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Unterwegs in der

geschichtedeUtschlands

Von Karl dem Großen bis heute

herausgegeben von dorothee Meyer-Kahrweg und

hans sarkowicz

Verlag C.H.Beck

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Zum Buch

Renommierte Experten und Autoren eröffnen wissenschaftlich fundiert und lebendig erzählt das breite Panorama der deutschen Geschichte. Dabei begeben sie sich zusammen mit dem Leser auf einen Streifzug durch die Zeit von der Übertragung des Heiligen Römischen Reiches auf das Frankenreich mit der Krönung Karls des Großen bis zur un-mittelbaren Gegenwart. Die Autoren zeichnen in enger Zusammenar-beit mit den fachlichen Gewährsleuten die zentralen Stationen dieser Entwicklungslinie anschaulich nach und erläutern gut verständlich die Hintergründe der Ereignisse. Auf Grundlage der gleichnamigen Hör-buchreihe des Hessischen Rundfunks entsteht so ein Kompendium zu 1200 Jahren deutscher Geschichte.

Die Autoren:

Andreas HorchlerChristiane HillebrandRuth FühnerHans SarkowiczJoachim MeißnerRuthard StäbleinFrank EckhardtSabine WeberMartin HartwigMichael MarekDorothee Meyer-KahrwegDetlef Michelers

Die Experten:

Prof. Johannes FriedProf. Frank RexrothProf. Hans-Jürgen GoertzProf. Georg SchmidtProf. Barbara Stollberg-RilingerProf. Hans-Ulrich WehlerProf. John RöhlProf. Heinrich August WinklerProf. Wolfgang BenzProf. Michael WildtProf. Manfred GörtemakerFriedrich Schorlemmer

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Über die Herausgeber

Dorothea Meyer-Kahrweg arbeitet als Autorin und Regisseurin für den Hessischen Rundfunk.Hans Sarkowicz ist Leiter des Bereichs Kultur und Wissenschaft beim Hessischen Rundfunk und Lehrbeauftragter am Institut für Allgemeine und Vergleichende Literaturwissenschaft der Johann-Wolfgang-Goethe-Universität Frankfurt am Main.

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© Verlag C.H.Beck oHG, München 2014Umschlaggestaltung: Kunst oder Reklame, München

Umschlagabbildungen:oben: Historische Aufnahme Sprung in die Freiheit des

Volkspolizisten Conrad Schumann am 15. August 1961 zur Zeitdes Mauerbaus in den Westen © Fotex /Peter Leibing

unten: Karl der Große, Reiterstandbild, Musée du Louvre, Paris.© bpk | RMN – Grand Palais

ISBN Buch 978 3 406 65937 9ISBN eBook 978 3 406 65938 6

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INHALt

Vorbemerkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11

Von Karl dem GroSSen biS zu HeinricH V.800–1137(Andreas Horchler und Prof. Dr. Johannes Fried) . . . . . . . . . 13

Das karolingische Reich nach Karl dem Großen . . . . . . . . . . 18Die größte Fälschung des Mittelalters und der

Niedergang der Karolinger . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21Die Herrschaft der Ottonen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24Die Anfänge des Heiligen Römischen Reichs . . . . . . . . . . . . 27Endzeitstimmung zur Jahrtausendwende . . . . . . . . . . . . . . . 31Die Herrschaft der Salier und die Kirchenspaltung . . . . . . . . 34Der «Investiturstreit» und der Gang nach Canossa . . . . . . . 37Die Kreuzzüge und der Aufbruch in eine neue Zeit . . . . . . . . 39

Von den Staufern zu den HabSburGern1138–1517(Dr. Christiane Hillebrand und Prof. Dr. Frank Rexroth) . . . 43

Das Drei-Stände-Model . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 46Ein typus höfischer Gesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 48Dreifelderwirtschaft und technische Innovationen . . . . . . . . 51Stadtmauern und Marktrechte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 53Hoffart und Kleiderordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 56Die Ära der Staufer und der Investiturstreit . . . . . . . . . . . . . 57Die Ausbreitung des staufischen Herrschaftsbereichs . . . . . . 60Die Kreuzzüge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 62Gnade vor Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 64Das Interregnum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 65Die Pest . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 68Das Leben der Juden im Mittelalter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 69Das Studium und die Medizin . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 70Johannes Gutenberg und die Erfindung des Buchdrucks . . . . 72

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inhalt6

HumaniSmuS, reformation, bauernKrieG1517–1618(Dr. Ruth Fühner und Prof. Dr. Hans-Jürgen Goertz) . . . . . . 77

Die Humanisten und die Wissensschätze der Antike . . . . . . . 83Von der Reform zur Reformation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 86Luthers Lehre und die Folgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 88Nürnberg, Zürich, Mühlhausen – der Erfolg der

Reformation in den Städten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 91Der Bauernkrieg . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 94Die Reformation frisst ihre Kinder . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 97Die Spaltung der christlichen Kirche . . . . . . . . . . . . . . . . . . 99Abseits der Glaubenskämpfe – der Kapitalismus

kündigt sich an . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 101

der dreiSSiGjäHriGe KrieG1618–1648(Hans Sarkowicz und Prof. Dr. Georg Schmidt) . . . . . . . . . . 107

Graf Wallenstein und Herzog Maximilian – zwei Profiteure des Kriegs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 113

Frieden und doch kein Frieden – ein kaiserliches Edikt und seine Folgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 115

Gustav Adolf, König von Schweden und «Retter des Protestantismus» . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 118

Die Widerwärtigkeit des Kriegs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 122Die verspielte Chance – der Friedensvertrag von Prag . . . . . 124Über Konfessionsgrenzen hinweg – das Bündnis

zwischen Schweden und Frankreich . . . . . . . . . . . . . . . . . 126Siege, aber keine Sieger – das letzte Jahrzehnt des

Dreißigjährigen Kriegs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 129Der Friedensvertrag von Münster und Osnabrück . . . . . . . . 130

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die zeit deS abSolutiSmuS in deutScHland1648–1806(Dr. Joachim Meißner und Prof. Dr. Barbara Stollberg-Rilinger) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 135

Das Heilige Römische Reich Deutscher Nation – ein Monstrum? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 140

Der Weg zum modernen Staat . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 142Das Reich wird bedroht: Ludwig XIV. und die türken . . . . 144Symbole – das Kapital der Macht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 146Francomanie und höfische Prachtentfaltung . . . . . . . . . . . . . 147Grenzen des fürstlichen Absolutismus . . . . . . . . . . . . . . . . . 148Der aufgeklärte Absolutismus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 150Dualismus Preußen – Österreich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 154Gartenlandschaft als Protest gegen Preußen . . . . . . . . . . . . . 156Die Ambivalenz der Aufklärung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 158Die Revolution und das Ende des Reiches . . . . . . . . . . . . . . 162

Vormärz – nationalVerSammlunG – induStrialiSierunG1806–1871(Ruthard Stäblein und Prof. Dr. Hans-Ulrich Wehler) . . . . . . 167

Die Schlachten von Jena und Auerstedt . . . . . . . . . . . . . . . . 170Preußische Reformen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 172Frankreich wird zum «Erbfeind» . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 173Der Russlandfeldzug und die Befreiungskriege . . . . . . . . . . . 175Napoleons Niedergang und die deutsche Innerlichkeit . . . . . 176Der Wiener Kongress und die Gründung des

