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Carbon Bubble und Dekarbonisierung Unterschätzte Risiken für Investoren und Vermögensinhaber

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Carbon Bubble und Dekarbonisierung Unterschätzte Risiken für Investoren und Vermögensinhaber

Carbon Bubble und Dekarbonisierung Unterschätzte Risiken für Investoren und Vermögensinhaber

FERI Cognitive Finance Institute

Bad Homburg/Berlin, Januar 2017

Liebe Leserinnen, liebe Leser,

wir leben in bewegten Zeiten: Die Ergebnisse der internationalen Klimaschutzverhandlungen werden konkret. Und mehr als je zuvor vollzieht sich eine internationale Diskussion. In den USA ist seit der jüngsten Wahl noch nicht abzusehen, wohin sich die amerikanische Klimapolitik tatsächlich bewegen wird. In Deutschland findet ein sehr undurchsichtiger Prozess zur Festlegung des Klimaschutzplans 2050 statt.

Dennoch gibt die Klimawissenschaft zu diesem komplexen Thema sehr eindeutige Signale: Die zulässigen Emissionen, um das < 2 Grad-Limit der Erderwärmung in diesem Jahrhundert nicht zu überschreiten, sind begrenzt. Deren Begrenzung ist so zwingend, dass der Umbau unserer Wirtschaft zu nahezu emissionsfreien Strukturen bis 2050, in einigen Entwicklungsländern bis spätestens 2100, durchgeführt werden muss.

Diese Transition kann geordnet und mit Weitsicht oder ungeordnet, reaktiv und chaotisch erfolgen. Im letzteren Fall besteht ernste Gefahr für eine Vielzahl an Vermögenswerten und Investitionen: sie „stranden“, werden also entwertet und müssen abgeschrieben werden. Bereits vorher kann eine mögliche „Carbon Bubble“ an den Kapitalmärkten platzen, die sich aus einer latenten Überbewertung fossiler Brennstoff-Reserven ergibt.

All diese Punkte erzeugen ein hohes Maß an Unsicherheit, mit dem nicht nur Unternehmer, sondern auch institutionelle Investoren und private Vermögensinhaber im Rahmen ihrer Anlageentscheidungen künftig umgehen müssen. Wie die deutsche Energiewende bereits klar gezeigt hat, können klimapolitische Entscheidungen sehr schnell und direkt auf die Kapitalmärkte ausstrahlen. Klimapolitik ist somit höchst relevant für alle Akteure an den Finanzmärkten.

Entsprechend legt diese Untersuchung ihren Schwerpunkt auf mögliche Auswirkungen der klimabedingten Transformation aus Sicht der Kapitalmärkte. Im Fokus stehen latente Risiken der „Carbon Bubble“ speziell für institutionelle Investoren, Family Offices und andere Vermögensinhaber. Zur Abschätzung dieser Fragen analysieren wir typische Index- und Vermögensstrukturen, diskutieren Ansätze zur Erfassung und Quantifi-zierung latenter „Carbon Risks“ und erarbeiten Vorschläge zur Kontrolle und Reduktion daraus resultieren-der Portfolio-Risiken.

Unser Ziel ist eine grundsätzliche Sensibilisierung für das Problem der „Carbon Risks“, das derzeit speziell in Deutschland noch deutlich unterschätzt wird. Entsprechend verstehen wir diese Arbeit als Anregung, um in eine intensive, ziel- und lösungsorientierte Diskussion einzutreten. Sprechen Sie uns gerne an!

Dr. Heinz-Werner Rapp Eberhard Brandes

Gründer & Leiter Steering Board Geschäftsführender Vorstand FERI Cognitive Finance Institute WWF Deutschland

Carbon Bubble und Dekarbonisierung

1 ExecutiveSummary ............................................................................................................... 1

2 DasCarbon-Budget–HintergrundundKontext ..................................................................... 3

2.1 Emissionen sind ein begrenztes „Gut“ .......................................................................................... 3

2.2 Der politische Kontext wird eindeutiger ....................................................................................... 5

2.3 Emissionsbudgets haben Bedeutung für die Kapitalmärkte ......................................................... 8

2.4 Neubewertungsdruck durch Kohlenstoffrisiken ........................................................................... 13

3 Die„fossilenBrennstoffbranchen“imFokus .......................................................................... 15

3.1 Sektorzuordnung und Eingrenzung .............................................................................................. 15

3.2 Bedeutung in globalen Märkten, Indizes und Asset Classes ......................................................... 19

3.3 Wertveränderungsrisiken bei fossilen Brennstoffen .................................................................... 22

3.4 Auswirkungen auf ein institutionelles Referenzportfolio (Simulation) ......................................... 23

4 AntizipationundDisruption–systemischeWertveränderungsrisikenfürAktienmärkte ......... 28

5 RisikomessungundzielgerichteteInvestmentansätze ............................................................ 31

5.1 Darstellung bestehender Investmentansätze ............................................................................... 31

5.2 Risikomessung mit den richtigen Instrumenten ........................................................................... 34

6 Fazit:RisikoeinschätzungundHandlungsfelderfürKapitalanleger ......................................... 35

6.1 Carbon Risks als grundlegende Unsicherheitsfaktoren ................................................................ 35

6.2 Bedeutung der Carbon Risks für Investoren und Vermögensinhaber .......................................... 36

6.3 Handlungsfelder für Investoren und Vermögensinhaber ............................................................. 39

6.4 Fazit und Schlussbetrachtung ....................................................................................................... 45

Inhalt

FERI Cognitive Finance Institute

1 ExecutiveSummary

• Der vom Menschen verursachte Klimawandel wird mitt-lerweile weltweit anerkannt. Seine negativen Auswir-kungen können jedoch durch koordiniertes menschliches Handeln begrenzt werden.

• Die Staatengemeinschaft hat sich im Pariser Klimaabkom-men von 2015 darauf geeinigt, die Erderwärmung auf deutlich unter 2 Grad Celsius verglichen mit dem vorin-dustriellen Niveau zu begrenzen und sich auf ein völker-rechtlich bindendes Regelwerk zur Umsetzung verstän-digt. Mehr als 190 Staaten tragen dieses mit.

• Zur Einhaltung des < 2 Grad-Limits sind signifikante struk-turelle Emissionsminderungen auf globaler Ebene nötig. Um dies mit einer Wahrscheinlichkeit von auch nur 50% zu erreichen, müssen die Emissionen bis 2050 global min-destens halbiert werden. Das < 2 Grad-Limit erfordert da-her einen umfassenden Dekarbonisierungsprozess ganzer Volkswirtschaften.

• Finanzakteure sollten diese kohlenstoffbedingten ökono-mischen Unsicherheiten bei ihrer Analyse und Bewertung von Kapitalanlagen nicht außer Acht lassen. Insbesondere die Beschränkungen zukünftig verbleibender Emissions-budgets für kohlenstoffnahe Sektoren sollten berücksich-tigt werden.

• Die vorgelegte Studie untersucht exemplarisch die Auswir-kungen von limitierten Emissionsbudgets auf börsennotierte Energieunternehmen der Öl-, Kohle- und Gasbranche.

• 2860 Gigatonnen CO2 (GtCO2) sind in den heute bekann-ten globalen Brennstoffreserven enthalten, 1541 GtCO2 davon in den Bilanzen börsennotierter fossiler Brennstoff-branchen als Vermögenswerte. Das noch verbleibende Emissionsbudget beträgt ca. 900 GtCO2 bis 2050, nur etwa 75 GtCO2 bleiben für die zweite Jahrhunderthälfte.1

• Daraus ergeben sich für Investoren und Vermögensinhaber substanzielle „Carbon Risks“ (Kohlenstoffrisiken), die spe-ziell anhand der Kategorien „Carbon Bubble“, „Stranded Assets“ und „Transformationsrisiken“ diskutiert werden.

• Besonders relevant sind diese Aspekte für den fossilen Energiebereich, dem aus dieser Perspektive schon in naher Zukunft erhebliche Abwertungsrisiken drohen könnten.

• Mittelbare Entwertungsrisiken betreffen über Zweit- und Drittrundeneffekte auch weitere Branchen jenseits des fossilen Energiesektors. Diese erhöhen gegebenenfalls auch bisher nicht erfasste systemische Finanzmarktrisiken.

• Die Studie untersucht vor diesem Hintergrund das Carbon Bubble- und Stranded-Assets-Risiko für private und insti-tutionelle Investoren anhand der möglichen Exponierung in Länder- bzw. Aktienmarktindizes.

• Anhand einer typischen Vermögensallokation aus Sicht institutioneller Investoren werden in zwei Szenarien mögliche Portfolio-Effekte als Folge von Carbon Risks simuliert. Die Ergebnisse lassen nennenswerte Portfo-lio-Risiken erkennen.

• Die vorliegende Untersuchung zeigt, dass Carbons Risks derzeit nur schwer punktgenau quantifizierbar sind und von zahlreichen – vor allem politischen – Imponderabilien abhängen, dementsprechend sind aus Portfolio-Sicht re-sultierende Risiken mit traditionellen Methoden nur an-satzweise zu erfassen oder gar zu managen.

• Carbon Risks sollten deshalb eher als Unsicherheiten auf-gefasst werden, deren Charakter als Risiko sich aber jeder-zeit materialisieren kann.

• Durch die grundlegende Unsicherheit, sowie als Folge je-derzeit möglicher Antizipationseffekte, bestehen auf ab-sehbare Zeit latente, aber erhebliche Disruptionspotenzi-ale an den Kapitalmärkten.

• Die exakte Messung des klimabedingten Risikos auf Un-ternehmensebene steckt noch in den Kinderschuhen. Das „green/brown-share“-Verfahren sowie Szenarioanalysen sind der herkömmlichen Messung des CO2-Footprints deutlich überlegen.

1 Bei einer Wahrscheinlichkeit von etwa 80%, die Erwärmung nicht über 2 Grad zu erhöhen, nach Analysen von Carbon Tracker Initiative (CTI) und des Grantham Institutes der London School of Economics, Unburnable Carbon, 2013.

Carbon Bubble und Dekarbonisierung

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• Investoren können durch die Investmentansätze des Ne-gativ- und Positivscreenings auf die Carbon Risks in ihren Portfolios reagieren. Dazu zählen primär Divestment- oder Engagement-Strategien.

• Die Umsetzung entsprechender Investment-Strategien er-fordert klare Ziele und ein planvolles Vorgehen. Ein zeitlich differenzierter Umsetzungsfahrplan ist zu empfehlen.

• Der politische und regulatorische Kalender sollte bis auf Weiteres sehr eng beobachtet werden. Mögliche Maß-nahmen zur Transparenz-Erhöhung können gleichbedeu-tend sein mit einer Materialisation bisher noch latenter Carbon Risks.

• Die Wahl Donald Trumps zum 45. Präsidenten der USA, unterstützt durch eine republikanische Mehrheit im Kon-gress, führt zu einer weiteren, potenziell deutlichen Zu-nahme an Unsicherheit im Hinblick auf die Berücksichti-gung von Carbon Risks für Investoren.

• Zum einen stehen durch die US-Präsidentschaftswahl die Ankündigungen im Raum, die internationalen Klima-schutzvereinbarungen nicht mit zu tragen. Andererseits erhöht eine solche ausbrechende Handlungslinie gerade die Risiken zukünftig strandender Investments, da diese über eine Wahlperiode von vier Jahren hinaus wirtschaft-lich sein müssen.

• Zum Zeitpunkt der Erarbeitung dieser Untersuchung war eine abschließende Bewertung des Einflusses der US-amerikanischen auf die globale Klimapolitik noch nicht möglich. Klar ist, dass es für Vermögensinhaber und Investoren nun unausweichlich sein wird, einer eigenen Handlungslinie im Umgang mit fossilen Brenn-stoffen zu folgen.

2

FERI Cognitive Finance Institute

2.1 Emissionen sind ein begrenztes „Gut“

Die Maßnahmen zur Begrenzung der menschenverur-sachten globalen Erwärmung und damit verbundener Klimawandeleffekte verändern die Rahmbedingungen für einen Großteil investierbarer Industrien. Damit entstehen gleichzeitig große Chancen und Risiken. Die ersten tiefgreifenden Umbrüche in einzelnen Branchen sind bereits heute zu beobachten.

„Thereisagrowinginternationalconsensusthatclimatechangeis unequivocal.“2 Die wissenschaftlichen Erkenntnisse über die Zusammenhänge der globalen Erwärmung, den zugrundelie-genden menschengemachten Treibhausgasemissionen und

dem möglichen Ausmaß des physischen Klimawandels wur-den mit dem letzten Sachstandsbericht des Weltklimarats noch einmal erhärtet.3 Darin wurde auch das Konzept der Definition eines Emissionsbudgets wissenschaftlich bestätigt. Ein solches Budget begrenzt die noch zulässigen Treibhausgasemissionen, wenn resultierende Erwärmungsgrade und entsprechende Klimawandelauswirkungen nicht überschritten werden sollen. Um mit einer Wahrscheinlichkeit von mindestens 80% die Erwärmung bis 2100 auf unter 2 Grad Celsius verglichen mit dem Beginn der Industrialisierung zu begrenzen, sind nur noch 975 GtCO2-Emissionen zulässig.4 Abbildung 1 stellt unter-schiedliche Wahrscheinlichkeiten das 2 Grad-Limit einzuhalten und die zugehörigen Budgets dar. Im Vergleich dazu sind die in fossilen Brennstoffreserven gebundenen GtCO2 abgebildet.

2 Mark Carney, Gouverneur der Bank of England, in seiner vielbeachteten Rede, Breaking the tragedy of the horizon – climate change and financial stability, 29.9.2015.

3 IPCC, 5. Sachstandsbericht (Assessment Report), 2014.4 Vgl. http://www.carbontracker.org/wp-content/uploads/2014/08/Carbon-budget-checklist-FINAL-1.pdf und Carbon Tracker Initiative

(CTI), 2013, Unburnable Carbon Report, http://www.carbontracker.org/wp-content/uploads/2014/09/Unburnable-Carbon-2- Web-Version.pdf, S. 10., siehe u.a. http://www.carbontracker.org/wp-content/uploads/2014/10/IPPCC-CTI-infographic2.pdf

2 Das Carbon-Budget – Hintergrund und Kontext

1009 975 866

2860

1119

5000

4000

3000

2000

1000

0>50%, IPCC*

Gig

aton

nen

Co2

Wahrscheinlichkeit der Einhaltung des 2 Grad-Limits

>66%, IPCC* 80%, Carbon Tracker

* IPCC - Intergovernmental Panel on Climate Change** Schätzung basiert auf der Rate von Budgetkürzungen

>80%, IPCC* ** fossile Brennstoff-reserven Insgesamt

Abb. 1: IPCC* und Carbon Tracker CO2 Budgets im Vergleich zu fossilen Brennstoffreserven (2012-2100)

Quelle: Carbon Tracker Initiative, „Carbon Tracker´s carbon budget Q&A”, 2013

verbleibendes absolutes CO2-Budget bis 2011 bereits emittiert andere Treibhauseffekte, nicht-CO2

Carbon Bubble und Dekarbonisierung

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Real zu beobachten sind jedoch weiter steigende globale Emissionen, die kaum derartige Emissionsgrenzen berück-sichtigen. Diese Entwicklung wird – unverändert – das ver-fügbare Budget noch vor 2040 ausschöpfen.5

Speziell für Investoren nimmt die Bedeutung dieser Zusam-menhänge zu. Es wird wichtiger zu verstehen, wie sie sich auf emissions-, energieintensive und insbesondere auch auf jene Wirtschaftsbereiche auswirken, die fossile Roh- und Brennstoffe erzeugen und diese verbrauchende Produkte und Güter produzieren. Im Mittelpunkt der nachfolgenden Überlegungen stehen dementsprechend auch Fragen mög-licher Begrenzungen bisher uneingeschränkter Nutzung fos-siler Brenn- und Rohstoffe. Mit besonderem Augenmerk be-trachten wir diejenigen Fragen, die konkret mit dem Problem der sogenannten „Carbon Bubble“6 sowie der beginnenden Dekarbonisierung7 in Beziehung stehen. Die Studie konzen-triert sich dabei auf unmittelbar (wenngleich nur indikativ) quantifizierbare klimabedingte Wertveränderungsrisiken8, die teils bis zur vollständigen Unwirtschaftlichkeit von Assets, zu sogenannten „Stranded Assets“9 führen können.

Der Fokus der Untersuchung richtet sich dabei auf die etablier-ten Aktienmärkte, da dort Anteile der hier relevanten Unter-nehmen aktiv gehandelt und einer laufenden Bewertung und Preisbildung unterzogen werden. Mögliche Neubewertungen, Wertverluste sowie andere im Kontext einer „Carbon Bubble“ bewertungsrelevante Einflussfaktoren werden dort unmit-telbar sichtbar, somit prinzipiell quantifizierbar und nachvoll-ziehbar. Aus demselben Grund verzichtet diese Untersuchung generell auf eine Einbeziehung der Anleihemärkte sowie ande-rer Plattformen zur Bewertung von Schuldtiteln, privaten Be-teiligungen oder Anteilen gering kapitalisierter Unternehmen. Dort beobachtete Preissignale wären nach heute üblichem Stand weder repräsentativ noch aussagefähig im Sinne einer quantitativen Abschätzung der Problemdimension.

Ebenfalls weitgehend ausgeklammert bleibt der Aspekt länderspezifischer Risiken im Kontext der „Carbon Bubble“, also insbesondere deren mögliche Einflüsse auf die Bonität und Bewertung emittierter Staatsanleihen. Erste Ansätze zur Berücksichtigung finden sich z. B. in Arbeiten von Swiss Re und Standard & Poor’s.10

5 Siehe CTI, gleiche Quelle6 Siehe Textbox 7 Siehe Textbox8 Vgl. ausführlich Kapitel 2.4. 9 Siehe Textbox. Zu Begriffsbildung, Herleitung und Begründung der Stranded Asets vgl. insbesondere:

OECD, Divestment and stranded assets in the low-carbon transition, Background paper for the 32nd Round Table on Sustainable Development, 28.10.2015.

10 Swiss Re und Standard & Poor’s, The Heat Is On: How Climate Change Can Impact Sovereign Ratings, 2015.

Carbon Bubble: Ist die systematische Überbewertung von Unternehmen und Branchen durch die fehlende

Berücksichtigung klimapolitischer und klimawissen-schaftlicher Beschränkungen. Das vereinbarte

< 2 Grad-Limit zur Begrenzung der Erderwärmung bedingt Emissionsreduktionsanforderungen, die

aktuell in Märkten nicht berücksichtigt werden.

Stranded Assets: Als Stranded Assets werden Investitionen, Wirtschaftsgüter, Produktions-

anlagen und andere Werte bezeichnet, die durch die Anforderungen einer klima-

bedingten Transformation beeinträchtigt und partiell oder vollständig entwertet werden.

Dekarbonisierung: Dekarbonisierung beschreibt den Prozess der schrittweisen Reduktion von Treibhausgasemissionen zur Erreichung einer weitestgehend emissionsfreien zukünftigen Wirtschaft.

4

FERI Cognitive Finance Institute

Die inhaltlichen Aussagen und Ableitungen dieser Studie zu Unternehmen, Branchen oder Index-Gewichtungen stellen primär auf diejenigen Bereiche der Wirtschaft ab, die direkt mit der Exploration, Gewinnung, Förderung oder primären Aufbereitung von fossilen Energieträgern in Verbindung stehen. Dazu zählen speziell die Bereiche Kohle, Erdgas, Erdöl sowie in bestimmten Grenzen auch die Bereiche Raffinerien, Veredelung kohlenstoffbasierter Grundpro-dukte und Energieerzeugung.

Nicht im Fokus dieser Untersuchung stehen deshalb Bran-chen wie Transportwesen, Automobilbau, Logistik, Teile der Energieversorgung, chemische Industrie und andere Bereiche des produzierenden Gewerbes. Für diese Sekto-ren möglicherweise anfallende Umbaukosten energiein-tensiver und potenziell klimaschädlicher Produkte oder Prozesse sind aus heutiger Sicht nur unter komplexen An-nahmen zu quantifizieren. Derartige Betrachtungen blei-ben deswegen zukünftigen, breiter angelegten Studien vorbehalten.11

Wir werden einen Ausblick geben, der auch die breiteren In-dustriebranchen abbildet und mit der Beschreibung relevan-ter Handlungsfelder auf Investorenseite schließt.

Der Inhalt und die Aussagen dieser Studie richten sich primär an einen interessierten, eher professionell gepräg-ten, institutionellen oder privaten Anlegerkreis, der aus eigenem Interesse oder bedingt durch regulatorische Vor-gaben das Thema Dekarbonisierung/Stranded Assets in seine Investmentüberlegungen einbeziehen möchte. Eini-ge der zentralen Aussagen dieser Studie sind jedoch von so genereller Bedeutung, dass auch interessierte Privat- anleger und eine breitere Öffentlichkeit sie zur Kenntnis nehmen sollten.

