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21.12.2018 1 1 Prof. Dr. Reinhard Singer Wintersemester 2018/19 Unirep Schuldrecht AT 1 2 § 1 Das Schuldverhältnis I. Begriff 1. § 241 Abs. 1 Satz 1 BGB: Recht des Gläubigers, von dem Schuldner eine Leistung zu fordern (z.B. § 433 Abs. 1; § 823 Abs. 1 BGB) Anspruchsgrundlagen = alle Normen, in denen der Schuldner zu einer Leistung verpflichtet ist Satz 2: auch Unterlassen (z.B. von Wettbewerb oder der Bebauung eines Grundstücks) = Gegenstand des SV 2. Schuldverhältnis iwS: komplexes Rechtsverhältnis mit einem Bündel von Rechten und Pflichten, zB Miete, Gesellschaft usw. Begriff des Schuldverhältnisses iwS soll verdeutlichen, dass trotz Erfüllung einzelner Pflichten SV fortbesteht und zB Treuepflichten fortbestehen Beispiele: Folie 3

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    Prof. Dr. Reinhard Singer Wintersemester 2018/19

    Unirep Schuldrecht AT

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    § 1 Das Schuldverhältnis

    I. Begriff

    1. § 241 Abs. 1 Satz 1 BGB: Recht des Gläubigers, von dem Schuldner eine Leistung zu fordern (z.B. § 433 Abs. 1; § 823 Abs. 1 BGB)

    Anspruchsgrundlagen = alle Normen, in denen der Schuldner zu einer Leistung verpflichtet ist

    • Satz 2: auch Unterlassen (z.B. von Wettbewerb oder der Bebauung eines Grundstücks) = Gegenstand des SV

    2. Schuldverhältnis iwS: komplexes Rechtsverhältnis mit einem Bündel von Rechten und Pflichten, zB Miete, Gesellschaft usw.

    • Begriff des Schuldverhältnisses iwS soll verdeutlichen, dass trotz Erfüllung einzelner Pflichten SV fortbesteht und zB Treuepflichten fortbestehen

    • Beispiele: Folie 3

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    BGHZ 16, 71: Wettbewerbsverbot nach Praxistausch; ähnlich: Duldung einesUmzugsschildes

    RGZ 161, 338: nach Grundstücksverkauf Bebauung des Restgrundstücks, wenn Verkäufer die Unbebaubarkeit „angepriesen“ hat (Venusberg)

    Verbot des Verrats von Geschäftsgeheimnissen (str., Folie 4, 5)

    3. § 241 Abs. 2: Pflicht zur Rücksichtnahme auf die Rechte, Rechtsgüter und Interessen des anderen Teils = Schutzpflichten und sonstige Verhaltenspflichten (z.B. Aufklärungspflichten)

    Malermeister soll nicht nur sachgemäß anstreichen, sondern soll auch Möbel nicht voll kleckern

    • Schutzpflichten entstehen vor und bei Begründung eines Vertragsverhältnisses (§ 311 Abs. 2 BGB), aber auch danach.

    [Exkurs: Schutz des Geschäftsgeheimnisses aufgrund der allgemeinen Rücksichtnahme-pflicht des Arbeitnehmers gem. § 241 II BGB, wenn diese nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses fortwirkt.

    (1) BAG (NJW 1983, 134, 135; 1988, 1686 f.) bejaht grundsätzlich nachvertragliche Pflicht zur Verschwiegenheit

    Aber Beschränkung mit Rücksicht auf das Interesse des AN, sein berufliches Erfahrungswissen zu nutzen

    Wer zB Kundenlisten oder Rezepturen im Gedächtnis behalten hat, darf dieses Fachwissen zu Wettbewerbszwecken verwenden.

    (2) BAG NZA 1999, 200, 201 gestattet dem Arbeitnehmer ebenfalls, „sein im Arbeitsverhältnis erworbenes Erfahrungswissen einschließlich der Kenntnis von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen“ einzusetzen und in den Kundenkreis des AG einzudringen

    AN daher nicht gehindert, dem früheren AG Konkurrenz zu machen und seine beim AG erworbenen Kenntnisse zu verwerten. 4

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    (3) Rechtsprechung des BGH in lauterkeitsrechtlichen Streitigkeiten ähnlich (BGH NJW 2006, 3424, 3425)

    (a) Ausgeschiedener Mitarbeiter darf die während der Beschäftigungszeit erworbenen Kenntnisse auch später unbeschränkt verwenden, sofern er keinem Wettbewerbsverbot unterliege

    arg.: § 17 I UWG verbietet lediglich Geheimnisverrat während einesbestehenden Beschäftigungsverhältnisses

    (b) Einschränkung: Falls dem ausgeschiedenen Mitarbeiter schriftliche oder auf Datenträgern verkörperte Unterlagen vorliegen, aus denen er ein Geschäftsgeheimnis entnimmt, verwirklicht er den Straftatbestand des § 17 II Nr. 2 UWG (BGH WM 2001, 1824, 1827).

