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Erfassung und Dokumentation der Archivfunktion von Böden im Stadtgebiet Stuttgart S. Lazar & W. Kappler Juni, 2010 URBAN SMS Soil Management Strategy

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Erfassung und Dokumentation derArchivfunktion von Böden im Stadtgebiet Stuttgart

S. Lazar & W. KapplerJuni, 2010

URBAN SMS Soil Management Strategy

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BERICHT

Titel: Entwicklung neuer Bodenmanagement-Strategien Teil 1 im EU-Projekt URBAN SMS (Projekt-Nr. 6.56)

WP 4: Erfassung und Dokumentation der Archivfunktion von Böden im Stadtgebiet Stuttgart

Datum: 07. Juni 2010

Auftraggeber: Stadt Stuttgart, Amt für Umweltschutz

Auftrag vom: 3. Februar 2009

Ansprechpartner: Prof. Dr. Gerd Wolff Frau Petra Blümlein Herr Michael Schweiker

Auftragnehmer: ahu AG Wasser · Boden · Geomatik, Aachen

Projektbearbeitung: Dr. Silvia Lazar Dipl.-Geogr. Carolin Kaufmann

Aktenzeichen: 08337 / URBAN SMS Ausfertigung Nr.: Endfassung, überarbeitet

ahu AG Wasser · Boden · Geomatik, Vorstand: Dr. H.-Georg Meiners

Kirberichshofer Weg 6, 52066 Aachen, Telefon: +49 241 900011-0, Fax: +49 241 900011-9

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WP 4 – Archivfunktion

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INHALTSVERZEICHNIS

1 EINLEITUNG 3

2 BÖDEN ALS ARCHIVE DER NATUR- UND KULTURGESCHICHTE 3

3 ABLEITUNG DER ARCHIVFUNKTION 5

3.1 Bodentypologische Archive der Natur- und Kultur-geschichte 8

3.2 Archive der Naturgeschichte / flächenhafte und punktuelle Naturdenkmale 12

3.3 Archive der Kulturgeschichte – Archäologische Bodendenkmale / Flächen mit hoher kulturhistorischer Bedeutung 14

4 ZUSAMMENFASSUNG 16

5 LITERATURVERZEICHNIS 18

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WP 4 – Archivfunktion

Stand: 07.06.2010 - 3 - P:\URBAN_SMS\text\WP4_archivfunktion\_aktuelle_Version\URBAN_SMS_archivfunktion_100607.doc

1 EINLEITUNG

In dem Projekt „Bodenmanagement-Strategie für städtische Räume“ (URBAN SMS) ist eines der Hauptziele, das Schutzgut Boden stärker in das Bewusstsein zu rücken und über die Entwicklung eines „Bo-den-Managers“ die Informationen über Böden einfacher zugänglich zu machen. Das beinhaltet die Aufgabe, Entscheidungsträgern und Fachplanern sowie der Öffentlichkeit Kenntnisse über die vielseitige Leistungsfähigkeit, Qualität und Funktionserfüllung der Böden ver-ständlich zu vermitteln. Ein wesentlicher Aspekt der Bodenqualität ist hierbei die Berücksichtigung der Funktion des Bodens als Archiv der Natur- und Kulturgeschichte.

Die Verbesserung von existierenden Konzepten wie dem Boden-schutzkonzept der Stadt Stuttgart (BOKS) durch die Einbeziehung von neuen Funktionen, wie die Erfassung und Dokumentation der Archivfunktion von Böden im Stadtgebiet Stuttgart, stellt eine wichtige Aufgabe im Arbeitspaket 4 dar.

Im Rahmen dieses Arbeitspaketes wird dargestellt, wie die Funktion des Bodens als Archiv der Natur- und Kulturgeschichte bewertet wer-den kann. Exemplarisch wird dies am Beispiel der Stadt Stuttgart umgesetzt. Dieser Bericht ist ein Beitrag zur Maßnahme 4.2.1 in Ar-beitspaket 4.

2 BÖDEN ALS ARCHIVE DER NATUR- UND KULTURGE-SCHICHTE

Die Funktion des Bodens als Archiv der Natur- und Kulturgeschichte ist nach § 2 Abs. 2 BBodSchG zu schützen, da Böden Informationen über spezifische Bedingungen der Bodenbildung in der Vergangen-heit oder der menschlichen Kultur und Bewirtschaftung speichern. Der Schutz der Archivfunktion des Bodens wird neben dem Bundes-Bodenschutzgesetz auch durch das Denkmalschutzgesetz geregelt. So können Bodendenkmäler, z.B. archäologische Fundstellen oder historische Nutzungsformen, nach § 2 DSchG des Landes Baden-Württemberg gesichert werden. Ergänzend können Geotope als Na-turdenkmale nach § 23 und § 28 NatSchG unter Schutz gestellt wer-den. Hierbei wird zwischen Teilfunktion von Böden als Archiv der Na-turgeschichte und dem Archiv der Kulturgeschichte unterschieden:

� „Als Archive der Naturgeschichte geben Böden Informationen über die Bildungsbedingungen im Verlauf der Bodenentwick-lung. Von besonderer Bedeutung sind fossile Böden als Kli-mazeugen vergangener Erdepochen. Aber auch Drumlins, Findlinge und Moore sind sichtbare Überbleibsel urzeitlicher Naturgeschichte.

