ofthis for a cohesive society, Paper presented at the Consultation on Racism and Human Rights, International Council onHuman Rights Policy, Geneva December 3-4 1999;

43 van Boven: "Discrimination and Human Rights Law – Combating Racism” in: Fredman, Sandra: Discrimination and HumanRights – The Case of Racism, Oxford 2001, S. 113;

1 1

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Das nächste Schaubild gibt einen Überblick über diezentralen internationalen Abkommen, Gremien und

Die Bekämpfung von Rassismus als völkerrechtliche Verpflichtung der Bundesrepublik Deutschland

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In Deutschland existieren unterschiedliche Bestim-mungen im Grundgesetz und im Arbeits-, Straf- undZivilrecht, die darauf abzielen, rassistische Diskrimi-nierungen zu ächten. Artikel 3 Absatz 1 des Grund-gesetzes garantiert die Gleichheit vor dem Gesetzund verbietet Diskriminierungen aus Gründen der‚Rasse‘ oder ethnischen Herkunft, des Geschlechts,der Religion bzw. Weltanschauung oder einer Behin-derung durch öffentliche Instanzen. Bei Diskriminie-rungsvorwürfen gegenüber dem Staat können Bürgervor den Verwaltungs- und Verfassungsgerichten kla-gen. Allerdings ist damit keine unmittelbare Drittwir-kung der Grundrechtsartikel auf Rechtsverhältnissezwischen Privaten verbunden und die Konkretisie-rung dieser Generalklausel ist somit den Gerichtenüberlassen.

Gleichwohl enthalten einzelne Länderverfassungenspezielle Schutzbestimmungen für ethnische Min-derheiten. Diverse Strafrechtsbestimmungen verbie-ten explizit die Volksverhetzung und Angriffe auf dieMenschenwürde. Nach dem Bürgerlichen Gesetzbuchsind ferner Entlassungen aus den oben genanntenGründen unzulässig. Das revidierte Betriebsverfas-sungsgesetz enthält außerdem erweiterte Verbots-klauseln hinsichtlich Diskriminierungen in Unter-nehmen mit Betriebsrat und die Verpflichtung, regel-mäßig über betriebliche Integrationsmaßnahmen zuberichten. Ein umfassender zivilrechtlicher Diskrimi-nierungsschutz existiert in der Bundesrepublik jedochnicht.44

Deutschland hat sich mit der Ratifizierung vielerinternationaler Menschenrechtsstandards einenhohen Maßstab gesetzt, dem sie mit einer regelmä-ßigen Berichtspflicht über die Umsetzung dieser in-

ternationalen Rechtsvorgaben Rechnung tragen muß.Dadurch gewinnt Deutschland für seine Menschen-rechtspolitik in den auswärtigen Beziehungen an Legi-timität. Eine kritische Auseinandersetzung mit demPolitikfeld Rassismus und die öffentliche Auseinan-dersetzung über die interne Menschenrechtslage inDeutschland erhalten eine spezielle Bedeutung, diemit der besonderen historischen Verantwortung derBundesrepublik zusammenhängt.

Das Spannungsverhältnis zwischen internationalenAbsichtserklärungen, völkerrechtlichen Standardsund ihrer nationalen Umsetzung ist allerdings imLaufe der 90er Jahre vor allem im Rahmen derNachfolgeprozesse globaler UN-Konferenzen zu Tagegetreten. Während letztere sich zunehmend durchBehandlung von wichtigen politischen Querschnitts-themen sowie der wachsenden Beteiligung von zivil-gesellschaftlichen Akteuren auszeichnen, fehlte esden Beschlüssen in der Folge oftmals an Verbindlich-keit, wirkungsvollen Überprüfungsmechanismen bzw.effektiver inter-ministerieller Koordination und derBereitstellung von ausreichenden Ressourcen zurnationalen Durchsetzung. Entsprechend deuten ein-zelne Untersuchungen zur deutschen Umsetzungs-praxis darauf hin, dass die „dort formulierten Global-strategien für die deutsche Politik insgesamt eine nurperiphere Rolle spielen…[und] die Vermittlung auf dieoperative Ebene einschließlich der für die Umsetzungzentralen Mittelzuweisungen“ bislang nur seltenerfolgte.45

Die Umsetzung völkerrechtlicher Verpflichtungenbleibt auch für einen demokratischen Rechtsstaateine permanente Herausforderung.

2 Die Bekämpfung von Rassismus als völkerrechtliche Verpflichtung der Bundesrepublik Deutschland

Die Bekämpfung von Rassismus als völkerrechtliche Verpflichtung der Bundesrepublik Deutschland

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44 Europäische Kommission: Überblick über die gesetzlichen Antidiskriminierungsbestimmungen der Mitgliedstaaten,Generaldirektion Beschäftigung und Soziales, Brüssel Februar 2000;

45 Thomas Fues & Brigitte Hamm: "Die Weltkonferenzen und ihre Folgeprozesse – Umsetzung in die deutsche Politik" in: Fues& Hamm (Hrg.): Die Weltkonferenzen der 90er Jahre – Baustellen für Global Governance, Texte der Stiftung Entwicklungund Frieden Band 12, Bonn 2001, S. 110;

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Berichtspflichten auf dem Gebiet der Rassismusbekäm-pfung, die im Rahmen dieser Studie betrachtet werden.

Schaubild III: Schutz vor Rassismus und Diskriminierung im Rahmen ausgewählter Organe des internationalen Menschenrechtssystems

Politikebene

Vereinte Nationen

Europarat

Europäische Union

Internationales Übereinkommen bzw.Gründungsakte

ICERD

Resolution der UN Menschenrechtskommissionvon 1993

Aktionsprogramm der UN-Weltkonferenz vonDurban/WCAR

ILO Konvention Nr. 111

Europäische Konventionzum Schutz derMenschenrechte

Gründungsauftrag gemäßBeschluss der Staats- und Regierungschefs desEuroparat von 1993

Rahmenabkommen für den Schutz nationalerMinderheiten

Artikel 13 desAmsterdamer Vertrages

Verordnung desEuropäischen Rates von1997

Institutionelle Zuständigkeit

CERD

Sonderberichterstatterüber Rassismus

Anti-Discrimination Unitdes OHCHR

Sachverständigenausschussfür die Anwendung desÜbereinkommens

Europäischer Gerichtshoffür Menschenrechte

ECRI

Beratender Ausschuss

EU-Kommission

EUMC

Überwachungsfunktion bzw. Politikmaßnahmen

Kommentare zur nationalenBerichterstattung

Länderberichte

Periodische Fortschritts-berichte und NationaleAktionspläne

RegelmäßigeStaatenberichte

Entscheidungen überIndividual- oderStaatenbeschwerden

Länderberichte und thematische Empfehlungen

PeriodischeBerichterstattung

Umsetzung der EURichtlinien zu Anti-diskriminierung

ThematischeUntersuchungen

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2.1.2 Verwandte Konventionen der UN undausgewählter Sonderorganisationen

Mit dem UNESCO Übereinkommen gegen Diskriminie-rung im Unterrichtswesen, dem CEDAW-Übereinkom-men, der Kinderrechtskonvention und dem Interna-tionalen Zivilpakt existieren weitere völkerrechtlicheKonventionen, die Bestimmungen zum Schutz vor Dis-kriminierung enthalten. An dieser Stelle soll jedoch nurauf eine zentrale ILO-Konvention eingegangen wer-den, da auf ihrer Basis eine Reihe von Untersuchun-gen vorgenommen wurden, die für die vorliegendeStudie von Bedeutung sind.50 Das Übereinkommenüber die Diskriminierung in Beschäftigung und Be-ruf der Internationalen Arbeitsorganisation definiertin Artikel 1 Diskriminierung als „jede Unterscheidung,Ausschließung oder Bevorzugung, die auf Grund derRasse, der Hautfarbe, des Geschlechts, des Glaubens-bekenntnisses, der politischen Meinung, der nationa-len Abstammung oder der sozialen Herkunft vorge-nommen wird und die dazu führt, die Gleichheit derGelegenheiten oder der Behandlung in Beschäftigungoder Beruf aufzuheben oder zu beinträchtigen.“51

Auch hier muss Deutschland dem Sachverständigen-ausschuss für die Anwendung der Übereinkommen undEmpfehlungen regelmäßig einen Staatenbericht vorle-gen, wobei Vertragsverletzungen gegebenenfalls vorden Verwaltungsrat gebracht werden können. Diesewären dann auch im Ausschussbericht an die jährlichtagende Internationale Arbeitskonferenz enthalten.Formale Beschwerden über die Einhaltung des Kon-ventionsschutzes hinsichtlich des Kriteriums der natio-nalen Abstammung oder Hautfarbe gab es bislangkeine. Die wenigen Anfragen und Bemerkungen desAusschusses bezogen sich bislang auf Problemkon-stellationen, die sich aufgrund der politischen Über-zeugung oder des Geschlechts ergeben haben.52

2.1.3 Die Erklärung und das Aktionsprogrammder UN-Weltkonferenz gegen Rassismus

Die dritte Weltkonferenz gegen Rassismus hat unterLeitung der Hochkommissarin für Menschenrechte derVereinten Nationen vom 31. August bis zum 8. Sep-tember 2001 in Durban/Südafrika stattgefunden. Siehat die vorrangige staatliche Verantwortung für dieEindämmung von Rassismus bestätigt. Rassismuswurde als ein verbreitetes Ausgrenzungsphänomengebrandmarkt, das viele Gesellschaften prägt und dastrotz vielfältiger Anstrengungen beständig neue For-men annimmt. Die Unterzeichnerstaaten teilen dieBesorgnis, dass Rassismus durch ungleiche Wohl-standsverteilung, Marginalisierung und soziale Aus-grenzung verschlimmert werden kann und eineschwere Verletzung der Menschenrechte darstellt.Regierungen werden aufgefordert, nationale Gesetz-gebungen zu beschließen oder zu verbessern, umdirekte und indirekte Formen von Rassismus in allenBereichen des öffentlichen Lebens zu ächten.53

Wie bereits bei vorherigen Konferenzen litten dieVerhandlungen in 2001 unter einem hohen Maß anPolitisierung, das sich vor allem an der Bewertungdes Nahost-Konfliktes und der Diskussion um dieumstrittenen Forderungen nach Reparationen aus-drückte. Trotz ‚weicher’ völkerrechtlicher Bindewirkungkönnen die Abschlussdokumente aber als dezidierte„Handlungsanleitung für die Zivilgesellschaft und alsBerufungsgrundlage für die Opfer“ dienen.54 Dement-sprechend sind sich die meisten Teilnehmer undBeobachter inzwischen einig, dass die Verabschiedungder Konferenzdokumente einen großen Erfolg darstelltund sich daraus eine Reihe von konkreten Empfeh-lungen ergeben, die den globalen Prozess derRassismusbekämpfung einen guten Schritt voran-bringen können.55 Hierzu zählt insbesondere die Erar-beitung von Nationalen Aktionsplänen, die in Kon-sultation mit Vertretern der Zivilgesellschaft undnationalen Menschenrechtsinstitutionen erstellt undan das Sekretariat des Hochkommissars für Menschen-rechte (OHCHR) übermittelt werden sollen. In ihnen

Die Bekämpfung von Rassismus als völkerrechtliche Verpflichtung der Bundesrepublik Deutschland

2.1 UN-Konventionen und Programme

2.1.1 Das Internationale Übereinkommen zur Beseitigung jeder Form von Rassen-diskriminierung (ICERD)

Das ICERD-Übereinkommen wurde 1966 von der UNGeneralversammlung verabschiedet, ist 1969 in Kraftgetreten und wurde inzwischen von 160 Staatenunterzeichnet und ratifiziert. Die Vertragsstaatensichern lt. Artikel 5 „das Recht auf Sicherheit derPerson und auf staatlichen Schutz gegen Gewalt-tätigkeit oder Körperverletzung, gleichviel ob sie vonStaatsbediensteten oder von irgendeiner Person,Gruppe oder Einrichtung verübt werden“ zu. Fernersollen Vertragsstaaten den Zugang zu öffentlichenOrten und Dienstleistungen sicherstellen. Die zentralenRechtsverpflichtungen der Vertragsstaaten beziehensich im Einzelnen auf:

Das Verbot von rassistischen Handlungen undGesetzen bzw. der Verbreitung von rassistischenIdeen durch staatliche Stellen und Private;Die Gewährleistung eines wirksamen Rechts-schutzes, einschließlich der Schaffung von ange-messener Entschädigung;Soziale, wirtschaftliche und kulturelle Fördermaß-nahmen für von Diskriminierung betroffenen Perso-nengruppen;Maßnahmen zum Abbau von Vorurteilen und zurFörderung von Verständigung zwischen unter-schiedlichen Bevölkerungsgruppen;Internationale Zusammenarbeit und Kooperationmit dem zuständigen Ausschuss.

Das Abkommen schuf mit dem Ausschuß für dieBeseitigung der Rassendiskriminierung (CERD) einunabhängiges Überwachungsgremium im Rahmendes Menschenrechtsschutzsystems der UN-TreatyBodies. Er besteht aus 18 unabhängigen Mitgliedern,

die von den Vertragsstaaten in geheimer Wahl ernanntwerden. Die Einhaltung des Abkommens ist Aufgabedes Sachverständigenausschusses, der in der Regelzweimal jährlich tagt, und wird über drei unter-schiedliche Verfahren gesichert. Hierzu gehören dasregelmäßige Staatenberichts-, das Staatenbeschwer-de- und das Individualbeschwerdeverfahren. Letzteresbesitzt nach Ansicht eines ehemaligen Ausschussmit-glieds aber derzeit „noch kein sehr effizientes Ver-fahren“.46

Beim Staatenberichtssystem sind die Vertragsstaatenzu einer periodischen Berichterstattung im Abstandvon zwei Jahren nach Artikel 9 des Übereinkommensverpflichtet, die den Ausschuss in Form einesStaatenberichts über die im Zusammenhang mit derKonvention getroffenen Maßnahmen bzw. Neuer-ungen informieren soll. Auf dieser Basis und durcheinen kritischen Dialog kann der Ausschuss imRahmen der Berichtserörterung Vorschläge für men-schenrechtliche Verbesserungen unterbreiten und inden Abschließenden Beobachtungen formell zumAusdruck bringen. Letztere können als wichtigesInstrument zur staatlichen Fortschrittskontrolle fun-gieren. Ergänzend sind eine Reihe von GenerellenEmpfehlungen verabschiedet worden, die jedochebenfalls keine völkerrechtliche Bindungswirkunghaben.47

Aufgrund der teilweise mehrjährigen Verzögerungenbei der Erfüllung der staatlichen Berichtspflichtenwird auch auf andere Informationsquellen zurückge-griffen. Seit Anfang der 90er Jahre werden für dieErörterung der Staatenberichte verstärkt Eingabenvon Nichtregierungsorganisationen berücksichtigt.48

Für die beiden anderen Verfahren gibt es fürDeutschland bislang keine Erfahrungen, wobei derStaatenbeschwerde aufgrund ihres „schwerfälligenVermittlungsverfahrens“ in der Praxis ohnehin bislangkeine Bedeutung zukam.49 Das Individualbe-schwerdeverfahren hat die Bundesrepublik Deutsch-land erst 2001 akzeptiert, so daß noch keineErfahrungen vorliegen.

Die Bekämpfung von Rassismus als völkerrechtliche Verpflichtung der Bundesrepublik Deutschland

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46 Bryde, Brun-Otto: "Die Tätigkeit des Ausschusses gegen jede Form der Rassendiskriminierung” in: Klein, Eckart: RassischeDiskriminierung – Erscheinungsformen und Bekämpfungsmöglichkeiten, Berlin 2002, S. 75;

47 Tanaka, Atsuko & Nagamine, Yoshinobu: The International Convention on the Elimination of All Forms of RacialDiscrimination – A Guide for NGOs, Minority Rights Group/MRG and International Movement against All Forms ofDiscrimination and Racism/IMADR, January 2001;

48 Vgl. Hüfner, Klaus: How to File Complaints on Human Rights Violations – A Manual for Individual and NGOs, DeutscheGesellschaft für die Vereinten Nationen & Deutsche UNESCO Kommission, Bonn 2002, S. 51; Banton, Michael: CombatingRacial Discrimination – The UN and its Member States, Minority Rights Group, London 2000;

49 Wolfrum, Rüdiger: "Internationales Übereinkommen zur Beseitigung jeder Form von Rassendiskriminierung – Inhalt undVerfahren seiner Durchsetzung” in: Menschenrechtsschutz in der Praxis der Vereinten Nationen, G. Baum & E. Riedel & M.Schaefer (Hrsg.), Baden-Baden 1998, S. 137;

50 Siehe den Abschnitt 3.3 in dieser Studie.51 ILO Übereinkommen 111 über die Diskriminierung in Beschäftigung und Beruf, 1958 zitiert nach:

http://ilolex.ilo.ch:1567/public/german/docs/gc111.htm52 Vgl. Angaben der ILO-Datenbank: http://ilolex.ilo.ch:1567/english/index.htm53 Measures to combat contemporary forms of racism and racial discrimination, xenophobia and related intolerance,

Resolution adopted by the General Assembly A/RES/56/267 27 March 2002;54 Meinecke, Christina: "Grundwerte Solidarität, Respekt, Toleranz – Ein Rückblick auf die Weltkonferenz gegen Rassismus in

Durban” in: Vereinte Nationen Nr.3/2002, S. 99; vgl. auch Sundberg, Ulrika: "Durban – The third World Conference againstRacism, Racial Discrimination, Xenophobia and Related Intolerance" in: International Review of Penal Law, Vol.73, 2002,pp.301-317;

55 Vgl. die differenzierte Einschätzung der Direktorin der International Human Rights Law Group McDougall, Gay: "The WorldConference against Racism – Through a Wider Lens" in: The Fletcher Forum of World Affairs, Vol.26 No.2 Summer/Fall2002, pp. 135-151;

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fizieren und wirksam umzusetzen. Ferner werden Re-gierungen nachdrücklich aufgefordert, „die Bemer-kungen und Empfehlungen des Ausschusses für dieBeseitigung der Rassendiskriminierung gebührend zuberücksichtigen“61 und der 1990 von der UN–Gene-ralversammlung verabschiedeten InternationalenKonventionen zum Schutz der Rechte allerWanderarbeitnehmer und ihrer Familienangehöri-gen beizutreten. Migrantinnen und Migranten sowieOpfer von Menschenhandel sollen ausdrücklich inAntidiskriminierungsmaßnahmen einbezogen wer-den. Die Gleichberechtigung soll insbesondere durchden Abbau von Barrieren beim Zugang zu Beschäfti-gung und der Gesundheitsversorgung, aber auch hin-sichtlich der Teilhabe an politischen und wirtschaftli-chen bzw. kulturellen Entscheidungen realisiert werden.Staaten werden aufgefordert, „alle geeigneten Maß-nahmen zu ergreifen, um die Hindernisse zu beseitigen,die den Zugang von Kindern zu Bildung einschrän-ken“ und „sicherzustellen, dass alle Kinder ohne Diskri-minierung Zugang zu hochwertiger Bildung erhalten“.62

Ausdrücklich wird die Weigerung oder der Widerwillenseitens öffentlicher Instanzen und Politiker, gegenRassismus vorzugehen, als ein wichtiger Faktor für dieVerbreitung und Perpetuierung von Diskriminierunginterpretiert. Politikern und politischen Parteien wirddaher eine Schlüsselrolle zuerkannt, sofern sie „kon-krete Maßnahmen zur Förderung der gesellschaftlichenGleichstellung, Solidarität und Nichtdiskriminierung“ergreifen bzw. „freiwillige Verhaltenskodizes aufstellen,(…) so dass ihre Mitglieder sich öffentlicher Erklärun-gen oder Handlungen enthalten, die zu Rassismus (…)ermutigen oder anstiften“.63 Die Medien sollen durchfreiwillige ‚Codes of Conduct’ und andere Maßnahmender Selbstregulierung helfen, die verbreitete Stereo-typenbildung zu vermeiden sowie „die faire und aus-gewogene Darstellung der Vielfalt ihrer Gesellschaf-ten zu fördern sowie sicherzustellen, dass sich dieseVielfalt auch bei ihren Mitarbeitern widerspiegelt“.64

Über die Schaffung wirksamer Rechtshilfe, Rechts-behelfe und Wiedergutmachung sollen in nationalenRechtsvorschriften zentrale Empfehlungen der Kon-

ferenz Berücksichtigung finden, die die Möglichkeiteiner Verbandsklage bzw. den Anspruch auf Schadens-ersatzleistungen beinhalten. Durch „die Schaffungnationaler Stellen mit Zuständigkeit für die wirksameUntersuchung von Anschuldigungen der Rassen-diskriminierung und für den Schutz der Beschwerde-führer gegen Einschüchterung oder Drangsalierung“soll der Zugang zum Rechtsweg erleichtert und inno-vative Methoden der Konfliktschlichtung bzw. entspre-chende Betriebsvereinbarungen propagiert werden.Eine konsequente strafrechtliche Verfolgung wird mitdem Hinweis gefordert, dass rassistische „Beweg-gründe bei der Strafzumessung als erschwerendeUmstände angesehen werden“.65

Die Schaffung von spezialisierten und unabhängigennationalen Fachinstitutionen wird im Aktionsplanauch angeregt, um sicherzustellen, dass „auf gesamt-staatlicher und lokaler Ebene verlässliche statistischeDaten“ gesammelt, zusammengestellt, analysiert undveröffentlicht werden. Ferner werden Staaten aufge-fordert, „alle sonstigen damit zusammenhängendenMaßnahmen zu ergreifen, die notwendig sind, um dieLage der Einzelpersonen und Gruppen von Einzelper-sonen, die Opfer von Rassismus, Rassendiskriminierung,Fremdenfeindlichkeit und damit zusammenhängen-der Intoleranz sind, regelmäßig zu bewerten“.66 Dabeiwird betont, dass diese statistischen Daten nur mitZustimmung der Opfer und unter Berücksichtigungdes Datenschutzes sowie auf der Basis von freiwilligerSelbstidentifizierung durch nicht-diskriminierendeKategorien erhoben werden dürfen. Zweck derDatenerhebung ist die differenzierte Bewertung vonGesetzgebung und gesellschaftlicher Entwicklungsowie die periodische statistische Berichterstattungan die relevanten UN-Menschenrechtsorgane. DieDaten müssen hierbei geschlechtsspezifische Analysenals Querschnittsaufgabe berücksichtigen.

Der Nachfolgeprozess der Weltkonferenz sieht jähr-liche Berichte des Generalsekretärs an den Wirtschafts-und Sozialrat der Vereinten Nationen vor, um überAktivitäten der Staaten sowie der UN-Sonderorgani-sationen im Bereich Anti-Diskriminierung zu infor-

Die Bekämpfung von Rassismus als völkerrechtliche Verpflichtung der Bundesrepublik Deutschland

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61 Aktionsprogramm, Art. 76.62 Aktionsprogramm, Art. 123.63 Aktionsprogramm, Art. 115.64 Aktionsprogramm, Art. 144.65 Aktionsprogramm, Art. 84 und 164.66 Aktionsprogramm, Art. 92.

sollen Maßnahmenbündel zur Förderung von ethni-scher Vielfalt (Diversität) und Gleichberechtigung auf-gestellt werden, die u.a. über Positivmaßnahmen zurSicherstellung von verbesserter Chancengerechtigkeitbeim Zugang zu sozialen Dienstleistungen und durchden Abbau von räumlicher Segregation hergestelltwerden sollen.56

In der Erklärung der Weltkonferenz gegen Rassis-mus, Rassendiskriminierung, Fremdenfeindlichkeitund damit zusammenhängende Intoleranz wird ein-geräumt, dass die Zielsetzungen der drei voran-gegangenen UN-Dekaden zur Rassismusbekämpfungnicht erreicht wurden und dass schwerwiegende For-men von Rassismus, einschließlich des Antisemitis-mus, der Islamphobie und der verbreiteten Gewalt ins-besondere gegen Menschen afrikanischer Herkunft,indigene Völker, Migranten sowie Roma und Sinti wei-terexistieren. Sklaverei und Sklavenhandel werden alsVerbrechen gegen die Menschlichkeit bezeichnet und„zu den Hauptursachen“ des modernen Rassismusgezählt. Ferner wird anerkannt, „dass Fremdenfeind-lichkeit gegenüber Nichtstaatsangehörigen, insbeson-dere Migranten, Flüchtlingen und Asylsuchenden, eineder Hauptursachen des zeitgenössischen Rassismus istund dass es im Zuge diskriminierender, fremdenfeind-licher und rassistischer Praktiken häufig zu Men-schenrechtsverletzungen gegenüber Angehörigen die-ser Gruppen kommt“. 57

Um dem entgegenzuwirken, werden die Staaten aufge-fordert, die kulturelle Vielfalt als einen Gewinn für dieWohlfahrt der Menschheit zu werten und die gleichbe-rechtigte Teilhabe aller als wichtigen Bestandteil einerrassismusfreien, demokratischen Gesellschaft zu verste-hen. Die Notwendigkeit, „besondere oder positive Maß-nahmen zu Gunsten der Opfer von Rassismus“ zuschaffen, wird anerkannt, um „eine angemesseneVertretung in Bildungseinrichtungen, im Wohnungs-bereich, in politischen Parteien, in Parlamenten und beider Beschäftigung“ herbeizuführen. Es wird des weite-ren unterstrichen, „dass Migrationspolitiken nicht aufRassismus“ basieren dürfen und es gilt, Menschenrechtevon Migranten zu schützen. In der Erklärung wird

außerdem betont, dass ein Verbot von rassistischenIdeen und Gedankengut durchaus mit dem demokrati-schen Prinzip der Meinungsfreiheit vereinbar ist.

Das Aktionsprogramm enthält Vorschläge für dieStärkung von nationalen und internationalen Mecha-nismen zum Schutz vor rassistischer Diskriminierungund für die Wahrung von Menschenrechten, wobeisich die Unterzeichnerstaaten bewusst sind, „dass derErfolg dieses Aktionsprogramms vom politischen Willenund von angemessenen Finanzmitteln auf nationaler,regionaler und internationaler Ebene…abhängenwird“.58 Ursachen und zeitgenössische Erscheinungs-formen von Rassismus werden ebenso benannt wiespezielle Opfergruppen, denen besondere Schutz-maßnahmen zuteil werden sollen. Sowohl in der Er-klärung als auch im Aktionsprogramm wird deutlichgemacht, dass Frauen und Mädchen in besonderer Weiseunter den multiplen Formen von Diskriminierung leiden.

