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Universität Hamburg
Fachdidaktik Geographie Seminar: 41-65.306 Bildung für nachhaltige Entwicklung Fachbereich Erziehungswissenschaft
Dozent: Dr. Alexander Tillmann
Unterrichtsentwurf zum Thema Massentierhaltung im Rahmen des Konzeptes
„Bildung für nachhaltige Entwicklung“
Eingereicht von: Moritz Frahm (5749003 ) & Katrin Kowalka (6179340)
II
Inhaltsverzeichnis
1. EINLEITUNG 1
2. DAS KONZEPT BILDUNG FÜR NACHHALTIGE ENTWICKLUNG 1
3. SACHANALYSE 2
4. EXEMPLARISCHE BEDEUTUNG DES THEMAS MASSENTIERHALTUNG FÜR DAS
KONZEPT BNE 3
5. BEDEUTUNG DES THEMAS 4
6. RAHMENBEDINGUNGEN UND LERNGRUPPE 4
7. GEPLANTER UNTERRICHTSVERLAUF 5
8. UNTERRICHTSVERLAUF UND METHODE 9
8.1. THEORETISCHE REFLEXION DER METHODE 12
8.2. DIDAKTISCHE POTENZIALE UND PROBLEME DER METHODE 12
9. KOMPETENZBEREICHE 13
10. MUSTERLÖSUNGEN/ SCHÜLERLÖSUNGEN 14
11. LITERATURVERZEICHNIS 15
12. ANHANG: „EXPERTENSTATEMENTS“ 17
1
1. Einleitung
Die vorliegende Arbeit stellt die Ergebnisse einer Arbeitsgruppe vor, welche im Rahmen
eines Geographiedidaktischen Seminars zur Aufgabe hatte, einen Unterrichtsentwurf im
Rahmen des Konzeptes „Bildung für Nachhaltige Entwicklung“ zu konzipieren,
vorzustellen, zu erproben und zu evaluieren. Im Folgenden wird zunächst das Konzept
„Bildung für nachhaltige Entwicklung“ umrissen. Anschließend werden im Rahmen
einer didaktischen Analyse der von uns erarbeitete Unterrichtsentwurf vorgestellt und
theoretisch reflektiert. Abschließend wird eine mögliche Schülerlösung dargeboten.
2. Das Konzept Bildung für nachhaltige Entwicklung
Eine Modernisierung der Gesellschaft, dass ein Leben in sozialer und kultureller
Gerechtigkeit sowie wirtschaftlichen Wohlstands für alle Menschen möglich wird,
verlangt einen schonenden Umgang mit den natürlichen Lebensgrundlagen und deren
Erhalt für die Zukunft. Der Kerngedanke des Konzeptes „Bildung für nachhaltige
Entwicklung“ (BNE) ist „…allen Menschen eine gleichberechtigte Teilhabe an
materiellen, natürlichen und kulturellen Gütern zu ermöglichen. Diese Forderung gilt für
alle Menschen weltweit heute und in Zukunft“(Reuschenbach 2011: 2). „Das Leitbild der
nachhaltigen Entwicklung beruht auf der Erkenntnis, dass wirtschaftliche,
gesellschaftliche, kulturelle und ökologische Prozesse voneinander abhängen…“ [und
Auswirkungen auf Gegenwart und Zukunft haben]“ (Reuschenbach 2011:3). „Zentrales
Ziel des Konzeptes
ist die Entwicklung
und ständige
Erneuerung,
Vertiefung und
Anwendung von
Kompetenzen, die
den einzelnen
Menschen zur
Partizipation an der Gestaltung der Gegenwart und Zukunft im Sinne einer nachhaltigen
Entwicklung befähigen“ (Reuschenbach 2011: 4). Diese Kompetenzen wurden im
Rahmen der BNE als Gestaltungskompetenz ausformuliert und in 10 Teilkompetenzen
2
untergliedert. „Mit Gestaltungskompetenz wird die Fähigkeit bezeichnet, Wissen über
nachhaltige Entwicklung anzuwenden und Probleme nicht nachhaltiger Entwicklung
erkennen zu können“ (de Haan 2009: 4).
3. Sachanalyse
Im Folgenden werden zusammenfassend einige wirtschaftliche wie ökologische Fakten
der Massentier-/Intensivtierhaltung beschrieben.