    (c) Ähnlich Art. 4 Abs. 2 a EU-RL 2016/943: Erwerb eines Geheimnisses ist rechtswidrig, wenn er durch unbefugten Zugang zu, unbefugte Aneignung oder unbefugtes Kopieren von Dokumenten, Gegenständen, Materialien, Stoffen oder elektronischen Dateien erfolgt

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    II. Merkmale des Schuldverhältnisses

    1. Sonderverbindung zwischen mindestens 2 Personen

    • Unterschied: Pflicht gem. § 823 Abs. 1 BGB besteht gegenüber jedermann (kein Schuldverhältnis)

    • Verpflichtung zum Schadensersatz (im Falle einer unerlaubten Handlung) begründet aber Schuldverhältnis

    2. Verhältnis zum Sachenrecht

    • Schuldverhältnis ist relativ; Sachenrechte verleihen absolute Rechte (§903)

    • Beim Kauf mehrere Rechtsgeschäfte zu unterscheiden: - Kaufvertrag (begründet Schuldverhältnis V - K und K – V) und- Übereignung (dingliches Rechtsgeschäft)

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    • Eigentum als absolutes Recht (§ 903): vor Übereignung steht Eigentum nach wie vor dem V zu

    folglich hat nur V Ersatz- und Herausgabeansprüche gegen den Dieb D (§§ 823 I, II; 826)

    K hat nur Ansprüche gegen seinen Schuldner V (§§ 280 ff.); falls V die Sache weiterveräußert hat an X, muss V den von X erlangten Kaufpreis (das „Erlangte“) gem. § 285 BGB herausgeben

    3. Arten der Schuldverhältnisse

    • vertragliche Schuldverhältnisse: § 311 Abs. 1 (Grundlage Vertrag)

    • gesetzliche Schuldverhältnisse: §§ 812 ff, §§ 823 ff., §§ 677 ff (Grundlagen: ungerechtfertigte Bereicherung, Delikt oder GoA)

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    III. Einteilung der Pflichten

    1. Primär- und Sekundärpflichten

    • Primärpflichten: entstehen idR durch Vertrag (§ 311 Abs. 1 BGB)

    • Sekundärpflichten: entstehen bei Störungen der Primärleistungspflichten

    Schuldner erbringt nach Fristsetzung die von ihm geschuldete Leistung nicht oder nicht rechtzeitig (§§ 280, 281 Abs. 1 BGB)

    Verzug des Schuldners (§§ 280, 286 BGB)

    Herbeiführung von Begleitschäden durch mangelhafte Leistung (§ 280 I)

    Bedeutung der Abgrenzung: Primärpflichten müssen stets erfüllt werden; Sekundärpflichten nur unter besonderen Voraussetzungen (§§ 280, 281: Vertretenmüssen, Fristsetzung)

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    2. Haupt- und Nebenpflichten

    • Definition: Nebenpflichten stehen nicht im Synallagma (do ut des)

    Beispiel:

    • Hauptpflichten Kaufvertrag: Übereignung und Übergabe; Kaufpreiszahlung

    • nicht synallagmatische Nebenpflichten: ordnungsgemäße Verpackung; Abnahme der Kaufsache gem. § 433 Abs. 2, 2. Alt. BGB

    Bedeutung der Unterscheidung

    früher: Schadensersatz und Rücktritt nur bei Nichterfüllung einer synallagmatischen Hauptpflicht

    heute weiterhin Bedeutung bei §§ 320, 322 BGB: kein Zurückbehaltungsrecht, wenn z.B. die Verpackung mangelhaft oder Malermeister betrunken ist

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    3. Leistungs- und Schutzpflichten

    a) Klagbarkeit von Schutzpflichten?

    • Schutz von Rechtsgütern wird auf das Stadium der Gefährdungausgedehnt und damit weit vorverlagert

    m.E. kein Einwand, solange Gefährdung konkret glaubhaftgemacht wird (Bsp.: Arbeitgeber kann gem. § 618 BGB zum Erlass eines Rauchverbotes verpflichtet sein)

    b) Schutzpflichten aus nichtigem Vertrag?

    • § 311 Abs. 2: Schutzpflichten auch im vorvertraglichen Stadium

    • bei nichtigen Verträgen folgerichtig auch, es sei denn, dass der Schutzzweck des Nichtigkeitsgrundes entgegensteht (Folie 11)

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    Bsp. für entgegenstehenden Schutzzweck des Nichtigkeitsgrundes

    ggü. Minderjährigen bestehen Schutzpflichten trotz Unwirksamkeit des Vertrages

    Schutzpflichten auch bei Verstößen gg. SchwArbG?

