Valerie Flatten hilft mehrere Wochen im Kinderhort ... · Die Dörfer reihen sich wie an einer ......

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Ausgabe 1 / 2015 Valerie Flatten hilft mehrere Wochen im Kinderhort Sopachuy „Comedor Popular Infantil Niño Jesus“ Nachdem sie uns beim letzten Mal über ihre Arbeit aus dem Kinderheim Poconas berichtet hat, nun ihr 2. Bericht, diesmal aus dem Kinderhort in Sopachuy. Hier betreiben die Josefsschwestern auf dem Campo, ca. 250 km außerhalb von Sucre/Poconas, eine Kindertagesstätte, in der über 100 Kinder täglich versorgt werden und bis zu 60 Kinder auch dort wohnen. Mein Name ist Valerie Flatten, ich bin 19 Jahre alt und habe mich für ein freiwilliges soziales Jahr entschieden, weil ich vor der Aufnahme meines Studiums noch weitere Länder und Kulturen kennen lernen wollte. In meinem 1. Bericht habe ich über meine ersten Wochen im Kinderheim Poconas berichtet, nun bin ich für mehrere Wochen an den Standort Sopachuy gewechselt um auch hier die Arbeit der Josefsschwestern kennen zu lernen und sie zu unterstützen.

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Ausgabe 1 / 2015

Valerie Flatten hilft mehrere Wochen im Kinderhort

Sopachuy „Comedor Popular Infantil Niño Jesus“

Nachdem sie uns beim letzten Mal über ihre Arbeit aus dem Kinderheim

Poconas berichtet hat, nun ihr 2. Bericht, diesmal aus dem Kinderhort in

Sopachuy. Hier betreiben die Josefsschwestern auf dem Campo, ca. 250 km

außerhalb von Sucre/Poconas, eine Kindertagesstätte, in der über 100 Kinder

täglich versorgt werden und bis zu 60 Kinder auch dort wohnen.

Mein Name ist Valerie Flatten, ich bin 19 Jahre alt und habe mich für ein

freiwilliges soziales Jahr entschieden, weil ich vor der Aufnahme meines

Studiums noch weitere Länder und Kulturen kennen lernen wollte.

In meinem 1. Bericht habe ich über meine ersten Wochen im Kinderheim

Poconas berichtet, nun bin ich für mehrere Wochen an den Standort Sopachuy

gewechselt um auch hier die Arbeit der Josefsschwestern kennen zu lernen

und sie zu unterstützen.

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Sopachuy „Comedor Popular Infantil Niño Jesus“

Sopachuy ist ein kleines Dorf knapp fünf Autostunden von Sucre entfernt, in

dem ca. 1000 Einwohner leben. Auf halber Strecke hört die geteerte Straße

auf und es geht auf Pflastersteinen weiter. Die Dörfer reihen sich wie an einer

Kette an dieser Straße entlang. Die Entfernungen sind jedoch relativ groß.

Von einem bis zum nächsten größeren Dorf sind es oft drei Stunden

Fußmarsch, da hier niemand ein Auto besitzt. Zu den gängigsten

Verkehrsmitteln gehören hier immer noch Esel oder die eigenen Füße.

Zwischen den Dörfern befinden sich kleine Höfe, wo Familien kleine

landwirtschaftliche Betriebe haben.

Erntemaschinen oder ähnliche

Hilfsgeräte werden schmerzlich

vermisst. Die Felder werden mit

einem selbstgebastelten Flug und

einem kräftigem Stier gepflügt und

alles wird von Hand geerntet und

verarbeitet. Von diesen Höfen

kommt ein Großteil der Schüler von

Sopachuy.

Im Dorf gibt es eine Grundschule, die hier in Bolivien von der 1. bis zur 6.

Klasse geht, sowie eine weiterführende Schule von der 7. bis zur 12. Klasse.