Massentierhaltung gilt für Bestände ab 1250 Tieren. Die Bezeichnung selbst geht dabei
zurück auf eine 1975 verfasste Verordnung zum Schutz gegen die Gefährdung von
Tierseuchen bei der Haltung von Schweinebeständen, die heute Tierseuchen-
Schweinehaltungs-Verordnung heißt.
In Deutschland leben 26 Millionen Schweine, 13 Millionen Rinder und 50 Millionen
Legehennen, Masthähne und Puten. 26 Prozent der Fleischproduktion innerhalb der EU
kommen aus Deutschland, das damit Spitzenreiter unter den EU-Ländern ist. Die
Mengen, die in Deutschland nicht gebraucht werden, werden exportiert. Die
Nutztierhaltung ist innerhalb der Landwirtschaft Deutschlands wichtigstes Standbein.
Zudem ist die Zahl der Beschäftigten in der Massentierhaltung seit 1998 stark
angestiegen.
Über 80 Prozent der Hühner in Deutschland und fast alle der 26 Millionen Schweine
leben in Tiermastanlagen, was aufgrund des enormen Platzmangels zu Krankheiten und
Verletzungen der Schweine führt. Auf die Umwelt hat die Massentierhaltung negative
Auswirkungen. Zum Beispiel besteht durch Nährstoffanreicherung in Böden, Grund- und
Oberflächenwasser die Gefahr der Vergiftung, ebenso durch zu hohe Konzentrationen
an Nitrat, Schwermetallen und Medikamentenrückständen. Auch das Klima und unsere
Luft werden durch „Abfallstoffe“ der Fleischindustrie belastet, etwa durch Ammoniak,
Methan und CO2. Jährlich verursacht die deutsche Landwirtschaft CO2-Emissionen von
133 Millionen Tonnen (rund 13 Prozent aller Treibhausgase in Deutschland). Aufgrund
von Futtermittelknappheit werden Masttiere in Deutschland mit genverändertem Soja
aus Brasilien oder Argentinien gefüttert, für welchen große Flächen Regenwald
abgeholzt werden (vgl. mdr.de).
3
4. Exemplarische Bedeutung des Themas Massentierhaltung für das
Konzept BNE
Das Thema Massen- oder Intensivtierhaltung ist ein viele Aspekte umfassendes Thema,
das auf sehr verschiedenen Ebenen behandelt und von kontroversen Seiten aus gesehen
werden kann. Dieses Thema wirft u. a. die ethische Frage auf, ob der Mensch dazu
berechtigt ist, über das Leben anderer Spezies zu verfügen und ob eine Ausbeutung der
Tiere in dem Ausmaße, wie sie insbesondere durch die Massenhaltung stattfindet,
moralisch vertretbar ist.
Massentierhaltung steht aber in jedem Fall auch in engem Zusammenhang mit einer
Reihe von Phänomenen nicht nachhaltiger Entwicklungen und der Ausbeutung der
natürlichen Lebensgrundlage zu Lasten künftiger Generationen. Zu nennen sind vor
allem ihre oftmals negativen Auswirkungen auf Ökologie (z.B. die Belastung des
Grundwassers) und Ökonomie (z. B. die Verdrängung kleiner und mittelständischer
Unternehmen). Das Netzwerk und die Komplexität an Wechselwirkungen, die das
Problemfeld Massentierhaltungen aufspannt, werden recht anschaulich durch die obere
Grafik illustriert. Das Thema Massetierhaltung eröffnet also den Zugang auf eine Vielzahl
an Kernproblemen nicht nachhaltiger Entwicklung und kann deshalb als exemplarisch
bedeutsam erachtet werden.
Massentierhatung
4
5. Bedeutung des Themas
Der unmittelbarste Bezug der Schülerinnen und Schüler zur Massentierhaltung ist ihr
Essverhalten in Bezug auf tierische Nahrungsmittel wie Fleisch, Milch und Eier. Zudem
beschäftigen sich die SuS gerade in höheren Schulstufen mit den Auswirkungen ihres
Ernährungsverhaltens auf ihren Körper, z.B. wenn sie Krafttraining betreiben oder
abnehmen wollen. SchülerInnen, die in ländlicheren Gebieten leben, haben vielleicht
selbst schon Mastbetriebe gesehen. SuS, die in der Stadt wohnen, haben hingegen
eventuell nur Haustiere, zu denen sie einen engen Kontakt pflegen.
