UNIVERSALIS Nr. 1
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0 1 / / N O V E M B E R 2 0 1 2 w w w. a l a n u s . e d u
UNIVERSALISD A S A L A N U S M A G A Z I N
1O JAHRE STAATLICHE ANERKENNUNG Seite 6-17
Unser Jubiläum steht im Mittelpunkt dieser Ausgabe
BLICK ZURÜCK NACH VORN Seite 6
Rektor Marcelo da Veiga über Idee und Vision der Alanus Hochschule
BRÜCKENBAUER ZWISCHENKUNST UND BERUF Seite 30
Lebenslanges Lernen im Weiterbildungszentrum Alanus Werkhaus
22
Sie halten in Ihren Händen die erste Ausgabe unseres neuen Alanus Magazins, das
künftig ein Mal pro Semester erscheinen soll. Der Name Universalis passt in doppel-
ter Hinsicht zu uns: Er spielt auf unseren Namensgeber, Alanus ab Insulis, an, den
sogenannten Doctor universalis, und verweist ferner auf den universitären Status der
Alanus Hochschule.
Wir feiern in diesem Jahr das 10-jährige Jubiläum als staatlich anerkannte Kunst-
hochschule. Ein Ereignis, das mich persönlich sehr bewegt und Anlass gibt, einerseits
zurückzuschauen und andererseits den Blick nach vorn zu richten. Zehn Jahre sind
eine sehr kurze Zeit für eine Hochschule, dennoch ist in dieser Zeit unglaublich viel
passiert: Wir haben unseren Campus ausgebaut und um einen zweiten Standort erwei-
tert, zahlreiche neue Bachelor- und Masterstudiengänge eingeführt und rund 65 neue
Professoren berufen, wir wurden erfolgreich durch den Wissenschaftsrat akkreditiert
und haben das Promotionsrecht erhalten. All diese Bemühungen dienten dazu, jungen
Menschen durch neue Bildungsangebote Möglichkeiten zur Selbstbildung in unserer
sehr komplexen Zeit zu bieten. Eine Zeit, die mit technokratischem Wissen allein nicht
weiterkommen kann, sondern dringend wieder den Raum benötigt, um über Werte, Sinn
und unsere gesellschaftliche Zukunft nachzudenken.
Ars et scientia, Kunst und Wissenschaft zusammenzudenken, ist ein Motiv, das die
Universitätsidee in Europa seit jeher begleitet. Die Alanus Hochschule greift dieses
zutiefst europäische und gleichzeitig universale Bildungsmotiv in einer neuartigen
Form auf, sie bringt die Künste in einen interdisziplinären Dialog mit kultur- und ge-
sellschaftswissenschaftlichen Themen. Die Bildungschancen, die entstehen, wollen
nicht vorab normiert und kalkuliert werden, sondern sind lediglich der Freiheit und der
Verantwortung des europäischen Humanitätsideals verpfl ichtet.
Dass dieses Abenteuer der Vernunft und des Geistes aber gelingen konnte, verdanken
wir zahlreichen Wegbegleitern, Förderern, Freunden und konstruktiven Kritikern, insbe-
sondere der Weitsichtigkeit und Nachhaltigkeit der Software AG-Stiftung. Um auch in
Zukunft höchstmögliche Qualität sicherstellen zu können, hoffen wir den Kreis verant-
wortungsvoller Förderer erweitern zu können.
Im Namen des gesamten Rektorats der Hochschule möchte ich aber auch einen tief
empfundenen Dank an die Mitarbeiter, Kollegen und Studierenden aussprechen, die
diesen anspruchsvollen Weg mit uns gegangen sind. Mit ihren Fähigkeiten, ihrem Elan
und ihrer Disziplin machen sie die Hochschule zu dem, was sie ist, und die Idee und
Vision erst zu einer gemeinsamen Sache.
Viel Freude bei der Lektüre!
Ihr Prof. Dr. Marcelo da Veiga
Rektor der Alanus Hochschule
LIEBE LIEBE LESERINNEN LESERINNEN UND LESER, UND LESER,
EditorialEditorial 3 3
IMPRESSUMHerausgeber Alanus Hochschule für Kunst und Gesellschaft
Anschrift Villestraße 3, 53347 Alfter Telefon: (02222) 9321-0 [email protected] www.alanus.edu
Träger Alanus Hochschule gemeinnützige GmbH
Geschäftsführung Prof. Dr. Marcelo da Veiga, Prof. Andreas Kienlin, Prof. Dr. Steffen Koolmann, Werner Zidek
Idee/Konzept Elisabeth Höhnen, Dr. Julia Wedel, steinrücke+ich
Redaktionsleitung Elisabeth Höhnen, Dr. Julia Wedel
Redaktion Tatjana Fuchs, Josefi ne Hintze, Carolin Krämer, Anja Piske, Sandra Stempel, Claudia Zanker Weitere Autoren dieser Ausgabe: Franziska Collet, Helmut Habermehl, Prof. Dr. Steffen Koolmann, Prof. Dr. Jost Schieren, Dr. Thomas Schmaus, Prof. Benedikt Stahl, Prof. Dr. Marcelo da Veiga, Prof. Götz W. Werner
Gestaltung steinrücke+ich, Köln
Titel „Alanus – Das sind wir“ Gestaltung: Dirk Drevermann, Alanus Werkhaus gGmbH
Fotos W.-J. Beeren (S. 10 re.); N. Bunke (S. 3, 5, 39); C. Fischer (S. 26); Forster (S. 40 re.); J. Greubel u. D. Schilp (S. 40 li.); D. Hellings (S. 4 o., 28 o., 29, 32/33); HHL Leipzig Graduate School of Management (S. 12); D. Kühr (S. 4 u., 18, 37); M. Missal (S. 40 mi.); A. Piske (S. 28 u.); J. Schäfer (S. 36); B. Schüßling (S. 30/31); senseLAB (S. 24/25); Stabalux (S. 6/7); J. Wedel (S. 8/9, 10 li.); C. Zanker (S. 17)
Anzeigen [email protected]
Erscheinungsweise // Aufl age 2 mal jährlich // 5.000 Exx. Druck Köllen Druck + Verlag GmbH, Bonn
In diesem Magazin wird aus Gründen der einfacheren Lesbarkeit auf die gleichzeitige Verwendung männ-licher und weiblicher Sprachform verzichtet. Sämtliche Bezeichnungen von Personengruppen gelten gleich-gestellt sowohl für die männliche als auch für die weibliche Form.Für den Inhalt der einzelnen Artikel sind die jeweils benannten Autoren verantwortlich. Nachdruck – auch auszugsweise – nur mit Genehmigung der Alanus Hochschule.
Alfter, November 2012
4 4
INHALT10 Jahre staatliche Anerkennung 6 BLICK ZURÜCK NACH VORN
Rektor Marcelo da Veiga über Idee und Vision der Alanus Hochschule
12 „SO GUT, SO SCHNELL, SO NACHHALTIG“Ein Interview mit Andreas Pinkwart
14 MEILENSTEINE
16 BEGEGNUNG MIT KLISCHEESNamen tanzen, Waldorfuni, typisch BWL, typisch Eurythmie
Campus 18 WO SICH KUNST UND WISSENSCHAFT
GUTEN MORGEN SAGEN
20 DAS HOCHSCHULDORF WÄCHSTEin neuer Campus als zweiter Standort
Forschung 22 FORSCHUNG FÜR UND MIT GESELLSCHAFT
24 DER KREATIVITÄT AUF DER SPUR
26 WALDORFPÄDAGOGIK IM DIALOG
Alanus Werkhaus 28 KÜNSTLERFÖRDERUNG IM SCHLAF
Warum im Alanus Gästehaus Tintenfeder und Bettfeder zusammengehören
30 BRÜCKENBAUER ZWISCHEN KUNST UND BERUFLebenslanges Lernen im Weiterbildungszentrum Alanus Werkhaus
32 ZUM AUSGLEICH NEUE GEBÄUDEVergrößerung des Campus durch Bonn-Berlin-Ausgleichfonds
Engagement 35 NEUE WEGE GEHEN
WIRTSCHAFT NEU DENKEN
36 WAS WÄREN WIR OHNE SIE?Partner und Förderer lassen die Hochschule wachsen
Menschen38 ANDREAS KIENLIN
Ein Professor, der (Frei-)Räume schafft
41 KURZ & KNAPP
42 TERMINE
Inhalt / ImpressumInhalt / Impressum 5 5
BLICK ZURÜCK NACH VORNRektor Marcelo da Veiga über Idee und Vision der Alanus Hochschule
6
Auf welchen geistigen Grundlagen fußt das Bildungsverständnis der Alanus Hochschule? Welche Rolle spielt die Philosophie bei der Persönlichkeitsentwicklung und der wissenschaftlichen Forschung? Und wie können Kunst und Wissenschaft Antworten auf aktuelle gesellschaftliche Fragen fi nden?
10 Jahre staatliche Anerkennung 7
Als die Alanus Hochschule Ende 2002 als
Kunsthochschule neu gegründet wurde,
konnte sie schon auf eine fast 30-jährige Ge-
schichte zurückblicken: Hervorgegangen war
diese Neugründung aus einer staatlich an-
erkannten Weiterbildungseinrichtung. Diese
hatte wiederum ihren Vorläufer in einer 1974
gegründeten freien Kunststudienstätte.
WAS DIE HOCHSCHULE PRÄGT
Gleichermaßen prägend für alle drei Phasen
dieser Entwicklung war ein besonderes Bil-
dungsverständnis, das seine Wurzeln in der
Geisteswissenschaft Rudolf Steiners hat. Es
besagt, dass der Mensch ein aus der Evolu-
tion hervorgegangenes Gruppen- und Gesell-
schaftswesen ist, das als solches zugleich
auf eine autonome Selbstbildung hin orien-
tiert ist. In diesem Selbstbildungsprozess,
der sich in ständiger Auseinandersetzung mit
dem Leben (Lebensschule) vollziehen muss,
konstituiert sich die personale Freiheit des
Menschen als individuelle Errungenschaft.
Diese Freiheit ihrerseits ist die Voraussetzung
für eine neue und zukünftige, auf individuelle
Initiative und Verantwortung gegründete Ge-
sellschaftsfähigkeit. Die Gesellschaft der Zu-
kunft beruht, wie Richard Barret sagt, nicht
auf den Interessen der Blutsbande oder der
Volkszugehörigkeit, sondern auf der Entfal-
tung universaler geistiger Werte, die sich das
Individuum durch Bewusstseinsentwicklung
erst erschließen muss. Es gilt, um mit den
Worten Viktor Frankls zu sprechen, den Blick
für die Realität des Geistigen zu entwickeln.
Das Medium, in dem sich dieses Menschen-
und Bildungsverständnis vielleicht am un-
eingeschränktesten entfalten kann, ist die
Kunst. Denn Kunst ist per se keiner Tradition
oder Überlieferung verpfl ichtet und verlangt
daher permanent die Bereitschaft zum Neu-
beginn. Jede künstlerische Produktion erzeugt
trotz der scheinbaren Finalität des Werkes
stets auch ein neues Niveau der Unfertigkeit
und löst so im Kunstschaffenden den Drang
zum nächsten Schritt aus, einen Drang, der
in der Produktion des Werkes stets auch eine
neue Selbstschöpfung intendiert.
DER AUSBAU ERÖFFNET EIN SPANNUNGSFELD
Ein für die Geschichte der Alanus Hochschule
als Kunsthochschule besonderer Entwick-
lungsschritt vollzog sich in den Jahren 2005
und 2006: Mit der Gründung der Fachbereiche
Wirtschaft und Bildungswissenschaft erwei-
terte sich das Profi l der Alanus Hochschule
zusätzlich um wissenschaftliche Forschung
und Lehre. Im Sinne des Kunsthochschulge-
setzes von Nordrhein-Westfalen nimmt die
Alanus Hochschule seitdem auch universitäre
Aufgaben wahr.
8
Im Inneren der Hochschule hat dieser Ausbau
zugleich ein Spannungsfeld eröffnet, das
ihren Charakter in besonderer Weise prägt.
Wissenschaft fußt zwar auf Forschung und
Entdeckung; dennoch scheint sie auf den
ersten Blick eher auf Verlässlichkeit und
Überprüfbarkeit ihrer Ergebnisse aus zu sein
als auf eine Intensivierung des Erlebens und
ein sich immer neu überbietendes Produzie-
ren. Der Künstler darf und soll von Anfang an
bei sich selbst und nicht im Wiederholen der
Werke anderer ansetzen. Dagegen wird, wer
mit einer Wissenschaft beginnt, zunächst
dazu angehalten, den Gedanken anderer zu
folgen, bevor er es wagt, seine eigenen zu
entwickeln.
Dennoch war und ist das „Selbstdenken“ im
Sinne Arthur Schopenhauers seit jeher das ei-
gentliche Ziel der Wissenschaft, wenn sie sich
nicht nur zum bloßen „Wissenschaftsbetrieb“
degradieren lassen, sondern ihre eigentliche
Bedeutung für den Menschen behaupten will.
Wer aufgeklärt und nicht naiv wissenschaft-
lich arbeitet, wird daher im Nachvollziehen
des Früheren stets nur ein Vehikel sehen, das
helfen soll, die autonome Denkkraft zu ent-
fesseln. Umgekehrt wird letztlich auch jedes
authentische Künstlertum ein Verständnis für
den eigenen Prozess entwickeln und den Blick
für die Bedeutung der Produktionen anderer
schärfen wollen.