2.2 DerpolitischeKontextwirdeindeutiger

In den letzten Jahren hat die internationale klima- und energiepolitische Dynamik beständig zugenommen, die nach dem Pariser Klimaabkommen vom Dezember 2015 nicht abebbt. Dies bestätigt auch das zügige In-krafttreten des UN-Klimaabkommens vom 4.11.2016, ratifiziert u. a. durch die USA, China, Indien und die EU.

Ein Blick auf den jüngsten historischen Verlauf sowie auf die absolute Zahl klima- und energiepolitisch motivier-ter Richtlinien und Gesetzesvorhaben verdeutlicht die bestehende Dynamik, vornehmlich noch bei verstärkter Energieeffizienz und dem Ausbau erneuerbarer Energien (s. Abbildung 2).

Das zügige Inkrafttreten des Pariser Klimaabkommens vom Dezember 2015 zum 4.11.2016 stellt den vorläufigen Höhe-punkt dieser Entwicklung dar. Mehr als 190 Staaten der Welt tragen darin ein völkerrechtlich bindendes Rahmenwerk mit. Dieses orientiert sich an einem Ambitionsniveau für die Be-grenzung des Klimawandels und der menschlich verursach-ten Erderwärmung auf deutlich unter 2 Grad Celsius vergli-chen mit vorindustriellen Werten. Explizit sollen dazu auch Finanz- und Kapitalmärkte ihr Kapital im Einklang mit dieser Zielsetzung bereitstellen (Art. 2.1.c).12

Das Abkommen im Rahmen der Vereinten Nationen ist al-lerdings nicht mit strikten Sanktionen zu bewehren. In der Konstruktion wurden jedoch durch den vereinbarten Me-chanismus der Prüfung und Nachschärfung von Zielen und Aktionsplänen zum einen dynamische Elemente integriert. Zum anderen gewinnen UN-Verträge durch Beitrittsmacht ihre Bindewirkung, da kaum ein Regierungschef isoliert stehen möchte. Dies ist im Paris-Abkommen überraschend

11 Vgl. dazu die grundsätzliche Diskussion in OECD, Divestment and stranded assets in the low-carbon transition, a.a.O.; sowie ein ausführliches Papier der Niederländischen Zentralbank: De Nederlandsche Bank, Time for Transition – an exploratory study of the transition to a carbon-neutral economy, 2016.

12 Vgl. Pariser Abkommen, Artikel 2.1.c.

Carbon Bubble und Dekarbonisierung

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überzeugend gelungen. Gesichtswahrendes Austreten ist demnach kaum möglich, insbesondere für die Staaten-gruppe, die für den größten Teil weltweiter Emissionen verantwortlich ist.13

Bereits 2014 hatten sich die G7-Staaten darauf verständigt, ab 2050 einen transformierten, fast vollständig dekarbonisierten Energiesektor zu erreichen sowie die Emissionen grundsätz-lich weitgehend zu reduzieren. Die politische Richtungsvor-gabe auf breiter Ebene und unter Regierungschefs gibt damit die Zielrichtung einer nahezu emissionsfreien Welt vor. Die politischen Absichtserklärungen werden durch die parallele Ausarbeitung von Umsetzungsstrategien zur Erreichung der Klimaziele auf nationaler Ebene (Nationally Determined Cont-ributions – NDCs) konkretisiert. Man kann auch sagen, dass die Operationalisierung zwar begonnen hat, aber dennoch eine signifikante Lücke besteht zwischen dieser und dem Ambi- tionsniveau der Willensbekundungen. So würden die geplan-ten freiwilligen und individuellen Selbstverpflichtungen der Staaten (INDC – Intended Nationally Determined Contribu-tions) aus dem Vorfeld der Pariser Konferenz, die auch die Basis für die derzeitige Erarbeitung der NDCs bilden, nach wissenschaftlicher Analyse lediglich zu einer Erwärmungs-

begrenzung auf etwa 3 Grad Celsius verglichen mit den Aus-gangswerten vor Beginn der Industrialisierung führen.14

Betrachtet man die aktuell beobachtbare, reale Emissions-entwicklung so würde diese unangepasst fortgesetzt sogar zu einer Erwärmung jenseits von 4 Grad Celsius führen. Diese zuletzt gemachte Beobachtung ist wichtig, da sie die Effekte aus real existierenden Anlagen und Infrastrukturen beschreibt, in deren ökonomische Lebensdauer eingegriffen werden muss. Wenn die politischen Ziele erreicht werden sollen, werden die Rahmenbedingungen für einen großen Teil an Branchen und Unternehmen also deutlich anders aussehen müssen. Es gilt für Politik wie auch für Investoren gleichermaßen zu verstehen, wie sich Vermögenswerte und Geschäftsmodelle durch die erwarteten Veränderungen ent-wickeln werden. In Abbildung 3 sind zudem die politischen Initiativen abgebildet, die deutlich machen, dass zunehmend die Frage der finanziellen und quantitativen Bewertung von „Carbon Risks“ in den Vordergrund rückt.

Ebenfalls wird die Frage nach der Verträglichkeit von Inves-titionsentscheidungen mit einer < 2 Grad-Welt zunehmend auch an Vermögensinhaber gestellt.

13 Dennoch muss sich nach der US-Wahl 2016 zeigen, inwiefern die USA zukünftig noch dieser Linie folgen werden.14 Vgl. u. a. Climate Action Tracker, http://climateactiontracker.org

1.600

1.400

1.200

1.000

800

600

400

200

02005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013

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Abb. 2: Entwicklung der Anzahl klimapolitisch motivierter Regulierungen (2005-2013)

Quelle: HSBC Global Research, „Keeping it cool – Oil, Co2 and the carbon budget“, basierend auf IEA Policies and Measures Database, 2015

Klimawandel Energieeffizienz erneuerbare Energien

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FERI Cognitive Finance Institute

Die Wahl Donald Trumps zum 45. US-Präsidenten wirft nun auch im Umfeld des UN-Klimavertrags Fragen von rationalem politischen Verhalten und entsprechender Gestaltung von Rahmenbedingungen auf. Zum Zeitpunkt der Erarbeitung dieser Untersuchung war noch keine abschließende Ein-schätzung zum tatsächlichen zukünftigen Kurs der US-Politik möglich.15 Einigermaßen klar scheint zu sein, dass sich die Unsicherheiten bezüglich Investitionsentscheidungen insbe-

sondere im Umfeld zukünftiger Stranded Assets oder Inves-tments nicht reduzieren werden, da sich keine mittelfristige Politikstabilität über Wahlperioden hinaus einstellen wird. Vielmehr dürfte der Grad an Unsicherheit in der politischen Einschätzung der mittel- bis langfristigen Wirtschaftlichkeit von emissionsintensiven Strategien und Anlageobjekten ge-stiegen sein, während die wissenschaftliche Grundlage nach wie vor eindeutig ist.

15 Donald Trump hatte in seinem Wahlprogramm angekündigt, den Klimavertrag zu kündigen; nach seiner Wahl am 8.11. 2016 wurden diese Aussagen jedoch tendenziell zurückgenommen.

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Risikotypen Finanzielles RisikoReputationsrisiko

ExterneTreiber

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Abb. 3: Übersicht politischer und regulatorischer Initiativen

Die hier gebrachten Beispiele beziehen sich hauptsächlich auf den europäischen und G20-Kontext

* IORP II: überarbeitete Fassung der neuen IORP (Institutions for occupational retirement provision)-Richtlinie** PRIPS: Die EU-Richtlinie PRIPs (Packaged Retail Investment Products) soll die Vergleichbarkeit der Kosten von Fonds, Zertifikaten und kapitalbildenden Lebensversicherungen fördern

Quelle: WWF/The CO-Firm, 2016

G20-Präsidentschaft Deutschlands:

Green Finance & Carbon Risk

§173 franz.Energiewendegesetz

EUKapital-

marktunion

FinancialStability Board

Carbon Stress Tests

EU CSR-Richtlinie

Richtlinien;IORP II*, PRIPS**

Footprinting Divestment/Richtlinien

2° C-Ziel-setzungen

Bewertungphysische

Klimarisiken

Bewertung vonTransitionsrisiken

Pariser Klimaabkommen

EU IORP II*Directive

Klima-schutzplan

2050

Risikorelevanz und Anzahl der Initiativen steigt zunehmend in Richtung finanzieller RIsikoauswirkungen

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2.3 Emissionsbudgets haben Bedeutung für die Kapitalmärkte

Die Finanzmärkte sind in mehrfacher Hinsicht von Emissionsbudgets und der Transformation der Real-wirtschaft betroffen. Die Erfolgsaussichten und Risiko-profile einzelner Branchen ändern sich grundlegend. Zudem wachsen Erwartungshaltungen in der Politik und der Gesellschaft, dass die Finanzmärkte eine aktive Rolle bei der Erreichung der Klimaziele einnehmen möge. Kompetenzen hinsichtlich der Bewertung kli-mabedingter Risiken bilden die Basis zur Übernahme dieser aktiven Rolle.

Institutionelle Investoren und andere Akteure des Finanz- und Kapitalmarkts sehen sich als Konsequenz der Entwicklungen der Realwirtschaft neuen Herausforderungen gegenüber. Diese ergeben sich zum einen aus den sich verändernden Erfolgsaussichten investierbarer Branchen, und andererseits aus in Zukunft steigenden Anforderungen an den Kapital-markt selbst, da diesem eine Schlüsselrolle in der Erreichung der Zielvorstellungen zukommt.

Aktuelle Analysen, wie etwa die Global Risks Landscape im Rahmen des Global Risk Report des World Economic Forums (WEF), bestätigen die Bedeutung, die dem Klimawandel und seinen Effekten von globalen Entscheidungsträgern aus Politik, Wirtschaft und Finanzindustrie inzwischen beigemessen wird (s. Abbildung 4). Von den genannten Risiken stehen sehr viele direkt oder indirekt im Zusammenhang mit dem Klimawandel und seinen Konsequenzen oder können aus Veränderungen, getrieben durch die Vermeidung von Emissionen, entstehen (s. angedeutete Markierungen in Abbildung 4 für Zusammenhän-ge mit Klimawandel und Anstrengungen zu seiner Begrenzung).

Das neueste WEF-Umfrage-Panel bezieht sich speziell auf la-tente Risiken einer verzögerten Umsetzung von Klimazielen sowie deren Interdependenzen mit anderen Bereichen aus Wirtschaft und Politik. In den letzten drei Jahren haben sich aus Sicht des WEF-Panels diese Risiken deutlich akzentuiert. Sie zählen nun sowohl hinsichtlich ihrer Wahrscheinlichkeit als auch ihrer möglichen Auswirkungen zum Spitzenfeld la-tenter Bedrohungsszenarien für Wirtschaft, Umwelt und Po-litik. Auch mit Blick auf erwartete mittelfristige Entwicklun-gen stehen klimawandelbedingte Risiken an der Spitze der zu lösenden Herausforderungen (s. Abbildung 5).

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Abb. 4: Die Landkarte globaler Risiken, 2016

Quelle: World Economic Forum, „Global Risk Report” angepasst durch WWF/FERI, 2016

Wirtschaft

3.5 4.0 4.5 5.0 5.5

5.0

4.5

4.0

4.87Durchschnitt

Umwelt Geopolitik Gesellschaft Technik

Verbreitung infektiöser Krankheiten

Zusammenbruch kritischerIT-Infrastruktur

Deflation

Schwarzhandel

negative Konsequenzentechnischen Fortschritts

Versagen derStadtplanung

unsteuerbare Inflation

Massenvernichtungswaffen

Versagen kritischer Infrastruktur

Süßwasserkrisen

Massenmigration oder Flüchtingsbewegungen

Energiepreisschocks

Verlust an Biodiversität und Zusammenbruch kritischer Ökosysteme

Arbeitslosigkeit oder Unterbeschäftigung

Nahrungsmittelkrise

Terrorangriffe

Fiskalische Krise

Soziale Unruhen und InstabilitätBlase in Vermögenswerte

Umweltkatastrophen menschlichen Ursprungs

Staatenkollaps oder Stabilitätskrise

Extremwetterereignisse

Naturkatastrophen

Cyberattackenzwischenstaatliche Konflikte

4.76Durchschnitt

Versagen im Klimaschutz/Dekarbonisierungund bei Anpassungen an den Klimawandel

Versagen der Mechanismen in Finanzinstituten

und Finanzsystem

Versagen nationalerRegierungsstrukturen

Datendiebstahlund -betrug

7.0

dargestellter Bereich

7.01.0

Wahrscheinlichkeit

Effek

tstärke

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Konkrete Effekte ließen sich bereits für einzelne Branchen/Regionen an entsprechenden Aktienkursverlusten able-sen. Beispielhaft seien die Energieversorger in Deutschland (s. Abbildung 6a mit RWE und EON) oder die Kohleprodu-zenten in den USA hier angeführt (s. Abbildung 6b). Diese verloren in den letzten Jahren beispiellos an Wert, ausgelöst durch eine Verschlechterung der Wettbewerbsfähigkeit ihrer emissionsintensiven Geschäftsmodelle gegenüber emissi-onsarmen Wettbewerbern.

Die entsprechenden Wertminderungen, zumindest im Ver-gleich zur Entwicklung verfügbarer Alternativ-Investments, sind extrem und demonstrieren eindrücklich das disruptive

Potenzial der Carbon Risks für Unternehmen und Geschäfts-modelle, die „auf der falschen Seite der Straße stehen“.

Zugrundeliegende Effekte sind hierzulande der Ausbau erneuerbarer Energien, mit dem fossil gefeuerte Groß-kraftwerke strukturell kaum mehr vereinbar sein werden, sowie in den USA die „kostengünstige“ Förderung unkon-ventionellen Erdgases mit ihren Auswirkungen auf den Ab-satzmarkt für Kohle im Strommarkt der USA.16 Diese Ereig-nisse spiegeln sich in den Kursentwicklungen traditionell defensiver Werte wie den Energieversorgern und damit den Wertverlusten in Portfolios institutioneller und an-derer Investoren wider.

16 Die ökologische Sinnhaftigkeit von unkonventionellem Erdgas, Hydraulic Fracturing, u. ä. soll hier nicht bewertet werden. Allein der Effekt des Austausches eines emissionsintensiven Brennstoffs durch einen emissionsärmeren mit den Effekten für die emissionsintensivere Industriewertschöpfungskette sei hier angesprochen.

Abb. 5: Die fünf größten Risiken für die nächsten 18 Monate und 10 Jahre

Quelle: World Economic Forum, „Global Risk Report”, 2016

Massenmigration oder Flüchtingsbewegungen

Staatenkollaps oder Stabilitätskrise

Zwischenstaatliche Konflikte

Arbeitslosigkeit oder Unterbeschäftigung

Versagen nationaler Regierungsstrukturen

Für die nächsten 18 Monate

0% 10% 20% 30% 40% 60%50%

0% 10% 20% 30% 40% 60%50%

Süßwasserkrisen

Versagen im Klimaschutz/Dekarbonisierung und bei Anpassungen an den Klimawandel

Extremwetterereignisse

Nahrungsmittelkrise

Soziale Unruhen und Instabilität

Für die nächsten 10 Jahre

Wirtschaft Umwelt Geopolitik Gesellschaft

52.0%

27.9%

26.3%

26.0%

25.2%

39.8%

36.7%

26.5%

25.2%

23.3%

10

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120

100

80

60

40

20

010 11 12 13 14 15 16 17 18

Inde

x, 2

'201

3 =

100

Abb. 6a: Relative Entwicklung deutscher Versorger (2010-2016)

Quelle: FERI, Datenquelle Bloomberg, 2016

RWE vs. DAX EON vs. DAX

140

120

100

80

60

40

20

010 11 12 13 14 15 16 17 18

Inde

x, 2

'201

3 =

100

Abb. 6b: Relative Entwicklung des US Coal Index (2010-2016)

Quelle: FERI, Datenquelle Bloomberg, 2016

Dow Jones US Coal Index vs. S&P 500

Carbon Bubble und Dekarbonisierung

11

Ein zweiter, erst junger Aspekt der Relevanz für die Finanz-märkte ist das zunehmende politische Interesse, die (Risi-ko-)Implikationen einer Transformation der Realwirtschaft für das Finanzsystem und die Finanzwirtschaft zu verstehen. Dahinter steht die Frage, ob und wie die Finanzmarktstabi-lität und die Effizienz der Finanzmärkte beeinträchtigt sein könnten. Aktuell erarbeiten so zum Beispiel die G20-Staaten Analysen der im Finanzsystem vorhandenen klimabedingten Risiken, initiiert über das Financial Stability Board17 und die unter der chinesischen Präsidentschaft eingerichtete Green Finance Study Group.18 Diskutiert wird dort unter anderem der mögliche Anpassungsbedarf des Regulierungsrahmens für Banken und institutionelle Investoren.

Weitere Beispiele für regulatorische Aktivitäten, die direkt oder indirekt auf Investoren abzielen, sind Initiativen zur Offen- legung und Transparenz mit Portfolioinvestitionen verbun-dener CO2-Emissionen. Die Informationsbox unten gibt bei-spielhaft einen Überblick über den §173 des französischen Energiewendegesetzes, in dessen Rahmen die französische Regierung von institutionellen Investoren erstmals zum Ende 2016 einen Ausweis zum Ausmaß der Einhaltung französischer Klimaziele über Investitionsportfolios erwartet. In Schweden steht das Ministerium für das Finanzsystem zu „Dekarbonisie-rungsstrategien“ mit den staatsnahen Pensionsfonds in engem Austausch und bereitet einen Carbon Stress Test für Banken vor. In der Schweiz bestehen ähnliche Aktivitäten, und auch das deutsche Finanzministerium hat im Monatsbericht August 2016 Ergebnisse einer eigenen Analyse zu den Auswirkungen auf den deutschen Finanzmarkt veröffentlicht und weiteren Konkretisierungsbedarf angemeldet.19

IntegrationvonKlimarisikenindasfranzösische Energiewendegesetz20

Seit Mai 2015 sind institutionelle Investoren in Frankreich nach § 173 des Energiewendegesetzes dazu verpflichtet, Kennzahlen sowohl hinsichtlich ihrer Klimafreundlichkeit als auch der für sie bestehenden Klimarisiken zu berich-ten. Vom Berichtsjahr 2016 an müssen sie ein umfassen-des Reporting zu folgenden Punkten publizieren:

• den Integrationsgrad von Nachhaltigkeits-Krite-rien (ESG) im Allgemeinen und Klimakriterien im Speziellen in Investitionsrichtlinien

• die Treibhausgasemissionen ihrer Anlageportfolios• ihren Beitrag zur Erreichung internationaler und

französischer Klimaziele• ihre Anfälligkeit für klimabedingte finanzielle Risiken

Der Druck auf französische institutionelle Investoren, die Vermögenswerte im Wert von mehr als 2 Billionen € in ih-ren Portfolios halten, hat sich durch die Gesetzesinitiative massiv erhöht und setzt eine intensive Auseinanderset-zung mit klimabedingten Risiken nun zwingend voraus.

17 Siehe Textbox. Einen wichtigen Anstoß dafür gab Mark Carney, Chairman des FSB, mit seiner Rede, Breaking the tragedy of the horizon – climate change and financial stability, a.a.O.

18 Siehe Textbox19 Die Herausforderungen für Investoren werden ab Kapitel 4 ausführlich diskutiert.20 http://www.unepfi.org/fileadmin/documents/climate_strategies_metrics.pdf, S. 14.

Financial Stability Board: Das Financial Stability Board (FSB) ist ein globales Gremium, dem u.a. Vertreter von Finanzministerien, Zentralbanken und Aufsichtsbehörden der G20-Staaten, der Europäischen Kommission sowie Vertreter der internationalen Standardsetter und bedeutender Finanzinstitutionen (u.a. IWF, Weltbank, BIZ, EZB) angehören. Im FSB werden Themen von grundle-gender systemischer Bedeutung für die weltweite Finanzsystemstabilität diskutiert.

Green Finance Study Group: Die Green Finance Study Group ist eine Forschungs-gruppe im Rahmen der chinesischen G20 Präsidentschaft, unterstützt durch eine

Co-Trägerschaft der Bank of England, um institutionelle und marktseitige Barrieren für green finance zu identifizieren und Optionen zur Mobilisierung privaten Kapitals für grüne Investments abzuleiten.

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FERI Cognitive Finance Institute

2.4 Neubewertungsdruck durchKohlenstoffrisiken

Industrien und Geschäftsmodelle, die auf fossilen Brenn-stoffen beruhen, sehen sich zukünftig grundlegenden Ein-schränkungen gegenüber. Ein strikt eingehaltenes Emis-sionsbudget verbietet die Nutzung großer Teile heute als positive Vermögenswerte bilanzierter Rohstoffreserven.

Klimabedingte Wertveränderungsrisiken können untergliedert werden in physische Risiken (z. B. Schäden durch Extremwette-rereignisse, Anstieg des Meeresspiegels usw.) und Transitions-risiken, die sich aus dem erforderlichen Wandel des Unterneh-mens zur Dekarbonisierung der Geschäftsaktivitäten ergeben. Die wichtigsten Kategorien der Transitionsrisiken sind regulato-rische Risiken (z. B. Verbote emissionsintensiver Produktions- verfahren oder der Zulassung von Verbrennungsmotoren oder die Verpflichtung zur Teilnahme am Emissionshandel), techno-logische Risiken (z. B. Verlust an Wettbewerbsfähigkeit durch Auftreten neuer, emissionsarmer Substitute) und markt-basierte Risiken (z. B. Anstieg der Zahlungsbereitschaft für erneuerbare Energien und Elektromobilität).