Wenn die Weltbevölkerung weiter wächst, ist es fraglich, ob alle Menschen mit Fleisch
ernährt werden können oder ob es zwingend notwendig wird, zunehmend auf Fleisch zu
verzichten und auf eine pflanzliche Ernährung umzusteigen. Bedenkt man, dass für ein
Kilogramm Rindfleisch zirka 16 kg Getreide und 15.500 Liter Wasser benötigt werden
(vgl. wdr.de), erscheint eine fleischlastige Ernährung geradezu dekadent. Die
ökologischen Auswirkungen wie die durch Exkremente verursachte Verschmutzung von
Böden und Wasser und der den Klimawandel vorantreibenden massenweisen Ausstoß
von CO2 und Methan, sind weitreichend und können auch im Lebensumfeld der
SchülerInnen in Gegenwart und unmittelbarer Zukunft Einfluss nehmen. Neben der
gesamtgesellschaftlichen Relevanz dieses Themas ist es also auch als aktuell anzusehen.
SchülerInnen sollten erfahren, welche Wirkungszusammenhänge hinter ihrer Nahrung
und ihrem Konsumverhalten stehen und dass sie die Produktion von Fleisch u. a. auch
durch ihr Kaufverhalten durchaus beeinflussen können, indem sie bewusst entscheiden,
wo und was sie kaufen.
6. Rahmenbedingungen und Lerngruppe
Aufgrund des großen Rahmens, den das Thema Massentierhaltung aufreißt (Ökonomie,
Ökologie, Biologie, ethische und soziale Aspekte) bietet sich fachübergreifend
koordinierter Unterricht (z. B. in den Fächern Ethik/ Hauswirtschaft / Gesellschaft) an,
eventuell auch in Form eines Projekts.
Wir sehen das Thema Massentierhaltung am Ende einer Unterrichtsreihe, die sich mit
der deutschen Agrarwirtschaft beschäftig. Die folgende Unterrichtseinheit ist für eine
10. Klasse konzipiert, wobei diese bestenfalls schon Erfahrungen mit
schüleraktivierenden Methoden hat. Des Weiteren wäre es zur Durchführung der Stunde
hilfreich, wenn die SuS bereits sensibilisiert worden sind für die globale Maßstabsebene
5
verschiedener Probleme, die in Wechselwirkung mit dem menschlichen Wirtschaften
auf die Gegenwart und Zukunft wirken. Wenn das Vorwissen in der Lerngruppe dies
zulässt, ist es durchaus denkbar, diese UE auch ohne Einbettung in eine größere
Unterrichtsreihe zu halten, z. B. in der Oberstufe.
7. Geplanter Unterrichtsverlauf
In dieser UE sollen SuS unterschiedliche Meinungen zum Thema kennenlernen und
diese Meinungen einordnen und beurteilen. Die Einordnungen und Beurteilungen der
unterschiedlichen präsentierten Meinungen sollen durch den Austausch von
Argumenten vertreten werden. Außerdem sollen SuS auch ihre eigenen Meinungen
bilden, äußern und vertreten. Hierbei kann Wissen über die Struktur von Argumenten
aufgebaut werden. Die Leitfrage lautet: Wie lässt sich Massentierhaltung/
Intensivtierhaltung in Deutschland unter ökologischen und ökonomischen
Gesichtspunkten betrachten und bewerten.
Phase Schüleraktivität Lehreraktivität Didaktische
Überlegungen
Einstieg
(Stummer
Impuls)
5 Min.
Die SuS sehen sich
einen kurzen
einführenden Film
an (Quelle: ZDF)
Anschließend
berichten sie über
ihr
Konsumverhalten
bzgl. Tierischer
Produkte.
Lehrender informiert
kurz über den Verlauf
der UE und hält sich bei
der Vorführung des
Films zurück.
Anschließend stellt er die
Frage, welche und wie
viele tierische Produkte
von SuS konsumiert
werden.
Bereits
Behandeltes wird
in Kurzform
wiederholt um
eine annähernd
„gleiche“
Ausgangslage zu
schaffen.
Gruppeneinteil-
ung
5 Min.
Die SuS werden
über das
Durchzählverfahre
n in Gruppen
eingeteilt.
(Man kann die
Der Lehrer teilt
jedem/jeder Schüler/in
eine Nummer zu.
Heterogene
Lerngruppen
begünstigen das
soziale Lernen.
