Untervazer Burgenverein Untervaz Texte zur Dorfgeschichte von … · 2018. 1. 29. · Die Verfasser...
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Untervazer Burgenverein Untervaz
Texte zur Dorfgeschichte
von Untervaz
1812
Das Schlachtfeld an der Beresina
Email: [email protected]. Weitere Texte zur Dorfgeschichte sind im Internet unter http://www.burgenverein-untervaz.ch/dorfgeschichte erhältlich. Beilagen der Jahresberichte „Anno Domini“ unter http://www.burgenverein-untervaz.ch/annodomini.
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1812 Das Schlachtfeld an der Beresina Hans-Rudolf Kurz
in: Cahiers d'histoire et de prospective militaire - Schweizer Schlachtfelder -
Champs de batailles suisses - Campi di battaglie svizzeri -
Réalisation: Bibliothèque militaire fédérale Armé et Foyer - Centre d'histoire
et de prospective militaire 3/1971
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S. 03: VORWORT
Die Verfasser dieses Heftes hatten im Auge, ein kleines Vademecum unserer
Schlachtfelder zu gestalten, welches dem, der sich für Schweizer Geschichte
interessiert, ähnliche Dienste leisten soll, wie sie der Reisende von einem
Reise-Taschenbuch erwartet. Wenn sich der Offizier die Mühe macht, das
vielleicht im Handschuhfach des Wagens versorgte Heft zu konsultieren, so
veranlasst es ihn möglicherweise dazu, hier und dort einen kleinen lehrreichen
Halt einzuschalten. Auch dem Truppenkommandanten, der eine in einem
historischen Abschnitt liegende Truppe besucht, bietet es Gelegenheit, seinen
Leuten den Ablauf der Kämpfe zu schildern, die sich dort einmal abgespielt
haben.
Die Angaben in unserem Vademecum erheben keinen Anspruch auf
Vollständigkeit. Sie wollen einzig über das sehr komplexe Geschehen, das
«Schlacht» genannt wird, in grossen Zügen einen Überblick vermitteln,
vergleichbar etwa der Sicht, die der Kommandant einer Helikopterformation
hat, wenn er den Gegner angeht. In diesem Sinne auch wurde hier der Versuch
gemacht, sich der Technik des Luftbildes zu bedienen.
Seit den früheren Zeiten unserer Geschichte hat sich die Landschaft erheblich
verändert, gewiss, aber auch heute noch kann aus dem Gesicht unseres
Geländes abgelesen werden, welche Verfahren sich die damaligen Sieger
gezwungenermassen oder auf ingeniöse Art einfallen liessen. In wenigen
Jahren schon werden jedoch die einschneidenden Umwälzungen unserer
Epoche ein solches Verständnis erheblich erschweren. Auch aus diesem Grund
erschien es uns nötig, gerade zum jetzigen Zeitpunkt das vorliegende
ikonographische Dokument zusammenzustellen.
Das Studium der Geschichte unserer Heimat ist auch für uns moderne
Menschen nützlich, denn in ihr leuchten gewisse Gegengifte gegen die
moralische Zersetzung auf, die offenbar unsere Gesellschaft in weiten Kreisen
befallen hat. 1798-1812: nur 14 Jahre trennen den Zusammenbruch der
traditionellen Werte der alten Eidgenossenschaft vom heroischen Opfergang
der Beresina. Lassen sich in dieser ausserordentlichen Vitalität des
patriotischen und militärischen helvetischen Geistes nicht Gründe zur
Hoffnung finden?