PHILOSOPHIE ALS UNIVERSALDISZIPLIN
Die Erweiterung der Hochschule um wissen-
schaftliche Fachdisziplinen ging und geht
einher mit der Stärkung der Philosophie als
fundierender Universaldisziplin. Denn die
Philosophie eröffnet eine gedankliche Sphäre,
in der das Wesen und die Bedeutung der
wissenschaftlichen und künstlerischen Fach-
disziplinen und ihrer Ergebnisse erfragt und
erforscht werden kann. Die philosophische
Refl exion, die in Form des Studium Genera-
le in allen Studiengängen fest verankert ist
und sämtliche Fachstudien durchzieht, kann
und will diese Spannung zwischen Kunst
und Wissenschaft nicht aufl ösen, sondern
nur vermitteln und neu entfachen! Aufgabe
der Philosophie ist es nämlich keineswegs zu
beruhigen. Sie liegt vielmehr darin, die pro-
duktive Unruhe wach zu halten, ohne welche
sowohl die Kunst als auch die Wissenschaft
absterben müssten.
Man darf in diesem Zusammenhang auch da-
rauf verweisen, dass der Aufstieg der Natur-
10 Jahre staatliche Anerkennung 9
wissenschaften und der daraus entstande-
nen modernen Technologien in Europa auf
dem Boden einer multiplen und dissonanten
Entfaltung philosophischer Refl exion gesche-
hen ist. Der spekulative Geist hat jene Kräfte
erst erzeugt und entbunden, die dann im em-
pirischen Denken domestiziert wurden. Em-
pirische Wissenschaften sind domestizierte
Philosophie, und sie tun daher gut daran, ihre
Quelle zu pfl egen.
ANTWORTEN FÜR DAS MORGEN
Ein so gefasster Nährboden akademischer
Produktivität ist die Voraussetzung dafür,
dass Kunst und Wissenschaft überhaupt zu
Antworten auf die Entwicklungsbedürfnis-
se der heutigen Gesellschaft fähig bleiben.
So liegt die Aufgabe der Alanus Hochschule
nicht nur darin, Güter und kulturelle Werte,
die aus der europäischen Geistesgeschichte
erwachsen sind, zu bewahren und weiterzu-
pfl egen. Sie muss, ohne ihre Bildungsideale
unterwegs zu vergessen oder zu verlieren,
auch den gesellschaftlichen Erfordernissen
unserer Zeit im Medium von Kunst und Wis-
senschaft gerecht werden. Ihre Zukunft liegt
darin, zu beweisen, dass Hochschulbildung
jungen Menschen die Kraft und Fähigkeit
verleiht, die gesellschaftlichen Herausfor-
derungen unserer Zeit zu erkennen und sie
gestalten zu wollen.
Für die Ausbildung in der freien Kunst bedeu-
tet dies, von Anfang an auch die Zeit nach
dem Kunststudium im Blick zu behalten und
Studierende entsprechend zu professionali-
sieren; in der Pädagogik und Lehrerbildung
heißt es, künftige Lehrer so auszubilden, dass
sie in der Lage sind, den drastisch veränder-
ten Lebens- und Entwicklungsbedingungen
von Kindern und Jugendlichen gerecht zu
werden und ihre fachliche Kompetenz unter
diesen Rahmenbedingungen zur Entfaltung
zu bringen. Für das Studium der Wirtschaft
muss es darum gehen, einen schonungslo-
sen analytischen Blick für ökologische Folgen
und soziale Implikationen der Wirtschaft zu
entwickeln, ebenso aber die ökonomische Ef-
fi zienz, die auch für alternative Wirtschafts-
formen unentbehrlich ist. Gefragt sind also
die Selbstsicherheit und der Mut derer, die
in der Wirtschaft vor allem ein zu gestal-
tendes Handlungsfeld sehen, statt bloß ein
vermeintliches Systems von festgelegten, un-
veränderlichen Regeln, das für Initiative und
Verantwortung keinen Raum mehr lässt.
Künstlerische Therapien und Architektur le-
ben von der Integration künstlerischer und
wissenschaftlicher Kompetenzen. Gerade hier
bieten sich der Alanus Hochschule also bahn-
brechende Möglichkeiten: Mit ihrer Forschung
zur therapeutischen Wirksamkeit der Kunst
kann sie dieser eine zusätzliche Dimension
von Sinnhaftigkeit öffentlich bescheinigen,
und indem die Architektur das Bauen als
künstlerischen Prozess begreift, der zwischen
Mensch, Natur, Gesellschaft und Kultur je-
weils neu und originell vermittelt, können
Statik und Bauphysik in den Dienst eines
menschen- und umweltgerechten Bauens
gestellt werden.
Die Zukunft der Alanus Hochschule liegt somit
darin, die geistigen Impulse ihrer Herkunft
mit den Herausforderungen der Gegenwart so
zu konfrontieren, dass sie sich dabei immer
wieder neu erfi ndet und sich selbst und ihr
Umfeld mit den Ergebnissen überrascht.
Marcelo da Veiga, geb. 1960 in Blu-
menau/Brasilien, Professor für philo-
sophische und ästhetische Bildung,
ist Gründungsrektor der Alanus Hoch-
schule.
10
Wir gratulieren zu 10 Jahren staatlicher AnerkennungW
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WAS ICH TUE,IST EINZIGARTIG
Sibylle Strofus, WALA Gärtnerin
Genauso einzigartig wie die WALA Arzneimittel.
Kräftige, gesunde Heilpfl anzen stehen
am Anfang - natürliche, verträglicheArzneimittel am Ende.
„Mensch werdenist eine Kunst“
Novalis (Georg Philipp Friedrich Freiherr von Hardenberg)
Deutscher Dichter 1772 - 1801
Zu 10 Jahren erfolgreicher Arbeit gratulieren wir sehr herzlich!
ZEITUNG FÜR KUNST & KULTURwww.haken-kulturzeitung.de
DRUCK VERLAGKÖLLEN GmbH
+
erreicht wurde, wie es zu Beginn kaum jemand erwartet hätte. Dies ist
ein besonderer Verdienst der Hochschulleitung.
Als ein Highlight habe ich die schnelle Errichtung der neuen Gebäude
auf dem Gelände um den Johannishof aus Mitteln des Bonn-Berlin-
Ausgleichsfonds in Erinnerung. Schon dadurch ist die Hochschule
sichtbarer geworden. Die „architektonische“ Sichtbarkeit wurde durch
den Erweiterungsbau im Tal noch einmal besonders verstärkt. Die
Hochschule wurde plötzlich ganz anders wahrgenommen.
Von außen gesehen war es eine sehr harmonische Entwicklung, ein
erfolgreicher und nachhaltiger Wandlungsprozess. Seitens des Minis-
teriums wurde der Prozess wohlwollend, aber mit dem entsprechenden
qualitätssichernden Anspruch begleitet. Die Hochschule hat die Chan-
ce genutzt, ihr Profi l weiterzuentwickeln und gleichzeitig ihren Charak-
ter als eine sehr persönliche Hochschule bewahrt, die den einzelnen
Studierenden in den Mittelpunkt stellt.
? Welche Rolle spielte an dieser Stelle, dass die Alanus Hoch-schule eine nichtstaatliche Bildungseinrichtung ist?
Es ist der spezifi sche Charakter der Hochschule und ihre Innovations-
bereitschaft – auch was die Studiengänge angeht. Vorbildlich ist die
Förderung der Studierenden durch Partnerschaften mit Stiftungen und
Unternehmen. Am Beispiel der Partnerunternehmen des Fachbereichs
Wirtschaft wird deutlich, dass es von Beginn an das Ziel war, künftige
Arbeitgeber mit einzubeziehen und ein Augenmerk auf nachhaltiges
Wirtschaften zu legen.
? Herr Professor Pinkwart, Sie waren in den vergangenen zehn Jahren, auch in denen als Innovationsminister, ein Wegbeglei-
ter der Alanus Hochschule. Was fällt Ihnen als erstes ein, wenn Sie an die Alanus Hochschule denken?Wenn ich an die Alanus Hochschule denke, fallen mir die ganzheit-
liche Perspektive, der künstlerische Ansatz sowie die herausragende
Entwicklung ein, die die Alanus Hochschule in den letzten Jahren ge-
nommen hat.
? Was waren aus Ihrer Sicht die größten Herausforderungen für die Alanus Hochschule in dieser Zeit?
Sicherlich war es wichtig, nach der staatlichen Anerkennung die Ala-
nus Hochschule zu einer vollwertigen akademischen Einrichtung zu
entwickeln. Zu einer Hochschule, die den hohen akademischen Anfor-
derungen des Wissenschaftsrates standhalten konnte. Und so kam es
auch zu der hochwertigen und bestmöglichen Anerkennung im Rah-
men der institutionellen Akkreditierung. Das war ein ganz wichtiger
Erfolg, der damit erzielt wurde.
? An welche Highlights und an welche Schwierigkeiten erinnern Sie sich konkret?
Schwierigkeiten gab es in dem Sinne nicht. Es waren positive Heraus-
forderungen, die gelungen sind. Nämlich die Entwicklung einer freien
Kunsteinrichtung zu einer profi lierten akademischen Einrichtung. Ein
Umbau, der in vielerlei Hinsicht so gut, so schnell und so nachhaltig
Der ehemalige Wissenschafts- und Innovationsminister Andreas Pinkwart über die Entwicklung der Alanus Hochschule in den vergangenen zehn Jahren. „SO GUT, SO SCHNELL,Ein Interview mit Andreas Pinkwart
12 12
? Können Sie beschreiben, was die Besonderheit der Alanus Hochschule und ihres Selbstverständnisses ausmacht?
Ein großer Unterschied zu anderen Hochschulen zeigt sich im Fächer-
spektrum mit dem erziehungswissenschaftlichen und künstlerischen
Zweig bei gleichzeitiger Einbeziehung wirtschaftswissenschaftlicher
Studiengänge. Damit erzielt die Alanus Hochschule ein besonderes
Alleinstellungsmerkmal.
? Was unterscheidet sie von den sogenannten Business Schools, die in den letzten zehn Jahren vielfach gegründet wurden?
Bei der Alanus Hochschule kommen Kunst und Kultur, Wirtschaft und
Soziales zusammen. Das macht die Besonderheit aus und schärft
zugleich das Profi l der Hochschule. Dies unterstreicht den ganzheit-
lichen Bildungsansatz, den die Hochschule verfolgt. Synergieeffekte
werden deutlich: Der künstlerisch-gestaltende Bereich eröffnet den
Wirtschaftsstudenten eine neue Sichtweise – fördert ihre Kreativität,
ihre Soft Skills. Im Gegenzug dazu können die Künstler und Pädago-
gen von dem Wissen der Wirtschaftswissenschaftler profi tieren, die sie
dabei unterstützen können, soziale und künstlerische Einrichtungen
wirtschaftlich erfolgreich zu führen.
? Würde etwas fehlen, wenn es die Alanus Hochschule nicht gäbe?
Auf jeden Fall. Die Alanus Hochschule ist eine Bereicherung der
nordrhein-westfälischen Hochschullandschaft. Das Land hat die Ent-
wicklung der Hochschule daher von Beginn an
mit viel Wohlwollen begleitet. Denn sie trägt zur
Bildungsvielfalt in NRW bei, stellt Studienplätze
zur Verfügung, bietet ein außergewöhnliches An-
gebot für Studierende, fördert die anwendungsbezogene Forschung in
verschiedenen Disziplinen und strahlt in ihrem Feld über die Landes-
grenze hinaus. Und nicht zuletzt ist sie eine kulturelle Bereicherung
und ein Aushängeschild für Alfter und die Region Bonn/Rhein-Sieg
geworden. Welche Gemeinde dieser Größenordnung kann für sich in
Anspruch nehmen eigenständiger Hochschulstandort zu sein? Darauf
können die Alfterer stolz sein.
? Gibt es von Ihrer Seite Ideen, wie eine Zusammenarbeit zwi-schen der Leipzig Graduate School of Management (HHL) und
der Alanus Hochschule aussehen könnte?Aktuell gibt es noch keine Kooperation, aber ich könnte mir gut vorstel-
len, dass sich in den Bereichen Entrepreneurship sowie Sustainability
and Competitiveness Wege der Zusammenarbeit fi nden lassen.
? Was wünschen Sie der Alanus Hochschule für die Zukunft?Ich wünsche der Alanus Hochschule, dass sie sich in den kom-
menden zehn Jahren genauso erfolgreich weiterentwickelt wie bisher.
Das wäre die sichere Garantie für eine nachhaltige und gleichermaßen
erfolgreiche Zukunft der Hochschule.
Das Interview führte Julia Wedel.
Andreas Pinkwart, geb. 1960 in Berg-Seelscheid, Professor
für Betriebswirtschaftslehre, ist Rektor und Inhaber des Lehr-
stuhls für Innovationsmanagement und Entrepreneurship der
HHL Leipzig Graduate School of Management. Von 2005 bis
2010 war der damalige Siegener Universitätsprofessor stell-
vertretender Ministerpräsident und Innovationsminister des
Landes Nordrhein-Westfalen.
SO NACHHALTIG“
10 Jahre staatliche Anerkennung 13
2002Die Alanus Hochschule wird nach dem
nordrhein-westfälischen Hochschulgesetz
als Kunsthochschule staatlich anerkannt. Professor
Marcelo da Veiga, der die staatliche Anerkennung initiiert
hat, wird zum Gründungsrektor der Hochschule gewählt.
Fortgeführte Studiengänge: Bildhauerei (Diplom) /
Malerei (Diplom) / Eurythmie (Diplom) / Schauspiel /
Sprechkunst (Diplom) / Architektur (Diplom)
2003Die neuen Gebäu-
de des staatlich
anerkannten Bildungswerks
Alanus Werkhaus und das Alanus
Gästehaus, gefördert aus Mitteln
des Bonn-Berlin-Ausgleichfonds,
werden am Campus I (Johannis-
hof) eingeweiht.
2004Die Alanus Stiftung
wird gegründet.