Es besteht zwar eine Schulpflicht, die aber nur schwierig kontrolliert werden

kann. Deshalb gehen die Lehrer am ersten Schultag von Haus zu Haus und

schauen, wo es Kinder gibt und versuchen die Eltern zu überreden, ihre

Kinder zur Schule gehen zu lassen. Viele der Kinder kommen aus

kinderreichen Familien, in denen die Eltern weder schreiben noch lesen

können. Diese sehen leider oft auch keine Notwendigkeit, ihren Kindern

zumindest eine solide Grundausbildung zu ermöglichen oder benötigen die

frühe Mitarbeit der Kinder auf ihren kleinen Höfen für den täglichen

Lebensunterhalt. Manche Kinder kommen erst im fortgeschrittenen Alter von

12 bis 14 Jahren zum ersten Mal zur Schule. Dann ist das Lernen meist sehr

mühselig, auch weil die Motivation dieser Kinder oft nur gering ist. Einige

Beispiele verdeutlichen die Situation wahrscheinlich gut: Eines der von mir

betreuten Mädchen kann auch nach zwei Schuljahren Buchstaben nicht von

Zahlen unterscheiden. Auch wenn dies einer der extremeren Fälle ist, gibt es

doch immer wieder Situationen, an denen wir Freiwillige und auch die

Lehrerinnen und Schwestern fast verzweifeln. Arminda ist 13 und geht in die

6. Klasse; sie kann zwar prima Kopfrechnen, schreibt aber mit Beharrlichkeit

alle 5en spiegelverkehrt, weil sie behauptet, es so gelernt zu haben und es

unbelehrbar für richtig hält.

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Auch die Kommunikation ist am Anfang schwierig. Viele Kinder sprechen

zunächst nur Qechua, die Eingeborenensprache. Für die meisten ist Spanisch

die erste Fremdsprache, die sie in der Schule lernen. Aber gerade die

Kleineren haben am Anfang noch große Probleme, weil Qechua die einzige

Sprache ist, die sie zu Hause mit ihren Eltern und Geschwistern und auch im

Comedor mit ihren Freunden sprechen. Zum Glück sprechen die Schwestern

in der Regel gut Qechua. Mit großer Geduld sprechen sie dann alles einmal

auf Spanisch und danach noch einmal auf Qechua, damit keine

Missverständnisse entstehen.

Der Comedor in Sopachuy bietet Platz

für etwas mehr als 100 Kinder aus

Sopachuy und dessen Umgebung. Die

Kinder teilen sich in knapp 60

'Internos', also Kinder die von

außerhalb kommen und oft einen

Fußmarsch von bis zu 5 Stunden bis

zu ihrem Hof haben und deshalb auch

im Internat schlafen und nur am

Wochenende nach Hause gehen, und

in etwas mehr als 40 'Externos', die alle fünf Mahlzeiten im Comedor

einnehmen, die Hausaufgabenbetreuung und Spiele mitmachen, aber zum

Schlafen zu ihren Familien zurückkehren.

Der Beitrag, den die Familien für diese Unterbringung zahlen, hat eher

symbolischen Charakter, da viele Familien auf dem Land kinderreich sind und

extrem arm. Internos bezahlen monatlich 50 Bolivianos (das sind

umgerechnet ca. 5 Euro) und Externos 30 Bolivianos (also ca. 3 Euro). Leider

geht es vielen Familien trotzdem finanziell so schlecht, dass sie nicht einmal

diesen Betrag aufbringen können. Viele leisten stattdessen einen Beitrag in

Form von Naturalien. Das reicht dann von Kartoffeln bis hin zu einer Kuh.

Manche Eltern bringen sich auch durch aktive Mitarbeit in der Küche oder bei

Reparaturarbeiten ein. Kommt ein Elternteil für einen Tag zur Arbeit in den

Comedor, entspricht das einem Gehalt von 50 Bolivianos, also dem

monatlichen Beitrag von einem Interno.

Eigentlich ist der Comedor ausschließlich für Kinder aus der Grundschule

bestimmt, doch in diesem Jahr waren wegen der großen Nachfrage auch ein

Kind aus dem Kindergarten und mehrere aus der weiterführenden Schule

dabei. Die Altersspanne reicht also von 5-15 Jahren. Es werden sowohl

Jungen als auch Mädchen aufgenommen.

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Das Leben im Comedor entspricht weitgehend einem deutschen Schulalltag.