    • Dafür Canaris, JZ 1965, 475, 477: Schwarzarbeitsgesetz soll zwar Erfüllung des Vertrages verhindern, nicht aber Schwarzarbeiter schützen

    • Richtig BGHZ 198, 141; BGH NJW 2014, 1805, 1806: „Wer bewusst gegen das Schwarzarbeitergesetz verstößt, soll nach Intention des Gesetzgebers schutzlos bleiben [...].“ Folge: keine Haftung des Schwarzarbeiters für mangelhafte Leistung (bestätigt BGH NJW 2015, 2406). Umgekehrt erhält Schwarzarbeiter keinen Werklohn (§ 134 BGB).

    • Lorenz, NJW 2013, 3132, 3135: Grundsätze gelten nicht für Schutzpflichten, die das Integritätsinteresse schützen sollen, sondern nur für das Erfüllungsinteresse (ebenso Petersen ExamensRep SR AT Rn. 41).

    • Bsp.: aufgrund mangelhafter Schwarzarbeit wird Haus feucht; Haftung für Folgeschäden +, nicht aber Minderung des Werklohns -

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    c) Vertragliche Haftungsmilderung für Schutzpflichten?

    Fall 1: Kartoffelpülpe

    A. Anspruch G -> S gem. § 524 I, II(-) kein Sachmangel (Pülpe an sich einwandfrei; Vorwurf an S: fehlender

    Hinweis auf die Notwendigkeit sachgemäßer Dosierung)

    B. Anspruch G -> S gem. §§ 280 I, 241 II, 516

    I. Pflichtverletzung: Auch Schenker treffen Schutzpflichten

    II. Allerdings haftet Schenker gem. § 521 nur für Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit Grund: Uneigennützigkeit des Schenkers; dieser verschenkt im

    Regelfall die Sache so, wie sie ist.

    III. Fraglich ist jedoch, ob das Haftungsprivileg des § 521 BGB überhaupt passt

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    1) Dagegen spricht:

    • Haftungsprivileg des Schenkers nach Entstehungsgeschichte nur für Unmöglichkeit und Verzug vorgesehen

    • Zweck des § 521: Privilegierung in Bezug auf Leistungspflichten des Schenkers, nicht in Bezug auf Schutzpflichten (vgl. Stoll, JZ 1985, 384)

    2) BGH:

    • Privileg jedenfalls dann anzuerkennen, wenn ein Zusammenhang mit dem geschenkten Gegenstand besteht („leistungsbezogene Nebenpflicht“, Petersen Rep SR AT Rn. 46).

    • arg.: sonst Wertungswiderspruch; § 524 BGB beschränkt Haftung für Sachmängel ausdrücklich auch bei Schadensersatz auf Arglist

    Bsp.: kein Privileg, wenn Fahrer des S beim Antransport der Pülpe die Hühner des G überfahren hätte, wohl aber, wenn er über ungünstige Beschaffenheit der Sache nicht aufklärt

    3. Bedenken:

    Privileg des § 524 sollte nur für enttäuschte Leistungserwartungen des Beschenkten gelten, nicht in Bezug auf dessen Integritätsinteresse

    4. Ergebnis:

    • Vorzugswürdig daher: 521 BGB gilt nicht bei der Verletzung von Schutzpflichten

    • Kontrollüberlegung: S haftet für leichte Fahrlässigkeit, wenn die Pülpe über Zwischenerwerber an G gelangt wäre und S nur nach § 823 I und nicht nach §§ 521, 524 haften würde

    • Nach Ansicht des BGH – die natürlich vertretbar ist – kommt dagegen§521 BGB zum Zuge (Zusammenhang mit „Gegenstand“)

    C. Anspruch G -> S gem. § 823 I BGB

    • § 521 BGB analog (wenn anwendbar)

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    4. Obliegenheiten

    • nicht klagbare Pflichten; die Nichterfüllung von Obliegenheiten führt lediglich zu Rechtsnachteilen

    Beispiele:

    § 377 HGB

    § 254 II 1 BGB

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    IV. Schuldverhältnis und Gefälligkeitsverhältnis

    Fall 2: Teure Gefälligkeit

    A ST

    H

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    ???

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    A. Schadensersatzanspruch A -> S gem. §§ 662, 280 I, 278 BGB

    I. Auftragsverhältnis A/S: § 662 BGB

    1. Kein Geschäftsbesorgungsverhältnis gem. § 675 BGB

    • § 675 setzt Entgeltlichkeit voraus

    2. Rechtsbindungswille

    • Evtl. bloßes Gefälligkeitsverhältnis, aus dem keine Leistungs- und in der Regel auch keine Schutzpflichten resultieren

    • Auslegung gem. §§ 133, 157

    Beurteilung anhand eines „Indizienbündels“:

    „Indizienbündel“:

    • Wert der Sache• wirtschaftliche Bedeutung• Interessen des Begünstigten• Ausmaß der Risiken bei fehlerhafter Leistung• eigenes wirtschaftliches oder rechtliches Interesse des Handelnden• Gefälligkeit des täglichen Lebens (Ratschläge, Hilfeleistung)