Deutschen Bundes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 179Zwischen Biedermeier und Aufruhr . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 181Friede den Hütten, Krieg den Palästen . . . . . . . . . . . . . . . . . 183Der Deutsche Zollverein . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 185Die bürgerliche Revolution und ihr Scheitern . . . . . . . . . . . . 188Der Aufstieg Preußens und die Schlacht von Königgrätz . . . 193Die Emser Depesche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 197

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inhalt8

WilHelminiScHeS KaiSerreicH1871–1918(Frank Eckhardt und Prof. Dr. John Röhl) . . . . . . . . . . . . . . 201

Kulturkampf und Sozialistengesetze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 206Bismarcks Bündnispolitik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 209Deutschland als Kolonialmacht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 212Der Lotse geht von Bord . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 214Kaiser Wilhelm II. – intelligent, eitel und selbstherrlich . . . . 216Vom Agrarland zum Land der Fabrikschlote . . . . . . . . . . . . 218Die Zukunft liegt auf dem Wasser . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 220Kriegsvorbereitungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 224Der Erste Weltkrieg . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 227Revolution und das Ende der Kaiserzeit . . . . . . . . . . . . . . . . 232

die Weimarer republiK1918–1933(Sabine Weber und Prof. Dr. Heinrich August Winkler) . . . . 235

Spartakusaufstand, Versailler Vertrag und die Weimarer Verfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 239

Kapp-Putsch, Neuwahlen, Hitler und die NSDAP . . . . . . . . 243Reparationen und der Einmarsch ins Ruhrgebiet . . . . . . . . . 245Inflation, Dawes-Plan und Hitlers Putsch in München . . . . . 248Reichspräsident Hindenburg, Locarno und der

Völkerbund . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 252Der Aufstieg der NSDAP . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 255Blutiger Mai und Schwarzer Freitag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 257Hindenburg und Hitler . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 260

der nS-Staat Vor dem zWeiten WeltKrieG1933–1939(Martin Hartwig und Prof. Dr. Wolfgang Benz) . . . . . . . . . . 265

Der Reichstagsbrand und seine Folgen . . . . . . . . . . . . . . . . . 270Das Parlament wird ausgeschaltet . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 272Der erste Boykott gegen Juden und die Bücherverbrennung . 274

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Hitlers Macht verfestigt sich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 276Eingliederung und Ausgrenzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2801936 – das Jahr der Olympischen Spiele . . . . . . . . . . . . . . . . 284Die Vorbereitung auf den Krieg . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 285Der Anschluss Österreichs und die Appeasement-Politik . . . 288Der Pogrom vom 9. November . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 290

der zWeite WeltKrieG1939–1945(Michael Marek und Prof. Dr. Michael Wildt) . . . . . . . . . . . . 293

Der Westfeldzug . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 296Das Euthanasieprogramm . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 298Unternehmen Barbarossa – der Russlandfeldzug . . . . . . . . . 299Pearl Harbor und die Kriegserklärung Deutschlands

an die USA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 302Der Rundfunk als Instrument der Propaganda und

die traumwelt in Hörfunk und Film . . . . . . . . . . . . . . . . . 302Zwangsarbeiter und die Wannsee-Konferenz . . . . . . . . . . . . 306Die angeblichen Wunderwaffen und die Schlacht um

Stalingrad . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 309Der «totale Krieg» und der Widerstand gegen das

NS-Regime . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 311Die «Posener Rede» und die Vernichtungslager . . . . . . . . . . 313Die Landung der Alliierten in der Normandie und das

Stauffenberg-Attentat . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 318Die Flucht aus dem Osten und die Kapitulation . . . . . . . . . . 321

daS Geteilte deutScHland1945–1989(Dorothee Meyer-Kahrweg und Prof. Dr. Manfred Görtemaker) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 323

Demontage und Wiederaufbau . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 327Go east – go west. Die Gründung beider deutscher

Staaten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 330Der Kalte Krieg . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 332

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17. Juni 1953 – der Arbeiteraufstand in der DDR . . . . . . . . . 333Mauerbau und Kubakrise . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 336Das Ende der Ära Adenauer und die Große Koalition . . . . . 337Studentenproteste und Straßenkampf – die wilden

60er Jahre . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 339«Wir wollen mehr Demokratie wagen» – Willy Brandt

und die neue Ostpolitik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 341Die 70er Jahre und der Deutsche Herbst . . . . . . . . . . . . . . . 344Der Protest gegen Atomkraft und die Friedensbewegung . . . 347Die Ära Kohl und der neue Mann im Kreml . . . . . . . . . . . . . 34940 Jahre DDR und der Fall der Mauer . . . . . . . . . . . . . . . . . 352

daS WiederVereiniGte deutScHland1989–2013(Detlef Michelers und Friedrich Schorlemmer) . . . . . . . . . . . 355

Die Aufarbeitung der DDR-Vergangenheit . . . . . . . . . . . . . . 361Rechtsradikalismus in Ost und West . . . . . . . . . . . . . . . . . . 363Die großen Pleiten und die Ostalgie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 365Das Ende der Ära Kohl und der Krieg gegen den terror . . . . 368Hartz IV und die wachsende Macht des Kapitals . . . . . . . . . 370Zurück auf die Straße – die neue Protestbewegung . . . . . . . . 373

Anmerkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 376Biographien der Autoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 387Biographien der Experten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 389Abbildungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 391Personenregister . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 392

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Vorbemerkung

Warum muss Geschichte immer wieder neu erzählt werden? Was vergangen ist, lässt sich doch nicht mehr ändern, außer wir wür-den uns auf eine Zeitreise begeben. Aber davon sind wir noch weit entfernt.

Geschichte ist nicht, wie oft gesagt wird, «tot», langweilig oder ohne Relevanz für unsere Gegenwart, sondern höchst lebendig. Die Städte und Dörfer, in denen wir leben, und die Landschaften, die uns umgeben, sind von Menschen über Jahrhunderte gestaltet worden. Man kann in einer Stadt, wenn man mit ihrer Geschichte vertraut ist, lesen wie in einem Buch. Was im Kleinen gilt, ist im Großen nicht anders. Wir können weltpolitische Ereignisse, Mentalitäten, Ideologien und Befindlichkeiten besser verstehen, wenn wir die historischen Hintergründe kennen.

Die Beschäftigung mit Geschichte lohnt. Aber endgültige Wahrheiten hält sie nicht bereit. Jede (Historiker-)Generation überprüft das Vergangene und bewertet Personen und Ereignisse neu. So hat sich zum Beispiel das Bild Karls des Großen seit des-sen erstem Biographen Einhard bis zur großen Monographie von Johannes Fried im Jahr 2013 vielfach geändert.

Für die Feature-Redaktion von hr2-kultur war es deshalb ein spannendes Projekt, in zwölf großen Sendungen durch die deut-sche Geschichte zu führen. Dabei sollte keine Enzyklopädie ent-stehen, die akribisch alle halbwegs wichtigen Jahreszahlen und Herrschernamen aufzählt, sondern die Autorinnen und Autoren setzten zusammen mit renommierten Experten Schwerpunkte in ihren Sendungen. Geschichte wird erzählt und von den Experten, die jeweils ein Kapitel begleiten, im Gespräch analysiert. Neben historische Quellen treten gleichwertig literarische texte, die oft mehr über das Leben in einer Epoche und über gesellschaftliche Entwicklungen offenbaren als amtliche Schriftstücke.

Wann beginnt die deutsche Geschichte? Wir haben uns für die Zeit Karls des Großen entschieden, weil sich danach das Fränki-sche Reich teilte und zum ersten Mal die Konturen von Frank-reich und Deutschland sichtbar wurden.