Um sechs Uhr werden die Kinder geweckt. Eine Stunde später gibt es

Frühstück. Um acht Uhr beginnt

der Unterricht, der um zehn Uhr

für eine Pause mit einer kleinen

Zwischenmahlzeit unterbrochen

wird. Um ein Uhr findet dann das

Essen im Comedor statt und

danach werden die Hausaufgaben

gemacht. Dabei ist es für alle

Pflicht, bis um halb fünf Uhr zu

lernen. Hat ein Kind keine

Hausaufgaben auf, bekommt es

ein paar Übungsaufgaben, um sich zum Beispiel auf die nächste Arbeit

vorzubereiten. Dann gibt es eine kleine Stärkung und wer zu diesem Zeitpunkt

mit den Hausaufgaben fertig ist, darf sich danach auf dem Spielplatz

austoben, während die anderen ihre Hausaufgaben bis zum Abendessen um

sechs Uhr beenden. Danach ist dann nochmal Freizeit, bis es um neun Uhr für

alle ins Bett geht.

Im Vergleich zu dem ansonsten recht kargen Essen auf dem Land bekommen

die Kinder im Comedor täglich ein reichhaltiges und vor allem gesundes

Essen. Auf dem Land treten häufig bei Kindern Krankheiten auf, die mit

Mangelernährung zu tun haben. Kartoffeln, Mais und andere Getreidesorten

gibt es reichlich und zu günstigen Preisen, aber Gemüse und vor allem Obst

sind wesentlich teurer, weshalb es den Jungen und Mädchen an Vitaminen,

Eisen und anderen wichtigen Nährstoffen mangelt, die ihre Kon-

zentrationsfähigkeit beeinträchtigen und Krankheiten hervorrufen können.

Weihnachtsfeier im Comedor

In der letzten Novemberwoche haben Veronika, eine der beiden anderen

Freiwilligen in Sopachuy, und ich mit den Kindern des Comedors Plätzchen

gebacken. Dies war aus mehreren Gründen sehr anstrengend. Zunächst hatten

wir eine große Menge von Zutaten, darunter 5 kg Mehl, 2,4 kg Butter, 20 Eier

und 1,2 kg Zucker und noch einige andere. Keines der Kinder hatte in seinem

Leben schon einmal Plätzchen gebacken. Deshalb haben wir ca. 20

Kleingruppen zu jeweils 5 Kindern eingeteilt, um vernünftig arbeiten zu

können. Die Kinder hatten sichtlich Freude daran, aber für uns Freiwillige war

die Aktion sehr zeitintensiv, weil wir für das Ausstechen der Plätzchen

insgesamt rund 10 Stunden gebraucht haben und für das Verzieren nochmal 8

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Stunden. Dabei war dann auch unser Improvisationstalent gefragt, weil es

viele Dinge hier gar nicht gibt.

Anstelle von Butter oder

Margarine mussten wir

Schweineschmalz verwenden,

was dazu führte, dass die

Plätzchen leicht zerbrachen.

Zuckerguss haben wir selbst

angerührt und anstelle von

Schokolade haben wir eine Paste

aus Schmalz, Kakao und Zucker

angerührt, die zwar unglaublich

süß geschmeckt hat, die Kinder

aber vollkommen begeistert hat. Allen Kindern und auch den Schwestern

haben die fertigen Plätzchen schließlich hervorragend geschmeckt, und es gab

für alle reichlich.

Am Freitag, dem 28.11., haben wir dann das Weihnachtsfest im Comedor

gefeiert, das war der letzte Schultag vor den großen Ferien (Schuljahresende)

und die Kinder sind danach zu ihren Höfen zurückkehrt. Es war außerdem ein

kleines Abschiedsfest, da viele Kinder im nächsten Jahr nicht wiederkommen

werden, weil sie entweder auf die weiterführenden Schulen gehen oder zum

Arbeiten nach Santa Cruz oder Sucre reisen. Das sind oft ungelernte schlecht

bezahlte Jobs, bei denen sie sich als Straßenverkäufer, Putzkräfte oder

ähnlichem verdingen. Die weiterführende Schule besuchen auf dem Land

nicht mal 40% der schulpflichtigen Kinder. Es gab einen Jungen im Comedor,

der 14 Jahre alt war, die dritte Klasse besucht hat, aber ab dem nächsten Jahr

in Santa Cruz leben und arbeiten wird. Oft sind es auch nicht nur die Kinder,

die nicht mehr auf ihrem Hof arbeiten, sondern auch die Eltern verschlägt es

in verschieden Regionen, weil sie

hoffen, ihre wirtschaftliche Situation

dadurch verbessern zu können. Nicht

wenige gehen zum Arbeiten nach

Chile oder in die größeren Städte,

sodass viele Kinder schon mit 10 bis

11Jahren zu Selbstversorgern auf

ihren Höfen werden, weil die Eltern

nur für ein paar Wochen im Jahr

nach Hause kommen.