Starke SuS
bekommen mehr
6
Gruppeneinteilung
auch bewusst
steuern /anders
gestalten)
Verantwortung
und schwache
können sich an
Stärkeren
orientieren
Vorstellung der
Methode „Das
Wertequadrat“
10 Min.
Die SuS hören zu. Der Lehrende teilt Jeder
Gruppe einen
Arbeitszettel mit einem
vorgefertigten
Wertequadrat aus und
informiert über die
Durchführung dieser
Methode sowie die zu
bearbeitende Frage.
Jedem Schüler
und jeder
Schülerin muss
klar sein, welche
Tätigkeiten in
dieser UE zu
vollziehen sind.
Arbeitsphase
„Wertequadrat“
15 Min.
Die SuS teilen die
verschiedene
Aussagen
hinsichtlich der
ihnen inhärenten
Meinung und
Aussagekraft, sowie
des ihnen
zugrundeliegenden
Wertemaßstabs,
ein.
Der Lehrende verhält
sich zurückhaltend,
beobachtet die
Diskussionen und gibt
ggf. anregende
Anmerkungen.
Die SuS
analysieren
verschiedene
Aussagen und
müssen, um sich
in der Gruppe zu
einigen, ihre
Überlegungen
diskutieren.
Austausch mit
Nachbargruppe
10 Min.
Die SuS zeigen sich
innerhalb zweier
Gruppen ihre
Ergebnisse und
diskutieren
Unterschiede.
Der Lehrende verhält
sich wiederum
zurückhaltend und
achtet darauf, dass sich
jeweils zwei Gruppen
zusammenfinden.
Eigene
Überlegungen in
der Gruppe
werden noch
einmal reflektiert
und durchdacht.
Die SuS müssen
7
ihre
Entscheidungen
bereits
begründen.
Abschlussphase
in der eigenen
Gruppe
10 Min.
Die SuS einigen sich
abschließend auf
die Einordnung der
Statements und
verorten jedes
Statement auf
einem Punkt im
Wertequadrat
Der Lehrende bereitet
schon das Plenum vor
und überprüft, ob alle
fertig sind.
Ergebnispräsent
ation (Reflexion)
und Diskussion
25 Min.
Die SuS geben an,
begründen und
diskutieren die
Positionierung der
Statements auf
ihrem
Wertequadrat.
Der Lehrer malt ein
großes Wertequadrat an
die Tafel und fordert die
SuS auf, die einzelnen
Aussagen zunächst auf
der x-, dann auf der y-
Achse zu positionieren,
regt dabei zur Diskussion
über verschiedene
„Lösungen“ an und
moderiert die
Diskussion.
Durch den
Vergleich soll
ersichtlich
werden, dass
auch bei der
Bewertung von
Meinungen
unterschiedliche
Bewertungsmaß-
stäbe angelegt
werden können.
A. Vertiefung
10 Min.
Wenn einer der
Quadranten des
Wertequadrats frei
geblieben ist,
können die SuS
eine Meinung
formulieren die
dort hineinpasst.
Der Lehrende stellt zum
Ende der Diskussion die
Frage, ob jemand eine
hypothetische Meinung
formulieren mag, die in
den leeren Quadranten
passt.
Dies ist eine
weitere
herausfordernde
Fragestellung.
8
B. Vertiefung
30 Min
Um die Qualität der
Argumentation
genauer zu
überprüfen,
analysieren die SuS
die
Expertenmeinunge
n mit Hilfe des
Argumentationsmo
dells von Toulmin.
Gegebenenfalls
können sie die
Argumentation
ergänzen und
vortragen
Der Lehrende stellt das
Argumentationsmodell
von Toulmin an einem
Beispiel vor und teilt
jeder Gruppe eine zu
analysierende
Expertenmeinung zu.
Die SuS lernen
hier, wie sie
Argumente bzw.
Aussagen
einschätzen und
ihren Wert
bestimmen
können.
C. Vertiefung
(ggf. als
Hausarbeit)
20 Min.
Die SuS verfassen
ein Argument, in
dem ihre eigene
Meinung, oder eine
frei erfundene
Meinung bzgl. der
Ausgangsfragestel-
lung zur Geltung
kommt
Der Lehrende stellt die
(Haus-)Aufgabe und
verdeutlicht, wie ein
gutes Argument
aussehen kann. Dabei
kann er auch auf das
Argumentationsmodell
von Toulmin
zurückgreifen.