    • Fallbezogen:

    – Auftrag hatte große Bedeutung für den Auftraggeber – Wert der anvertrauten Sache war hoch– eigenes wirtschaftliches Interesse der S (Auftrag war für Tochterfirma T

    bestimmt)

    Ergebnis: Rechtsbindungswille (+)

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    II. Pflichtverletzung (§ 280 I BGB): Fahrfehler des H

    III. Verschulden des S:

    1. Verschulden wird vermutet (§ 280 I 2 BGB); überdies Auswahlverschulden, da H erst 3 Wochen bei S beschäftigt war

    2. Haftungsmilderung gem. §§ 521, 599 und 690 analog?

    a) BGH: Haftungserleichterung bei unentgeltlichen Schuldverhältnissen kein allgemeines Prinzip

    • Haftungsmaßstäbe unterschiedlich (§§ 521, 599: Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit; § 690: Sorgfalt in eigenen Angelegenheiten)

    • überdies: bei § 662 gerade keine Haftungserleichterung

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    b) Bedenken: Hätte S nicht einen untauglichen Fahrer, sondern einen untauglichen Lkw verliehen, würde das Haftungsprivileg des § 599 BGB eingreifen

    Ergebnis: S haftet nur bei grober Fahrlässigkeit (a.A. BGH: volle Haftung)

    B. Haftung des S gem. § 831 BGB

    I. Rechtswidrige unerlaubte Handlung des H

    • Rechtsgutsverletzung? Fraglich, ob die von H verursachte Manövrier-unfähigkeit des LKW eine Eigentumsverletzung darstellt; dagegen spricht, dass Eigenschaft als Fortbewegungsmittel nur kurzfristig beseitigt wurde (vergleichbar mit Stromkabelfällen; aA vertretbar mit Blick auf den Fleet-Fall)

    II. Auswahlverschulden vermutet• Entlastungsbeweis gem. § 831 I 2 BGB dürfte nicht gelingen

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    III. Problem: Haftungsprivileg des § 599 BGB analog?

    1. Falls bei § 280 I der Maßstab des § 599 angewendet wird, ist analoge Anwendung des § 599 auch bei § 831 konsequent, da sonst Privileg entwertet würde.

    2. Wer BGH folgt (= kein Privileg), könnte auch Haftung gem. § 831 I bejahen.

    Klausurhinweis: wegen solcher Haftungsprivilegien ist Aufbauregel, wonach vertragliche Ansprüche vor deliktischen zu prüfen sind, sinnvoll

    Ergebnis: Je nach Ansicht des Bearbeiters zur Anwendbarkeit des § 599 BGB haftet S der A (so BGH) oder nicht.

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    Andere Beispiele für Gefälligkeiten:

    1. Winkzeichen im Straßenverkehr (OLG Frankfurt aM, NJW 1965, 1334):

    S gab dem G, der nach links abbiegen wollte, das Zeichen, dass er fahren könne; hinter S kam A angebraust und kollidierte mit G

    OLG bestätigte den Grundsatz des § 675 Abs. 2 BGB: Winkzeichen stellen einen Rat oder eine Empfehlung dar, deren Erteilung das Gesetz grundsätzlich als unverbindlich bewertet.

    Außerdem: S hatte erkennbar keinen sicheren Überblick über das Verkehrs-geschehen.

    2. Keine rechtsverbindlichen Pflichten für Teilnehmer einer Lottospielgemeinschaft (BGH NJW 1974, 1705).

    Sonst müsste Mitspieler für ein ungewöhnlich hohes und hinsichtlich der Tragweite nicht voraussehbares Risiko einstehen.

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    3. Absprache über die Einnahme empfängnisverhütender Mittel (BGHZ 97, 372: „Pillenfall“) unverbindlich:

    – Partner einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft wollen ihre Beziehungen in vermögensmäßiger Hinsicht nicht dem Recht unterstellen, umso weniger ihre intimen Beziehungen.

    – Entscheidung für ein Kind ist Frage höchstpersönlicher Lebensgestaltung, einer rechtsgeschäftlichen Bindung ihrer Natur nach nicht zugänglich sei.

    – Im Falle einer Schadensersatzpflicht der Mutter würde im Ergebnis das Kind den Schaden tragen.

    4. Spielsperre in Spielbanken

    a) Ursprünglich hielt der BGH die zwischen einer Spielbank und einem Spieler auf dessen eigenen Wunsch verhängte Spielsperre ebenfalls für rechtlich unverbindlich (BGHZ 131, 136).

    • arg.: Spielsperre diene ausschließlich dem Interesse der Bank, um eine Störung des Spielbetriebs durch nicht charakterfeste Spieler zu unterbinden.

    b) Daran hält BGHZ 165, 276 nicht mehr uneingeschränkt fest.