Das Alter, in dem die Kinder ihre Schulausbildung beenden, ist sehr

unterschiedlich und hängt entscheidend von der familiären Situation ab.

Leider ist es noch immer keine Seltenheit, dass es Kinder gibt, die niemals die

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Gelegenheit bekommen, zur Schule zu gehen, während andere es schaffen,

den Abschluss an einer weiterführenden Schule zu machen. Oft ist es auch der

Fall, dass ältere Kinder arbeiten, um ihren jüngeren Geschwistern die

Ausbildung zu ermöglichen.

Ende November gehen die Kinder aus dem Comedor von Sopachuy für zwei

Monate in die Sommerferien. Aus diesem Grund muss die Weihnachtsfeier

um ca. einen Monat vorgezogen werden.

Begonnen haben wir die Feier mit einem kleinen Gebet und dann wurden

natürlich Weihnachtslieder gesungen. Das waren eigentlich alles Lieder aus

dem spanischen Gotteslob, also waren die Lieder auch auf Spanisch.

Erstaunlich, aber schön festzustellen war, dass viele Lieder genau die

Gleichen sind, die wir auch bei uns in Deutschland am liebsten zu

Weihnachten singen. 'Stille Nacht, Heilige Nacht' und 'Gloria in excelsis deo‘

wurden mit genauso viel Begeisterung und Pathos angestimmt wie bei uns.

Viele Kinder kommen aus einfachsten Verhältnissen vom Land, wo jeder Tag

wie der andere ist und die Arbeit für den Lebenserhalt den Tagesablauf

vorgibt. In vielen Gemeinden wird Weihnachten gar nicht gefeiert.

Stattdessen gibt es manchmal Eingeborenenfeste, bei denen die

Sommersonnenwende zelebriert wird. Im Gespräch erklärte Sr. Silvia den

Kindern anschaulich und mit viel Einfühlungsvermögen die Bedeutung des

Weihnachtsfestes. Danach ging es zum Tanzen in den Hof, wo auch der

Weihnachtsbaum, der aus zwei großen grünen Zweigen bestand, die wir zu

einem Bogen aneinander gelegt und mit altem Christbaumschmuck und

Lametta verziert hatten, und die Krippe mit dem Jesuskind standen. Hier gab

es dann auch noch eine kleine Stärkung bevor es zur Bescherung zurück in

den Comedor ging. Das waren ein typisches bolivianisches Gebäckstück, Tee

und auch schon ein paar von den zerbrochenen Keksen.

Die Schwestern hatten die Füße jedes Kindes vermessen, um ihnen an diesem

Freitag ein neues Paar Sandalen

überreichen zu können, was bei dem

vielen Kindern dringend nötig war.

Diese Anschaffung wurde durch

Gelder, die aus der

Partnerschaftshilfe u.a. von St. Anna

in Düren fließen, möglich gemacht.

Außerdem gab es für jedes Kind

noch ein paar Süßigkeiten, Seife und

natürlich eine Schachtel mit den

selbstgemachten Keksen.

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Bei allem, vom Weihnachtsbaum über die Krippe

bis zum Essen und den Geschenken spürte man,

dass es mit Herz zubereitet worden war und die

Freude war bei allen dann auch riesengroß.

Außerdem haben sich auch viele Eltern nochmals

für die Geschenke und natürlich auch die

Unterstützung über die ganzen letzten Jahre

bedankt, was ich hiermit herzlich weitergebe.

Außerdem lassen Schwester Silvia, Schwester

Mery und Schwester Janneth herzlich grüßen.