Die nachfolgenden Ausführungen beziehen sich ausschließ-lich auf die genannten Transitionsrisiken.22

Wertveränderungsrisiken im Überblick

• Physische Risiken• Reputations-/rechtliche Risiken• Transitionsrisiken

– regulatorische Risiken– technologische Risiken– marktbasierte Risiken

Da in den Unternehmenswert auch Markenstärke und Re-putation zum Teil in bedeutendem Ausmaß eingehen, sind Reputationsrisiken eine weitere sehr relevante Risikokate-gorie. Zukünftig dürften rechtliche Risiken, die im Zusam-menhang mit dem Klimawandel auftreten können, ebenfalls nicht vernachlässigt werden (analog zu Klage- und Entschädi-gungsrisiken im Umfeld von Asbest oder Tabak).23

Ziel dieser Untersuchung ist nicht die Diskussion methodi-scher Bewertungsansätze für umfassende Risikokategorien. Die vorstehenden Überlegungen zu Risikokategorien lassen sich jedoch in konkrete Unternehmensbewertungen im Rah-men von Investmententscheidungen umsetzen. So kann ein Abgleich bestehender sowie geplanter Technikinfrastruktur in Sektoren mit den Anforderungen an eine < 2 Grad-Welt zei-gen, welche Anlagen in einem solchen Szenario entsprechend weiter nutzbar sind und welche Zusatzinvestitionen zur Anpas-sung adaptierbarer Anlagen an die gehobenen Anforderungen nötig werden. Ebenso ergibt dies eine Übersicht, welche Be-standsanlagen oder Planungen den zukünftigen Anforderun-gen womöglich nicht gerecht werden und in der Konsequenz stillgelegt werden müssen und damit als Stranded Assets zu betrachten sind.24 Verkürzte betriebliche Laufzeiten oder In-vestments in den klimagerechten Umbau von Anlagen beein-flussen den Wert der jeweiligen Anlage und damit den Unter-nehmenswert des Betreiberunternehmens.

Am Beispiel der Ölindustrie lässt sich noch ein weiterer Aspekt möglicher Bewertungsüberlegungen zu Kohlenstoffrisiken

21 http://www.bankofengland.co.uk/pra/Documents/supervision/activities/pradefra0915.pdf22 Physische Risiken sowie Reputations- und rechtliche Risiken werden von den nachfolgenden Betrachtungen ausge-

schlossen, da sie einerseits einer grundsätzlich anderen Modellierungslogik unterliegen (physische Risiken) oder aber, weil für sie bislang keine geeigneten Methodiken zu ihrer Quantifizierung vorliegen (Reputations-/rechtliche Risiken).

23 Zu dieser Klassifikation unterschiedlicher Risikoarten vgl. bereits Mark Carney, Breaking the tragedy of the horizon – climate change and financial stability, a.a.O.

24 Stillgelegte existierende Anlagen werden in diesem Kontext als „Stranded Assets“ bezeichnet, während die Stillegung in der Planung oder im Bau befindlicher Anlagen auch als „Stranded Investment“ bezeichnet wird.

Transitionsrisiken: Als Transitions- oder Transforma-tionsrisiken werden die Risiken für Geschäftsmodelle

verstanden, die sich aus der Dekarbonisierung und dem Übergang zu CO2-freien Wirtschaftsstrukturen ergeben. Stranded Assets sind z.B. eine Ausprägungs-

form von Transformationsrisiken. Der Begriff wurde 2015 durch die englische Finanzaufsicht eingeführt.21

Carbon Bubble und Dekarbonisierung

13

benennen. In der Ölbranche steigen die Kosten für die Erschlie-ßung neuer Ölquellen durch deren zunehmend unzugängli-chere Lagen an. Die Capex-Ausgaben25 zur Erschließung neuer Ölquellen sind 2005–2013 um 169%26 gestiegen, während die Förderung um 2% fiel. Der Kostendruck nimmt zu, weil die Un-ternehmen das Verhältnis von Reserven und Ressourcen auf

ähnlichem Niveau halten wollen. Dies war ein kritischer tradi-tioneller Bewertungsindikator. Eine < 2 Grad-Welt wird diese Logik auf den Kopf stellen, da das Emissionsbudget begrenzt ist. Heute, stark geprägt durch die Ölpreisentwicklungen, zeigt sich bereits, dass Investitionen in Ölförderung stärker denn je auf dem Prüfstand stehen (s. Abbildung 7).

Inwieweit sich tatsächlich Risiken im Sinne von Wertverlusten bei Unternehmen oder in Aktienportfolios realisieren werden, ist eine zentrale Frage für die Ableitung von Handlungsoptionen. Hierzu muss auch die noch sehr wenig strukturell analysierte Fra-ge nach der Planbarkeit und Steuerung des Umbaus von Bran-chen – im englischen Sprachgebrauch die Frage der „orderly or disorderly transition“ – diskutiert werden, die über einen Groß-teil der sich ergebenden Bewertungsimplikationen entscheiden wird.27 Unzweifelhaft ist jedoch, dass insbesondere emissionsin-

tensive Bereiche, wie die Branchen im Umfeld fossiler Brennstof-fe, durch den klimaschutzbedingten Transitionsprozess einen weitreichenden Wandel werden durchlaufen müssen. Diese werden daher nachfolgend detaillierter betrachtet.28

Wie erwähnt, werden die aktuellen politischen Ereignisse die hier vorhandene Unsicherheit aus Sicht von Investoren eher er-höhen. Nichtsdestotrotz müssen Investoren eine für sich selbst tragfähige und jederzeit handlungsbereite Position entwickeln.

25 Capex = Capital Expenditure (Investitionsausgaben) 26 http://www.standardlifeinvestments.com/WP_Stranded_Assets_White_Paper/getLatest.pdf, S. 8.27 Weitere erhebliche Unsicherheiten resultieren aus möglichen technologischen Veränderungen und Innovationen, speziell im

Bereich der technischen Behandlung von Emissionen. Die sogenannte „CCS“-Technik („Carbon Capture and Storage“) wird in diesem Kontext häufig als potentieller „Game Changer“ eingeschätzt. Seriöse Prognosen und Aussagen dazu sind allerdings derzeit kaum möglich. Vgl. dazu auch: OECD, Divestment and stranded assets in the low-carbon transition, a.a.O., S. 11, S. 21.

28 Vgl. OECD, Divestment and stranded assets in the low-carbon transition, a.a.O.

0%

-5%

-10%

-15%

-20%

-25%

-30%

-35%Größte

internationale Ölunternehmen

Rück

gäng

e (%

)

Staatliche Ölunternehmen

Unabhängige Unternehmen der

Öl-Förderung & Produktion sowie kleine integrierte

Unternehmen

US Unternehmen, Bereich leichtes

Heizöl

Insgesamt

-12%

-26%

-30%

-27%

-23%

Abb. 7: Rückgänge der CAPEX*-Verwendungen der Ölindustrie im Vergleich (2014-2015)

Quelle: HSBC Global Research, „Stranded Assets: What next?“, 2015

* CAPEX = Capital Expenditures (Investitionsausgaben für längerfristige Anlagegüter)

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3.1 SektorzuordnungundEingrenzung

Die fossilen Brennstoffe Kohle, Öl und Gas lassen sich in gängiger Abgrenzung kapitalmarkbasierten Indizes zuordnen und bestehen aus einer überschaubaren An-zahl an Unternehmen. Eine solche Analyse zeigt starke Ballungen von Rohstoffintensitäten an einzelnen Bör-senplätzen wie Moskau, London oder auch Mailand, aber auch Asymmetrien zwischen den Brennstoffen und verdeutlicht dabei die große Bedeutung von Öl. Insbesondere Unternehmen des Bereichs Ölförderung und -verarbeitung repräsentieren relevante Anteile der jeweiligen Sektorgewichtungen.

Entsprechend früherer Berechnungen der Carbon TrackerInitiative(CTI) wird der größte Teil der am Kapitalmarkt gelis-teten fossilen Brennstoffbranchen durch lediglich 200 Unter-nehmen repräsentiert. Diese weisen zum Zeitpunkt der Be-rechnung rund 27% der gesamten weltweit nachgewiesenen

Reserven fossiler Brennstoffe aus (also Öl, Gas und Kohle). Deren Verteilung ist jedoch höchst asymmetrisch: Die 200 Top-Unternehmen repräsentieren 20% der weltweiten Re-serven an Kohle, lediglich 10% der Reserven an Erdgas, aber über 60% der Vorräte an konventionell und unkonventionell gefördertem Erdöl.29

Diese starke Asymmetrie zwischen Öl, Kohle und Gas ist pri-mär auf geographische und politische Faktoren zurückzufüh-ren. So liegt ein Großteil der weltweiten Erdgas-Vorkommen in arabischen Staaten, wo auch die Eigentumsrechte sehr stark in staatlicher Hand konzentriert, also nicht am Kapital-markt notiert sind. Analog ist die Situation bei Kohle, mit ei-nem dominanten Anteil im Besitz des chinesischen Staates.30 Lediglich die Vorräte an Öl sind, oft aufgrund historischer Entwicklungen, deutlich breiter gestreut. Sie sind heute an Kapitalmärkten wie London, New York oder Moskau kon-zentriert und repräsentieren dort nennenswerte Anteile der jeweiligen Börsenkapitalisierung. Durch aktuelle technologische

29 Vgl. CTI, Unburnable Carbon – Are the world‘s financial markets carrying a carbon bubble?, 2011; sowie analog: CTI, Unburnable Carbon – Wasted capital and stranded assets, 2013.

30 Vgl. CTI, Unburnable Carbon – Wasted capital and stranded assets, 2013.

3 Die„fossilenBrennstoffbranchen“imFokus

Abb. 8: Vergleich der Indexintensität

Quelle: Carbon Tracker Initiative, „Unantastbarer Kohlenstoff 2013: Verschwendetes Kapital und verlorene Investitionen“, 2013

Indizes Aktuelle Reservenintensität des Index (GtCO2 / Billionen $ Marktkap.)

MICEX-Index (Moskau) 213,39

Allgemeiner Index Athener Börse 101,44

FTSE MIB INDEX (Italien) 40,89

FTSE 100 (London) 35,86

Budapester Börsenindex 29,95

Bovespa-Index Sao Paulo 24,55

Hang Seng Index Hongkong 24,16

Handelsindex der Wiener Börse 23,38

BSE Sensex 30 Index (Indien) 21,21

S&P/TSX Composite Index (Kanada) 19,59

Indizes Potentielle Reservenintensität des Index (GtCO2 / Billionen $ Marktkap.)

MICEX-Index (Moskau) 395,61

Allgemeiner Index Athener Börse 101,44

FTSE 100 (London) 90,65

FTSE MIB INDEX (Italien) 74,42

S&P/ASX 200 (Australien) 67,14

FTSE/JSE Africa All-Share-Index 49,73

Bovespa-Index Sao Paulo 47,89

Jakarta Stock Exchange Composite Index 47,78

Budapester Börsenindex 47,32

BSE Sensex 30 Index (Indien) 43,09

Carbon Bubble und Dekarbonisierung

15

Trends (Stichwort USA /„Fracking“31) sowie neuere politische Entwicklungen im Nahen Osten (Stichwort Saudi Arabien/ARAMCO32) werden sich diese Gewichte künftig weiter erhö-hen und gleichzeitig wohl auch regional verschieben.33 Speziell die aktuellen Entwicklungen in und um Saudi-Arabien, den weltgrößten Eigentümer von Ölreserven, entbehren dabei nicht eines gewissen Zynismus.34

Vorstehende Tabelle auf Basis von Berechnungen der Carbon Tracker Initiative zeigt, in welchen Ländern bzw. an welchen Kapitalmärkten die derzeit höchsten Bestände fossiler Brenn-stoffreserven konzentriert sind, jeweils dargestellt auf Basis der aktuellen sowie potenziellen CO2-Intensität und bezogen auf die Marktkapitalisierung des jeweiligen Börsenplatzes.35

Nicht ganz unerwartet nimmt die Börse Moskau dabei so-wohl für aktuelle Reserven als auch für noch hinzukommende Reserven einen Spitzenplatz ein, während auch London und Mailand eine sehr hohe CO2-Intensität aufweisen.

Nachfolgend wird diese sehr grobkörnige Betrachtung fokus-siert und anhand gängiger Kapitalmarkt-Indizes sowie zuge-höriger Sektor- und Branchen-Subindizes vertieft. Die hier hauptsächlich betrachteten Industrien und Sektoren sind dem Oberbegriff „Energie“ zuzuordnen. In gängiger Abgren-zung kapitalmarktbasierter Branchen- und Sektor-Indizes fallen darunter verschiedene Subsektoren, die – gemessen an ihren jeweiligen Kapitalmarktgewichten – von unterschiedlicher Bedeutung sind.

31 Fracking (auch Hydraulic Fracturing) ist ein technisches Verfahren zur Förderung von Erdgas und Schieferöl. 32 Der saudische Ölkonzern ARAMCO (Arabian-American Oil Company) ist die größte Erdölfördergesellschaft der Welt.

Der geplante Börsengang dürfte das mit Abstand größte IPO der Geschichte werden.33 So dürfte der geplante Börsengang der Saudi ARAMCO das Gewicht des Ölsektors innerhalb globaler Börsenindizes

künftig deutlich erhöhen. Der Börsenwert dieses saudischen Staatskonzerns wird auf rund 2 Bio. US-$ geschätzt; vgl. dazu: Saudi Arabia Says Aramco IPO on Track as It Weighs Best Approach, in: Bloomberg, 26.08.2016; Saudi-Arabia: We‘ll be ready for $ 2 Trillion IPO in 2018, in: CNN Money, 12.10.2016.

34 Die besondere Ironie des ARAMCO-Börsengangs liegt darin, dass der Vorgang durch das Ziel der saudischen Regierung motiviert sein soll, dem Land einen Weg in eine karbon-reduzierte Zukunft „weg vom Öl“ zu eröffnen. Das Zukunfts-risiko einer Carbon Bubble wird so, zumindest teilweise, von Saudi-Arabien an Investoren und Kapital-Sammelstellen weltweit „outgesourced“.

35 Vgl. CTI, Unburnable Carbon – Wasted capital and stranded assets, 2013.

Abb.9a:Sektorgewichtungen(inkl.Energie)diverserKapitalmärkte

Quelle: MSCI, 2016

Daten: 2016/10/31 MSCI USA MSCI CAN MSCI Europa MSCI UK MSCI EmMa

IT 21,9% 2,6% 4,3% 2,6% 23,6%

Finanzwesen 13,2% 40,8% 19,5% 19,4% 24,1%

Gesundheitswesen 13,8% 0,5% 12,9% 10,4% 2,5%

Nicht-Basiskonsumgüter 13,1% 4,9% 10,8% 10,3% 10,4%

Basiskonsumgüter 9,9% 4,8% 14,8% 15,7% 7,7%

Industrie 9,2% 7,3% 12,8% 9,6% 5,9%

Energie 7,0% 22,6% 7,1% 13,2% 7,7%

Versorgungsbetriebe 3,4% 1,9% 4,0% 4,1% 2,9%

Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe 3,0% 11,5% 8,1% 7,8% 6,6%

Telekommunikationsdienste 2,6% 2,4% 4,5% 4,7% 6,0%

Immobilien 3,1% 0,8% 1,4% 2,4% 2,6%

Summe 100,0% 100,0% 100,0% 100,0% 100,0%

16

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So repräsentiert der Bereich „Energie“, bezogen auf den MCSI USA Marktindex für Aktien, rund 7% der Gesamt-markt-Kapitalisierung. In anderen Ländern kann dieser An-teil jedoch auch deutlich höher sein (Vgl. Kanada/CAN bzw. Großbritannien/UK mit 22,6% bzw. 13,6%).

Innerhalb des Sektors „Energie“ sind weitere Subindizes hin-terlegt, die ein entsprechend engmaschigeres Abbild unter-schiedlicher Branchen und Subsektoren bieten. Auffällig an diesen Daten ist (am Beispiel der USA) der mit knapp 41% rela-tiv große Anteil der sogenannten integrierten Öl- und Gas-Un-ternehmen, die neben Förderung und Produktion auch noch Weiterverarbeitung, Raffinerie und Veredelung kohlenwasser-stoff-basierter Rohstoffe betreiben. Ein Anteil von immerhin über 26% des Subindex „Energie“ (wiederum in den USA) be-zieht sich auf Unternehmen mit Schwerpunkten in Exploration und Förderung von Öl und Gas. Nur ein sehr kleiner Anteil im Sub-Index „Energie“ bezieht sich noch direkt auf Kohle und de-ren Förderung. Nicht zuletzt anhand dieser Kennzahlen zeigt sich die bereits deutlich reduzierte Bedeutung oder anders ausgedrückt: die erhöhte Problematik des Rohstoffs Kohle im Rahmen einer zunehmend klimasensitiven Wirtschaft.36

Eine detaillierte Kenntnis solcher Industrie- und Sektor-Ge-wichtungen ist für jede weiterführende Analyse zum Thema Carbon Bubble und Stranded Assets von großer Bedeutung: Je nach Zugehörigkeit bestimmter Unternehmen oder Bran-chen zur Grob-Kategorie „Rohstoff-Besitz“ einerseits bzw. „Rohstoff-Verarbeitung“ andererseits, liegt das primäre Pro-blem – wiederum nur in sehr grober Betrachtung – entweder in einer möglichen Überbewertung/Abwertung vorhandener Rohstoff-Reserven oder in einer Erosion/Entwertung vor-handener industrieller Anlagen.37

Dennoch ist zu berücksichtigen, dass die so ermittelten Wer-te, je nach gewählter Index-Familie und deren jeweiligem Grad an Verbreitung und Akzeptanz an den Kapitalmärkten, auch erheblich streuen und variieren können. Erschwerend kommt hinzu, dass nicht immer eine klare und trennscharfe Zuordnung einzelner Unternehmen zu bestimmten Sektor- Subindizes möglich sein wird. Jede weiterführende, quantita-tive Herleitung möglicher Exponierungen zu den Risikofak-toren Carbon Bubble und Stranded Assets unterliegt somit Einschränkungen hinsichtlich ihrer tatsächlichen Erklärungs-güte und Tiefenschärfe.

36 An dieser Stelle sei darauf verwiesen, dass durch umfängliche Insolvenzen US-amerikanischer Kohleförderunternehmen diese nicht mehr in Indizes vertreten sind und dieses Problem sich sozusagen bilanziell verringert. Für andere Assetklassen ist die Risikosituation damit nicht verringert.