Zur Förderung von Gleichberechtigung und derHerstellung von Chancengleichheit haben sich dieunterzeichnenden Staaten verpflichtet, „wirksameMaßnahmen und Politiken zu beschließen und umzu-setzen, die alle Bürger und Institutionen ermutigen,gegen Rassismus (…) Stellung zu beziehen, sowie dieVorteile der Vielfalt innerhalb und zwischen allenNationen anzuerkennen…“.59 Auf nationaler Ebenesollen zudem gesetzgeberische Maßnahmen zumSchutz gegen Diskriminierung aufgestellt und durchPolitikentwürfe ergänzt werden, „um das Phänomender Ermittlungen und Kontrollen auf der Basis derRasse zu beseitigen, bei dem Polizisten und anderemit dem Gesetzesvollzug betraute Beamte in einembestimmten Grad Rasse, Hautfarbe, Abstammungoder nationale oder ethnische Herkunft als Grundlagefür Ermittlungen gegen Personen oder für die [Fests-tellung], ob eine Person einer kriminellen Tätigkeitnachgeht, heranziehen“.60 Diese Vorgabe richtet sichauf die weit verbreitete Praxis des ‚racial profiling’.

Staaten werden auch aufgerufen, die einschlägigeninternationalen und regionalen Übereinkünfte zuMenschenrechten und Nichtdiskriminierung zu rati-

Die Bekämpfung von Rassismus als völkerrechtliche Verpflichtung der Bundesrepublik Deutschland

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56 Aktionsprogramm, Artikel 99.57 Abschlusserklärung der Weltkonferenz gegen Rassismus, Rassendiskriminierung, Fremdenfeindlichkeit und damit

zusammenhängende Intoleranz, Art.16, Durban 2001, S. 6;58 Aktionsprogramm, Art.219.59 Aktionsprogramm, Art. 58.60 Aktionsprogramm, Art. 72.

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Diskriminierung zielenden Richtlinie wird im Rahmendieses Kapitels besondere Beachtung finden.

2.2.1 Die EuropäischeMenschenrechtskonvention

Der regionale Menschenrechtsschutz ist auf der Basisder 1950 verabschiedeten Europäischen Konventionzum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten(EMRK) entwickelt worden. Deutschland hat nach derRatifizierung der EMRK im Jahre 1952 auch dasRecht der Individualbeschwerde anerkannt. In Artikel14 der EMRK wird die Gewährleistung aller Rechteund Freiheiten, die in der Konvention enthalten sind,ohne Diskriminierung garantiert. Die Konvention siehtmit dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechteeinen internationalen Kontrollmechanismus vor, derverbindliche Entscheidungen zu Individualbeschwer-den einzelner Personen bzw. zu Staatenbeschwerdender Vertragsstaaten trifft. Die Parteien eines Rechts-streits sind an die Urteile des Gerichtshofes gebundenund müssen Maßnahmen ergreifen, um diese zu rea-lisieren. Das Ministerkomitee überwacht dieUmsetzung der Urteile, wobei zusätzlich der General-sekretär die Parteien auffordern kann, Erklärungenüber die Art und Weise abzugeben, mit der dieUmsetzung in innerstaatliches Recht sichergestelltwerden soll.

In der bisherigen Rechtsprechung des EuropäischenGerichtshofes für Menschenrechte konnten jedochBeschwerden über rassistische Diskriminierung nichtausschließlich mit dem Verweis auf Artikel 14 gel-tend gemacht werden und liefen daher Gefahr, alsnicht explizit garantierte Rechte unbegründet ver-worfen zu werden, so dass es bislang relativ wenig‚case-law’ in diesen Fragen gibt.72 ZusätzlicheRechtsgarantien verspricht sich daher der Europaratvon einem neuartigen 12. Zusatzprotokoll,73 das –auf der Basis von Empfehlungen der für Rassismus undGeschlechterdiskriminierung zuständigen Ausschüsse -aus den Verhandlungen zwischen dem Lenkungsaus-schuss für Menschenrechte und der Parlamentarischen

Versammlung entstanden war und im November 2000vom Ministerkomitee verabschiedet wurde. Ende 2002hatten 27 Mitgliedsstaaten das Protokoll unterzeich-net, jedoch steht die Ratifizierung von Deutschlandbzw. insgesamt mindestens zehn Vertragsstaatenweiterhin aus, um das Protokoll in Kraft treten zulassen. Das Protokoll, das von der Bundesrepublik am4. November 2000 unterzeichnet wurde, ist bislangnur von zwei Vertragsstaaten ratifiziert worden.74

Das Zusatzprotokoll beabsichtigt, den Diskriminie-rungsschutz von Artikel 14 über den Geltungsbereichder im Rahmen der Konvention definierten Rechteauszudehnen und durch eine allgemeine Nicht-Diskriminierungsklausel „für alle rechtlich festgelegtenRechte“ zu ersetzen. Der erweiterte Geltungsbereichbezieht sich hierbei auf Rechte, die Individuen unternationalem Recht garantiert sind, sowie auf entspre-chenden Verpflichtungen öffentlicher Behörden. Beob-achter erhoffen sich dadurch, dass die Rechtsprechungdes Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechteder Bedeutung von rassistischer Diskriminierung in sei-ner Urteilssprechung mehr Beachtung schenkenwird.75

2.2.2 Das Europäische Rahmenabkommen fürden Schutz nationaler Minderheiten

Das Rahmenabkommen des Europarates sieht vor,Angehörige von nationalen Minderheiten durch dieGewährung von speziellen Minderheitenrechten inihren Menschenrechten zu schützen. Das Rahmenab-kommen trat im Februar 1998 in Kraft, nachdem dieBundesrepublik es im September 1997 ratifiziert hatte.Im Januar 1999 wurde es ferner durch das Inkrafttre-ten der Europäischen Charta für die Regional- undMinderheitensprache ergänzt. Nach Artikel 25 sinddie Vertragsstaaten zu regelmäßiger Berichterstattungüber die zur Umsetzung getroffenen Maßnahmenverpflichtet. Ein Beratender Ausschuss überwacht dieEinhaltung auf der Basis dieser Berichte sowie durchVor-Ort-Untersuchungen, über die er das zuständigeMinisterkomitee informiert.

Die Bekämpfung von Rassismus als völkerrechtliche Verpflichtung der Bundesrepublik Deutschland

mieren. Die im Sekretariat des Hochkomissariats fürMenschenrechte gegründete Anti-Diskriminierungs-einheit wurde ferner beauftragt, eine Reihe von re-gionalen Nachfolgetreffen zu organisieren, um das Amtdes Hochkommissars über die nationale Umsetzungauf dem Laufenden zu halten, Netzwerke zu fördernund eine Datenbank mit lokalen Erfahrungen anlegenzu können. Durch die gezielte Kooperation mit Natio-nalen Menschenrechtsinstitutionen soll ferner dieÜberprüfung von nationaler Gesetzgebung anhandinternationaler Standards angeregt werden, örtlicheKonsultationen für die Erarbeitung von NationalenAktionsplänen unterstützt und der antirassistischeInformationsauftrag als Teil der Menschenrechts-bildung sichergestellt werden.67

Staaten wird insbesondere empfohlen, auf der Basis vonnationalen statistischen Informationen spezielle Pro-gramme mit Positivmaßnahmen zu konzipieren, die dieFörderung des Zugangs zu Bildung, Gesundheit undanderen Dienstleistungen für Opfer von rassistischerBenachteiligung zum Zweck haben, die Gender Dimen-sion berücksichtigen und – wo nötig – die Einwan-derungsgesetzgebung hinsichtlich der Übereinstim-mung mit internationalen Standards zu überprüfen.68

2.2 Europäische Menschenrechts-standards und Rechtsverpflichtungen

Im Rahmen des für Deutschland relevanten regionalenMenschenrechtsschutzes sind vor allem der Europaratund die Europäische Union zu nennen. Der Europaratverfügt auf der Basis der Europäischen Menschen-rechtskonvention und des Europäischen Gerichtshofesfür Menschenrechte über wichtige internationaleRechtsinstrumente zum Schutz vor Menschenrechts-verletzungen. Durch die Schaffung einer spezialisiertenKommission seit Anfang der 90er Jahre hat er sichferner explizit der Rassismusbekämpfung angenom-men. Mit dem Rahmenübereinkommen für den Schutznationaler Minderheiten gibt es außerdem seit Endeder 90er Jahre ein neuartiges Rechtsinstrument fürden Minderheitenschutz.69

Im November 2002 hat der Ministerrat des Europa-rates ferner ein Zusatzprotokoll für das Abkommenzur Bekämpfung der Datennetzkriminalität verab-schiedet. Das Protokoll verlangt von Unterzeichner-staaten die Kriminalisierung von rassistischemMaterial im Internet bzw. Computersystemen und derVerharmlosung von Verbrechen gegen die Mensch-lichkeit. Ziel ist die weitgehende Harmonisierung vonStrafrechtsnormen gegen Rassismus im Internet sowiedie Verbesserung der internationalen Kooperation.Das Zusatzprotokoll wird im Rahmen der nächstenSitzung der Parlamentarischen Versammlung zurZeichnung vorgelegt.70

Im Rahmen der Europäischen Union sind in den letztenJahren vielfältige Anstrengungen unternommen wor-den, um den Anstieg von rassistischen Gewalttatenund diskriminierenden politischen Diskursen in denStaaten Westeuropas Einhalt zu gebieten. In denSchlussfolgerungen des Rates für Justiz, Inneres undKatastrophenschutz vom November 2002 verurteilteder Rat zuletzt „auf das Schärfste die rassistischmotivierten Taten, die in vergangenen Wochen anmehreren Orten in der Europäischen Union verübtwurden. Er bekundet seinen Willen zur Verstärkungder Prävention und der Bekämpfung von rassistischmotivierter Gewalt und des Antisemitismus. Mitgleicher Intensität wendet er sich auch gegen jedeForm der Intoleranz gegen Personen, die jüdischenoder moslemischen oder anderen Glaubens sind…“.71

Der Rat berät gegenwärtig einen Rahmenbeschlusszur Bekämpfung von Rassismus und Fremdenfeind-lichkeit, der von der EU-Kommission im Dezember2001 vorgelegt worden war.

Sowohl das Europäische Parlament, der Rat als auchdie Kommission haben in der Vergangenheit ver-schiedene Initiativen ergriffen. So wurde 1997 dasEuropäische Jahr gegen Rassismus ausgerufen,anschließend die Europäische Beobachtungsstellegegen Rassismus in Wien gegründet und einAktionsprogramm verabschiedet sowie im Jahr 2000zwei Gleichbehandlungsrichtlinien beschlossen. DieInhalte der auf Vermeidung von rassistischer

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67 Implementation of the Programme of Action for the Third Decade to Combat Racism and Racial Discrimination and follow-up to the World Conference against Racism, Racial Discrimination, Xenophobia and Related Intolerance, Report of theSecretary-General submitted pursuant to General Assembly resolutions 56/265 and 55784, ECOSOC A/57/83/ E/2002/72 25June 2002;

68 Measures to combat contemporary forms of racism and racial discrimination, xenophobia and related intolerance,Resolution adopted by the General Assembly A/RES/56/267 27 March 2002;

69 Imbert, Pierre-Henri: "The role of the Council of Europe in the Struggle against Racism, Racial Discrimination andXenophobia” in: UNESCO (Hrsg.): United to combat Racism, Paris 2001, S. 77-89;

70 Press Release: Council of Europe adopts Additional Protocol to the Convention on Cybercrime, Strasbourg 7.11.02;71 Zitiert nach www.migration-online.de vom 13.11.2002, DGB Bildungswerk, Bereich Migration und Qualifizierung;

72 Gouttes, Regis de: "Reinforcement of International and Regional Mechanism for Individual Complaints of RacialDiscrimination" in: UNESCO (Hrsg.): United to combat Racism, Paris 2001, S. 57-67;

73 Protokoll 12 zur Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten.74 Es handelt sich hierbei um Georgien und Zypern. Vgl. Angaben vom 6.12. 2002 bei

http://conventions.coe.int/Treaty/EN/cadreprincipal.htm75 Schokkenbroek, Jeroen: "European protection against discrimination – the new Protocol No.12 to the European Convention

on Human Rights” in: Klein, Eckart: Rassische Diskriminierung – Erscheinungsformen und Bekämpfungsmöglichkeiten,Berlin 2202, S 175-189; vgl. auch van Boven, Theo: "Discrimination and Human Rights Law – Combating Racism” in:Fredman, Sandra: Discrimination and Human Rights – The Case of Racism, Oxford 2001, S. 124ff;

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Vertrag festgelegten Ziele unterminieren, insbesonderedie Erreichung eines hohen Beschäftigungsniveausund eines hohen Maßes an sozialem Schutz, dieHebung des Lebensstandards und der Lebensqualität,den wirtschaftlichen und sozialen Zusammenhaltsowie die Solidarität. Ferner kann das Ziel derWeiterentwicklung der Europäischen Union zu einemRaum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechtsbeeinträchtigt werden.“78

In Einklang mit den BeschäftigungspolitischenLeitlinien der EU soll durch die Richtlinie ein Arbeits-markt geschaffen werden, der die soziale Integrationaller im Rechtsraum lebender Bürger und Bürgerinnenfördert. Im Sinne dieser Richtlinie bedeutet ‚Gleich-behandlungsgrundsatz’, dass es keine unmittelbareoder mittelbare Diskriminierung aus Gründen der‚Rasse’ oder der ethnischen Herkunft geben darf.Denn „die Gleichheit vor dem Gesetz und der Schutzaller Menschen vor Diskriminierung ist ein allgemeinesMenschenrecht.“ Diskriminierungen wegen der Reli-gion oder der Weltanschauung, einer Behinderung,des Alters oder sexuellen Ausrichtung können derzweiten EU-Richtlinie entsprechend ebenso dieVerwirklichung der im EG-Vertrag festgelegten Zieleunterminieren.79

Darüber hinaus verwendet die Richtlinie das interna-tional verbreitete Konzept der indirekten Diskrimi-nierung, wonach nicht nur Akte der intendiertenUngleichbehandlung, sondern auch institutionelleProzesse im Ergebnis als diskriminierend angesehenwerden können. Im Sinne von Artikel 2 Absatz 1„liegt eine unmittelbare Diskriminierung vor, wenneine Person aufgrund ihrer Rasse oder ethnischenHerkunft in einer vergleichbaren Situation eine wenigergünstige Behandlung als eine andere Person erfährt,erfahren hat oder erfahren würde; liegt eine mittel-bare Diskriminierung vor, wenn dem Anschein nachneutrale Vorschriften, Kriterien oder VerfahrenPersonen, die einer Rasse oder ethnischen Gruppe an-gehören, in besonderer Weise benachteiligen können,es sei denn, die betreffenden Vorschriften, Kriterienoder Verfahren sind durch ein rechtmäßiges Ziel sach-

lich gerechtfertigt, und die Mittel sind zur Erreichungdieses Ziels angemessen und erforderlich“.

Der Geltungsbereich der Richtlinie umfasst denZugang zu unselbstständiger und selbständigerErwerbsarbeit sowie beruflichem Aufstieg; den Zugangzu allen Formen der Berufsberatung, Berufsausbildung,beruflichen Weiterbildung und der Umschulung; dieBeschäftigungs- und Arbeitsbedingungen, ein-schließlich Entlassungsbedingungen und Arbeits-entgelt; die Mitgliedschaft in Arbeitnehmer- oderArbeitgeberorganisation; den Sozialschutz, ein-schließlich der sozialen Sicherheit und der Gesund-heitsdienste; die sozialen Vergünstigungen; denBildungsbereich; den Zugang zu und die Versorgungmit Gütern und Dienstleistungen, einschließlichWohnraum. In diesem Zusammenhang ist auch vor-gesehen, „dass sämtliche Rechts- undVerwaltungsvorschriften, die dem Gleichbe-handlungsgrundsatz zuwiderlaufen, aufgehobenwerden“.80

Der Schutz vor Diskriminierung soll durch dieEinrichtung von Antidiskriminierungsstellen ver-stärkt werden, die für die Analyse der mit Diskrimi-nierungen verbundenen Probleme, die Prüfung mög-licher Lösungen und die Bereitstellung konkreter Hilfs-angebote an die Opfer zuständig sein sollen. NachArtikel 13 besteht deren Aufgabe darin, „dieVerwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlungaller Personen ohne Diskriminierung aufgrund derRasse oder der ethnischen Herkunft zu fördern. (…)Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass es zu denZuständigkeiten dieser Stellen gehört, - unbeschadetder Rechte der Opfer und der Verbände, der Organi-sationen oder anderer juristischer Personen – nachArtikel 7 Absatz 2 die Opfer von Diskriminierungenauf unabhängige Weise dabei zu unterstützen, ihrerBeschwerde wegen Diskriminierung nachzugehen; –unabhängige Untersuchungen zum Thema der Dis-kriminierung durchzuführen; – unabhängige Berichte zuveröffentlichen und Empfehlungen zu allen Aspektenvorzulegen, die mit diesen Diskriminierungen inZusammenhang stehen“.

Die Bekämpfung von Rassismus als völkerrechtliche Verpflichtung der Bundesrepublik Deutschland

Das Abkommen sichert den jeweiligen Minderheiten-gruppen diverse Rechte zu, um die Eigenständigkeitihrer Kultur, Sprache und Identität wahren zu können.Gemäß Artikel 6 sind die Unterzeichnerstaaten ver-pflichtet, „geeignete Maßnahmen zu treffen, umMenschen zu schützen, die wegen ihrer ethnischen,kulturellen, sprachlichen oder religiösen Identitätfeindseligen oder gewalttätigen Handlungen oder derAndrohung solcher Handlungen ausgesetzt sein können“.

Nach Artikel 4 „ist jede Diskriminierung aus Gründender Zugehörigkeit zu einer nationalen Minderheitverboten“ und die Vertragsstaaten verpflichten sich,„erforderlichenfalls angemessene Maßnahmen zuergreifen, um in allen Bereichen des wirtschaftlichen,sozialen, politischen und kulturellen Lebens die voll-ständige Gleichheit zwischen den Angehörigen einernationalen Minderheit und den Angehörigen derMehrheit zu fördern“. Hierzu zählen gemäß Artikel 12auch spezielle Bildungsmaßnahmen und „angemes-sene Möglichkeiten für die Lehrerausbildung und denZugang zu Lehrbüchern“, um die „Kenntnis der Kultur,Geschichte, Sprache und Religion nationaler Minder-heiten wie auch der Mehrheit zu fördern“. In diesemZusammenhang verpflichten sich die Vertrags-staaten, „die Chancengleichheit von Angehörigen na-tionaler Minderheiten beim Zugang zu allen Bildungs-stufen zu fördern“.

Da die Rahmenkonvention keine allgemeinverbind-liche Definition nationaler Minderheiten enthält,obliegt es jedoch den Vertragsstaaten, diese zu bestim-men. Die Bundesrepublik hat dies in einer Erklärungvom 11. Mai 1995 getan, wonach in Deutschland dasRahmenabkommen ausschließlich für die offiziellanerkannten Minderheiten der Sorben, Friesen,Dänen und der deutschen Sinti und Roma gilt. Für dieImplementierung in Deutschland ist das Bundes-ministerium des Inneren federführend.

2.2.3 EU-Richtlinien und Aktionsprogramme

Auf der Grundlage von Erfahrungen mit dem Schutzvor Diskriminierung aus Gründen des Geschlechtsbzw. der (EU-)Nationalität und nach einer Reihe vonfrüheren Initiativen des Europäischen Parlaments ausder zweiten Hälfte der 80er Jahre hat die EuropäischeUnion mit dem Vertrag von Amsterdam die Bekäm-pfung von Diskriminierung in den Kompetenzbereichder Gemeinschaft aufgenommen. Hiermit ist der vor-läufige Höhepunkt eines Prozesses erreicht worden,der mit der Zunahme der Bedrohung durch grenz-überschreitenden Rassismus, der Entstehung vonsupra-nationalen Lobbyorganisationen und politischenWechselwirkungen beim Übergang zu einer EU-weitenMigrationspolitik eingeleitet wurde. Artikel 13 desVertrages ist daher zu Recht als „turning point in EUanti-discrimination law“ bezeichnet und der Schutz vorDiskriminierung als Teil der ‚Acquis Communautaire‘aufgewertet worden.76

Für die Bekämpfung von Rassismus und Dis-kriminierung sind die folgenden aktuellen Beschlüsseentscheidend:

EU-Richtlinie 2000/43/EG vom 29. Juni 2000 zurAnwendung des Gleichbehandlungsgrundsatzesohne Unterschied der Rasse oder der ethnischenHerkunftEU-Richtlinie 2000/78/EG vom 27. November 2000zur Verwirklichung der Gleichbehandlung in Be-schäftigung und Beruf 77

EU-Aktionsprogramm der Gemeinschaft zur Be-kämpfung von Diskriminierungen (2001-2006)

Ziel der ersten Richtlinie, die für die vorliegendeArbeit von besonderer Bedeutung ist und die bis Juli2003 in nationales Recht umgesetzt werden muss, istes, „ein einheitlich hohes Niveau des Schutzes vorDiskriminierungen in allen Mitgliedstaaten zu gewähr-leisten“. Hierüber muss fortan alle fünf Jahre berichtetwerden. Ausdrücklich hebt die Richtlinie hervor, dass„Diskriminierungen aus Gründen der Rasse oder ethni-schen Herkunft (…) die Verwirklichung der im EG-

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76 Bell, Mark: Anti-Discrimination Law and the European Union, Oxford 2002, S. 143;77 Der horizontale Ansatz dieser Richtlinie verfolgt die Durchsetzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes unabhängig von

Religion, Weltanschauung, Behinderung, Alter oder sexuellen Identität. Da der Begründungszusammenhang und dasMaßnahmenspektrum der beiden Richtlinien aber ähnlich sind, wird auf eine separate Darstellung an dieser Stelle verzichtet.

78 Richtlinie 2000/43/EG des Rates vom 29. Juni 2000 zur Anwendung des Gleichbehandlungsgrundsatzes ohne Unterschiedder Rasse oder der ethnischen Herkunft, L180/22, veröffentlicht im Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften am19.7.2000;

79 Richtlinie 2000/78/EG des Rates vom 27. November 2000 zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für dieVerwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf, L303/16, veröffentlicht im Amtsblatt der EuropäischenGemeinschaften v. 212.2000;

80 Vgl. EU Richtlinie 2000/43/EG, Artikel 14.

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sowie für „eine fundierte und ernsthafte Auseinan-dersetzung mit dem Phänomen des Rassismus insämtlichen Mitgliedsstaaten“ zu nutzen.“82 Beson-ders die Schwierigkeiten, „im Falle einer Diskriminie-rung die rassistisch motivierte Absicht zu beweisen(...) oder im Falle einer unzureichenden Definition vonDiskriminierung wie auch eines zu eingeschränktenGeltungsbereiches“ Gesetzesvorlagen im Sinne derOpfer von Diskriminierung zu nutzen, sind demnachtrotz unterschiedlicher Ausgangslage weit verbreitet.Erschwerend kommt in vielen Fällen die „Schwer-fälligkeit von Verfahren“, die Unangemessenheit vonStrafen und auch „häufig ein mangelndes Interessebzw. eine fehlende Bereitschaft der zuständigen Stel-len, die Ahndung rassistisch motivierter Handlungenaktiv zu fördern“, hinzu.83

Angesichts einer oftmals begrenzten Bekanntheit dergesetzlichen Antidiskriminierungsvorschriften in vie-len Ländern, erhalten umfassende einzelgesetzlicheRegelungen somit einen wichtigen Symbolcharakter.Auch wird aus vergleichender Perspektive auf dieVorteile von zivilrechtlichen Regelungen aufgrundder geringeren Beweislastpflicht hingewiesen und diePrüfung der Möglichkeit vorgeschlagen, in öffent-lichen Ausschreibungen spezifische Antidiskrimi-nierungsklauseln aufzunehmen, um größere Auftrag-nehmer dazu zu bewegen, die Vorgaben zu befolgen.Ohne sich auf eine spezifische Rechtstradition fest-zulegen, kommt den EU-Richtlinien somit eine wich-tige Funktion bei der Stärkung von nationaler Anti-diskriminierungspolitik zu.

2.3 Hauptergebnisse

Auf der internationalen Ebene existiert ein umfassen-des System zum Verbot rassistischer Diskriminierungals Teil des globalen Menschenrechtsschutzes durchvölkerrechtliche Konventionen. Deren Wirksamkeitberuht jedoch auf der vollständigen nationalenRatifizierung, Anwendung und Überwachung dieserinternationalen Rechtsverpflichtungen. Für Deutsch-land sollte daher eine öffentlichkeitswirksame Beo-bachtung ihrer Berichtspraxis an die entsprechendenGremien sowie die aktive Rezeption der entsprechen-den Kommentare und Empfehlungen die Umsetzungdieser Standards begleiten. Durch die zügigeRatifizierung des 12. Zusatzprotokolls der EuropäischenMenschenrechtskonvention, die konsequente Um-setzung der EU-Gleichbehandlungsrichtlinien und dieBerücksichtigung vorhandener Empfehlungen bei derEntwicklung zusätzlicher gesetzlicher Schutzmaß-nahmen würde Deutschland wichtige Voraussetzungenfür den Abbau von Diskriminierung schaffen. BesondereBedeutung käme hierbei einer aktiven Auseinander-setzung mit der Problemanalyse durch die entspre-chenden Gremien des Europarats, der EuropäischenUnion und der Vereinten Nationen zu.