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S. 88:
Beresina (28. November 1812) (Oberst i Gst. Hans-Rudolf Kurz)
Von dem in Weissrussland entspringenden und nach einem Lauf von mehreren
hundert Kilometern in den Dniepr einmündenden russischen Fluss der Beresina
würde bei uns wohl kaum jemand sprechen, wäre dieser Name nicht mit einer
der schmerzvollsten, aber ruhmreichsten Erinnerungen an schweizerisches
Soldatentum in fremden Diensten verbunden. An der Flussbarriere der
Beresina erlebte der Rückzug der Grande Armee Napoleons, die nach ihrem
misslungenen Feldzug gegen Russland im Jahr 1812 von Moskau nach dem
Westen zurückflutete, ihre schwerste und gefährlichste Krise. Wenig hätte
gefehlt, dass hier die zangenartig von allen Seiten gegen die zurückweichenden
napoleonischen Heersäulen angesetzten russischen Armeen den Eindringlingen
den Rückzug. verlegt und damit das Gros des französischen Heeres
eingekesselt hätten. Nur den opfermütig kämpfenden Deckungstruppen war es
zu verdanken, dass die Übergangsstelle über die Beresina so lange offen
gehalten werden konnte, dass sich die Hauptmacht der Franzosen über den
Fluss retten konnte. Unter diesen Truppen haben sich die «Roten Schweizer»
der Armee Napoleons besonders hervorgetan, ihrer Opfertat war es vor allem
zuzuschreiben, dass grosse Teile des französischen Heeres vor der Vernichtung
bewahrt blieben. Die für die Schweizer Regimenter ungeheuer verlustreichen
Rückzugskämpfe an der Beresina waren die letzten grossen Kriegshandlungen,
die schweizerische Truppen bestanden haben. Bei allem Leid, das sie über
unser Land brachten, sind sie dennoch ein leuchtendes Blatt unserer
Kriegsgeschichte. Sie verdienen es, dass ihrer am 28. November, an dem sich
die Erinnerung an sie zum 150. Mal jährt, ehrend gedacht wird.
Mit der Armee Napoleons sind vier Schweizer Regimenter im Frühjahr 1812
zum Feldzug gegen Russland angetreten. Das erste dieser Regimenter war im
Jahr 1805 aus den helvetischen Halbbrigaden gebildet worden, während die
drei übrigen im Jahr 1806 mittels Zwangsrekrutierungen ausgehoben und
vorerst namentlich in den mörderischen Kämpfen in Spanien eingesetzt
wurden. Zu Beginn des Jahres 1812 wurden die Schweizer Regimenter aus
ihrem Garnisonen abgezogen und im April in Magdeburg besammelt, ihr
Bestand betrug damals gesamthaft noch 7300 Mann.
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Innerhalb der 9. Division (General Merle), die dem 2. Korps (Marschall
Oudinot) angehörte, machten sie den französischen Vormarsch über den
Njemen mit, wobei dem 2. Korps die Aufgabe übertragen war, die Verbindung
mit dem 6. Korps sicherzustellen, das am äussersten linken Flügel der
französischen Armee vorrückte und die vor Petersburg stehende russische
Armee Wittgenstein in Schach halten sollte. In der ersten grossen Schlacht von
Polozk vom 17./18. August erkämpfte das 2. Korps den Übergang über die
Düna, blieb dann aber in Litauen stehen, um hier die linke Flanke der nach
Moskau marschierenden Grande Armee abzuschirmen. In diesen teilweise sehr
heftigen Kämpfen sank der Bestand der
S. 89: Schweizer Regimenter auf etwa 5000 Mann ab, durch Ruhr und andere
Krankheiten verloren sie im Verlauf des Sommers annähernd weitere 2000
Mann.
Nachdem Napoleon in Moskau vergeblich auf ohne Antwort des Zaren auf sein
Friedensangebot gewartet hatte, musste er sich Mitte Oktober 1812
entschliessen, die brennende russische Hauptstadt zu verlassen und sich mit
den verbleibenden Resten des französischen Heeres seiner Vormarschroute
entlang nach Westen abzusetzen. Am 9. November erreichte Napoleon
Smolensk unter dauernden Rückzugskämpfen gegen die russischen Armeen,
die am 18. Oktober zum Generalangriff gegen die zurückweichenden
Franzosen angetreten waren. Immer deutlicher begann sich nun für das
französische Heer die Gefahr abzuzeichnen, durch grosse Zangenbewegungen
russischer Heeresgruppen überholend umfasst, im Rücken abgeschnitten und
damit eingekesselt zu werden:
- im Norden durch General Wittgenstein, der in der verlustreichen zweiten
Schlacht von Polozk diese Stadt zurückerobert und auch Witebsk genommen
hatte und drohte, im Rücken Napoleons auf dessen Rückzugsachse zu stossen,
- im Südosten durch Admiral Tschitschagow, der Minsk wieder besetzt hatte
und von hier mit seinen gefürchteten Kosaken gegen die grosse Heerstrasse
anrückte, um den Einschliessungsring um die Franzosen zu schliessen,
- im Osten durch frontal nachdrängende russische Verbände.