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Vorbemerkung12

Das vorliegende Buch ist aus den Radiosendungen hervorge-gangen und es hat den Feature-Charakter gewahrt. Als 12-teili-ges Hörbuch sind die Sendungen im Münchner Hörverlag er-schienen.

Für ihre wertvolle Hilfe bei den Sendungen, bei der Hörbuch-fassung und bei der «Umwandlung» der Radiomanuskripte in Buchkapitel danken wir Leonhard Koppelmann, Renate Schön-beck, Dr. Katharina theml, Annette Laupert, Julika tillmanns, Susa Berninger und besonders unserem Lektor Dr. Raimund Be-zold.

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VON KARL DEM GROSSEN BIS ZU HEINRICH V.

■ 800–1137 ■

Von Andreas Horchler Experte: Prof. Dr. Johannes Fried

König Heinrich IV. bittet Markgräfin Mathilde von tuszien um Fürsprache in Canossa. Miniatur aus der Vita Mathildis

des Donizo, ca. 1115

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■ 800 Kaiserkrönung Karls des Großen in Rom ■ 814 tod Karls

des Großen, Herrschaftsübernahme durch seinen Sohn Ludwig

den Frommen, der vorher bereits Mitregent war ■ 841 Schlacht

von Fontenoy: Sieg von Ludwig dem Deutschen und Karl dem

Kahlen über Kaiser Lothar ■ 843 Vertrag von Verdun: teilung in

ein Mittel-, Ost- und Westreich ■ 911 tod des letzten ostfrän-

kischen Karolingers (Ludwig das Kind) ■ 919 Beginn der Herr-

schaft der Sachsen/Ottonen mit der Königswahl Hein-

richs I. ■ 955 Schlacht auf dem Lechfeld (vor Augsburg), Sieg ge-

gen die Ungarn durch Otto I. ■ 962 Kaiserkrönung Ottos I. (des

Großen), Gründung des Heiligen Römischen Reiches (Deutscher

Nation), erste Klosterreformbewegungen ■ 11. jh. Investitur-

streit und Kirchenreform: Streit um die Amtseinsetzung von

Geistlichen ■ 1024 Ende der Dynastie der Ottonen durch tod

Heinrichs II., Wahl des Saliers Konrad II. zum König ■ 1054

Schisma zwischen katholischem Rom und orthodoxem Konstan-

tinopel ■ 1077 Gang nach Canossa (Buße von König Hein-

rich IV. in Italien, Erlösung vom Kirchenbann durch Papst Gre-

gor VII.) ■ 1095 Aufruf zum ersten Kreuzzug durch Papst Ur-

ban II. beim Konzil von Clermont ■ 1106 Krönung Heinrichs V.

zum König, 1111 zum Kaiser ■ 1122 Wormser Konkordat (Ende

des Investiturstreits)

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Von Karl dem Großen bis zu Heinrich V. 800–1137 15

«Seine letzte Reise nach Rom hatte mehrere Gründe. Die Römer hatten Papst Leo schwer misshandelt, ihm die Augen ausgestochen und die Zunge ausgerissen, so dass er sich gezwungen sah, den König um Schutz zu bitten. Daher begab sich Karl nach Rom, um die verworrenen Zu-stände der Kirche zu ordnen. Das dauerte den ganzen Winter. Bei dieser Gelegenheit erhielt er den Kaiser- und Augustustitel, der ihm anfangs so zuwider war, dass er erklärte, er würde die Kirche selbst an jenem hohen Feiertage nicht freiwillig betreten haben, wenn er die Absicht des Papstes geahnt hätte.»1

Der Biograf Karls des Großen, Einhard, beschrieb aus seiner Er-innerung die Kaiserkrönung. Im Jahr 800, so Einhard, war der fränkische König Karl aus dem Geschlecht der Karolinger ein ge-fürchteter Kriegsherr, der das Frankenreich Karl Martells und Pippins erheblich vergrößert hatte. Die Krönung zum Kaiser kam Karl gelegen, allerdings missfiel es ihm, die Krone kniend aus der Hand des Papstes zu empfangen und damit die päpstliche Macht anzuerkennen.

Das weströmische Reich war vor 300 Jahren untergegangen. In der danach folgenden Zeit der Völkerwanderungen, der Pest und der Christianisierung hatten die Wirtschaftskraft und die Be-völkerungszahlen abgenommen. Westeuropa war ein Flicken-teppich, das alte Imperium zerrieben in den Kriegen rivalisieren-der Mächte. Ein Flickenteppich, aus dem sich zuerst Ostgoten und Westgoten, dann die Franken als ordnende Kraft abzeich-neten.

Glauben wir an die Echtheit der Knochen im Aachener Dom, die Karls Gebeine sein sollen, war der Kaiser ein gewaltiger Krie-ger, 1,90 Meter groß. Aber überliefert ist auch das Bild des rede-gewandten, die Künste liebenden, religiösen Herrschers.

Mittelalterforscher Professor Johannes Fried gibt zu beden-ken: Erinnerung, auch die Schrift gewordene und in Geschichts-bücher überführte, ist eine unsichere Angelegenheit. Gerade das  Karlsbild wurde wieder und wieder instrumentalisiert, den  jeweils gegenwärtigen Zwecken angepasst. Die Blüte der Karolinger liegt über 1200 Jahre zurück. In dieser Zeit wur- de  fast nur das aufgeschrieben, was Gott oder König verherr-lichte.

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Von Karl dem Großen bis zu Heinrich V. 800–113716

Die Franken unterwarfen Aquitanien und die Gascogne im Süd-westen des heutigen Frankreich, besiegten die Langobarden und nach langen Kämpfen die Sachsen. Auch Bayern verlor seine Ei-genständigkeit, Feldzüge gegen die Mauren in Spanien dagegen verliefen weniger erfolgreich. Ein Sommer ohne Feldzug war in der Welt Karls ein Sommer ohne Ertrag und ohne Gewinn. Es war eine kriegerische, eine gewalttätige Welt. So wie im Hilde-brandslied beschrieben, mag es bei den Feldzügen Karls zugegan-gen sein:

«Da ließen sie zunächst die Eschenlanzen gegeneinander rasen, mit einem so harten Stoß, dass sie sich fest in die Schilde gruben.Darauf ließen sie ihre laut dröhnenden Schilde selbst aufeinanderprallen. Sie schlugen voll Ingrimm auf die weißen Schilde ein, bis ihnen das Lin-denholz zu Spänen zerfiel, von den Waffen zerschlagen.»2

Karl der König war Feldherr, Karl der Kaiser wollte Frieden und Einheit in seinem Reich. Einheit, das wusste der Herrscher, ent-steht nur durch Kultur. Also versammelte der König die besten Denker seiner Zeit um sich. Auch wenn sein Reich keine eigent-liche Hauptstadt hatte und Karl von Pfalz zu Pfalz reiste, sollte sein Hof in Aachen das Zentrum der Macht und des Geistes sein: ein neues Rom.

Bei Hof wurde moselfränkisch gesprochen, ein früher althoch-deutscher Dialekt. Der Angelsachse Alkuin leitete die Hofschule, Adalhard von Corbie kam als führender Kopf seiner Zeit vom

«Es ist für Historiker gar nicht so einfach, mit Erinnerung umzugehen, denn Erinnerung täuscht kontinuierlich. Moderne Psychologen, Neuro-psychologen und Neurobiologen haben festgestellt, dass unser Gedächtnis eine Einrichtung ist, die auf den Moment, auf den gegenwärtigen Augen-blick ausgerichtet ist und nicht auf die Vergangenheit. Das zeigt durchaus Konsequenzen für die Interpretation unserer texte, die aus der Vergan-genheit überliefert sind. Denn alle diese texte sind durch das Gedächtnis hindurchgelaufen, und wir müssen damit rechnen, dass bis zu 40 Prozent Fehlerinnerungen in ihnen stecken. Das gilt auch für die Zeit der Franken, der Karolinger, Karls des Großen, obwohl wir da relativ viele texte haben. Durch die vielen texte gleichen sich die Erinnerungsfehler etwas aus, aber nicht vollständig.»