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82 Europäisches Netz gegen Rassismus/ENAR: Von der Theorie zur Praxis – Evaluierung der Rechtsvorschriften gegen rassi-stisch und ethnisch motivierte Diskriminierung in verschiedenen EU-Mitgliedsstaaten, Brüssel Juni 2001, S. 64;

83 ebd. S. 63;

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Diskriminierung soll insbesondere innerhalb deröffentlichen Verwaltungen und durch die Medienverhindert werden, indem eine wirksame Beobach-tung von Diskriminierungen aus unterschiedlichenGründen sichergestellt wird und eine gezielteVerbreitung von Informationen über das Recht aufGleichbehandlung zu einer verstärkten Teilnahme derZielgruppe an der Entscheidungsfindung im politi-schen, wirtschaftlichen und sozialen Bereich führt.Entsprechend sind folgende Aktivitäten im Rahmendes Aktionsprogramms vorgesehen:

Entwicklung und Verbreitung vergleichbarer statis-tischer Reihen, mit denen das Ausmaß von Diskri-minierungen in der Gemeinschaft erfasst, analysiertund unter Wahrung der einzelstaatlichen Rechts-vorschriften und Gepflogenheiten bewertet werdenkann; Entwicklung von Methoden und Indikatoren für dieBewertung der Wirksamkeit von Politik und Praxisder Diskriminierungsbekämpfung (‚Benchmarking’); Analyse der Rechtsvorschriften und Praxis der Diskriminierungsbekämpfung mit dem Ziel, deren Wirk-samkeit zu beurteilen und die gewonnenen Erkennt-nisse zu verbreiten; Thematische Studien, in denen Konzepte für dieBekämpfung sowohl bestimmter Formen der Dis-kriminierung als auch von Diskriminierung ganz all-gemein miteinander verglichen werden; Entwicklung von Handlungskonzepten durch grenz-überschreitende Aktionen zum Erfahrungsaustauschund der Basisfinanzierung einschlägiger Nichtre-gierungsorganisationen;Organisation von Konferenzen und Seminarensowie die Durchführung von Kampagnen und dieVeröffentlichung von Material zur Sensibilisierungder Öffentlichkeit.

Bisherige Erfahrungen aus anderen europäischen Län-dern zeigen die Bedeutung der unterschiedlichen po-litischen Rechtstraditionen und betonen die Notwen-digkeit, den Umsetzungsprozess der Richtlinien füreine Verbesserung der geltenden Rechtsvorschriften

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81 Beschluss des Rates vom 27. November 2000 über ein Aktionsprogramm der Gemeinschaft zur Bekämpfung vonDiskriminierungen (2001-2006), (2000/750/EG), veröffentlicht im Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften vom2.12.2000;

Die Richtlinie enthält darüber hinaus die internatio-nal gängigen Instrumente zum Rechtsschutz fürOpfer von Diskriminierungen: ein angemessenerSchutz vor Viktimisierung sowie eine Verlagerung derBeweislast auf die beklagte Partei, Möglichkeiten zurVerbandsklage und wirksame Rechtsfolgen bzw.Sanktionsmöglichkeiten. Betriebliche Antidiskrimi-nierungsvereinbarungen zwischen Arbeitgeber undArbeitnehmern werden ebenso angeregt. Das Diskrimi-nierungsverbot sollte insgesamt auch hinsichtlichDrittstaatsangehörigen angewandt werden, betrifftjedoch keine (zulässige) Ungleichbehandlungen auf-grund der Staatsangehörigkeit und lässt die Vor-schriften über die Einreise und den Aufenthalt vonDrittstaatsangehörigen und ihren Zugang zu Beschäf-tigung und Beruf unberührt. Artikel 5 ermöglichtPositivmaßnahmen, denn „[d]er Gleichbehandlungs-grundsatz hindert die Mitgliedstaaten nicht daran,zur Gewährleistung der vollen Gleichstellung in derPraxis spezifische Maßnahmen, mit denen Benach-teiligungen aufgrund der Rasse oder ethnischenHerkunft verhindert oder ausgeglichen werden, bei-zubehalten oder zu beschließen“.

Unterstützung erfährt die Richtlinie darüber hinausdurch den Beschluss des Rates vom 27. November2000 über ein Aktionsprogramm der Gemeinschaftzur Bekämpfung von Diskriminierungen, welches fürdie Jahre 2001-2006 „zur Förderung von Maßnahmenzur Bekämpfung direkter oder indirekter Diskriminie-rungen aus Gründen der Rasse, der ethnischen Her-kunft, der Religion oder der Weltanschauung, einerBehinderung, des Alters oder der sexuellen Ausrich-tung“ aufgelegt wurde.81 Ziele des Programms sind:

Förderung eines besseren Verständnisses über Diskri-minierung in ihren unterschiedlichen Ausprägungen;Bewertung der Wirksamkeit von Politik und Praxishinsichtlich Antidiskriminierungspolitik; Entwicklung der Fähigkeit, wirksam Diskrimi-nierungen zu verhüten und gegen sie vorzugehen;Förderung eines europaweiten Netzwerkes; Sensibilisierungsmaßnahmen.

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3 Deutsche Staatenberichte und Berichte von internationalen Organisationen zu Rassismus und Diskriminierung in Deutschland: Erscheinungsformen und Handlungsbedarf

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84 United Nations Research Institute for Social Development: Racism and Public Policy, Report of the UNRISD InternationalConference 3-5 September 2001, Durban;

85 ECRI: Annual Report on ECRI’s activities covering the period from 1 January to 31 December 2001, CRI (2002)19,Strasbourg 29 May 2002;

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3.1 Deutsche Staatenberichte an denUN-Ausschuss für die Beseitigung jederForm von Rassendiskriminierung (CERD)und ihre Kommentierung durch denAusschuss

Grundlage für die Beratungen und Kommentare vonCERD sind die offiziellen Staatenberichte der Ver-tragsstaaten, die über neuere Entwicklungen berich-ten und auf offene Fragen aus der vorangegangenenDialogrunde mit dem Ausschuss eingehen sollen. Inihrem 13. und 14. Staatenbericht vom 1. Mai 1996hatte die Bundesregierung den Rückgang fremden-feindlicher Straftaten zwischen 1993-1995 sowie diesteigende Aufklärungsrate hervorgehoben. Ausführlichwurden die Maßnahmen gegen Rassismus auf euro-päischer Ebene vorgestellt und die nationalen Aktivi-täten hinsichtlich der Prävention bzw. Bekämpfungvon Gewalt und Fremdenfeindlichkeit dokumentiert.Ferner wurden Ausführungen zu den anerkanntennationalen Minderheiten gemacht und vorhandeneDaten über rassistische Vorfälle für die Jahre 1991-1995 präsentiert. Des Weiteren wurden bekannt ge-wordene Vorwürfe hinsichtlich rassistischer Misshand-lungen durch Polizeibeamte als weitgehend unbe-gründet interpretiert, und es wurde auf einzelne Ein-stellungsuntersuchungen verwiesen, die allgemeineine eher begrenzte rassistische Orientierung im Be-richtszeitraum nahe legen. Die gesetzlichen Regelun-gen im deutschen Grundgesetz und Strafrecht zumSchutz vor Diskriminierung wurden darüber hinausals ausreichend erachtet und zusammen mit den er-gänzenden Regelungen des Verwaltungs- und Zivil-rechts als hinreichenden eingeschätzt.86

Gleichwohl wird eingeräumt, dass das Zivilrecht keinegesonderten Ansprüche auf Wiedergutmachung beirassistischer Diskriminierung enthält und Problemehinsichtlich der Beweislast auftreten können. Dis-kriminierungsvorwürfen, die vor allem zivilrechtlicheFragen hinsichtlich des Zugangs zu öffentlichen Ein-richtungen sowie den Wohnungs- und Arbeitsmarktbeträfen, werde aber konsequent nachgegangen. Ins-

gesamt scheint in dem Bericht die Dimension rassis-tischer Ideologie hinter einen allgemeinen extremisti-schen Gewaltbegriff zurückzutreten, welcher durchausführliche Hinweise auf Untersuchungen zu bio-graphischen und sozialen Hintergründen der Täterbzw. die erfolgten Appelle an nationale Toleranz-gebote ergänzt wird. Eine ausführliche und problem-gerechte Auseinandersetzung mit dem Tatbestandder rassistischen Diskriminierung, wie es für denGenderbereich beispielsweise im aktuellen Staaten-bericht zum UN-Übereinkommen zur Beseitigung jederForm von Diskriminierung der Frau versucht wurde,87

ist hier nach Ansicht des Autors nicht geschehen.

Wie üblich äußerte der Ausschuss Lob für die Qualitätder Berichte und den offenen, konstruktiven Dialogmit der deutschen Delegation. In den Schlussfolge-rungen zum 13. und 14. deutschen Staatenberichthat er aber seine Besorgnis wegen „Erscheinungsfor-men der Fremdenfeindlichkeit und der Rassendiskri-minierung einschließlich antisemitischer Handlungenund Feindseligkeiten gegenüber bestimmten ethni-schen Gruppen sowie der rassistischen Gewalt, die inDeutschland noch in erheblichem Umfang auftreten“geäußert. Der unzureichende privatrechtliche Schutzund das Fehlen eines umfassenden Antidiskriminie-rungsgesetzes wurden festgestellt. Der Ausschuss batferner um weitere Informationen zur Verfolgung vonrassistischen Straftätern, den vorhandenen gesetz-lichen Wiedergutmachungsregelungen sowie zu den Ur-sachen für die feststellbaren Tendenzen zu einer räum-lichen Segregation in einzelnen städtischen Regionen.

Ferner brachte der Ausschuss sein Befremden zumAusdruck, „dass der Vertragsstaat zwar die vier kleinenin Deutschland traditionell heimischen Volksgruppenden Status einer ethnischen Minderheit zuerkanntund ihnen besonderen Schutz gewährt hat, aberzahlenmäßig größeren Volksgruppen, insbesonderePersonen mit einer Aufenthaltsberechtigung bzw.nach Erwerb der Staatsangehörigkeit, keinen beson-deren Schutz zuteil werden lässt. Besorgnis wird zumAusdruck gebracht über polizeiliche Übergriffe gegenAusländer, insbesondere Afrikaner und Türken…“

Deutsche Staatenberichte und Berichte von internationalen Organisationen zu Rassismus und Diskriminierung in Deutschland:

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86 Committee on the Elimination of Racial Discrimination: Fourteenth periodic reports of States parties due in 1996:Germany, CERD/C/Add.5, 21 October 1996, S. 24f;

87 Vgl. Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend: Fünfter Bericht der Bundesrepublik Deutschland zumÜbereinkommen der Vereinten Nationen zur Beseitigung jeder Form von Diskriminierung der Frau (CEDAW), August 2002;

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Die Bekämpfung von Rassismus und Diskriminierunghat die Vereinten Nationen seit ihrer Gründungbeschäftigt und in Form eines ausdrücklichenDiskriminierungsverbots auch Eingang in die Chartader Vereinten Nationen gefunden. Im Zentrum desthematisch relevanten UN-Schutzsystems steht dabeidie Behandlung der von den Regierungen derVertragsstaaten zu erstattenden Staatenberichten imRahmen des Internationalen Übereinkommens zurEliminierung jeder Form von Rassismus, welche durchBerichte des UN-Sonderberichterstatters thematischergänzt werden. Periodische Berichte des General-sekretärs sowie diverse Untersuchungen einzelnerSonderorganisationen haben ferner regelmäßig dieNotwendigkeit der thematischen Beschäftigung mitRassismus seitens der Vereinten Nationen unterstri-chen. Das Forschungsinstitut UNRISD hat im Rahmeneines kürzlich beendeten Forschungsprojekts auf dieBedeutung der Schnittmenge zwischen Rassismusund Gender sowie auf die notwendige Repräsentanzaller Bevölkerungsteile bei der Konzipierung vonAntidiskriminierungspolitiken hingewiesen.84 DieInternationale Arbeitsorganisation arbeitet derzeit aneinem globalen Diskriminierungsbericht, dessenVeröffentlichung für 2003 geplant ist.

Seit seinem Bestehen weist ECRI als das entsprechen-de Fachorgan des Europarats auf die Dauerhaftigkeitrassistischer Diskriminierung und das Fehlen einereffektiven Antidiskriminierungsgesetzgebung in derMehrzahl der Mitgliedsstaaten hin. Darüber hinaushat sich der Europarat in diesem Rahmen auch mit

Fragen von Rassismus in öffentlichen Institutionen,der Verbreitung von rassistischen Ideen über dasInternet sowie Vorurteilen gegenüber Sinti und Roma,Menschen jüdischen bzw. muslimischen Glaubensbeschäftigt.85 Die Situation von nationalen Minder-heiten ist ferner durch das Rahmenübereinkommenzum Schutz nationaler Minderheiten ein völkerrecht-licher Rahmen geschaffen worden, der in Deutschlandzusätzlich durch das Europäische Zentrum fürMinderheiten begleitet wird. Seit 1999 verfügt derEuroparat außerdem über die Einrichtung einesMenschenrechtskommissars, der im Bereich derMenschenrechte Umsetzungsmängel identifizierenund das Menschenrechtsbewusstsein in den Mitglieds-staaten fördern soll.

Für die Europäische Union befasst sich vor allem dieEuropäische Beobachtungsstelle von Rassismus undFremdenfeindlichkeit (EUMC) mit der Beobachtungvon Rassismus. Im Zentrum der Darstellung diesesKapitels stehen daher neben den entsprechendenVeröffentlichungen der EUMC, Länderberichte vonECRI, sowie die Behandlung von Staatenberichten imRahmen des UN-Übereinkommens zur Eliminierungvon Rassismus.

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nicht über eine „besondere zusätzliche Schutzbe-dürftigkeit“, die nach Angaben der Regierung nur fürMenschen gelten kann, „die unverändert in ihrenangestammten Heimatregionen lebten, über die aberdie Grenzen hinweggegangen waren.“ 93

In den Schlussbemerkungen des CERD-Ausschusseszum 15. Staatenbericht wurde die Sorge über die an-haltend hohe Anzahl von rassistischen Vorkommnissenerwidert und „trotz entscheidender Verbesserungender verschiedenen Maßnahmen zur Verhinderung undBestrafung“ angeregt, „dass der Vertragsstaat seineAnstrengungen zur Verhinderung und Bekämpfungsolcher Handlungen verstärkt, auch durch weitereUntersuchungen mit dem Ziel, die Gründe für dasjüngste Ansteigen rassistischer Gewalt aufzudeckenund geeignete Maßnahmen zu entwickeln“. Darüberhinaus wiederholte der Ausschuss seine Besorgnisüber Vorwürfe „wegen wiederholter Berichte überrassistische Vorkommnisse in Polizeiwachen und dieMisshandlung von Ausländern, einschließlich Asyl-bewerbern, und deutschen Staatsangehörigen auslän-discher Herkunft durch Beamte der Strafverfolgungs-behörden“.

Der Ausschuss vermerkte „mit Zufriedenheit die Ver-besserungen durch die jüngste Reform des Staats-angehörigkeitsrechts“, das Verbot weiterer rechts-extremer Vereinigungen sowie die Schaffung mehrererSonderprogramme als wichtige Politikmaßnahmenzur Prävention von Diskriminierung. Für den nächstenBericht wird die Bundesregierung gebeten, Angabenzu neuen Gesetzesvorhaben gegen Diskriminierungzu machen sowie aktualisierte Angaben zu der Anzahlvon Personen ausländischer Herkunft im Polizeidienstbzw. zu Personen, die wegen rassistischer Vorkomm-nisse verurteilt wurden“ vorzulegen.94 Der am 15. Juni2004 fällige 18. Staatenbericht Deutschlands wirdhierauf eingehen müssen und dabei vermutlich denausstehenden 16. und 17. Bericht integrieren.

Die vom Ausschuss in früheren Jahren regelmäßiggeäußerte Feststellung, wonach „der Vertragsstaat dieErklärung nach Artikel 14 des Übereinkommens nicht

abgegeben hat“, ist mit der Erklärung des deutschenAußenministers im Rahmen der WCAR hinfälliggeworden. Demnach ist es nun in Deutschland möglich,von der Individualbeschwerde Gebrauch zu machen,wobei allgemein verbindliche Aussagen über den Ablaufund die Leistungsfähigkeit des Verfahrens schwer zutätigen sind. Das Individualbeschwerdeverfahren desÜbereinkommens könnte aber in Zukunft tatsächlichmehr Bedeutung bekommen, denn dieses Verfahrenermöglicht nicht nur Individuen, sondern auchPersonengruppen unter deutscher Hoheitsgewalt –nach Erschöpfung des nationalen Rechtsweges – ver-trauliche Eingaben beim CERD-Ausschuss zu tätigen.

Von juristischer Seite werden dem Verfahren inDeutschland, insbesondere angesichts des Fehlenseines umfassenden Antidiskriminierungsgesetzessowie einer in Einzelfällen unzureichenden Rechts-schutzgewährung des Staates gegen Diskriminierungdurch Private, potentiell durchaus gute Erfolgschancenzugesprochen. Allerdings müssten potentielle Be-schwerdeführer dabei erfolgreich darlegen, dass ent-weder der verfassungsrechtliche Schutz gegen privateDiskriminierung oder die Anwendung bestehenderSchutzgesetze durch Gerichte bzw. Verwaltung imkonkreten Fall unzureichend waren.95 Entsprechendsind vor allem Institutionen der Zivilgesellschaftsowie engagierte Anwälte gefordert, die Möglichkeitender Individualbeschwerde für eine gezielte Einfluss-nahme auf die Staatenpraxis und die Herstellung vonÖffentlichkeit fortan zu nutzen.96 Die deutschePolitik schließlich müsste den positiven Schritt, dasIndividualverfahren nunmehr anerkannt zu haben,mit einer offensiven Bekanntmachungsstrategie - zuder auch die Information über eine „zu benenndeStelle“ gehört - konsequent zu Ende führen.

Deutsche Staatenberichte und Berichte von internationalen Organisationen zu Rassismus und Diskriminierung in Deutschland:

Mit Besorgnis wird auch festgestellt, „dass privateVersicherungsträger Volksgruppen bisweilen diskrimi-nieren und es dem Opfer obliegt, dagegen vorzuge-hen. (…) Besorgnis wird auch darüber zum Ausdruckgebracht, dass eine umfassende Gesetzgebung miteinem Verbot der Rassendiskriminierung in derPrivatwirtschaft (…) fehlt“ und „dass bestimmteAusländergruppen – einschließlich der Personen ohnelegalen Status oder mit vorübergehendem Aufenthalt –nicht das Recht haben, wegen rassisch diskriminie-render Übergriffe Wiedergutmachung zu verlangen“.

Schließlich wird festgestellt, „dass in Deutschlandkeine nationale Einrichtung oder Ombudsperson fürMenschenrechte besteht, die befugt wäre, die Maß-nahmen der Regierung zur Beseitigung der Rassen-diskriminierung zu überwachen und zu koordinieren,und kein umfassendes Antidiskriminierungsgesetz er-gangen ist, wenn auch das Grundgesetz und das Rechtvieler Länder die Rassendiskriminierung verbieten undverschiedene Formen der Rassendiskriminierung undFremdenfeindlichkeit unter Strafe stellen“.88

Im aktuellen 15. Bericht der BundesrepublikDeutschland aus dem Jahr 2000 hat die Regierung dieBekämpfung von Rassismus erneut als vordringlicheAufgabe von Staat und Gesellschaft bekräftigt unddarauf hingewiesen, dass der Gleichheitsgrundsatzund das Diskriminierungsverbot aus Artikel 3 desGrundgesetzes die öffentliche Gewalt unmittelbarbinden.89 Der Bericht gibt ferner Auskunft darüber,dass sich die Bundesregierung „ernsthaft mit derAnregung des Ausschusses auseinander [setzt], einumfassendes Antidiskriminierungsgesetz zu erlassen“.Allerdings sei die „Meinungsbildung, inwieweit durchein Antidiskriminierungsgesetz der bereits bestehendegesetzliche Schutz vor Diskriminierungen verbessertwerden kann, […] noch nicht abgeschlossen“.90 DieEinrichtung einer nationalen Stelle zur Durchführungdes Übereinkommens, die der Ausschuss angeregt hatte,erschien der Bundesregierung dagegen angesichts derBefugnisse der Integrationsbeauftragten bzw. spezia-lisierter Institutionen auf europäischer Ebene „nichtzwingend erforderlich“.91

Durch eine ausführlichere Thematisierung der Vor-würfe gegen polizeiliche Misshandlungen, dieBetonung der positiven Bedeutung des verändertenStaatsangehörigkeitsrechts und den Hinweisen aufeine Lockerung ausländerrechtlicher Zugangsvoraus-setzungen zum Opferentschädigungsgesetz erscheintdie Darstellung insgesamt deutlich problemorientier-ter als in früheren Berichten. Entsprechend wird aufVerbesserungen bei dem Zugang zum Arbeitsmarktdurch veränderte Regelungen des Arbeitserlaubnis-rechts bzw. die Reform des Arbeitsförderungsrechtshingewiesen. Darüber hinaus wird unterstrichen, dassdie Regierung im Berichtszeitraum bewirkt habe,„dass die Arbeitsämter grundsätzlich keine Ein-schränkungen bei den Stellenangeboten hinsichtlichder Staatsangehörigkeit der Ausbildung- undArbeitsuchenden berücksichtigen dürfen…“.92

Die Bekämpfung von Rassismus wird auch als wichti-ges Anliegen der auswärtigen Politik eingestuft, wofürsich die Bundesregierung weiterhin im Rahmen derEuropäischen Union, des Europarates, der OSZE undder Vereinten Nationen einsetzen wird. In diesem Zu-sammenhang wird u.a. auf die Zielsetzungen derEuropäischen Stelle zur Beobachtung von Rassismusund der Europäischen Kommission gegen Rassismusund Intoleranz verwiesen sowie die UnterstützungDeutschlands bei den Vorbereitungen zur Weltkonfe-renz gegen Rassismus in Durban zugesichert.

Der Bericht weist außerdem darauf hin, dass seit derVerabschiedung des vorangegangenen Staatenberichtsdie Bundesrepublik das Rahmenübereinkommen desEuroparates zum Schutz nationaler Minderheitensowie die Europäische Charta der Regional- oderMinderheitensprachen ratifiziert hat und zusammenmit Dänemark das Europäische Zentrum für Minder-heiten (ECMI) gegründet hat. In diesem Zusammen-hang weist die Stellungnahme darauf hin, „dass diebesondere Förderung der nationalen Minderheiten inDeutschland nicht die Garantien für die übrigenGruppen beeinträchtigt, die in der abschließendenStellungnahme des Ausschusses genannt sind“.Vielmehr verfügen die genannten Personenkreise

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88 Deutsche Übersetzung der Concluding Observations of the Committee on the Elimination of Racial Discrimination:Germany, 23.04.97, CERD/C/304/Add.24;

89 Bundesministerium der Justiz: 15. Bericht der Bundesrepublik Deutschland nach Artikel 9 des Internationalen Übereinkom-mens zur Beseitigung jeder Form von Rassendiskriminierung, Stand. 7. Juni 2000, www.bmj.bund.de/images/10148.pdf

90 ebd., S. 20;91 ebd., S. 40;92 ebd., S. 21;

93 ebd., S. 6f;94 Schlussbemerkungen des Ausschusses für die Beseitigung der Rassendiskriminierung, 58. Sitzungsperiode, CERD/C/58/CRP

vom 21. März 2001;95 Britz, Gabriele: "Die Individualbeschwerde nach Art. 14 des Internationalen Übereinkommens zur Beseitigung jeder Form

von Rassendiskriminierung – Zur Einführung des Individualbeschwerdeverfahrens in Deutschland" in: EuropäischeGrundrechte Zeitschrift EuGRZ Vol.29 Heft 15-17 vom 30. September 2002, S381-391;

96 Tanaka, Atsuko & Nagamine, Yoshinobu: The International Convention on the Elimination of All Forms of RacialDiscrimination – A Guide for NGOs, Minority Rights Group/MRG and International Movement against All Forms ofDiscrimination and Racism/IMADR, January 2001;

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nierungstatbeständen von ethnischen Minderheitengegenüber den identisch qualifizierten Mitbewerbernauf, wobei die augenfälligste Benachteiligungen bereitswährend der allerersten (telefonischen) Kontaktpha-se auftraten und mit den ‚fremdländisch-klingenden’Namen in Verbindung gebracht wurden. Die Diskrimi-nierungsraten in den beteiligten Untersuchungslän-dern lagen für Belgien, Spanien und für die Nieder-lande jeweils höher als in Deutschland, das jedoch nichtan allen Untersuchungsschritten teilnehmen konnte.