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� Das Archiv der Kulturgeschichte umfasst die menschlichen „Fußabdrücke“, die sich in Böden erhalten haben. In archäo-logischen Fundstätten können Relikte Hinweise auf die Bau-weise der Gebäude oder auf die Lebensumstände der Men-schen geben und etwa als Schlachtfeldarchäologie sogar über kriegerische Auseinandersetzungen Zeugnis ablegen. Oft las-sen sich aus Bodenveränderungen historische Formen der Landnutzung herauslesen“ (ELSA 2007).

Da Böden als Archive der Natur- und Kulturgeschichte bei einer Zer-störung, z.B. durch Bebauung oder Versiegelung, nicht wiederher-stellbar sind und die Informationen über die natürliche Entstehungs-geschichte bzw. menschliche Geschichte verlorengehen, ist der Schutz dieser Bodenfunktion besonders wichtig.

Eine Ausnahme stellen hier Artekfakte in archäologischen Fundstel-len dar, da diese vor einer Bebauung ausgegraben und über eine wissenschaftliche Dokumentation gesichert werden können. Teilwei-se werden Fundstücke bei einer oberflächennahen Versiegelung nicht geschädigt, wenn tiefer liegende Bodenschichten mit Fundstü-cken nicht von den Eingriffen betroffen sind, da der Unterboden nicht gestört wird.

Um dem hohen Schutzbedarf von Archivböden Rechnung zu tragen, werden in der Bodenqualitätskarte der Stadt Stuttgart Böden, die als Archive ausgewiesen sind, jeweils in die höchste Qualitätsstufe (QS = 5) eingestuft. Es wird hierbei nicht – wie bei den natürlichen Boden-funktionen – zwischen unterschiedlichen Wertigkeiten der Archive unterschieden, da alle Archive gleichermaßen als schutzwürdig gel-ten (vgl. LANDESHAUPTSTADT STUTTGART 2006). Ziel der Bewertung ist somit die Prüfung, ob ein Archiv vorliegt. Die Zuordnung in die höchste Schutzkategorie ist neben der Nicht-Wiederherstellbarkeit auch darin begründet, dass keine zeitliche Hierarchie in der Bewer-tung der Schutzwürdigkeit getroffen werden kann. So liegen derzeit keine Bewertungskriterien vor, nach denen z.B. ein Keltengrab als mehr oder weniger schutzwürdig einzustufen ist als ein zeitlich jünge-res Römergrab oder eine Fossilfundstätte.

Bei der Erstellung der Bodenqualitätskarte durch KÜBLER 2001 wurde die digitale Bodenkarte im Maßstab 1:20.000 (vgl. Stadtbodenkartie-rung nach HOLLAND 1995) ausgewertet, um seltene bzw. besondere Bodenformen zu identifizieren. Auf Basis dieser Datengrundlage wur-den pedogene Archive der Natur- und Kulturgeschichte ausgewiesen. Weitere Datenquellen zur Auswertung der Archivfunktion lagen zum damaligen Zeitpunkt nicht vor und waren somit nicht Bestandteil der Bodenqualitätskarte und des Bodenschutzkonzeptes der Stadt Stutt-gart (BOKS) (vgl. KÜBLER 2001).

Vor diesem Hintergrund ergibt sich die Notwendigkeit, die Verfügbar-keit von auswertbaren GIS-Daten und deren inhaltlichen und techni-schen Eigenschaften zu prüfen und zu optimieren. Hierbei sind ins-besondere die in der bisherigen Bewertung der Archivfunktion nicht berücksichtigten Geotope und kulturhistorischen Archive (Boden-

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Stand: 07.06.2010 - 5 - P:\URBAN_SMS\text\WP4_archivfunktion\_aktuelle_Version\URBAN_SMS_archivfunktion_100607.doc

denkmäler) auszuwerten und in der Bodenqualitätskarte einzubezie-hen.

Eine wesentliche Grundlage der Ergänzung und Aktualisierung der Archivfunktion in der Stadt Stuttgart bildet der zwischenzeitlich in Ba-den-Württemberg vorliegende Leitfaden „Böden als Archive der Na-tur- und Kulturgeschichte“ (vgl. LUBW 2008). Dieser landesweite Be-wertungsansatz soll genutzt werden, um die vorliegende Methodik des BOKS zur Bewertung von Archivböden zu prüfen und methodisch zu hinterlegen sowie ggf. zu ergänzen.

Im Rahmen der Ergänzung der Archivfunktion ist die Bodenqualitäts-karte der Stadt Stuttgart neu zu erstellen. In der aktualisierten Version werden ergänzend zu den bereits vorhandenen pedogenen Archiven auch die kulturhistorischen Archive und Geotope einbezogen. Diese Erfordernis ergibt sich u.a. aus dem gesetzlichen Auftrag der sachge-rechten Abwägung, der die Berücksichtigung von kulturhistorischen Archiven und Geotopen beinhaltet. So sind nach dem Gesetz zum Schutz des Bodens vom 17.03.1998 Beeinträchtigungen des Bodens in seiner natürlichen Funktion sowie seiner Funktion als Archiv der Natur- und Kulturgeschichte so weit wie möglich zu vermeiden (§ 1 Satz 2 BBodSchG). Damit kann das BBodSchG die landesrechtlichen Vorschriften zum Schutz und zur Pflege der Bodendenkmäler ergän-zen. (vgl. HÖNES 2006).