Aber nicht nur die Gefahr der Einkesselung, sondern auch der katastrophale
Zustand der französischen Armee trieben zu höchster Eile.
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Die Kälte des russischen Winters, Hunger und Durst, Krankheiten und
Desertionen sowie auch die ununterbrochenen Kämpfe mit den immer aktiver
werdenden Russen hatten die einst unbesiegliche Armee ausserordentlich
geschwächt und sie an den Rand der Auflösung gebracht. Napoleon stand
damit vor der Notwendigkeit, die Trümmer seines Heeres so rasch wie möglich
in Sicherheit zu bringen, bevor sie vollends auseinander fielen oder von den
Russen gefangen genommen wurden. Um seine Bewegungen möglichst zu
beschleunigen, liess er nach der Überschreitung des Dnjepr sogar seinen
schweren Brückentrain verbrennen, dieser hat ihm an der Beresina bitter
gefehlt.
Das 2. Korps, dem die Schweizer Regimenter angehörten, musste sich nach
dem Verlust von Polozk unter hinhaltenden Gefechten in südlicher Richtung
durchschlagen. An der grossen Heerstrasse fand es kurz vor der Beresina
Anschluss an die Hauptarmee und wurde nun von Napoleon als Vorhut der
zurückgehenden Armee eingesetzt. Der Bestand der Schweizer war inzwischen
auf 1200 Mann gesunken.
Die von Minsk heraneilenden Verbände Tschitschagows erreichten als erste
den Ort Borrisow an der Beresina, wo die Rückzugsachse Napoleons den Fluss
über querte, und besetzten dessen Ostufer. Das zweite französische Korps
musste deshalb die Übergangsstelle für die nachfolgenden französischen
Truppen wieder freikämpfen.
S. 90: Im Verlauf dieses Gefechts wurden zwar die Russen auf das Westufer der
Beresina zurückgeworfen, aber die Holzbrücke ging dabei in Flammen auf, so
dass sie nicht mehr benützt werden konnte. Dadurch wurde Napoleon
gezwungen, einen neuen Übergang zu errichten. Auf Anraten unseres
Landsmannes, des Generals Jomini, wurde dafür eine einige Kilometer weiter
flussaufwärts liegende Stelle gewählt, hier bei dem Weiler Studianka war die
Beresina etwa 100 m breit und 1½ m tief, ihre Ufer waren beidseits von
Morasten, Wäldern oder dichtem Unterholz gesäumt.
Mit einem Scheinmanöver von genialer Kühnheit täuschte Napoleon die
Russen über seinen Übersetzort, während ihre Aufmerksamkeit auf
verschiedene andere Stellen gelenkt wurde, begannen in der Nacht vom 25./26.
November die Sappeure des Generals Eblé mit dem Bau einer Bockbrücke bei
Studianka.
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Dieser Brückenschlag, für den es an allem fehlte, wurde unter unsäglichen
Schwierigkeiten ausgeführt und gelang nur dank dem übermenschlichen
Einsatz der Bautruppen. Bis zum Hals mussten die Sappeure unter ihnen
befanden sich auch einige Tessiner - in dem eiskalten Wasser stehen, ein
grosser Teil ist dabei ertrunken.
Sobald die Brücke passierbar war, wurde sie vom 2. und 3. französischen
Korps überschritten, die sofort auf der Westseite des Flusses die Sicherung des
Flussübergangs für die nachfolgende Armee übernahmen. Während das 2.
Korps (Marschall Oudinot) und 3. Korps (Marschall Ney) einen Brückenkopf
auf dem westlichen Ufer errichteten, sicherte das 9. Korps (Marschall Victor)
auf dem östlichen Ufer. Damit war die von beiden Seiten bedrohte
Übergangsstelle von Studianka auf beiden Flussufern abgeschirmt und sowohl
für den Anmarsch auf die Brücke als auch für den Wegmarsch von der Brücke
offen gehalten.
Bis zum Morgen des 28. November wurde der Übergang der zurückflutenden
französischen Truppen über die Brücke von den Russen kaum gestört.