    – Bei einer Sperre auf Antrag des Spielers geht es nicht nur um die Geltendmachung des Hausrechts der Spielbank, sondern darum, dass diese dem von ihr als berechtigt erkannten Individualinteresse des Spielers entsprechen will.

    – Rechtsfolge: Schadensersatz, wenn Spieler zum Automatenspiel zugelassen wird, obwohl Kontrollen zumutbar gewesen wären.

    c) BGHZ 191, 205: Spielbank darf eine verhängte Sperre nicht ohne weiteres wieder aufheben, auch nicht auf Wunsch des Kunden

    – Prinzip der Privatautonomie rechtfertigt die Aufhebung der Sperre in diesem Kontext nicht (arg.: Gefährdung des Spielers).

    – Regulierung des Spielbetriebs zeigt, dass Rechtsordnung Spielsucht und ihre Folgen bekämpfen will.

    – Bank darf daher nicht Sperre aufheben, ohne sich davon überzeugt zu haben, dass der Schutz des Spielers vor sich selbst dem nicht mehr entgegensteht.

    – Anfrage bei Creditreform genügt nicht, weil diese nur etwas über finanzielle Verhältnisse aussagt, nichts über Sucht.

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    d) Wenn minderjährige Mitglieder eines Amateursportvereins von ihren Familienangehörigen oder Angehörigen anderer Vereinsmitglieder zu Sportveranstaltungen gefahren werden, handelt es sich um eine reine Gefälligkeit, die sich im außerrechtlichen Bereich abspielt (BGH NJW 2015, 2880).

    arg.: Gefälligkeit des täglichen Lebens; Großmutter transportierte Enkelin in deren – privatem – Interesse, nicht im Interesse des Vereins

    Verein haftet dementsprechend nicht bei einem Unfall der Großmutter aus §§677, 683 S. 1, 670

    Für die Abgrenzung Geschäftsführung ohne Auftrag (§ 677) und Gefälligkeit ohne Auftrag gelten die gleichen Kriterien wie bei der Abgrenzung Geschäft (§662) und Gefälligkeit .

    I.E. zustimmend Singbartl/Zintl (aaO): es fehlt der Fremdgeschäftsführungswille

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    V. Vorvertragliche Schuldverhältnisse

    1. Grundlagen

    • Anspruchsgrundlage: §§ 280 I, 311 II, 241 II BGB

    Schuldverhältnis umfasst nicht nur Leistungspflichten, sondern uU ausschließlich Schutzpflichten

    • Rechtfertigung der Haftung:

    • Schwäche des Deliktsrechts (Haftung nur für unselbständige Hilfspersonen; Entlastungsbeweis des § 831 I S.2; grds. kein Vermögensschutz)

    • erhöhte Vermögensgefährdung bei Vertragsanbahnung

    • Lückenhaftigkeit des Irrtumsrechts (Motivirrtum unbeachtlich, bei fahrlässiger Täuschung ungerecht)

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    2. Entstehung des vorvertraglichen Schuldverhältnisses (§ 311 II BGB)

    a) Nr. 1: „Aufnahme von Vertragsverhandlungen“

    • es genügt, dass eine Seite die Initiative ergreift

    • bereits irreführende Angebote, Werbemaßnahmen und unrichtige Prospekte begründen Schutzpflichten

    b) Nr. 2: „Anbahnung eines Vertrages“ (ohne Verhandlungen)

    Fall 3

    Fall 3: Schutzpflichten bei Vertragsanbahnung

    A. Ansprüche K gegen V: § 831 BGB

    I. Unerlaubte Handlung des A:

    1. Rechtsgutsverletzung durch A:

    A hat selbst keine Körperverletzung verursacht. Vielmehr ist ihm vorzuwerfen, dass er eine ausreichende Sicherung der Linoleumrolle unterlassen hat.

    Das Unterlassen steht dem positiven Tun gleich, wenn A eine Rechtspflichtzum Tun hatte.

    Verkehrssicherungspflicht: Öffnung des Kaufhauses schafft für den Publikumsverkehr eine Gefahrenquelle

    Diese trifft primär V; wenn er diese auf zuverlässige Person übertragen hat, kommt es darauf an, ob A die ihm übertragenen VSPen erfüllt hat; das war wohl nicht der Fall (-)

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    II. Wenn Verletzung der VSP durch A ausführlich geprüft wird, macht eine erneute Rechtswidrigkeitsprüfung keinen Sinn mehr. Diese ist folglich indiziert.

    III. V haftet nur dann für A, wenn er für diesen als Verrichtungsgehilfe gem. § 831 BGB einstehen muss. Verrichtungsgehilfe ist, wer

    - mit Wissen und Wollen des Geschäftsherrn- für diesen tätig und- weisungsabhängig ist.