3 ABLEITUNG DER ARCHIVFUNKTION

Die Archivfunktion des Bodens wird entsprechend dem Leitfaden des Landes Baden-Württemberg „Böden als Archive der Natur- und Kul-turgeschichte“ nach ihren wertgebenden Eigenschaften in fünf Grup-pen unterschieden (vgl. Tab. 1, LUBW 2008).

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Stand: 07.06.2010 - 6 - P:\URBAN_SMS\text\WP4_archivfunktion\_aktuelle_Version\URBAN_SMS_archivfunktion_100607.doc

Tabelle 1: Differenzierung der Funktion von Böden als Archiv der Natur- und Kulturgeschichte in Baden-Württemberg (nach LUBW 2008)

WERTGEBENDE EIGENSCHAFT

BESCHREIBUNG BEISPIELE IN BADEN-WÜRTTEMBERG

BEISPIELE IN STUTTGART DATENGRUND-LAGEN (ABB. 1)

Naturgeschichte

Besondere Bedeutung für die Bodengenese

Paläoböden und reliktische, holozäne Bodenbildungen

z.B. Terrae rossae (als Relikte ter-tiärer Böden) oder Tschernoseme

Tschernosem-Parabraunerden und Braune Auenböden (Vegen)

Regionale oder überre-gionale Seltenheit einer Bodenform

Böden, die in einer bestimmten Bo-dengroßregion als selten gelten

z.B. stark versauerte oder stark vernässte Böden in Karstlandschaf-ten

Rendzinen auf Sauerwasserkalk (Travertin)

Bodenkarte Stuttgart

Spezielle landschaftsprägende mor-phologische Elemente und Land-schaftsgeschichte

z.B. Dünen oder Endmoränen der Schwarzwaldvereisung

Klingen und Talhänge mit be-sonderer Schichtfolge

Geotopkataster und

Besondere Ausgangssubstrate der Bodenbildung

z.B. Böden auf Vulkaniten oder Bohnerztonen

Böden auf Kalktuffvorkommen ggf. Bodenkarte Stuttgart

Besondere Bedeutung für die Erd- und Land-schaftsgeschichte, Geo-logie, Mineralogie oder Paläontologie

Geotope und Fossilfundstellen z.B. besondere Aufschlüsse oder Felswände

Aufschluss Rote Wand, Traver-tinsteinbruch

Natur- und Kulturgeschichte

Standorte von Bodenmessnetzen z.B. Bodendauerbeobachtung Nicht existent - Hoher Informationswert für Bodenkunde, Boden-schutz und Landschafts-geschichte

Moore als Urkunde der Klima- und Vegationsgeschichte sowie als Pol-lenarchiv Zeuge der Natur- und Kul-turgeschichte

z.B. Hoch- und Niedermoore Nicht existent -

Kulturgeschichte

Urkunden historischer Agrarkultur-techniken (Kultosole)

z.B. Wölbäcker, historische Wein-bergkulturen, Plaggenesche

Pararendzina-Rigosole als Kul-tosole

Bodenkarte Stutt-gart

Besonderheiten der Siedlungs- und Landnut-zungsgeschichte

Überdeckte Urkunden kultureller Ent-wicklung und archäologische Fund-stellen (Bodendenkmäler)

z. B. Siedlungsreste, Limes, Hügel-gräber

Gräberfelder der Bandkerami-ker, Grabhügel, Viereckschan-zen

Kataster der Ge-ländedenkmale und Fundstellen

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Stand: 07.06.2010 - 7 - P:\URBAN_SMS\text\WP4_archivfunktion\_aktuelle_Version\URBAN_SMS_archivfunktion_100607.doc

Die im Leitfaden von Baden-Württemberg dargestellten schutzwürdi-gen Archive der Natur- und Kulturgeschichte lassen sich im Stadtge-biet von Stuttgart drei unterschiedlichen Datenquellen zuordnen. Ent-sprechend diesen Datenquellen und den regionalen Gegebenheiten werden nachfolgend die für Stuttgart relevanten Auswertungen zur Ableitung der Archivfunktion beschrieben (vgl. Abb. 1). In Spiegel-punkten sind jeweils die wertgebenden Eigenschaften aus Tabelle 1 den Datenquellen zugeordnet.

Abbildung 1: Daten zur Ableitung der Archivfunktion von Böden in Stuttgart

Datenquelle 3 – Kap. 3.3

Daten: Archiv der Kulturgeschichte – Archäologische Bo-dendenkmale / Flächen mit hoher kulturhistorischer Bedeu-tung Quellen: Kataster der Geländedenkmale und Fundstellen; (Denkmalschutzbehörde Stadt Stuttgart), Bodenkarte Stuttgart (Stadtbodenkartierung nach HOLLAND 1995)

Ausweisung von:

� Flächen mit Besonderheiten der Siedlungs- und Landnut-zungsgeschichte, wie Siedlungsreste und historische Wein-bergkulturen

Datenquelle 1 – Kap. 3.1

Daten: Bodentypologische Archive Quelle: Bodenkarte Stuttgart (Stadtbodenkartierung nach HOLLAND 1995)

Ausweisung von Archiven der Naturgeschichte:

� Böden mit besonderer Bedeutung für die Bodengenese

� Böden mit regionaler oder überregionaler Seltenheit einer Bodenform

� Böden auf besonderen Ausgangssubstraten

Ausweisung von Archiven der Kulturgeschichte:

� Kultosolen als Besonderheiten der Siedlungs- und Land-nutzungsgeschichte

Datenquelle 2 – Kap. 3.2

Daten: Archiv der Naturgeschichte – flächenhafte und punktuelle Naturdenkmale und Geotope Quelle: Geotopkataster und Naturdenkmale; (Landesanstalt für Umwelt, Messungen und Naturschutz Baden-Württemberg (LUBW) / Landesamt für Geologie, Rohstoffe und Bergbau Baden-Württemberg (LGRB))

Ausweisung von:

� Objekten mit besonderer Bedeutung für die Erd- und Landschaftsgeschichte, Geologie, Mineralogie oder Paläontologie

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Stand: 07.06.2010 - 8 - P:\URBAN_SMS\text\WP4_archivfunktion\_aktuelle_Version\URBAN_SMS_archivfunktion_100607.doc

3.1 Bodentypologische Archive der Natur- und Kultur-geschichte

Für das Stadtgebiet von Stuttgart wurden bereits im Jahr 2001 schutzwürdige Archivböden auf der Grundlage der Stadtbodenkartie-rung nach HOLLAND 1996 ausgewiesen (vgl. KÜBLER 2001). Bei der Analyse wurden die zum damaligen Zeitpunkt zur Verfügung stehen-den Ansätze zur Erfassung von Böden mit besonderer Archivfunktion berücksichtigt. Grundlage der Bewertung bildete u.a. die bundesweite Auswertung der im Handbuch Bodenschutz vorgestellten „Roten Liste für natürliche Böden“ (BOSCH 1994).

Die Auswertung erfolgte nicht anhand der Bodentypen, sondern auf Grundlage der kartierten Bodenformen nach HOLLAND 1996. Damit kann nach KÜBLER 2001 die lokale geologische und landschaftliche Situation besser in die Bewertung integriert werden. In der Untersu-chung wurden nur Bodenformen berücksichtigt, bei denen die Bo-denentwicklung auf natürlichem Substrat stattgefunden hat.

Für die von KÜBLER 2001 vorgenommene Identifizierung der im Stadt-gebiet von Stuttgart vorliegenden pedogenen Archivböden sind die Kartiereinheiten statistisch ausgewertet und nach den in Tabelle 2 dargestellten Auswahlkriterien bewertet worden.

Tabelle 2: Auswahlkriterien für die Kartiereinheiten der Bodenkarte Stuttgart mit besonderer Archivfunktion (Quelle: KÜBLER 2001, unverändert)

Kartiereinheit Ausgangs-substrat N

atu

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Rendzinen / braune Rendzinen

Muschelkalk / Travertin

+ +++ + + ++ +

Humose Parabrau-nerden / Tscherno-sem-Parabraunerden

Löss ++ ++ +++ ++ ++ +++

Carbonathaltige allochtone Vegen

Auensedimente ++ +++ ++ + +++ +

Vegen / Gley-Vegen Auensedimente ++ + ++ ++ +++ ++

Pararendzina-Rigosole

Löss über Muschelkalk

- ++ +++ ++ ++ +

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WP 4 – Archivfunktion

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Im Folgenden werden die von KÜBLER 2001 ausgewählten Boden-formen mit besonderer Archivfunktion zusätzlich anhand der Kriterien (vgl. Tab. 1) des zwischenzeitlich in Baden-Württemberg vorliegen-den Leitfadens „Böden als Archive der Natur- und Kulturgeschichte“ (LUBW 2008) beurteilt und im Fall der Auengleye in den Talauen im Keuperbergland angepasst.

Im Ergebnis zeigen sich hier die folgenden Zuordnungen und Bewer-tungsgrundlagen:

Rendzinen / braune Rendzinen

Die Kartiereinheit „Rendzina und Braune Rendzina der Muschelkalk- und Sauerwasserkalkhänge (SIG-Nr. 1)“ ist insbesondere aufgrund des seltenen Ausgangssubstrats der Sauerwasserkalke als Archivbo-den einzustufen (vgl. KÜBLER 2001). Sauerwasserkalk (Travertin) wurde während der letzten 500.000 Jahre vor allem in den Warmzei-ten des Pleistozäns aus dem kohlensäurereichen Mineralwasser ausgeschieden (vgl. Abb. 2). Nach LUBW 2008 ist diese Bodenform somit aufgrund des Kriteriums „besondere Ausgangssubstrate der Bodenbildung“ als schutzwürdig einzustufen.

Abb. 2: Sauerwasserkalk (Travertin) im Steinbruch Haas, Bad Cannstatt. (Quelle: Amt für Umweltschutz)

Humose Parabraunerden / Tschernosem-Parabraunerden

Die Kartiereinheit „Humose Parabraunerde und Tschernosem-Parabraunerde aus Löß am Rande des Schmidener Feld und auf der Filderebene (SIG-Nr. 21)“ ist mit einem Flächenanteil von ca. 370 ha im Stadtgebiet von Stuttgart vorhanden. Diese Böden sind als Relikte einer heute nicht mehr ablaufenden Bodengenese nach LUBW 2008 schutzwürdig. Das relevante Kriterium ist die „besondere Bedeutung für die Bodengenese“.