Tschitschagow hatte zwar die Täuschung erkannt, aber er wagte es nicht, von
dem strengen Wortlaut des ihm erteilten Befehls abzuweichen, der ihn
ausdrücklich anwies, den Übergang der Franzosen über die Beresina bei
Borrisow zu verhindern. Dieser geistigen Unbeweglichkeit der russischen
Führung verdankten erhebliche Teile des französischen Heeres das
unbehelligte Überschreiten des Flusses. Am 28. November setzten die Russen
jedoch auf beiden Ufern zu heftigsten Angriffen auf die französischen
Brückenköpfe an.
Auf dem westlichen Ufer der Beresina, zwischen den Weilern Stachow und
Brill, stand, mit Front gegen Stachow, im ersten Treffen das 2. Korps mit den
Schweizer Regimentern, hinter diesem stand im zweiten Treffen das 3. Korps.
Die alte und die junge Garde hielten sich bei Brill als Generalreserve bereit.
Die ersten beiden Schweizer Regimenter waren am linken Flügel beidseits der
Fahrstrasse Brill Stachow unmittelbar am Fluss eingesetzt, die übrigen
Schweizer standen zurückgestaffelt dahinter, ein Teil eines Schweizer
Bataillons war als Gefechtsvorposten am Waldrand gegen Stachow aufgestellt.
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S. 91:
S. 92: Im Lager der Schweizer herrschte eine sehr niedergeschlagene Stimmung. Sie
wussten, dass sie an der Strasse Stachow-Brill an einer entscheidenden
Schlüsselstellung standen, die zweifellos ein erstes Angriffsziel des Gegners
sein würde. Hunger und Durst und die grimmige Kälte, aber auch die Nähe des
weit überlegenen Feindes liessen in der Nacht auf den 28. November niemand
Schlaf finden. Als am Morgen die Sonne blutigrot aufstieg, wurden die
Schweizer von einer dunkeln Vorahnung auf ihr Schicksal befallen. In dieser
bedrückten Stunde gelobten sie sich, bis zum Äussersten zu kämpfen, wie es
die Väter getan, und sich in der Not nicht zu trennen. Zum Trost in der
Dunkelheit stimmten sie das Lied «Unser Leben gleicht der Reise» an, das in
seltsamer Wehmut in den kalten russischen Wintermorgen hinausklang. Dieses
Lied ist als «Beresinalied» zum Mahnmal an die Opfertat der Schweizer
Regimenter geworden, es gehört seither zum bleibenden Besitz unseres
schweizerischen Liederschatzes.
Das Lied war kaum verklungen, als das Rauschen heranbrausender Kanonen-
kugeln den Beginn des russischen Angriffe ankündigte. Inzwischen hatte es zu
schneien begonnen, so dass man kaum 30 m weit sah.
Im Schutz des Schneetreibens konnte sich der Feind ungesehen bis nahe an die
Stellungen der Verteidiger heranarbeiten. Napoleon, der sich im Abschnitt
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befand, in dem die Schweizer standen, befahl persönlich den sofortigen
Angriff. Nun wurde die Feuerlinie gebildet und unter heftigem Gewehrfeuer
vorgerückt. Wohl wurde dabei der Gegner zurückgedrängt, aber die Verluste in
dem eigenen Reihen waren schwer, insbesondere hatten es die russischen
Scharfschützen auf die Offiziere abgesehen. Bald stellte sich auch ein
empfindlicher Munitionsmangel ein, den die Schweizer mit einem wilden
Bajonettangriff wettmachten, von dem die Russen derart überrascht wurden,
dass sie in aufgelöster Ordnung zurückflohen. Erst das Eintreffen frischer
russischer Kavallerie brachte die Fliehenden zum Stehen. Inzwischen war
einige Munition herangeführt worden, die die Wiederaufnahme des
Feuergefechtes erlaubte. Aber sobald die Munition erneut knapp wurde, musste
wieder zur blanken Waffe gegriffen werden, wobei sich zeigte, dass die
Verluste des Bajonettkampfs erstaunlich viel geringer waren als im
Feuergefecht. So wogte während des ganzen Tages der für beide Teile äusserst
verlustreiche, wilde Kampf hin und her. Ohne den Gedanken an eine Schonung
wurde das Gefecht fortgesetzt, immer wieder schlugen die Tambouren Sturm
und griffen die Roten Schweizer, unterstützt von französischen Kürassieren
und übriger Infanterie, den Gegner an. Insgesamt sieben schwere Angriffe
wurden von ihnen an diesem Tag vorgetragen. Aber auch die Russen setzten
alles daran, die Brückenstelle in die Hand zu bekommen, um damit den noch
am andern Ufer befindlichen Franzosen den Rückweg abzuschneiden. In einem
dieser wilden Entlastungsangriffe gelang es sogar, 2500 Russen gefangen zu
nehmen. In dem sehr offensiv und ohne Rücksicht auf Verluste geführten
Abwehrkampf vernichten die heldenhaften Verteidiger ihre Stellung zu
behaupten und die Russen, trotz ihrer bedeutenden Übermacht, bis zuletzt in
Schach zu halten. Erst als die Nacht hereingebrochen war, stellten diese ihre
Angriffe ein.