Viele Kinder und Eltern haben sich ausdrücklich

und sehr nett bei der Gemeinde St. Anna und mir

bedankt, aber ich glaube die Fotos zeigen hier

mehr als tausend Worte.

Tagesausflug auf den Campo

Am darauffolgenden Samstag haben wir einen Spaziergang mit allen Kindern

und deren Eltern gemacht. Es ging ca. eineinhalb Stunden durch die

wunderschöne Umgebung von Sopachuy. Es ist hier gerade Frühling, das

heißt, hier blühen ganz viele rote und lila Bäume und zum Glück hatten wir

auch gutes Wetter, was die Kinder natürlich direkt ausgenutzt haben, um im

Fluss zu baden, während die Eltern die knapp 200 Wolldecken und 200

Betttücher im Fluss gewaschen haben. Und dann wurde bei einem großen

Picknick natürlich reichlich gekocht und gegessen. Doch an diesem Tag gab

es dann auch noch ein richtiges Festessen. Es war natürlich kein

Weihnachtsessen, wie es bei uns üblich ist, weil es dafür auch viel zu heiß ist,

aber die Eltern bereiteten in riesigen Töpfen leckere Mahlzeiten zu. Zum

Frühstück gab es einen Teig, der frittiert wurde und unserem

Karnevalsgebäck, den Muzen, ähnelt. Als typisches Getränk gab es Api, das

aus Mais gebraut wird. Zu Mittag gab es zuerst eine Suppe aus Mais und

danach Kartoffeln, Salat, Reis und

verschiedene Fleischsorten, wie

Hühnchen, Rind und Schwein.

Anschließend wurde noch Fleisch und

etwas Gemüse gegrillt.

Meine Zeit in Sopachuy habe ich mit

den zeremoniellen Verabschiedungen

der Kinder aus diesem Schuljahr

beendet. Dabei werden alle Kinder

einzeln aufgerufen und bekommen

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feierlich ihr Zeugnis überreicht. Die jeweils drei Besten aus einer Klasse

werden mit Geschenken und auch Geldpreisen geehrt, was die Kinder in

ihrem Lernen anspornen soll und eine wichtige Stütze für

einkommensschwache Familien mit fleißigen Schülern bietet.

Mich hat es sehr gerührt, dass alle Jungen und Mädchen an diesem wichtigen

Tag ihre neuen Sandalen an hatten und diese stolz präsentierten.

Mit vielen schönen und nachhaltigen Eindrücken bin ich Anfang Dezember

wieder ins Kinderheim nach Poconas in Sucre zurückgekehrt, wo ich nun bis

April auf den verschiedenen Stationen arbeiten werde.

Eure

Valerie Flatten

Hinweis: Nach ihrer Rückkehr wird Valerie, vor der Anna-Oktav am

Dienstag, den 19.Mai 2015 um 19.00 Uhr im Papst-Johannes-Haus über ihre Erfahrungen und Erlebnisse im Kinderheim Poconas und an

den anderen Standorten in Bolivien, in einem Bildervortrag berichten.

Flora und Quenia aus dem Kinderheim Poconas zu Besuch

in unserer Gemeinde

Von Anfang Januar waren Flora und

Quenia für fünf Wochen zu Gast in St.

Anna. Während dieser Zeit engagierten

sie sich mehrere Tage in der Woche

aktiv in Altenheim Haus St. Anna um

dort tatkräftig bei der Senioren-

betreuung mit zu helfen. Durch ihre

liebevolle und hilfsbereite Art haben sie

sich trotz fehlender Sprachkenntnisse

die Herzen der Bewohner erobert. Ausflüge nach Köln, Aachen, sowie in die

verschneite Eifel und ein Besuch bei Schwester Edith Kopp im Mutterhaus

der Josefsschwestern in Trier bildeten eine willkommene Abwechslung.

Vor ihrem Rückflug nach Bolivien wurde in der Endart in Düren eine

Abschiedsparty gefeiert bei der die Band Indigo kostenlos aufspielte und die

über hundert Gäste mit ihrer Musik bei Laune hielt. Der Erlös des Abends von

über 1500,- Euro kommt uneingeschränkt dem Kinderheim zu Gute.

Ein Dankeschön an alle Spender und Unterstützer die zum Gelingen

beigetragen haben.