Tatsächlich waren im Rahmen der deutschen Unter-suchung, die in Nordrhein-Westfalen durchgeführtwurde, rund 1/5 der in die Analyse einbezogenenStellen wegen diskriminierender Praktiken für inDeutschland geborene Bewerber mit Migrations-hintergrund praktisch unzugänglich. Auf der Basis derPraxistests, die auf der Grundlage von 175 (fingierten)Bewerbungen seitens türkisch-stämmiger Männerder zweiten Generation für ungelernte Tätigkeitenberuhten, wies die Studie somit eine örtliche Dis-kriminierungsrate von rund 20% nach. Schwerpunktder Benachteiligungen, die aufgrund identischerProfile mit deutschen Bewerbern nicht sachlichbegründet oder auf fehlende Bildung bzw. Deutsch-kenntnisse zurückzuführen waren, lag im Bereichvon kleinen und mittleren Dienstleistungsbetrieben.102

Die Untersuchung schließt daraus, dass die anhaltendeMarginalisierung von dauerhaft niedergelassenen Mi-granten und ihren im Aufnahmeland aufgewachsenenNachfahren sicherlich nicht ausschließlich mit ungenü-gender Qualifikation erklärt werden kann. EffektiveAntidiskriminierungspolitiken sollten entsprechend zuzentralen Bestandteilen von Integrationspolitik werden,ohne die gesellschaftliche Desintegrationsprozesse nichtverhindert werden können. In Deutschland gab es zu-dem keine ausreichenden Schutzvorkehrungen für dieBenachteiligung beim Zugang zu Beschäftigung imPrivatwirtschaftsbereich und entsprechend auch keineumfassenden Kompensationsmöglichkeiten.103

3.4 Berichte anderer UN-Gremien

In seinem Bericht von 1995 zur 10. Sitzung äußert derUN-Ausschuss für die Rechte des Kindes mit Blick aufdie Bundesrepublik „…Zweifel, ob die besonderenBedürfnisse und Rechte von Asylbewerber- und Flücht-lingskindern genügend berücksichtigt werden. Ver-waltungsvorschriften für Asylbewerberkinder, beson-ders bezüglich der Familienzusammenführung, derAbschiebung in sichere Drittstaaten und der ‚Flugha-fenregelung’ geben Anlaß zur Sorge. Diesbezüglichstellt der Ausschuss fest, dass die Sicherheiten der Ar-tikel 2, 3, 12, 22 und 37 (d) der Konvention offen-sichtlich nicht garantiert werden und man sich nichtgenügend bemüht, die Artikel 9 und 10 anzuwenden.Der Ausschuss stellt auch mit Besorgnis fest, dass diemedizinische Versorgung von Asylbewerberkindernnicht den Vorschriften der Artikel 2 und 3 der Kon-vention entspricht.“104

Auch der UN-Sonderberichterstatter über Folter, grau-same und unmenschliche Behandlung oder Strafe wiesin seinem Bericht an die UN-Menschenrechtskom-mission aus dem Jahre 1997 darauf hin, dass er diedeutsche Regierung bereits im Vorjahr über Informa-tionen in Kenntnis gesetzt habe, „…nach denen eineAnzahl von Menschen, die ethnischen oder nationa-len Minderheiten in Deutschland angehören, von Poli-zisten schwer geschlagen und auf andere Weise miss-handelt worden seien“. 105 Schon 1996 hatte der UN-Menschenrechtsausschuss in seinen AbschließendenBemerkungen zum 4. Länderbericht Deutschlands ge-mäß Artikel 40 des Internationalen Paktes über bürger-liche und politische Rechte seine Sorge zum Ausdruckgebracht, „…dass es Vorfälle von Misshandlungendurch die Polizei gibt, denen auch Ausländer undbesonders Mitglieder ethnischer Minderheiten undAsylbewerber zum Opfer fallen“. Er bezeichnete es als„bedenklich, dass es kein wirklich unabhängiges Ver-fahren gibt, um Vorwürfe von Misshandlung durch

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102 Golderg, Andreas & Mourinho, Dora: "The occurrence of discrimination in Germany” in: Zegers de Beijl, a.a.O., S. 53- 63;103 Zegers de Beijl, Roger: Documenting discrimination against migrant workers in the labour market – A comparative study of

four European countries, ILO, Geneva, 2000;104 UN-Ausschuss für die Rechte des Kindes: Bericht über die 10. Sitzung vom 18.12.1995 (CRC/C/46) zitiert nach: Aktion

Courage – SOS Rassismus: Rassismus am Pranger – Internationale Organisationen klagen an, Schriftenreihe Rassismus(Inter)National Band 1, Bonn 1998, S. 23f.;

105 UN-Sonderberichterstatter über Folter, grausame und unmenschliche Behandlung oder Strafe: Bericht an die UN-Menschenrechtskommission 1997, (E/CN.4/1997/7/Add.1), zitiert in Aktion Courage, a.a.O., S. 25;

3.2 Berichte des UN-Sonderberichterstatters über Rassismus

Mit der Einrichtung von Sonderberichterstattern inunterschiedlichen Themenfeldern verfügt die UN-Menschenrechtskommission im Prinzip über recht flexi-ble Hilfsorgane zur Überprüfung der Umsetzung voninternationalen Standards im Rahmen ihrer ‚specialprocedures’. Die Position des Sonderberichterstattersüber Rassismus wurde 1993 durch eine Resolution ge-schaffen, um auf die weltweite Zunahme rassistischerPhänomene durch einen neuen thematischen Mecha-nismus zu reagieren. Hierbei spielen auch unregelmä-ßige Ländermissionen eine besondere Rolle.

Allgemein weisen Berichte des Sonderberichterstattersregelmäßig auf den Anstieg von Rassismus in vielenunterschiedlichen Teilen der Welt hin, von dem ins-besondere Migranten und Flüchtlinge betroffen sind.Weitverbreitete Stigmatisierungen in der Nachfolgeder Terrorakte vom 11. September 2001 beträfen injüngster Zeit dabei vor allem Araber und Muslime,wenngleich auch eine Zunahme von antisemitischenAktivitäten und anderen rassistischen Ideologienkonstatiert wird.97

In seinem ersten Bericht hat der Sonderberichterstatterfür Deutschland nicht nur auf eine Reihe von rassis-tischen Vorfällen aus dem Jahr 1994 hingewiesen, son-dern auch die positive Symbolträchtigkeit öffentlicherGegenmaßnahmen, die die deutsche Regierungzwischenzeitlich getroffen hat, ausdrücklich betont.98

Allerdings vermag es der knappe Bericht nicht, eindifferenziertes Gesamtbild der Situation zu entwerfenund die Zunahme rassistischer Gewalttaten zu erklären.Gleichwohl werden auch in dem letzten Bericht seitder Ländervisite des Sonderberichterstatters aus demJahre 1995 die Fortschritte im Rahmen der strafrecht-lichen Verfolgung und präventiven Aufklärungs-kampagnen ausdrücklich gewürdigt und münden in

der Hoffnung, dass die Bundesregierung nunmehrzügig die angekündigte Antidiskriminierungsgesetz-gebung verabschieden möge.99

Allerdings gibt es durchaus Hinweise darauf, dassverschiedene Faktoren eine effektive Ausübung desMandats des Sonderberichterstatters behindern.Kritik an der begrenzten Wirksamkeit und Arbeits-weise dieses thematischen Berichterstatters verweistdabei zumeist auf das Fehlen eines systematischen‚Follow-Up’ und der ungenügenden Konkretisierungdes völkerrechtlichen Gewohnheitsrechts.100 Auchwird die mangelhafte Koordinierung mit dem CERD-Ausschuß, politisch-ideologische Auseinanderset-zungen um die Berichterstattung sowie die begrenzteAnalysetiefe einzelner Länderberichte moniert.101

3.3 Untersuchungen derInternationalen Arbeitsorganisation(ILO)

Die Verhinderung von Diskriminierung im Bereich derArbeitswelt ist eine zentrale Aufgabe der ILO, diedadurch sowohl Arbeitnehmer vor ungerechtfertigterBenachteiligung als auch internationale Arbeitsmärktevor unlauterem Wettbewerb schützen will. Anhandvon vergleichenden Länderanalysen und Testuntersu-chungen versuchte das Internationale Arbeitsamtbereits in den 90er Jahren, statistische Beweise füreine verbreitete Arbeitsmarktdiskriminierung von inwesteuropäischen Einwanderungsstaaten aufge-wachsenen ethnischen Minderheiten beim Zugang zuBeschäftigung zu erbringen. Die verwendete Methodebasierte hierbei auf der Durchführung von empirischenPraxistests, die in einigen Staaten bereits als inte-grierte Bestandteile der Beweisführung zu Diskrimi-nierungsfällen vorkommen können.

Die Ergebnisse der ILO-Untersuchungen wiesen inallen Untersuchungsländern die Existenz von Diskrimi-

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97 Report on Measures to combat contemporary forms of racism, racial discrimination, xenophobia and related intolerance,Special Rapporteur of the Commission on Human Rights, A/57/204, Fifty-seventh session, 11 July 2002;

98 Implementation of the Programme of Action for the Third Decade to Combat Racism and Racial Discrimination, Report byMr. Maurice Glele-Alhanzo, Special Rapporteur on contemporary forms of racism, racial discrimination, xenophobia andrelated intolerance, submitted pursuant to Commission on Human Rights resolution 1994/64, E/CN.4//1995/78, 19 January1995;

99 Racism, Racial Discrimination, Xenophobia and all Forms of Discrimination, Report by Mr. Maurice Glele-Alhanzo, SpecialRapporteur on contemporary forms of racism, racial discrimination, xenophobia and related intolerance, submitted pursu-ant to Commission on Human Rights resolution 2001/5, Commission on Human Rights, E/CN.4/2002/24, 13 February 2002;

100 Rudolf, Beate: Die thematischen Berichterstatter und Arbeitsgruppen der UN-Menschenrechtskommission, Max-Planck-Institut für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht, Berlin u.a. 2000, S. 395ff;

101 Boyle, Kevin & Baldaccini, Anneliese: "A critical evaluation of International Human Rights Approaches to Racism” in:Fredman, Sandra (Hrsg.): Discrimination and Human Rights – The case of Racism, Oxford 2001, S. 135-191;

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Eindruck, dass sie sich nicht auf den Schutz der Polizeiverlassen können. Eine umfassende Strategie sollteerarbeitet werden, um gegenseitiges Vertrauen undVerständnis zwischen den Vollzugsbehörden und denMitgliedern von Minderheitengruppen aufzubauen.“Der Bericht empfiehlt der Bundesregierung auch ei-nen flexibleren Ansatz bei der Gewährung von Dop-pelstaatsangehörigkeit, Erleichterungen bei derVergabe von Besuchsvisa für Familienbesuche undbei der Familienzusammenführung sowie eine aktiveFörderung von Chancengleichheit im öffentlichenBereich.

Ein zweiter Bericht über Deutschland ist im Dezem-ber 2000 beschlossen und – zusammen mit einer ab-weichenden Stellungnahme der Bundesregierung -im Juli 2001 veröffentlicht worden.109 Ihm war einKontaktbesuch im Oktober 2000 vorausgegangen,der die Weiterverfolgung der Bestandsaufnahme desersten Berichts zum Ziel hatte. Insgesamt ist dieserzweite Bericht sehr viel umfassender und kritischerangelegt. Er bemängelt vor allem auch die „Schwie-rigkeit, verlässliche Daten über die Lage der Minder-heitengruppen in Deutschland zu erhalten“ und istder Meinung, „dass die Erhebung verlässlicher undvergleichbarer Daten, aufgeschlüsselt nach ethnischerHerkunft, dazu beitragen könnte, die Situation und dieErfahrungen der verschiedenen Minderheitengruppen(…) besser einzuschätzen und zu bewerten. Dies soll-te im Einklang mit den europäischen Gesetzen,Verordnungen und Empfehlungen über Datenschutzund Schutz der Privatsphäre und dem Prinzip derMeinungsfreiheit geschehen“.110

Während auch dieser Bericht die unterschiedlichenMaßnahmen zur Bekämpfung von Rassismus undDiskriminierung würdigt und insbesondere die Reformdes Staatsangehörigkeitsrechts positiv vermerkt,betont er gleichzeitig die Dringlichkeit der ungelö-sten Probleme, denn „Deutschland ist jedoch eineGesellschaft, in der schwere rassistisch motivierteGewalttaten begangen werden. Das bedeutet, dassThemen wie Rassismus (…) erst noch als solche er-kannt und bekämpft werden müssen. Der bestehende

Gesetzesrahmen und die politischen Maßnahmenhaben sich als unzureichend bei der wirksamen Bekäm-pfung dieser Probleme erwiesen. Besonders besorgnis-erregend sind die Situation von und die Einstellunggegenüber denen, die als ‚Ausländer’ betrachtet wer-den, die unzureichenden Maßnahmen für die Inte-gration und die fehlende Anerkennung, dass diedeutsche Identität mit anderen Identitätsformen alsden traditionellen einhergehen kann.“

Besondere und dringende Aufmerksamkeit bedür-fen nach Ansicht von ECRI die rassistische undantisemitische Gewalt sowie die Herausforderungder Integration von Migrantinnen und Migrantenund Minderheiten. In diesem Sinne empfiehlt dieKommission Deutschland, „weitere Maßnahmen zurBekämpfung von Rassismus, Antisemitismus, Fremden-hass und Intoleranz in einigen Bereichen zu ergreifen“sowie „Schranken und Probleme der Diskriminierungin Schlüsselbereichen wie Wohnungsbau, Ausbildungund Beschäftigung aufzuzeigen (…) und den positi-ven Beitrag der Menschen ausländischer Herkunftanzuerkennen“.111

Für ECRI besteht ein eindeutiger Zusammenhang zwi-schen dem langjährigen Selbstverständnis Deutschlandsals vermeintlich homogenem Nicht-Einwanderungs-land und den gegenwärtigen Problemen mit Rassis-mus. Dadurch sei ein politisches Klima entstanden, daslokale und allgemeine Faktoren der Gewalt und Jugend-kriminalität verstärkt. „Hierzu gehören offener undlatenter Rassismus und Antisemitismus, der allgemeinin einigen Teilen der deutschen Gesellschaft auftritt,Gleichgültigkeit gegüber solchen Phänomenen, Vor-stellungen von Ausländern und ihrem Platz in derdeutschen Gesellschaft sowie diskriminierende Politikund Praktiken, die den Rassismus und den Antisemi-tismus noch verstärken.“112 Negative Klischeevorstel-lungen werden dabei nach Ansicht der Kommissiondurch aktuelle Diskussionen um Begriffe wie eine‚deutsche Leitkultur’ verstärkt. Rassistische Gewaltund die existierenden Diskriminierungsproblemebeeinträchtigen die gesellschaftliche Beteiligung vonZuwanderern und ethnischen Minderheiten zusätzlich.

Deutsche Staatenberichte und Berichte von internationalen Organisationen zu Rassismus und Diskriminierung in Deutschland

die Polizei zu untersuchen. Der Ausschuß empfiehltdeshalb, im ganzen Lande unabhängige Gremien ein-zurichten, die Vorwürfen über Misshandlungen durchdie Polizei nachgehen“. 106

3.5 Berichte der EuropäischenKommission gegen Rassismus undIntoleranz (ECRI)

Mit einer Entscheidung des Gipfels der Staats- undRegierungschefs des Europarates im Oktober 1993wurde die Grundlage für Arbeit von ECRI gelegt, die1994 ins Leben gerufen wurde. Die Kommission wirdvon nationalen Sachverständigen gebildet, die wei-sungsunabhängig auf der Basis eines „country-by-country approach“ im Abstand von vier Jahren je-weils 10 Analysen von Mitgliedsstaaten pro Jahrdurchführen und Empfehlungen abgeben. Eine kleineArbeitsgruppe entwirft auf der Basis von Konsulta-tionen und Dokumentenanalysen einen vorläufigenBericht, der im Rahmen einer Plenarsitzung derKommission verabschiedet wird. Dieser Berichts-entwurf wird dann im Vorfeld an die Regierung desbesuchten Landes weitergeleitet und mit einem, vonder jeweiligen Regierung ernannten Verbindungs-beamten im Rahmen eines vertraulichen Dialogserörtert. Der endgültige Bericht wird schließlich nachVerabschiedung durch die ECRI-Plenartagung überdas Ministerkomitee des Europarates der Regierungformal übermittelt und anschließend veröffentlicht.Eine Vetomöglichkeit des untersuchten Staates gegenFeststellungen des Berichts besteht nicht, allerdingskann der untersuchte Staat die Veröffentlichunguntersagen.

Die Arbeit der Kommission wird durch ein Sekretariatunterstützt und ist prinzipiell auch für die Koopera-tion mit Nichtregierungsorganisationen offen. EineReihe von allgemeinen ECRI-Empfehlungen wurde bis-lang u.a. zur Bekämpfung von Rassismus durch Fach-organe auf nationaler Ebene und gegen die Diskrimi-nierung von Roma und Sinti sowie Muslimen vorgelegt.Weitere Vorschläge beschäftigen sich mit der Ver-

breitung von rassistischen Ideen über das Internet,aber auch mit der oft vernachlässigten Bedeutungvon „Erfahrung und Wahrnehmung von Diskriminie-rung aus Sicht der potentiellen Opfer“.107 Zu denSchwerpunkten der Kommission gehören darüber hin-aus folgende Arbeitsbereiche:

Überprüfung von Gesetzgebung und anderenPolitikmaßnahmen zur Bekämpfung von Rassismus,Fremdenfeindlichkeit, Antisemitismus und Intoleranzauf ihre Wirksamkeit; Formulierung von allgemeinen Politikempfehlungenfür die Mitgliedstaaten des Europarates; Evaluierung der nationalen Umsetzung von völker-rechtlichen Instrumenten.

Der erste Bericht über Deutschland mit entsprechen-den Empfehlungen wurde im Frühjahr 1998 vom Eu-roparat veröffentlicht. Darin hatte ECRI die Bundes-regierung insgesamt in ihren Bemühungen bestärkt,Rassismus durch eine konsequente Anwendung desStrafrechts entschlossen zu bekämpfen und die be-sonderen Herausforderungen im Zusammenhang mitder Vollendung der deutschen Einheit und der Um-strukturierung des Sozialstaates gewürdigt. Allerdingshatte der Bericht auch Fragen hinsichtlich der re-striktiven Staatsbürgerschaftsregelung, dem Fehleneiner umfassenden Antidiskriminierungsgesetzgebungund der schwierigen sozialen Situation von Asylbe-werbern angesprochen sowie insgesamt Besorgnisüber rassistische Entwicklungen in Deutschland aus-gedrückt. Diskriminierung auf dem Wohnungsmarktund in anderen Bereichen wurde ebenso konstatiertwie grundsätzliche Defizite bei weiten Teilen derMedienberichterstattung, „positivere Aspekte derMinderheitengruppen in Deutschland zu betonen undzu zeigen, dass das Zusammenleben in der Gesell-schaft mit ihnen die Norm ist“.108

Hinsichtlich der Rolle der Polizei bemerkt der Bericht:„Die Reaktion der Polizei auf Angriffe gegen Angehö-rige von Minderheitengruppen scheint sich in den letz-ten Jahren erheblich verbessert zu haben. Trotzdemhaben viele Minderheitengruppen immer noch den

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106 UN-Menschenrechtsausschuss: Auszug aus den Abschließenden Bemerkungen nach der Behandlung des 4. LänderberichtsDeutschland gemäß Artikel 40 des Internationalen Paktes über bürgerliche und politische Rechte am 8. November 1996(CCPR/C79/Add.73), zitiert in Aktion Courage, a.a.O., S. 29;

107 ECRI: Zusammenstellung von allgemeinen politischen Empfehlungen von ECRI, CRI (2001)7, Europarat, Strasbourg, Januar 2001;108 ECRI: Bericht über Deutschland, CRI (98) 22, Europarat, Strasbourg (März) 1998, S. 11;

109 ECRI: Zweiter Bericht über Deutschland, verabschiedet am 15. Dezember 2000, CRI (2001) 36, Strasbourg 3. Juli 2001;110 ebd., S. 15;111 ebd., S. 4;112 ebd., S. 20;

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aufgefordert, „das Europäische Übereinkommen überdie Rechtsstellung der Wanderarbeitnehmer zu rati-fizieren und die Revidierte Europäische Sozialchartaund das Europäische Übereinkommen über dieBeteiligung von Ausländern am kommunalen öffent-lichen Leben zu unterzeichnen und zu ratifizieren“.119

Einzelne Verbesserungen beim Flughafenverfahren,der Dauer des Asylverfahrens und der Visumsver-gabepraxis in einigen deutschen Auslandsvertretungenwerden auch vorgeschlagen.

3.6 Berichte zum Rahmenübereinkommendes Europarates zum Schutze nationalerMinderheiten sowie des EuropäischenZentrums für Minderheitenfragen (ECMI)

Der erste Staatenbericht der Bundesrepublik, der imFebruar 2000 an den Europarat übermittelt wurde,betont, dass die Bundesregierung den Minderheiten-schutz als eine Querschnittsaufgabe der Menschen-rechtspolitik betrachtet. Der Bericht weist darauf hin,dass statistische Angaben auf ethnischer Basis nichterhoben werden und daher die Gesamtzahl der durchdas Abkommen besonders geschützten Bevölkerungs-teile nur geschätzt werden kann. Im Weiteren konzen-triert er sich auf die Situationsbeschreibung der engdefinierten nationalen Minderheiten, wenngleich ereingesteht, dass „die wissenschaftliche Erforschungder Ursachen und Motive für Rassismus undFremdenfeindlichkeit [dazu beiträgt], Ansätze fürnachhaltige Präventionsmaßnahmen weiterzuent-wickeln und zu optimieren.“120

Auf Einladung der Bundesregierung bereiste der Bera-tende Ausschuss im Juni 2001 Deutschland, um dieErörterung des Staatenberichts durch eine Vor-Ort-Mission zu ergänzen. In ihrem Bericht lobt der Aus-schuss insgesamt die Anstrengungen zur Unterstütz-ung der nationalen Minderheiten und schlussfolgert,dass die nationalen Minderheiten der Dänen, Sorbenund Friesen in relativ großer Harmonie mit der Mehr-heitsbevölkerung leben. Er identifiziert allenfallsEinzelaspekte wie z.B. im Medienbereich, die verbessert

werden könnten. Erweiterten Handlungsbedarf siehtder Ausschuss jedoch bei der Situation von Sinti undRoma, da sie weiterhin Gefahr laufen, durch die ver-breitete Existenz von Vorurteilen sowie von Medien-diskursen, die zum Teil auch auf Klassifizierungen imRahmen von uneinheitlichen Kriminalstatistikenberuhen, diffamiert zu werden. So wurden beispiels-weise in Bayern bis vor kurzem bei Verdachtsbe-schreibungen Klassifizierungen wie ‚Sinti/Roma Typ’oder gar ‚negroid’ im Rahmen von polizeilichen Formu-laren vorgenommen.121

Insgesamt ist der Ausschuss der Auffassung, dass dieBundesregierung den Geltungsbereich desRahmenabkommens auf andere Minderheiten-gruppen ausdehnen könnte und diese Frage in Kon-sultation mit den entsprechenden Gruppen erörternsollte. Hierzu könnten womöglich weitere inländischePersonengruppen als auch Bevölkerungsgruppen mitMigrationshintergrund gehören. Die anstehende Um-setzung der EU-Gleichbehandlungsrichtlinien wirddaher ebenso wie die Vorarbeiten zur Verabschiedungeines umfassenden Antidiskriminierungsgesetzesaußerordentlich begrüßt.122

Entgegen der impliziten Annahme, die davon aus-geht, dass die Angehörigkeit zu einer Minderheiten-gruppe im Prinzip keine Auswirkung auf den gesell-schaftlichen Status einer Person hat, verweist derAusschuss auf Hinweise, wonach Diskriminierungengegen einzelne Personengruppen auf dem Arbeits-markt durchaus existent sind. Entsprechend solltendie Behörden innovative Lösungen suchen, um mehrverlässliche statistische Daten zur Bewertung dersozioökonomischen Lage von Minderheiten vorlegenbzw. ihre Gleichbehandlung fördern zu können.123

Der besonderen historisch-begründeten Skepsisgegenüber einer ethnisch-differenzierten Datenerfas-sung könnte dabei nach Ansicht des Ausschusses mitSonderumfragen und in Kooperation mit den betref-fenden Bevölkerungsgruppen begegnet werden. AuchVerbesserungen bei der Integrationspolitik für Mi-granten werden angemahnt und zwar insbesonderefür die Chancengleichheit im Bildungsbereich.

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Nach Ansicht des Ausschusses sollte die positiveEntwicklung, die durch die Änderung des Staatsange-hörigkeitsgesetzes eingeleitet wurde, daher durcheine flexiblere Haltung zur doppelten Staatsangehörig-keit abgerundet werden. Insbesondere öffentlicheAmtsträger sollten sich bemühen, „das Thema in derÖffentlichkeit zu entdramatisieren, da die Besorgnissemehr psychologischer Art zu sein scheinen und nichtder Wirklichkeit entsprechen“. ECRI verweist auch auf„die Verbindung, die zwischen der Gesetzgebung fürdie Staatsangehörigkeit und der Einstellung gegen-über Menschen ausländischer Herkunft besteht“.113

Dem Bericht zufolge ist es in diesem Zusammenhangwichtig, „dass alle politischen Parteien und Vertreterder Versuchung widerstehen, Minderheiten, Zuwan-derer, Flüchtlinge und Asylbewerber negativ zu bele-gen, um Wählerstimmen zu gewinnen“, und dass „dieExistenz von Rassismus (…) in der deutschen Gesell-schaft öffentlich anerkannt wird“.114

Die eingeleiteten Verbesserungen bei der Umset-zung der Strafverfolgung sollten konsequent weiter-geführt und überwacht werden. „ECRI ist der Auf-fassung, dass der Kampf gegen diese Gewalt noch ver-stärkt werden könnte, indem rassistisch begründeteStraftaten als besondere Straftaten eingestuft werdenoder der rassistische Beweggrund als erschwerenderFaktor von den Gerichten berücksichtigt wird. Eine sol-che Bestimmung setzt nicht nur einen Rahmen, indem härtere Strafen für solche Straftaten systema-tisch und konsequent ausgesprochen werden, sondernhat auch eine symbolische Bedeutung, da er zeigt,dass rassistische Gewalt nicht toleriert wird.“115

In diesem Sinne ist es auch nötig, dass sich dieBeziehungen zwischen Polizei und Minderheiten-gruppen grundlegend verbessern, denn ECRI ist„weiterhin aufgrund von Berichten über Misshandlungund Fehlverhalten von Strafvollzugsbeamten bei derFestnahme, während der Haft und in den Gefängnissenbesorgt“ und stellt „eine große Diskrepanz zwischenden Berichten über Ausschreitungen und den Ergeb-nissen der Strafverfahren und den internen Unter-suchungsverfahren“ fest, „bei denen eine sehr geringe

Zahl von Beschwerden als begründet angesehenwird“.116 Der Ausschuss schlägt daher eine Überwa-chung durch ein unabhängiges Organ vor und begrüßt,dass bereits neue Ausbildungsinitiativen begonnenwurden.