Vegen (Braune Auenböden) / Gley-Vegen

Die Kartiereinheiten „Vega (Carbonathaltiger Brauner Auenboden) der Neckaraue (SIG-Nr. 41)“ und „Vega (Brauner Auenboden) und Gley-Vega (Auengley-Brauner Auenboden) der Körsch- und Rams-bachaue (SIG-Nr. 42)“ sind nach KÜBLER 2001 aufgrund der Kriterien Bodendiversität und Naturnähe schutzwürdig, da sie für die Catena einer naturnahen Bodenlandschaft besonders prägend und im Ver-gleich zu den terrestrischen Böden selten sind. Bei Prüfung der Bo-

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denkarte in Stuttgart zählen mit dieser Begründung ergänzend zu KÜBLER 2001 die Kartiereinheiten „Gley-Vega (Auengley-Brauner Auenboden) und Gley (Auengley) der Talauen im Keuperbergland (SIG-Nr.43) zu den Archiven der Naturgeschichte.

Nach LUBW 2008 stellen Vegen und Gley-Vegen als Zeugnisse fluvi-atiler Prozesse und naturgeschichtliche Urkunde dar. Sie können als Böden auf „jüngeren (holozänen) Flussterrassen im Neckartal“ auf-grund ihrer „speziellen landschaftsprägenden morphologischen Ele-mente und Landschaftsgeschichte“ als Archivböden schutzwürdig sein. Landesweit sind Vegen und Gley-Vegen nicht als selten anzu-sehen. Bedingt durch die detaillierte Datenlage nach der Stadtboden-kartierung von HOLLAND 1995 und der Auswertung durch KÜBLER 2001 zeigt sich für das Stadtgebiet von Stuttgart, das weitgehend durch terrestrische Böden und z.B. auf den Fildern durch intensiv ackerbaulich genutzte Böden geprägt ist, dass Vegen und Gley-Vegen als Böden mit regionaler Seltenheit anzusprechen sind.

Pararendzina-Rigosole

Die Kartiereinheit „Pararendzina-Rigosol der lössbedeckten steilen Muschelkalkhänge des Neckartales, meist terrassiert (SIG-Nr. 45)“ ist anthropogen überprägt und gibt als Kultosol Auskunft über die histori-sche Weinbaunutzung. Nach LUBW 2008 ist diese z.T. auf histori-schen, meist terrassierten Weinbergen entstandene Bodenform als „Besonderheit der Siedlungs- und Landnutzungsgeschichte“ schutz-würdig und somit ein Archiv der Stuttgarter Kulturgeschichte.

Abb. 3: Weinberg. (Quelle: Amt für Umweltschutz)

Überblick über die Archivböden in Stuttgart

Tabelle 3 und Abbildung 4 geben einen Überblick über die aktuell im Stadtgebiet von Stuttgart vorliegenden pedogenen Archive der Natur- und Kulturgeschichte. Sie sind in der im Jahr 2009 aktualisierten Ver-sion der Bodenqualitätskarte als bodentypologische Archive der Na-tur- und Kulturgeschichte als schutzwürdig eingestuft.

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Tabelle 3: Übersicht über pedogene Archive der Natur- und Kulturgeschichte in Stuttgart

Wertgebende Eigenschaft (nach LUBW 2008)

Beschreibung der Bodenform Signatur der Bodenform (SIG5)

besondere Ausgangssubstrate der Bodenbildung

Rendzina und Braune Rendzina der Muschelkalk- und Sauerwasserkalkhänge

1

besondere Bedeutung für die Bodengenese

Humose Parabraunerde und Tschernosem-Parabraunerde aus Löss am Rande des Schmide-ner Feld und auf der Filderebene

21

Vega (Carbonathaltiger Brauner Auenboden) der Neckaraue

41

Vega (Brauner Auenboden) und Gley-Vega (Au-engley-Brauner Auenboden) der Körsch- und Ramsbachaue

42

seltene Böden bzw. Bodenbil-dungsprozesse nach Stadtbo-denkartierung HOLLAND 1995

Gley-Vega (Auengley-Brauner Auenboden) und Gley (Auengley) der Talauen im Keuperbergland

43

Kultosol als Besonderheiten der Siedlungs- und Landnutzungs-geschichte

Pararendzina-Rigosol der lößbedeckten steilen Muschelkalkhänge des Neckartales, meist terras-siert

45

Archivböden nach BOKS

Abbildung 4: Räumliche Übersicht über die pedogenen Archive der Natur- und Kulturgeschichte der Stadt Stuttgart (Quelle: BOKS)

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3.2 Archive der Naturgeschichte / flächenhafte und punktuelle Naturdenkmale

Archive der Naturgeschichte besitzen eine besondere Bedeutung für die Erd- und Landschaftsgeschichte, Geologie, Mineralogie oder Pa-läontologie (LUBW 2008). Geotope sind allgemein „erdgeschichtliche Bildungen der unbelebten Natur, die Erkenntnisse über die Entwick-lung der Erde oder des Lebens vermitteln. Sie umfassen Aufschlüsse von Gesteinen, Böden, Mineralen und Fossilien sowie einzelne Na-turschöpfungen und Landschaftsteile. Geotope sind Schaufenster der Erdgeschichte. Sie sind Teil des erdgeschichtlichen Naturerbes. Schutzwürdig sind diejenigen Geotope, die sich durch ihre besondere erdgeschichtliche Bedeutung, Seltenheit, Eigenart oder Schönheit auszeichnen“ (vgl. LfU 2002).