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Von Karl dem Großen bis zu Heinrich V. 800–1137 17

mittelalterlichen Bildungszentrum im Kloster Corbie an den Hof nach Aachen, der Langobarde Paulus Diaconus folgte dem Ruf Karls ebenso wie Petrus von Pisa, der Westgote theodulf von Or-léans und Hildebald, der erste Erzbischof von Köln als Karls Kanzler. Der König und Kaiser interessierte sich für Rhetorik und die Schriften des heiligen Augustinus. Er ordnete die Rechtsnor-men neu und sorgte für eine Münzreform. Charlemagne oder Karl? Ist Karl Ahnherr der Deutschen oder der Franzosen? Diese Frage stellte sich damals nicht.

«truhtin god. Lamp gotes. Suno fateres, ther thu nimis sunta uu-eruldi, ginadho uns.»3 – So oder so ähnlich mögen die Menschen in der Zeit der Karolinger gebetet haben. Der König war weltli-cher Herr der Kirche. Äbte und Papst flehten den Segen für seine kriegerischen Aktivitäten herbei. Die Einheit von Staat und Kir-che war eine Selbstverständlichkeit. Die Angst vor der Hölle und dem Jüngsten Gericht war allerdings real und wurde in blutrüns-tigen Abbildungen wie der Apokalypse des Paulus und des Petrus dargestellt.

«Im Jahr 800 gab es keine Deutschen und keine Franzosen. Da gab es Franken und verschiedene andere Völker, aber die Franken haben ein gro-ßes Reich aufgebaut, das vom Atlantik bis an die Elbe und bis nach Pan-nonien, dem heutigen Ungarn, reichte und schließlich auch Italien und Nordspanien umfasste. Ein Reich, aus dem dann viele verschiedene Völ-kerschaften und Staaten hervorgegangen sind. Deutsche und Franzosen haben sich im Laufe des früheren Mittelalters, zwischen dem 9. und 12. Jahrhundert, auseinandergelebt. In dieser Zeit trennen sie sich, und es entstehen tatsächlich neue Völker: die Franzosen und die Deutschen.»

«Um diesen Gefahren entgegenzuwirken, suchte man nach Abhilfe. Die wichtigste Abhilfe war das Gebet. Der Einzelne kann nicht ausrei-chend beten, so schuf man Institutionen und stiftete Klöster, um das Gebet in der Gemeinschaft durchführen zu können. Klöster gingen Gebetsver-brüderungen ein, in denen sich die Mönche wechselseitig das Gebet spen-deten. Aber diese Stiftungen waren zugleich auch für die Laienwelt ge-dacht. Denn ein Laie, draußen in der Welt, hatte nicht die Zeit, zu beten. Er musste den Acker bestellen oder er musste kämpfen – als Ritter, Krie ger, Adliger. Um diese Zeit aufholen zu können, stiftete er Klöster. Diese

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Von Karl dem Großen bis zu Heinrich V. 800–113718

Divisio Regnorum, die Reichsteilung unter den männlichen Nachkommen, war schon 806 nach fränkischer Sitte festgelegt worden. Das Frankenreich sollte unter den Söhnen Karl, Pippin und Ludwig aufgeteilt werden. Aber nur Ludwig erlebte das Ende von Karls Herrschaft. Karls Grabinschrift würdigt den großen Frankenkönig als Imperator Orthodoxus, als rechtgläubigen Ver-teidiger und Wahrer der Christenheit.

«Gegen Ende seines Lebens, als ihn schon Krankheit und Alter bedrück-ten, ließ er Ludwig, den König von Aquitanien, der als einziger von Hilde-gards Söhnen noch am Leben war, zu sich rufen. Dann lud er alle fränki-schen Adligen zu einer feierlichen Versammlung ein, bei der er Ludwig mit ihrer Zustimmung zum Mitregenten über das ganze Reich und zum Erben des Kaisertitels einsetzte. Er krönte seinen Sohn selbst mit dem Diadem und befahl, ihn mit dem Titel Kaiser und Augustus anzureden.»4

Schon 300 Jahre später war das Bild Karls im so genannten Rolandslied überhöht und entrückt:

«Es handelt sich um Kaiser Karl. Er ist im Himmel, weil er mit Gottes Hilfe viele heidnische Länder erobert und damit die Christenheit erhöht hat, wie uns unsere Quelle berichtet.»5

Ludwig I., als Ludwig der Fromme bekannt, betrachtete das Frankenreich mit anderen Augen als sein Vater. In Aquitanien ge-boren und aufgewachsen, war er dort mit drei Jahren König ge-worden, bevor er zum Herrscher aller Franken und schließlich zum Kaiser aufstieg.

«Das Nachleben Karls des Großen vollzog sich in Frankreich und in Deutschland höchst unterschiedlich. In Frankreich, jedenfalls in Süd-frankreich, konnte man über ihn sogar spotten. In Deutschland dagegen spottete man nie über Karl den Großen. Er wurde zu dem großen Erobe-rer-Kaiser, zu einem großen Rechtsprecher, Rechtssicherer, einem Men-schen, der die Freiheit garantiert hatte, und er wurde zu einem Heiligen. Ein Heiliger, der Kreuzzüge geschlagen und gegen die Sarazenen gekämpft hatte. Aufgrund dieser taten wurde er im 12. Jahrhundert tatsächlich hei-liggesprochen.»

Auch wenn der Blick des 21. Jahrhunderts auf die Lebensbedin-gungen des 9. Jahrhunderts fast nur Dunkelheit, Entbehrung, Hunger, Krieg und Not offenbart, waren die Zeiten nicht für alle Menschen schlecht. Wer das Land bestellte, hatte in der tat ein denkbar schlechtes Los. Wer dagegen im Herrschaftsdienst stand oder von der Kirche genährt wurde, hatte Aufstiegschancen, selbst wenn er ohne eigenen Besitz war. Im 9. Jahrhundert galt die Formel: Dienst adelt, Schollenbindung nicht.

das karolingische reich nach Karl dem Großen

Als Karl im Januar 814 in Aachen starb, war das karolingische Reich enorm angewachsen. Über 45 Jahre hatte er geherrscht, er-obert, fränkisches Recht und fränkische Ordnung eingeführt. Die

Stiftungen sind zum teil sehr reich ausgestattet. Das Fuldaer Kloster zum Beispiel hatte in seiner Glanzzeit mehrere hundert Mönche, und der Besitz dieser Klöster reichte von der Nordsee bis nach Ober italien.»