37 Vgl. dazu nachfolgend ausführlich, Kap. 3.3. und 3.4. sowie konkret in Kap. 6.2.

Abb.9b:Energie-SubsektorenundderenGewichtungen

Quelle: MSCI, 2016

Daten: 2016/10/31 MSCI USA Energie MSCI Europa Energie MSCI UK Energie

Integrierte Erdöl- und Ergasbetriebe 40,6% 94,1% 99,2%

Erdöl und Erdgas: Exploration und Produktion 26,5% 0,6%

Erdöl und Erdgas: Ausrüstung und Dienste 15,0% 3,6% 0,8%

Erdöl und Erdgas: Lagerung und Transport 8,3% 0,7%

Erdöl und Erdgas: Raffinierung und Vermarktung 7,8% 1,0%

Erdöl- und Ergasförderung 1,7%

Kohle und nicht erneuerbare Brennstoffe 0,2%

Summe 100,0% 100,0% 100,0%

Carbon Bubble und Dekarbonisierung

17

Anknüpfend an die Vorüberlegungen zu Strukturen und Emissionsbudgetanteilen fossiler Brennstoffbranchen lässt sich die unmittelbare Relevanz für Investmententscheidun-gen an der Ölbranche illustrieren. Die Verbrennung von Öl ist für aktuell etwa ein Drittel der globalen Emissionen ver-antwortlich.38 Der Großteil des Ölverbrauchs stammt aus dem Bereich Transport, der heute noch etwa 95% seiner Energie aus diesem Rohstoff bezieht.39 Unter der Annah-me, dass alle Branchen zukünftig ihre Emissionen zu etwa gleichen Anteilen reduzieren, stünde für die Verbrennung von Öl ein Budget von ca. 300 GtCO2 zur Verfügung. Eine weitere CTI-Analyse hat Vorkommen und Förderkosten in Ölfeldern ins Verhältnis zum notwendigen Ölpreis gesetzt. Zu stabilen Ölpreisen von etwa $60/Barrel40 lassen sich diese Volumina wirtschaftlich fördern, da entsprechende Felder bereits bekannt und erschlossen sind. Dies bedeutet auf der anderen Seite, dass alle Investments in die Erschlie-ßung neuer, förderkostenintensiver Ölquellen (z. B. Ölsande, arktische oder Tiefseebohrungen) unter Ausschluss nicht- wirtschaftlicher (z. B. politischer, strategischer etc.) Motive und Einflussgrößen – und bei einer Einhaltung des Emissions- budgets – nicht werden rentabel sein können. Im Rahmen des < 2 Grad-Emissionsbudgets werden diese überhaupt nicht förderbar sein. Letztlich zeichnet sich in den Ankün-digungen börsennotierter Unternehmen der Mineralöl-branche 2016 genau dieses Bild ab. Wie die Financial Times berichtete, wurden bis Anfang 2016 Explorationsvorhaben mit einem Volumen von mehr als $400 Milliarden gestoppt oder aufgehoben, da die Ölpreisprognose je nach Perspek-tive kurz- bis mittelfristig keinerlei wirtschaftliche Explora-tion zulässt.41

Auf dem Kohlemarkt zeichnen sich Veränderungen eben-falls deutlich ab. Im Vergleich zu Erdöl umfasst das < 2 Grad Celsius-kompatible Budget für Kohle 324 GtCO2 für den Zeit-raum ab 2013; die bekannten Kohlereserven würden bei voll-ständigem Verbrauch jedoch ca. 1800 GtCO2 freisetzen. Der globale Markt für Kraftwerkskohle ist dabei sicherlich von regionalen Phänomenen beeinflusst, allerdings im Grundsatz ein sehr ähnlich global funktionierender Markt wie der Mi-neralölmarkt, der sich ähnlichen Herausforderungen gegen-übersieht. In den USA unterliegen mittlerweile alle börsen-notierten Kohleförderunternehmen dem Gläubigerschutz, um sich neu aufzustellen.42

Neben regulatorischen Aktivitäten mit dem Ziel der Reduk-tion von Gesundheitsschäden haben weitere Motive oder Entwicklungen wie der Klimaschutz die Kohlenachfrage be-einflusst. In den OECD-Ländern hat sie nach Einschätzungen einzelner Analysten bereits ihren Höhepunkt erreicht und flacht seit einiger Zeit ab. Eine ähnliche Entwicklung wird auch für China, den größten Kohleproduzenten und mit ei-nem Marktanteil von etwa 50% auch größten Kohleverbrau-cher, in naher Zukunft erwartet.43 China selbst hat alle Ent-wicklungen neuer Kohleminen gestoppt und eine deutliche Reduzierung des Kohleverbrauchs angekündigt.44

Diese allgemeinen Kurzeindrücke zu den zwei noch undiffe- renziert beschriebenen Branchen Kohle und Öl sollen im Weiteren, insbesondere in ihrer Bedeutung für Investoren und Kapitalmärkte, detaillierter dargestellt werden. Dabei konzentrieren wir uns auf die Branchen Öl, Kohle, Gas und Energieerzeugung aus fossilen Brennstoffen.

38 https://www.iea.org/publications/freepublications/publication/CO2EmissionsFromFuelCombustionHighlights2015.pdf39 http://www.businessgreen.com/digital_assets/8779/hsbc_Stranded_assets_what_next.pdf, S. 5.40 CTI, Oil report, S. 9.41 Financial Times, „Oil majors ‚ business model under increasing pressure”, 14.02.2016.42 CTI, 2015: https://www.carbontracker.org/wp-content/uploads/2015/03/US-coal-designed-Web.pdf43 http://www.standardlifeinvestments.com/WP_Stranded_Assets_White_Paper/getLatest.pdf, S. 5.44 http://www.bloomberg.com/news/articles/2015-12-30/china-to-suspend-new-coal-mine-approvals-amid-pollution-fight

18

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3.2 Bedeutung in globalen Märkten, Indizes und Asset Classes

Das Carbon Bubble-Risiko verteilt sich ungleich an den internationalen Marktplätzen. London und Mailand sind in Europa besonders exponiert. In klassischen Analysen und Anlagestrategien sind diese Risiken noch nicht umfassend integriert. Investoren sollten deswe-gen mögliche Auswirkungen auf die Bewertung börsen-notierter Unternehmen verstehen, aktuelle regulatori-sche Schritte eng verfolgen und eigene Verfahren zur Risikoabschätzung entwickeln.

Die hier speziell als problematisch adressierten Branchen und Sektoren, also primär die Bereiche Öl, Gas und Kohleför-derung, sind in einzelnen Segmenten der Kapitalmärkte von unterschiedlich hoher Relevanz. Je nach Ausrichtung einer

rohstoffreichen Volkswirtschaft (Beispiel Russland) oder ei-nes international orientierten Kapitalmarktes (Beispiel Groß-britannien) können diese Sektoren signifikante Anteile und Gewichtungen aufweisen, wie in Abbildung 10 dargestellt.

Wie die statistische Auswertung gängiger Kapitalmarkt- Indizes zeigt, können je nach Land (sowie je nach zugrund-liegendem Index) signifikante Anteile der entsprechenden Marktkapitalisierung in Industrien liegen, die von den Risiko- faktoren Carbon Bubble und Stranded Assets potenziell – und im Zweifel unmittelbar – betroffen sind.

Die nachfolgende Matrix (s. Abbildung 11) auf Basis der Index-Daten von MSCI stellt insbesondere das „Carbon Exposure“ der Kapitalmärkte rohstoffabhängiger Schwellen- länder (Russland, Brasilien, China) dar. Innerhalb der eta-blierten Märkte, speziell der G7, lassen sich deutliche

Abb. 10: GtCO2 der aktuell an den Weltbörsen notierten Kohle-, Öl- und Gasreserven

Gesamt CO2 Reserven

CO2 in Kohle (Reserven)

CO2 in Gas (P1)

CO2 in Öl (P1)

Quelle: Carbon Tracker Initiative, „Unantastbarer Kohlenstoff 2013: Verschwendetes Kapital und verlorene Investitionen“, 2013

(Nur Anzeige der 12 Spitzen-Börsen mit höchster Exponierung)

Toronto33

New York215

Paris20

London113

Sao Paulo30 Johannesburg

13

Indien National12

Australien26

Tokyo13

Shanghai41

Hongkong60

Moskau144

146

53

89

25

16

26

102

2

1

0,5

11

1

33

4

11

3

43

1323

10

3

36

49

512

10

2,5

40

49

Carbon Bubble und Dekarbonisierung

19

Schwerpunkte in Ländern wie Großbritannien und Kanada feststellen. Daneben weisen aber auch Länder wie Italien und die USA nennenswerte Gewichtungen im Energiebe-reich auf.45

Trotz nennenswerter Offshore-Ölförderung in der Nordsee fungiert Großbritannien in dieser Analyse weniger als „Roh-stoffland“, sondern primär als Sitz und globaler Handelsplatz zahlreicher international tätiger Rohstoff-Konzerne (speziell BP, Royal Dutch Shell, BHP). Diese Besonderheit erklärt das auffällig hohe Gewicht des Energiesektors am britischen Ka-pitalmarkt. Italien weist dagegen einen überdurchschnittlich hohen Anteil staatlich kontrollierter Energieunternehmen auf (ENI), die auch außerhalb Italiens in vielen ölreichen Ländern aktive Förderlizenzen unterhalten. Hingegen sind Länder wie Kanada und die USA zuletzt vermehrt im Be-reich einer binnenwirtschaftlichen Öl- und Gasproduktion anzusiedeln; Hintergrund dafür ist eine in den letzten Jahren wachsende Förderung aus Schiefergestein und Teersand, was einen deutlichen Zuwachs der in diesen Bereichen aktiven Unternehmen ausgelöst hat.

Hierbei ist Folgendes von Bedeutung: Entsprechend der in Kapitel 3.1. bereits dargestellten Abgrenzung beziehen sich die oben ausgewiesenen Anteile jeweils nur auf den

MSCI-Energiesektor, der sich wiederum aus heterogenen und unterschiedlich stark vertretenen Subsektoren zusam-mensetzt. Das tatsächliche Profil, also die industrielle Aus-richtung und Zugehörigkeit solcher Index-Gewichte kann somit erheblich variieren. Trotz dieser Einschränkungen, und der hieraus resultierenden Unmöglichkeit exakter Zuordnungen, geben die so ermittelten Daten zumindest eine Indikation für das mögliche Carbon Bubble-Risikopo-tential, das in bestimmten Kapitalmärkten implizit hinter-legt sein könnte.46

Andere Berechnungsweisen gehen oft auch von einer „Bot-tom Up“-Betrachtung aus. So wird etwa im Rahmen von „Carbon Footprint“-Analysen versucht, das CO2-Emissi-ons- und Belastungspotenzial einzelner Unternehmen und Geschäftsmodelle zu bewerten. Durch Aggregation solcher Analysen auf Markt- oder Sektoren-Ebene lassen sich so prinzipiell ebenfalls Aussagen zur CO2-Intensität bestimmter Kapitalmärkte treffen.47

Vielfach werden jedoch Investitionen an den Kapitalmärkten getätigt, ohne dass die oben genannten Daten und Zusam-menhänge bekannt sind oder zuvor klar analysiert wurden. Speziell die Veranlagung von Portfolios – sowohl institutionell als auch privat – in Form passiver Investments repräsentiert

45 Die hier ermittelten Werte korrespondieren prinzipiell zu den von CTI errechneten Daten für die „Reserven-Intensität“ einzelner Länder und Börsenplätze; vgl. dazu bereits oben, Abbildung 8.

46 Als weitere Einschränkung kommt hinzu, dass selbst Unternehmen mit relativ klarer Zuordnung zum Energiebereich oftmals nur anteilig in öl-, gas- oder kohlebasierten Geschäftsmodellen tätig sind. Das tatsächliche Carbon Bubble- Risikopotential könnte deshalb im Einzelfall auch überschätzt werden.

47 Vgl. dazu exemplarisch die Footprint Analyse der Schweizer Globalance Bank, die dabei jedoch auch andere Nachhaltigkeits-Aspekte mit einbezieht; https://footprint.globalance-bank.com

Abb.11:GewichtungdesEnergiesektorsindiversenAktienmärkten(sowieentsprechendesGewichtimWelt-AktienIndex)

Quelle: MSCI, 2016

Stand 2016/10/31 USA CAN JAP GBR ITA EmMa RUS BRA CHN

Energiesektoranteil am Länder-MSCI Index 7,0% 22,6% 0,8% 13,2% 20,7% 7,7% 57,4% 14,3% 5,4%

Marktgewicht am MSCI Welt (AC) 52,6% 3,2% 8,2% 5,9% 0,7% 11,2% 0,4% 0,9% 2,9%

Energiesektoranteil am MSCI Welt (AC) 3,6% 0,7% 0,1% 0,8% 0,1% 1,1% 0,2% 0,1% 0,2%

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dabei ein latentes Risiko: Passiv ausgerichtete Portfolios und Vermögensstrukturen, darunter auch der stark wachsende Bereich indexnaher Investmentfonds, der sogenannten ETFs (Exchange Traded Funds)48, implizieren eine Beteiligung an marktbreiten Indizes ohne nähere Analyse oder gar bewusste Selektion der zugrundeliegenden Sektorgewichtungen (es sei denn, ein ETF wurde explizit auf einen CO2-optimierten Index aufgelegt; solche CO2-optimierten ETFs werden wohl zunehmend an Bedeutung gewinnen).

Einerseits ist dieses Problem vielen privaten und institutionel-len Investoren noch gar nicht wirklich bekannt. Dies impliziert das Risiko eines unbewussten Eingehens klimainduzierter Bewertungs-, Umwelt und Reputations-Risiken. Derartige Risiken würde ein Investor bei bewusster Anlageselektion ent-weder vermeiden und gezielt ausschließen. Alternativ würde er dafür eine deutlich höhere Risikoprämie fordern oder eine bewusste Hedgingstrategie implementieren. Somit liegen aus Sicht eines Investors die Hauptprobleme im Umgang mit den Themen Carbon Bubble und Stranded Assets in:

a) mangelnder Kenntnis und geringem Informationsstand zum generellen Sachverhalt

b) unvollständiger Information zu Härte und Zeitpunkt regulatorischer Maßnahmen

c) unvollständigen Daten, speziell bezogen auf Transitions-pläne der Unternehmen

d) geringer Transparenz zu Ausmaß, Relevanz und Bewer-tung relevanter Risiken

e) unbewusster Übernahme klimainduzierter Risiken über passive Investment-Strukturen

f) komplexer Berechnung einer problemadäquaten Risiko-prämie (abhängig von g, h)

g) schwieriger Abschätzung von Umfang und Zeitpunkt des mutmaßlichen Risiko-Eintritts

h) unklarer „Dekarbonisierungs-Sequenz“ (zeitliche Abfolge, Transitionspläne etc.).

Dieser kurze Überblick zeigt, dass Investoren und Vermö-gensinhaber vor dem Hintergrund des Klimawandels, daraus abgeleiteter politischer und regulatorischer Maßnahmen sowie deren Rückwirkung auf die Bewertung verschiedener „Assets“ und „Zukunftswerte“ an den Kapitalmärkten großen Herausforderungen gegenüberstehen. Völlig neue Risiko- arten und Risikoauslöser, die in diesem Kontext vereinfa-chend als „Carbon Risks“ bezeichnet werden, erfordern einen klaren Blick auf das Problem sowie große Offenheit beim individuellen Umgang mit möglichen Formen der Materiali-sierung dieser Risiken.

Vor diesem Hintergrund sollten Investoren an den Kapital-märkten

• die Stichworte „Carbon Bubble“ und „Stranded Assets“ inhaltlich genau kennen

• deren mögliche Auswirkungen auf die Bewertung börsen- notierter Unternehmen verstehen

• den laufenden Diskussionsstand um aktuelle regulatori-sche Schritte eng verfolgen

• eigene Verfahren zur Abschätzung möglicher Problem- dimensionen entwickeln.

48 Siehe Textbox

ETF (Exchange Traded Funds): ETFs sind Invest-mentfonds und andere börsennotierte Anlage-vehikel, die in der Regel eine „passive“, also sehr nahe an marktgängigen Indizes orientierte Anlage-struktur aufweisen. Aufgrund ihrer Kostenvorteile

werden ETFs sowohl von privaten als auch instituti-onellen Investoren verstärkt eingesetzt.

Carbon Bubble und Dekarbonisierung

21

3.3 Wertveränderungsrisiken beifossilenBrennstoffen

Bisherige Analysen beschreiben und quantifizieren die sogenannte „Carbon Bubble“ als Wertberichti-gungsbedarf in globalen Aktienmärkten. Damit ein-her gehen Betrachtungen zu sogenannten „Stranded Assets und Investments“, insbesondere für die Bran-chen der fossilen Brennstoffe. Mehr als zwei Drittel der heute noch als Vermögenswerte bilanzierten Brennstoffreserven werden bei Einhaltung der poli-tischen Zielrichtung nicht verwertbar sein und damit einer Bewertungskorrektur ausgesetzt sein. Die Ent-wertung von Anlagevermögen bei „Stranded Assets und Investments“ käme als weiterer Abschreibungs-bedarf noch hinzu.

Wie bereits eingeführt, formulierte die Carbon Tracker Initiative klimawissenschaftliche Modellrechnungen zum verbleibenden Emissionsbudget. Von 2013 an bis 2050 verbleiben nach diesen Analysen weltweit lediglich noch etwa 900 GtCO2, weitere 75 GtCO2 bis Ende des Jahrhun-derts. Dieses Budget errechnet sich unter der Annahme einer mindestens 80%igen Chance zur Begrenzung der Er-derwärmung auf < 2 Grad Celsius. Es stehen 2860 GtCO2 generell zur Verfügung, davon 1540 GtCO2 in Bilanzen bör-sennotierter Unternehmen fossiler Brennstoffbranchen. Diese heute noch als Vermögenswerte bilanzierten und testierten Reserven sind mit dem so ermittelten Emissi-onsbudget jedoch nicht vereinbar.

Das Stichwort Carbon Bubble impliziert dann unmittel-bar: Börsennotierte Unternehmen, deren Marktkapita-lisierung ganz oder teilweise vom Umfang, speziell aber der zukünftigen Werthaltigkeit (also der Hebung und der kommerziellen Verwertbarkeit) fossiler Brennstoff-Reser-

ven abhängt, tragen ein latentes, bisher noch nicht hinrei-chend quantifiziertes Risiko einer möglichen Neubewer-tung (Abwertung) in der näheren Zukunft.49 Implizit tragen dieses Risiko bereits heute alle diejenigen Investoren, die direkt oder indirekt Anteile an derartigen Geschäftsmo-dellen halten. Die Tragweite des Risikos wird sofort be-wusst, wenn neben individuellen Investoren auch noch die Vielzahl der Versicherungen, Pensionsfonds und anderen Kapitalsammelstellen berücksichtigt wird, die über index-nahe Anlagestrukturen oftmals unbewusst und in großem Umfang in entsprechenden Sektoren des Kapitalmarktes investiert sind.

Zusätzlich risikoverschärfend ist das Problem der Stranded Assets zu sehen: Neben einer möglichen Abwertung vorhan-dener Lagerstätten, Reserven und Vorräte fossiler Brennstof-fe, die wohl nur eine überschaubare Anzahl von Unterneh-men direkt betreffen dürfte, muss die mögliche Entwertung – bis hin zur späteren Redundanz – bestehender industrieller Infrastrukturen, Produktionsanlagen, Technologien, Patente und Markenwerte berücksichtigt werden. Es ist unmittelbar klar, dass dieser Aspekt für Investoren potenziell eine sehr viel größere Tragweite und Sprengkraft entfalten kann. Es ist ebenfalls klar, dass die potenzielle Reichweite dieses Problems sich weit über die unmittelbar angesprochenen Unternehmen und Industrien des Energiesektors erstreckt. Auch die Produktionsanlagen und andere Aktiva einer Alu-miniumfabrik, eines Automobilherstellers oder eines Trans-portunternehmens wären vom Risiko des „Asset Stranding“ betroffen, sofern diese heute noch einen engen Bezug zur „Carbon World“ hätten.50

In den folgenden Analysen werden die Zusammenhänge spe-ziell mit Blick auf die fossilen Brennstoffbranchen vertieft und deren Bedeutung für Märkte, Investoren sowie Investmen-tentscheidungen stärker beleuchtet.

49 Speziell dieses Risiko wird im weiteren Verlauf auch vereinfachend als „Carbon Risk“ bezeichnet.50 Diese Problemstellung ist erkennbar unendlich und kann an dieser Stelle nicht abschließend behandelt werden.

Dennoch ist davon auszugehen, dass derartige „Zweit- und Drittrunden-Effekte“ in Zukunft noch zu erheblichen Diskussionen und entsprechenden Risikowahrnehmungen führen werden.

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51 Die Zusammensetzung des fiktiven Portfolios ist vereinfacht, entspricht jedoch praktischen Erfahrungen; sie kann für den vorliegenden Zweck als typische Asset-Allokation vieler institutioneller Kapitalanleger vom Typus: Pensionsvermögen oder Versorgungswerk interpretiert werden.

3.4 Auswirkungen auf ein institutionellesReferenzportfolio

Ein typisches institutionelles Portfolio unterliegt bei Si-mulation möglicher Abwertungsszenarien einem nicht unerheblichen Performancerisiko. In Szenario A)(ein-malig, relativ schnelle Abwertung) ergibt sich einma-lig ein Abwertungseffekt auf das Portfolio in Höhe von knapp -1%. Für Szenario B) (Verteilung der Effekte auf drei Jahre) resultieren mit einem negativen Wertbei-trag von rund -0,45% pro Jahr wahrnehmbare Wertver-luste, die über drei Jahre hinweg einen Gesamteffekt von -1,35% erreichen.

Ursachen, Struktur und potenzielle Relevanz der „Carbon Ris-ks“ für Investoren wurden in den vorangegangenen Ausfüh-rungen bereits verdeutlicht. Um die Bedeutung des Problems aus Sicht eines typischen institutionellen Investors zu konkre-tisieren, wird in nachfolgender Simulation ein repräsentati-ves Beispiel durchgerechnet.51

Die Simulation geht von folgenden Parametern aus:

A) Portfolio-Allokation• 30% Aktienquote • 50% Rentenquote (davon 25% EMU-Staatsanleihen) • 15% Immobilienquote • 5% nicht-traditionelle/illiquide Anlagen

B) Umsetzung Die Aktienquote sei im Verhältnis 1/3 zu 2/3 zwischen

Schwellenländern (10%) und Industrieländern (20%) aufge-teilt. Die Verteilung der Industrieländer-Quoten sei zur Hälfte in Europa (10%) und zur Hälfte in „Rest der Welt“ (10%). Die Anlagephilosophie sei „passiv“, Aktienquoten werden also indexnah über ETF‘s oder passive Mandate umgesetzt.

C) Renditeerfordernisse und Renditeerwartungen Auf Basis dieser Anlagestruktur habe das Portfolio laufen-

de Zinseinnahmen in Höhe von 1,5% (entspricht aktuell 3% Zinsertrag auf den vorhandenen Rentenbestand des Port-folios; Tendenz jedoch abnehmend), sowie eine Gesamt- Performanceerwartung in Höhe von rund 3,5% per annum.