In der Bodenqualitätskarte der Stadt Stuttgart sind Geotope und an-dere flächenhafte oder punkthafte Naturdenkmale bislang nicht ent-halten. Deshalb werden die kartierten geschützten und schutzwürdi-gen Geotope in Stuttgart recherchiert und entsprechend LUBW 2008 neu als Archive der Naturgeschichte in der Bodenqualitätskarte auf-genommen.

Die im Stadtgebiet von Stuttgart als Naturdenkmale ausgewiesenen Geotope sind in der Regel Aufschlüsse und Steinbrüche mit besonde-rer Bedeutung für die Erdgeschichte (vgl. Tab. 4). Ein Beispiel ist der Aufschluss „Rote Wand“ bei der Uhlandshöhe östlich des Stuttgarter Hauptbahnhofs (vgl. Abb. 5).

Abb. 5: Aufschluss Rote Wand, Untere Bunte Mergel (km3u) (Quelle: LfU 2002)

Die ausgewiesenen Geotope und Naturdenkmale stellen zum Teil zusätzlich spezielle landschaftsprägende morphologische Elemente und Landschaftsgeschichte dar oder bilden besondere Ausgangssub-strate der Bodenbildung (z.B. Kalktuffvorkommen).

Einen Überblick über die geschützten und schutzwürdigen Geotope im Stadtgebiet von Stuttgart gibt Tabelle 4 und Abbildung 6. In der aktualisierten Planungskarte Bodenqualität des BOKS werden Geo-tope je nach Datenherkunft als Punktdaten mit einem Buffer von 10 m (Radius) dargestellt oder als Flächeninformation übernommen (Na-

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turdenkmale der Stadt Stuttgart). Sie erhalten die höchste Bodenqua-litätsstufe (QS = 5).

Tabelle 4: Übersicht über geschützte und schutzwürdige Geotope in der Stadt Stuttgart

Kategorie Beschreibung Beispiele

Aufschlüsse Aufschlüsse mit tektonischen Verwerfun-gen, wichtigen Schichtfolgen, besonderem Sedimentgefüge, z.B. entlang von Bö-schungen etc.

Aufschluss Rote Wand, Lösswand am Max-Eyth-See

Steinbrüche Steinbrüche mit tektonischen Verwerfun-gen, wichtigen Schichtfolgen, besonderen Gesteinstypen, Mineralen oder Fossilien

Travertinsteinbruch bei Untertürkheim

Felsen besondere Sedimentgefüge Dautenfelsen bei Untertürk-heim

Quellen Quellhorizonte, Quelltöpfe Mineralwasserquelltopf „Mombachquelle“, Quelle „Hofener Hohlbrunnen“

Tuffvorkommen Aufschlüsse bzw. Böden auf Tuffvorkom-men

Kalktuffvorkommen aus Karstquelle bei Sillenbuch

bedeutsame Geländeformen

Aufschlüsse bzw. Böden in Klingen und Talhängen

Schwäblesklinge bei Deger-loch

Abbildung 6: Räumlicher Überblick über die Lage der Geotope in der Stadt Stuttgart

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3.3 Archive der Kulturgeschichte – Archäologische Boden-denkmale / Flächen mit hoher kulturhistorischer Bedeu-tung

Die Böden im Umfeld archäologischer Fundstätten und historische Geländemerkmale sind meist in mehrfacher Hinsicht „Archive der Kulturgeschichte“ und Besonderheiten der Siedlungs- und Landnut-zungsgeschichte. Im unmittelbaren Bereich von archäologischen Fundstellen können Grabungsbefunde u.a. nutzungsbedingte Verän-derungen des natürlichen Bodenaufbaus oder der Bodeneigenschaf-ten (z.B. erhöhte Gehalte an Kohlenstoff und Phosphat) sein. Aus dem Aufbau der Böden im Umfeld der Fundstätten können wichtige Erkenntnisse über die bevorzugte Lage von Siedlungen und über historische oder prähistorische Landnutzungsformen gewonnen wer-den (vgl. ELSA 2007).

Aus dem Stadtgebiet von Stuttgart sind z.B. um den „Viesenhäuser Hof“ bei Stuttgart-Mühlhausen die Gräber der „Bandkeramik“ (älteste Jungsteinzeit, 2. Hälfte des 6. Jahrtausends v. Chr.) bekannt (vgl. Abb. 7). Das Gräberfeld gehörte zu einer ausgedehnten Siedlung der ersten Ackerbauern in der Region und belegt die frühe Nutzung der besonders ertragreichen Lössböden.

Abb. 7: Skelett mit Steinbeil und 2 Tongefäßen. (Quelle: Landesamt für Denkmalpflege)

Nach LUBW 2008 sind schutzwürdige Archive der Kulturgeschichte zum einen archäologische Fundstellen und Bodendenkmale. Diese umfassen unter und auf der heutigen Erdoberfläche liegende Fundor-te von Siedlungsresten, Gräberfeldern, Befestigungsanlagen und Verkehrswege aus allen Epochen der Menschheitsgeschichte sowie Zeugnisse historischer Nutzungsformen, die eindeutige Spuren hin-terlassen haben (vgl. LUBW 2008).