    Leitungsverantwortung des Geschäftsherrn gem. § 831 Abs. 1 Satz 2 BGB setzt Weisungsgebundenheit voraus: A ist als Arbeitnehmer weisungsgebunden und somit VG

    IV. Aber Entlastungsbeweis gem. § 831 Abs. 1 Satz 2 BGB:

    Sachverhalt: V hat A sorgfältig ausgewählt und beaufsichtigt.

    Entlastungsbeweis gelingt; Haftung gem. § 831 BGB scheidet aus.

    B. Haftung des V für eine Pflichtverletzung des A gem. § 280 Abs. 1 BGB?

    I. Schuldverhältnis K/V:

    Vertragsanbahnung, bei welcher eine Partei der anderen die Möglichkeit zur Einwirkung auf ihre Rechtsgüter und Interessen gewährt oder ihr diese anvertraut hat (§ 311 Abs. 2 Nr. 2 BGB).

    Betreten eines Verkaufslokals: +

    auch: Besucher, Begleiter (BGHZ 66, 51) und Personen, die Schutz vor Witterung suchenarg.: auch gegenüber diesen Personen soll ein Vertragsschluss angebahnt werden (nicht aber ggü. Ladendieb)

    II. Pflichtverletzung:

    Gem. § 241 Abs. 2 BGB treffen die Parteien im Stadium der Vertragsanbahnung jedenfalls Schutzpflichten.

    Betrieb eines Geschäftslokals eröffnet Gefahrenquelle und begründet daher Verkehrssicherungspflichten (s. o. A.II.). Dabei bedient sich V der für ihn tätigen Hilfspersonen.

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    1. Erfüllungsgehilfe ist gem. § 278 BGB, wer

    - mit Wissen und Wollen des Geschäftsherrn- in dessen Pflichtenkreis tätig ist.

    Anders als bei der Haftung gem. § 831 BGB ist bei der Haftung für Erfüllungsgehilfen gem. § 278 BGB gleichgültig, ob A als selbständige oder als unselbständige Hilfsperson tätig geworden ist.

    2. Voraussetzung ist allerdings ein Verschulden des A gem. § 276 Abs. 2 BGB. Dieses liegt hier auf der Hand, da A die gebotene sichere Aufstellung der Linoleumrollen versäumt hat.

    IV. Rechtsfolge:

    V schuldet Schadensersatz:

    Ersatz der Heilbehandlungskosten gem. § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB.

    Schmerzensgeld gem. § 253 Abs. 2 BGB

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    c) Nr. 3: „ähnliche geschäftliche Kontakte“

    • Auffangtatbestand; Grenzen unklar

    • soziale oder gesellschaftliche Kontakte genügen jedenfalls nicht

    insbes. „Gefälligkeitsverhältnisse mit rechtsgeschäftlichem Charakter ohne Leistungspflicht“ (z.B. Auskunftshaftung)

    • zwar keine Primärleistungspflichten, uU dennoch Begründung von Schutzpflichten (Canaris JZ 2001, 499, 520)

    • arg.: zwar kein geschäftlicher Kontakt; § 311 II Nr. 3 begründet SV aber auch bei geschäftsähnlichen Kontakten; Gefälligkeitsverhältnisse nicht bloßer sozialer Kontakt

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    3. Fallgruppen gesetzlicher Schutzpflichten (§ 241 Abs. 2 BGB)

    a) Verkehrspflichten

    • Pflicht, die Rechte und Rechtsgüter (Leib, Leben, Freiheit, Eigentum) des anderen Teils vor Schäden zu bewahren

    • Bsp.: Verletzung infolge des Ausrutschens auf Bananenschale in Kaufhaus (BGH NJW 1962, 31, 32); Fall 3

    b) Abschluss eines unwirksamen Vertrages

    - Wenn eine der Parteien Aufklärungspflicht trifft; zB bejaht von BGH JZ 2000, 149 in Bezug auf kommunale Vertretungsvorschriften (Bürgschaft der Gemeinde bedurfte der Genehmigung durch die Aufsichtsbehörde; krit. Singer aaO., weil Gläubiger Bundesanstalt für Arbeit war)

    - RGZ 104, 265 bejahte Haftung für verschuldeten Dissens (Weinsteinsäure freibleibend, 68,50 RM); beide Parteien dachten, sie seien Verkäufer; in Wahrheit lag kein Dissens vor, weil klar war, dass V verkaufen wollte.

    c) Abschluss eines nicht erwartungsgerechten Vertrages (Fall 4a)

    A. Anspruch K gegen V auf Rückzahlung des Kaufpreises:

    Anspruchsgrundlage: §§ 346 Abs. 1 BGB i.V.m. §§ 434, 437 Nr. 2, 323 I (326 V) BGB.