Carbon Bubble und Dekarbonisierung

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Abb.12b:RiskExposureAktien,bezogenauf„CarbonBubble“

Quelle: FERI, 2016

Simulations-Portfolio Energie-Sektor („Carbon Bubble“)

Aktien-Allokation Quoten Gewicht Exposure Abwertung Impact

Developed Markets 20%

Europa 10% 7,1% 0,7% 40% 0,3%

Rest der Welt 10% 6,2% 0,6% 40% 0,2%

Emerging Markets 10% 7,7% 0,8% 50% 0,4%

Gesamt 30% 2,1% 0,9%

Abb. 12a: Simulations-Portfolio aus Sicht eines typischen institutionellen Investors

Quelle: FERI, 2016

Sonstige5%

Immobilien15%

Renten50%

Developed Markets

20%

Emerging Markets

10%Aktien 30%

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Auf dieser Basis werden zwei Szenarien durchgespielt, mit denen der Eintritt des Carbon Bubble-Risikos, also dessen plötzliches oder verzögertes Einpreisen am Markt, simuliert wird:

In Szenario A) wird unterstellt, dass eine unmittelbare, einmalige und relativ schnelle Abwertung der im Bereich „Energie“ investierten Titel in Höhe von -40% (Industrieländer) bzw. -50% (Schwellenländer) eintritt.53

Szenario B) geht hingegen von einem sequenziellen Verlauf des Risiko-Eintritts aus, linear über drei Jahre verteilt, jedoch dann mit einem erhöhten Wertverlust-Szenario in Höhe von kumuliert 60% (Industrieländer) bzw. 75% (Schwellenländer).54

Für Szenario A) ergibt sich daraus einmalig ein negativer Bewertungseffekt auf das Pensionsvermögen in Höhe von knapp -1%. Dieser Abwertungsverlust ist zwar für ein institutionelles Portfolio nicht existentiell. Dennoch erscheint das Verlustrisiko im heutigen Umfeld extrem niedriger Renditen (in der Größenordnung von unter 1% für europäische Staatsanleihen) durchaus signifikant; es könnte damit im Beispiel-Portfolio den Wert der jährlich realisierbaren Zins- erträge deutlich erodieren.

Auch in Szenario B) kommt es mit einem negativen Wertbeitrag von rund -0,45% pro Jahr zu wahrnehmbaren Wert-verlusten, die über drei Jahre hinweg immerhin einen Gesamteffekt von -1,35% erreichen.55 Die unterstellten negativen Wertbeiträge aus der „Carbon Bubble“-Problematik können somit den künftig erwarteten Zinsertrag des Portfolios (somit auch dessen Gesamtrendite) erheblich reduzieren und die langfristige Wertentwicklung deutlich belasten.

52 Zu Aufbau und Systematik der MSCI-Index-Familien vgl. ausführlich: https://www.msci.com/indexes 53 Diese Annahmen zur möglichen Wertkorrektur sind kompatibel zu den Ausführungen bei CTI, Unburnable Carbon –

Wasted capital and stranded assets, 2013, S. 33, analog auch die unterstellten Bewertungsrisiken in der Studie von HSBC, Keeping it cool – Oil, CO2 and the carbon budget, 2015. Sie sind jedoch im Vergleich zu bereits realisierten Wertminde-rungen in ähnlich gelagerten Fällen vergleichsweise konservativ (vgl. dazu die Grafiken unter Kapitel 2.3, mit deutlich höheren – absoluten und relativen – Wertvernichtungen). Die höhere Verlust-Annahme für Anlagen in Schwellenländern reflektiert die typischerweise höhere Exponierung dort notierter Unternehmen in umweltbelastenden und emissions- intensiven Energie-Sektoren. Als weitere Faktoren kommen die in der Regel geringere Transparenz und Liquidität solcher Unternehmen hinzu, was im Risikofall eine stärkere Marktreaktion (Abwertung) implizieren würde.

54 Dieser Verlauf wäre dann zu erwarten, wenn sich das Carbon Bubble-Problem erst nach und nach als bewertungsre-levant am Kapitalmarkt niederschlagen würde. Verglichen mit ähnlichen Episoden und Szenarien der Vergangenheit (vgl. etwa die globale Abstrafung von Uran-Minen oder die Neubewertung der Hersteller „alter“ Mobiltelefone wie Nokia und Blackberry) ist auch ein solcher Verlauf nicht unrealistisch.

55 Bei dieser sequenziellen Berechnung wurde selbstverständlich unterstellt, dass die jeweilige Exponierung des Portfolios in betroffenen Risikosektoren als Folge der Abwertungen tendenziell abnimmt und nicht etwa durch entsprechende Zukäufe („Rebalancing“) wieder kompensiert wird.

Da die Ausrichtung der Aktienquote annahmegemäß passiv erfolgt, wird eine Orientierung analog zu gängigen Länder-, Regionen- und Branchenindizes gemäß MSCI unterstellt.52

Hieraus resultiert implizit eine passive Investition im Energiesek-tor in Höhe von rund 2% des gesamten Portfolios, davon rund 1,3% in Industrieländern und 0,8% in Schwellenländern.

Carbon Bubble und Dekarbonisierung

25

Somit ist als Fazit festzuhalten: Das Problem der Carbon Bubble, also die unterstellte Marktreaktion auf die mögliche Überbewertung entsprechend risikobehafteter Unternehmen, induziert in der Beispiel-Simulation einen erheblichen nega-tiven Wertbeitrag („negativeimpact“) für das Referenz-Port-folio. Da annahmegemäß die Risiken im Rahmen einer „pas-siven“ Investment-Struktur liegen, deren Grundelemente (Sektoren / Branchen) nicht ohne weiteres veränderbar sind, hätte das Problem eine durchaus ernsthafte Durchschlagkraft für betroffene Investoren oder treuhänderische Verwalter.

Folgende weiterführende Gedanken sind noch angebracht: Sofern im oben zugrunde gelegten Beispiel die Aktienquote anders strukturiert wäre, etwa auf Seiten der „Developed Markets“ mit einem deutlichen Übergewicht in den Märkten Kanada, Italien und Großbritannien sowie auf Seiten der „Emerging Markets“ mit einem deutlichen Übergewicht in Russland, so würde das negative Ergebnis der Simulationen sehr deutlich – um den Faktor 2 oder mehr – ansteigen.56

Eine weitere Variation der Szenarien, etwa hin zu höheren Aktienquoten (z. B. 50%) oder einer veränderten Risiko-neigung (z. B. Anteil Schwellenländer 50% der Aktienquote) lässt sich auf dieser Basis leicht durchspielen. Bei höherer Vermögensallokation in Aktien steigen die potenziell negati-ven Wertbeiträge entsprechend deutlich an. Diese alternati-ven Szenarien betreffen primär solche Investoren, die nicht an das eher konservative Allokationsprofil einer Pensionskasse oder eines Versorgungswerks gebunden sind, also etwa Family Offices und andere langfristig agierende, geringer regulierte Kapitalanleger.57

Bereits diese einfachen Beispiele zeigen, dass die diskutierten Probleme aus Sicht strategischer Investoren eine angemessene Beachtung verdienen. Wird darüber hinaus noch unterstellt,

dass zusätzlich zum Einpreisen des Carbon Bubble-Problems auch eine Neubewertung latenter Stranded Asset-Risiken am Markt eintritt (eine Annahme, die durchaus plausibel er-scheint) so würden mögliche Abwertungseffekte sich auf deut-lich mehr Unternehmen und Sektoren und folglich auch auf deutlich höhere Portfolio-Anteile erstrecken. Die negativen Wertbeiträge für ein privates oder institutionelles Anlageport-folio könnten sich aufgrund solcher „Zweitrunden-Effekte“ entsprechend kumulieren und konzentrieren.

Dennoch ist es wichtig, an dieser Stelle nochmals deutlich auf den modellhaften und rein indikativen Charakter der hier vorgestellten Simulationen hinzuweisen. Reale Ereignisse und Entwicklungen können selbstverständlich deutlich von den hier ermittelten Szenariowerten abweichen.58 Investo-ren sollten deshalb stets eine eingehende und unabhängige Prüfung ihrer individuellen Annahmen, problembezogenen Szenarioerwartungen und – daraus resultierend – möglichen Portfoliorisiken vornehmen.

Grundsätzlich kommt noch ein weiterer Punkt hinzu: Die tatsächlichen Ausprägungen des Problemkreises „Dekarbo-nisierung“ (der über das hier betrachtete Thema Carbon Bubble deutlich hinausgeht) sind heute noch nicht annähernd trans-parent. So ist etwa die Frage, inwieweit die Kosten einer Dekarbonisierungspolitik (also einer aktiven Transformation der Wirtschaft in Richtung ressourceneffizienter und klima-neutraler Prozesse) von betroffenen Unternehmen selbst zu tragen sind oder alternativ an Kunden und Verbraucher „durchgereicht“, also quasi sozialisiert werden können, von ganz zentraler Bedeutung für zukünftig denkbare Belastun-gen des Unternehmenssektors.59 Sollte sich hier künftig ein Modell analog zur deutschen Energiewende etablieren, so wären die tatsächlichen Kosten der Dekarbonisierung für Unternehmen geringer als befürchtet.60

56 Eine entsprechende Variation (4% in Kanada, 4% in Italien, 3% in Großbritannien und 5% in Russland) führt im Szenario 1 bereits zu einem negativen Wertbeitrag in Höhe von -2,9%. Das Problem: Ein stark an „Value“-Kriterien orientierter Investor könnte ein solches modifiziertes Portfolio durchaus in Betracht ziehen, damit aber ungewollt sehr hohe Carbon Risks im Portfolio halten.

57 Auch hier ergeben sich relativ schnell rechnerische Verlustpotenziale in der Größenordnung von -2- bis -3%. 58 Diese Einschränkung gilt jedoch im vorliegenden Fall in beide Richtungen. 59 Wichtig: Derartige laufende Kosten eines Umbaus der Wirtschaft (Transformation) sind nicht zu verwechseln mit den

eher einmaligen Effekten einer Neubewertung am Kapitalmarkt aufgrund des „Carbon Bubble“-Phänomens. Letztere sind in der Regel nicht sozialisierbar und verbleiben mit hoher Wahrscheinlichkeit bei den Investoren am Kapitalmarkt.

60 Vorläufige Schätzungen im Rahmen einer ersten Studie im Auftrag des Bundesfinanzministeriums nennen hierfür Beträge in Höhe von 262 bis 655 Mrd. Euro, vgl. BMF, Monatsbericht August, 2016, S.17.

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Dennoch verdient auch dieser Aspekt bis auf Weiteres die volle Aufmerksamkeit strategisch denkender Investoren. Das künftige Risikoprofil von Unternehmen, Branchen oder Sek-toren, die nicht direkt mit dem Problemkreis der Carbon Bub-ble verflochten sind, hängt aus Sicht eines Investors davon

entscheidend ab. Zur Verdeutlichung der unterschiedlichen Faktoren und Trends, die im hier diskutierten Kontext aus Sicht von Investoren als negative Werttreiber zu verstehen, zu analysieren und zu berücksichtigen sind, dient nachfolgen-de grafische Darstellung:61

61 Die Grafik ist lediglich als Darstellung grundlegender Charakteristika zu verstehen und erhebt keinen Anspruch auf exakte Zuordnung oder Abgrenzung. Die angedeutete Größe der drei „Problemkreise“ korreliert jedoch mit Umfang, Tragweite und mutmaßlicher finanzieller Dimension der drei Themenfelder.

lauf

end

einm

alig

Art der Belastung „Kosten“„Entwertung“

Sequ

enz

der

Bela

stun

g

Abb. 13: Klassifizierung von Carbon Risks

Quelle: FERI Cognitive Finance Institute, 2016

Gegenwart

Zukunft

„CarbonBubble“

„Stranded Assets“

„Transformation“

Zeitfaktor der Belastu

ng

Carbon Bubble und Dekarbonisierung

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Neben den Fragen der tatsächlichen quantitativen Bewer-tung des Ausmaßes und Zutreffens von Carbon Risks sind insbesondere die Aspekte der Marktreaktion zu berück-sichtigen. Die quantitativen Abschätzungen lassen sich durch Anwendung von Szenario-Analysen eingrenzen, worüber auch zukünftige Unsicherheiten abbildbar sind. Die Fragen der Antizipation von Neubewertungsbedarf durch die Märkte und der Zeitpunkte, zu denen dadurch Reaktionen im Investment-Divestmentverhalten ausge-löst werden, sind demgegenüber noch kaum betrachtet.

Wie bereits beschrieben, können sich Wertveränderungs-risiken aus physischen Risiken und Transitionsrisiken er-

geben. Die Höhe der Transitionsrisiken bestimmt sich maßgeblich durch die Umsetzungsgeschwindigkeit des Veränderungsprozesses, sowie die Fähigkeit zur Voraus-schau auf diesen. Disruptive Veränderungen (kurzfristig, ohne Ankündigung) lassen das Transitionsrisiko exponen-tiell ansteigen, weil der Realwirtschaft schlicht die Zeit fehlt, um das bestehende Produktionsanlagenportfolio kostenoptimal an die neue Situation anzupassen. Eine zu geringe Transitionsgeschwindigkeit hingegen führt zu ei-nem weiteren Anstieg der Erderwärmung und zu ebenfalls stark wachsenden physischen Risiken, wie auch zu erhöh-ten nachgelagerten disruptiven Anpassungsreaktionen und Risiken durch die Politik (s. Abbildung 14).62

4 AntizipationundDisruption–systemische WertveränderungsrisikenfürAktienmärkte

hoch

nied

rig

Transitionsgeschwindigkeit hochniedrig

finan

ziel

les

Risi

ko

Abb. 14: Illustration des Zusammenhangs von Transitionsgeschwindigkeit und finanziellem Risiko

Quelle: WWF/The CO-Firm, 2016

physische Risiken Transitionsrisiken

62 Vgl. IPCC, 2014, für eine detaillierte Beschreibung potenzieller physischer Risiken, https://www.ipcc.ch/pdf/ assessment-report/ar5/syr/AR5_SYR_FINAL_SPM.pdf

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Aus den genannten Zusammenhängen ergibt sich für institu-tionelle Investoren und private Vermögensinhaber einerseits die Frage, ob die internationalen Bemühungen zur Begren-zung des Klimawandels ausreichen (die Beantwortung dieser Frage wird hier nicht weiter betrachtet). Andererseits stellt sich die Frage, wie sich die Transitionsgeschwindigkeit und die damit einhergehenden finanziellen Risiken in den einzel-nen Branchen entwickeln?

Zur Beantwortung dieser Frage sollten Investoren zunächst jene Parameter analysieren, die die Transitionsgeschwin-digkeit im Wesentlichen bestimmen. Hierzu zählen insbe-sondere technologische Entwicklungen, zu erwartende Regulierungsmaßnahmen sowie Veränderungen des Konsu-mentenverhaltens und ihre Implikationen für die verschiede-nen Branchen. Unabhängig vom tatsächlichen Eintritt der er-wähnten Risiken sollten Investoren zudem eine Analyse der Einpreisungsmechanismen des Finanzmarktes vornehmen. Die Vergangenheit zeigt, dass Kursänderungen häufig durch das am Finanzmarkt herrschende Meinungsbild zu künftig erwarteten Veränderungen determiniert sind. Dieses kann sich durch wenige politische Signale sehr schnell und nach-haltig ändern und so zu deutlichen Neubewertungen von Vermögensgegenständen führen.

Dieser Punkt ist von zentraler Bedeutung, denn Kapitalmärk-te sind per Definition sensible und oftmals hoch effiziente (zumindest hoch reagible) Mechanismen zur Antizipation zukünftig möglicher oder wahrscheinlicher Ereignisse. Das bedeutet aus Sicht eines Investors: Selbst wenn wichtige Details, wie der zeitliche Ablauf regulatorischer Schritte, zu-künftige Emissionsgrenzwerte oder die exakte Methode zur Berechnung der Carbon Bubble-Effekte noch für längere Zeit im Unklaren bleiben sollten, wird der Kapitalmarkt an einem bestimmten Punkt damit beginnen, diese Risiken zu antizi-pieren, und sei es auch nur rudimentär und ungenau. Denn schon heute ist klar: „Strandedassets inthetransitiontoa2°Ccompatibleworldareinevitable..“63

Da kein Investor in einem solchen Prozess der Reevaluation nur Zuschauer sein will, entsteht daraus ein „Bandwagon- Effekt“, also eine kritische Masse aus Nachahmern und In-vestoren, die durch Antizipation künftig lediglich möglicher Risiken genau diese Risiken schon heute am Markt einpreist. Folglich können durch die Kraft der Antizipation selbst weit in der Zukunft liegende, latente Risiken überraschend schnell in akute, folglich hoch relevante Bewertungsänderungen und Kapitalverluste transformiert werden.64

Es ist sehr wichtig, diesen Punkt genau zu verstehen: Er be-deutet, dass unabhängig davon, ob tatsächlich jemals in der Zukunft ein striktes Klimaschutz- und Regulierungs-Regime umgesetzt wird, entsprechende Marktreaktionen dennoch schon heute eintreten und am Markt zu Wertverlusten füh-ren können, ganz so, als ob diese Zukunft bereits sicher wäre!

Es liegt auf der Hand, dass dadurch – im schlimmsten Fall – ernsthafte Disruptionsrisiken und schwerwiegende Verwer-fungen an den Kapitalmärkten ausgelöst werden könnten: Ein OECD-Bericht aus dem Jahr 2015 stellt fest: „…concerns have arisen about the stability oft he financial system duetothelong-runchallengesposedbyclimatechangeandthetransitiontoalow-carboneconomy…“.65

Es obliegt deshalb der Gesamtheit von Regulatoren, Unter-nehmen, Fachmedien, Investoren und anderen Gruppen, durch schonende, aber dennoch klare Kommunikation sowie gezielte, aber bewusste Transparenzschritte einen solchen Verlauf bestmöglich zu moderieren, zeitlich zu glätten und dadurch latente Disruptionsrisiken zu reduzieren.66 In einer Studie aus dem Jahr 2015 weist die OECD sehr deutlich auf die Risiken von „more chaotic outcomes“ und entsprechend höheren „StrandingRisiken“ hin, die sich aus einer komple-xen und schwer kontrollierbaren Gesamtsituation ergeben könnten: „…theycouldleadtoa„disorderly“transitionandcause„runaway“stranding“.67

63 OECD, Divestment and stranded assets in the low-carbon transition, a.a.O., S. 20.64 Durch diese Abfolge von „Antizipation“ und „Bandwagon-Effekt“ kann auch die Erwartung eines baldigen

Markt-Crashs diesen faktisch erst herbeiführen; vgl. den Ablauf des Marktabsturzes im Oktober 1987. 65 OECD, Divestment and stranded assets in the low-carbon transition, a.a.O., S. 4.66 Diese Herausforderung ist aus heutiger Sicht nicht zu unterschätzen. Da Aktivitäten und Aufklärungsaktionen

wie etwa der Carbon Tracker Initiative bereits seit Jahren öffentlich sind, nimmt die Wahrnehmung dieses Themas in bestimmten Investorenkreisen deutlich zu.