Archäologische Fundstellen und Boden- bzw. Geländedenkmale sind in der bisherigen Version der Bodenqualitätskarte der Stadt Stuttgart nicht enthalten. Für die aktualisierte Fassung der Bodenqualitätskarte werden daher die kartierten und bei der Unteren Denkmalschutzbe-hörde der Stadt Stuttgart eingetragenen archäologischen Fundstellen und historischen Geländedenkmale neu als Archive der Kulturge-schichte aufgenommen. Tabelle 5 gibt einen Überblick über die in der Stadt Stuttgart vorliegenden Archive der Kulturgeschichte.

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Nicht berücksichtigt werden weitere bei der Denkmalschutzbehörde eingetragene Kulturdenkmäler ohne direkten Bezug zum Boden wie z.B. Gemarkungsgrenzsteine, Waldgrenzsteine, ehemalige Gehöfte, Brunnen oder Friedhöfe.

Tabelle 5: Übersicht über eingetragene Bodendenkmale in der Stadt Stuttgart

Kategorien Beschreibung

Fundstellen der Römerzeit, Siedlungen und Gutshöfe der Römerzeit

Gräber und Gräberfelder der La-Tène-Zeit und Urnen-felderzeit sowie alemannische Gräber

archäologische Fundstellen

mittel- und jungsteinzeitliche Siedlungen und Siedlungsreste (Bandkeramiker)

Grabhügel

keltische Viereckschanzen

historische Gelände- und Bodendenkmale

vorgeschichtliche Befestigungen, Burgstellen

In der aktualisierten Bodenqualitätskarte der Stadt Stuttgart wird so-wohl in der Darstellung als auch in der Bewertung zwischen archäo-logischen Fundstellen einerseits und historischen Gelände- und Bo-dendenkmalen andererseits unterschieden.

Der Grund für diese Differenzierung liegt in den unterschiedlichen Schutzansprüchen zur Erhaltung der kulturgeschichtlichen Urkunden. Während historische Geländedenkmale wie Grabhügel oder Viereck-schanzen sowohl bei der Bebauung als auch einer Versiegelung oder Abgrabung zerstört werden, können Artefakte aus archäologischen Fundstellen vor einer Bebauung ausgegraben und über eine wissen-schaftliche Dokumentation gesichert werden. Im Fall einer oberflä-chennahen Versiegelung besteht zudem die Möglichkeit, dass Arte-fakte, die in tieferen Bodenschichten liegen, nicht geschädigt werden, wenn der Eingriff nicht bis in den Unterboden erfolgt.

Um den unterschiedlichen Schutzbedürfnissen Rechnung zu tragen, erhalten die schutzbedürftigeren historischen Geländedenkmale in der Bodenqualitätskarte der Stadt Stuttgart wie pedogene Archive und Geotope die höchste Qualitätsstufe (QS = 5). Dagegen wird die Bewertung der Bodenqualität durch das Vorhandensein von archäo-logischen Fundstellen nicht verändert. In der Bodenqualitätskarte werden die Informationen über Fundstellen nachrichtlich eingestellt, indem die ausgewiesenen Bereiche in der Bodenqualitätskarte schraffiert dargestellt werden.

Abbildung 8 gibt einen Überblick über die Lage und Verteilung der archäologischen Fundstellen und historischen Gelände- und Boden-denkmale.

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Abbildung 8: Räumliche Übersicht über Fundstellen und historische Gelän-dedenkmale

4 ZUSAMMENFASSUNG

Für das Stadtgebiet von Stuttgart wurde im Rahmen des Stuttgarter Bodenschutzkonzeptes (BOKS) die Planungskarte Bodenqualität erstellt, in der neben den natürlichen Bodenfunktionen auch die Ar-chivfunktion von Böden enthalten ist. Aufgrund der Datenlage im Jahr 2001 wurden nur pedogene Archive berücksichtigt. Weitere natur- und kulturhistorische Archive wie Geotope, Naturdenkmale mit be-sonderer Bedeutung für die Erd- und Landschaftsgeschichte, Boden- und Geländedenkmale sowie archäologische Fundstellen waren in der ursprünglichen Fassung der Bodenqualitätskarte nicht enthalten. Hieraus entstand die Notwendigkeit, Daten zu Geotopen und kultur-geschichtlichen Archiven zu recherchieren und die Archivfunktion zu ergänzen.

Zusätzlich liegt zwischenzeitlich in Baden-Württemberg der Leitfaden „Böden als Archive der Natur- und Kulturgeschichte“ vor (vgl. LUBW 2008). Dieser landesweite Bewertungsansatz wurde genutzt, um die vorliegende Methodik des BOKS zur Bewertung von Archivböden zu prüfen und methodisch zu hinterlegen sowie ggf. zu ergänzen.

Bodendenkmale in der Stadt Stuttgart

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Vor diesem Hintergrund wurde die Archivfunktion als Bestandteil der Bodenqualitätskarte aktualisiert und ergänzt, so dass mit der neuen Version verbesserte Informationen zur Verfügung gestellt werden können. Im Rahmen der Ergänzung der Archivfunktion wurde die Bodenqualitätskarte der Stadt Stuttgart neu erstellt.

In der aktualisierten Version werden die folgenden Informationen er-gänzt:

� Pedogene Archive: Prüfung und Anpassung der Begründung und Bewertung an die landesweite Vorgehensweise entspre-chend LUBW 2008. Ergänzung von Kartiereinheiten, die unter den landesweiten Kriterien als schutzwürdig gelten.