Die SuS sind dazu
angehalten,
bereits
gehörte/gelesene
Meinungen für
sich zu
reflektieren und
aus diesen
Anregungen eine
eigene Meinung
zu bilden. Wie sie
diese
argumentativ
begründen,
erfahren sie über
das Modell von
Toulmin
9
Abschluss
5 Min.
Die SuS haben die
Möglichkeit, sich
abschließend über
ihr entstandenes
Meinungsbild zu
äußern. Zudem
kann als Resumée
der Aspekt der
unterschiedlichen
Bewertungsstile
gezogen werden.
Der Lehrende versucht
herauszubekommen, was
die SchülerInnen durch
die Methode gelernt
haben.
Der Lehrende fragt nach
entstandenen und ggf.
veränderten Meinungen.
Meinungen sollen
reflektiert
betrachtet
werden und nicht
direkt
übernommen.
Nur aus
verschiedenen
Meinungsbildern
kann eine eigene
Meinung gebildet
werden.
8. Unterrichtsverlauf und Methode
Die SuS sollen zunächst im Einstieg durch einen Film, welcher in Form eines stummen
Impulses gezeigt wird, auf das Thema eingestimmt werden. Nach einer kurzen
Austauschphase wird die Methode „Wertequadrat“ (Diercke Methoden), welche eigens
für diesen Zweck adaptiert wurde, vorgestellt:
Bei der Methode Wertequadrat geht es darum, verschiedene Aussagen oder Meinungen
auf ihre Ausrichtung und ihre Aussagekraft hin zu untersuchen und entsprechend in das
Wertequadrat einordnen. Unten ist zur Illustration ein Wertequadrat zum Thema
„Erneuerbare Energien“ dargestellt. Die SchülerInnen arbeiten zu zweit oder zu dritt an
einem Wertequadrat. Hierzu erhalten sie zunächst ein Arbeitsblatt, das verschiedene
(nummerierte) Expertenmeinungen zum gewählten Thema enthält (siehe Anlage). Die
Frage (bei uns: „Ist Intensivtierhaltung gerechtfertigt?“) sollte für alle zu sehen an die
Tafel geschrieben werden. Das Grundgerüst des Wertequadrats können die
SchülerInnen entweder selbst zeichnen oder sie erhalten ein vorgefertigtes
10
Koordinatensystem. Anschließend beschäftigen sich die SchülerInnen mit den
Expertenmeinungen und klären zunächst Unklarheiten. Dann tragen sie die
nummerierten Meinungen nach Absprache untereinander auf der x-Achse ein, je
nachdem, wie sehr sich die Experten für die eine oder andere Seite aussprechen. Im
Anschluss an die Einteilung auf der vertikalen Linie geht es um die Einteilung auf der
horizontalen Linie – daran ausgerichtet, womit die Experten ihre Meinung begründen.
Wieder tragen sie die Nummern der jeweiligen Statements ein.
Wenn die SchülerInnen alle Statements, sowohl auf der horizontalen wie auf der
vertikalen Linie, eingetragen haben, vergleichen die Gruppen ihr Wertequadrat jeweils
mit ihrer Nachbargruppe, wobei Entscheidungen gerne diskutiert werden sollen und
möglicherweise überdacht und geändert werden können.
Am Ende sollen die SchülerInnen die Statements im gesamten Wertequadrat
positionieren. Die Position wird durch die Verbindung des Statements auf der
horizontalen und der vertikalen Linie anhand einer gestrichelten Linie mit 90°-Winkel
gezogen (siehe Abbildung).
Nach der Festlegung der Expertenpositionen in den einzelnen Gruppen findet eine
Besprechung der Lösungen im Klassenverband statt. Die Wertequadrate können über
den Overheadprojektor o. ä. für die gesamte Klasse sichtbar gemacht werden. Beim
Quelle: Diercke Methoden
11
Vergleichen erfahren die SchülerInnen, dass die Interpretationen der Meinungen sehr
unterschiedlich sein können und abhängig von den eigenen Erwartungen oder der
Formulierung der Aussagen sind. Die Besprechung der Wertequadrate findet in zwei
Phasen statt. Zunächst wird die vertikale Linie, dann die horizontale Linie ausgewertet.
In der zweiten Phase lernen die SchülerInnen, dass gleiche Meinungen sehr
unterschiedlich begründet werden können und dass wiederum unterschiedliche
Meinungen auf gleichen Wertmaßstäben beruhen können.