67 OECD, Divestment and stranded assets in the low-carbon transition, a.a.O, S. 10 und 12.

Carbon Bubble und Dekarbonisierung

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Da sowohl die öffentliche Diskussion als auch die Griffigkeit und Ernsthaftigkeit regulatorischer Schritte und Transpa-renzverpflichtungen zuletzt deutlich zugenommen haben, sollte die Möglichkeit einer bald einsetzenden „Antizipation“, einschließlich des jederzeit möglichen „Bandwagon-Effekts“, weder unterschätzt noch negiert werden.68 Dies erhöht den Druck, aber auch die Verpflichtung für viele institutionelle und private Investoren, sich bereits heute ernsthaft mit der Thematik der Carbon Bubble und der Stranded Assets aus- einanderzusetzen.69

Infolge einer vorläufig noch unscharfen Ausgangslage und schwer prognostizierbarer Risikoausprägungen ist es für Investoren schwierig, potenzielle und individuell re-levante Risiken aus dem Komplex Carbon Bubble/Stran-ded Assets/Dekarbonisierung sinnvoll bzw. umfassend quantitativ zu erfassen und zu bewerten. Generell stellt sich dann die Frage, ob derartige Fragestellungen noch als „Risiko“ oder nicht eher als „Unsicherheit“ zu klas-sifizieren sind: „Risiko“ impliziert die Möglichkeit einer Erfassung und Quantifizierung negativer Ereignisse durch Methoden der Statistik und Wahrscheinlichkeitsrechnung. Sofern dies aufgrund hoher Komplexität der Ausgangslage nicht möglich ist, muss eher von „Unsicherheit“ ausgegan-gen werden. Dies impliziert eine deutlich eingeschränk-te Anwendbarkeit klassischer Methoden des Risikoma-

nagements – etwa im Portfolio Management – sowie eine grundsätzlich andere Logik beim Umgang mit zukünftig möglichen Ereignissen.70

Der oben bereits dargestellte Ansatz einer Szenario-Analyse (im Sinne eines „Stress-Tests“) scheint dafür prinzipiell gut geeignet. Unabhängig vom spezifischen Anlage- und Risiko-profil eines Investors, und losgelöst von einer eher statischen Umweltbetrachtung, kann damit die grundsätzliche Rele-vanz der „Carbon Risks“-Problematik so früh wie möglich erfasst und analysiert werden. Im Rahmen einer solchen Sze-nario-Betrachtung kann auch, je nach individuellem „Convic-tionLevel“, der jeweils erwartete Schärfegrad regulatorischer und gesetzlicher Maßnahmen sowie korrespondierender Kli-maziele variiert und an wechselnde, oft politisch geprägte „Umweltzustände“ angepasst werden.71

Insbesondere die politischen und regulatorischen Faktoren werden zukünftig darüber entscheiden, wann und in wel-chem Umfang eine Offenlegung bisher verdeckter Risiken zu erwarten ist.72 Insofern bieten Szenario-Analysen und „Stress-Tests“ für Investoren ein geeignetes Instrumentari-um, um im Anlagemanagement eine hohe Antizipationsfä-higkeit sicherzustellen sowie plötzliche Überraschungen zu vermeiden und notfalls schnell und konsequent reagieren zu können.73

68 Öffentliche Ankündigungen wie etwa des Norwegischen Staatsfonds zum Ausstieg aus Anlagen mit erhöhtem „Carbon Risk“ tragen zur erhöhten Wahrnehmung und schnelleren Verbreitung des Themas bei, vgl. z.B. https://www.theguardian.com/environment/2015/feb/05/worlds-biggest-sovereign-wealth-fund-dumps-dozens- of-coal-companies. Auch Zusammenschlüsse großer Family Offices haben auf diese Themenstellungen bereits konkret durch Änderungen ihrer Anlagepolitik reagiert, vgl. „Rockefeller family charity to withdraw all investments in fossil fuel companies”, https://www.theguardian.com/environment/2016/mar/23/rockefeller-fund-divestment- fossil-fuel-companies-oil-coal-climate-change

69 Gleichzeitig sollte dieser Punkt jedoch auch Regulatoren und Gesetzgebern stets bewusst sein. 70 Vgl. in diesem Sinne Gigerenzer, Gerd, „Die Modelle gaukeln Sicherheit vor“, Finanz und Wirtschaft, 30.06.2014.71 Als „Conviction Level“ wird hier der Grad an innerer Überzeugung eines Investors definiert, mit dem quantitative

oder qualitative Szenario-Annahmen gesetzt und berücksichtigt werden.72 Der aktuelle Zeitgeist in Politik und Regulatorik geht bereits deutlich in Richtung vereinheitlichter und möglichst

transparenter „Disclosure Standards“; vgl. Mark Carney, Breaking the tragedy of the horizon, a.a.O; OECD, Divestment and strandes assets in the low-carbon transition, a.a.O., S. 20, wo festgestellt wird: „The lack of comparability of climate disclosures has led to the demand to establish a comparable, consistent, reliable, clear and efficient set of climaze disclosure.“ Dennoch sei auch an dieser Stelle nochmals sehr klar an das Risiko einer inhärenten Antizipation erinnert, das auch ohne Vorliegen klarer Rahmendaten bereits nennenswerte Marktreaktionen induzieren kann.

73 Zu den denkbaren, möglichen und sinnvollen Reaktionsmechanismen aus Sicht von Investoren vgl. Kapitel 5.

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5.1 Darstellung bestehender Investmentansätze

Den Herausforderungen aus dem Übergang in die CO2-arme Wirtschaft werden aktuell beobachtba-re Investmentansätze schon auszugsweise gerecht, nämlich dort, wo Technologiefragen hinreichend ab-grenzbar sind. Die Dynamik und fehlende Klarheit in vielen Bereichen der Transition schafft darüber hin-aus zwar einerseits erhöhte Unsicherheit, hält ande-rerseits aber auch Chancen für diejenigen Investoren bereit, die schon heute zukunftsgerichtete Analysen und entsprechend „Carbon-sensitive“-Investmentan-sätze verfolgen.

Die große Mehrheit institutioneller Investoren und privater Vermögensinhaber bezieht Klimafragestellungen, wie die hier diskutierten, kaum strukturell in Investmentansätze ein. Generell lassen sich zwei Ausgangsmotivlagen bei denjenigen Investoren unterscheiden, die zur Frage des Klimawandels eine beginnende oder schon stärker sichtbare Position ein-

nehmen bzw. eine für sich aktivere Aufgabe daraus ableiten. Das Spektrum wird auf der einen Seite vom eher normativ- aktiven, auf der anderen Seite von risikominimierend-reaktiven Ansätzen aufgespannt.

Auf der normativ-aktiven Seite insbesondere lassen sich In-vestmentansätze identifizieren, aus denen heraus in dieje-nigen Technologien und Unternehmen verstärkt investiert wird, die sich eindeutig als „grün“ oder klimaverträglich ein-schätzen lassen. Dies ist jedoch nur in wenigen Branchen und für wenige Technologien so binär und abschließend sinnvoll möglich, also in einer skalierbaren Größenordnung und unter Berücksichtigung notwendiger Anforderungen an Risikodiversifizierung und klassische Aspekte der Port-foliosteuerung. Gleichermaßen werden Negativ-Screening- Ansätze auf ganze Technologien oder Branchen erweitert und diese damit vom Investmentuniversum ausgeschlos-sen.74 Letztlich bleiben diese Ansätze immer auf Einzel- aspekte begrenzt und stellen somit lediglich Elemente in einer umfassenderen Investmentstrategie unter Berücksichti-gung der Dekarbonisierung dar.

74 Negativ-Screening beschreibt das Ausschließen problematischer Branchen oder Technologien aus der Gesamtheit am Markt zur Verfügung stehender Anlageoptionen. Positiv-Screening hingegen beschreibt die Auswahl einer Reihe von Anlageoptionen, die vom Investor vorab definierte Kriterien erfüllen.

5 Risikomessung und zielgerichtete Investmentansätze

Carbon Bubble und Dekarbonisierung

31

75 Konzentrationsrisiken resultieren aus sinkenden Diversifikationseffekten durch die verstärkte Konzentration auf wenige Branchen.

76 OECD, Divestment and stranded assets in the low-carbon transition, a.a.O., S. 17.77 Ein Überblick über den aktuellen Entwicklungsstand zur Finanzierung von Unternehmen aus der Kohlebranche

findet sich bspw. in The CO-Firm, 2015; http://co-firm.com/tl_files/cofirm/media/documents/CVs/The%20CO-Firm_ Financing%20CFPP%20practices%20of%20leading%20European%20banks_May15.pdf

78 OECD, Divestment and stranded assets in the low-carbon transition, a.a.O., S. 6.

Diskussion Divestmentansatz:

A) Divestment-Ansatz

Der Divestment-Ansatz ist die gefühlt einfachste Art und Weise, Carbon Risks im eigenen Portfolio zu minimieren. Durch die Veräußerung der Anteile an Unternehmen aus dem Bereich der fossilen Brennstoffe werden die Risiko/Return-Pro-file besagter Unternehmen vollständig aus dem Portfolio entfernt und mit Ihnen auch die mutmaßlichen Klimarisiken.

Es existieren unterschiedliche Ausprägungen dieses Ansatzes, die je nach Motivlage des Investors (Klimaschutz vs. Risikomanagement) zur Anwendung kommen können. Sollen Carbon Risks möglichst umfassend vermieden wer-den, so eignet sich hierzu das 100%ige Divestment. Durch den Ausschluss ganzer Branchen kommt es jedoch im Portfolio zu einem Anstieg der Konzentrationsrisiken.75 Ebenfalls zu berücksichtigen ist, dass gerade im Bereich der fossilen Brennstoffe historisch oft überdurchschnittlich hohe Dividenden ausgeschüttet werden. Dabei kön-nen speziell institutionelle Investoren vor dem Dilemma stehen, dass einerseits Klimarisiken aktiv berücksichtigt, andererseits jedoch auch legitime Renditeziele der Investoren nicht eingeschränkt werden sollen: „… institutional investorsarecaughtinadilemmaastheirfiduciarydutiesobligethemtomaximiseshareholdervalueand consi-der climate risks.“76

Häufig kommen deshalb Divestment-Ansätze zur Anwendung, die auf den vollständigen Ausschluss von Unternehmen abzielen, die einen bestimmten Anteil ihrer Umsätze im Bereich der fossilen Brennstoffe erwirtschaften.77 Auf diese Weise wird angestrebt, insbesondere jene Unternehmen aus dem Portfolio zu entfernen, bei denen die Carbon Risks mit einer hohen Wahrscheinlichkeit die möglichen Renditen überkompensieren, gleichzeitig jedoch die Branche selber noch „investierbar“ zu halten und den Anstieg ungewollter Konzentrationsrisiken zu vermeiden.

Divestment-Ansätze eignen sich zunehmend weniger, je mehr Sektoren von dem zugrundeliegenden Verände-rungsdruck betroffen sind. Sie lassen auch keine Handhabe für einen Dialog mit dem Management des Unter-nehmens, über den sich Strategieänderungen und damit Wertstabilisierung oder Wertzuwachs realisieren ließen. Dennoch ist nach Aussage der OECD die „…fossil fuel divestment campaign one of the fastest growing social movementsinhistory…“.78

32

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B) Engagement-Ansatz

Neben den beschriebenen Divestment-Strategien wird heute häufig auch eine Engagement-Strategie verfolgt.79 Sie kann von Investoren sowohl zur Erreichung von Klimaschutzzielen als auch von Risikominderungszielen genutzt wer-den, da Investoren als Anteilseigner ihr Mitspracherecht wahren und aktiv Einfluss auf die Strategie des betreffenden Unternehmens nehmen können. Direkte Klimarisiken verbleiben zunächst im Portfolio des Investors und reduzieren sich erst über die Zeit durch erfolgreiches Engagement. Bei Verfolgung dieser Strategie sind eventuell vordergrün-dige Reputationsrisiken zu berücksichtigen. Es ist auf jeden Fall eine klare Kommunikationsstrategie zu entwickeln und umzusetzen, damit das Ziehen der „hold and engage-Option“ später nicht als Inaktivität bei der Bewältigung der Klimatransition ausgelegt werden und zu Imageschäden für den Investor führen kann.80 In der Realität wird ein „Engagement“ häufig, wenn nicht immer, mit einer Divestment-Sanktion als ultima ratio im Falle des Ausbleibens von Anpassungen aus dem Engagement kombiniert werden.

Ein weiteres Element der Investmentstrategie könnte eine „Hedging-Strategie“ sein, in der bewusst Klimarisiken im Portfolio gehalten werden, gegen die dann eine entsprechende Absicherungsstrategie implementiert wird – etwa durch Aufbau von Positionen in Sektoren mit positiver Sensitivität zu Carbon Risks (Alternative Energien etc.). Der strukturell-grundlegende Charakter der Dekarbonisierung wirft jedoch Fragen und Risiken auf, die sich mit reinen Ab-sicherungsstrategien nicht lösen lassen. Sie sind deshalb für institutionelle Investoren und private Vermögensinhaber nur bedingt ein lösungsorientierter Ansatz.

Wie ausgeführt, ist die Wahl des Investmentansatzes abhängig von der Motivation der Investoren. Sollen einerseits Klimarisiken aus dem Portfolio eliminiert und andererseits wirtschaftliche Chancen genutzt werden, so ist ein teilwei-ses Divestment idealerweise in Kombination mit einem Engagement-Ansatz für die im Portfolio verbleibenden Unter-nehmen aus dem Bereich der fossilen Brennstoffe vorstellbar. Ein Ausschluss aus dem Portfolio ist insbesondere dann in Betracht zu ziehen, wenn Unternehmen selbst bei Umsetzung zur Verfügung stehender Anpassungsmaßnahmen nicht in der Lage wären, klimabedingte Risiken in deutlichem Umfang zu senken oder im Umkehrschluss mit der Trans-formation Schritt zu halten. Die Bewertung der Anpassungspotentiale von Unternehmen über die Zeit ist demnach eine bedeutende Größe zur Erfassung der Risikoexponiertheit von Unternehmen.81

79 Der kalifornische Pensionsfonds CalPERS (California Public Employees‘ Retirement System) und der Wellcome Trust verfolgen als prominente Vertreter diese Strategie.

80 Dieser Punkt ist nicht zu unterschätzen und wird für viele öffentlich regulierte oder rechenschaftspflichtige Investoren eine hohe Hürde darstellen.

81 Diese Diskussion berücksichtigt den tatsächlichen Klimaschutzbeitrag der Investmentstrategie nur mittelbar, wenn als Entscheidungsgrößen z. B. nicht der CO2-Fußabdruck, sondern Transformationspotenziale der Risikoeinschätzung zugrunde liegen, s. auch nächstes Kapitel.

Carbon Bubble und Dekarbonisierung

33

5.2 Risikomessung mit den richtigenInstrumenten

Die Messung von Klimarisiken steckt noch immer in den Kinderschuhen. Investoren greifen heute vielfach noch auf Ansätze zurück, die Klimarisiken nicht adäquat er-fassen können. Für eine verbesserte Evaluierung von Klimarisiken ist es erforderlich, dass Investoren ihre Analysefähigkeiten in Zukunft deutlich ausbauen.

Zu den nach wie vor weitverbreiteten Methoden zur Quan-tifizierung von Klimarisiken zählt die Messung des CO2-Fuß-abdrucks von Portfolios. Der CO2-Fußabdruck ist ein Maß für den Gesamtbetrag der CO2-Emissionen, die direkt oder in-direkt durch z. B. das Handeln eines Unternehmens erzeugt werden. CO2-Fußabdrücke können für einzelne Produkte, Unternehmen, ganze Branchen oder Länder berechnet werden. Fälschlicherweise wird ein hoher CO2-Fußabdruck auch häufig mit einem hohen klimabedingten Risiko gleich-gesetzt. Dieser Zusammenhang trifft in vielen Fällen zumin-dest nicht hinreichend zu, da aus der reinen Emissionssitu-ation eines Unternehmens keine Informationen abzuleiten sind, welche Strategie etwa zum Abbau dieser Emissionen verfolgt wird.

Zur Risikoeinschätzung werden CO2-Fußabdrücke häufig mit einem CO2-Preis kombiniert, um die Kostenrisiken abschätzen zu können. Auch diese Methode ist äußerst aussageschwach, da keine Analyse tatsächlich notwendiger Capex-Pläne zum Umbau oder Anpassung von Anlagestrukturen möglich ist. CO2-Fußabdrücke sind als rückwärtsorientierte, statische In-formationen zu Einschätzungen zukünftiger Entwicklungen ebenfalls nur äußerst eingeschränkt nutzbar.

Eine im Vergleich zu CO2-Fußabdrücken präzisere Analyse der Risikoexponiertheit von Branchen liefert die Analyse des sogenannten „green/brown share“. Dabei werden kli-mafreundliche und klimaschädliche Technologien innerhalb einer Branche bewertet und somit aufgezeigt, wie stark die Branche als Ganzes oder einzelne Unternehmen innerhalb einer Branche bereits auf klimafreundliche Technologien setzen. Der „green/brown share“ liefert weit mehr Informa-tionen als der CO2-Fußabdruck. Doch auch diese Methodik bezieht überwiegend statische Vergangenheitsdaten in die Analyse mit ein und berücksichtigt nicht, inwieweit Weiter-entwicklungspotenziale für bestimmte braune oder dazwi-

schenliegende „graue“ Technologien bestehen. Zudem wird bei Anwendung der Methodik auf diversifizierte Großkon-zerne durch Bildung eines „green/brown shares“ auf Unter-nehmensebene möglicherweise das hohe Risiko einzelner Geschäftsfelder durch die Berücksichtigung grünerer Ge-schäftsfelder verdeckt.

Einen weiteren Ansatz stellt die Modellierung von Klimari-siken auf Basis von Szenarioanalysen dar.82 Im Rahmen der Szenarioanalyse werden zunächst potenzielle Risikotreiber identifiziert und zu quantifizieren versucht. Im Klimakontext können dies Energiesteuern oder CO2-Preise sein, die einen negativen Einfluss auf die Wirtschaftlichkeit energieintensi-ver Unternehmen haben. Je nach Ambitionsniveau des zu bildenden Szenarios kann etwa die Höhe der Energiesteuern angepasst werden. Hohe Energiesteuern reflektieren dann ein ambitionierteres Szenario. Szenarien können teils sehr komplexer Natur sein und eine Vielzahl an Risikotreibern umfassen. Bei der Erstellung der Szenarien ist stets zwischen Praktikabilität und Realitätsnähe abzuwägen. Für die Bewer-tung der Klimarisiken können existierende Szenarien genutzt werden, die Werte für eine Reihe von Risikotreibern definie-ren. Für gewöhnlich werden einerseits „Business As Usual“ (BAU)-Szenarien definiert, die die bereits beobachteten Trends einer Branche fortschreiben, und andererseits ambiti-onierte Szenarien aufgestellt, die zentrale Anforderungen ei-ner 2 Grad Celsius kompatiblen Wirtschaft widerspiegeln. Die Anwendung eines ambitionierten Szenarios bei der Quanti-fizierung klimabedingter Risiken entspricht dem Vorgehen eines Stress-Tests.

Die Risikomodellierung auf Basis der Szenarioanalyse stellt derzeit die vielversprechendste Methodik zur adäquaten Er-fassung der Klimarisiken dar. Sie kann eine Vielzahl an Einflus-sparametern abbilden und gibt zudem die Möglichkeit einer zukunftsgerichteten Betrachtung von Branchen und Unter-nehmen. Sie lässt die Einbeziehung zur Verfügung stehender Adaptions- und damit Risikominderungspotenziale explizit zu. Voraussetzung für die Anwendung dieser Methodik sind jedoch einerseits eine umfassende Datenlage zu im Fokus der Betrachtung stehenden Branchen und Unternehmen, andererseits die zur Auswertung dieser Daten erforderlichen analytischen Fähigkeiten. Diese fehlen bei vielen Investoren derzeit weitgehend. Der Aufbau dieser Fähigkeiten ist jedoch unabdingbar, um gut informierte Entscheidungen zur Minde-rung der Portfoliorisiken treffen zu können.

82 Vgl. dazu bereits oben, Kapitel 3.4.

34

FERI Cognitive Finance Institute

6.1 Carbon Risks als grundlegende Unsicherheitsfaktoren

Wie in den vorherigen Darstellungen ausgeführt, stehen Investoren künftig einer Vielzahl neuer Unsicherheiten gegenüber. Diese resultieren aus dem Kontext des glo-balen Klimawandels sowie entsprechender Schritte und Maßnahmen zur Begrenzung der Erderwärmung. Zusammenfassend und generalisierend werden diese Risiken hier auch als „Carbon Risks“ bezeichnet; in aktu-ellen Diskussionen werden diese oft auch pauschal als „Transition Risks“ beschrieben.

Die Carbon Risks repräsentieren aus heutiger Sicht unter-schiedliche Arten, Ausprägungen und zeitliche Verlaufs-pfade möglicher Risiken. Erste Strukturierungs- und Erfas-sungs-Frameworks sind vorgeschlagen, wie zum Beispiel das Carbon Asset Risk Framework.83 Allerdings fehlt es an einem bereits etablierten, breit genutzten Standard. Eine weitere Systematisierung und Differenzierung insbesondere bezüg-lich der aus Carbon Risks hervorgehenden Finanzrisiken ist dringend geboten. Hier geht es neben Relevanz und Signifi-kanz für Investoren auch um genaue Abgrenzung und Wir-kungsabschätzung.84

„Carbon Risks“ im Fokus dieser Untersuchung sind:

a) Carbon Bubble: Das Problem einer latenten Überbewertung und möglicher starker Abwertungen von Unternehmen des kohlenstoffbasierten Energiesektors am Kapitalmarkt.

b) Stranded Assets: Das Problem einer abrupten oder gra-duellen Erosion und Entwertung von Technologien, Infra-struktur, Produktionsanlagen und anderen Wirtschafts-gütern, sofern diese von einer Veränderung zukünftiger Klima-Regimes negativ betroffen sind und keine Aus-weich- oder Anpassungsoptionen bestehen.

c) Dekarbonisierung & Transition: Die Konsequenzen eines möglichen Umbaus grundlegender Produktions- und Kon-sumprozesse auf der gesamten Skala einzelner Sektoren und ganzer Volkswirtschaften.

Die grundlegenden Ausführungen zu diesen drei Bereichen finden sich bereits in den vorangegangenen Kapiteln und müssen hier nicht wiederholt werden. Dennoch soll nachfol-gend nochmals kurz auf die wesentlichen Gemeinsamkeiten, Wirkungsbeziehungen aber auch die Unterschiede dieser drei Kern-Themen eingegangen werden.

Auf dieser Grundlage lassen sich die möglichen Herausfor-derungen, Risiken, Handlungsoptionen und Reaktionsprofile für institutionelle Investoren und private Vermögensinhaber strukturieren und zusammenfassen.85

83 http://www.unepfi.org/fileadmin/documents/carbon_asset_risk.pdf84 Vgl. dazu exemplarisch die Ansätze der Niederländischen Zentralbank, Time for Transition, a.a.O. 85 Bei der Verwendung des Begriffes „Risiko“ ist stets unterstellt, dass die dargestellten Probleme vielfach

eher als Unsicherheit und nicht als (quantifizierbares) Risiko auftreten, vgl. dazu oben, Kapitel 4.