    I. Voraussetzungen:

    1. Sachmangel:

    2. Rücktritt gem. § 323 Abs. 1 BGB:

    a) Fristsetzung

    b) Entbehrlichkeit einer Frist (§ 326 V BGB)

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    II. Problematisch ist hier das Vorliegen eines Sachmangels

    1. Sachmangel = ungünstiges Abweichen der Ist- von der Soll-Beschaffenheit

    2. Zur Beschaffenheit gehören auch Umweltbeziehungen, wenn diese in der Sache selbst ihren Grund haben.

    a) Steuervorteile, wenn diese an das Objekt (früher 7b EStG) und nicht an die Persondes Erwerbers anknüpfen (BGHZ 114, 263, 267 f.; Pal./ Weidenkaff, § 434 Rn. 66)

    b) Bei Mieterträgen ist zu unterscheiden:

    Angaben zu den in der Vergangenheit erzielten Mieteinnahmen lassen Rückschlüsse auf Ertragsfähigkeit und Wertschätzung eines Grundstücks zu; unrichtige Angaben begründen daher einen Sachmangel (BGH NJW 1980, 1456).

    Bei zugesicherten Mieteinnahmen für die Zukunft fehlt Bezug zur Beschaffenheit der Sache (BGH NJW 2002, 208, 211)

    3. Fallbezogen: Zusage, dass Steuervorteile und Mieteinnahmen genügen, um Darlehen zu tilgen, betrifft nicht Beschaffenheit des Grundstücks.

    Ergebnis: Kein Sachmangel (BGH NJW 1998, 302)

    B. Ansprüche wegen Pflichtverletzung gem. § 280 Abs. 1 BGB

    I. Anwendbarkeit:

    1. Vorrang der §§ 434 ff. hinsichtlich falscher Angaben über Eigenschaften der Kaufsache oder Mängel (RGZ 135, 339, 346; BGHZ 60, 319, 321 f.; s. ferner BGHZ 88, 130, 134)

    2. § 280 I anwendbar, da Angaben des Verkäufers sich nicht auf Eigenschaften der Sache beziehen (s.o.)

    II. Schuldverhältnis K/V: Kaufvertrag gem. § 433 BGB

    III. Pflichtverletzung: Gem. § 241 Abs. 2 BGB treffen den Verkäufer Schutzpflichten. Insbesondere ist es ihm nicht gestattet, den Erwerber fahrlässig zu täuschen.

    IV. Das Verschulden des V liegt unproblematisch vor (§ 276 II BGB).

    V. Rechtsfolge: Schadensersatz gem. § 249 Abs. 1 BGB; problematisch:

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    1. Vertragsaufhebung: Wäre K nicht getäuscht worden, hätte er keinen Vertrag abgeschlossen.

    a) Bedenken: K erhält bereits bei fahrlässiger Täuschung die Möglichkeit, den Vertrag rückgängig zu machen; dies widerspreche dem Vorsatzdogma des §123 BGB, der nur im Falle vorsätzlicher Täuschung eine Rückgängigmachung des Rechtsgeschäfts ermöglicht (u.a. Medicus, JuS 1965, 209, 212 ff.; Medicus/Petersen, BR Rn. 150).

    b) BGH: Anfechtungsrecht gem. § 123 BGB und der Schadensersatzanspruch gem. § 280 BGB dienen unterschiedlichen Zielen: Schutz der Selbst-bestimmung (§ 123 BGB) - Vermögensschutz (§ 280 Abs. 1 BGB).

    Kritisch Medicus aaO.: § 249 dient nicht nur Vermögensschutz; arg. § 253

    2. BGH NJW 1998, 302: Vertragsaufhebung wegen fahrlässiger Täuschung jedenfalls dann, wenn Erwerber einen Vermögensschaden erlitten hat (Kritik s.o. 1b).

    Dies war wohl der Fall, weil Erwerber jährlich einen Verlust von 1.200 €erwirtschaftete, ohne dass dieser durch einen erhöhten Wert der Immobilie ausgeglichen würde.

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    3. Stellungnahme: § 123 sperrt m.E. nicht Vertragsaufhebung; Haftung für zurechenbar herbeigeführte Vertrauensdispositionen im BGB auch unterhalb der Vorsatzschwelle deutlich ausgeprägt und nicht systemfremd

    • §§ 122, 170 – 173, 179 und 663

    Allerdings ist zu erwägen, ob Vertragsaufhebung nur innerhalb der Fristen der §§ 121, 124 geltend zu machen ist

    Ergebnis: Nach BGH hat K Anspruch auf Vertragsaufhebung gem. §§ 280 I, 249. K erhält Kaufpreis zurück Zug-um-Zug gegen Rückgabe der Eigentumswohnung (§ 348 BGB)

    Nach aA: Medicus/Lorenz Rn. 109; Medicus/Petersen aaO. hat K keinen Anspruch.