Zur Vertiefung gibt es mehrere Möglichkeiten:
- Die SuS formulieren Meinungen, die in Quadranten eingeordnet werden können,
die bisher leer geblieben sind.
- Sie SuS können als Hausaufgabe ihre eigene individuelle Meinung formulieren .
- Die SuS können als Hausaufgabe eine fiktive Meinung ausformulieren.
Außerdem bietet sich in diesem Zusammenhang die Möglichkeit, das
Argumentationsmodell von Toulmin vorzustellen. SuS können zunächst die
Expertenmeinungen daraufhin untersuchen, ob alle „Organe“ einer Argumentation
vorhanden sind. Außerdem könnten sich die SuS bei der Formulierung eigener
Meinungen an dem Toulmin-Modell orientieren.
Quelle: Diercke Methoden
12
8.1. Theoretische Reflexion der Methode
Die Lernmethode Wertequadrat folgt insgesamt dem Leitprinzip des
problemorientierten Unterrichts. Dieses geht davon aus, dass Lernen ein aktiv-
konstruktiver, selbstgesteuerter, situativer und sozialer Prozess ist, plädiert aber für
eine Integration von instruktionalen und konstruktivistischen Unterrichtselementen.
Gestaltungsmerkmal Suggerierte Wirkung
Offenheit hinsichtlich möglicher
Lösungswege und Ergebnisse
Binnendifferenzierung
Vorstrukturierung und Geschlossenheit
hinsichtlich der methodischen
Durchführung
Scraffolding
Arbeit in Kleingruppen Kooperatives Lernen in einem sozialen
Kontext
Herausfordernde Aufgaben mit
authentischen Problemstellungen
Motivation; Rückgriff auf Alltagswissen
wird ermöglicht.
Nachbesprechungen (Metakognition) SuS werden zur Reflexion des eigenen
Denkens und der eigenen
Vorgehensweisen angeregt;
Bewusstwerdung des eigenen Denkens,
Handelns und Argumentierens.
8.2. Didaktische Potenziale und Probleme der Methode
Durch das Argumentieren und Diskutieren innerhalb der Gruppe wie auch in der
gesamten Klasse darüber, wo welche Statements im Wertequadrat angesiedelt werden,
wird die Argumentationskompetenz der SchülerInnen gefördert und sie lernen, Stellung
zu ihrer eigenen Meinung zu beziehen und diese auch zu begründen. Zudem lernen sie
wie subjektiv ihre Interpretation der Texte ist. Gut an der Methode ist außerdem, dass
sie am Anfang wie am Ende einer Einheit jeweils mit ihren eigenen Zwecken eingesetzt
werden kann und dass Arbeitsaufträge wie beispielsweise das Schreiben einer
Erörterung gut angeknüpft werden können.
13
Ein Nachteil der Methode gerade hinsichtlich eines mehrperspektivischen Themas wie
der Massentierhaltung ist, dass es nur bezüglich zwei Dimensionen bewertet werden
kann. Gerade bei diesem Thema ist es leicht, einseitige oder zumindest sehr ethisch
behaftete Position zu „vermitteln“. Bei dieser Methode darf der Lehrende sich nicht dazu
verleiten lassen, Meinung statt Argumentation zu bewerten.
9. Kompetenzbereiche
In Bezug das Kompetenzmodell der DGfG, welches in die KMK Bildungsstandarts
übernommen wurde, sehen wir den Schwerpunkt dieser UE auf der Förderung der
Kompetenz Beurteilung / Bewertung. SuS müssen sich während der UE immer wieder
mit Urteilen von Experten auseinandersetzen und auch selber Stellung beziehen. Bei der
Beurteilung der unterschiedlichen Meinungen treten sie kommunikativ mit ihrer
Arbeitsgruppe, aber auch mit der Gesamtgruppe in Kontakt und tauschen sich aus.
Deshalb sehen wir hier den zweiten Schwerpunkt an Kompetenzförderung.
In Bezug auf die durch das BNE-Konzept vorgestellte Kompetenzmodell einer
Gestaltungskompetenz durch zehn Teilkompetenzen sehen wir den
Förderungsschwerpunkt einerseits methodisch bedingt im „Interagieren in heterogenen
Gruppen“, andererseits themenbedingt im „Empathie und Solidarität für Benachteiligte
zeigen können“ – in diesem Fall für Masttiere.