2005Der Bildhauerhof mit den Bildhauer-
hallen, die Malerateliers und der
Begegnungssaal (Glashaus), gefördert aus Mitteln
des Bonn-Berlin-Ausgleichfonds, werden am Cam-
pus I (Johannishof) eingeweiht. // Gründung
des Fachbereichs Wirtschaft in enger Zusammenar-
beit mit Part nerunternehmen.
2006Neuer Studiengang: Betriebs-
wirtschaftslehre (B.A.). Gründung
des Fachbereichs Bildungswissenschaft. gründet.
2007Die Alanus Hochschule erhält den Solar-
preis von der Europäischen Vereinigung für
Erneuerbare Energien (Eurosolar) für ihr Projekt
„Architekturstudenten bauen Photovoltaikanlage“. //
Die neue Bildhauerhalle mit Seminarraum und Medienraum
wird am Campus I (Johannishof) eingeweiht. // Die Diplom-
studiengänge Eurythmie sowie Architektur und Stadtraum
werden auf Bachelor- und Masterstudiengänge umgestellt.
Neue Studiengänge: Kunsttherapie (M.A.) //Pädagogik
(M.A.) // Lehramt Kunst (Staatsexamen an erster und
einziger nichtstaatlicher Hochschule in Deutschlands).
2008Die Diplomstudiengänge Bildhauerei und
Malerei werden auf Bachelor- und Master-
studiengänge Bildende Kunst umgestellt. Neuer Studien-
gang: Leitung, Bildung und Forschung in heilpädagogischen
und sozialtherapeutischen Arbeitsfeldern (M.A.)
MEILENSTEINE
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2009Der neu gebaute Campus II
an der Villestraße in Alfter
wird feierlich eröffnet. // Ein neues Atelier-
gebäude für das Fachgebiet Malerei und der
Erweiterungsbau des Gästehauses werden
am Campus I (Johannishof) eingeweiht. //
Der Diplom-Studiengang Schauspiel wird
von der ZAV-Künstlervermittlung anerkannt.
2010Die Alanus Hochschule erhält als erste
nichtstaatliche Kunsthochschule Deutsch-
lands die institutionelle Akkreditierung und das Promo-
tionsrecht für den Fachbereich Bildungswissenschaft.
Neue Studiengänge: Kindheitspädagogik (B.A.) /
Prozessarchitektur (M.A.) / Betriebswirtschaftslehre
(M.A.) / Pädagogische Praxisforschung (M. Ed.)
2011An der Alanus Hochschule startet
das Forschungsprojekt „Studica –
Studieren à la Carte“. Das Projekt wird vom
Bundesministerium für Bildung und Forschung
(BMBF) sowie vom Europäischen Sozialfonds der
Europäischen Union (ESF) gefördert. // Der Rat
für Nachhaltige Entwicklung zeichnet das BWL-
Studium der Alanus Hochschule mit dem Quali-
tätssigel „Werkstatt-N-Impuls-2011“ aus. Neue
Studiengänge: Kunst-Pädagogik-Therapie (B.A.) /
Kunsttherapie/Sozialkunst (B.A.)
2012An der Alanus Hochschule startet das Forschungs- und Ent-
wicklungsprojekt „Trialer Berufspädagoge“. Das Projekt zur
Kompetenzerweiterung von Führungskräften in der betrieblichen Bildung wird
vom BMBF gefördert. Die Alanus Hochschule feiert das Jubiläum der
staatlichen Anerkennung.
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4040141411FACHBEREICHEFachbereich 01 // Bildende Kunst
¢ Bildende Kunst – Malerei (B.A.)
¢ Bildende Kunst – Bildhauerei (B.A.)
¢ Bildende Kunst (M.A.)
Fachbereich 02 // Darstellende Kunst
¢ Schauspiel (Diplom)
¢ Eurythmie (B.A. und M.A.)
Fachbereich 03 // Künstlerische Therapien
¢ Kunsttherapie (B.A. und M.A.)
¢ Eurythmietherapie (M.A.)
Fachbereich 04 // Architektur
¢ Architektur und Stadtraum (B.A.)
¢ Prozessarchitektur (M.A.)
Fachbereich 05 // Bildungswissenschaft
¢ Kunst-Pädagogik-Therapie (B.A.)
¢ Kindheitspädagogik (B.A.)
¢ Pädagogik (M.A.)
¢ Pädagogische Praxisforschung (M. Ed.)
¢ Leitung, Bildung und Forschung in heilpädagogischen
und sozialtherapeutischen Arbeitsfeldern (M.A.)
¢ Lehramt Kunst (M. Ed.)
¢ Promotion (Dr. phil., Dr. päd.)
Fachbereich 06 // Wirtschaft
¢ Betriebswirtschaftslehre (B.A. und M.A.)
BESONDERHEITEN DES STUDIUMS
Fach- und jahrgangsübergreifendes Studium Generale
als Bestandteil aller Studiengänge
StandorteCampus I, Johannishof, Alfter
Campus II, Villestraße 3, Alfter
Stand: Herbstsemester 2012
Stan
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12
10 Jahre staatliche Anerkennung10 Jahre staatliche Anerkennung 15 15
? Herr Hasler, muss man seinen Namen denn tanzen können, um Eurythmie zu studieren?
HASLER: Nein, muss man überhaupt nicht.
? Was muss man denn können?HASLER: Was wir bei der Aufnahmeprüfung sehen wollen, ist die
Liebe zur Sprache, zur Bewegung und zur Musik.
? Können Sie Ihren Namen tanzen, Frau Deutschmann?DEUTSCHMANN: Ich weiß nicht, ob ich das hinkriegen würde. Wir
haben im BWL-Studium zwar auch Eurythmie gemacht. Hier ging es
aber eher um Körperbewusstsein und eine andere Sicht auf die Dinge.
? Was bringt einem BWLer denn die Eurythmie?DEUTSCHMANN: In der Wirtschaftswissenschaft geht es ja ver-
einfacht um zwei Produkte a und b, die sich auf einem Gütermarkt
begegnen. Das ist das typische Marktdiagramm, das man im ersten
Semester lernt. Es gibt ja aber noch viel mehr hinter den Produkten: Es
gibt zum Beispiel Menschen, die diese herstellen und diese Menschen
stehen in Beziehung zueinander. In der Eurythmie wird ein Fokus da-
rauf gesetzt, dass es um den Menschen und das Zwischen den Men-
schen geht. Das ist etwas, was man in der klassischen Wirtschafts-
wissenschaft überhaupt nicht sieht. Da geht es um das Berechenbare:
Produkte, versehen mit einem Preis. Die Eurythmie kann diesbezüglich
Denkanstöße geben und kann die Beziehungen hinter den Produkten
sichtbar machen.
Namen tanzen, Waldorfuni, typisch BWL, typisch Eurythmie Die BWL-Studentin Sarah Deutschmann und der
Eurythmieprofessor Stefan Hasler im Gespräch über Klischees. ? Wenn wir den Blick jetzt einmal komplett umdrehen, wie viel
BWL braucht denn ein Eurythmist?HASLER: Naja, er muss seine Steuererklärung ausfüllen können und
mit solchen Dingen umgehen. Aber vielleicht gucken wir lieber auf die
Wissenschaften überhaupt, die ja im Studium Generale für die Euryth-
miestudenten auch ein wichtiger Bestandteil sind. Da geht es um das
Denken in Zusammenhängen. Ohne das können unsere Studenten hier
nicht studieren.
? Das, was man so klischeemäßig der BWL zuordnen würde – Strukturen, Diagramme – braucht ein Eurythmist so etwas?
HASLER: Ja gerade! Bei uns geht es ja viel um Bewegung, ums Füh-
len und Erleben. Da haben wir ein großes Bedürfnis, klare Struktur
hineinzubringen. Ich freue mich aber auch umgekehrt, dass eine
BWL-Studentin sagt, ich will an die Dinge ganzheitlich herangehen,
sie fühlen und erleben. Diese Gegenbewegungen können wir eben hier
erlebbar machen.
? Das heißt, BWL-Studenten und Eurythmiestudenten unterschei-den sich gar nicht?
HASLER: Doch das tun sie. Die Blickrichtung unterscheidet sich fun-
damental. Bei jedem neuen Stück, das wir in der Eurythmie erarbeiten,
geht es um die Frage: Was erlebe ich, was fühle ich, was ist drin im
Stück? Das ist der Hauptjob. Und dann ist der zweite Schritt, das zu
strukturieren, zu verstehen, methodisch zu verarbeiten.
? Von außen wird die Alanus Hochschule ja nicht selten als Wal-dorfuni wahrgenommen. Wie viele Studenten kommen denn von
der Waldorfschule?HASLER: Bei uns sind es, das bedingt das Fach natürlich, relativ viele,
so rund 70 bis 80 Prozent.
BEGEGNUNG MIT KLISCHEES
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? Und wie sieht es in der BWL aus?DEUTSCHMANN: Ich glaube ein Drittel zu zwei Drittel; also zwei
Drittel, die nicht von einer Waldorfschule kommen.
? Waren Sie auf einer Waldorfschule?DEUTSCHMANN: Nein, ich musste sogar Anthroposophie erst mal
googeln, bevor ich hierhingekommen bin.
? Aber Anthroposophie spielt schon eine Rolle?HASLER: Eurythmie ohne Anthroposophie geht nicht. Aber eben
natürlich so, wie wir das an der Alanus Hochschule umsetzen. Anthro-
posophie wird in Bezug gesetzt zu anderen philosophischen Ansätzen.
Und das ist das, was die Studenten und wir Kollegen hier schätzen.
DEUTSCHMANN: In der BWL kommt man zum Beispiel über Götz Werner
in Kontakt mit der Anthroposophie, der dm-Gründer hält ja bei uns
Vorlesungen. Und ansonsten über das Studium Generale, aber da kann
man dann wählen, ob man was zu Rudolf Steiner macht, oder Adorno
oder lieber Theater- oder Kunstgeschichte.
? Wie muss denn ein Studium sein, ganz unabhängig vom Fach, damit jemand nachher sagt, die Zeit hat sich für mich gelohnt?
HASLER: Neben den ganzen fachlichen Dingen ist ein wesentlicher
Faktor: Wen trifft man? Die Begegnungen und Auseinandersetzungen,
die man im Studium hat. Dass ein Eurythmist neben einem BWLer im
Seminar sitzt, ins Gespräch kommt, über die Fachgrenze hinaus.
DEUTSCHMANN: Ich fi nde die interdisziplinären Gestaltungsmög-
lichkeiten wichtig. Wenn ich mich engagieren will, dann habe ich
hier die Möglichkeiten dazu. Dafür den Raum zu haben, fi nde ich
wichtig. Auch die Möglichkeit, auf die Nase zu fallen und wieder
aufzustehen.
HASLER: Ich will da gerne noch mal anknüpfen. Forschungsprojekte
zum Beispiel, mache ich nur interdisziplinär mit anderen zusammen.
Denn nur, wenn ich mich erklären muss vor anderen, die nicht in mei-
nem Fach drin sind, dann wird es spannend. Wissenschaftler, die kei-
ne Ahnung haben, was Eurythmie ist, die stellen dann die richtigen
Fragen. Umgekehrt kann ich gut nachbohren bei den Wissenschafts-
kollegen. Und die Begegnungen hier vor Ort, die machen das möglich.
? Das heißt die Alanus Hochschule als Ort der Begegnung?HASLER: Ja genau. Auseinandersetzung und Begegnung und da-
durch Neues und Unerwartetes. Oder: Raus aus dem Klischee! Raus
aus der engen Sicht des eigenen Fachs! Das geht an der Alanus Hoch-
schule.
DEUTSCHMANN: Wenn man hier eins lernt, dann ist es, hinter festgfah-
rene Begriffl ichkeiten und Klischees zu gucken.
Das Gespräch führte Claudia Zanker.
Sarah Deutschmann, geb. 1988 in Hamburg, BWL-Studentin an
der Alanus Hochschule, schreibt derzeit ihre Bachelor-Arbeit
zum Thema „Geld und Commons“. // Stefan Hasler, geb. 1965
in Zürich, ist seit 2003 Professor für Eurythmie an der Alanus
Hochschule. Hasler hatte die erste Professur für Eurythmie in
Deutschland inne.
10 Jahre staatliche Anerkennung 17
WO SICH KUNST UND WISSENSCHAFT GUTEN MORGEN SAGEN
Inside-Outside, interdisziplinäres Kunstprojekt BWL
und Darstellende Kunst, 2012
Wenn Wirtschaftswissenschaftler Theater spielen und Künstler mit Pädagogen über Philosophie und gesellschaftliche Fragen diskutieren, dann kann Neues entstehen.
18
Die Zeiten, in denen es im wahren Sinn des
Wortes eine artistische Meisterleistung war,
einen wissenschaftlichen Abschluss zu er-
langen, liegen lange zurück. Immerhin, dem
Namen nach ist es auch heute noch so: Wer
seinen „Master of Arts“ macht, darf sich
Meister der Künste nennen, und der „Bache-
lor of Arts“ bekommt mit seinem Zeugnis ei-
nen künstlerischen Gesellenbrief ausgestellt.
Weil diese Titel in der Regel unübersetzt und
abgekürzt zugleich bleiben, fällt kaum auf,
dass sie wenig darüber aussagen, was sich
ihre Träger eigentlich an Fähigkeiten erwor-
ben haben. Mit Kunst muss ein solcher Ab-
solvent nämlich nicht ein einziges Mal in sei-
nem Studienleben in Berührung gekommen
sein. Es sei denn, er hatte das Glück, an der
Alanus Hochschule zu studieren. Denn dort
kann man auch als Student der Betriebswirt-
schaftslehre schöpferisch tätig werden.