� Geotope: In der aktualisierten Bodenqualitätskarte werden schutzwürdige und geschützte Geotope berücksichtigt.

� Kulturhistorische Archive: Die bei der Unteren Denkmal-schutzbehörde eingetragenen Geländedenkmale und archäo-logische Fundstellen werden in die Bodenqualitätskarte inte-griert.

Mit den aktualisierten Informationen zur Archivfunktion wird die Pla-nungskarte Bodenqualität in der Stadt Stuttgart in ihrer Aussage zu vorhandenen Archiven der Natur- und Kulturgeschichte verbessert und konkretisiert. Sie bietet somit Entscheidern und Fachplanern die Möglichkeit, sich bereits frühzeitig über die Lage der Archive zu in-formieren und Alternativplanungen vorzunehmen, um schutzwürdige Archive zu erhalten.

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5 LITERATURVERZEICHNIS

AD-HOC-AG BODEN (2007): Methodenkatalog zur Bewertung natürli-cher Bodenfunktionen, der Archivfunktion des Bodens, der Ge-fahr der Entstehung schädlicher Bodenveränderungen sowie der Nutzungsfunktion „Rohstofflagerstätte“ nach BBodSchG sowie der Empfindlichkeit des Bodens gegenüber Erosion und Verdichtung. Herausgegeben von der Ad-hoc-AG Boden der Staatlichen Geologischen Dienste und der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe, Personenkreis „Grundlagen der Bodenfunktionsbewertung“, 2. überarbeitete und ergänzte Auflage 2007.

BOSCH, CHRISTOF (1994): Versuch einer „Roten Liste natürlicher Bö-den“ zum Schutz von Seltenheit und Naturnähe von Böden. In: Rosenkranz, Dietrich et al. [Hrsg.]: Bodenschutz. Ergänzbares Handbuch der Maßnahmen und Empfehlungen für Schutz, Pfle-ge und Sanierung von Böden, Landschaft und Grundwasser. Berlin. Lfg. XI/94; Kenn-Nr. 7050.

DSchG – DENKMALSCHUTZGESETZ (Gesetz zum Schutz der Kultur-denkmale Baden-Württemberg) vom 6. Dezember 1983, zuletzt geändert am 25.04.2007. In GBl. 2007 S. 252.

EUROPEAN LAND AND SOIL ALLIANCE (ELSA) e.V. (2007): Boden als Archiv für das Natur- und Kulturerbe. Local land soil news Heft 20/21 I/2007.

HOLLAND, KARIN (1995): Die Böden Stuttgarts. Erläuterungen zur Bo-denkarte. Schriftenreihe des Amtes für Umweltschutz. Heft 3 / 1995. Stuttgart.

HÖNES, E.-R. (2006): Zur Archivfunktion des Bodens aus rechtlicher Sicht. In: Zeitschrift Bodenschutz 03/2006.

KÜBLER, A. (2001): Nachhaltiger Bodenschutz in Stuttgart: Analyse, Bewertung und Entwicklung eines kommunalen Bodenschutz-konzeptes. Diplomarbeit am Institut für Geographie.

LANDESHAUPTSTADT STUTTGART (2006):Bodenschutzkonzept Stuttgart (BOKS). Schriftenreihe des Amtes für Umweltschutz. Heft 4 / 2006. Stuttgart.

LANDESUMWELTAMTES BRANDENBURG (LUA) (2005): Böden als Archi-ve der Natur- und Kulturgeschichte. Fachbeitrag des Landes-umweltamtes Brandenburg, Heft 99.

LANDESAMT FÜR BERGBAU, ENERGIE UND GEOLOGIE NIEDERSACHSEN (2008): Schutzwürdige Böden in Niedersachsen, GeoBerichte 8, Hannover.

LANDESANSTALT FÜR UMWELTSCHUTZ BADEN-WÜRTTEMBERG (LfU) (2002): Geotope im Regierungsbezirk Stuttgart. Karlsruhe. Rei-he Bodenschutz 12.

LANDESANSTALT FÜR UMWELT, MESSUNGEN UND NATURSCHUTZ BADEN-WÜRTTEMBERG (LUWB) (2008): Böden als Archive der Natur-

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und Kulturgeschichte. Grundlagen und beispielhafte Auswer-tung. Bodenschutz Heft 20. Karlsruhe.

UMWELTMINISTERIUM BADEN-WÜRTTEMBERG (UM BW) (1995): Bewer-tung von Böden nach ihrer Leistungsfähigkeit – Leitfaden für die Planung und Gestattungsverfahren. Reihe: Umweltministerium Baden-Württemberg, Luft, Boden, Abfall, Heft 31, Stuttgart.

UMWELTMINISTERIUM BADEN-WÜRTTEMBERG (UM BW) (2006): Das Schutzgut Boden in der naturschutzrechtlichen Eingriffsrege-lung, Arbeitshilfe, 1. Auflage, Stuttgart.

WICHMANN, H. (2000): Gutachten zur Erhebung und Bewertung von Böden mit Archivfunktionen zur Natur- und Kulturgeschichte. Hamburg, Umweltbehörde der Freien und Hansestadt Hamburg.

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URBAN SMS Soil Management Strategy

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