14
10. Musterlösungen/ Schülerlösungen
Für die Methode Wertequadrat wäre es unangebracht, eine „Musterlösung“ zu
entwerfen, da die Methode gerade darauf abzielt, die unterschiedlichen Bewertungsstile
und subjektiven Wahrnehmungen und Meinungen darzulegen. SchülerInnen könnten
die oben aufgeführten Statements sehr unterschiedlich bewerten. Zum einen ist es offen
gelegt, wie Statements, die eher beschreibend sind und so eine neutrale Meinung
vertreten, auf der x-Achse bewertet werden. Zum anderen ist es bei einigen Statements
nicht eindeutig, auf welchen Bewertungsmaßstab (ökologisch oder ökonomisch sie sich
beziehen); zum Teil beziehen sie sich auf beide. Hier müssen die SchülerInnen
entscheiden, ob sie Argumente oder Aussagen zu dem einen Maßstab
schwergewichtiger beurteilen als die zu dem anderen Maßstab. So können also viele
verschiedene Wertequadrate entstehen, von denen keins besser ist als das andere. Im
Anschluss findet sich ein Beispiel für ein mögliches Wertequadrat.
Ist Intensivtierhaltung gerechtfertigt?
Ja Nein
Ökonomisch
Ökologisch
1
1
2
2 3
3
4
4
5
5 6
6
15
11. Literaturverzeichnis
- De Haan, G. (2009). Bildung für nachhaltige Entwicklung. In: Praxis Geographie
9/2007.
- Klafki, W. (1958). Didaktische Analyse als Kern der Unterrichtsvorbereitung. In:
Roth, Prof. Dr. H.; Blumenthal, Dr. A. (Hg.) (1962). Grundlegende Aufsätze aus der
Zeitschrift Die Deutsche Schule (2. Aufl.). Berlin: Herman Schroedel Verlag KG.
- Leat, D. (2. Aufl. 2001). Thinking Through Geography. London: Chris Kington
Publishing.
- Reuschenbach, M. / Schockemöhle, J. (2011). Bildung für nachhaltige
Entwicklung In: Geographie heute 295/2011.
- Reckwitz, A. (2004). Die Entwicklung des Vokabulars der Handlungstheorien:
Von den zweck- und normorientierten Modellen zu den Kultur- und
Praxistheorien. In: M. Gabriel (Hg.) Paradigmen der akteurszentrierten
Soziologie. Wiesbaden: 303-328.
- Toulmin, Stephen (175): Der Gebrauch von Argumenten. Scriptor Verl.:
Kronberg/Ts.
- Vankan, L. / Rohwer, G. /Schuler, S. (2007). Diercke Methoden - Denken Lernen
mit Geographie. Braunschweig: Westermann.
- Voland, Eckart (2006): Anthropologische Hürden auf dem Weg zu einer
erfolgreichen Umweltbildung. In: Hiller, B. & Lange, M. (Hrsg.): Bildung für
nachhaltige Entwicklung. Perspektiven für die Umweltbildung.
16
Internet:
- O. A. (2012): Fakten zur Massentierhaltung in Deutschland. URL:
http://www.mdr.de/sachsenspiegel/massentierhaltung100_page-0_zc-
6615e895.html [Abruf: 30.11.2012].
- Vegetarierbund (2012): Ein vegetarischer Donnerstag. Für dich & andere
Menschen. Für Tiere. Für die Umwelt. Für Nürnberg. URL:
http://nuernberg.donnerstag-veggietag.de/gruende/ [Abruf: 09.12.2012].
- ZDF (2012): http://www.zdf.de/ZDFmediathek/beitrag/video/1745572/Pro-
und-Contra-der-Massentierhaltung#/beitrag/video/1745572/Pro-und-Contra-
der-Massentierhaltung [Abruf30.03.2013].
17
12. Anhang: „Expertenstatements“
1)Peter Bläser (Staatssekretär Bundeslandwirtschaftsministerium)
Zusammenfassung der Äußerungen in der Sendung „Tacheles“: Tiere im Massenstall -
Mitgeschöpfe oder Nahrungsmittel? 16.09.2012:
Der Begriff der Massentierhaltung ist für Deutschland nicht angebracht. Man kann
höchsten von einer intensiven Nutztierhaltung sprechen. Nie zuvor ging es den
Nutztieren in Deutschland so gut wie heute und das ist entscheidend. Dabei ist es
irrelevant, mit wie vielen Tieren das einzelne Tier gehalten wird.