«Ich kenne nur Freie und Knechte, soll Karl der Große gesagt haben. Es gab eine breite Unterschicht von sehr, sehr vielen Unfreien unterschiedli-cher Art – Menschen, die völlig abhängig waren, die keinen eigenen Besitz und keine eigenen Rechte hatten und ganz in der Hand eines Herren wa-ren; und andere, die einen Hof hatten und schollegebunden waren; sie durften sich von dieser Scholle nicht entfernen. Die bäuerlichen Höfe im 9. Jahrhundert waren etwa sieben, maximal zehn Hektar groß, also genau so groß, dass man sie mit der Arbeitskraft von zwei Menschen bewirt-schaften konnte. Entsprechend arm waren diese Bauern.Seit dem 10. und 11. Jahrhundert verbreitete sich ein anderes soziales Mo-dell, das die Arbeiter als soziale Gruppe nannte, die alle mit der Hand ar-beitenden Berufe zusammenfasste; daneben die Krieger – das war der Lai-enadel, der in den Kampf zog und den Schwertdienst verrichtete, aber auch die Könige. Die dritte Gruppe schließlich waren die Beter – das wa-ren der gesamte Klerus einschließlich der Mönche bis hin zum Papst als dem Höchsten dieser geistlichen Herren.»

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das karolingische reich nach Karl dem Großen 19

Divisio Regnorum, die Reichsteilung unter den männlichen Nachkommen, war schon 806 nach fränkischer Sitte festgelegt worden. Das Frankenreich sollte unter den Söhnen Karl, Pippin und Ludwig aufgeteilt werden. Aber nur Ludwig erlebte das Ende von Karls Herrschaft. Karls Grabinschrift würdigt den großen Frankenkönig als Imperator Orthodoxus, als rechtgläubigen Ver-teidiger und Wahrer der Christenheit.

«Gegen Ende seines Lebens, als ihn schon Krankheit und Alter bedrück-ten, ließ er Ludwig, den König von Aquitanien, der als einziger von Hilde-gards Söhnen noch am Leben war, zu sich rufen. Dann lud er alle fränki-schen Adligen zu einer feierlichen Versammlung ein, bei der er Ludwig mit ihrer Zustimmung zum Mitregenten über das ganze Reich und zum Erben des Kaisertitels einsetzte. Er krönte seinen Sohn selbst mit dem Diadem und befahl, ihn mit dem Titel Kaiser und Augustus anzureden.»4

Schon 300 Jahre später war das Bild Karls im so genannten Rolandslied überhöht und entrückt:

«Es handelt sich um Kaiser Karl. Er ist im Himmel, weil er mit Gottes Hilfe viele heidnische Länder erobert und damit die Christenheit erhöht hat, wie uns unsere Quelle berichtet.»5

Ludwig I., als Ludwig der Fromme bekannt, betrachtete das Frankenreich mit anderen Augen als sein Vater. In Aquitanien ge-boren und aufgewachsen, war er dort mit drei Jahren König ge-worden, bevor er zum Herrscher aller Franken und schließlich zum Kaiser aufstieg.

«Das Nachleben Karls des Großen vollzog sich in Frankreich und in Deutschland höchst unterschiedlich. In Frankreich, jedenfalls in Süd-frankreich, konnte man über ihn sogar spotten. In Deutschland dagegen spottete man nie über Karl den Großen. Er wurde zu dem großen Erobe-rer-Kaiser, zu einem großen Rechtsprecher, Rechtssicherer, einem Men-schen, der die Freiheit garantiert hatte, und er wurde zu einem Heiligen. Ein Heiliger, der Kreuzzüge geschlagen und gegen die Sarazenen gekämpft hatte. Aufgrund dieser taten wurde er im 12. Jahrhundert tatsächlich hei-liggesprochen.»

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Von Karl dem Großen bis zu Heinrich V. 800–113720

Ludwigs Vertrauter, der Westgote Benedikt von Aniane, refor-mierte die Regeln des Benedikt und Ludwig verfügte, dass sie in allen Klöstern gelten sollten.

«Der Abt, der würdig ist, einem Kloster vorzustehen, muss immer beden-ken, wie man ihn anredet, und er verwirkliche durch sein Tun, was diese Anrede für einen Oberen bedeutet. Der Glaube sagt ja: Er vertritt im Kloster die Stelle Christi; wird er doch mit dessen Namen angeredet.»6

So heißt es in der Mönchsregel des Benedikt von Nursia aus dem 6. Jahrhundert. Aber nicht nur die neue, distanziertere Haltung Rom gegenüber brachte Probleme. Auch die Familienangelegen-heiten der Karolinger gerieten aus den Fugen.

Schon 817, im dritten Jahr seiner Herrschaft als Kaiser, hatte Ludwig der Fromme seine Nachfolge geklärt. In der Ordinatio imperii teilte er das Reich nicht, wie es der fränkische Brauch vorsah, zu gleichen teilen unter seinen drei Söhnen auf. Statt-dessen bevorzugte er seinen ältesten Sohn Lothar, indem er ihn in Aachen zum Mitkaiser krönte. Pippin erhielt Aquitanien und Ludwig Bayern.

Karl der Große hatte seinen Enkel Bernhard, den Sohn des früh verstorbenen Pippin, zum König von Italien gemacht. Als Bern-hard vom traditionsbruch seines Onkels Ludwig erfuhr, probte er den Aufstand und blockierte die Alpenpässe, musste aber an-gesichts der Übermacht des Kaisers aufgeben. Bernhard wurde verhaftet, geblendet und starb an seinen Verletzungen. Eine Kata-strophe für das Frankenreich.

«Er ist nicht in der tradition seines Vaters aufgewachsen mit Rom- und Papst-Orientierung, sondern ganz stark in der tradition der westgoti-schen Kirche, die in toledo zentriert war und von dort aus ihr ganz eige-nes Kirchenrecht und Kirchenverständnis entwickelt hatte. Als er 814 nach Aachen zog, um die Nachfolge seines Vaters anzutreten, brachte er eine ganze Reihe dieser Westgoten mit in den Norden und mit ihnen eine andere Art von Frömmigkeit, eine andere Art von Rom-Verständnis, eine andere Art aber auch, die Züge dieser westgotischen tradition in seinem Frankenreich durchzusetzen.»

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die größte fälschung des mittelalters 21

Nach dem tod seiner ersten Frau heiratete Ludwig ein zweites Mal. Aber die Ehe mit Judith brachte neue Probleme. Da Karl der Kahle, der Sohn aus dieser zweiten Ehe, nicht leer ausgehen sollte, erhielt er das neue Reich Schwaben und zog damit den Hass seiner Halbbrüder und des Aachener Hofes auf sich. Der Unmut wuchs, als Ludwig unter Judiths Einfluss seinen Sohn und Mitkaiser Lothar zur Krönung durch den Papst nach Rom schickte und seinen langjährigen Ratgeber, den Kirchenreformer und Abt Wala von Corbie, vom Hof verwies.

die größte fälschung des mittelalters und der niedergang der Karolinger

Das Kloster Corbie an der Somme war ein Zentrum der größten kirchenrechtlichen Fälschung des Mittelalters, die heute unter dem Namen Pseudoisidor bekannt ist. Der Kölner Mittelalterfor-scher Klaus Zechiel-Eckes deckte den Betrug auf, der in dem Konflikt zwischen Papst und fränkischem Herrscherhaus eine he-rausragende Rolle gespielt hatte. Johannes Fried:

«Diese Konstellation, dass ein Karolinger durch einen Karolinger umge-bracht worden war, führte zu erheblichen Auseinandersetzungen inner-halb der fränkischen Führungseliten. Es gab Anhänger des kleinen Bern-hard, und es gab Anhänger der kaiserlichen Seite Ludwigs des Frommen. Durch diesen Königsmord seitens des Kaisers herrschte seit 817 eine Span-nung innerhalb des Frankenreichs, die letztlich nie mehr befriedet worden ist.»