6 Fazit:Risikoeinschätzungund Handlungsfelder für Kapitalanleger

Carbon Bubble und Dekarbonisierung

35

6.2 Bedeutung der Carbon Risks für Investoren und Vermögensinhaber

Für eine eingehendere Analyse werden die Carbon Ris-ks in die drei Kategorien „Carbon Bubble“, „Stranded Assets“ und „Transitionsrisiken“ differenziert. Aus Sicht von Investoren und Vermögensinhabern lassen sich diesen dann individuelle Risikoprofile zuordnen. Diese unterscheiden sich durch zeitliche Relevanz, quantifi-zierbare Konkretisierung und Betroffenheit sowie die Möglichkeit eines aktiven Risikomanagements. Indi-viduelle Risikoeinschätzung und der Aufbau interner Kapazitäten zur Risikokontrolle sind auf Investorenseite ratsame Schritte.

Die drei zentralen „Carbon Risks“ repräsentieren aus Sicht von Investoren und Vermögensinhabern verschiedene, gleichwohl aber eng miteinander korrelierende und vernetzte Problem-kreise, die sich häufig auch überschneiden und gegenseitig verstärken können. Dennoch bestehen deutliche Unterschiede hinsichtlich ihres spezifischen Hintergrunds, ihrer inhaltlichen Bestimmtheit und Konkretisierbarkeit, der zugehörigen Wir-kungsmechanismen sowie des relevanten Zeithorizonts.

Diese Punkte determinieren letztlich das latent vorhandene, meist negative „Überraschungspotential“ der Carbon Risks aus Sicht von Investoren und Vermögensinhabern. Gleichzei-tig bieten diese Punkte aber auch eine erste Grundlage für die Frage, ob, wie und mit welchen Ansätzen ein Investor die-sen Risiken im Sinne einer aktiven Risikovermeidungs- oder Risikomanagement-Strategie entgegenwirken kann.

Zur Einschätzung dieser Risiken ist es hilfreich, strukturierte Bewertungskriterien zu definieren. Für eine erste Einschät-zung bieten sich die folgenden Kriterien an:

1) zeitliche Nähe des Risikoeintritts, 2) Erfassbarkeit und Grad der Konkretisierung,3) Quantifizierbarkeit4) Disruptionspotential (niedrig – hoch)5) Risikomanagement (möglich – unmöglich)

Diese Kriterien und deren Zusammenspiel im Sinne spezifi-scher Risikoprofile können auch visualisiert werden, etwa mit Hilfe einer „Heatmap“ in Ampellogik (s. Abbildung 15a-c).

a)CarbonBubble

Das Problem der Carbon Bubble betrifft (gemäß hier verwen-deter Logik) nur einen relativ kleinen Ausschnitt des aus Sicht eines Investors relevanten Anlageuniversums: Der Fokus liegt auf börsennotierten Unternehmen des Sektors „Energie“, kann jedoch prinzipiell noch weiter eingegrenzt werden auf die Subsektoren „Exploration & Produktion“ sowie vergleich-bare Segmente. Dies impliziert zunächst einen lediglich be-grenzten, dennoch aber materiell relevanten Ausschnitt des für Investoren verfügbaren Anlagespektrums.86 Das zentrale Risiko des Carbon Bubble-Phänomens liegt aus Sicht von In-vestoren darin, dass getrieben durch neue politische Schritte – oder aber auch nur durch bloße Antizipation – eine abrupte Neubewertung (sprich: Abwertung) der betreffenden Unter-nehmen an den Kapitalmärkten ausgelöst werden könnte.

Diese Neubewertung kann, ab einem gewissen Punkt in der öffentlichen Wahrnehmung, sehr schnell und radikal erfol-gen. Für Investoren ohne genaue Kenntnis ihrer eigenen Ri-siko-Exponierung (z. B. im Rahmen passiver Investmentstruk-turen) kann dies zu signifikanten, bisher nicht transparenten Portfolio-Risiken und in der Folge zu überraschend negativen Performance- und Wert-Beiträgen führen.

Der Prozess einer solchen Neubewertung dürfte neben dem Aktienmarkt auch die zugehörigen Unternehmensanleihen erfassen, so dass Investoren sogar einem doppelten Risiko ausgesetzt sein könnten. Wie bereits gezeigt wurde, reprä-sentieren bestimmte Aktienmärkte (z. B. Moskau, London) aufgrund regionaler, politischer oder historischer Gegeben-heiten deutlich höhere Risiko-Exposition als andere Märkte (z. B. Frankfurt), was im Rahmen einer bewussten Anlage-strategie entsprechend berücksichtigt werden sollte.87

Das Risikoprofil des Problems Carbon Bubble lässt sich dann aus Sicht eines Investors wie folgt beschreiben:88

86 „Spill Over-Risiken“ sowie nachgelagerte „Zweit- und Drittrundeneffekte“ werden hier zunächst vernachlässigt.87 Vgl. dazu ausführlich bereits oben, Kapitel 3.88 Die nachfolgenden Einschätzungen repräsentieren die professionelle Meinung von FERI und WWF auf Grundlage vor-

liegender Informationen; diese unterliegen jedoch erheblicher Unsicherheit und sollten deshalb nicht als herrschende Meinung oder konkrete Prognose missverstanden werden.

36

FERI Cognitive Finance Institute

• zeitlich nahe (< 5 Jahre)• hinreichend erfassbar und relativ konkret • grob quantifizierbar • hohes Disruptions-Potential • aktives Risikomanagement möglich

Abb. 15a: Risikoprofil Carbon Bubble

Zeitliche Nähe

Erfassbarkeit

Quantifizierbarkeit

Disruptions-Potential

Risiko-Exponiertheit*

Quelle: FERI Cognitive Finance Institute, 2016

* durch Risikomanagement wenig beeinflussbar

hoch gering

Carbon Bubble-Risiken können grundsätzlich durch Dives-tment und Exklusion begrenzt werden, also durch Verkauf oder Ausschluss der direkt relevanten Anlagemärkte und -Segmente aus einem Portfolio. Bei Vorliegen stark passiver Investment-Strukturen (z. B. ETF) innerhalb eines Portfolios sollte in jedem Fall das potenzielle Exposure zum Risiko „Carbon Bubble“ ermittelt und quantifiziert werden.89

b)StrandedAssets

Das Problem der Stranded Assets bezieht sich (gemäß hier verwendeter Logik) auf einen deutlich größeren Teil des für Investoren und Vermögensinhaber relevanten Anlageuniver-sums: Das Phänomen erstreckt sich grundsätzlich auf weite Bereiche einer industriellen (und öffentlichen) Infrastruktur. Es kann – zumindest über längere Zeit – eine signifikante Erosion, Entwertung und sogar Redundanz von Investitionen, Produktionsanlagen und anderen werthaltigen Aktiva bedeuten.

Neben bereits in der Vergangenheit getätigten Investitionen („Stranded Assets“) kann dies auch aktuelle und zukünftig ge-plante Investitionen entwerten und sich somit auf Strategien, Zukunftspläne und Wettbewerbspositionen ganzer Industrien extrem negativ auswirken („Asset Stranding“).90

Das Stranded Asset-Phänomen ist aus heutiger Sicht noch unscharf und nicht präzise erfassbar. Es zeigen sich auch noch keine standardisierten und etablierten Bewertungsmuster oder „best practices“. Folglich kann das Problem noch nicht wirklich als „Risiko“, sondern vorerst nur als „Unsicherheit“ erfasst und adressiert werden.91 Dennoch unterliegt gerade dieses Thema einer hohen Sensitivität zu aktuell geplanten oder künftig möglichen politischen und regulatorischen Restriktionen, technologischen Veränderungen oder markt-bedingten Disruptionen.92

Dies impliziert, dass je nach politischem Kalender oder tech-nologischem Fortschritt sehr schnell aus einer unscharfen und unsicheren Ausgangslage ein konkretes und bewertba-res Risiko erwachsen kann. Gleichzeitig hat das Thema, zu-mindest potenziell, eine sehr große Reichweite und Durch-schlagkraft für Investoren und Vermögensinhaber (sowie auch Unternehmer).

Das Risikoprofil des Themas „Stranded Assets“ lässt sich somit aus Sicht eines Investors wie folgt beschreiben:93

• zeitlich unscharf (0–20 Jahre) • schwer erfassbar und noch wenig konkret (sehr bran-

chenspezifisch) • nur sehr grob quantifizierbar (aber direktionale Aussagen

möglich) • mittleres Disruptionspotenzial• durch aktives Risikomanagement vorerst sehr schwer

adressierbar

89 Durch Einsatz anderer ETF mit reduziertem „Carbon Exposure“ lassen sich die Kostenvorteile passiver Strukturen konservieren, gleichzeitig aber latente „Carbon Risks“ deutlich reduzieren.

90 Ein Beispiel dafür sind heutige Investitionen der Mineralölkonzerne in die Erschließung neuer Ölfelder, Investitionen speziell deutscher Automobilkonzerne in die weitere Optimierung von Dieselmotoren (das Beispiel VW steht hier als deutliche Mahnung im Raum) sowie zahlreiche vergleichbare Aktivitäten. Die Carbon Tracker Initiative bewertet bereits einen Großteil der heutigen Investitionen der Ölindustrie als potenziell „stranded“, vgl. CTI, Unburnable Carbon – Wasted capital and stranded assets, 2013.

91 Vgl. Kapitel 4 .92 Vgl. OECD, Divestment and stranded assets in the low-carbon transition, a.a.O.93 Die nachfolgenden Einschätzungen repräsentieren die professionelle Meinung von FERI und WWF auf Grundlage vor-

liegender Informationen. Diese unterliegen jedoch erheblicher Unsicherheit und sollten deshalb nicht als herrschende Meinung oder konkrete Prognose missverstanden werden.

Carbon Bubble und Dekarbonisierung

37

Abb. 15b: Risikoprofil Stranded Assets

Zeitliche Nähe

Erfassbarkeit

Quantifizierbarkeit

Disruptions-Potential

Risiko-Exponiertheit*

Quelle: FERI Cognitive Finance Institute, 2016

* durch Risikomanagement wenig beeinflussbar

hoch gering

Stranded Asset-Risks sind aus heutiger Sicht für Investoren nur sehr schwer zu adressieren oder gar zu kontrollieren. Di-vestment und Exklusion kommen kaum in Betracht, da sonst ganze Märkte, Industrien und Sektoren im Rahmen der Anla-ge ausgeklammert bleiben müssten. Die angemessene Reak-tion eines verantwortungsvollen Investors sollte jedoch sein, laufende politische Diskussionen zum Thema „Klimaziele“ sehr eng zu verfolgen. Dazu sollte eine hohe Offenheit und Sensibilität vorliegen, um mögliche Konkretisierungen des Risikos so früh wie möglich wahrnehmen zu können.94 Gleich-zeitig sollte im Rahmen eigener Analysen zumindest versucht werden, potenziell stärker betroffene von potenziell geringer betroffenen Industrien und Sektoren abzugrenzen.95 Im Rah-men eines proaktiven Dialogs mit Portfoliounternehmen ist die direkte Ansprache latenter Problemlagen sinnvoll.

c)Transformation

Die sogenannten „Transformations-Risiken“ resultieren aus der Überlegung, dass im Zuge fortschreitender Sachzwänge des Klimawandels ganze Volkswirtschaften umgebaut wer-den müssen, mit dem Ziel einer mittel- bis langfristig nahe-zu vollständigen Emissionsfreiheit („Dekarbonisierung“). Auch wenn dieses Ziel aus wissenschaftlicher Sicht kaum zu bestreiten ist, erfordert seine Realisation neben viel Geld und Zeit – die unterstellten Zeithorizonte sind häufig auf >30 Jahre angelegt – auch einen breiten politischen und ge-sellschaftlichen Konsens. Aus diesem Grund ist das Thema „Transformation“ vorerst für Investoren zwar theoretisch präsent, fokussiert sich aber in der Anlagepraxis derzeit auf

die Sektoren und Industrien mit hohen Emissionen, hohen Investitions- und Kapitalkosten und langjährigen Kapitalbin-dungsfristen.96

Dessen künftige Relevanz darf dabei nicht unterschätzt wer-den. Es ist offensichtlich, dass der Prozess der Transformation zwangsläufig auch zu einer Verschärfung möglicher „Asset Stranding“-Risiken beitragen wird, zumindest bei unvorsich-tigem politischen, wirtschaftlichen und medialen Manage-ment. Aktuelle Studien und Gutachten des Bundesfinanz-ministeriums und anderer öffentlicher Stellen befassen sich bereits konkret mit möglichen Kosten und anderen Aspekten einer klimaschonenden Transformation.97

Abb. 15c: Risikoprofil Transformation

Zeitliche Nähe

Erfassbarkeit

Quantifizierbarkeit

Disruptions-Potential

Risiko-Exponiertheit*

Quelle: FERI Cognitive Finance Institute, 2016

* durch Risikomanagement wenig beeinflussbar

hoch gering

Im Idealfall sollte die Transition politisch gut begleitet und vorgedacht werden. Da deren Problem- und Kostenpoten-zial auch der Politik bestens bekannt ist, sollte es sich um zeitlich und inhaltlich eher graduell verlaufende Prozesse handeln. Aus Sicht der Kapitalmärkte würde so vorerst nur ein begrenztes Überraschungs- und Disruptions-Potenzial entstehen.

Dennoch sollte auch dieser Themenbereich von Investoren und Vermögensinhabern schon heute sehr bewusst wahr-genommen und laufend überwacht werden. Der Aspekt der „Transformation“ und seiner möglichen Ausstrahlungen auch auf die Kapitalmärkte rechtfertigt fortlaufende und deutlich vertiefte Analysen, die jedoch – aus Sicht der vor-liegenden Studie – nachfolgenden Untersuchungen vorbe-halten bleiben müssen.

94 Strategische Unternehmensberatungen erarbeiten bereits heute für Mandanten aus der Industrie entsprechende Szenarien und Alternativ-Planungen.

95 Trotz Unsicherheiten sind derartige Ansätze bereits heute, zumindest näherungsweise, durchführbar. 96 Entsprechend wird dieser Aspekt der Carbon Risks im Rahmen der vorliegenden Untersuchung nur perspektivisch

behandelt.97 Vgl. BMF, Monatsbericht August 2016.

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6.3 Handlungsfelder für Investoren und Vermögensinhaber

Das Problem der Carbon Risks konfrontiert Investoren und Vermögensinhaber mit neuartigen Portfoliorisiken, aber auch möglichen Chancen. Eine frühzeitige und dis-ziplinierte Integration Carbon Risk-relevanter Faktoren in den Investmentprozess ist deshalb unumgänglich. Dazu gehören eigenständige Risikoanalysen sowie die Definition und Implementierung einer speziellen Invest- mentstrategie, jeweils unter Berücksichtigung grund-legender Carbon Risks. Für die Überleitung bestehen-der Portfoliostrukturen in ein neues Profil („Carbon Risk-sensitiv“) kann ein dezidierter „Portfolio Transition Plan“ sinnvoll sein.

Die völkerrechtlich verbindliche Ratifizierung des UN- Klimaabkommens in 2016 wird den langfristigen Transfor-mationsprozess hin zu einer emissionsfreien Wirtschaft erheblich beschleunigen und gibt diesem Strukturen. Das vereinbarte < 2 Grad-Limit impliziert eine globale Emissi-onsreduktion von mindestens 50% bis zum Jahr 2050. Da-von sind im kurz- und mittelfristigen Zeithorizont besonders die fossilen Brennstoffbranchen betroffen, durch Zweit- und Drittrundeneffekte aber auch nachgelagerte Sektoren (wie etwa Transport und Automobil, Metallverarbeitung, Baustoffe/Zement und andere).

Die diesbezüglichen möglichen Abwertungspotenziale bör-sennotierter Unternehmen sind signifikant und wurden im Rahmen dieser Studie ausführlich untersucht. Die Frage, die sich abschließend stellt, lautet: Wie können institutio-nelle Investoren und private Vermögensinhaber angemes-sen auf die beschriebenen Carbon Risks und den dadurch induzierten Transformationsprozess reagieren? Welche Analysen sind zu erstellen, welche Prozesse wären zu im-plementieren und welche generellen Handlungsmöglich-keiten stehen zur Verfügung?

Im Kern geht es darum, latent drohende Kohlenstoffrisiken zu erfassen und im bestehenden Investmentprozess ab-

zubilden, sei es als Unsicherheit, als Risiko oder sogar als Chance. Hierfür bietet sich ein fünfstufiger Prozess an, des-sen einzelne Schritte bereits im Gang der Untersuchung angesprochen wurden und die hier nochmals systematisch zusammengefasst werden:98

Schritt 1, Risikoanalyse: Investoren und Vermögensinhaber sollten zunächst Klarheit darüber gewinnen, in welcher Höhe und welchem Ausmaß eine mögliche Exponierung ihres be-stehenden Portfolios/Vermögens hinsichtlich der drei skiz-zierten Carbon Risks (Carbon Bubble, Stranded Assets und Transition Risks) einzuschätzen ist. Diese Risikoanalyse ist nach Möglichkeit auf Ebene von Einzeltiteln, Branchen, Län-dern sowie entsprechender Indizes und Finanzinstrumente (u. a. ETFs) durchzuführen.

In erweiterter Perspektive sind neben Aktien auch andere Assetklassen, insbesondere Unternehmensanleihen, einzu-beziehen. Die Risikoanalyse sollte dabei zweistufig erfolgen:

a) auf Ebene des aktuellen Portfolios, b) auf Ebene der Anlagerichtlinien bzw. der strategischen

Asset Allokation und der hierfür definierten Portfolio- Benchmarks.

Im vorherigen Kapitel wurde bereits eine Systematik zur Ri-sikoprofilierung der einzelnen Carbon Risks eingeführt, die auch die in Kapitel 2.4 diskutierten klimabedingten Wertver-änderungsrisiken (physische Risiken und Transitionsrisiken, wie etwa regulatorische, technische, marktbedingte und reputative Risiken) integriert.

Zwar ist eine exakte quantitative Messung der betreffenden Carbon Risks (noch) nicht möglich, doch können Investoren mit Hilfe von Szenario-Analysen zumindest unterschiedliche Reaktionsprofile simulieren und auf diese Weise ein besse-res „Gefühl“ für latente, bisher nicht ausreichend erfasste Portfolio-Risiken entwickeln. Dass die Carbon Risks nicht mit üblichen finanzmathematischen Verfahren quantifizierbar sind, bedeutet keinesfalls, dass sie nicht existent sind. Das Gegenteil ist der Fall.

98 Vgl. zu diesem Aspekt auch grundsätzlich: UN-PRI, Crafting an investment strategy – a process guidance for asset owners, 2016.

Carbon Bubble und Dekarbonisierung

39

Schritt 2, Investmentmotive: Private Vermögensinhaber und Investoren können sich mit Blick auf die Kohlenstoffrisiken in sehr unterschiedlicher Weise verhalten. Aus der einen Per-spektive blicken Vermögensinhaber ausschließlich ökono-misch auf Carbon Risks und analysieren, welche finanziellen Risiken und Chancen sich für ihr Vermögen daraus ergeben. Dementsprechend wählen sie risikominimierende oder ren-ditesteigernde Investmentstrategien aus.

Aus der anderen Perspektive fragen sich Vermögensinhaber, wie sie ihre finanziellen Mittel nutzen können, um den Trans-formationsprozess hin zu einer emissionsfreien Wirtschaft als Investoren unterstützen und beschleunigen zu können. Im Kontext dieser außerfinanziellen, „supererogatorischen“ Mo-tivation sind sie auch bereit, ihr finanzielles Risiko zu erhöhen oder Renditeminderungen in Kauf zu nehmen. Sie verstehen sich dann als „verantwortungsbewusste Investoren“, die die basalen Rechte zukünftiger Generationen in ihre Investmen-tentscheidungen zu integrieren versuchen.

Empirisch betrachtet lassen sich die meisten Vermögensinha-ber wohl in einer mittleren Position verorten: Sie sind gerne bereit, den skizzierten Transformationsprozess zu fördern, solange sie dafür keine Renditeeinbußen hinnehmen oder ihr Anlagerisiko erhöhen müssen.99

Die Kurzbeschreibung der unterschiedlichen Investorenmo-tive in Hinblick auf die Kohlenstoffrisiken zeigt, dass es sich hier um ein zentrales Risiko handelt, das nicht nur unsere Wirtschaft, sondern auch die Grundlagen unserer Existenz (und der anderer Lebewesen) vital betrifft. Insofern fallen viele der Investmentstrategien, mit denen Investoren auf das Carbon Risk-Problem reagieren, in den Bereich soge-nannter nachhaltiger bzw. ESG- Investments100.