Die Forderungen für eine Verschärfung der Vorschriften für die Haltung von Tieren,
Transport derselben oder Grenzwerte für Nitratkonzentration im Boden sind nicht
zielführend. Wir haben in Deutschland und Westeuropa hervorragende
Rechtsvorschriften die das alles hinreichend Regeln. Die Landwirte müssen genau
darauf achten, dass diese Vorschriften nicht verletzt werden und dass z. B. nicht
mehr Gülle pro Hektar ausgebracht wird als es die Vorschriften erlauben.
2)WWF
http://www.wwf.de/fileadmin/fm-wwf/Publikationen-PDF/Klimawandel_auf_dem_Teller.pdf
Von den gesamten direkten TreibhausgasEmissionen unserer Ernährung sind knapp
41% allein auf die Erzeugung von Fleischerzeugnissen zurückzuführen, dagegen nur
etwa 3% auf die Erzeugung von Kartoffeln.
3)Taz.de
http://www.taz.de/!86176/
Das System der Massentierhaltung in immer größeren Betrieben basiert auf
Antibiotika-Missbrauch, schlechten Tierhaltungs- Bedingungen und dem Import
gentechnisch veränderter Futtermittel", kritisierte die stellvertretende Grünen-
Fraktionschefin Bärbel Höhn. "Wir fordern die Bundesregierung auf, die Förderung
an artgerechte Tierhaltung und bessere Umweltstandards zu knüpfen." Deutschland
habe sich seit 2005 unter den CSU-Agrarministern Horst Seehofer und Ilse Aigner
zur "Mastfabrik Europas" entwickelt.
18
4)German meat
http://www.german-meat.org/fleisch-aus-deutschland/schlachtung-und-zerlegung/
Deutschland zählt innerhalb der EU zu den Top-Produzenten von Fleisch. Bei
Schweinefleisch ist Deutschland Europameister in Produktion und Export, bei Rindfleisch
nimmt es mit einem Produktionsanteil von ca. 17 Prozent Platz zwei ein.
Im Jahr 2011 wurden knapp 1,2 Mio. Tonnen Rind- und Kalbfleisch sowie 5,75 Mio. Tonnen
Schweinefleisch produziert. Die hohe Qualität der Produkte ist in der ganzen Welt gefragt.
2011 exportierten die deutschen Unternehmen etwa 422.000 Tonnen Rind- und 2,4 Mio.
Tonnen Schweinefleisch in über 100 Länder der Erde. Eine besondere Leistung der
deutschen Fleischzerlegebetriebe ist die Anfertigung von Spezialzuschnitten für die
spezifischen Anforderungen der individuellen Absatzmärkte. Dabei ist die deutsche
Fleischwirtschaft Garant für Zuverlässigkeit, individuelle Serviceleistungen und die weltweite
Lieferung von Qualitätsfleisch und innovativen Fleischprodukten.
5)Helmuth Rehan (ehem. Landwirtschaftsminister von Sachsen-Anhalt ist
selber Landwirt und plant eine Schweinemastanlage mit 60.000 Schweinen)
Zusammenfassung der Äußerungen in der Sendung „Tacheles“: Tiere im Massenstall -
Mitgeschöpfe oder Nahrungsmittel? 16.09.2012:
Wenn sie heute Fleisch produzieren, egal ob Schweine-, Hühner- oder Rinder-,
müssen sie ihren Tierbestand gesund erhalten, ansonsten werden sie es nicht lange
überleben. Der Einsatz von Medikamenten unterliegt bestimmten Normen. So lange
diese Werte eingehalten werden und die Verluste im Normalbereich liegen sind die
Tiere gesund. Wenn die Tiere gesund sind, also nicht erkranken, kann man von einer
artgerechten Haltung sprechen. Die Größe eines Betriebes und wie viel Platz dem
einzelnen Tier zukommt, sagt hierrüber gar nichts aus. Wir haben in Deutschland
und Westeuropa eine sehr strenge Kontrolle, die darüber wacht, dass Tiere
artgerecht gehalten werden. Wer die Standards verletzt, hat ökonomisch schon
verloren.
6)Taz.de
http://www.taz.de/!86176/
Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND), Hubert Weiger. "Das Fleisch
geht in den Export, die Gülle bleibt hier", sagte er. Mit Blick auf die hohe Belastung
19
des Grundwassers forderte Weiger: "Die Industrie muss die Folgekosten ihrer
Produktion zahlen und darf sie nicht auf die Allgemeinheit abwälzen."