«Gegen Ende der 820er Jahre nahmen die Spannungen und der Wider-stand gegen Ludwig den Frommen erheblich zu. Sie betrafen auch kirchli-che Fragen, die das Verhältnis zwischen den Bischöfen und der Kirche von Rom zu regeln hatten, und sie betrafen die Herrschaft des Königs über die Fränkische Kirche und die Konkurrenz zwischen König oder Kaiser und Papst. Diese Situation führte dazu, dass kirchliche Reformkreise, ange-führt vom Vetter Karls des Großen, Wala, der mittlerweile Abt von Corbie geworden war, eine große kirchenrechtliche Fälschungsaktion starteten. Wir nennen dieses große Fälschungswerk, das aus über einhundert ge-

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Von Karl dem Großen bis zu Heinrich V. 800–113722

Der Niedergang der Karolinger vollzog sich rasch. Als Ludwig der Fromme 830 gegen die Bretonen kämpfte, nicht zuletzt um von seinen innenpolitischen Problemen abzulenken, rebellierten die Großen am Hof. Lothar, der erstgeborene Sohn, wurde aus Italien zurückgeholt und wieder als Mitregent eingesetzt. Der Kaiser kam in Haft, die Kaiserin wurde des Ehebruchs bezichtigt und nach Poitiers verbannt. Schon wenige Monate später aber erlangte Ludwig in Nimwegen seine alten Rechte wieder, die Verschwörer wurden verhaftet oder verbannt. Lothar musste nach Italien zu-rück, seine Brüder Ludwig der Deutsche und Pippin konnten zur Unterwerfung gezwungen werden. Der Frieden aber täuschte.

Denn Lothar, Pippin und Ludwig der Deutsche fürchteten wei-terhin, gegenüber ihrem Halbbruder Karl dem Kahlen benachtei-ligt zu werden, und zogen deshalb gemeinsam gegen den Vater zu Felde. 833 verlor Ludwig der Fromme auf dem Rotfeld bei Col-mar zuerst seine Mitstreiter und schließlich seine Macht. Noch einmal wurde er abgesetzt und wieder eingesetzt, aber seine Au-torität als Kaiser hatte er verloren.

Sein Lebensabend erschöpfte sich in immer neuen Plänen für die Reichsteilung. Seine letzten überlieferten Worte «Huz, huz», fränkisch für «hinaus, hinaus», sprach Ludwig der Fromme auf einer Rheininsel bei Ingelheim, wo er 840 starb. Ludwig, offen-bar vom Magenkrebs ausgezehrt, sah die Ordnung Karls des Großen zerstört. Das Frankenreich zerfiel nach Ludwigs tod in drei teile. Die Fehde, bisher zwischen Söhnen und Vater ausge-tragen, wurde nahtlos fortgeführt. Karl der Kahle als Jüngster

fälschten, rein erfundenen Papstbriefen und noch anderen kirchenrecht-lichen Schriften bestand, nach dem fiktiven Autor, der Isidor Mercator genannt wird, den Pseudoisidor. Damit spielte der Fälscher auf den heili-gen Isidor von Sevilla an, einen großen Kirchenvater und Autor. Dieses Werk ist eine Speerspitze zugunsten eines zentralistischen, über die ge-samte Kirche monarchisch herrschenden Papstes. Heute ist Pseudoisidor ohne weiteres als Fälschung erkannt. Doch noch im 19. Jahrhundert hat die Frage, ob Pseudoisidor etwas Echtes oder etwas Gefälschtes ist be-ziehungsweise welche Konsequenz die Fälschung für die Kirche hatte, zu erheblichen politischen Spannungen geführt und manch einen braven Katholiken in die Opposition gegen das Papsttum getrieben.»

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die größte fälschung des mittelalters 23

verbündete sich nun mit seinem Halbbruder Ludwig dem Deut-schen gegen Lothar, den erstgeborenen Sohn und Erben des Kaisertitels. Aus dieser Schlacht der Brüder bei Fontenoy ging Lothar als Verlierer hervor.

Karl und Ludwig bekräftigten mit ihren Heeren das siegreiche Bündnis in den Straßburger Eiden, auf rheinfränkisch und auf ro-manisch.

Drei Jahre nach dem tod Ludwigs des Frommen, 843, besiegelte der Vertrag von Verdun die Reichsteilung. Lothar erhielt zwar die Kaiserwürde, verlor allerdings die Herrschaft über die Reiche Karls des Kahlen im Westen und Ludwigs des Deutschen im Os-ten. In den Verträgen von Meersen und Ribémont wurde die «Kegelbahn», das Mittelreich Lothars, neu zugeschnitten, aber einige Jahrzehnte später ganz aufgeteilt. Das Frankenreich Karls des Großen verlor damit seine Konturen. Im Westen entstand all-mählich Frankreich, im Osten starb 911 mit Ludwig dem Kind der letzte ostfränkische Karolinger.

«Die Schlacht von Fontenoy 841 ist jahrelang mit erschütternden Szenen besungen worden, in denen der Vater den Sohn, der Neffe den Onkel er-schlägt etc. Diese Schlacht aber zeigte, dass eine friedliche Übereinkunft der Brüder nicht mehr möglich war. Das führte zuletzt zur teilung des Frankenreiches: zu einem Westreich, einem Mittelreich und einem Ostreich. Das Mittelreich mit Aachen und Rom im Zentrum bekam der Älteste, Lothar; der Westen fiel Karl dem Kahlen zu; den Osten erhielt Ludwig, der dann später als Ludwig der Deutsche in die Geschichtsbücher einging. Eigentlich hieß er Germanicus, also ‹der Rechtsrheinische›, und daraus hat sich dann der Name des Deutschen entwickelt.»

«Sie schworen sich wechselseitig Hilfe und Unterstützung gegen den drit-ten Bruder Lothar. Die Formel, mit der sie sich diese Hilfe zusagten, ist in-teressant, weil sie das Archaische dieser Zeit sehr gut zum Ausdruck bringt. Sie schworen nämlich, sich wechselseitig zu helfen und beizuste-hen, so ein Mann von Rechts wegen seinem Bruder helfen soll oder seinem Bruder Bruder sein soll. Diese Formel: So man Bruder dem Bruder sein soll, verdeutlicht den ganzen archaischen Rechtshorizont, mit dem man damals im 9. Jahrhundert noch auskommen musste.»

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Von Karl dem Großen bis zu Heinrich V. 800–113724

die Herrschaft der ottonen

Nach Ludwig dem Kind wurde Konrad der Jüngere aus der Adelsfamilie der Konradiner zum ostfränkischen König gewählt. Als auch er schon nach sieben Jahren kinderlos starb, wählten die Fürsten des Reichs den Sachsen Heinrich zum König. Damit be-gann im Ostfränkischen Reich die Herrschaft der Liudolfinger, die später Ottonen genannt wurden. Das Jahr 919 markiert eine Verschiebung der ostfränkischen Machtachse nach Norden, nach Magdeburg. Erst sechs Generationen vor Heinrichs Zeit waren die Sachsen von Karl dem Großen bezwungen und zum Christen-tum bekehrt worden. Widukind von Corvey, Mönch und Histo-riker des Sachsenstamms, schrieb in seinen Res gestae Saxonicae über die Herkunft seines Volkes:

«So werde ich denn zuvörderst einiges wenige über den Ursprung und Zu-stand des Volkes vorausschicken, worin ich fast lediglich der Sage folge, da die allzu ferne Zeit beinahe jede Gewissheit verdüstert. Denn die Mei-nungen über diesen Gegenstand sind verschieden, da die Einen glauben, die Sachsen stammten von den Dänen und Northmannen ab. Andere aber behaupten ihre Herkunft von griechischem Geschlecht, wie ich selbst in früher Jugend jemand rühmen hörte, dass diese selber angäben, die Sach-sen seien die Reste des makedonischen Heeres gewesen, das dem großen Alexander gefolgt und nach dessen zu frühem Tod über den ganzen Erd-kreis zerstreut worden sei. Übrigens ist kein Zweifel, dass es ein alter und edler Stamm gewesen.»7

Ein tiefgreifender Wechsel der europäischen Machtverhältnisse vollzog sich. Das Königsgeschlecht der sächsischen Ottonen

«Heinrich – jetzt also als König der Franken – war ein Sachse. Das schuf eine Verbindung zwischen Sachsen und Franken, die ein gutes Jahrhun-dert anhielt, mit den Ottonen aber auch endete. Der letzte Ottone oder Liudolfinger war Heinrich II., der Gründer des Bistums Bamberg. Als er 1024 starb, wurde sein Nachfolger wieder ein Franke, der Salier Konrad. Dadurch kam es zunehmend zu Spannungen zwischen Sachsen und Fran-ken. Spannungen, die man auch anders beschreiben kann: Spannungen nämlich zwischen Norddeutschland und Süddeutschland, zwischen dem Niederdeutschen und dem Oberdeutschen.»

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die Herrschaft der ottonen 25

stammte aus dem Harzvorland und wurde vom fränkischen Stammland aus argwöhnisch betrachtet: als ehemalige Barbaren, die zu Herrschaft und Königtum aufgestiegen waren.

Die Nationen Westeuropas waren noch nicht auf der Land-karte zu erkennen, aber im 10. Jahrhundert begannen die ent-scheidenden Entwicklungen, an deren Ende die Nationalstaaten standen. Der Kontinent erholte sich von den dramatischen Fol-gen der Pest, die im sechsten Jahrhundert gewütet und ganze Landstriche entvölkert hatte. Städte gewannen an Bedeutung, der Handel nahm bisher unbekannte Dimensionen an. An die Stelle von überlieferten Stammesriten traten zunehmend rationale Re-geln. Der trittwebstuhl revolutionierte die Stoffherstellung. Die Nockenwelle ermöglichte, Kraft von der Horizontalen in die Ver-tikale zu übertragen. Wassermühlen vereinfachten die Nahrungs-mittelproduktion, Kupfer- und Silberfunde im Harz eröffneten neue Möglichkeiten in der Metallverarbeitung. Straßen und Brü-cken wurden gebaut. Die höhere Mobilität sorgte für mehr und schnellere Kommunikation und eine noch nicht gekannte Ar-beitsteilung zwischen Bauern, Handarbeitern, Experten für be-stimmte Gewerke und fahrenden Händlern. Der Wohlstand im Ottonischen Reich erreichte Ausmaße, die noch unter den Karo-lingern undenkbar gewesen wären. Geld wurde zum ersten Mal im Mittelalter ein unverzichtbares Zahlungsmittel.

Die Menschen im Ostreich bezeichneten sich weiter als Sach-sen, Bayern oder Alemannen. In Italien setzte sich jedoch für alle diese Volksstämme der Sammelbegriff «deutsch» durch.

«Das Wort ‹deutsch›, also auch der deutsche Volksname, ist ein stehen ge-bliebenes althochdeutsches Wort, das sich zum Volksnamen entwickelte. Merkwürdigerweise dürfte es sich vor allem in Italien so herausgebildet haben. Die Italiener sind bis heute die Einzigen, die uns auch ‹die Deut-schen› nennen, und wahrscheinlich stammt unser deutscher Volksname tatsächlich von dort. Er bedeutet: ‹Die Leute, die die Sprache des Volkes sprechen.› Deutsch ist ein Adjektiv und bedeutet einfach ‹in der Sprache des Volkes›. Alle anderen umliegenden Völker nennen uns mit ganz ver-schiedenen Namen. Die Franzosen nennen uns Alemannen, die Engländer nennen uns Germanen, die Polen nennen uns die Stummen, die Nordeuro-päer nennen uns die Sachsen.»

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Von Karl dem Großen bis zu Heinrich V. 800–113726

Unter den sächsischen Kaisern veränderten sich Gesellschaft, hö-fisches Leben und die Stellung der Kirche. Während die Karolin-ger vor allem auf die Familie gesetzt hatten, um ihre Macht zu erhalten, vergaben die Sachsen Lehen an die Kirche und banden so den Klerus an die Krone. Kirchen und Klöster wurden institu-tionalisiert. Für die neue weltliche Macht mussten die Kirchen aber den Militäradel ausstatten, Abgaben und truppen stellen. Schließlich stammten mehr gepanzerte Reiter aus den Reihen des Klerus als aus denen der Herzöge.

Heinrich I. musste sich gegen die Bayern, die Slawen und ins-besondere gegen die Einfälle der Ungarn wehren. Ein Waffenstill-stand im Osten ermöglichte es ihm, die Grenzen mit Burgen zu befestigen. Gegen Ende seiner Herrschaft gelang es Heinrich, die Ungarn bei Riade zu besiegen.

Der Biograph der Sachsen, Widukind von Corvey, zeichnete das Bild seines Herrschers, das dem Karls durchaus ähnelte:

«Zu der außerordentlichen Klugheit und Weisheit, durch welche er sich auszeichnete, kam noch seine mächtige Körpergestalt, welche der königli-chen Würde die rechte Zierde verlieh. Auch bei Kampfspielen besiegte er alle mit solcher Überlegenheit, dass er den übrigen Schrecken einjagte. Auf der Jagd war er so unermüdlich, dass er auf einem Ritt vierzig oder noch mehr Stück Wildes erlegte; und obgleich er bei Gelagen sehr leutselig war, vergab er dennoch der königlichen Würde nichts; denn er flößte zu gleicher Zeit ein solches Wohlwollen und eine solche Furcht den Kriegs-leuten ein, dass sie, selbst wenn er scherzte, sich nicht getrauten, irgendwie sich Unziemlichkeiten zu erlauben.»8

Der König hatte seinen ältesten legitimen Sohn Otto als Nachfol-ger ausersehen. Die Reichsteilung der Karolinger war vergessen. Otto I., später der Große genannt, demonstrierte mit seiner Königswahl 936 in Aachen eindrucksvoll den Machtanspruch der Sachsen. Die Großen des Reiches aus Franken, Lothringen, Schwaben und Bayern akzeptierten den neuen Herrscher ohne Widerspruch.

Otto schlug mit seinen truppen die einfallenden Ungarn und die Slawen immer wieder zurück und gründete neue Bistümer im Osten. Magdeburg wurde als Erzbistum zum Zentrum der Sla-wenmission. Durch die Heirat mit Adelheid von Burgund erwarb

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die anfänge des Heiligen römischen reichs 27

er zusätzlich die Krone der Langobarden und damit die Macht in Italien.