S. 93: Ausserordentlich gross waren die Verluste der Verteidiger. Auf dem ganzen
Schlachtfeld lagen tote und schwer verletzte Schweizer verstreut, deren Blut
den Schnee rot färbte. Als Appell geblasen wurde, meldeten sich noch 300
Mann, wovon 100 verwundet waren, die übrigen 900, also 75 % waren an
diesem Tag gefallen. Aber der unerhörte Blutzoll der Verteidiger hat es
wesentlichen Teilen der französischen Armee erlaubt, sich über die Brücke in
Richtung auf Wilna zurückzuziehen. Die Opfertat der Deckungstruppen, unter
denen die Roten Schweizer hervorragten, hat entscheidend beigetragen zur
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Rettung der Trümmer der Grossen Armee. Sowohl der Divisionskommandant,
General Merle, als auch Napoleon selbst haben den unerhörten Kampfeinsatz
und die Standhaftigkeit der Schweizer in ihrem vollen Wert gewürdigt: der
Kaiser sprach noch auf dem Schlachtfeld den Schweizer Regimentern 62
Kreuze der Ehrenlegion zu, wovon 46 für Offiziere und 16 für Unteroffiziere
und Soldaten bestimmt waren.
Wegen des wachsenden Drucks der von Osten heranrückenden russischen
Verfolger musste am nächsten Morgen die Brücke aufgegeben und zerstört
werden. Unter den tausenden von Abgeirrten, Erschöpften und Verwundeten,
die sich in verzweifelter Angst noch an den Fluss drängten, dicht verfolgt von
den wild nachdrängenden Russen und wahllos beschossen von der
unbehinderten feindlichen Artillerie, haben sich grauenhafte Szenen des
Untergangs abgespielt. Gewaltig waren hier nochmals die Verluste Napoleons,
von ihnen hat er sich nie mehr erholt. Die Überreste der Schweizer Regimenter
waren inzwischen mit ihren Verbänden als Nachhut des französischen Heeres
nach Westen abmarschiert, wo ihrer noch schwere Prüfungen warteten. Mitte
Dezember überschritten sie wieder den Njemen. Nur wenige haben die Heimat
wiedergesehen.
Der Heldenkampf der Roten Schweizer an der Beresina nötigt uns Achtung
und Bewunderung ab, auch wenn ihr Opfer nicht in der Verteidigung von
Freiheit und Vaterland, sondern im Dienst einer fremden Sache erbracht
worden ist. Dieser Rückzugskampf, der in seiner innern Grösse an den
Rückzug vom Schlachtfeld von Marignano erinnert, zeigt die edelsten
soldatischen Tugenden von Treue, Pflichtbewusstsein und der Hingabe an eine
höhere Aufgabe. Trotz der Aussichtslosigkeit der Lage sind die Schweizer in
wildem Ungestüm immer wieder angestürmt und haben dem überlegenen
Gegner keinen Fussbreit Boden preisgegeben. Durch ihre Opfertat haben sie
ein Beispiel nicht nur von hohem soldatischem Können, von Mut und
Disziplin, sondern auch von selbstloser Pflichterfüllung und von Einordnung in
ein grösseres Ganzes gegeben. In einer dunklen Zeit, in der die Heimat die
Tiefen der Fremdherrschaft durchlaufen musste, bedeutet dieses Ruhmesblatt
einen tröstlichen Lichtblick. An der Beresina wurde der Wahlspruch aller
Schweizer in fremden Diensten bekräftigt, der lautet: TREUE UND EHRE.
Internet-Bearbeitung: K. J. Version 01/2018
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