Vegetationsökologie WS0809, KURZVERSION
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VorlesungAllgemeine
VegetationsökologieEinführung, Merkmale der Vegetation,
1. Teil
Jörg PfadenhauerLehrstuhl für Vegetationsökologie
http://www.wzw.tum.de/vegoek/index.html
1. Einführung
Die Vegetationsökologie• beschreibt als raumbezogene Wissenschaft die Pflanzendecke
der Erde nach floristischen und strukturellen Kriterien,• untersucht Beziehungen innerhalb und zwischen
Pflanzengemeinschaften (Konkurrenz, Koexistenz, Sukzessionu.a.),
• untersucht die wechselseitige Abhängigkeit von Vegetation und Standort (naturhistorisch-beschreibend, empirisch, deduktiv und experimentell-analytisch, induktiv),
• untersucht die wechselseitige Abhängigkeit von Pflanzendecke und Nutzung.
Bedeutung der Vegetation für die Anwendung
• Pflanzendecke als Indikator für Umweltzustände• Pflanzendecke als Stabilisator im
Landschaftshaushalt (→ Pflanzenverwendung/Ingenieurbiologie)
• Pflanzendecke und einzelne Arten als Objekt des biotischen Ressourcenschutzes (Biotop- und Artenschutz)
• Pflanzendecke als Gestaltträger (→ ästhetische Funktion)
Schema der Entstehung von Pflanzengemeinschaften
Großklimazonal
Ausgangs-gestein, zonal
interkont. Verfügbarkeit
von Taxa
Klimaextreme Substatextreme kontinentaleVerfügbarkeit
von Taxa
Regionale Klima- und
Substrateigen-schaften
Intrakontinent.Migrations-
faktoren
natürl.standörtl. Ausgangsbedin-
gungen
Regional verfügb. Taxa,
Artenpool
Theoretisch mögliches Artenspektrum
Primäre Ursachen
tertiäre Ursachen
sekundäreUrsachen
Schema der Entstehung von Pflanzengemeinschaften
Theoretisch mögliches Artenspektrum
• Konkurrenz zw. denTaxa
• Herbivore, Parasiten,Symbionten etc.
• Streuproduktion, Feuer usw.
Vegetation
Bodenbildung
Faktor Zeit(Sukzession)
• Konkurrenz durchInvasoren
• Landnutzung
• Schadstoffe, Gifte ..
Lokal realisierte, potentielleVegetation
Lokal realisierte, aktuelleVegetation
Vegetation
Bodenbildung
Faktor Zeit(Sukzession)
SelbstregulationundSukzession
anthropogeneUrsachen
Aus Strasburger, Lehrbuch der Botanik, 35. Auflage, 2002, verändert
Gliederung der Vegetationsökologie
1. Allgemeine Vegetationsökologie2. Methodik der Vegetationsökologie3. Spezielle Vegetationsökologie 4. Angewandte Vegetationsökologie
Gliederung der Vegetationsökologie
1. Allgemeine Vegetationsökologie
Allgemeine Prinzipien der Vegetation; Vegetation und Umwelt, (Standortsfaktoren), Konkurrenz und Koexistenz, Arealkunde, Vegetationsgeschichte, Vegetationsgliede-rung, Vegetationsverbreitung
Vorlesung WS 2 SWS
Gliederung der Vegetationsökologie
2. Methodik der VegetationsökologieEinüben der wichtigsten Methoden der VegetationsökologieVegetationsökologische Übungen 1 (Kartierübungen): Vegetationserfassung, Kartierung (2 SWS, SS)Vegetationsökologische Übungen 2: Vertiefte Kenntnis analytischer Gelände- und Labormethoden (8 SWS, SS)Vegetationsökologische Übungen 3:Vegetationsökologie in der Forschung des Lehrstuhls (10 SWS, SS)
Gliederung der Vegetationsökologie
3. Spezielle VegetationsökologieDemonstration der Pflanzengemeinschaften und ihrer FunktionsbeziehungenVorlesung Spezielle Vegetationsökologie 1: Vegetation Mitteleuropas, SS, 2 SWSVorlesung Spezielle Vegetationsökologie 2:Vegetation der Erde, WS, 4 SWSÜbungen in Spezieller Vegetationsökologie 1 („Exkursionen“): 7 Tage, SSÜbungen in Spezieller Vegetationsökologie 2 (Exkursionen): 10-14 Tage, unterschiedliche Ziele (Alpen, Teneriffa, Italien, Sibirien usw.)
Gliederung der Vegetationsökologie
4. Angewandte VegetationsökologieArbeiten mit Vegetation in Pflege und Entwicklung (z.B. Auswirkung von Mahd, Beweidung, Feuer, Vernässung usw.)Vegetationsmanagement: Kombination Vorlesung/Seminar/Projekt anhand von Beispielen aus der ganzen Welt, 4 SWS, WS/SS.