Im Inneren des Reiches aber formierte sich Widerstand. Die Franken, die Lothringer und Ottos Bruder Heinrich verbündeten sich gegen den König. In der Schlacht von Andernach gerieten die Rädelsführer in einen Hinterhalt. Sie starben in der Schlacht, er-tranken im Rhein oder unterwarfen sich dem König. Die Macht Ottos und seiner Familie wuchs weiter. Franken, Lothringen, Bayern und Schwaben wurden fortan von Verwandten und Günstlingen des Königs regiert. Der Aufstand der Herzöge war zwar erfolgreich niedergeschlagen, aber im Osten bemühten sich auswärtige Mächte immer wieder, in Ottos Reich Fuß zu fassen.

die anfänge des Heiligen römischen reichs

Jahre später, 955, kam es auf dem Lechfeld bei Augsburg zur gro-ßen Schlacht zwischen Ottos Heer und den Ungarn. Wenige krie-gerische Auseinandersetzungen sind so oft beschrieben, so oft verherrlicht und überhöht worden wie der Sieg der angeblich zehntausend Panzerreiter Ottos gegen das angeblich hunderttau-send Mann starke Heer der Magyaren. Otto und seine vereinig-ten truppen verfolgten eine Strategie der Vernichtung. tausende flüchtende ungarische Krieger wurden am Ende niedergemetzelt, ertränkt, verbrannt oder in Massenhinrichtungen getötet. Der Sieg gegen die Ungarn wurde mit sächsischen, fränkischen, schwäbischen, bayerischen und lothringischen Kämpfern erstrit-ten und galt deshalb vielen Historikern als Geburtsstunde der Deutschen. Geschichtsschreiber Widukind von Corvey nannte seinen König «Pater partriae» – Vater des Vaterlandes. 962 trat Otto endgültig die Nachfolge Karls des Großen an. Bei seinem zweiten Italienzug bot er Rom Schutz und ließ sich von Papst Jo-hannes XII. zum Kaiser krönen. Eine enge Verbindung zwischen Kaiser und Papst nahm ihren Anfang. Der fränkische Kaiser ga-rantierte die Sicherheit des Kirchenstaates und erkannte die kirchlichen Besitztümer mit der Urkunde «Ottonianum» an. Der Papst gelobte im Gegenzug Kaisertreue. Hier begann die Idee des Heiligen Römischen Reiches.

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Von Karl dem Großen bis zu Heinrich V. 800–113728

Unser Blick auf das 10. Jahrhundert ist der auf ein «Saeculum obscurum», auf ein eigenartiges, bildungsfernes, weltabgewand-tes Jahrhundert voller Krieg, Gewalt und Not. Das entspricht nicht der Wahrheit, meint Johannes Fried:

«Otto erneuerte das Kaisertum, das schon Karl der Große erneuert hatte. Das Kaisertum konnte nur in Rom erworben werden, und deswegen ist es ein römisches Kaisertum. Otto der Große hat es selbst nicht so genannt, aber sein Sohn und sein Enkel pochten sehr auf dieses Römertum. Dieses ‹neurömische› Reich ist im 12. Jahrhundert als ‹heilig› angesprochen wor-den. Dieses Heilige ist nicht die Heiligkeit eines kirchlichen Heiligen, son-dern die Heiligkeit des antiken römischen Kaiserhofes: ‹sacrum› und nicht  ‹sanctus›. Im 15. Jahrhundert trat eine merkwürdige Wandlung ein, als man das ‹heilig› nun etwas anders verstand und unter Friedrich III. der kaiserliche Doppeladler tatsächlich einen Heiligennimbus empfing. Und schlussendlich hat man dieses Heilige Römische Reich den Deut-schen zugewiesen. Noch bis zum Ende des 15. Jahrhunderts hieß es ‹das Heilige Römische Reich und die Deutsche Nation›. Dieses und ist dann sehr bald vergessen worden, und so entstand der titel des Reiches, der erst 1806 untergegangen ist: ‹Das Heilige Römische Reich Deutscher Na-tion›.»

«Das 10. Jahrhundert als ein dunkles anzusprechen war die Beobach-tung des Kardinals und Geschichtsschreibers Cesare Baronio, der zu Be-ginn des 17. Jahrhunderts sein großes Annalenwerk zur Geschichte der Kirche vorlegte und darin feststellte, dass das 10. Jahrhundert aufgrund des Quellenmangels ein «Saeculum obscurum» sei. Schauen wir auf die in tellektuelle Entwicklung, dann müssen wir das Gegenteil feststellen. Es war ein Jahrhundert, das sich der Vernunft verschrieben hatte wie kaum ein zweites Jahrhundert der europäischen Geschichte. Allenthalben sah man Handschriften entstehen, die antike, das heißt aristotelische, logische texte wiedergaben und kommentierten. Die texte waren natürlich grie-chisch gewesen, aber in der Spätantike durch Boethius ins Lateinische übersetzt worden. Und dadurch standen sie dem westlichen Mittelalter zur Verfügung. Am Ende des 10. Jahrhunderts übersetzte ein Mönch in Sankt Gallen, Notker, mit dem Beinamen ‹der Deutsche›, die Katego-rienschrift des Aristoteles ins Althochdeutsche. Diese Übertragung ist die Voraussetzung dafür, dass es Jahrhunderte später einen Philosophen wie Immanuel Kant geben konnte, der die Logik deutlich weiter ent-wickelte.»

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die anfänge des Heiligen römischen reichs 29

Nicht Notker allein sorgte mit seiner Aristoteles-Übersetzung für ein keineswegs dunkles Jahrhundert. Gerade an den Rändern des fränkisch-sächsischen Machtbereichs kam es zum Austausch mit den benachbarten Kulturkreisen.

Die Beziehung zu Byzanz blieb im Reich Ottos lange eine unge-löste politische Frage. Besonders die Lage in Italien schien wenig klar zu sein. Zwar huldigten die langobardischen Fürsten dem neuen Kaiser, im oströmischen Kalabrien dagegen war kein billi-ger Frieden zu haben.

Die Kaiserwürde Ottos wurde erst durch Byzanz anerkannt, als sein Sohn und Mitregent Otto II. die byzantinische Prinzessin theophanu heiratete. Bischof Gero von Köln war nach Ostrom gereist, um eine geeignete Braut für den jungen Mitkaiser zu fin-den. Am Ende schickte Byzanz nicht die versprochene purpurge-borene Kaisertochter, sondern die Nichte des Kaisers. Otto war 17, theophanu 12 Jahre alt, als sie heirateten und einen vorläufi-

«Der Blick eines kleinen deutschen Bauern reichte kaum über sein Dorf hinaus. Aber das Königtum, der Adel und die Kirche hatten einen weite-ren Horizont. Das Königtum suchte sehr frühzeitig die Anerkennung und die Bestätigung durch Byzanz, durch die Kaiser in Konstantinopel. Das lenkte den Blick nach dem Orient, nach dem östlichen Reich, das sich selbst als die unmittelbare Fortsetzung des römischen Imperiums verstand. Freilich, Schwierigkeiten bestanden im mangelnden Sprachverständnis, und man redete oft aneinander vorbei. Der Kulturkontakt lief deshalb we-niger über sprachliche Zeugnisse und mehr über Kunst und Kunsthand-werk, über die Vorbildlichkeit in der Darstellung von etwas.Eine andere Ebene des Kulturkontaktes führte nach Südwesten, und dieser war mindestens genauso schwierig, wenn nicht sogar von deutlich größe-ren Schwierigkeiten geprägt als der nach Byzanz und nach dem Osten. Im Südwesten, in Spanien, hatten sich seit dem frühen 8. Jahrhundert die Muslime etabliert und im 10. Jahrhundert ein eigenes Kalifat mit dem Sitz in Cordoba errichtet – ein politisches Gebilde, das sich von der Haupt-potenz des Islam abgekapselt hatte, aber auf wissenschaftlichem, theolo-gischem, literarischem, technischem und technologischem Gebiet führend war. Die Deutschen suchten den Kontakt auch dorthin, und die Muslime aus Cordoba suchten Unterstützung bei den Deutschen gegen die Muslime im Orient.»