STUDIUM GENERALEDie Begegnung von Kunst und Wissenschaft
ist ein Herzensanliegen dieser Hochschule,
und es gibt viele Gelegenheiten, an denen sie
zustande kommen kann. Das Studium Gene-
rale, das alle Studenten gemeinsam besu-
chen, eröffnet in philosophischen, kunst- und
kulturwissenschaftlichen Veranstaltungen
bewusst einen Raum dafür. Es erneuert damit
die Tradition einer ganzheitlichen Bildung,
die das Fachstudium sowohl fundiert als
auch überschreitet. Diese Tradition inspirierte
nicht nur den Titelgeber unserer Hochschule,
Alanus ab Insulis (ca. 1120-1202). Sie ist
es auch, aus der unsere akademischen Titel
stammen, hat doch im Mittelalter jeder Stu-
dent die „artes liberales“, die freien Künste
studiert, um die Bildung zu erhalten, die ei-
nem freien Menschen zusteht. Dass zu diesen
Künsten neben Musik und Rhetorik auch Dis-
ziplinen wie Grammatik und Arithmetik gehör-
ten, macht deutlich, dass die Verbindung von
Kunst und Wissenschaft selbstverständlicher
und gelassener sein kann, als sie das heute
vielfach ist. Freilich wird diese Beziehung in
Zukunft anders aussehen als damals. Wenn
wir an der Alanus Hochschule in Lehre und
Forschung diese Tradition wiederbeleben und
pfl egen, dann tun wir das nicht, um die Asche
vergangener Tage zu bewachen, sondern um
eine Glut anzufachen, deren schöpferische
Kraft dazu beitragen kann, Feuer und Flam-
me dafür zu sein, unsere Gesellschaft mitzu-
gestalten.
KUNST IM DIALOGFrischer Wind in diese Glut, in die spannen-
de Begegnung von Kunst und Wissenschaft,
kommt auch durch die Tandem-Projekte, um
ein weiteres Beispiel aus der Landschaft
unserer Hochschule aufzugreifen. Studenten
der Betriebswirtschaftslehre und der Bil-
denden wie Darstellenden Künste arbeiten
miteinander an künstlerischen Aktionen und
kommen dabei in Fahrt. Sie berichten davon,
wie sie im gemeinsamen Handeln und ge-
genseitigen Austausch voneinander lernen,
Verständnis für die Denk- und Lebenswelt
des Anderen entwickeln und neue Impulse
für das eigene Tun und Schaffen erhalten.
Was dabei geschieht und entsteht, kann sich
sehen lassen. Um dies auch angemessen
zu würdigen, verleiht darum der Förderver-
ein der Alanus Hochschule in diesem Jahr
erstmals den Preis „paarweise“. Begleitet
werden die Tandem-Projekte vom Institut für
Kunst im Dialog, dessen vielfältige Angebote
auf eine Kultur im Wandel eingehen, die in
immer mehr Bereichen einen Lebensstil er-
fordert, den man als künstlerischen Prozess
begreifen kann.
In der dynamischen, krisenhaften und chan-
cenreichen gesellschaftlichen Situation, in
der wir uns gegenwärtig befi nden, ist die
erfrischende Begegnung von Kunst und Wis-
senschaft ein zukunftsträchtiges Geschehen.
Davon bekommen nicht nur die Studierenden
und Gäste der Alanus Hochschule Wind. Auch
die Arbeits- und Forschungsgemeinschaft
der Lehrenden belebt sich durch den frucht-
baren Austausch zwischen den Disziplinen
und die Arbeit an gemeinsamen Projekten.
Was dabei entsteht, fl ießt wiederum in die
Lehre ein, während umgekehrt aus interdis-
ziplinärer Lehre auch neue Forschungsfragen
entstehen.
Natürlich stellt es für die Beziehung zwischen
Kunst und Wissenschaft eine ständige He-
rausforderung dar, Refl exionsfähigkeit und
schöpferisches Potential so miteinander ins
Spiel zu bringen, dass es zu einer wechsel-
seitigen Bereicherung kommt. Beide können
auch gegeneinander ausgespielt werden und
sich gegenseitig hemmen. Wer darum weiß,
daran wächst und reift und sich so immer
besser darauf versteht, wie das Spiel gelingt,
nimmt diese Herausforderung gerne an. Die
Alanus Hochschule für Kunst und Gesell-
schaft ist ein Ort, an dem dies geschieht, im-
mer wieder neu, in vielschichtiger Weise und
im besten Fall ebenso leidenschaftlich wie
gelassen. Alfter, das ist dort, wo sich Kunst
und Wissenschaft guten Morgen sagen.
Thomas Schmaus, geb. 1978 in Augs-
burg, ist wissenschaftlicher Mitarbei-
ter am Institut für philosophische und
ästhetische Bildung an der Alanus
Hochschule.
Campus 19
Mit dem Wachsen der Hochschule stieg auch
der Bedarf an geeigneten Räumen, passen-
der Infrastruktur und Erweiterungsmöglich-
keiten. Da am Johannishof die Kapazitäten
erschöpft waren, stellte sich mit den Plä-
nen der Einrichtung neuer und dem Ausbau
vorhandener Fachbereiche die Aufgabe, an
anderer Stelle einen neuen Standort zu er-
richten. Nach mehreren Vorstudien, die auch
vom Fachbereich Architektur unterstützt wur-
den, entschied man sich für ein Grundstück
an der Bonn-Brühler-Straße. Die Stuttgarter
Architekten FP 7 wurden von der Software
AG – Stiftung damit beauftragt, die Pläne zu
erarbeiten.
EINE ARCHITEKTUR, DIE KONTRASTE SCHAFFTGemeinsam mit einem von der Hochschule zu
diesem Zweck eingerichteten Baukreis ent-
schied man sich für ein ausbaufähiges städ-
tebauliches Konzept mit dem Leitbild eines
„Hochschuldorfes“. Neben drei Atelierhäusern
für die Fachbereiche Architektur, Kunstthera-
pie und Bildungswissenschaften entstanden
im ersten Bauabschnitt ein großes Verwal-
tungsgebäude mit Seminarräumen sowie die
Cafeteria mit Bibliothek. Zum Schutz vor der
stark befahrenen Straße schottet sich das
Ensemble zu dieser Seite ab und ermöglicht
im dahinterliegenden Teil aufgelöstere Bau-
formen mit freistehenden Häusern und da-
zwischen angeordneten nutzbaren Höfen und
Freiräumen. Im Alanus-Baukreis einigte man
sich schnell darauf, im Kontrast zu der ge-
wachsenen Struktur am Johannishof eine an-
dere Architektursprache zu sprechen und kla-
re, helle und gut nutzbare Räume und Häuser
zu bauen, deren Formen sich eher unterord-
nen, die sich als Lernwerkstätten anbieten,
die es den Nutzern überlassen, ihre Kreativi-
tät frei zu entfalten und die Atmosphäre durch
lebendige Arbeiten und Projekte zu gestalten.
LEBEN AUF DER BAUSTELLEDie drei Atelierhäuser aus Massivholzwän-
den konnten zum größten Teil vorgefertigt
und damit als erste bezogen werden. Den
Anfang machte der Fachbereich Architektur,
deren Mitglieder in einer kleinen Prozession
im Winter 2008 aus dem Alfterer Schloss in
das erste neue Haus zogen. Vor allem für die
angehenden Architekten war das „Leben auf
der Baustelle“ ein lehrreicher Abschnitt ihrer
Ausbildung und noch heute schwärmen die
Erstbewohner davon, wie gerne sie in dieses
neue, helle und freundlich wirkende Gebäu-
de eingezogen sind und das stete Wachsen
der Nachbarhäuser aufmerksam beobachten
konnten. Neben der Besonderheit eines für
DAS HOCHSCHULDORFWÄCHST Ein neuer Campus als zweiter Standort
Die Studierendenzahl hat sich seit der staatlichen Anerkennung vor 10 Jahren verfünffacht. Um der wachsenden Hochschulgemeinschaft ausreichend Raum zu bieten, startete 2008 der Bau eines zweiten Standortes. Benedikt Stahl, Professor im Fachbereich Architektur, war unter den Ersten, die 2008 die neuen Räume bezogen. Er blickt auf die Entstehung des Campus II zurück und erklärt das architektonische Konzept.
20
1:1-Studien extra eingerichteten Raumlabors
konnte mit einem Beachvolleyballplatz im
Hof des Fachbereichs ein von den Studenten
eingebrachter Wunsch erfüllt werden. Die-
ser sorgt durch gelegentlich stattfi ndende
Freundschaftsturniere für regen Austausch
unter den Campus-Mitbewohnern.
NEUE RÄUME – NEUE MÖGLICHKEITENNach Fertigstellung der beiden weiteren Ate-
lierhäuser wurden dann im Herbst 2009 auch
die großen Gebäude bezogen. Verwaltung und
Seminarräume sind durch das einladende
und vielfach einsetzbare Foyer miteinander
verbunden und die Bibliothek fand ganz nach
„Wiener Art“ über der Cafeteria ihren Platz.
Bei der Gestaltung der Außenräume lassen
sich die Möglichkeiten erahnen, die der neue
Campus noch in sich birgt und die in den
nächsten Jahren weiter vorangetrieben wer-
den sollen.
Dabei soll nicht verschwiegen werden, dass
vor allem die Trennung der beiden Campuss-
tandorte - insbesondere in der Anfangszeit -
für Kritik und neue Herausforderungen ge-
sorgt hat, die es zu überwinden galt. Die Tat-
sache, dass der sogenannte Campus II mehr
in der Öffentlichkeit steht als der etwas ver-
steckte Johannishof und sich die Räume und
Nutzung der beiden Geschwister sehr von-
einander unterscheiden, bietet jedoch viele
Chancen, die sehr lebendige Hochschularbeit
mit den ihr eigenen verschiedenen Akzenten
zu gestalten und zu präsentieren.
Besonders auffällig war das in dem Moment,
als die Künstlergruppe beispielhaft.com un-
ter Beteiligung engagierter Studenten aus
verschiedenen Fachbereichen im Winter 2010
mit dem Projekt „Lattenwald“ eine beeindru-
ckende Holzskulptur errichtete, die kräftig
genug war, den etwas strengen Freiräumen
Leben einzuhauchen und bei den „Alanern“
ein Gefühl von Zuhause erzeugen konnte.
Die gemeinschaftliche Arbeit an der Weiterent-
wicklung des neuen Campus zu einem Hoch-
schuldorf mit vielfältigen Qualitäten wird
ein ehrgeiziges aber notwendiges Ziel für die
kommenden zehn Jahre.
Benedikt Stahl, geb. 1960 in Olpe, Pro-
fessor für Architektur und Stadtraum,
leitet den Fachbereich Architektur an
der Alanus Hochschule.
DER NEUE CAMPUS IN ZAHLENBaubeginn: März 2008
Erstbezug: Oktober 2008 (Atelierhaus des Fachbereichs Architektur)
Einweihung: 14. September 2009
Bauherr und Finanzierung: Software AG – Stiftung, Gesamtinvestition ca. 14 Mio. Euro
Planung: Freie Planungsgruppe 7, Stuttgart
Fläche des Grundstücks: 25.000 m²
Nachhaltige Bauweise: Holzbauweise, Pellets- und Hackschnitzelheizung, begrünte Dachfl ächen und Brunnenkühlung
Gebäude: e Drei Atelierhäuser für die Fachbereiche Architektur, Kunsttherapie, Bildungswissenschaft
e Seminar- und Verwaltungsgebäude mit 14 Seminarräumen und Büros der Verwaltung, der Fachbereiche Bildungswissenschaft, Künstlerische Therapien, Architektur und Wirtschaft
e Bibliothek und Cafeteria
Campus 21
FORSCHUNG FÜR UND MIT GESELLSCHAFT
Künstler, Pädagogen, Wirtschaftswissenschaftler und Architekten treffen an der Alanus Hochschule zusammen. Sie gestalten die Lehre und forschen – oft in fachübergreifenden Projekten. Prorektor Steffen Koolmann beschreibt Ziele, Charakteristika und Perspektiven der Forschung an der Alanus Hochschule.
22
DIALOG ALS PRINZIPDer Dialog mit der Gesellschaft ist der Grundgedanke in Forschung
und Lehre der Alanus Hochschule. In Forschungsprojekten und künst-
lerischen Entwicklungsvorhaben zeigt sich der Anspruch gesell-
schaftsrelevanter Forschung in Zielen, Methoden sowie nicht zuletzt
durch eine starke Praxisorientierung und die Refl exion gesellschaft-
lich-politischen Handelns unterschiedlicher Akteure.
GESELLSCHAFT GESTALTENDamit einher geht ein Verständnis von Forschung als kulturellem
Akt, der auf der einen Seite in Kultur und Gesellschaft verankert ist
und durch diese beeinfl usst wird, und auf der anderen Seite Kultur
und Gesellschaft gestaltet. Mit ihren Forschungsaktivitäten zielt die
Hochschule darauf ab, sowohl Grundlagenwissen weiterzuentwickeln
als auch dieses Wissen bei der Gestaltung von Gesellschaftsprozessen
und -systemen zur Anwendung zu bringen.
INTER- UND TRANSDISZIPLINARITÄT – BEGEGNUNG VON GEGENSÄTZENAls Dialogpartner einer offenen Gesellschaft versteht sich die Alanus
Hochschule als lernende Organisation. Sie nimmt die Herausforde-
rungen an, die mit einem pluralen Wissenschaftsverständnis ver-
bunden sind: Geltende Annahmen zu hinterfragen und Widersprüche
anzunehmen, ist für die Erforschung gesellschaftlicher Sachverhalte
unabdingbar. Daher wird der konstruktiv-kritische wissenschaftliche
Diskurs gefördert – sowohl innerhalb der Fächer als auch fach- und
hochschulübergreifend. Der Austausch geschieht insbesondere über
die Grenzen unterschiedlicher Wissenschaftsverständnisse hinweg.