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    d) Abbruch von Vertragsverhandlungen

    • grds. bleibt es jeder Partei unbenommen, bis zuletzt Abstand vom Vertrag zu nehmen (Grds. der Vertragsfreiheit)

    Ausnahme: besonderer Vertrauenstatbestand

    (1) Veranlassung zu vermögensschädigenden Dispositionen / Vertragsschluss als sicher hinstellen

    • dann Abbruch ohne triftigen Grund unzulässig

    • Bsp. (BAG JZ 1964, 324): Tonmeister tritt in Verhandlungen mit Opernhaus; ein Vertreter der Oper versichert ihm, dass er im Haus angestellt werden würde, seinen bisherigen Arbeitsvertrag jedoch sofort kündigen müsse, der neue Vertrag lediglich „Formsache“ sei; daraufhin kündigt Tonmeister seinen bisherigen Arbeitsvertrag

    • BAG aaO.: Haftung der Oper für Verschulden ihres Vertreters, auch wenn dieser keine Vertretungsmacht hatte

    • arg.: BGHZ 6, 330, 334; BAG NJW 1956, 398: Mangel der Vertretungsmacht betrifft nur Fähigkeit, den Vertretenen rechtsgeschäftlich zu verpflichten

    • Haftung für Verletzung von Schutzpflichten hat ihren Grund nicht in rechtsgeschäftlichem Verhalten, sondern in der Verletzung von Schutzpflichten bei der Vertragsanbahnung.

    • Diese tritt unabhängig vom Willen des Vertretenen ein.

    • Beide Grundsätze stehen nebeneinander!

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    (2) fehlende Abschlussbereitschaft:

    Aufklärungspflicht, wenn Gegner zu Dispositionen veranlasst wird

    Bsp. Fall 4b

    K Druckerei V§ 535

    -Verhandlungen: Einigung über Kaufpreis 750.000,- € für Erwerb Gebäudeteil

    –Ende Dez.: Mitteilung V „Kaufpreis 1.0 Mio“ (Grund: höhere Kosten für Renovierung des Gebäudes)

    –31.Okt.: Kenntnis des V von erhöhten Renovierungskosten

    –Aufwand K für Umbaumaßnahmen: Juli/Okt.: 200.000,-; Nov./Dez.: 100.000,-

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    Anspruch K - V: § 280 I - SE

    I. Schuldverhältnis: § 311 Nr. 1 Vertragsverhandlungen

    II. Pflichtverletzung: § 241 II ?

    1. Grundsatz: Vertragsfreiheit erlaubt grundlosen Abbruch

    2. Ausnahmen: 2 Fälle

    � �

    • Fallbezogen: hier Aufklärungspflicht wegen fehlender Abschlussbereitschaft

    Vertragsschluss sicherin Aussicht gestellt oder

    Dispositionen veranlasst:

    kein Abbruch ohne triftiger Grund

    Fehlende Abschluss-Bereitschaft:

    Aufklärungspflicht, wenn Gegner zu Dispositionen

    veranlasst

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    3. Aber Sonderfall formbedürftiges Rechtsgeschäft:

    a) BGH NJW 1996, 1884: bei formbedürftigen Rechtsgeschäften nur bei vorsätzlicherTäuschung Ersatzpflicht

    Begründung: Formvorschriften schützen Abschlussfreiheit; ohne Einhaltung der Form kein schutzwürdiges Vertrauen des Vertragsinteressenten

    Berufung auf Formmangel (§ 242 BGB) nur bei vorsätzlicher Täuschung verboten

    Kritik: es geht nicht um Bindung an formnichtiges Rechtsgeschäft, sondern nur um Ersatz des Vertrauensschadens; Wertungswiderspruch zu BGH JZ 2000, 149 (Fall 4) und dem Prinzip der Verantwortung für redliches Verhalten.

    b) Fallbezogen: Aufklärungspflicht erst ab 31. Oktober; zuvor Umbau auf eigenes Risiko

    – Vorsatz: BGH wies zurück; allerdings: Verhandeln ohne Abschlussbereitschaft idR vorsätzlich

    – Ersatzfähig Aufwendungen Nov./Dez.: 100.000.- Euro

    Ergebnis: K bekommt nur 100.000,- €

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    4. Formnichtigkeit und Treu und Glauben

    • Berufung auf Formmangel grds. zulässig; Ausnahme: Ergebnis nicht nur hart, sondern "untragbar“:

    (1) Existenzgefährdung

    BGHZ 16, 334: Vertrag über Grdst. nach dreijähriger Probezeit als Pächter (Kleinsiedler)

    (2) Schwere Treuepflichtverletzung

    arglistige Täuschung widersprüchliches Verhalten

    •schuldhafte Erregung eines Irrtums

    •Vollzug d. Vertrages (BGHZ 92, 164)

    Kenntnis d. Formmangels

    Ausnahme: Veranlassung zum Abschluss ohne Form, da Ehrenwort o.Ä. gleiches Gewicht habe (BGHZ 48, 396)