Der Ausschuss zeigt sich ferner über die unverhält-nismäßig hohe Arbeitslosigkeit von Migranten unddie Benachteiligung im Wohnungs-, Bildungs-,Ausbildungs- und Beschäftigungsbereich besorgtund ist der Auffassung, „dass direkte und indirekteDiskriminierung oft eine große Rolle bei diesemPhänomen spielen. Diskriminierende Arbeitsanforder-ungen, Vorurteile und Klischeevorstellungen seitensder Arbeitgeber gegenüber Personen mit einemunterschiedlichen ethnischen Hintergrund könntensich negativ auf ihre Beschäftigungsmöglichkeitenauswirken. Bei Neuankömmlingen wurde berichtet,dass die Verfahren zur Anerkennung der Ausbildungund der Berufserfahrung sehr kompliziert sind undeinige Personen daran hindern, eine Beschäftigung inihrem Bereich zu finden.“117

Vor diesem Hintergrund wird insbesondere das Fehleneiner bundesweiten Antidiskriminierungsgesetzgebungbemängelt und vorgeschlagen, dass auch die Einrich-tung eines unabhängigen Fachorgans in diesem Zu-sammenhang geprüft werden sollte. Begleitet vonSensibilisierungskampagnen, einer verbesserten Me-dienberichterstattung und gezielten Bildungsmaß-nahmen könnte eine solche Gesetzgebung auch auf dasallgemeine gesellschaftliche Meinungsklima einwirkenund Gewalt verhindern helfen. In einer juristischenBestandsaufnahme für alle Mitgliedsstaaten hat ECRIunlängst eine Aufstellung der gesetzlichen Rechtsin-strumente für Deutschland vornehmen lassen. Trotzneuer Gesetzesinitiativen und der Existenz allgemeinerverfassungs-, strafrechtlicher und zivilrechtlicherSchutzklauseln wird hierin auf das Fehlen einer spe-zifischen Gesetzgebung verwiesen, so dass es bislangkaum zu relevanten Präzedenzfällen gekommen sei.118

Darüber hinaus wird mit Blick auf zusätzlicheKonventionen des Europarats die Bundesrepublik

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113 ebd., S. 7;114 ebd., S. 22;115 ebd., S. 21;116 ebd., S. 16;117 ebd., S. 13;118 ECRI: Legal Measures to combat racism and intolerance in the member States of the Council of Europe, Report prepared by

the Swiss Institute of Comparative Law/Lausanne, CRI (98)80 rev.2, Strasbourg 2002;

119 ebd., S. 5;120 BMI: Erster Bericht der Bundesrepublik Deutschland gemäß Artikel 25 Absatz 1 des Rahmenübereinkommens des

Europarates zum Schutz nationaler Minderheiten, Bonn 1999, S. 52;121 Advisory Committee on the Framework Convention for the Protection of National Minorities – Opinion on Germany, adop-

ted on 1 March 2002, Absatz 19;122 ebd., Absatz 18;123 ebd., Absatz 73-75;

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setzgebung, der Datenerhebung, der Rolle von spe-ziellen Überwachungsinstitutionen, dem Monitoringsowie der Rolle von Politikern bzw. politischen Parteien.

Im Hinblick auf verbreitete Diskriminierungserfah-rungen auf europäischen Arbeitsmärkten heißt esin ihrem jüngsten Jahresbericht: „Die hohe Arbeits-losenquote von Migranten könnte in vielen Ländernals Indikator für Diskriminierung gelten. Dies drücktsich jedoch nicht immer in den Daten über Beschwer-den wegen Diskriminierung aus, weil die Anzahl derBeschwerden in den Mitgliedsstaaten (in denenDaten erhoben werden) zwar steigt, aber dennochnicht sehr hoch ist. Eine Zunahme an Beschwerdenist zum großen Teil Ergebnis der Wirksamkeit oderallein der Existenz eines speziellen Organs.” Fernerwerden subjektive Diskriminierungserfahrungen durchBenachteiligungen bei einzelnen Bewerbungsver-fahren, die schwerfälligen Anerkennung von außer-europäischen Qualifikationen oder auch durch„unnötig hohe Standards für die Beherrschung derLandessprache selbst für unqualifizierte Tätigkeitenals Grundlage für Zurückweisung verwendet”.128

Diskriminierungserfahrungen bei der Arbeits- oderLehrstellensuche können im übrigen auch zu einemspäteren Zeitpunkt bei der individuellen Laufbahn-entwicklung auftreten und betreffen nach Angabender EUMC in Deutschland vor allem Menschen musli-mischer oder afrikanischer Herkunft.

Die EUMC erstellt jedoch in der Regel keine eigenenLänderanalysen, sie verfügt aber – neben dem Raxen-Informationssystem - seit 2001 über nationale Ver-bindungsbeamte, die einen engen Kontakt zu natio-nalen Regierungen ermöglichen sollen. Ferner ent-halten einzelne thematische Untersuchungen Länder-kapitel, die in der Regel von externen Gutachternerstellt wurden. So wies eine vergleichendeUntersuchung über den Zusammenhang von Medien-berichten und rassistischen Vorurteilen auch fürDeutschland auf die Dominanz von negativen Stereo-typen und die Stigmatisierung von Minderheiten durch

die Reproduktion von Bedrohungsszenarien hin.129

Eine andere Studie unterstrich den Anstieg vonIslamphobie, die sich in Deutschland in der unmittel-baren Nachfolge zum 11. Septembers 2001 vor allemin einer pauschalierenden Gleichsetzung des Islammit Terrorismus, negative Wirkungen der ‚Sicherheits-pakete’ und einem wahrnehmbaren Anstieg bei derreligiös begründeten Diskriminierung gegen Menschenmuslimischen Glaubens zeigte.130

In ihrem Jahresbericht 1999 wies die EUMC fürDeutschland über 10.000 Straftaten aus rassistischenMotiven aus, was im Vergleich zu ihren Zahlen von1998 einen leichten Rückgang in der absolutenGesamtzahl darstellte, aber weiterhin deutlich überden offiziellen Angaben der Bundesregierung lag.Ohnehin hat im gleichen Zeitraum die Gesamtzahlder Gewalttaten zugenommen und sich überdurch-schnittlich gegen Menschen ausländischer Herkunftgerichtet. Zwischen 1999 und 2000 stieg dieGesamtzahl rassistischer Straftaten nach Angabender EUMC dann erneut um 33%, wobei auch dieseAngaben unter den Statistiken nicht-staatlicherOrganisationen lagen.

Während die Arbeit der Zuwanderungskommissionund die überfällige Reform des Staatsangehörig-keitsrechts positiv vermerkt wurden, wurde dienegative Rolle der medienwirksamen Unterschrif-tenaktion gegen die doppelte Staatsangehörigkeitals Verstärkung von fremdenfeindlichen Vorurteileninterpretiert. Vorwürfe bezüglich Misshandlungenvon Asylbewerbern im Abschiebegewahrsam wurden1999 auch durch den Europäischen Ausschuss für dieVerhinderung von Folter untersucht.131

Im Rahmen einer vergleichenden Untersuchung derAntidiskriminierungsgesetzgebung in Mitgliedstaatender Europäischen Union, die die EUMC zur Unterstützungder nationalen Umsetzung der entsprechenden EU-Richtlinien durchführen ließ, liegt mittlerweile aucheine Untersuchung für Deutschland vor.132 Hierin wird

Deutsche Staatenberichte und Berichte von internationalen Organisationen zu Rassismus und Diskriminierung in Deutschland

In einer ausführlichen Stellungnahme hat dasBundesinnenministerium für die Bundesregierungweite Teile der Ausschussberichts zurückgewiesenund auf deren Recht verwiesen, den Geltungsbereichdes Abkommens auf die vier nationalen Minderheiten-gruppen zu beschränken und keine statistischen Datenüber Minderheitengruppen sammeln zu wollen.124

Damit widerspricht sie auch dem UN-Menschen-rechtsausschuss, der sich zu der Frage derMinderheiten in Deutschland bei einer anderenGelegenheit wie folgt äußerte: „Der Ausschuss istbesorgt darüber, dass die Definition von Minderheitenals ethnische oder Sprachgruppen, die ein traditionellesSiedlungsgebiet in besonderen Regionen haben, wiesie der Bericht der Bundesregierung Deutschland (…)vornimmt, im Verhältnis zur Definition des Artikel 27des Paktes viel zu restriktiv ist. Der Ausschuss ist derMeinung, dass Artikel 27 auf alle Menschen zutrifft,die zu sprachlichen, religiösen, ethnischen oderanderweitigen Minderheiten gehören, egal ob sie ineinem bestimmten Gebiet oder in einer bestimmtenRegion konzentriert sind oder siedeln, Einwandereroder Asylberechtigte in Deutschland sind.“125

Der Zentralrat deutscher Sinti und Roma hat inzwi-schen in verschiedenen Stellungnahmen weitere Maß-nahmen der Bundesrepublik für die Umsetzung desRahmenabkommens eingefordert. Hierzu zählen diegleichberechtigte Anerkennung des Romanes, einDiskriminierungsverbot im Beamten- und Medien-recht sowie zusätzliche Fördermaßnahmen, die imRahmen eines öffentlich-rechtlichen Vertrages gere-gelt werden könnten.

Das Europäische Zentrum für Minderheitenfragen(European Centre for Minority Issues/ECMI), dasdurch praxisnahe Forschung, Dokumentationen undBeratung einen Beitrag zur Vermittlung bei tatsäch-lichen oder potentiellen Konflikten um Minderheiten-fragen im europäischen Raum leisten will, wurde1996 durch Dänemark, die Bundesrepublik Deutschlandund das Bundesland Schleswig-Holstein gegründet.Im Rahmen seiner Forschung über Deutschland hat essich bislang ausschließlich mit den ‚anerkannten’

nationalen Minderheiten beschäftigt. Im Jahr 2002erschien jedoch erstmals ein Themenheft, das sichmit einem breiten Ansatz zur Bekämpfung vonDiskriminierung sowie dem Antidiskriminierungsge-setz für Deutschland beschäftigte. Der entsprechendeBeitrag befürwortet denn auch eine zügige Verab-schiedung eines umfassenden Antidiskriminierungs-gesetzes, die konsequente Umsetzung der entspre-chenden EU-Richtlinie sowie die Einrichtung einerAntidiskriminierungsstelle. Die Regierung wird hierinaufgefordert, weiteren politischen Schaden durchwahltaktische Verzögerungen und das Ignorieren voninternationalen Erfahrungen zu begrenzen.126

3.7 Berichte der Europäischen Stelle zurBeobachtung von Rassismus undFremdenfeindlichkeit (EUMC)

Die Beobachtungsstelle wurde 1997 durch eineVerordnung des Europäischen Rates gegründet, um„objektive, zuverlässige und vergleichbare Informa-tionen über rassistische, fremdenfeindliche und anti-semitische Phänomene auf europäischer Ebenebereitzustellen…“. Durch die Vergabe von Forschungs-aufträgen, die Durchführung von Umfragen und dieInformationsverbreitung hinsichtlich bewährterPraktiken will sie außerdem zur Analyse von undSensibilisierung für Erscheinungsformen von Rassismusbeitragen. Neben der Dokumentation führt dieBeobachtungsstelle seit 2000 auch regelmäßig euro-päische Runde Tische zum Gedankenaustausch durch.

Die EUMC ist dabei bestrebt, an der Etablierung vonneuen Netzwerken zur Bekämpfung von Rassismus,der Stärkung von nationalen ‚Runden Tischen’ undder Verbesserung von Systemen zur Daten- und Infor-mationssammlung auf nationaler wie europäischerEbene mitzuwirken. Hierzu hat sie u.a. das ‚EuropeanInformation Network on Racism and Xenophobie’(RAXEN) etabliert, welches über die Einrichtung vonnationalen ‚Focal Points’ einen dezentralen Informa-tionsfluss sicherstellen soll.127 Generelle Empfehlun-gen der EUMC beziehen sich auf die Bereiche der Ge-

Deutsche Staatenberichte und Berichte von internationalen Organisationen zu Rassismus und Diskriminierung in Deutschland

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124 Framework Convention for the Protection of national Minorities: Comments of the Government of Germany on the Opinionof the Advisory Committee on the Implementation of the Framework Convention for the Protection of National Minoritiesin the Federal Republic of Germany;

125 UN-Menschenrechtsausschuß: Auszug aus den Abschließenden Bemerkungen nach der Behandlung des 4. LänderberichtsDeutschland gemäß Artikel 40 des Internationalen Paktes über bürgerliche und politische Rechte am 8. November 1996(CCPR/C79/Add.73), zitiert in Aktion Courage, a.a.O., S. 31;

126 Selbmann, Frank: "The Drafting of a Law against Discrimination on the Grounds of Racial or Ethnic Origin in Germany –Constraints in Constitutional and European Community Law" in: Journal on Ethnopolitics and Minority Issues in Europe,European Centre for Minority Issues, No. 3/2002;

127 Winkler, Beate: "Bestrebungen zur Bekämpfung von Rassismus und Fremdenfeindlichkeit in der Europäischen Union” in:Jahrbuch Menschenrechte 2002, hrsg. Von Gabriele von Arnim et al., Frankfurt am Main 2001, S. 262-270;

128 Europäische Stelle zur Beobachtung von Rassismus und Fremdenfeindlichkeit (EUMC): Vielfalt und Gleichheit für Europa –Jahresbericht 2001, Wien 2002, S. 19;

129 Trebbe, Joachim & Tobias Köhler: "Germany” in: European Monitoring Centre on Racism and Xenophobia: Racism andCultural Diversity in the Mass Media – An overview of research and examples of good practice in the EU Member States,1995-2000, by Jessika ter Wal/European Research Centre on Migration and Ethnic Relations, Wien 2002, S. 125-147; vgl.auch Schatz, H. & Holtz-Bacha, C. & Nieland, J. (Hrsg.): Migranten und Medien – Neue Herausforderungen an dieIntegrationsfunktion von Presse und Rundfunk, Wiesbaden 2000;

130 EUMC: Anit-Islamic reactions in the EU after the terrorist acts against the USA – Germany, Eurpäisches Forum für Migrations-studien, Vienna 2002; EUMC: Summary Report on Islamophobia in the EU after 11 September 2001, Wien 2002, S. 18;

131 EUMC: Diversity and Equality – Annual Report 1999; Vienna 2000, S. 19-34;132 EUMC: Anti-discrimination Legislation in EU Member States – A comparison of national anti-discrimination legislation on

the grounds of racial or ethnic origin, religion or belief with the Council Directives: Germany, Migration Policy Group,Report prepared by Mathias Mahlmann, Vienna 2002;

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Nichtregierungsorganisationen weisen zudem auf diehohe Dunkelziffer bei rassistischen Vorfällen hin, da einGroßteil der Opfer diese oftmals aus Misstrauen nichtbei Polizeidienstellen bekannt gibt.

In einer anderen vergleichenden Untersuchung dreierNichtregierungsorganisationen wird für Deutschlanddie begrenzte Schutzwirkung der allgemeinen verfas-sungsrechtlichen Diskriminierungsverbote betontund die Diskrepanz zwischen den Vorgaben der EU-Richtlinien und den bestehenden straf- bzw. zivilrecht-lichen Regelungen aufgezeigt.139 Das europäischeNGO-Netzwerk ENAR hat neben seiner Lobby-Arbeitverschiedene wissenschaftliche Analysen zur Umset-zung der EU-Antidiskriminierungs-Richtlinien veröf-fentlicht. Die Wirksamkeit und Reichweite bestehen-der Rechtsvorschriften wurde zuerst für Länder mitlangjähriger Erfahrung in der Antidiskriminierungspoli-tik untersucht und jüngst durch eine Gegenüber-stellung der relevanten Gesetzgebung mit denaktuellen EU-Vorgaben auch auf andere Staaten (wieDeutschland) ausgedehnt. Die Analyse soll vor allemals Instrument für Nichtregierungsorganisationendienen, die konkrete Vorschläge für eine Umsetzungder EU-Richtlinie entwickeln möchten. Beispiele fürflankierende Positivmaßnahmen umfassen gezielteAus- und Weiterbildungsmaßnahmen, Anti-Diskrimi-nierungsklauseln in öffentlichen Ausschreibungen,aktive Maßnahmen von Arbeitgebern zur Vermeidungvon Diskriminierung, allgemeine Informationskam-pagnen oder auch die Einrichtung von telefonischenGratis-Hotlines.140

3.9 Hauptergebnisse

Die deutschen Staatenberichte an internationaleGremien sind in den vergangenen Jahren bei derBehandlung von Rassismus problemorientierter ge-worden und von notwendigen Reformen der nationa-len politischen Rahmenbedingungen begleitet worden.Die Anerkennung der Individualbeschwerde im Rah-men der Zuständigkeit des UN-Ausschusses für dieBeseitigung jeder Form von Rassendiskriminierunghat hierbei ein weiteres positives Zeichen gesetzt, dasjedoch mehr Öffentlichkeit verdient. Allerdings be-stehen zentrale Forderungen wichtiger internationalerInstanzen nach einem deutschen zivilrechtlichen Anti-diskriminierungsgesetz nebst spezialisiertem Fachor-gan, nach unabhängigen Untersuchungen über Vor-würfe hinsichtlich polizeilicher Übergriffe, nach derAusweitung des bisherigen Verständnisses vonbesonders schutzwürdigen Minderheitengruppen undnach einer aussagefähigen statistischen Datenbasiszwecks Wirkungsanalyse der Politikmaßnahmen wei-ter fort. Besondere Berücksichtigung müssen zukünf-tig außerdem Diskriminierungstatbestände auf demArbeits- und Wohnungsmarkt finden, denen eine wich-tige Rolle bei der wahrnehmbaren Marginalisierungvon Migrantinnen und Migranten und ethnischenMinderheiten zukommt.

Deutsche Staatenberichte und Berichte von internationalen Organisationen zu Rassismus und Diskriminierung in Deutschland

betont, dass für eine vollständige Umsetzung dereuropäischen Vorgaben vor allem in folgenden Berei-chen noch keine umfassende Kompatibilität existiertund daher weiterer Handlungsbedarf besteht:

Schutz durch ein umfassendes Antidiskriminierungs-gesetzDefinition von direkter und indirekter Diskriminierung Einführung eines rassistischen Belästigungstatbe-stands Reichweite der Richtlinienvorgaben im öffentlichenund privaten BereichMöglichkeit zur juristischen Unterstützung durchantirassistische OrganisationenVorschriften für die Beweislasterleichterung beiGerichtsverfahrenEffektive und angemessene juristische Sanktions-mittelAusgestaltung einer spezialisierten Antidiskrimi-nierungsstelle

Weitere Untersuchungen der EUMC befassten sichmit der Verbreitung von Rassismus im Internet und inStrukturen europäischer Fußball-Fangruppen, die auchfür die Bundesrepublik einen hohen Anteil diskriminie-render Websites aufwiesen.133 Ein erster umfassen-der Evaluierungsbericht über die Tätigkeit der EUMCist im Mai 2002 erschienen. Zentrale Empfehlungendes Berichts betrafen u.a. eine strategischere Fokus-sierung auf die Hauptziele der Datenerhebung und–analyse, eine stärkere Einbeziehung von nationalenBehörden bei der Harmonisierung von statistischenKlassifikationssystemen sowie die Präzisierung derrechtlichen Arbeitsgrundlagen angesichts der verän-derten Rahmenbedingungen seit Verabschiedung desAmsterdamer Vertrages.134

3.8 Berichte von internationalenNichtregierungsorganisationen

Bei der innenpolitischen Wahrnehmung und Diskussionvon offiziellen Regierungsberichten können speziali-sierte Nichtregierungsorganisationen eine bedeutendeRolle spielen. Hierbei existieren auf internationaler

Ebene eine Reihe von professionellen Organisationen,die periodische Analysen vorlegen und erfolgreichesLobbying im Rahmen des internationalen Menschen-rechtsschutzsystems betreiben. Hierzu zählen u.a. dasAnti-Racism Information Service (ARIS), welches alsBindeglied zwischen den CERD-Beratungen und derglobalen Zivilgesellschaft fungiert.135 Allerdings gibtes in Deutschland keine vergleichbar spezialisiertennicht-staatlichen Organisationen, die in der Vergan-genheit eine dauerhafte Rolle als effektive Vermitt-lungsinstanz zu der internationalen Ebene wahrge-nommen hätten.

Human Rights Watch hat 1992 und 1995 zwei vielbeachtete Analysen zu rassistischer Gewalt inDeutschland präsentiert.136 Die erste Untersuchungentstand angesichts der Welle von rassistischenÜbergriffen im Gefolge der deutschen Vereinigungund betont die negativen internationalen Wechsel-wirkungen für die Außenwahrnehmung von Deutsch-land. Der Regierung wurde insgesamt mangelndesHandeln sowie ein weitreichendes Versagen hinsicht-lich ihres Schutzgebotes für Menschen ausländischerHerkunft vorgeworfen. Der zweite Bericht würdigtetrotz eines Anstiegs antisemitischer Straftaten denrelativen Rückgang rassistischer Gewalttaten u.a. alsKonsequenz verstärkter Maßnahmen der Bundes-regierung. Dennoch wird an die Regierung appelliert,mehr dafür zu tun, dass in Deutschland lebende Men-schen ausländischer Herkunft als integrale Bestand-teile der Gesellschaft gesehen werden.

Amnesty International hat seit Anfang der 90er Jahrewiederholt auf polizeiliche Misshandlungen gegenMigranten und ethnische Minderheiten hingewiesenund darzulegen versucht, dass es sich hierbei nicht bloßum isolierte Vorfälle handelt. Insbesondere die Anwen-dung von unverhältnismäßiger Gewalt, von Zwangs-mitteln bei der Abschiebung und die Haftbedingungenfür Asylsuchende wurden moniert und der schleppen-den Strafverfolgung von beschuldigten Polizistengegenübergestellt.137 Ähnliche Dokumentationen hatauch Aktion Courage/SOS Rassismus jährlich für denZeitraum 1994-1999 vorgelegt.138 Alle Berichte von

Deutsche Staatenberichte und Berichte von internationalen Organisationen zu Rassismus und Diskriminierung in Deutschland

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133 EUMC: Rassismus, Fußball und das Internet, Wien April 2002; http://www.eumc.at/publications/football/football_de.htm134 Centre for Strategy & Evaluation Services: Evaluierung der Europäischen Stelle zur Beobachtung von Rassismus und

Fremdenfeindlichkeit, Abschlussbericht für die Europäische Kommission, Mai 2002;135 Vgl. http://www.antiracism-info.org136 Human Rights Watch: Germany for Germans – Xenophobia and Racist Violence in Germany, New York 1995; Human Rights

Watch: Foreigners Out, New York 1992;137 Amnesty International: Federal Republic of Germany – Continuing Pattern of police ill-treatment, EUR 23/04/97 London

1997;138 Aktion Courage/SOS Rassismus: Polizeiübergriffe gegen Ausländerinnen und Ausländer, verschiedene Dokumentationen für

die Jahre 1994,1996, 1998, 1999, Bonn;

139 Johansson, Per: Racial, Ethnic and Religious Discrimination – A comparative analysis of national and European law, Reportfor European Roma Rights Center & Interights & Migration Policy Group, Implementing European Anti-Discrimination LawProject, August 2002;

140 ENAR: Ohne Unterschied – Umsetzung der Richtlinie zur Anwendung des Gleichbehandlungsgrundsatzes: Überblick undVorschläge, März 2002; ENAR: Von der Theorie zur Praxis – Evaluierung der Rechtsvorschriften gegen rassistisch und eth-nisch motivierte Diskriminierung in verschiedenen EU-Mitgliedsstaaten, Brüssel 2001;

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In früheren Jahren war der Anstieg von rassistischenGewalttaten nach 1990 zwar auch offiziell verurteiltworden, aber gelegentlich zumindest implizit mitgesellschaftlichen Konflikten, die quasi automatisch„durch die erhebliche Zunahme an Zuwanderern nach1988 entstanden“ seien, in Zusammenhang gebrachtworden. In der Folge – so die verbreitete allzu opti-mistische Sichtweise – hätten die polizeiliche Straf-verfolgung, das Aktionsprogramm gegen Aggressionund Gewalt, einzelne Projekte der Straßensozialarbeitund Aufklärungsmaßnahmen ohnehin dazu beigetra-gen, „dass die fremdenfeindlichen Gewalttaten seitdem Jahre 1993 kontinuierlich zurückgegangensind“.146 Der baldige Wiederanstieg der rassistischenStraftaten und die Tatsache, daß ein wachsender Teilder von Rassismus betroffenen Menschen keine‚Fremden‘ im eigentlichen Sinne sind, wurde bei denDebatten und der Kennzeichnung als ‚Fremdenfeind-lichkeit’ weitgehend aus dem Blickfeld gelassen. Eineumfassende Auseinandersetzung mit institutionellenFormen von Rassismus bzw. vorhandenen Diskrimi-nierungspraktiken scheint bislang ausgeblieben zusein. Vereinzelte Untersuchungen zu Diskriminierungs-vorwürfen an Mitarbeitern der Polizeidienste themati-sierten beispielsweise fast ausschließlich arbeitsspezi-fische Stressfaktoren, die dieser Analyse folgendzwar in Einzelfällen Vorurteile verstärken, aber keinesystematischen Verhaltensstrukturen produzierenkönnten.147

Lange Zeit wurde daher der Schwerpunkt der Maß-nahmen vor allem auf die Täter und ihr Umfeldgelegt, ohne dass die Opfer von Diskriminierungenin ihrer Handlungsfähigkeit ausreichend gestärktwurden. Diskussionen über eine interkulturelle Öffnungder Jugendgemeinschaftsdienste bzw. Sozialarbeit,die Veränderung von Lehrinhalten oder die Fest-schreibung einer spezifischen Förderquote für Jugend-liche nicht-deutscher Herkunft – wie im Rahmen desSofortprogramms zum Abbau der Jugendarbeitslosig-keit unlängst geschehen – sind dagegen eher jüngerenDatums. Entsprechend fehlte lange Zeit auch dieWahrnehmung dafür, daß die vorhandene Angst vorrassistischer Gewalt in bestimmten Regionen und

Gemeinden teilweise solche Dimensionen angenom-men hatte, daß diese zu faktischen ‚no go areas‘ fürMenschen mit Migrationshintergrund gewordenwaren.

Auf einen offensichtlichen Wiederanstieg bei derZahl rassistischer Übergriffe und antisemitischerVorfälle sowie entsprechenden Medienberichten ausdem In- und Ausland im Jahr 2000 reagierte die neueBundesregierung daher mit einer Ausweitung ihrerGegenmaßnahmen. „Die Abwehr von Unfreiheit,totalitären Ideologien, Rassismus und der Schutz vorantidemokratischen und extremistischen Attacken –kurz: die Auseinandersetzung mit jeglichen Feinden derFreiheit – wurde nun als „eine permanente Aufgabealler demokratischen Kräfte“ begriffen.148 Ferner hatdie Bundesregierung durch eine viel beachteteErklärung des Außenministers im Rahmen der WCARsowie der Einleitung von Parteienverboten ihre kon-sequente Ablehnung von rassistischen Vergehenöffentlich dokumentiert. Darüber hinaus erhöhteauch das engagierte und kontinuierliche Auftretendes Bundestagspräsidenten und einzelner andererhochrangiger Regierungsrepräsentanten die Glaub-würdigkeit in diesem Politikbereich. Im Jahr 2003 hatdie Bundesregierung darüber hinaus erstmalig einenStaatsvertrag mit dem Zentralrat der Juden inDeutschland abgeschlossen.