Bewusst wird die Spannung genutzt, die durch die Begegnung von
Polaritäten entsteht, wie etwa der zwischen Theorie und Empirie,
qualitativer und quantitativer Modellbildung, Mainstream und hete-
rodoxen Ansätzen, kritisch-rationaler Erfahrungswissenschaft und der
Geisteswissenschaft Rudolf Steiners.
Die überschaubare Größe, die Vielfalt der Disziplinen, die klare Leit-
bildausrichtung sowie die gegenseitige Wertschätzung zwischen den
Hochschullehrern unterstützen die gesellschaftsrelevante Forschung
an der Alanus Hochschule. Vor diesem Hintergrund geht es – neben
der Entwicklung der einzelnen Fachdisziplinen – um das systematische
Herausarbeiten interdisziplinärer Qualitäten sowie um das Zusammen-
führen vielfältiger Kompetenzen im Rahmen eines wissenschaftlichen
und künstlerischen Diskurses. Inter- und Transdisziplinarität sind da-
mit wichtige Charakteristika des Forschungsprofi ls der Hochschule.
WERTORIENTIERTE FORSCHUNG FÜR EINE ZUKUNFTSFÄHIGE GESELLSCHAFTNicht zuletzt prägt Wertorientierung das forschende Handeln an der
Alanus Hochschule. Forschungsfragen ergeben sich nicht allein aus
unmittelbaren fachbezogenen Zielen, sondern richten sich darüber
hinaus an den Belangen einer zukunftsfähigen Gesellschaft aus – so-
wohl im ökonomischen, ökologischen und sozialen Sinne als auch in
Bezug auf Bildungsansätze und Kultur.
Mit Blick auf die Forschung an der Alanus Hochschule seit ihrer staat-
lichen Anerkennung 2002 ist zu konstatieren: Bisher galt die Konzen-
tration der inneren Entwicklung und Stabilisierung, jetzt geht es um
den verstärkten Schritt nach außen – in die Gesellschaft, in das Wis-
senschaftssystem und die Welt der Kunst durch das Aufzeigen von For-
schungsleistungen und künstlerischen Entwicklungsvorhaben.
Steffen Koolmann, Professor für Ökonomie und Gesellschaft im
Fachbereich Wirtschaft, ist Prorektor der Alanus Hochschule
und für Forschung und Qualitätssicherung zuständig.
KÜNSTLERISCHE ENTWICKLUNGSVORHABENForschung ist die systematische Suche nach neuen Erkenntnissen. An der Alanus Hochschule fi ndet diese Suche nicht nur in den wissenschaftlichen Fachberei-chen statt – auch die Dozenten der Bildenden und Darstellenden Kunst gehen in Projekten aktuellen Fragen nach, evaluieren Zusammenhänge und entwickeln neue Konzepte. Diese „künstlerischen Entwicklungsvorhaben“ sind das Äquiva-lent zur wissenschaftlichen Forschung. Ebenso wie bei wissenschaftlichen For-schungsprojekten werden die Ergebnisse dokumentiert und veröffentlicht.
Forschung 23
Wie kann ein Künstler aus sich selbst heraus
ein künstlerisch eigenständiges Werk schaf-
fen? Welchen Stellenwert haben dabei jeweils
Intuition, bewusste Sinneswahrnehmung und
Intellekt? Wo und wie lassen sich Impulse
für kreatives Arbeiten fi nden? Was bedeutet
Sinnlichkeitsschulung in einer von visuellen
Ereignissen dominierten Welt? Das transdis-
ziplinäre Projekt „senseLAB“ beschäftigt sich
seit 2008 mit diesen Fragen. Als experimen-
telle Plattform verstanden, können hier Stu-
denten der Bildenden Kunst und Kunstthe-
rapie praktisch und theoretisch den Einfl uss
der sinnlichen Wahrnehmung auf kreative
und künstlerische Prozesse erkunden. Vom
Deutschen Akademischen Austauschdienst
und der Peter und Irene Ludwig Stiftung un-
terstützt, wurde das Projekt von der Kunst-
professorin Andrea Sunder-Plassmann und
der Kunsttherapie-Dozentin Dagmar Wohler
initiiert. Sie lehren an der Alanus Hochschule.
DER KREATIVITÄT AUF DER SPURDas Projekt senseLAB versteht sich als transdisziplinäre Wahrnehmungsschulung für Kunst- und Kunsttherapiestudenten aus Deutschland und Kuba. Als experimentelle Plattform wurde es von zwei Alanus-Dozentinnen initiiert und aufgebaut.
24
Transdisziplinär bedeutet bei senseLAB ein
über verschiedene Arbeitsbereiche, künst-
lerische Medien und Disziplinen hinweg rei-
chender Zugang, um den Prozess des „Er-
schaffens“ so weitreichend wie möglich zu
erfahren und zu erforschen: In den Seminaren
lassen die Dozenten deshalb künstlerische
Praxis auf kunsttherapeutische Ansätze sowie
philosophische und kunsttheoretische Impul-
se treffen. Diese auf den Prozess fokussierten
Kurse zielen dabei nicht auf Ergebnisse mit
hohem künstlerischem Anspruch ab. „Mit den
kunstpraktischen und kunsttherapeutischen
Übungen wollen wir den Studenten ein Werk-
zeug an die Hand geben, mit dem sie ihren
Wahrnehmungshorizont erweitern können“,
betont Andrea Sunder-Plassmann. Wichtig
ist den Dozenten, dass die Studenten ihre
Sinne und Intuition bewusst erfahren, diese
refl ektieren und so langfristig einen Zugang
zu ihnen schaffen.
Das Projekt belebt von Beginn an den akade-
mischen Austausch und künstlerischen Dis-
kurs mit Kuba: Zum Dozenten-Team gehört
etwa auch Frency Fernández, der in Havanna
als Kurator, Kunstprofessor und -historiker
sowie Künstler erfolgreich tätig ist. Die enge
Zusammenarbeit mit dem Instituto Superior
de Arte, Kubas angesehenster Ausbildungs-
stätte in der Bildenden Kunst, zeigt sich in
den kontinuierlich stattfi ndenden Studien-
reisen und Gastaufenthalten von Studenten
und Dozenten beider Institutionen. Auch das
in Havanna ansässige Instituto Nacional
de Oncología y Radiología (INOR) hat das
kunsttherapeutische Modul in der Klinik vor
Ort implementiert. „Es ist bislang einzigar-
tig auf Kuba, eine akademische Kooperation
über Jahre hinweg aufrechtzuerhalten und
das Netzwerk beständig zu erweitern“, unter-
streicht die Kunttherapeutin Dagmar Wohler.
Frency Fernández, der als Kunst- und Kultur-
schaffender die kubanische Kunstszene gut
kennt, beobachtet zudem, dass seit senseLAB
die sinnliche Wahrnehmung mehr und mehr
in die künstlerischen Arbeiten einfl ießt. Wie
Sunder-Plassmann und Wohler ist auch er der
Ansicht, dass diese mindestens eine ebenso
große Bedeutung hat wie ein schlüssiges
künstlerisches Konzept: „Ich denke, dass
eine mit Bewusstsein erfüllte Sinneswahr-
nehmung erst künstlerisches Schaffen mit
Relevanz ermöglicht.“
Forschung 25
Die mit der ersten Waldorfschule in Stuttgart
von Rudolf Steiner begründete Waldorfpä-
dagogik hat sich mit 220 Waldorfschulen
in Deutschland und knapp 1.000 Schulen
weltweit – hinzu kommen Kindergärten und
heilpädagogische Einrichtungen – zu einem
der meist verbreiteten Reformschulmodel-
le entwickelt. Trotz dieses Erfolges ist die
wissenschaftliche Auseinandersetzung mit
Waldorfpädagogik bisher nur rudimentär und
zum Teil unter ideologischen Vorbehalten er-
folgt.
Aus erziehungswissenschaftlicher Perspekti-
ve war und ist die Waldorfpädagogik mit dem
Ruf der Vor- bzw. Unwissenschaftlichkeit be-
haftet. Ihre anthroposophischen Grundlagen
erscheinen weltanschauungsbelastet und mit
einem modernen Wissenschaftsverständnis
unvereinbar. Auf der anderen Seite muss fest-
gestellt werden, dass sich die Waldorfpäda-
gogik in ihrem Selbstverständnis über Jahr-
zehnte in einem Binnendiskurs bewegt hat.
Die verwendeten Sprachformen und Termini
verließen selten die Hermetik waldorfpädago-
gischer Selbstvergewisserung. Damit befi ndet
sie sich innerhalb der Erziehungswissenschaft
in einem Zustand relativer Isolation.
DAS POTENZIAL LIEGT IM DIALOGDer Fachbereich Bildungswissenschaft hat es
sich zur Aufgabe gemacht, die Waldorfpäd-
agogik aus ihrem wissenschaftlichen „Dorn-
röschenschlaf“ herauszuführen. In Forschung
und Lehre soll zwischen Erziehungswissen-
schaft und Waldorfpädagogik ein Dialog auf
Augenhöhe etabliert werden. Hierin liegt für
beide Seiten ein großes Entwicklungspotenzi-
al: Die Erziehungswissenschaft wird um das
Konzept einer am Menschen ausgerichteten,
anthropologisch fundierten Pädagogik be-
reichert, in deren Zentrum die Freiheitsent-
wicklung als zentrales Bildungsgut steht.
Die Waldorfpädagogik kann sich mit den
Erkenntnissen und Befunden der allgemeinen
Erziehungswissenschaft produktiv ausein-
andersetzen und deren Forschungs- und Re-
fl exionsniveau in ihre Entwicklung integrieren.
WALDORFPÄDAGOGIK
Das Interesse an Waldorfpädagogik wächst – nicht erst seit dem Interesse an alternativen Bildungsansätzen nach dem „PISA-Schock“. In der wissenschaftlichen Auseinandersetzung mit Erziehung und Bildung spielt die auf Rudolf Steiner zurückgehende Pädagogik allerdings eine marginale Rolle. Welche Wege geht die Alanus Hochschule, um die
Waldorfpädagogik im akademischen Diskurs zu etablieren?
IM DIALOG
26 26
„
DER BLICK IN WEITGEHEND UNERSCHLOSSENE GEBIETE ERÖFFNET VIELE MÖGLICHKEITENDieser Dialog steht im Zentrum der pädago-
gischen Studiengänge an der Alanus Hoch-
schule. Die Studierenden blicken über den
Tellerrand der üblichen erziehungswissen-
schaftlichen Diskussion in die bisher wenig
erschlossenen Gebiete der Waldorf- und Re-
formpädagogik und sind so in ihrer pädago-
gischen Refl exions- und Handlungskompe-
tenz breiter aufgestellt.
SCHWERPUNKT SCHULFORSCHUNGNeben den Studiengängen bildet die For-
schung im Bereich der Waldorfpädagogik ei-
nen wichtigen Bestandteil der Arbeit im Fach-
bereich Bildungswissenschaft. Insbesondere
die empirische Forschung hat dazu geführt,
dass die Waldorfpädagogik über den engen
Kreis ihrer Sympathisanten hinaus positiv
wahrgenommen und diskutiert wird. Im ver-
gangenen Jahrzehnt wurden zahlreiche Felder
der pädagogischen Praxis an Waldorfschu-
len empirisch untersucht. Kaum eine andere
Schule aus der klassischen Reformpädagogik
hat sich für die Forschung so weit geöffnet.
ANTHROPOSOPHIE ALS GRUNDLAGEDennoch stellen die theoretischen Grundla-
gen der Waldorfpädagogik und ihr Geltungs-
anspruch für die Erziehungswissenschaft
weiterhin eine Herausforderung dar. Über den
Wissenschaftscharakter der Waldorfpäda-
gogik und über die Anschlussfähigkeit ihrer
Konzepte und Praxen herrscht in weiten Be-
reichen des Faches Dissens und Unklarheit.
Im Fachbereich Bildungswissenschaft gibt
es deshalb auch Forschungsprojekte, die sich
mit den Grundlagenfragen der Anthroposo-
phie und ihrer wissenschaftlichen Verortung
beschäftigen. Den anthroposophischen Denk-
ansatz als Alternative in den (erziehungs-)
wissenschaftlichen Diskurs in Form eines un-
ideologischen und offenen Austauschs einzu-
bringen, ist das Ziel und die Herausforderung
des Fachbereiches Bildungswissenschaft an
der Alanus Hochschule.
JOST SCHIEREN ÜBER ANTHROPOSOPHIEIm Zentrum der Anthroposophie steht die Freiheitsfähigkeit des Menschen. Rudolf Steiner begreift die natürliche Welt, die wir zivilisatorisch durch unser antiökologisches Verhalten im 20. und 21. Jahrhundert bis an die Grenze ihrer Existenzfähigkeit bringen, als geistige Schöpfung, die unsere Achtung und einen ethisch angemessenen, nachhaltigen Umgang erfordert. Der Mensch ist nach Steiner aus dieser natürlichen Evolution als bewusstseinsfähiges und damit freiheitsveranlagtes Wesen hervorgegangen. Er hat die Möglichkeit, sich selbst zu bestimmen und seinen Einsichten zu folgen. Das Ideal der menschlichen Entwicklung, für das die Anthroposophie in vielen Lebensfeldern (Landwirtschaft, Medizin, Kunst, Ökonomie, Pädagogik usw.) Verwirklichungsbeispiele entworfen hat, liegt darin, dass der Mensch seine Freiheit in sozialer und ökologischer Harmonie entwickelt.