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Ein besonderer Dank gilt der Familie Lersch bei denen die Beiden während

ihres Aufenthaltes gewohnt haben.

Flora und Quenia haben uns kurz ihren Lebenslauf aufgeschrieben:

Mein Name ist Flora Alanoca.

Ich bin am 8. September 1994 in Oropeza bei

Sucre geboren.

Nach einigen Monaten haben meine Eltern mich

verlassen. Ich kenne meine Familie nicht. So

kam ich in das Internat Poconas.

Schwester Edith Kopp, die damalige Leiterin der

Säuglingsstation, wurde meine „Mutter“. Ich bin

ihr immer dankbar.

Mit 4 Jahren kam ich zu Schwester Rita ins

Mädcheninternat. Von ihr habe ich viel gelernt.

Dank der Schwestern konnte ich Grundschule und Gymnasium besuchen.

Jetzt studiere ich im 2. Jahr Krankenschwester und bin glücklich, dass ich

schon Kranke betreuen kann.

Mein Name ist Quenia Puyal.

Ich bin 20 Jahre alt und wohne in der Stadt Sucre im Internat Poconas.

Geboren wurde ich am 17. Mai 1994 in einem Dorf bei Cochabamba.

Meine Mutter starb, als ich 3 Jahre alt war. Mein Vater und meine älteren

Geschwister versorgten mich. Eine Frau aus unserem Ort machte meine

Schwester Rufina auf das Internat Poconas aufmerksam. So kam ich in das

Internat, wo ich bis heute lebe.

Ich besuchte mit Erfolg die Grundschule und das Gymnasium, jetzt studiere

ich Odontologie (Zahnchirugie) im 3. Jahr.

Wir danken Gott für alle Personen, die uns bisher im Leben geholfen haben,

besonders den Josefsschwestern in Bolivien und der Pfarre Santa Anna in

Düren.

16 Kinder in Poconas getauft

Pastor Lothar schreibt uns aus Sucre, dass er vor Weihnachten am 14.

Dezember 2014 16 Kinder der Säuglings- und Kleinkinderstation in Poconas

getauft hat. Schwester Carmen, die Leiterin der Station in Poconas, hat ihm

folgendes zu jedem Täufling erzählt.

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Hermelinda

Sie ist am 15.4.14 in Culpina geboren. Das Kind kam mit ihrer Mutter ins

„Hospital de la mujer“. Man stellte fest, dass die Mutter Krebs hat. Während

der Chemotherapie kam das Kind auf unsere Kinderstation. Leider starb kurz

darauf die Mutter und sie hinterlässt 7 Kinder. So blieb Hermelinda im

Waisenhaus.

Armin Er ist mit 1300 Gramm am 21.3.14 in Ravello geboren. Die Mutter konnte

das Kind wegen des Untergewichts nicht behalten. Es kam zunächst ins

Kinderkrankenhaus und wurde nach 45 Tagen mit einem Gewicht von 2400

Gramm entlassen. Da Armin Lersch aus Düren zu der Zeit in Poconas war,

bekam das Kind den Namen Armin. Das Kind sollte nach 6 Monaten zurück

zur Familie. Da die Familie aber schon 5 Kinder hat und die Armut groß ist,

hat der Vater darum gebeten, dass das Kind vorläufig im Waisenhaus bleibt.

Angela

Geboren am 29.7.2012. Die Mutter war mit dem Kind unter Alkoholeinfluss

im Morgengrauen aufgefunden worden. Das Jugendamt nahm ihr das Kind ab

und gab es ins Waisenhaus Poconas.

Der Vater sitzt im Gefängnis. Durch

den Alkoholeinfluss ist das Kind

geschädigt. Es kann noch nicht richtig

sprechen und ist in Behandlung bei

einem Neurologen. Vor 4 Monaten

starb die Mutter, sodass das Kind im

Waisenhaus bleibt.

Daniela Geboren am 21.2.14 in Monteagudo.

Sie war krank und kam ins Kinderkrankenhaus in Sucre. Sie ist die jüngste

von 12 Geschwistern. Sie hat einen Zwillingsbruder, der bei der Mutter blieb.