Die Modernisierung des deutschen Staatsange-hörigkeitsrechts wird darüber hinaus in Zukunftnach Einschätzung vieler Beobachter zum Abbau derrechtlichen Ungleichbehandlung zwischen Staats-angehörigen und in Deutschland geborenen bzw.langjährig ansässigen ‚Ausländern‘ beitragen. Er-leichterungen beim Zugang zur Staatsangehörigkeitkönnen ferner ein verändertes gesellschaftlichesSelbstbild produzieren helfen, dem eine wichtigepsychologische Rolle bei der Bekämpfung vonRassismus zukäme. Einzelne Bundesländer wie Berlinoder Brandenburg haben bereits seit geraumer Zeitim Rahmen der Büros der AusländerbeauftragtenAnti-Diskriminierungseinheiten gebildet.149 Allerdingswar bisher die Verwirklichung der gesellschaftlichen

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„Wenn in der Mitte Europas Menschen wegen ihrerHautfarbe, ihrer Nationalität oder ihrer Religion dis-kriminiert oder gar angegriffen werden, ist dies keinRandproblem – es betrifft alle Bürgerinnen undBürger! Es ist ein Angriff auf das gemeinsame Selbst-verständnis eines Europas der Freiheit, der Gleichheit,des Rechts und der Sicherheit für alle.“141

Eine ungewöhnlich klare Sprache findet sich in derErklärung des bilateralen ‚Deutsch-FranzösischenForums gegen Rassismus und Fremdenfeindlichkeit’.Das Forum forderte auch die zügige Umsetzung dereuropäischen Antidiskriminierungsrichtlinien ebensowie eine umfassende Unterstützung von Rassismus-opfern sowie eine Begrenzung der „staatsangehörig-keits-gebundenen Beschränkungen beim Zugang zuBeschäftigung“. Diese erste gemeinsame Tagung derfranzösischen und deutschen Nationalen RundenTische mahnte ferner die Verantwortung der offiziellenPolitik an, die auf der Ebene der Sprache „fremden-feindlichen Einstellungen keinen Vorschub“ leistendürfe und eine größere politische Teilhabe von zuge-wanderten Menschen ermöglichen sollte. Ebenfalls2001 verabschiedete der Bundestag eine viel beachte-te Erklärung gegen Rechtsextremismus, Antisemitis-mus und Gewalt.142

Auch der sechste Bericht der Bundesregierung überihre Menschenrechtspolitik widmet dem ThemaRassismus ein eigenes Kapitel, bei dem auf die beson-dere Verantwortung Deutschlands, „sowohl nachinnen wie nach außen“ hingewiesen wird. Ferner wird

betont, dass sich die Bundesregierung „des direktenZusammenhangs zwischen rassistischen Gewalttatenin Deutschland und der Debatte um das Zuwan-derungs-, Ausländer- und Asylrecht bewusst“ ist.143

Als Prävention gegen Rassismus wird die Umsetzungeiner gezielten Integrationspolitik betrachtet, umvorhandene „Benachteiligungen auszugleichen unddie Chancengleichheit – insbesondere beim Zugangzum Arbeitsmarkt - zu verbessern“.144 Diese Einschät-zung unterscheidet sich in ihrer Betonung desZusammenhangs von Chancengleichheit und der Prä-vention von Diskriminierung grundlegend von früherenDarstellungen.

Nicht nur nach Ansicht der Integrationsbeauftragtender Bundesregierung „lässt sich ein Wandel in derWahrnehmung und in den Formen der Bekämpfungvon Rechtsextremismus, Rassismus, Fremdenfeindlich-keit, Antisemitismus und verwandten Ausprägungender Intoleranz in Deutschland feststellen“, so dass die„Erscheinungsformen von Intoleranz…heute nichtmehr als gesellschaftliche Randphänomene analysiert[werden].“ Immer deutlicher sei inzwischen, „dass dieErfassung von Diskriminierung eine komplexe Aufgabedarstellt“, die ohne Berücksichtigung „standardisierterKriterien, Beratungsstellen, die Diskriminierungsfälleaufnehmen, sowie systematischer bundesweiterUntersuchungen“ nicht handhabbar gemacht werdenkann. Umso wichtiger sei es, Diskriminierungstatbe-stände rechtlich umfassend zu definieren und dieschwachen Strukturen deutscher Antidiskriminie-rungspolitik konzeptionell auszuweiten.145

Maßnahmen der Bundesrepublik Deutschland zur Bekämpfung von Rassismus

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141 Erklärung des Deutsch-Französischen Forums gegen Rassismus und Fremdenfeindlichkeit, Freiburg i.Br. vom 11. Juni 2001;142 Fraktionsübergreifender Antrag von SPD, Bündnis 90/ Die Grünen, FDP und PDS, Bundestags-Drucks. 14/5456143 Auswärtiges Amt: Sechster Bericht der Bundesregierung über ihre Menschenrechtspolitik in den auswärtigen Beziehungen

und in anderen Politikbereichen, Berichtszeitraum 01.01.2000 – 31.03.2002, Berlin 2002, S. 41-42;144 ebd., S. 51;145 Bericht der Beauftragten der Bundesregierung für Ausländerfragen über die Lage der Ausländer in der Bundesrepublik

Deutschland, Berlin und Bonn, August 2002, S. 262ff;

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4 Maßnahmen der Bundesrepublik Deutschland zur Bekämpfung von Rassismus

Maßnahmen der Bundesrepublik Deutschland zur Bekämpfung von Rassismus

146 Bundesministerium für Familie, Senioren Frauen und Jugend & Bundesministerium der Justiz: Jugendstrafrecht und Präventions-strategien, Antwort der Bundesregierung auf die Große Anfrage der Fraktion der SPD, Drucksache 13/8284, Bonn 1997, S. 68;

147 Schulte, Rainer: "Die Polizei im Umgang mit Fremden – Analyse und Lösungsansätze" in: Klein, Eckart (Hrsg.): RassischeDiskriminierung – Erscheinungsformen und Bekämpfungsmöglichkeiten, a.a.O., S. 49-60;

148 Deutscher Bundestag: Bericht über die aktuellen und geplanten Maßnahmen und Aktivitäten der Bundesregierung gegenRechtsextremismus, Fremdenfeindlichkeit, Antisemitismus und Gewalt, Unterrichtung durch die Bundesregierung, 14. Wahl-periode, Drucksache 14/9519 vom 14.5. 2002, S. 3;

149 Vgl. auch die wichtigen inhaltlichen Anstöße durch Nickel, Rainer: Rechtlicher Schutz gegen Diskriminierung – Ein Leitfaden,hrsg. vom Amt für multikulturelle Angelegenheiten der Stadt Frankfurt a. M., Frankfurt 1996; Senatsverwaltung für Soziales– Die Ausländerbeauftragte von Berlin: Schutzgesetze gegen ethnische Diskriminierung – Internationale Konsultation derEvangelischen Akademie Tuzing und der Ausländerbeauftragten des Senats von Berlin, Dokumentation April 1992;

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4 Maßnahmen der Bundesrepublik Deutschland zur Bekämpfung von Rassismus

150 Friedrich-Ebert-Stiftung: Integrations- und Antidiskriminierungspolitik in Einwanderungsgesellschaften – Zwischen Idealund Wirklichkeit, Expertise von Professor Dr. Axel Schulte für das Wirtschafts- und sozialpolitische Forschungs- undBeratungszentrum, Bonn 2002; Addy, David Nii: "Internationale Migration – Herausforderung für eineAntidiskriminierungspolitik" in: Aus Politik und Zeitgeschichte B44-45/96, S. 17-24;

151 BMI: Fremdenfeindlichkeit, Antisemitismus, Rechtsextremismus – Drei Studien zu Tatverdächtigen und Tätern, Texte zurInneren Sicherheit, herausgegeben von Klaus Wahl, Berlin 2001, S. 323;

152 World University Service: Aide Memoire on Germany, 58th Session of the UN Commission on Human Rights, 18 March –26April 2002;

153 Deutscher Bundestag: Bericht über die aktuellen und geplanten Maßnahmen und Aktivitäten der Bundesregierung gegenRechtsextremismus, Fremdenfeindlichkeit, Antisemitismus und Gewalt, Unterrichtung durch die Bundesregierung, 14.Wahlperiode, Drucksache 14/9519 vom 14.5. 2002, S. 45;

154 Amnesty International: Kommentar zum 6. Bericht der Bundesregierung über ihre Menschenrechtspolitik in denAuswärtigen Beziehungen und in anderen Politikbereichen vom 06.06.2002, S. 14;

155 Pressemitteilung der Beauftragten der Bundesregierung für Ausländerfragen: Rassismus erkennen – Farbe bekennen, vom27. September 2002.

156 Bericht der Unabhängigen Kommission ‘Zuwanderung’: Zuwanderung gestalten – Integration fördern, 2001;

Mit der Verabschiedung des Zuwanderungsgesetzesplante die Bundesregierung eine Neuregelung desalten Ausländerrechts und erstmals eine gesetzlicheRegelung der deutschen Integrationspolitik. Aller-dings bezieht das offizielle konzeptionelle Ver-ständnis von Integrationspolitik bislang die Konzi-pierung von Antidiskriminierungsmaßnahmenerstaunlicherweise nicht mit ein, sondern ist imRahmen des nun mehr zuständigen Bundesamtes fürMigration und Flüchtlinge vor allem auf dieSprachförderung ausgerichtet. Es ist zu befürchten,daß die anstehende Neuverhandlung des bislang imBundesrat gescheiterten Gesetzes keine systematischeBerücksichtigung von Antidiskriminierungsmaß-nahmen ermöglichen wird. Tatsächlich blieben zivilge-sellschaftliche Forderungen nach einer ausgeweitetenBleiberechtsregelung auch im Rahmen des in dervergangenen Legislaturperiode ausgehandelten Zu-wanderungsgesetzes weitgehend unbeachtet.

So fordert beispielsweise der Flüchtlingsrat Berlin ins-besondere für Familien mit Kindern, für unbegleiteteminderjährige Flüchtlinge und traumatisierte Kriegs-opfer und Opfer rassistischer Angriffe bereits nachdrei bzw. zwei Jahren einen dauerhaften Aufenthaltin Deutschland sowie unbürokratische und großzügigeBleiberechtsregelungen, die über einen Zugang zuArbeits-, Ausbildungs- und Sprachförderung für die Be-troffenen eine soziale Integration ermöglichen sollen.Auch Pro Asyl setzt sich für eine „Beendigung dersozialen Ausgrenzung“ und „strukturellen Diskrimi-nierung“ von Flüchtlingen ein, die u.a. „die Beschrän-kung der Bewegungsfreiheit (Residenzpflicht) sowiedie Zugangshürden zum Arbeitsmarkt bedeuten“.157

Möglichkeiten für Veränderungen hinsichtlich desunter Integrationsgesichtspunkten immer wieder ge-forderten kommunalen Wahlrechts für Drittstaatsan-gehörige wurden auch bisher nicht systematisch ver-folgt. Eine Bewertung der Ausländer- und Asylpolitik

während der ersten Legislaturperiode der rot-grünenBundesregierung fällt somit nach Ansicht kritischerBeobachter durchaus widersprüchlich aus.158

Nichtregierungsorganisationen fordern von derBundesregierung, durch gezielte Maßnahmen –insbesondere zur Verbesserung der Situation vonKindern und Jugendlichen sowie durch grundlegendeVeränderungen beim Flughafenverfahren und derAbschiebehaft - die rechtlichen Standards in der Mi-grations- und Flüchtlingspolitikzu verbessern. Hierzuwürde auch die Rücknahme des sog. ‚Ausländervor-behalts’ zur UN-Kinderrechtskonvention zählen, dieseit Jahren von der National Coalition für die Umsetzungder UN-Kinderrechtskonvention als unnötiges Defizitim Menschenrechtsschutzsystem der Bundesrepublikbetrachtet wird.159 Angesichts der schweren innenpo-litischen Kontroversen um den ausgehandeltenKompromiss beim neuen Staatbürgerschaftsrecht istallerdings die Bereitschaft der Bundesregierung, imBereich der Integrationspolitik neue Akzente zu set-zen, bislang recht gering geblieben. Obwohl die Be-deutung einer verbesserten Integration für dieBekämpfung von Rassismus offiziell erkannt wurde,fehlen insbesondere innovative Politikmaßnahmenfür ethnische Minderheiten, die über die Sprach-förderung für Zuwanderer deutlich hinausgehen.

Wichtig wäre vor allem eine Ausweitung von gleich-stellungspolitischen Instrumenten auf Menschenmit Migrationshintergrund unter Berücksichtigungvon Erfahrungen der Frauenförderung bzw. desGender Mainstreaming. Die Möglichkeiten, die einegezielte Weiterentwickelung von Maßnahmen zumAbbau von geschlechtsspezifischer Diskriminierungund von Benachteiligungen durch scheinbar neutraleProzesse für den Schutz vor rassistischer Diskriminie-rung bieten können, sind vereinzelt bereits untersuchtworden.160 Entsprechende Ansätze zur tatsächlichen

Integrationspolitik vielfach unzureichend und durchzahlreiche Widersprüche gekennzeichnet, wobei dieBedeutung von Antidiskriminierungspolitik weitgehendaußer Acht gelassen wurde.150 Gleichzeitig besteht dieGefahr, dass negative Wechselwirkungen mit andereninnenpolitischen Maßnahmen - wie z.B. der Terroris-musbekämpfung - die gesetzten Ziele der Rassismus-bekämfpung untergraben.

Umso wichtiger ist daher die regelmäßige Überprü-fung der Wirkungsweise von Politikmaßnahmen unddie Weiterentwicklung der Instrumente, um imRahmen der öffentlichen Präventivmaßnahmen zu„viel Programmatik, kurzatmige Kampagnen undunvernetzte Praxisansätze“ sowie eine fehlendeübergeordnete Gesamtkoordination der Maßnahmenund „unzureichenden Vorstellungen über die Genesefremdenfeindlicher Gewalt“ zu vermeiden.151 Ähnlichkritisch äußerte sich ein zivilgesellschaftliches Aide-Memoire am Rande der 58. Sitzung der UN-Menschenrechtskommission.152 Ob die Maßnahmendaher tatsächlich „bereits jetzt grundlegend deminternationalen Standard, der auf der VN-Antirassis-mus-Konferenz in Durban/Südafrika im Herbst 2001vereinbart worden ist“ entsprechen, muss somit ent-gegen der geäußerten Selbsteinschätzung angezweifeltwerden.153

Auch Amnesty International bemerkt zur offiziellenDarstellung der Rassismusbekämpfung: „Dass dieBundesregierung dies als ein Hauptanliegen des inter-nationalen Menschenrechtsschutz’ ansieht, begrüßtamnesty international ausdrücklich. Wünschenswertwäre es jedoch gewesen, in dem Bericht die Kritikinternationaler und regionaler Konventionsorgane anpolitischen Maßnahmen und der Situation in Deutsch-land ausführlicher bzw. nicht erst mehrere hundertSeiten später dargestellt zu finden.“154 Umso dring-licher erscheint die Schaffung einer unabhängigen

Instanz, die die offizielle Politik einer kritischenWürdigung unterziehen und gezielte Verbesserungs-vorschläge unterbreiten kann. Neben einem entspre-chenden gesetzlichen Rahmen bedarf es aber auch hiereiner ausreichenden statistischen Informationsbasis,die zum aktuellen Zeitpunkt noch nicht vorhandenist.

4.1 Maßnahmen zur Schaffung einesZuwanderungsgesetzes und einesneuen Integrationskonzeptes

„Integration ist eben nicht nur Spracherwerb, Inte-gration ist immer auch rechtliche Integration, Ein-bürgerung, politische Partizipation und Schutz vorDiskriminierung.“155

Eine Rationalisierung der Diskussion um die gesetzlicheNeuregelung der Zuwanderung und die dringend benö-tigte Verbesserung bestehender Integrationskonzepteist überaus wichtig für die Prävention von Rassismusund Diskriminierung. Im Jahr 2000 ist die UnabhängigeKommission Zuwanderung vom Bundesinnenministereingesetzt worden, um einen Katalog von Empfehlun-gen zur Ausgestaltung einer zukunftsfähigen Migra-tionspolitik zu entwickeln. Auf der Grundlage ihrerBeratungen und zahlreicher Stellungnahmen hat sie imRahmen ihres Abschlussberichts Kritik an dem langjäh-rigen Festhalten an einem unzeitgemäßen SelbstbildDeutschlands als Nicht-Einwanderungsland und einerbisher widersprüchlichen Integrationspolitik des ‚prag-matischen Improvisierens’ geübt. Die Kommission emp-fahl daher nicht nur die Verabschiedung eines neuenZuwanderungsgesetzes, sondern auch die zügige Um-setzung der EU-Richtlinie zur Anwendung desGleichbehandlungsgrundsatzes.156

Maßnahmen der Bundesrepublik Deutschland zur Bekämpfung von Rassismus

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157 Zitiert nach www.migration-online.de vom 13.11.2002, aus: Forum Migration 38, November 2002, DGB Bildungswerk,Bereich Migration und Qualifizierung;

158 Grenz, Wolfgang: Die Ausländer und Asylpolitik der rot-grünen Bundesregierung" in: Zuwanderung im Zeichen derGlobalisierung – Migrations-, Integrations und Minderheitenpolitik, C. Butterwegge & G. Hentges, Opladen 2000, S. 105-119;

159 Vgl. Peter, Erich: "Die Rücknahme des deutschen Ausländervorbehalts zur UN-Kinderrechtskonvention im Spannungsfeldverfassungsrechtlicher Kompetenzzuweisung" in: ZAR 4/2002, S. 144-151; National Coalition: Kinder ohne Deutschen Pass– ein Leben ohne Rechte? Verpflichtungen aus der UN-Kinderrechtskonvention, Diskussionspapier, Bonn 2000;

160 Landeszentrum für Zuwanderung NRW: Förderung der Chancengleichheit ethnischer Minderheiten im öffentlichen Dienst –Eine Studie zu den rechtlichen Grundlagen von Fördermaßnahmen und zur Übertragbarkeit von frauenförderndenInstrumentarien auf ethnische Minderheiten, Expertise von Hella von Oppen, Solingen 2002;

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sich laut Angaben der Regierung dem Bündnis bis-lang angeschlossen. Allerdings wurden von Seiteneinzelner Nichtregierungsorganisationen einigeöffentlichkeitswirksame Aktionen des Bündnisses mitSkepsis betrachtet und inhaltliche Anstöße bzw.effektive Koordinierungsfunktionen vermisst. DerBeirat des Bündnisses regt seit einiger Zeit jedoch dieSchaffung einer unabhängigen Dokumentationsstellefür rassistische Übergriffe an.

Dem Bündnis wurde inzwischen auch das Aktionspro-gramm „Jugend für Toleranz und Demokratie – gegenRechtsextremismus, Fremdenfeindlichkeit und Anti-semitismus“ unterstellt, das nach offiziellen Angaben„zum ersten Mal arbeitsmarktbezogene Maßnahmenmit Aktivitäten gegen Fremdenfeindlichkeit und Rassis-mus verbindet“. Die hierdurch geförderten Projektebeziehen sich größtenteils auf Bildungsarbeit sowieauf die Qualifizierung von Multiplikatoren in Berufs-schulen, Betrieben und Kommunen. Die großen För-derprogramme CIVITAS und XENOS sind auch unterdem Dach des Bündnisses zusammengefasst wor-den.164 Für einen Zeitraum von drei Jahren wurdendem Jugendprogramm rund 77 Millionen Euro zurVerfügung gestellt, während CIVITAS im Jahr 2002über rund 10 Millionen Euro verfügte. Im Vordergrundstand hier die Förderung von Modellprojekten zurStärkung von zivilgesellschaftlichen Strukturen undder Opferberatung in Ostdeutschland, die auch in Zu-kunft wichtige Voraussetzungen für den Erfolg lokalerAntidiskriminierungsarbeit bleiben werden. Eine un-abhängige Bewertung der Effektivität der vorhandenenFörderstrukturen steht jedoch weiterhin aus.

Verbesserungen bei der langfristigen Konzeption vonProjekten, der Zielgruppenbestimmung sowie der Ent-wicklung von klaren Erfolgskontrollen werden dement-sprechend auch von einer breit angelegten Evaluie-rung der Aktionsprogramme und Maßnahmen gegenRechtsextremismus und Fremdenfeindlichkeit imAuftrag der Friedrich-Ebert-Stiftung eingefordert. Nurhierdurch ließe sich sicherstellen, daß die Tendenz zueiner eher kurzfristigen „Symbolpolitik“ und dem spür-baren „Zwang zum Positiven“ durch eine langfristige

Mobilisierung und effektive Förderung der zivilgesell-schaftlichen Kräfte ersetzt wird. Die „Fixierung aufdie Zielgruppe Jugendliche“ und das weitgehendeAussparen von „institutioneller Fremdenfeindlichkeit“sowie „der besonderen Bedingungen in Ostdeutsch-land“ hätten im Ergebnis nicht vermocht, existierendeWidersprüche bei einzelnen pädagogischen Interven-tionsstrategien und Projekten des interkulturellenDialogs aufzulösen. Die „Chance zur Qualitätssiche-rung“ und das Potential von lokalen Handlungsstra-tegien sind somit bei den Aktionsprogrammen mangelsklarer Zielsetzung bzw. der fehlenden Berücksichtigungdes politischen Kontextes und der wissenschaftlichenBegleitforschung nicht immer voll genutzt worden.165

Das Ziel der verbesserten Effektivität von bestehen-den Netzwerken und Förderprogrammen müsstedemnach im Rahmen einer übergeordnet zu schaf-fenden Antidiskriminierungspolitik an prominenterStelle behandelt werden. Auch bleibt zu fragen, obdie weiterhin benötigte Unterstützung für lokaleBeratungsprojekte und stadtteilgebundene Initiativenauf der Basis der gegenwärtigen Mittelvergabepraxistatsächlich zu einer langfristigen Stärkung der‚Opfergruppen‘ führt. Projekte, die das gegenseitigeVerständnis fördern oder die interkulturelle Kompetenzder Mehrheitsgesellschaft verbessern helfen sollen,können nur gelingen, wenn sie von Antidiskrimi-nierungsmaßnahmen zur Stärkung von Minderheitenbegleitet werden. Hierfür ist die Identifizierung undFörderung von bewährten Praktiken aus dem Bereichder Positivmaßnahmen ebenso erforderlich wie ver-stärkte Untersuchungen zum Zusammenhang zwischensozialer Marginalisierung und Diskriminierung, umdifferenzierte Aussagen über ungerechtfertigte her-kunftsbedingte, religiöse oder geschlechtsbezogeneUngleichbehandlungen machen zu können.

Maßnahmen der Bundesrepublik Deutschland zur Bekämpfung von Rassismus

Durchsetzung von Gleichberechtigung, die beispiels-weise durch die Verabschiedung des Behinderten-gleichstellungsgesetzes unlängst auch auf anderebenachteiligte Bevölkerungsgruppen ausgedehnt wordensind, sollten systematisch auf weitere Diskrimi-nierungsgründe ausgeweitet sowie durch internatio-nale Erfahrungen bei der Konzipierung von einer aufRassismus gerichteten Antidiskriminierungspolitikergänzt werden.

4.2 Maßnahmen durchSonderprogramme und institutionelleNetzwerke

Im Jahr 2001 wurden 51 Millionen Euro bereitgestellt,um im Rahmen des Kinder- und Jugendplans des Bun-des ‚Maßnahmen gegen Gewalt und Rechtsextremis-mus’ (30 Millionen €), bzw. Modellprojekte zur Unter-stützung von Initiativen gegen Rechtsextremismus (5Millionen €) und zur Beratung von Opfern rechtsex-tremer Straftaten in den neuen Bundesländern (5Millionen €) zu fördern sowie für Opferentschädi-gung als Soforthilfe (10 Millionen €) zur Verfügungzu haben. Weitere 25 Millionen Euro waren 2001 fürarbeitsmarktbezogene Projekte von ‚Xenos – leben undarbeiten in Vielfalt’ vorgesehen und wurden durchein Aktionsprogramm für die Verbesserung derBildungschancen für Migranten ergänzt.161 Nacheigener Beschreibung verfolgt die Bundesregierungdabei „einen mehrdimensionalen Handlungsansatz,der präventive und repressive Elemente verbindet“und die folgenden Schwerpunkte aufweist:

Menschenrechtspolitik/Menschenrechtserziehung;Stärkung der Zivilgesellschaft/Zivilcourage;Förderung der Integration von Ausländern;Maßnahmen, die auf den Täter und sein Umfeld

zielen.

Das Forum gegen Rassismus wurde 1998 in derFolge der Tätigkeit des Nationalen Koordinierungs-ausschusses zum Europäischen Jahr gegen Rassismusgeschaffen, um als Plattform für den Erfahrungs- bzw.

Informationsaustausch zwischen Regierungsstellen,wissenschaftlichen Einrichtungen und bundesweitagierenden Vertretern der Zivilgesellschaft zu fungie-ren. Offiziell gehören dem Forum ungefähr 75Mitglieder an. Seine Arbeit wird durch eineGeschäftsführende Arbeitsgruppe koordiniert, derneben Regierungs- und Nichtregierungsvertreternauch der deutsche Vertreter des EUMC-Verwaltungs-rates angehört. Der Vorsitz der Geschäftsführung unddie Geschäftsstelle sind jedoch im Bundesinnenminis-terium beheimatet. Das Forum tagt in Abständen vonmehreren Monaten und fungiert unterdessen offiziellals Nationaler Runder Tisch im Rahmen des europäi-schen Informationsnetzwerkes der EUMC. Zwischenden halbjährlichen Treffen findet die Arbeit vor allemim Rahmen von eingerichteten Arbeitsgruppen statt,die gegenwärtig u.a. Vorschläge zur Umsetzung derEU-Richtlinien bzw. zur Erstellung eines NationalenAktionsplans entwickeln.