Warum ist die Akademisierung von Waldorfpädagogik wichtig? Ein akademisches Studium der Erziehungswissenschaften mit waldorfpädagogi-schem Schwerpunkt ist ein Befreiungsschlag. Studenten müssen nicht mehr vor dem Studium entscheiden, ob sie ihren Beruf z.B. an einer Waldorfschule in freier Trägerschaft oder an einer staatlichen Schule ausüben. Zudem eröff net die akade-mische Ausbildung neue Lern- und Forschungsfelder. Das lebendige, dialogische Klima einer wissenschaftlichen Hochschule entwickelt Waldorfpädagogik und ihre Didaktik qualitativ weiter. Die Schwelle ihrer Wahrnehmung in Fachkreisen wird sinken. Für Kollegien in staatlichen Schulen wird es leichter, sich für Erfah-rungen aus der Waldorfpädagogik zu öff nen. Deshalb ist die Akademisierung von Waldorfpädagogik ein sehr wichtiger, zeitgemäßer Schritt in die Zukunft.
Lukas Beckmann, Zukunftsstiftung Bildung in der GLS Treuhand e.V.
Jost Schieren, Professor für Schulpädagogik mit Schwerpunkt Waldorfpädagogik, lei-
tet den Fachbereich Bildungswissenschaft sowie das Institut für Schulpädagogik und
Lehrerbildung an der Alanus Hochschule.
Forschung 27
Das Alanus Gästehaus ist ein Hotel der besonderen Art: Umgeben von Kunst und Natur kann man hier Erholung und Inspiration fi nden.
KÜNSTLERFÖRDERUNG IM SCHLAF
Warum im Alanus Gästehaus Tintenfeder und Bettfeder zusammengehören
28
Dutzende handbeschriebene Papierbögen
spannen sich durch das Zimmer und tanzen
im Licht-Schatten-Spiel, durch das geöffnete
Fenster hört man entfernt Bildhauerei-Stu-
denten ihre Steinskulpturen bearbeiten, im
Nachbargebäude üben Schauspiel-Studenten
am Klavier ihre Balladen: Wer im Alanus Gäs-
tehaus übernachtet, erlebt die Ruhe der Na-
tur und die Kreativität junger Künstler. Das
Hotel mit seinen 29 Zimmern ist eine beson-
dere Übernachtungsmöglichkeit sowohl für
Tagungsgäste und Kursteilnehmer der Hoch-
schule und des Weiterbildungszentrums als
auch für private und geschäftliche Besucher
des Köln-Bonner-Raums.
„Wir möchten unseren Gästen, egal ob Urlau-
ber oder Kursteilnehmer, eine inspirierende At-
mosphäre bieten“, so Melanie Hellings, Leiterin
des Hotels. Die unmittelbare Nähe zur Kunst-
hochschule nahm sie zum Anlass und ließ den
Großteil der Zimmer von jungen Künstlern ge-
stalten. Diese können so nicht nur ihre Werke
ausstellen, sie werden auch mit zwei Prozent
am Umsatz beteiligt. Quasi im Schlaf fördern
also die Besucher des Gästehauses den künst-
lerischen Nachwuchs der Hochschule.
Durchweg positiv ist die Resonanz auf die-
ses ungewöhnliche Konzept: „Kunst wird
den Besuchern hier in einem privaten Um-
feld präsentiert – das kommt an“, freut sich
Hellings. Einige Gäste sind so begeistert von
den „Künstlerzimmern“, dass sie sogar etwas
zurückschenken: Von den durch die Künstle-
rin Eva Rebmann installierten Papierbögen
angetan, schickte ein Besucherin dem Gäs-
tehaus nach ihrer Abreise ein kleines Päck-
chen: Ein altes Tintenfässchen mit Feder und
Schreibablage waren der Inhalt und gehören
nun auch zum Ambiente des Zimmers.
ALANUS WERKHAUS IN ZAHLEN2012 wurden unter dem Dach des Alanus Werkhauses 140 Kursen und Weiterbildungen mit mehr als 1.000 Teilnehmer angeboten. Im Gästehaus hießen wir rund 8.900 Übernach-tungsgäste willkommen. 250 externe Tagun-gen, Feste und Veranstaltungen fanden in den Räumen des Werkhauses und der Alanus Hochschule statt. Mehr als 56.000 Mittages-sen wurden für Studenten und Gäste von der Küche der Mensa zubereitet.
Alanus Werkhaus 29
„Ja, es war eine richtige Pionierzeit“, erin-
nert sich Marlies Rainer, Mitbegründerin und
pädagogische Leiterin des Weiterbildungs-
zentrums Alanus Werkhaus. Sie fügt lachend
hinzu: „Sören Kierkegaards Einschätzung,
das Leben ließe sich zwar rückwärts verste-
hen, aber nur vorwärts leben, lässt sich auch
wunderbar auf die Entwicklung des Alanus
Werkhauses münzen.“ Wenn das Meiste im
Vorhinein auch nicht absehbar war, erscheint
vieles im Rückblick logisch: 2003 wurde das
Alanus Werkhaus als Bildungswerk staatlich
anerkannt; im gleichen Jahr wurden auch
das Tagungs- und das Gästehaus eröffnet.
Die Kurs- und Teilnehmerzahlen steigen
seither kontinuierlich, das Bildungsange-
bot wird immer umfangreicher und mit der
Zertifi zierung durch die CERTQUA im Jahr
2010 wurde die Qualität bestätigt. Jüngst
beteiligte sich das Werkhaus an dem Ent-
wicklungsprojekt „Trialer Berufspädagoge“
und wirkt so an der bundesweit geforderten
engen Verknüpfung von berufl icher und aka-
demischer Bildung mit.
Von Beginn an war klar, dass am Alanus
Werkhaus kulturelle und berufl iche Bildung
kombiniert werden und dass sich die Ange-
bote an Interessierte aus unterschiedlichsten
Lebenssituationen richten: Fach- und Füh-
rungskräfte aus der Wirtschaft sollen sich
hier genauso weiterbilden können wie bereits
tätige Künstler, Kunstpädagogen oder andere
Kreative. Auch junge Menschen sollen hier die
Chance erhalten, sich einerseits kreativ aus-
zuleben und sich andererseits ihrer berufl i-
chen Wünsche bewusst zu werden. Die Vorbe-
reitungskurse für künstlerische Studiengänge
und Berufe gehören etwa zum festen Kanon
des Weiterbildungszentrums. „Mit unseren
vielfältigen Angeboten haben wir die Arbeits-
welt im Blick, wir möchten aber auch die Per-
sönlichkeitsentwicklung unserer Teilnehmer
unterstützen“, erläutert Marlies Rainer.
Mit der Anerkennung des Bildungswerkes
nach dem nordrhein-westfälischen Weiterbil-
dungsgesetz im Jahr 2003 wurden dieser kon-
zeptionelle Ansatz bestätigt und das Potenzial
Lebenslanges Lernen im
Weiterbildungszentrum Alanus Werkhaus
Das Weiterbildungszentrum Alanus Werkhaus feiert 2013 sein zehnjähriges Bestehen. Als staatlich anerkanntes Bildungswerk wurde es auf dem Gelände der Alanus Hochschule gegründet und hatte von Beginn an die berufl iche Professionalisierung mit künstlerischen Mitteln im Blick.
BRÜCKENBAUER ZWISCHEN KUNST UND BERUF
30
der Einrichtung erkannt: Die unmittelbare
Nähe zur Hochschule sichere zu, dass sich die
Weiterbildungen durch ein hohes Niveau aus-
zeichnen und der Professionalisierung dienen
würden. „Letztlich bestätigt unsere Anerken-
nung auch, dass Künstler-Sein genauso ein
Beruf ist wie jeder andere, für den man sich
fortbilden kann und muss“, unterstreicht
Rainer. Alle Veranstaltungen konnten fortan
als Bildungsurlaub wahrgenommen oder mit
einem Bildungscheck verrechnet werden.
Das Werkhaus gibt seither einerseits Kunst-
schaffenden die Möglichkeit, sich weiter-
zubilden. Andererseits versteht es sich als
Brückenbauer und Spezialist der Verzah-
nung: „Wir bieten zum einen berufl iche Bil-
dung mit enger akademischer Anbindung an
und lassen zum anderen auch in Seminaren
und Weiterbildungen zu berufl ichen Themen
künstlerische Elemente einfl ießen“, erläutert
die Leiterin des Weiterbildungsbereiches, Eli-
sabeth Höhnen, das Konzept.
Für Letzteres hat das Werkhaus in gewisser
Weise auch Pionierarbeit geleistet: Zusam-
men mit anderen europäischen Weiterbil-
dungsträgern entwickelte es Ansätze, wie
künstlerische Praxis die Erwachsenenbildung
bereichern kann. Das Projekt – von 2008 bis
2010 unter dem Titel „ARTID: Identity and
Difference – Creative Artistic Exercises as Di-
dactic Support in Adult Education“ durchge-
führt und von der Europäischen Kommission
gefördert – hat gezeigt, dass handlungsori-
entiertes Vorgehen mit künstlerischen Mitteln
berufl iches Fachwissen auf anderen Ebenen
festigt und zur Persönlichkeitsbildung bei-
trägt. „Wir wollen mit Kunst andere Pers-
pektiven eröffnen. Diesen Ansatz werden wir
auch in den nächsten zehn Jahren mit Herz-
blut verfolgen und weiterentwickeln“, ist sich
Geschäftsführer Werner Zidek sicher.
Alanus Werkhaus 31
ZUM AUSGLEICH NEUE GEBÄUDE Vergrößerung des Campus durch den
Bonn-Berlin-Ausgleichsfonds
Für die Alanus Hochschule war der Umzug der Bundesregierung nach Berlin 1994 von Bedeutung: Aus dem „Bonn-Berlin-Ausgleichsfonds“ erhielt sie zahlreiche Fördermittel, die die bauliche Erweiterung der Hochschule und den Bau des Alanus Werkhauses ermöglichten.
Alte Fotos und Pläne belegen es: Die Alanus
Hochschule hat klein angefangen – mit we-
nigen Personen und Räumen. Dass die Insti-
tution heute fast 1000 Studenten Platz bietet
und rund 250 Mitarbeiter beschäftigt, liegt
auch am Berlin/Bonn-Gesetz und dem dar-
aus entstandenen „Bonn-Berlin-Ausgleichs-
fonds“. Dank der Fördergelder konnten der
Bildhauerhof, die Malerateliers, das Glas-
haus sowie das Alanus Werkhaus und das
Gästehaus gebaut werden. Die Alanus Hoch-
schule war die einzige private Einrichtung im
Raum Bonn/Rhein-Sieg, die staatliche Mittel
aus dem Ausgleichsfonds erhalten hat.
32
Damit die Alanus Hochschule diese Förder-
gelder bekommen konnte, musste sie neue
Arbeitsplätze schaffen und weiteres Bau-
land erschließen. Für die Hochschule waren
das große Herausforderungen, die vor allem
durch die Unterstützung von Ministerialrat
Michael Deres aus dem Bundesministeri-
um für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung
gelang, der dem Stab des Beauftragten der
Bundesregierung für den Bonn-Berlin-Aus-
gleich angehörte. Ebenso engagierten sich
Monika Lohr, die damalige Kreisdirektorin des
Rhein-Sieg-Kreises und Hermann Tengler,
Leiter der Wirtschaftsförderung des Rhein-
Sieg-Kreises, sehr für die Alanus Hochschule.
„Mit ihrem zukunftsweisenden, durch neues
Denken geprägten Bildungsangebot qualifi -
ziert die Alanus Hochschule junge Menschen
dafür, kreativ und innovativ gesellschaftliche
und wirtschaftliche Lösungen für morgen zu
fi nden“, sagt Tengler. Die Alanus Hochschu-
le sei daher ein wichtiger Impulsgeber und
Unterstützer für die Entwicklung der Region
Bonn/Rhein-Sieg, begründet er das Engage-
ment für die Hochschule.
Die Vergrößerung des Standortes trug auch
dazu bei, dass sich die Alanus Hochschule
noch mehr nach außen geöffnet hat, etwa
durch Kooperationen mit Museen aus der Re-
gion, durch öffentliche Vorträge oder Ausstel-
lungen. „Wir wollten und wollen Kunst in die
Gesellschaft tragen und den Austausch zwi-
schen der Öffentlichkeit und den Künstlern
fördern“, erklärt Andreas Kienlin, Prorektor
und Professor für Bildhauerei.
Engagement 33
Wir gratulieren derAlanus Hochschulefür die zehn Jahre!Die Mitarbeitenden des Goetheanum
Herzlichen Glückwunsch zur 10-jährigen staatlichen Anerkennung der Alanus Hochschule! Auch die Triaz GmbH - Waschbär -der Umweltversand wünscht als Partnerunternehmen alles Gute.
w w w. wa s ch b a e r. d e
NEUE WEGE GEHENDie Software AG – Stiftung ist der größte fi nanzielle Förderer der Alanus Hochschule. Mit ihrer Unterstützung wurden der Ausbau des akademischen Personals der Hochschule sowie die Weiterentwick-lung der Studiengänge in den Wirtschafts- und Bildungswissen-schaften unterstützt. Helmut Habermehl erklärt für den Vorstand der Software AG – Stiftung die Gründe für das Engagement der Stiftung und dafür, neue Wege zu fördern:
Als eine der großen Förderstiftungen Deutschlands, die sich auch mit
Bildungsthemen befasst, hat die Software AG – Stiftung die Alanus
Hochschule als einen besonderen Studienort erkannt und gefördert, wo
über neue Wege nicht nur geredet wird, sondern diese auch begangen
werden.
Beispiel Lehrerbildung: Dass in ihr ein wichtiger Schlüssel zur Erneue-
rung unseres Bildungswesens liegt, ist längst ein Gemeinplatz. An der
Alanus Hochschule im Fachbereich Bildungswissenschaft fi ndet eine
Lehrerbildung statt, die den Studierenden reformpädagogische Kennt-
nisse und Erfahrungen vermittelt, unabhängig vom späteren Einsatz-
ort. Die Alanus Hochschule ist die erste – und einzige – Hochschule in
nichtstaatlicher Trägerschaft, an der im Fach Kunst das Staatsexamen
für Gymnasien und Gesamtschulen abgelegt werden kann.