Die Sozialarbeiterin des Kinderkrankenhauses bat am 29.4.14 um die

Aufnahme in die Kinderstation unseres Hauses. Sr. Carmen hat sie

aufgenommen.

Brisa

Sie ist am 20.5.2007 in Sucre geboren. Sie hat noch 2 weitere Geschwister im

Internat. Die Kinder sind von einer Mutter, die Alkoholikerin ist. Die

Richterin hat angeordnet, dass die Kinder ins Heim müssen. Sr. Rita

entschied, dass die Kinder auch im Internat bleiben können. Die Mutter ist

nicht verheiratet und niemand weiß, wo der Vater ist.

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Dafne und Quadalupe Dafne ist 4 Jahre alt und Quadalupe ein

Jahr. Die Mutter ist Prostituierte und

hat die Kinder dem Vater überlassen.

Der Vater gab sie ins Heim. Da die

beiden Kinder aber schon eine ältere

Schwester hier im Haus haben, hat die

Richterin angeordnet, dass die

Mädchen zusammen sein sollen. Sie

sind seit dem 16.7. bei uns.

Evalu Duveyza Sie ist am 21.8.13 geboren und kam im September zu uns. Die Mutter ist aus

Zudañez und hat Epilepsie. Sie ist erst 19 Jahre alt und hat das Kind auf der

Straße ausgesetzt. Die Polizei hat das Kind gerettet. Durch das Jugendamt

kam das Kind zu uns. Es war unterernährt.

Antonieta Sie ist 3 Jahre alt. Sie ist vor 2 Monaten ins Haus gekommen. Die Mutter ist

alkoholabhängig und der Vater hat die Familie verlassen. Das Jugendamt hat

das Kind eingewiesen. Es wird wohl hier bleiben.

Jhonny, Er ist in Poroma geboren und 1 ½ Jahre alt. Er und seine Zwillings-schwester

kamen wegen Unterernährung ins Kinderkrankenhaus in Sucre. Jhonny kam

nach seiner Besserung zu uns und Gisela zurück zur Mutter.

Luis Mario und José Luis

Die Zwillinge sind am 25.10 in Sucre geboren. Die Eltern sind aus Poroma.

Die Mutter ist krank und der Vater hat Chagas (eine Krankheit, die durch

blutsaugende Raubwanzen übertragen wird). Die Eltern haben um Aufnahme

ihrer Kinder gebeten, weil sie unterernährt sind. Das Jugendamt hat dem

zugestimmt.

Die Taufe ist ein Tag der Freude für die Kinder. Alle haben gute Paten, die

die Kinder im Leben begleiten möchten.

Ich wünsche Schwester Carmen weiterhin eine gute Hand für ihre

segensreiche Arbeit.

Ihr Lothar Brucker

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Spendenideen Idee: … 30 Euro überweisen und damit ein Heimkind für ein Jahr

mit Schulkleidung und Schuhen ausrüsten

Idee: … bei besonderen privaten oder firmeninternen Anlässen um

eine Spende für das Kinderheim Poconas bitten

Idee: … eine Ausbildungs-Patenschaft für ein Kind übernehmen um

dadurch dessen Zukunftsaussicht zu verbessern

Die Kinder bauen auf die kontinuierliche Hilfe aus Düren

----------------------------------------------------------------------------------------

Danke für die langjährige Unterstützung

Spendenkonto Bankverbindung:

Pfarre St. Lukas

Sparkasse Düren

IBAN: DE20 3955 0110 0000 6133 72

Stichwort: Poconas

Nutzen Sie den beiliegenden Überweisungsträger,

bei Angabe ihrer Anschrift erhalten Sie eine Spendenquittung

Weitere Informationen über das Partnerschaftsprojekt Poconas und dessen

Historie finden Sie unter www.st-lukas-dueren.org im Register „Mission

und Entwicklung => Kinderheim Poconas“ oder kontaktieren Sie Armin

Lersch ( Tel. 02421/58797 ) und Rudolf Meurer ( Tel. 02421/33839 )

---------------------------------------------------------------------------------------- IMPRESSUM: Kath. Pfarre St. Lukas, Gemeinde St. Anna

Annaplatz 8, 52349 Düren

Redaktion: H.-O. von Danwitz (ViSdP), R. Meurer