Bereits zuvor hatte sich eine Vielzahl von Nichtregie-rungsorganisationen in einem Netz gegen Rassismuszusammengeschlossen, das sich auf europäischerEbene im Rahmen des internationalen Netzwerks vonNichtregierungsorganisationen unter dem organisa-torischen Dach von ENAR engagiert. Das Netz hatinzwischen sowohl einen Vorschlag für einen deut-schen Aktionsplan gegen Rassismus sowie eine kriti-sche Bewertung der parteipolitischen Wahlkampf-posititionen vorgelegt.162 Auch im Forum Menschen-rechte haben sich Mitgliedsorganisationen in eineranti-rassistischen Arbeitsgruppe zusammengeschlos-sen und entsprechende Positionen in die politischenAuseinandersetzungen eingebracht.163 Die kritischeBegleitung der Politik der Bundesregierung und dieangestrebte Vernetzung mit der internationalenEbene scheinen bei den erwähnten Initiativen profes-sionell und konstruktiv zu gelingen.

Unabhängig davon soll das von der Bundesregierungproklamierte Bündnis für Demokratie und Toleranzauf lokaler Ebene zivilgesellschaftliches Engagementbündeln und die Ablehnung von extremistischerGewalt demonstrieren. Über 900 Initiativen haben

Maßnahmen der Bundesrepublik Deutschland zur Bekämpfung von Rassismus

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161 Auswärtiges Amt: Sechster Bericht der Bundesregierung über ihre Menschenrechtspolitik in den auswärtigen Beziehungenund in anderen Politikbereichen, a.a.O., S. 49f.;

162 Netz gegen Rassismus: Bewertung der Positionen der Parteien in den Wahlprogrammen zum Thema Migration für dieBundestagswahlen 2002, Berlin 2002; Netz gegen Rassismus: Vorschlag für einen Aktionsplan gegen Rassismus für dieBundesrepublik Deutschland, beschlossen am 28. März 2000;

163 Forum Menschenrechte: Weltkonferenz gegen Rassismus – Ausgewählte Dokumente, Materialien Nr. 14, Februar 2000;Forum Menschenrechte: 50 Jahre Allgemeine Erklärung der Menschenrechte – 5 Jahre nach der WienerWeltmenschenrechtskonferenz, November 1998;

164 Bericht über die aktuellen und geplanten Maßnahmen und Aktivitäten der Bundesregierung gegen Rechtsextremismus,Fremdenfeindlichkeit, Antisemitismus und Gewalt, Unterrichtung durch die Bundesregierung, 14. Wahlperiode, Drucksache14/9519 vom 14.5. 2002, S. 10;

165 Roth, Roland: Bürgernetzwerke gegen Rechts - Evaluierung von Aktionsprogrammen und Maßnahmen gegenRechtsextremismus und Fremdenfeindlichkeit, FES, Bonn 2003;

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Zentrale Entscheidungen hinsichtlich der Berück-sichtigung von internationalen Empfehlungen bei dergesetzlichen Ausgestaltung von institutionellenBefugnissen, der föderalen Gliederung sowie derFinanzierungs- und Personalausstattung der ein-zurichtenden Antidiskriminierungstelle bliebensomit bislang offen. Im Rahmen einer umfassendenjuristischen Analyse wurden verfassungsrechtlicheFragen hinsichtlich möglicher Verfahrensmodelle füreine derartige Institution untersucht. Hiernach wäreeine solche Stelle hilfreich, um mittels Befugnissenzur Prozessführung (Amtsklage) zur Schlichtung vonVerfahren, zur Erteilung von Unterlassungsverfügun-gen und zur Durchsetzung von Wiedergutmachungs-ansprüchen den Verfassungsauftrag durchzusetzenund den Diskriminierungsschutz zu verbessern.171

Bei einem Vergleich der geplanten Maßnahmen für einzivilrechtliches Antidiskriminierungsgesetz mit denVorgaben der EU-Richtlinien wird auch ein expliziterSchutz vor Benachteiligung als Folge von Rechtsver-fahren zwecks Einklagung des Gleichbehandlungs-grundsatzes (‚Viktimisierung’) vermisst. Gleichzeitigkönnen vorhandene rechtspolitische Bedenken hin-sichtlich der Beschränkung von Vertragsfreiheit bzw.Privatautonomie sowie der Erleichterung der Beweislastweitgehend ausgeräumt werden. Denn die EU besitztu.a. im Bereich des geschlechterbezogenen Diskri-minierungsschutzes bereits „diverse Regelungen (….),die zum Zwecke des Diskriminierungsschutzes in diePrivatautonomie eingreifen, ohne dass irgendeine dieserMaßnahmen wegen einer Verletzung der Vertragsfrei-heit beim EuGH gescheitert wäre“. Somit kann der Richt-linie die „Verhältnismäßigkeit“ nicht abgesprochen wer-den, vielmehr antwortet sie „auf eine häufig dokumen-tierte Gegenwart von Diskriminierungen aufgrund derRasse oder der ethnischen Herkunft, die die bisherigenrechtlichen Regelungen nicht beseitigt haben. Sie ist des-halb geeignet und erforderlich ihr Ziel zu erreichen.“172

Allerdings wird von anderen Beobachtern die Anwen-dung des Konzepts der mittelbaren Diskriminie-rung im Rahmen des deutschen Rechtssystems alsmögliches Problem der Richtlinie gesehen, wiewohl

selbst ihnen klar ist: „ein Diskriminierungsverbot wärehäufig wirkungslos, wenn es sich auf die sogenannteunmittelbare Diskriminierung beschränken würde.“173

Auch der Tatbestand der rassistischen ‚Belästigung’wird als problematisch gesehen und Skepsis hinsicht-lich einer möglichen „Privilegierung“ durch Positiv-maßnahmen geäußert, die „die Personengruppe alsbesondere Gruppe herausheben … [und] damit imPrinzip der gesellschaftlichen Integration tendenziellzuwider“ laufen würde. Allerdings wird eingeräumt,„dass (…) Maßnahmen, die auf die Gewährleistungder Chancengleichheit von unterprivilegierten Perso-nengruppen, etwa durch spezifische Förderung derQualifikation, ausgerichtet sind, im Hinblick auf dieGleichbehandlung gerechtfertigt werden könnten“.174

In einer Antwort auf eine Kleine Anfrage erklärte dieBundesregierung im Herbst 2002, daß sie „weiteregesetzgeberische Maßnahmen zur Umsetzung derRichtlinie 2000/43/EG zu Beginn der nächsten Legisla-turperiode auf den Weg“ bringen und durch eine In-formationskampagne unterstützen würde. Mit Hinweisauf den zivilrechtlichen Gesetzentwurf der letzen Le-gislaturperiode räumt die Bundesregierung des wei-teren ein, dass es durchaus positive Erfahrungen mitBeweislasterleichterungen in Fällen einer Benach-teiligung wegen des Geschlechts gebe, die „nicht zueiner Häufung der auf eine Diskriminierung gestütz-ten Prozesse geführt“ hätten. Allerdings wird daraufhingewiesen, dass die Fragen nach „der mit der För-derung der Gleichbehandlung befassten Stelle“ undder Art der Sanktionen erst nach „der zurzeit nochandauernden Prüfung des Umsetzungsbedarfs“ ent-schieden werden.175 Die Bundesregierung bekennt sichaber ausdrücklich zu ihrer Bereitschaft für einen Dialogmit Verbänden und Organisationen über die konkreteAusgestaltung der Richtlinienumsetzung – ohne je-doch die Art und Weise des Dialogs zum Zeitpunktder Anfrage näher benennen zu können. Es ist daher zuhoffen, dass bei dem Gesetzesvorhaben eine Minimal-lösung vermieden und die Möglichkeit eines höherenSchutzniveaus sowie einer übersichtlichen, einfach-gesetzlichen Regelung bei der Umsetzung der Richt-linien genutzt wird.

Maßnahmen der Bundesrepublik Deutschland zur Bekämpfung von Rassismus

4.3 Maßnahmen zur Umsetzung derEU-Richtlinien und anderer Vorschlägefür ein Anti-Diskriminierungsgesetz bzw.eine nationale Anti-Diskriminierungs-stelle

Die dauerhafte Präsenz von ethnischen Minderheitenbzw. die fortschreitende ‚interne Pluralisierung’ derBundesrepublik erfordert nach Ansicht kritischerExperten dringend eine entsprechende Ausgestaltungder Rechtsnormen, was – ähnlich wie in andereneuropäischen Staaten - in ein erweitertes Antidis-kriminierungsrecht münden sollte.166 Schon in den90er Jahren hatte es verschiedene Entwürfe für eindeutsches Antidiskriminierungsgesetz gegeben, diejedoch an den damaligen Mehrheitsverhältnissenund dem fehlenden Bewusstsein für die verbreiteteExistenz von Diskriminierungstatbeständen scheiter-ten.167 Auch die Zuwanderungskommission derBundesregierung empfahl in ihrem Bericht „dierasche Umsetzung der EU-Richtlinie zur Anwendungdes Gleichbehandlungsgrundsatzes ohne Unterschiedder Rasse oder ethnischen Herkunft, um damit einenwichtigen Beitrag zur Bekämpfung von Diskriminierungzu leisten. Sie erwartet von dem Gesetz nicht nurRechtssicherheit für die Betroffenen, sondern aucheine politische Signalwirkung, die deutlich macht,dass rassistisch motivierte Diskriminierungen wedervom Staat noch von der Gesellschaft geduldet werden.Eine umfassende Aufklärung der Betroffenen überihre Rechte wird für erforderlich gehalten.“168

Die zwei Koalitionsvereinbarungen der beidenRegierungsparteien haben seit 1998 die Absichtdokumentiert, ein entsprechendes Antidiskriminie-rungsgesetz zu verabschieden. Ein erster zivilrecht-licher Gesetzentwurf wurde in der letzten Legislatur-periode vom Bundesjustizministerium erarbeitet.Durch eine Konkretisierung der bestehenden General-klauseln im deutschen Recht sollten fortan individual-rechtliche Ansprüche gegen eine Benachteiligungbzw. Ungleichbehandlung beim Zugang zu Dienst-leistungen wirksamer durchsetzbar sein, sofern diese

nicht auf sachlich begründeten Unterscheidungenberuhen. Kernpunkte des Entwurfes beziehen sich aufTatbestände der Diskriminierung auf dem Wohnungs-markt, bei Finanzdienstleistungen oder auch beiberufsständischen Vereinen, denen zwecks Stärkungder Opfer mit gezielten Erleichterungen hinsichtlichder Beweispflicht, des Verbandsklagerechts und derRegelungen zum Schadensersatz begegnet werdensoll. Zahlreiche gesellschaftliche Akteure haben ausunterschiedlichen Blickwinkeln deutliche Kritik andiesem Entwurf geäußert. So ging er beispielsweiseden kirchlichen Einrichtungen oder auch demDeutschen Anwaltsverein in seinen Regelungen zuweit, auf Diskriminierungsfragen spezialisiertenNichtregierungsorganisationen aber nicht weitgenug.169

Als Schwachpunkte des ursprünglichen Gesetzent-wurfes gelten u.a.:

der unzureichende Bezug auf die Inhalte derUmsetzungsverpflichtung der EU-Richtlinie; keine Regelung zur Einrichtung einer Antidiskri-minierungsstelle; keine Berücksichtigung von Diskriminierung aufdem Arbeitsmarkt; eine fehlende Einbeziehung von Verwaltung, Polizeiund Justiz sowie anderer wichtiger Rechtsbereichesowie das Fehlen eines allgemeinen Normbereini-gungsverfahrens; die relative Schwäche der Rechtsfolgen, die bei derRegelung der Ansprüche auf Unterlassung, Folgenbe-seitigung und Schadensersatz vage bleiben.

Demgemäß lautet die Kritik von AmnestyInternational: „Die Vorschläge für ein Antidiskrimi-nierungsgesetz erfüllen weder die Anforderungen derEU-Richtlinien selbst, noch regionaler und interna-tionaler Menschenrechtsstandards, noch des 12.Zusatzprotokolls zur Europäischen Konvention zumSchutz der Menschenrechte und Grundfreiheitenoder der Richtlinien der Vereinten Nationen für einAntidiskriminierungsgesetz von 1996…“170

Maßnahmen der Bundesrepublik Deutschland zur Bekämpfung von Rassismus

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166 Nickel, Rainer: Gleichheit und Differenz in der vielfältigen Republik – Plädoyer für ein erweitertes Antidiskriminierungsrecht,Baden-Baden 1999;

167 Für eine vergleichende Analyse unterschiedlicher parteipolitischer Entwürfe der 90er Jahre vgl. Addy, David Nii: The quest foranti-discrimination policies to protect migrants in Germany: An assessment of the political discussion and proposals for legisla-tion, ILO Migration Branch, Geneva 1997; vgl. auch Pörksen, Heike: Politische Ansätze zum Schutz gegen ethnische Diskriminie-rung in der Bundesrepublik, Diplomarbeit am Fachbereich Politische Wissenschaften der Freien Universität Berlin, Berlin 1997;

168 Bericht der Unabhängigen Kommission ‘Zuwanderung’: Zuwanderung gestalten – Integration fördern, 4. Juli 2001, S. 252;169 Vgl. hierzu u.a. die verschiedenen Stellungnahmen aus dem Jahre 2002 des Interkulturellen Rates, von Pro Asyl sowie der

Nichtdiskriminierungsinitiativen aus NRW.170 Amnesty International: Kommentar zum 6. Bericht der Bundesregierung über ihre Menschenrechtspolitik in den

Auswärtigen Beziehungen und in anderen Politikbereichen vom 06.06.2002, S. 14;

171 Rädler, Peter: Verfahrensmodelle zum Schutz vor Rassendiskriminierung, Max-Planck-Institut für ausländisches öffentlichesRecht und Völkerrecht, Berlin u.a. 1999;

172 Mahlmann, Matthias: "Gleichheitsschutz und Privatautonomie – Probleme und Perspektiven der Umsetzung der Richtlinie2000/43/EG gegen Diskriminierungen aufgrund von Rasse und ethnischer Herkunft" in: Zeitschrift für EuroparechtlicheStudien Heft 3 2002, S. 420;

173 Hailbronner, Kay:"Die Antidiskriminierungsrichtlinien der EU" in: Zeitschrift für Ausländerrecht Nr. 6/2001, S. 256;174 Hailbronner, a.a.O., S. 258;175 Deutscher Bundestag: Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Ulla Jelpke und der Fraktion

der PDS – Drucksache 14/9854 – Umsetzung der europäischen Gleichbehandlungsrichtlinie, 14. Wahlperiode, Drucksache14/9983 vom 25.09.2002;

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unbedingt von einer breit angelegtenInformationskampagne177 über die Verbreitung vonDiskriminierungserfahrungen und der notwendigenbesseren gesellschaftlichen Repräsentanz von dauer-haft ansässigen Migranten und ethnischenMinderheiten begleitet sein.

Berits der Prozeß der Erstellung des NAP bietet eine ein-zigartige Chance, die themenbezogeneZusammenarbeit zwischen Regierung undInstitutionen der Zivilgesellschaft zu erproben. Einebesondere Rolle wird hier auch der notwendigenStärkung von lokalen Antidiskriminierungsbüroszukommen, die die Arbeit einer nationalen Anti-diskriminierungsstelle quasi ‚vor Ort’ ergänzen müssen.

4.5 Hauptergebnisse

Nach der überfälligen Reform des Staatsangehörig-keitsrechts und der deutlicheren Anerkennung vonRassismus als politischer Herausforderung für Deutsch-land lässt sich aus den offiziellen Stellungnahmenein allmählicher Wandel in der Beurteilung diesespolitischen Handlungsfeldes ableiten. Diese konzep-tionelle Veränderung sollte durch eine Intensivierungder Maßnahmen gegen rassistische Gewalt und dieaktivere Auseinandersetzung mit vorhandenen Dis-kriminierungstatbeständen auch praktisch im Rahmen

von zukünftigen Politikmaßnahmen noch deutlicherumgesetzt werden. Die menschenrechtliche Ausge-staltung des Zuwanderungsgesetzes sowie die Be-rücksichtigung von Antidiskriminierungspolitik als Teileiner umfassenden Integrationspolitik würden hier-bei einen wichtigen politischen Rahmen für die Be-kämpfung von Rassismus bilden, der auf keinen Fallfür parteipolitische Zwecke instrumentalisiert werdendarf.

Darüber hinaus müssen die konsequente Umsetzungder EU-Richtlinien gegen Diskriminierung und dieSchaffung eines eigenständigen Antidiskriminierungs-gesetzes die gesetzliche Basis einer neuen gesamtge-sellschaftlichen Initiative gegen Rassismus bilden.Internationale und zivilgesellschaftliche Vorschlägesollten hierbei im Interesse einer Optimierung desSchutzes unbedingt Beachtung finden. ÜberprüfbareMaßnahmen zur besseren Unterstützung von be-sonders bedrohten Opfergruppen und zur schnellenUmsetzung der im jüngsten Menschenrechtsberichtder Bundesregierung identifizierten Aufgabenfeldersollten ebenso wie die Empfehlungen der UN-Weltkonferenz gegen Rassismus zentrale Bestandteiledes zu entwickelnden Nationalen Aktionsplans gegenRassismus werden. Bestehende Bundesprogramme undinstitutionelle Netzwerke müssen ferner in Zusam-menarbeit mit lokalen Beratungsprojekten verbessertsowie in ihrer Wirkungsweise durch unabhängigeEvaluierungen gestärkt werden.

Maßnahmen der Bundesrepublik Deutschland zur Bekämpfung von Rassismus

4.4 Maßnahmen zur Umsetzung derBeschlüsse der UN-Weltkonferenzgegen Rassismus

Die in den Durbaner Abschlussdokumenten enthalte-nen Selbstverpflichtungen sind offenbar auf interna-tionaler Ebene durchaus ernst genommen worden, sodass bereits verschiedene regionale Expertentreffenstattfanden, um das Follow-Up voranzutreiben. ImMai 2002 ist auch ein erstes europäisches Experten-treffen zur Implementierung der WCAR-Beschlüssevom Europarat einberufen worden. Ein weiteresTreffen ist für 2003 geplant, um sich über den unter-schiedlichen Umsetzungsstand der Mitgliedsstaatenzu informieren. Das Büro des UN-Hochkomissariatsfür Menschenrechte bereitet derzeit eine Zusammen-stellung internationaler ‚best practice’ vor.

In Deutschland werden die nationalen Aktivitätenvom Bundesinnenministerium im Rahmen von inter-ministeriellen Absprachen koordiniert. Im Rahmendes Forums gegen Rassismus wurden seit November2002 verschiedene Nichtregierungsorganisationenund andere Vertreter der Zivilgesellschaft mit Regie-rungsvertretern zu bundesweiten Konsultationenzusammengebracht. Ziel ist die Erarbeitung einesNationalen Aktionsplans (NAP) im Einvernehmen mitinteressierten Nichtregierungsorganisationen, um denAktionsplan Ende 2003 per Kabinettsbeschluss verab-schieden zu können. Die Bundesregierung hat die Be-schlüsse der WCAR als „Maßstab und Richtschnur fürMaßnahmen gegen Rassismus und Fremdenfeindlich-keit auf nationaler, regionaler und internationaler Ebene“gewürdigt und die folgenden Themen als „für Deutsch-land in erster Linie bedeutsame Aufgabenfelder“ be-zeichnet.176

Handlungsfelder für Deutschland nach Durban

Integration von Flüchtlingen zur Vorbeugung gegenDiskriminierung;Maßnahmen gegen Diskriminierung von Ausländernbei Arbeitssuche und am Arbeitsplatz;

Gesetzgebung zu Einwanderung sowie damit zusam-menhängende ausländerrechtliche Bestimmungen;Bekämpfung des Menschenhandels und Schutz fürdie Opfer;Minderheitenschutzregelungen und spezifischeMaßnahmen zum Schutz der Roma und Sinti;Menschenrechtsbildung unter besonderer Berück-sichtigung der Aus- und Fortbildung von Vollzugs-personal in Polizei und Strafvollzug;Bekämpfung von Rassismus im Internet;Datenerhebung im Zusammenhang mit der Be-kämpfung von Rassismus;Einbeziehung der Nichtregierungsorganisationenund der Zivilgesellschaft in die Bekämpfung vonRassismus;Schutz von Opfern rassistischer Gewalt sowie kon-sequente Strafverfolgung der Täter.

Zunächst kritisierten deutsche Nichtregierungs-organisationen, dass die nationale Implementierungder Verpflichtungen der Weltkonferenz gegen Rassis-mus nicht ausreichend Gestalt angenommen habe.Im Folgejahr hätten weder in ausreichendem Maßeinhaltliche Vorarbeiten stattgefunden. Ende 2002wurde jedoch ein ‚bottom-up’ Prozess für dieErstellung des Nationalen Aktionsplans eingeleitet.Im November konstituierte sich eine Arbeitsgruppevon Nichtregierungsorganisationen zur Erstellungeines Nationalen Aktionsplans als Unterarbeitsgrup-pe des Forums gegen Rassismus. Die Ergebnisse die-ses auch mit öffentlichen Mitteln unterstütztenArbeitsprozesses sollen im Herbst 2003 mit denVorarbeiten der Bundesregierung zu einem gemeinsa-men Nationalen Aktionsplan zusammengeführt wer-den, der dann durch das Bundeskabinett beschlossenwerden soll.

Der NAP sollte eine nationale Selbstverpflichtungenthalten, die auf der Basis eines möglichst konkre-ten Zeitplans zielgerichtete Maßnahmen zurUmsetzung notwendiger gesetzgeberischerMaßnahmen bzw. ihrer Überwachung enthält. Einsolches Aufgabenbündel sollte angesichts des man-gelnden öffentlichen Bewußtseins in Deutschland

Maßnahmen der Bundesrepublik Deutschland zur Bekämpfung von Rassismus

58 59

176 Auswärtiges Amt: Sechster Bericht der Bundesregierung über ihre Menschenrechtspolitik in den auswärtigen Beziehungenund in anderen Politikbereichen, a.a.O., S. 45;

177 Im Rahmen der Arbeitsgruppe Gleichbehandlung/Nichtdiskriminierung im Forum gegen Rassismus wird derzeit eineKampagne zur öffentlichkeitswirksamen Begleitung der Umsetzung der EU-Richtlinien diskutiert.

4 4

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Maßnahmen dringend erforderlich wären. NationalePolitikmaßnahmen und Gerichtsentscheidungen soll-ten stärker als bisher direkten Bezug auf vorhandeneinternationale Menschenrechtsstandards nehmen.Gegenwärtig hat aber die deutsche Politik noch nichtumfassend die international empfohlenen Schutz-möglichkeiten vor rassistischer Diskriminierung aus-gebaut und sich auch nicht konsequent an bewähr-ten Praktiken orientiert. Eine stärkere Berücksichti-gung von bewährten Praktiken und zivilgesellschaft-lichen Vorschlägen für die Entwicklung von Antidis-kriminierungspolitik im Gesetzgebungsprozess wirdvor allem im Zuge der Umsetzung der EU-Gleichbe-handlungsrichtlinien notwendig sein.

Ein effektiver Schutz vor rassistischer Diskriminierungwird sich nicht allein durch Rechtssprechunggewährleisten lassen. Entscheidend bei der Umsetzungund Beurteilung der Wirksamkeit staatlicher Gegen-maßnahmen wird die öffentliche Kontrolle und zivil-gesellschaftliche Beteiligung bleiben, die viel stärkerals bisher auch die Partizipation von bislang unterre-präsentierten ethnischen Minderheiten sicherstellenmuss. Antirassistische Nichtregierungsorganisationensollten die Begleitung der deutschen Berichterstat-tung zu relevanten internationalen Konventionen zu-sätzlich in ihr strategisches Arbeitsprogramm auf-nehmen, sich auf diese Weise stärker professionali-sieren und die Strukturen des internationalen Men-schenrechtsschutzsystems intensiver für ihre wichtigeLobbyarbeit nutzen. Die systematische Dokumentationvon Diskriminierungen und der Aufbau unabhängigerinstitutioneller Mechanismen zur Überwachung dernationalen Politikmaßnahmen können darauf hinwir-ken, dass die internationalen Standards zukünftig inDeutschland besser eingehalten werden.

Insbesondere wissenschaftliche Forschungseinrich-tungen und zivilgesellschaftliche Beratungsprojektesind deshalb aufgerufen, stärker als bisher ihre Arbeitzu Rassismus auf europäischer Ebene zu koordinieren

5 Zusammenfassende Bewertung und Empfehlungen

Zusammenfassende Bewertung und Empfehlungen

60

und gemeinsame Zielvorgaben zu entwickeln. Durcheine größere Harmonisierung der statistischen undqualitativen Erfassungsmethoden von Diskriminie-rung würde nicht nur die Vergleichbarkeit nationalerSituationen, sondern auch die Bewertungsgrundlagevon Politikmaßnahmen verbessert werden. Die Doku-mentation und Analyse von vorhandenen Diskrimi-nierungstatbeständen sollte dabei durch weitere wis-senschaftliche Studien sowie umfangreiche Praxistestsergänzt werden. Nur so lassen sich Überschneidun-gen rassistischer Diskriminierungen mit Benachteili-gungen aufgrund der Religion, des Geschlechts oderder Nationalität konzeptionell erfassen. In Zukunftwird es hierbei aller Wahrscheinlichkeit zunehmendum Angehörige von ethnischen Minderheiten gehen,die die deutsche Staatsangehörigkeit besitzen unddenen keine migrationsspezifischen Defizite unter-stellt werden können.

Im Mittelpunkt einer nationalen Antidiskriminierungs-strategie sollte jedoch die Situation auf dem Arbeits-markt stehen. Der effektive Abbau von Diskriminierungkann auch hier nur durch eine verbesserte gesellschaft-liche Teilhabe von Menschen, die von Diskriminierungbetroffen sind, gelingen. Neben einer verstärktenQualifizierungsoffensive zum Abbau von Arbeitslo-sigkeit und für eine höhere Ausbildungsbeteiligungsollten daher Förderpläne zur Erhöhung des Anteilsvon ethnischen Minderheiten im öffentlichen Dienstund anderen qualifizierten Berufsbereichen der

Privatwirtschaft in Betracht gezogen werden. Hierbeiwäre eine Berücksichtigung von bereits gemachtenErfahrungen mit anderen Querschnittsthemen bzw.die Formulierung von konkreten qualitativenZielvorgaben durch die Sozialpartner sicherlich hilf-reich. Die Bekämpfung von Rassismus und der Abbauvon Diskriminierung kann sich auch als Beitrag zurStärkung von wirtschaftlicher Wettbewerbsfähigkeiterweisen.