Beispiel Kunst: In einer breiten Palette der Künste, Malerei, Bildhaue-
rei, Tanz, Architektur wird Könnerschaft erworben, und in der Begeg-
nung mit „handfesten“ Ökonomen kann man noch lernen, wie Kreati-
vität ihren Markt fi ndet.
Beispiel Studium Generale: Es bietet für alle Studierenden eine Klam-
mer um die Lern- und Erfahrungsangebote der Hochschule und schafft
eine Basis für Wertorientierungen und Persönlichkeitsbildung.
Beispiel Betriebswirtschaftslehre: Wirtschaft „neu denken“ ist in aller
Munde. Traditionelle Ökonomie trifft hier auf Social Entrepreneurship,
trifft auf das Kreativpotenzial der Kunst-Fachgebiete der Hochschule
sowie auf aktiv mitarbeitende, erfolgreiche Unternehmer.
Diese Beispiele machen deutlich, dass die Alanus Hochschule für
Kunst und Gesellschaft ein junger und dynamischer Studienort ist, der
immer mehr Studierende anzieht und eine wertvolle Bereicherung der
Hochschul-Landschaft ist. Wir sind sicher, dass sich die Hochschule
mit ihren Alleinstellungsmerkmalen weiterhin gut entwickelt und im-
mer mehr private und staatliche Förderer fi nden wird.
WIRTSCHAFT NEU DENKENDer Fachbereich Wirtschaft wurde 2005 in enger Zusammenar-beit mit Partnerunternehmen gegründet. Die Bachelor- und Mas-terstudiengänge Betriebswirtschaftslehre fördern zukunftsorien-tiertes wirtschaftliches Denken, Bewusstsein und Handeln. 2011 zeichnete der Rat für Nachhaltige Entwicklung das BWL-Studium der Alanus Hochschule mit dem Qualitätssigel „Werkstatt-N-Im-puls-2011“ aus. Götz W. Werner, Gründer und Aufsichtsrat von dm-drogerie markt und Gastprofessor im Fachbereich Wirtschaft-der Alanus Hochschule, erklärt, warum es wichtig ist, Wirtschaft neu zu denken:
Erfolg heißt Erfolg, weil er Folgen hat: Das bedeutet, dass man nicht
so weitermachen kann, wie man zum Erfolg gekommen ist. Ein Unter-
nehmer sollte sich stets fragen: Kann ich heute so weitermachen wie
gestern? Man muss ständig Neues dazulernen und sich neu erfi nden,
damit die Komplexität einem nicht über den Kopf wächst. Das gilt
überall – nicht nur in der Wirtschaft.
Wenn die Lösungen von gestern nicht nur perpetuiert werden sollen, ist
die Sinnfrage entscheidend. Wer die Frage nach dem Warum und Wozu
stellt und die Bedürfnisse der Menschen im Blick hat, erkennt: Ein
Unternehmen stellt für jeden Beteiligten einen Lebensschauplatz dar,
der ihn dabei unterstützen sollte, sich seiner selbst bewusst zu werden
und seine Lebensbiografi e zu gestalten. Dafür braucht der Einzelne
Freiräume, denn Entwicklung kann man nicht anweisen. Jeder Mensch
kann sein Potenzial nur selbst erschließen.
Engagement 35
Partnern der ersten Stunde Unternehmen wie
dm-drogerie markt, Alnatura, Weleda oder die
GLS Bank, die alle für ihre nachhaltige Un-
ternehmensführung bekannt sind“, erläutert
Gregor Krämer, Fachbereichsleiter Wirtschaft.
Die Partner unterstützen die Hochschule fi -
nanziell, sodass diese für Studienplätze im
BWL-Studiengang Voll- und Teilstipendien
vergeben kann. Darüber hinaus ermöglichen
die Partner den Studenten mit 60 Praxis-
wochen im Unternehmen einen Einblick in
das spätere Berufsleben. Die Unternehmen
wiederum schätzen die Impulse und Denk-
anstöße der Studenten, die sich in ihrem
BWL-Studium auch mit Kunst und Kulturwis-
senschaften auseinandersetzen. „Ein offener,
suchender Blick, das Potenzial, zwischen Ra-
tionalität und Kreativität balancieren zu kön-
nen, und Entwicklungsfreude: Das ist es, was
wir an ‚unseren Alanus-Studenten‘ schätzen.
Angesagt ist die künstlerische Beweglichkeit
der Integration von Werte-, Sozial- und Fach-
kompetenz – hier leistet die Alanus Hoch-
schule Vorbildliches“, betont Uwe Urbschat,
Leiter Kultur- und Identitätsmanagement
bei Weleda. Führungskräfte und Mitarbeiter
der Partnerunternehmen halten regelmäßig
Vorträge an der Hochschule. Darüber hinaus
forschen die Dozenten der Alanus Hochschule
zu unternehmensspezifi schen Inhalten und
entwickeln sie gemeinsam mit den Unterneh-
men weiter.
Die Alanus Hochschule ist staatlich anerkannt, erhält aber keinerlei staatliche Förderung. Daher ist sie auch auf die Unterstützung von Unternehmen, Organisationen und privaten Förderern angewiesen.
Die Finanzierung durch Studiengebühren
deckt nur ein Viertel der tatsächlichen Kos-
ten. Ohne die vielen Unterstützer und Förderer
würde es die Alanus Hochschule nicht geben.
Zahlreiche Unternehmen, Organisationen
und Stiftungen, allen voran die Software AG –
Stiftung, unterstützen die Hochschule bereits
mit langfristigen Kooperationen. Auch für ihre
weitere Entwicklung ist die Hochschule auf
externe Unterstützung angewiesen.
UNTERNEHMENSKOOPERATIONEN UND PARTNERUNTERNEHMEN„Der Bachelorstudiengang BWL konnte 2006
durch besonders erfolgreiche Kooperationen
mit unseren Partnerunternehmen auf den
Weg gebracht werden. So zählen zu unseren
Partner und Förderer lassen die Hochschule wachsen
WAS WÄREN WIR OHNE SIE?
36
CHANCEN SCHENKEN – STUDENTEN FÖRDERNNeben der Förderung der Hochschule als Insti-
tution ist auch die Unterstützung jedes einzel-
nen Studenten wichtig. Die Alanus Hochschule
möchte so vielen jungen Menschen wie möglich
ein Studium mit einem alternativen Bildungs-
konzept ermöglichen und ihnen so die Chance
bieten, ihre Berufung zum Beruf zu machen.
Für jeden Studenten zahlt sie deshalb in einen
Stipendien.Fonds ein. Dieser ermöglicht den
Studenten eine ganzheitliche Hochschulaus-
bildung, in der sie lernen, immer wieder über
den eigenen Fachbereich hinauszublicken und
vernetzt zu denken. Aus dem Fonds werden
Stipendien an Studenten vergeben, die ohne
Unterstützung ihr Studium nicht oder nicht
vollständig fi nanzieren können. Auch kleinere
studienbegleitende Projekte, wie das Norwe-
gensymposium der Bildhauer, Ausstellungen
der Bildenden Künstler und interdisziplinäre,
fachbereichsübergreifende Projekte können
nur mit Hilfe von Spendern und Sponsoren rea-
lisiert werden.
DIE HOCHSCHULE UNTERSTÜTZENInformationen zu den Fördermöglichkeiten als Unternehmen fi nden Sie im Internet unter www.alanus.edu. Hier haben Sie auch die Möglichkeit, direkt online für den Stipendien.Fonds zu spen-den, Mitglied im Förderverein zu werden oder sich für ein bestimmtes studentisches Projekt zu engagieren. Unsere Spender erhalten selbst-verständlich eine steuerlich absetzbare Zuwen-dungsbestätigung.
FÖRDERVEREIN DER ALANUS HOCHSCHULE E. V.Die Förderung von Wissenschaft und Kunst
steht im Fokus des Fördervereins der Ala-
nus Hochschule. Ziel ist es darüber hinaus,
die Hochschule als Ort des kulturellen Mit-
einanders zu stärken. Neben der materiellen
Unterstützung ist dem Verein der „Trialog“
von Kunst, Wissenschaft und Wirtschaft ein
Anliegen. Mitglieder des Fördervereins kön-
nen kostenpfl ichtige Veranstaltungen der
Hochschule und des Alanus Werkhauses zu
ermäßigten Preisen besuchen und erhalten
weitere Vergünstigungen. Darüber hinaus
partizipieren sie am reichhaltigen Kulturle-
ben der Hochschule.
Engagement 37
EIN PROFESSOR, DER (FREI-)RÄUME SCHAFFT
ANDREAS KIENLIN –
Andreas Kienlin beginnt 1974 sein Studium in Alfter. Von Anfang an
ist er von dem fasziniert, was hier im wahrsten Sinn des Wortes „am
Werden und Entstehen ist“. Schließlich ist an der damaligen freien
Kunststudienstätte noch kein Atelier fertiggestellt, alles gleicht einer
Baustelle. Dem gebürtigen Schwaben ist es aber nicht fremd, mit an-
zupacken. Er nimmt an den sogenannten Bauzeiten teil, in denen die
Studierenden ihre eigenen Räume auf- und ausbauen.
Nach seinem Abschluss absolviert er eine Ausbildung zum Waldorfl eh-
rer in Stuttgart, bevor er wieder an die Alanus Hochschule zurückkehrt
– diesmal als Dozent. Damit beginnt seine Karriere als Lehrer an der
Hochschule, an der er 1985 Leiter des Fachbereichs Bildhauerei wird.
Zusätzlich zu seiner Lehrtätigkeit übernimmt er nun immer mehr Lei-
tungsaufgaben und wird 1992 Geschäftsführer. Damit fällt ihm auch
eine wichtige Rolle bei der Anerkennung der Alanus Hochschule und
bei der Umstellung der Studiengänge auf Bachelor und Master zu.
Die Alanus Hochschule ist für Andreas Kienlin ein ganz besonderer Ort. Ein Ort in stetigem Wandel, den er in den letzten Jahrzehnten als Künstler, Dozent und Prorektor mitgestaltet hat. Universalis stellt den Bildhauereiprofessor vor und erklärt, warum er mit seinen Studentinnen und Studenten dennoch für mehrere Wochen im Jahr diesem Ort den Rücken kehrt.
38
BAUEN MIT DEM BLICK FÜRS GROSSE GANZEDoch aus dem Lehrer und Künstler wird kein Verwalter. Für ihn ist es
wichtig, das Ganze im Blick zu haben, Menschliches wahrzunehmen
und die Studierenden zu fördern. Für sie und ihre Angelegenheiten
hat er immer ein offenes Ohr. Eigenschaften, die ihm bei einer seiner
wichtigen Aufgaben von großem Nutzen sind: Von 2000 bis 2007 ist er
mitverantwortlich für Konzept, Planung und Durchführung der Erwei-
terungsbauten am Campus I. Vor allem die erste Bauphase bezeichnet
Kienlin als „echtes Wagnis“. Denn die Ideen zu diesem Bauprojekt sind
an der Alanus Hochschule in einem dynamischen Prozess entstanden,
wie Kienlin es beschreibt. Die Hochschule bringt stets viele und immer
wieder neue Ideen hervor. Hier gilt es, zwischen Wünschen, Machbar-
keit und den Vorstellungen öffentlicher Geldgeber auszugleichen.
EIN PRÄGENDES ERLEBNIS FÜR STUDIERENDEDoch Ateliers und Seminarräume sind nicht das einzige, das Kienlin
seinen Studierenden eröffnet. Seit 1990 schafft er für sie einen ganz
besonderen Freiraum: Zwischen sieben und neun Wochen verbringt er
mit Studierenden des ersten Studienjahres und Gästen gemeinsam in
Norwegen. Fern vom Lehrbetrieb steht die elementare, sinnliche Erfah-
rung des Arbeitens mit Stein im Vordergrund. Die jungen Künstlerinnen
und Künstler kommen zur Ruhe und fi nden Zeit, „mit sich und ihrem
Werk zu ringen“.
Neben der intensiven künstlerischen Arbeit ist es auch die gemeinsam
verbrachte Zeit, die den Aufenthalt zu etwas Besonderem macht. Man
lebt, arbeitet und feiert gemeinsam. So entsteht eine Atmosphäre, in
der sich die Studierenden öffnen, austauschen und so den Blick über
das Werk hinaus zum Mitmenschen weiten. Eine Zeit, die Spuren im
Denken und Schaffen hinterlässt: „Die ‚Norweger’, die erkennt man“,
sagen Kienlins Kollegen auf dem Campus über die Studierenden, die
voller neuer Eindrücke wieder nach Alfter zurückkehren.
In Norwegen fi ndet er selbst auch den Raum für das eigene künstle-
rische Schaffen: großformatige Steinarbeiten. In ihren Entstehungs-
prozess bezieht Kienlin die Studierenden gerne mit ein, so können sie
erste berufspraktische Erfahrungen sammeln. Denn die Professiona-
lisierung der jungen Künstler liegt ihm besonders am Herzen, dazu
gehört selbstverständlich auch die spätere Präsentation der Werke an
renommierten Orten, die er begleitet.
DIE HOCHSCHULE BLÜHT UND WÄCHST Doch wer beim Stichwort „Ausland“ jetzt nur an Norwegen denkt,
wird Andreas Kienlin nicht gerecht. Er knüpft und pfl egt Kontakte zu
Kunsthochschulen weltweit und hilft dadurch, das Netzwerk der Ala-
nus Hochschule auszubauen und ihre Wahrnehmung auch im Ausland
zu stärken.