99 Für eine systematische Klassifizierung von Investoren in Hinblick auf nachhaltige Investments vgl. Schaefers, Kevin: Nachhaltiges Investieren – ein wirtschaftsethisches Beratungskonzept, 2014, S. 204–218.

100 Siehe Textbox

50%

40%

30%

20%

10%

0%Beitrag zur nachhaltigen

EntwicklungLangfristige Risiken

managenReputationsschutz Verbesserung der

finanziellen Performance

Rele

vanz

(%)

Abb. 16: Gründe der Integration von ESG-Kriterien

Quelle: Novethic Survey, „Profile of responsible investors in Europe”, 2015

2013 2014 2015

38% 38% 38%

33% 32%

16% 16% 15%

9% 9%13%

36%

ESG-Instrumente: ESG Investments stehen für liquide und illiquide Investments, die ökologische (Environ-

mental), soziale (Social) und Unternehmensführungs- (Governance) Kriterien zusätzlich zu finanziellen

Kennzahlen berücksichtigen. Sie unterscheiden sich im Grad der Integration von ESG-Kriterien.

40

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Im Unterschied zu privaten Vermögensinhabern unterlie-gen institutionelle Investoren einer Vielzahl regulatorischer, gesetzlicher und gremienbasierter Restriktionen, die sie in der Wahl ihrer Investmentstrategie formell tatsächlich, oder zumindest über eingeführte Routinen gefühlt, deutlich ein-schränken. Da Carbon Risks, wie gezeigt, erhebliche finanzi-elle Risiken implizieren, müssen sie von institutionellen In-vestoren explizit berücksichtigt werden – dies legt schon ihre treuhänderische Pflicht nahe.101

Institutionelle Investoren werden deshalb heute typischer-weise den Weg einer Risikovermeidung oder eines Risiko-ausschlusses wählen. Dies bedeutet, dass nach der quali-tativen und bestandsmäßigen Erfassung möglicher Carbon Risks in einem Portfolio sinnvolle Strategien zu Absicherung, Abbau oder Ausschluss derartiger Risiken entwickelt werden müssen. Für einen institutionellen Investor ist der Weg zu einer gezielten „Engagement“-oder „Impact“-Strategie, mit dem Ziel einer längerfristigen Transformation der betreffen-den Sektoren, nicht ohne Schwierigkeiten einzuschlagen.102

Schritt 3, Investmentstrategie: Die Wahl der geeigneten In-vestmentstrategie ist primär von den jeweiligen Investment-motiven und -zielen abhängig. Mögliche Ansätze dazu sind in Abbildung 17 dargestellt.

Zur Reduktion oder Vermeidung finanzieller Risiken bie-ten sich Investmentansätze des sogenannten Negativ-screenings an. Hierbei werden Investments, die kohlen-stoffbasierte Risiken tragen, entweder von vornherein aus dem investierbaren Anlageuniversum ausgeschlossen oder im Zuge eines gezielten Divestments aus dem bestehenden Portfolio entfernt, also verkauft. In der Praxis wird häufig mit Schwellenwerten (Toleranzwerten) gearbeitet, damit vertretbare Carbon Risks eines Investments nicht sofort zu dessen Ausschluss bzw. Verkauf führen.

Investoren müssen darauf achten, dass die angewandten Verfahren des Negativscreenings nicht zu unerwünschten Konzentrationsrisiken im Portfolio führen, weil dadurch fun-damentale Diversifikationsregeln ausgehebelt werden. Dieser Punkt ist in der Praxis durchaus von Bedeutung, da – wie be-reits gezeigt wurde – Carbon Risk-Sektoren in vielen Anlage-märkten nennenswerte Gewichtungen aufweisen.103 Darüber hinaus haben Aktien des Energiesektors oftmals – zumindest historisch – auch ein durchaus attraktives Profil zur Diversifika-tion „anderer“ Portfolio-Risiken, auf das dann möglicherweise verzichtet oder das mit Alternativ-Strategien substituiert wer-den muss.104 Bei entsprechender Detailplanung besteht jedoch die Möglichkeit, schon mit relativ geringen Abweichungen von vorherrschenden Index-Strukturen eine deutliche Reduktion latenter Carbon Risks im Portfolio zu erreichen.105

Doch auch eher ethisch motivierte Investoren setzen Nega-tivscreenings ein, allerdings mit der Absicht, nicht nachhaltig wirtschaftende Unternehmen durch Exklusion zu sanktio-nieren: deren Kapitalkosten sollen im Vergleich zu „grünen“ Unternehmen steigen. Hier zeigt sich, dass ein und derselbe Investmentansatz sowohl finanziell auch als normativ moti-viert sein kann.

In Kapitel 5.1 wurde der Engagement-Ansatz bereits vorge-stellt. Hierbei handelt es sich um ein dialogisches Verfahren auf Grundlage von Eigentümerrechten (bei Aktien), mit dem Unternehmen dazu bewogen werden sollen, sich zukunftsfä-hig im Sinne einer ökologischen Nachhaltigkeit aufzustellen und entsprechende Adaptionsprozesse durchzuführen. Die-ses Verfahren ist meist normativ motiviert, da Investoren die Carbon Risks quasi „aussitzen“ müssen. Sollte das Unterneh-men sich als adaptionsresistent zeigen, drohen Investoren mit Divestment (wiederum in sanktionierender Absicht). En-gagement-Strategien können im Einzelfall auch „gehedged“ werden, um finanzielle Risiken zu begrenzen.

101 In diesem Sinne auch OECD und UNEP-F1, vgl. OECD, Divestment and stranded assets in the low-carbon transition, a.a.O., S. 17-18.

102 Dies gilt zumindest aus Sicht typischer regulierter Investoren mit hoher, auch öffentlicher, Rechenschaftspflicht. Zukünftig erscheint jedoch denkbar, dass auch ein „Engagement“-Ansatz für institutionelle Investoren stärker in Betracht gezogen wird. Dies ist jedoch primär eine Frage des vorherrschenden politischen, regulativen und ethischen Imperativs sowie der entsprechenden Handlungs- und Gestaltungsmöglichkeiten. In anderen Ländern, sowie bei „Corporate Investors“ (Unternehmen), gibt es hierzu jedoch schon zahlreiche Ansätze, vgl. Oekom Research, Corporate responsibility review 2016, S.12. Zukünftig wird vermutlich auch das ökonomistische Motiv der Ansprache von strate-gischen Herausforderungen an das Geschäftsmodell aus Transitionsrisiken für vermehrtes Engagement sprechen.

103 Vgl. dazu bereits oben, Kapitel 3.3.104 Dazu zählt historisch etwa der Risikofaktor „Inflation“; auch im Rahmen dividendenorientierter Anlagestrategien

sind Unternehmen mit hohen Carbon Risks (z. B. Aktien von Ölunternehmen) oftmals unverzichtbar.105 So weist etwa Philipp Hildebrand, ehemaliger Präsident der Schweizer Nationalbank, darauf hin, dass bereits bei einer

Abweichung um lediglich 0,3% von bestehenden Index-Strukturen eine bis zu 70-%tige Reduktion der Kohlenstoff- bilanz eines Portfolios erreicht werden kann, vgl. Handelsblatt, „Dem Klimawandel Rechnung tragen“, 24.10.2016.

Carbon Bubble und Dekarbonisierung

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Abb.17:CarbonRiskbezogeneInvestmentstrategien(Auswahl)

Negativscreening Positivscreening:Themen

Positivscreening:Impact Investing

Engagement

Beschreibung Ausschluss bzw. Divestment von Investments mit hohem Kohlenstoff- Risiko

Auswahl von besondersemissionsarmenGeschäftsfeldern/Investmentthemen

Vergabe von Eigen- und Fremdkapital zur Erzielung eines hohenWirkungsgrades in Richtung einer emissions-freien Wirtschaft

Dialogisches Verfahren auf Grundlage vonEigentümerrechten zur Beeinflussung vonUnternehmensentschei-dungen zur Emissions- reduktion. Divestment als ultima ratio.

Finanziell orientiertesInvestmentziel

Reduktion bzw. Vermei-dung finanzieller Risiken

Wahrnehmung vonInvestmentchancen

Wahrnehmung vonInvestmentchancen

Initiierung von emissions-bezogenen Adaptionsver-fahren zum Schutz desUnternehmenswertes

Ideell orientiertesInvestmentziel

Sanktionierung durchExklusion: Kapitalkosten der Unternehmen sollen im Vergleich zu „grünen“Unternehmen steigen

Förderung der für eineemissionsreduzierteWirtschaft relevantenThemenfelder

Besonders wirksameFörderung von Unterneh-men mit emissionsarmenGeschäftsfeldern undTechnologien

Förderung ökologischnachhaltiger Strategien auf Unternehmensebene durch Dialog und Intervention

Umsetzung Anwendung auf Aktien,Unternehmens- und Staatsanleihen marktüblich

Anwendung auf Aktien,Kredite und Beteiligungen, vor allem geschlossene Fonds, marktüblich. Häufig Fokus auf alternative Energien und sonstige emissionsarmeZukunftstechnologien.

Anwendung auf Beteili-gungen, Aktien undAnleihen über denPrimärmarkt üblich

Anwendung auf Aktien,Beteiligungen und Anleihen möglich; Anwendung auf Aktien marktüblich

Portfoliorisiken Durch Ausschluss bzw.Divestment könnenKonzentrationsrisiken in den Portfolios entstehen (mangelnde Diversifikation)

Konzentrationsrisiko etwadurch Übergewichtungeinzelner Themen imPortfolio (mangelndeDiversifikation)

Konzentrationsrisiko etwadurch Übergewichtungeinzelner Investments imPortfolio (mangelndeDiversifikation)

„Engage and hold“- Strategie ist anfällig für emissioninduzierte Dis- ruptionsrisiken. Im Ein-zelfall Hedgingstrategien durch Derivate sinnvoll.

Kombination unterschiedlicher Strategien möglich

Quelle: FERI, 2016

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FERI Cognitive Finance Institute

Neben dem Engagement-Ansatz gibt es weitere Verfah-ren, durch die private und institutionelle Investoren eine emissionsarme Wirtschaft fördern können (s. Abbildung 17). Dazu zählen die verschiedenen Investmentansätze des sogenannten Positivscreenings. In der Praxis haben sich dabei themenorientierte Nachhaltigkeitsinvestments so-wie – in jüngerer Zeit – das Impact Investing etabliert. The-menorientierte Investments fokussieren beispielsweise auf alternative Energien (Solar, Wind, Wasser, Biomasse, Geo-thermie etc.) oder besonders emissionsarme Technologien (Elektromobilität etc.). Impact Investment soll eine hohe Wirkung in gesellschaftlicher Hinsicht erzielen, also eine „soziale Rendite“. In Bezug auf die Carbon Risks geht es hier meist um eine Förderung emissionsreduzierender Kon-zepte, Technologien oder Verfahrensweisen. Hierfür nutzen Investoren oftmals den Primärmarkt und stellen ausge-wählten Unternehmen gezielt Eigen- oder Fremdkapital zur Verfügung. Die beschriebenen Investmentansätze des Po-sitivscreenings und des Impact Investing können auch aus finanzieller Perspektive durchaus attraktiv sein.106 In allen Assetklassen lassen sich mittlerweile zahlreiche Finanzpro-dukte am Markt finden, die ökologische Kriterien berück-sichtigen (Infrastruktur, ETFs, Indizes, Immobilien, Anleihen etc.).107 Diesen Ansätzen liegt jedoch die Herausforderung zugrunde, ausreichend einflussreiche Ambitionsniveaus festzulegen und zu verfolgen, so dass tatsächlich von einem richtungsrelevanten „Impact“ gesprochen werden kann.

Idealerweise sollte eine entsprechende Investmentstrate-gie nicht nur inhaltlich entwickelt, sondern zugleich auch deskriptiv formuliert und im Sinne von Regeln oder Richt-linien definitorisch festgelegt werden. Dies gilt speziell für institutionelle Investoren, sollte aber auch für Family Offices und andere große Privatvermögen in Betracht ge-zogen werden.

Schritt 4, Umsetzung: Nach Festlegung der Strategie er-folgt deren Implementierung. Die Umsetzung liegt jedoch nicht im Fokus der vorliegenden Studie. Deshalb sei an dieser Stelle nur erwähnt, dass im Regelfall Experten (In-vestment Consultants) hinzugezogen werden sollten, um Risikoanalysen durchzuführen, Investmentmotive heraus-zuarbeiten, Strategien zu definieren und diese im Invest- mentprozess zu implementieren und gegebenenfalls zu überwachen.108

Darüber hinaus kann auch ein gezieltes „Portfolio Transition Management“, also die planmäßige, prozessuale Überfüh-rung eines bestehenden Portfolios in ein „Alternativ“-Portfolio mit reduzierter Carbon Risk-Sensitivität, in Betracht gezogen werden. Mit Blick auf die in dieser Studie unterstellte zeitli-che Spreizung unterschiedlicher Carbon Risks kann auch der Aufbau eines zeitlich differenzierten, graduell und sequenziell angelegten „Umsetzungs-Fahrplans“ („Portfolio Transition Plan“) sinnvoll sein.109

Schritt 5, Monitoring, Controlling und Reporting: Wie bereits mehrfach angesprochen, steht eine objektive Messung – und damit auch die portfoliotheoretische Quantifizierung – von Kohlenstoffrisiken erst am Anfang. Speziell die mittel- und längerfristige Abschätzung möglicher Stranded Assets- und Transitions-Risiken ist mit eheblichen Unsicherheiten behaf-tet. Dennoch sollten Investoren und Vermögensinhaber für die kohlenstoffbasierten Risiken ihrer Portfolios sensibilisiert sein und diese soweit als möglich quantitativ und qualitativ erfassen und fortlaufend überwachen, kontrollieren und in ihr Berichtswesen einfließen lassen.

Dazu zählt auch die Schärfung des Blicks für relevante re-gulatorische und gesetzliche Änderungen, die in naher Zu-kunft mit erhöhter Intensität zu erwarten sind. Auch ist

106 Vgl. dazu Deutsche AWM, ESG & Corporate Financial Performance: Mapping the global landscape, 2015.107 Vgl. dazu z.B. Analysen der Climate Bonds Initiative.108 Besonders der Markt für nachhaltige Investments ist mittlerweile so ausdifferenziert, dass die Hinzuziehung darauf

spezialisierter Berater ratsam ist.109 Dieser Ansatz kann verhindern, dass nennenswerte Anteile eines Portfolios zu früh abgebaut oder exkludiert werden,

die im Sinne anderer Anlageziele noch positive Beiträge leisten. An dieser Stelle ist begrifflich zu differenzieren, dass „Transitionsplan“ ein zunehmend eingeführter Begriff für die Übergangsstrategie eines realwirtschaftlichen Unternehmens in die CO2-arme Zukunft beschreibt, womit den „Transition Risks“ begegnet wird. Ein „Portfolio Transitions-Plan“ ist dementsprechend sachlich-inhaltlich sehr artverwandt.

Carbon Bubble und Dekarbonisierung

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davon auszugehen, dass im Umfeld der Marktregulierung und Marktüberwachung – auch im Bereich der Pflichtpu-blikationen für börsennotierte Unternehmen – laufend neue Ansätze, Verfahren und Methoden entwickelt (oder vorgegeben) werden, die zukünftig eine erhöhte Transpa-renz – und damit auch verbesserte Quantifizierbarkeit – latenter Carbon Risks ermöglichen werden. Strategische Investoren sollten dabei jedoch berücksichtigen, dass

an Kapitalmärkten der Zustand öffentlicher Transparenz stets identisch ist mit dem Zeitpunkt, an dem ein vorher unbekanntes (oder unterschätztes) Risiko sich spätestens tatsächlich materialisiert.

Nachfolgendes Ablaufdiagramm stellt nochmals die erforder-lichen Schritte zur Berücksichtigung latenter Carbon Risks im Rahmen eines disziplinierten Investmentprozesses dar:

Zusammenfassend lässt sich feststellen: Durch die skizzierte durchgängige Integration Carbon Risk-relevanter Aspekte in den Investmentprozess können Investoren und Vermögen-

sinhaber ihre Portfoliorisiken kontrollieren oder reduzieren, mögliche Investmentchancen nutzen und in ihrer Rolle als Kapitalanleger proaktiv zur Zukunftsfähigkeit beitragen.

Abb. 18: Integration von Carbon Risks in den Investmentprozess

Quelle: FERI, 2016

Vorstufe Prozess Konkretisierung

Risiko-Analyse

Investment-Motive

Investment-Strategie

Umsetzung

Risiko-Profilierung /Szenario-Analysen

Risikovermeidung /Ethik / Verantwortung

Negativ-Screening /Positiv-Screening

Transition Plan /Implementierung

Überwachung /Quantifizierbarkeit

Erfassung / Bewertung

Ziele / Motivation

Deskription / Definition

Transition / Zeitplan

Transparenz / Kontrolle Monitoring

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FERI Cognitive Finance Institute

6.4 FazitundSchlussbetrachtung

Die vorliegende Studie hat das Ziel, Investoren und Vermögensinhaber für das Problem latenter „Carbon Risks“ zu sensibilisieren, Entstehung und Eigenschaften dieser Risiken zu erklären sowie die Bedeutung solcher Risiken für private und institutionelle Kapitalanleger zu verdeutlichen.

Die Studie basiert auf der professionellen Einschätzung eines gemeinsamen Analyse-Teams von FERI und WWF, unter Ein-beziehung aktueller Forschungsergebnisse, einschlägiger poli-tischer Beschlüsse sowie möglicher Antizipations- und Reak-tionsprofile betroffener Kapitalmärkte und Marktteilnehmer.

Die Studie kommt zusammenfassend zu der Einschätzung, dass ein ambitionierter, zunehmend forcierter und global ko-ordinierter Rückzug aus der sogenannten „Carbon Economy“ bereits begonnen hat und auch zukünftig als wahrschein-lichstes Szenario zu gelten hat. Auf dieser Grundlage wer-den diverse Ansätze zur Erfassung und Abschätzung latenter Risikostrukturen für Finanzvermögen und Anlageportfolios

entwickelt. Diese werden ergänzt durch konkrete Empfehlun-gen und Schritte zur Einbeziehung von Carbon Risks in einen systematischen Anlageprozess.

Im Rahmen der Studie werden Annahmen getroffen und Aussagen abgeleitet, die stets nach bestem Wissen erfolgen und professioneller Neutralität verpflichtet sind. Dennoch kann weder für die Richtigkeit dieser Aussagen noch für das Eintreten skizzierter Konsequenzen und Ergebnisse eine Haf-tung oder sonstige Gewähr übernommen werden. Deshalb wird interessierten Investoren und Vermögensinhabern aus-drücklich empfohlen, die vorliegende Studie lediglich als Aus-gangspunkt für eigenständige konsequente Prüfungen und zielorientierte Analysen zu betrachten.110

Trotz nach der jüngsten US-Wahl erneut unsicherer politi-scher Rahmenbedingungen dürfte der globale Rückzug aus der Kohlenstoff-Wirtschaft unumkehrbar stattfinden und weitergehen. Die möglichen Konsequenzen für die Bewer-tung von Kapitalanlagen sowie für latent erhöhte Risiken in Finanz-Portfolios sollten deshalb, zumindest bis zum Beweis des Gegenteils, sehr ernst genommen werden.

110 Die Analyse der hier bereits angesprochenen, nicht dezidiert analysierten Konsequenzen eines möglichen kohlen-stoffarmen Umbaus ganzer Volkswirtschaften („Transitionsrisiken“), bleibt nachfolgenden Studien vorbehalten.

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Dieser Text dient nur zu Informationszwecken. Er stellt keine Anlageberatung und auch keine Aufforderung zum Kauf oder Verkauf von Wertpapieren, Terminkontrakten oder sonstigen Finanzinstrumenten dar. Eine Investitionsentscheidung hat auf Grundlage eines Beratungs-gesprächs mit einem qualifizierten Anlageberater zu erfolgen und auf keinen Fall auf der Grundlage dieser Information. Potentielle Investoren sollten sich informieren und adäquaten Rat einholen bezüglich rechtlicher und steuerlicher Vorschriften sowie Devisenbestimmungen in den Ländern ihrer Staatsbürgerschaft, ihres Wohnorts oder ihres Aufenthaltsorts, die möglicherweise für die Zeichnung, den Kauf, das Halten, das Tauschen, die Rückgabe oder die Veräußerung jeglicher Investments relevant sein könnten. Alle Angaben und Quellen werden sorgfältig recherchiert. Für Vollständigkeit und Richtigkeit der dargestellten Information wird keine Gewähr übernommen. Diese Publikation ist urheber-rechtlich geschützt. Jede weitere Verwendung, insbesondere der gesamte oder auszugsweise Nachdruck oder die nicht nur private Weiter-gabe an Dritte ist nur mit vorheriger schriftlicher Zustimmung von FERI und WWF gestattet. Die nicht autorisierte Einstellung auf öffentlichen Internetseiten, Portalen oder anderen sozialen Medien ist ebenfalls untersagt und kann rechtliche Konsequenzen nach sich ziehen. Die angeführten Meinungen sind aktuelle Meinungen, mit Stand des in diesen Unterlagen aufgeführten Datums.

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