Neben öffentlichen Institutionen müssen sich außer-dem in Zukunft vor allem die Bildungs- undMedienbereiche mit neuartigen interkulturellenErfordernissen auseinandersetzen. Gesamtgesell-schaftlich ist ein deutlich positiveres Bewußtsein fürgesellschaftliche Vielfalt erforderlich. Zudem wäredie aktive Unterstützung von Selbstvertretungsorgani-sationen von Migranten im Sinne einer präventivenRassismusbekämpfung und zur gezielten Förderungvon benachteiligten Bevölkerungsgruppen dringendgeboten. Hierfür sind breite Bündnisse notwendig,die nicht zuletzt auch auf Seiten der Minderheiten-organisationen funktionsfähige Strukturen auf lokalerund nationaler Ebene erfordern. Eine verbesserteöffentliche Wahrnehmung von internationalenPolitikempfehlungen oder vorhandenen Leitlinienwird daher auch in diesen Bereichen die Effektivitätder nationalen Praxis zur Bekämpfung von Rassismusnoch steigern müssen.

Zusammenfassende Bewertung und Empfehlungen

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Die Bundesrepublik Deutschland hat die zentralenStandards internationaler menschenrechtlicher Schutz-mechanismen ratifiziert. Zudem stellt sich Deutsch-land den internationalen Verpflichtungen auf demGebiet der Rassismusbekämpfung in jüngerer Zeitproblemgerechter und bemüht sich um eine stärkereOrientierung an globalen Standards. Rassismus wirdinzwischen als wichtiges politisches Handlungsfeldwahrgenommen. Die deutsche Menschenrechtspolitikgewinnt in dem Maße an internationaler Legitimität,wie sie die Anwendung ihrer hohen Maßstäbe im ei-genen Land glaubhaft macht. Eine vollständige, akti-ve Umsetzung der auf Diskriminierungsschutz zielen-den internationalen Standards sowie die stärkere Be-rücksichtigung von internationalen Empfehlungen istnun geboten.

Der Schutz vor Rassismus in Deutschland hat dabeieine besondere historische und ethische Dimensionund die regelmäßige Berichterstattung an die inter-nationalen Vertragsorgane sollte daher vor allem alsChance begriffen werden, den Schutz der Opfer vonDiskriminierung bei der Konzeption von Gegenmaß-nahmen stärker in den Vordergrund zu rücken. DieRegierung sollte sich nicht scheuen, eine öffentlicheDebatte und Auseinandersetzung über internationaleVorschläge zur Rassismusbekämpfung zu führensowie die Kooperation mit Zivilgesellschaft undWissenschaft zu intensivieren. Denn Rassismus exi-stiert weiterhin sowohl als alltägliche Bedrohung inForm von Gewaltübergriffen, sozialer Benachteili-gung, offenen Diskriminierungen als auch in subtilenVorurteilen, und kann – gefördert durch entsprechendepolitische Diskurse und stigmatisierende Medienberich-te - Menschenrechte in Deutschland bedrohen.

Bislang gibt es in Deutschland kein umfassendes zi-vilrechtliches Antidiskriminierungsgesetz, dement-sprechend kaum juristisches ‚case law’ und es fehlenauch andere Elemente einer nationalen Antidiskrimi-nierungspolitik, die zur Ergänzung der bestehenden

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staatliche Gleichbehandlungsauftrag im Sinne tat-sächlicher Chancengleichheit durchgesetzt wird.180

Der nationale gesetzliche Rahmen soll nach der neu-esten, umfassenden Empfehlung von ECRI klar defi-nierte Diskriminierungsverbote enthalten, die direkteund indirekte Diskriminierung aufgrund der ‚Rasse’,Hautfarbe, ethnischen oder nationalen Herkunft,Nationalität, Religion und Sprache verbieten. Über-sichtliche gesetzliche Bestimmungen müssen fernerdurch entsprechende einfachgesetzliche Regelungenim Straf- bzw. Zivilrecht sowohl die aktive Förderungvon Gleichbehandlung und eine konsequente Straf-verfolgung von rassistischen Straftaten festschreibenals auch Beweislasterleichterungen, Möglichkeitenzur Verbandsklage und eine angemessene Entschädi-gung ermöglichen.181 Die Gesetzgebung muss hierbeiin jedem Fall alle öffentlichen Instanzen – auch denStrafvollzug, die Polizei, Justiz – sowie den privatenBereich einschließen und notfalls Verbote gegenrassistische Organisationen ermöglichen.

Die unterschiedlichen nationalen Ausprägungen diesergesetzgeberischen Maßnahmen reflektieren – nebender Orientierung an internationalen Standards – auchdas jeweils zugrunde liegende rechtsphilosophischeGerechtigkeitsmodell. Je nach Rechtstradition undgesetzlichem Zuschnitt liegt der Schwerpunkt vonAntidiskriminierungspolitik häufig entweder vor allemauf der Herstellung von individueller Chancengleich-heit oder eher stärker auf der institutionellen Dimen-sion von Diskriminierung als Ausdruck tatsächlicher

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178 Vgl. Addy, David Nii: "Internationale Erfahrungen bei der Konzipierung von Antidiskriminierungspolitiken" in: Die unsolida-rische Gesellschaft, Dokumentation der Antidiskriminierungs-Tagung vom 17.11.1996, (Hrsg.) Brandung – Werkstatt fürpolitische Bildung in der Heinrich-Böll-Stiftung, Potsdam 1996, S. 17-24;

179 ILO, IOM, OHCHR in consultation with UNHCR: International Migration, Racism, Discrimination and Xenophobia, DiscussionPaper, Geneva 2001;

180 European Foundation for the Improvement of Living and Working Conditions: European Compendium of Good Practice forthe Prevention of Racism at the Workplace, by John Wrench, Danish Centre for Migration and Ethnic Studies, Dublin 1997;

181 ECRI: General Policy Recommendation No.7 on national legislation to combat racism and racial discrimination, adopted on13 December 2002, CRI (2003)8, Council of Europe, Strasbourg 17 February 2003;

6 Internationale Leitlinien für Maßnahmen gegen Rassismus

Wirkungen von gesellschaftlichen Prozessen auf ein-zelne Minderheitengruppen. Während letzterer somitoft indirekte Formen der Diskriminierung bzw. dierelative Position von Bevölkerungsgruppen in denBlickpunkt rückt, verfolgt der erste Ansatz schwer-punktmäßig die Sicherstellung von fairen Ausgangs-bedingungen durch straf- und zivilrechtliche Rege-lungen. Allerdings sind Mischformen die Regel.182

Doch Gesetze alleine sind unzureichend, insbesonderewenn sie keine konsequente Anwendung finden oderausschließlich über negative Verbotsmaßnahmen ex-post korrigierend einwirken. Entsprechend deuten Er-fahrungen bei der Anwendung von Antidiskriminie-rungsgesetzen darauf hin, daß diese häufig nichtausreichend umgesetzt werden und explizit für Men-schen, die die betreffende Staatsangehörigkeit nichtbesitzen, Geltung haben müssen – also auch das Kri-terium Nationalität enthalten müssten. VergleichendeUntersuchungen unterstreichen aber auch die begrenz-te Nützlichkeit von strafrechtlichen Maßnahmen undzeigen, dass zivilrechtliche Bestimmungen zumeisteffektiver sind. Für die erfolgreiche gesellschaftlicheVerankerung einer solchen Antidiskriminierungsstra-tegie ist jedoch zuallererst eine öffentliche Anerken-nung der Realität von Diskriminierung und Benach-teiligung erforderlich, der sich alle gesellschaftlichenInstanzen offensiv stellen müssen. Zudem sollteninstitutionelle Mechanismen zur Überprüfung vonGesetzgebungsvorhaben bzw. zum Mainstreaming vonGleichbehandlungsgrundsätzen geschaffen werden.

Eine Schlüsselfunktion übernehmen dabei speziali-sierte Antidiskriminierungsstellen bzw. unabhän-gige Überwachungsinstitutionen, die auf nationaler,regionaler und lokaler Ebene die Gleichbehandlungfördern bzw. den Diskriminierungsschutz überwachenhelfen. Zu ihren typischen Funktionen gehört aufnationaler Ebene die Politikberatung durch Kommen-tierung von Gesetzesvorhaben oder Ausarbeitung vonRechtsvorschriften bzw. freiwilligen Leitlinien. Letzterekönnen sich auf ausgewählte Politikbereiche bezie-hen oder sich auch an einzelne Unternehmens-branchen bzw. an politische Entscheidungsträger rich-

ten. Darüber hinaus betreiben die meisten derartigenEinrichtungen auch wissenschaftliche Begleitfor-schung, öffentliche Sensibilisierungs- bzw. Informa-tionsarbeit und übernehmen möglicherweise Aufgabenzur freiwilligen Streitschlichtung. Ihre Mitarbeiter-struktur sollte hierbei repräsentativ für die Gesamt-bevölkerung sein und die Durchführung von Trainings-maßnahmen für spezielle Gruppen ermöglichen, umAntidiskriminierung als gesellschaftliche Querschnitts-aufgabe zu verankern.183

Eine vergleichende Analyse von 21 europäischenEinrichtungen, die im Rahmen des derzeitigen EU-Aktionsprogramms zur Bekämpfung von Diskriminie-rungen entstanden ist, bezieht sich bei ihrenEmpfehlungen auch auf die sog. ‚Pariser Prinzipien‘für nationale Menschenrechtsinstitutionen. Hiernachsollten spezialisierte Stellen zur Förderung derGleichstellung und Bekämpfung von Diskriminierungauf der Grundlage eines nationalen Gesetzes ge-schaffen, mit angemessenen Befugnissen bzw.öffentlichen Mitteln ausgestattet sowie regierungs-unabhängig und sowohl in der Mitarbeiterstrukturals auch dem Verwaltungsrat möglichst pluralistischzusammengesetzt sein.184 ECRI hat bereits vor einigenJahren eine ähnliche Übersicht über europäischeErfahrungen mit solchen Institutionen erstellt, umgute Praktiken herauszustellen.185 Deutschland warauch in dieser Übersicht nicht vertreten.

Die untersuchten Erfahrungen mit entsprechendennationalen Einrichtungen in Belgien, Dänemark,Frankreich, Irland, Luxemburg, Niederlande, Portugal,Schweden, Finnland und dem Vereinigten Königreichdeuten darauf hin, daß zunehmend ein horizontalerAnsatz in Betracht gezogen wird, bei dem die Äch-tung von Diskriminierungen aus allen Gründen imRahmen eines integrierten Konzepts verfolgt wird.Allerdings wird insbesondere bei der erstmaligenSchaffung entsprechender Institutionen darauf zuachten sein, daß genügend Aufmerksamkeit bislangvernachlässigten Diskriminierungsmerkmalen – wie derethnischen Herkunft - geschenkt wird. Die konkreteUnterstützung von Diskriminierungsopfern sollte daher

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182 McCrudden, Christopher: "International and European Norms regarding national legal remedies for Racial Inequality” in:Fredman, Sandra (Hrsg.): Discrimination and Human Rights, Oxford 2001., S;

183 MacEwen, Martin: "Promoting equal opportunity – the enforcement agency" in: Anti-discrimination law enforcement – acomparative perspective, edited by MacEwen, M., Aldershot 1997, S. 1-29;

184 PLS Ramboll Management: Spezialisierte Stellen zur Förderung der Gleichstellung und/oder zur Bekämpfung vonDiskriminierungen, Zusammenfassung des Berichts für die Europäische Kommission im Rahmen des Aktionsprogramms derGemeinschaft gegen Diskriminierung (2001-2006), Mai 2002;

185 ECRI: Good Practices - Specialised bodies to combat racism, xenophobia, anti-Semitism and intolerance at national level,CRI (99) 43, April 1999;

6

Das Prinzip der Nichtdiskriminierung ist ein funda-mentaler Bestandteil des internationalen Menschen-rechtssystems. Die zentrale Herausforderung bei derEntwicklung von Handlungsstrategien gegen Dis-kriminierung besteht in der Gewährleistung von aus-reichender Flexibilität, um auf den dynamischenCharakter von rassistischen Phänomenen reagierenzu können. Präventive Maßnahmen müssen mit einerregelmäßigen Überwachung der Schutzvorgabenkombiniert werden. Auf internationaler wie nationa-ler Ebene gibt es seit vielen Jahren Forderungen nachgezielten Politik- und Programmentwürfen, die denSchutz vor rassistischer Diskriminierung für Einzel-personen und betroffene Gruppen verbessern helfenund eine effiziente Umsetzung von völkerrechtlichenStandards in diesem Gesellschaftsbereich gewähr-leisten sollen. Hierbei haben sich in einzelnenStaaten Westeuropas eine Reihe von bewährtenPraktiken herausgebildet.178

Ein solcher Rahmen für „best-practices“ umfasst nachder Auffassung verschiedener internationaler Organi-sationen auf nationaler Ebene eine umfassendeGesetzgebung, die Existenz einer unabhängigen Über-wachungsinstanz, die Erarbeitung eines gezieltenAktionsplans, ein koordinierendes inter-ministerialesKonsultationsgremium sowie Bildungsmaßnahmenzur Beeinflussung von negativen Stereotypen undDesinformation.179 Darüber hinaus können Sektorver-einbarungen zwischen den Sozialpartnern und spe-zielle Positivmaßnahmen zur Überwindung von struk-turellen Ungleichheiten dafür Sorge tragen, dass der

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beispielsweise auf dem Arbeitsmarkt die Bewer-bungschancen von unterrepräsentierten Bevölke-rungsgruppen erhöhen helfen sollen. Ein solcherPolitikansatz kann schließlich auch darauf abzielen,tatsächliche oder potentielle Opfer von Diskriminie-rung gezielt über ihre Rechte zu informieren und aufdiese Weise langfristig die gesellschaftliche Sensibi-lität für Diskriminierungserfahrungen und somit dieBereitschaft für erweiterte Förderprogramme zuerhöhen.

In diesem Zusammenhang bedeutsam erscheinen vorallem zivilgesellschaftliche Basisinitiativen, die dieHandlungsfähigkeit bzw. Selbstorganisation vonbenachteiligten Gruppen und Individuen als Voraus-setzung für eine gleichberechtigte Teilhabe undangemessene gesellschaftliche Repräsentanz stärkenmüssen. Über eine entsprechende Förderung vonSelbstvertretungsorganen wird letztlich auch dasöffentliche Bewußtsein für den positiven Beitrag vonMinderheitengruppen für die gesellschaftliche Vielfaltbeeinflusst werden können. Zu den besonders gefähr-deten Opfern von Rassismus gehören neben Flücht-lingen und Migranten vor allem Menschen afrikani-scher Herkunft, Sinti und Roma sowie religiöse Min-derheiten.

Eine wichtige präventive Rolle kommt auch Politikernund ihren Parteien zu, die sich verpflichten sollten,ethnische Vielfalt zu würdigen, anti-rassistischeElemente in ihre Wahlprogramme aufzunehmen undvon einer wahltaktischen Instrumentalisierung vonMigrations- bzw. Asylfragen Abstand zu nehmen.Hierzu sollte die Charta von Europäischen Parteiengegen eine rassistische Gesellschaft aktiv umgesetztund durch eine stärkere Repräsentanz unterschied-licher Bevölkerungsgruppen in politischen Parteienzusätzlich abgesichert werden.190

Fortschritte bei der Beendigung von Ungleichbe-handlungen aufgrund von Diskriminierungen, dergesellschaftlichen Stigmatisierung oder der benach-teiligten Rechtsstellung werden ohne die Beteiligungder betroffenen Gruppen an entsprechenden

Reformprozessen nicht ausreichend erzielt werdenkönnen. Öffentliche Institutionen, Medienberichte,schulische Lehrinhalte und Ausbildungseinrichtungenmüssen dabei geeignet sein, die Vielfalt einer multi-ethnischen Bevölkerungsstruktur vorurteilsfrei abzu-bilden und in Anlehnung an die gesellschaftlicheRealität zahlenmäßig zu repräsentieren. NeuartigeAngebote anti-rassistischer Bildungsarbeit sollten sokonzipiert sein, dass sie das Erlernen alternativerKommunikations- und Handlungsformen auf derGrundlage der in den Menschenrechten enthaltenenWerte und Normen ermöglichen und unterstützen.Sie sollten dabei auf alle relevanten Gesellschaftsbe-reiche – insbesondere den Arbeits- und Bildungsbe-reich - ausgerichtet sein und eine konzeptionelleAusrichtung auf alle Bevölkerungsgruppen anstreben.

Vorschläge des International Council on HumanRights Policy machen deutlich, dass ein koordiniertesVorgehen notwendig ist, welches verbreiteten Mängelnbeim gesetzlichen Schutz und möglichen Benachtei-ligungen beim Zugang zu Dienstleistungen bzw.Ressourcen durch eine verbesserte Einflussnahme aufpolitische Reformbemühungen und eine sichtbaregesellschaftliche Repräsentanz von Minderheitenals Bedingungen für einen effektiven Schutz vorRassismus begegnen müsste. Regierungen undöffentliche Instanzen haben eine Vorbildfunktion undmüssen Rassismus offen benennen und verurteilen.Dies gilt für historische Vergehen, die eine gesell-schaftliche Anerkennung verlangen, ebenso wie fürgegenwärtige Diskriminierungspraktiken.191

Der Themenkomplex Diskriminierung und Rassismus,der eine zentrale Herausforderung für die nationaleMenschenrechtsarbeit darstellt, sollte daher zukünftigauch ein integraler Bestandteil der Arbeit des Deut-schen Instituts für Menschenrechte werden. Zusam-menfassend lassen sich folgende Elemente einerumfassenden Antidiskriminierungspolitik nennen:

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190 EUMC: Diversity and Equality – Annual Report 1999; Vienna 2000, S. 95ff;191 International Council on Human Rights Policy: Racial and economic exclusion – Policy Implications, Versoix 2001;

Teil des umfassenden Mandats sein, welches Rechts-beratung, Ermittlungsbefugnisse, die Durchführungvon Situationstests oder die Vertretung in Gerichts-verfahren bzw. den Erlaß förmlicher Entscheidungenumfassen könnte.186

Die Notwendigkeit der Sammlung und Veröffent-lichung von aussagefähigen statistischen Daten,die als Grundlage zur Beurteilung der sozialen Realitätund der anteilsmäßigen Repräsentanz von ethni-schen Minderheiten in ausgewählten Gesellschafts-bereichen dienen können, ist eine weitere wichtigeVoraussetzung für die Problemanalyse von (indirekter)Diskriminierung bzw. die Gestaltung von effektivenMaßnahmen gegen direkte Diskriminierung. DieseAngaben sollten auf freiwilliger Selbsteinschätzungberuhen und können neben Aussagen über die ethni-sche Herkunft alternativ auch Informationen überden Geburtsort, die Muttersprache, die Religion oderdie Staatsbürgerschaft enthalten. Regelmäßige Erhe-bungen müssen hierbei auch Auskunft über Anzahlsowie Charakter von rassistischen Vorfällen, derenStrafverfolgung und die Situation des Opfers geben,um Veränderungen meßbar zu machen und den Er-folg von Gegenmaßnahmen überprüfen zu können.Repräsentative Umfragen, die gezielt Untersuchungenzu subjektiven Einschätzungen von Minderheitendurchführen und auswerten, können zusätzlich wert-volle Informationen hinsichtlich der Ursachen undErscheinungsformen von Rassismus produzieren.Ferner vermitteln sie über „die Anerkennung desWertes der Erfahrungen und Wahrnehmungenpotentieller Opfer eine wichtige Botschaft sowohl andie gesamte Bevölkerung als auch an die betroffenenGruppen“.187 Alle Daten müssen außerdem geschlechts-spezifische Aussagen ermöglichen.

Um eine möglichst realistische Dokumentation zu ge-währleisten, sollten statistische Angaben aus unter-schiedlichen, staatlichen und nicht-staatlichen Quellenzusammengetragen und analysiert werden. Durch dieFestlegung von eindeutigen Kriterien und Indikatorensollte eine methodische Klarheit etabliert werden, dieauf der Basis von vorhandenen Datenschutzregelungen

eine weitreichende internationale Vergleichbarkeitermöglichen hilft. Berechtigte Bedenken gegen dieSchaffung von (neuen) ethnischen Kategorien bei derDatenerfassung müssen hierbei gegen das Erfordernis,aussagekräftige Indikatoren für eine auf reale gesell-schaftliche Stratifikationsprozesse reagierenden Anti-diskriminierungspolitik zu erhalten, abgewogen wer-den. Auf der Basis einer verbesserten Datenlage bzw.institutionellen Voraussetzungen sollte ein umfas-sendes Monitoring hierbei sowohl die regelmäßigeÜberprüfung von Antidiskriminierungsmaßnahmenermöglichen als auch eine kontinuierliche Situations-analyse von relevanten Bevölkerungsgruppen ge-währleisten helfen. Berichte zur ethnischen Zusam-mensetzung der Arbeitnehmerschaft können hiersehr hilfreiche Instrumente sein, um beispielsweiseDiskriminierung in der Arbeitswelt nachzuweisen.188

Schließlich können sie die statistische Grundlage bil-den, um diskriminierenden Unternehmen von öffent-lichen Ausschreibungen auszuschließen und gezieltePositivmaßnahmen zur Förderung von benachteiligtenGruppen zu entwickeln.

Als Ausdruck der Erkenntnis, dass rassistischeDiskriminierung zumeist eine gesellschaftlicheDimension hat, die über bloßes individuelles Fehlver-halten hinausgeht, werden staatliche Positivmaß-nahmen zur Förderung von durch Diskriminierungbedrohten Gruppen eine zentrale Bedeutung zuge-schrieben. Durch die Betonung des positivenFörderansatzes soll gewährleistet werden, daß bis-lang benachteiligte Bevölkerungsgruppen de factoChancengleichheit erhalten. Im Rahmen der interna-tionalen Diskussion gelten solche Maßnahmen mit-unter bereits als „fourth generation equality laws“,mit dem Ziel, die formalen Gleichheitsprinzipien imSinne einer faktischen Umverteilungsfunktion zuergänzen.189 Erwiesener Diskriminierungspraxis oderoffensichtlichen Mängeln bei Institutionen hinsicht-lich der Widerspiegelung von ‚ethnischer Vielfalt‘,wird mit spezifische Förderprogrammen begegnet.Dies können besondere Ausbildungsinitiativen, quan-titative Förderpläne oder auch nur das Konzipierenvon zielgruppen-orientierten Informationen sein, die

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186 PLS Ramboll Management, a.a.O., S. 12-15;187 ECRI: Zusammenstellung von allgemeinen politischen Empfehlungen von ECRI, CRI (2001) 7, Strasbourg Januar 2001, S. 29;188 Zegers de Beijl, Roger: Documenting discrimination against migrant workers in the labour market, a.a.O.;189 Fredman, Sandra: "Combating Racism with Human Rights - The Right to Equality”, in: Fredman, Sandra: Discrimination and

Human Rights – The Case of Racism, Oxford 2001, S. 9-44;

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Literaturverzeichnis

Literaturverzeichnis

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Eckpfeiler einer nationalen Antidiskriminierungspolitik

Zivilrechtliche Maßnahmen gegen direkte undindirekte Diskriminierungen, die eindeutig undumfassend im Rahmen eines Einzelgesetzes defi-niert sein müssen;

Zugang zu effektiven Rechtsansprüchen auf Un-terlassung, Schadensersatz oder Genugtuung füralle Opfer von Diskriminierung sowie eine Er-leichterung bei der Beweislastregelung und eineKlagemöglichkeit für anti-rassistische Bera-tungsinstitutionen;

Einrichtung unabhängiger Antidiskriminierungs-stelle zur Förderung der Gleichbehandlung,Opferberatung, Öffentlichkeitsarbeit sowie derwissenschaftlichen Begleitforschung und Politik-beratung;

Konsequente Anwendung bestehender straf-rechtlicher Verbote und die strafverschärfendeBerücksichtigung rassistischer Beweggründe;

Systematische Erfassung von Diskriminierungs-fällen durch unabhängige Stellen undEntwicklung statistischer Methoden zur

Datenerfassung, die Aussagen über die sozio-ökonomische Position von Männern und Frauenmit tatsächlicher oder möglicher Diskrimi-nierungserfahrung ermöglichen;

Unabhängige Bewertung der Antidiskrimi-nierungspolitik durch ein Monitoring auf derBasis von unabhängigen Analysen und eindeuti-gen Qualitätsstandards;

Durchführung von Positivmaßnahmen mit über-prüfbaren Zielvorgaben für besonders benachtei-ligte Bevölkerungsgruppen und unter Berück-sichtigung von geschlechtsspezifischen Wirkungen;

Gezielte Entwicklung und Implementierung vonpräventiven Trainingsmaßnahmen, die eine Ver-bindung von Menschenrechtsbildung und Anti-diskriminierung zur Überwindung rassistischerEinstellungen und Verhaltensformen fördern;

Entwicklung selbstverpflichtender Verhaltens-kodices durch Medien, Politiker und Parteien mit unabhängigen Kontrollmechanismen.

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Sechster Familienbericht – Familien ausländischerHerkunft in Deutschland: Leistungen, Belastungen,Herausforderungen und Stellungnahme der Bun-desregierung, 14. Wahlperiode Drucksache 14/4357vom 20.10.2000;

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ICERD Internationales Übereinkommen zurBeseitigung jeder Form vonRassendiskriminierung

ILO Internationale Arbeitsorganisation

NAP Nationaler Aktionsplan gegen Rassismus

OHCHR Hochkommissariat für Menschenrechte

WCAR UN-Weltkonferenz gegen Rassismus

Abkürzungsverzeichnis

CERD Ausschuss für die Beseitigung jederForm von Rassendiskriminierung

DIMR Deutsches Institut für Menschenrechte

ECMI Europäisches Zentrum fürMinderheitenfragen

ECRI Europäische Kommission gegenRassismus und Intoleranz

ENAR Europäisches Netzwerk gegen Rassismus

EMRK Europäische Konvention zum Schutz derMenschenrechte und Grundfreiheiten