Trotz dieses großen Engagements ist die Begeisterung des Anfangs
geblieben. Noch immer freut er sich, dass die Alanus Hochschule blüht
und wächst und dass Studierende heute noch Räume für ihre Entwick-
lung fi nden. Räume, die er gerne mitgestaltet – nicht nur die mit vier
Wänden und einem Dach.
Menschen 39
Jonas Greubel und Daniel Schilp haben von
2002 bis 2009 Architektur an der Alanus
Hochschule studiert und bereits während ih-
res Studiums erfolgreich zusammengearbei-
tet. 2007 gewannen sie einen Realisierungs-
wettbewerb der Stadt Hamburg mit ihrem
Entwurf für ein Hausboot. Das schwimmen-
de Büro liegt seit August 2009 im Hamburger
Eilbekkanal. Ihre Abschlussarbeit, einen Ent-
wurf für das House of Arts and Culture in Bei-
rut, zeichnete der Bund Deutscher Architekten
(BDA) mit dem Walter-Henn-Förderpreis aus.
Ende 2009 erhielten sie den mit 7.500 Euro
dotierten Förderpreis des Landes NRW für ihr
bisheriges gemeinsames Schaffen.
„Die Auszeichnungen haben uns Rückenwind
gegeben und uns auf dem Weg in die Selbst-
ständigkeit bestärkt“, erinnert sich Daniel
Schilp. Die beiden bieten mit zwei weiteren
Partnern als Büro MONOArchitekten Baube-
ratung und Entwurfsplanung. Parallel ar-
beiten sie auch in namhaften Architekturbü-
ros. Auch hier waren die gewonnenen Preise
ein Türöffner. Daniel Schilp ist stellvertreten-
der Büroleiter der Berlin Dependance von Ni-
eto Sobejano Arquitectos und plant dort un-
ter anderem Museen für Graz und Marrakesh.
Jonas Greubel ist erfolgreich bei Artdepar-
tement Berlin, wo er einen Loftausbau und
temporäre Architekturprojekte aus Schiffs-
containern in Berlin und Kairo betreut.
In Zukunft möchten die beiden vermehrt
selbstständig tätig sein. Der staatlich aner-
kannte Abschluss ist dafür Voraussetzung,
denn ohne ihn ist die Eintragung in die Archi-
tektenkammer nicht so einfach möglich. Aus
ihrer Zeit an der Alanus Hochschule nehmen
sie neben vielem anderen die „ganzheitli-
che Betrachtungsweise“ mit. „Wir haben ge-
lernt, den Blick vom Großen ins Kleine zu len-
ken und uns immer zu fragen, wo steht der
Mensch, betont Jonas Greubel.
Auch Charity Laufer war schon während des
Studiums in ihrem Beruf aktiv. Die Schau-
spielerin hat von 2008 bis 2012 an der Alanus
Hochschule studiert. Während dieser Zeit war
sie am Theater Bonn in der Produktion Hed-
da Gabler als Au-Pair-Mädchen zu sehen und
spielte in der Uraufführung von Sybille Bergs
Lasst euch überraschen die uneheliche Toch-
ter Minu. Im Rahmen ihres Studiums entwi-
ckelte sie außerdem das Kinder-Tanzprojekt
Little Afrika und führte Regie. Mit der Arbeit
gastierte sie unter anderem am Theater Bonn.
Nach ihrem Abschluss erhielt sie gleich
eine Hauptrolle. In der Inszenierung Khady,
nach dem Roman Drei starke Frauen von Ma-
rie N‘Diaye, des Landestheaters Schwaben
spielte Charity Laufer die Titelrolle. Seit der
Spielzeit 2012/2013 ist sie fest am Jungen
Theater Heidelberg engagiert und spielt eine
Lieblingsgeschichte aus ihrer Kindheit: Jim
Knopf und der Lokomotivführer. Sie hat die
Rolle von Jim. Ihr Engagement erhielt sie über
die staatliche ZAV-Künstlervermittlung, die
den Diplomabschluss der Alanus Hochschu-
le seit 2009 anerkennt. Sie nimmt die Absol-
venten aller staatlichen Ausbildungsinstitute
in einem Katalog auf und organisiert zentrale
Vorsprechen.
VON DER ALANUS HOCHSCHULE ERFOLGREICH IN DEN BERUFIn den zehn Jahren seit der staatlichen Anerkennung haben über 700 Stu-denten ihren Abschluss an der Alanus Hochschule gemacht. Rund 420 von ihnen haben die Hochschule mit einem Diplomzeugnis in der Tasche verlas-sen. Über einen Bachelorabschluss konnten sich 120 Studenten freuen. Der Mastertitel wurde 180 Mal verliehen. Wir stellen drei Absolventen vor. Charity Laufer in der Titelrolle von Khady
Hausboot im Eilbekkanal, Entwurf von Jonas
Greubel und Daniel Schilp
House of Arts and Culture, Entwurf von Jonas
Greubel und Daniel Schilp
40 Menschen
Anlässlich des „Heldenrennens“ rund um den Decksteiner Weiher in Köln hat das Team aus Mitarbeitern und Studenten der Alanus Hochschule 3.645 Euro Spendengelder ge-sammelt. Das Team, zu dem auch der Rek-tor und der Kanzler der Alanus Hochschule gehörten, hat somit sein Ziel, einem Studen-ten ein Jahresstipendium zu fi nanzieren, so-gar übertroffen. Da Veiga erhielt zudem den Teilnehmerpreis für die meisten gesammel-ten Spenden einer Einzelperson.
Zum zweiten Mal hat der Förderverein der
Alanus Hochschule den Alanus Preis für
Bildende Kunst vergeben: Eine Jury aus
namhaften Vertretern der Kunst- und Kul-
turszene zeichnete Caspar Pauli mit dem
5.000 Euro dotierten Preis aus. Der derzeit
in Berlin lebende Künstler studierte von
2002 bis 2006 an der Alanus Hochschu-
le Malerei. Er darf sich neben dem Preis-
geld auch über eine Einzelausstellung im
Stadtmuseum Siegburg freuen, die im
Herbst 2013 eröffnet und mit einem Kata-
log dokumentiert wird. Für den Preis konn-
ten sich Ehemalige und Studenten der
Alanus Hochschule bewerben.
Pauli überzeugte die hochkarätig besetzt
Jury mit seinen authentischen und zu-
gleich überraschenden künstlerischen
Arbeiten: „Das Werk des Künstlers ist
zwischen Architektur, Zeichnung und In-
szenierung angesiedelt. Es besticht durch
Vielfältigkeit auf der einen und Konse-
quenz auf der anderen Seite,“ begründet
die Jury ihre Entscheidung.
CASPAR PAULI ERHÄLT ALANUS PREIS FÜR BILDENDE KUNST 2012
ALANUS-TEAM ERLÄUFT JAHRESSTIPENDIUM
DEUTSCHLANDWEIT ERSTE UMFASSENDE STUDIE ZUM SOCIAL BANKING
Die Alanus Hochschule hat in diesem Jahr
gemeinsam mit zeb/ und puls Marktfor-
schung die erste umfassende Studie zum
Social Banking in Deutschland vorge-
legt. Hierfür wurden 1.010 Verbraucher ab
16 Jahren sowie 3.199 Kunden von sozial-
ökologisch ausgerichteten Banken be-
fragt. Die Studie zeigte, dass sozial-ökolo-
gisch ausgerichtete Bankinstitute zu den
am stärksten wachsenden Bankengrup-
pen der Branche gehören, der Anteil am
deutschen Privatkundenmarkt mit 0,2 Pro-
zent dennoch sehr gering ist. Die Ergebnis-
se der Studie sind unter www.alanus.edu/
bankstudie abrufbar.
STUDIE ZU BILDUNGSERFAHRUNGEN AN WALDORFSCHULEN
Dirk Randoll, Professor für Erziehungswis-
senschaft an der Alanus Hochschule, hat
gemeinsam mit Profofessor Heiner Barz
und Sylvia Liebenwein von der Universität
Düsseldorf die Studie „Bildungserfahrun-
gen an Waldorfschulen“ veröffentlicht. Die
an der Alanus Hochschule durchgeführte
Befragung von 800 Schülerinnen und Schü-
lern ergab, dass Waldorfschüler freudiger
lernen als Schüler von staatlichen Schulen.
Zu den weiteren Ergebnissen der im Sprin-
ger VS Verlag publizierten Studie gehörte,
dass Waldorfschüler weniger gesundheit-
liche Probleme wie Schlafstörungen oder
Nervosität haben und überdurchschnittlich
zivilgesellschaftlich engagiert sind.
DAAD-PREIS AN ARCHITEKTUR-STUDENTIN
Der diesjährige DAAD-Preis für hervorra-
gende Leistungen ausländischer Studie-
render wurde an der Alanus Hochschule
in diesem Jahr an die Architekturstudentin
Anna Marchenko aus der Ukraine vergeben.
Sie bekam den mit 1.000 Euro dotierten
Preis im Rahmen der feierlichen Eröffnung
des Studienjahres überreicht. Florian Klu-
ge, Professor für Projektmanagement, be-
tonte bei der feierlichen Übergabe: „Anna
Marchenko hat sich in ihren selbstgewähl-
ten Studienprojekten großen Herausforde-
rungen in ihrer Heimat gestellt und diese in
höchster Qualität und außerordentlich ei-
genständig gelöst.“
Kurz & Knapp 41
Termine
18. November bis 5. Dezember 2012
„Schweigende Gesellschaft“, Ausstellung,
Kurfürstliches Gärtnerhaus Bonn
21. November 2012
„Ohne Vorliebe. Das Schöne (der Kunst) als
das Ganze (der Welt). Zur Aktualität von
Rilkes Kunstauffassung“, Ringvorlesung des
Studium Generale, Campus II
22. November bis 18. Januar 2013
„Schaltbahnen“, Ausstellung von Kunst-
studenten der Alanus Hochschule, Wissen-
schaftszentrum/Deutsche Forschungsgesell-
schaft, Bonn
23. November 2012
„Projektmanagement in gemeinnützigen
Organisationen – Impulse aus Extrem- und
Krisensituationen“, Veranstaltung des
Fachbereichs Wirtschaft, Campus II
18. November bis 5. Dezember 2012
„Schweigende Gesellschaft“, Ausstellung,
Kurfürstliches Gärtnerhaus Bonn
22. November bis 18. Januar 2013
„Schaltbahnen“, Ausstellung von Studenten
der Alanus Hochschule, Wissenschaftszen-
trum/Deutsche Forschungsgesellschaft in
Bonn
24. November 2012
Studieninfotag, Workshops, Ausstellungen,
Vorträge, Studienberatung, Campus I und II
24. und 29. November 2012
Öffentliches Intendanten-Vorsprechen,
Schauspielabsolventen zeigen Monologe und
Duoszenen an der Alanus Hochschule und
Rheinischen Landestheater Neuss
28. November 2012
„Schein oder Sein? – Nackte Haut als
Wahrheitsbeweis? Der body turn in der
Fotografi e der Postmoderne“, Ringvorle-
sung des Studium Generale, Campus II
30. November 2012
„Last Exit: Schiller“, Schauspielaufführung,
Campus I
5. Dezember 2012
„Erscheinung und Wirklichkeit in Raffaels
Sixtinischer Madonna“, Ringvorlesung des
Studium Generale, Campus II
11. Dezember 2012
„Body-Walk“, choreographische Perfor-
mance der Schauspielstudenten, Campus I
12. Dezember 2012
4. Öffentliches Kolloquium zum
Heilpädagogischen Kurs Rudolf Steiners
13., 14. und 15. Dezember 2012
„Die Dunkle Seite der Engel“, Schauspiel-
aufführung, Campus I
13. bis 28. Dezember 2012
„BLEIB und sag niemandem, dass du hier
warst“, Almni zeigen aktuelle Arbeiten,
Kunsthaus Rhenania, Köln
19. und 20. Dezember 2012
„Die Räuber“, Gastspiel von Schauspielab-
solventen, Campus I
29. Januar 2013
„Unternehmen in Bewegung“, 8. Unter-
nehmertag des Fachbereichs Wirtschaft,
Campus II
16. Februar bis 1. März 2013
„Die Brise kommt von vorn“, Abschlus-
sausstellung Absolventen Bildhauerei ,
Tapentenfabrik, Bonn-Beuel
13. Februar 2013
„Waldorfpädagogik kontrovers. Wie Erzie-
hungswissenschaftler die Waldorfschulen
sehen“, Vortrag mit Buchpräsentation,
Campus II
21., 23. und 25. Februar 2013
„Griechenland. Mein Abenteuer.“, Dip-
lominszenierung der Abschlussklasse Schau-
spiel, Werkstattbühne des Theater Bonn
7. bis 9. März 2013
„GZSZ – Wie alles anfi ng“, Schauspielstu-
denten zeigen Commedia dell’Arte, Campus I
8. bis 9. März 2013
„Es tönen die Lieder II“, Eurythmietherapie-
Symposium, Campus I
15. März 2013
Komponistensymposium X, Podiumsge-
spräch, Werkvorstellung und Konzert des
Fachgebiets Eurythmie, Campus I
15. bis 17. März 2013
„Innen ist außen ist innen. Mensch und
Raum.“, öffentliches Symposium Studium
Generale/Fachbereich Architektur, Campus I
22. bis 24. März 2013
„Blickwechsel – Tage der offenen Tür“,
Ausstellungen, Aufführungen, Vorträge,
Workshops, Campus I und Campus II
22. März bis 19. April 2013
„Lebenskunst“, Ausstellung von Kunstthera-
piestudenten
TERMINVORSCHAU
42
das macht Sinn
Die Geburt bringt nur das Sein zur Welt. Die Person wird im Leben erschaffen.THÉODORE SIMON JOUFFROY
Geld ist Mittel zur Entwicklung — wenn wir es gemeinsam dazu machen.
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