Wissenschaftsbegriffe
• Vegetationsökologie (Vegetation Ecology, Plant Ecology)
• Vegetationskunde, Vegetationswissenschaften (Vegetation Science)
• Pflanzensoziologie (Phytosociology)• Geobotanik (Geobotany)
floristische (Arealkunde), historische (Floren- und Vegetationsgeschichte), ökologische, zönologischeGeobotanik („Vegetationskunde“)
• Populationsökologie (der Pflanzen)
Hierarchie der Untersuchungsebenen
• Kontinente (global)Synthetische Merkmale (physiognomisch-strukturelle Merkmale: Wuchsform, äußere und innere Struktur)
• Landschaft Vegetationskomplex (physiognomisch-strukturelle und floristisch-synthetische Merkmale)
• ÖkosystemPhytozönose (Pflanzengemeinschaft; floristisch-synthetische Merkmale: ökologische, soziologische Artengruppen
• PopulationMerkmale der Population (floristisch-strukturelle Merkmale: Sprossarchitektur)
Grundprinzipien der Vegetationsgliederung in Raum und Zeit
Organismisches Konzept(Clements 1916)
Vegetation als DiskontinuumIm Vordergrund der Analyse
steht die Pflanzengesellschaft
Methodik:Klassifikation
(z.B. in der Pflanzensoziologie)
Individualistisches Konzept(Gleason 1926)
Vegetation als KontinuumIm Vordergrund der Analyse
steht dieArt (Population)
Methodik:Ordination
(z.B. direkte oder indirekte Gradientenanalyse)
Skizze
2. Merkmale der Vegetation
Die Vegetation ist gekennzeichnet durch (wird beschrieben mithilfe von)
• floristischen Merkmalen (Taxa, meist Arten und ihre Populationen),
• physiognomischen Merkmalen (Wuchsformen) und• funktionalen Merkmalen (Pflanzenfunktionstypen)
2.1 Floristische Merkmale
Analyse und Beschreibung der Vegetation nach der Artenzusammensetzung
ArtenlistenAbundanz und Dominanz
Grundzüge der Populationsbiologie der Pflanzen
Beispiel einer Artenliste
21
xxxxx
x....
Caltha palustrisHolcus lanatusFilipendula ulmariaAlopecurus pratensisLychnis flos cuculi
.
.
.
.x
xxxxx
Arrhenatherum elatiusDactylis glomerataBellis perennisVeronica chamaedrysPrunella vulgaris
B
A
Abundanz und Dominanz
AbundanzAnzahl von Individuen (bei Pflanzen auch Rameten, z.B. Sprosse eines Klons)
pro Flächeneinheit
DominanzRaumbedarf einer Art
(Population):Deckung, Phytomasse,
Kronendurchmesser u.a.
Abundanz und Dominanz
10 m0
14 80
10 m0
4 800 10 m
4 10
% Deckung NA
Grundzüge der Populationsbiologie der Pflanzen
• Definition der Population:Lokale oder regionale Gruppe von Individues einer Art, zwischen denen über mehrere Generationen ein Fortpflanzungszusammenhang besteht
• Populationsanalyse:Altersstruktur der Population (Keimungs- und Jugendphase, Beginn und Dauer der Fortpfnazung, Diasporenproduktion, Durchschnittsalter, Sterbephase)
Schema eines Populationszyklus
Sterberate
Keimung
Etablierung
vegetative Reproduktion
Samenbank
generative Reproduktion
Samenregen
Energie-Allokation
• generativ durch Samen (sexuell, asexuell = Agamospermie)
• vegetativ durch vegetative Propagulen mit spezieller Gestalt (vegetative Reproduktion s. str.) oder durch Ausläufer mit Selbstklonierung (autogen) oder erzwungene Klonierung (instabile Standorte; klonaleReproduktion)
Reproduktion
Klonale Reproduktion
• Definition:Phragmentation eines genetischen Individuums (= Genet) in unspezifizierte Teile (= Rameten), die zu selbstständiger Existenz fähig sind
• Zwei Schritte:1. Klonales Wachstum: Vergrößerung eines Individuums
durch wiederholte Bildung von Modulen2. Klonale Reproduktion: die Module lösen sich von selbst
von der Mutterpflanze (autogene Phragmentation) oder sie werden durch Störungsereignisse getrennt (erzwungene Phragmenation)
Definition: Transport generativer und vegetativer Diasporen; Diaspore = AusbreitungseinheitAusbreitungsformen:
Achorie (Nicht-Ausbreitung: Erdnuss)Autochorie (Selbst-Ausbreitung: Impatiens-Arten)Allochorie (Ausbreitung durch fremde Agenzien): (Anemo, Hydro-, Zoochorie)Anthropochorie (= Hemerochorie: Ausbreitung durch den Menschen)Polychorie (Kombinationen; häufig)
Ausbreitung
Verteilung der Diasporen von Gefäßpflanzen im Fell eines Schafes in Abhängigkeit von der Höhe des
Fruchtstandes (Fischer & al 1996)
Ausbreitungsspektren verschiedener Pflanzengemeinschaften in Mitteleuropa
0
10
20
30
40
50
60
70
hem auto zoo anemo hydro
ABCD
A = thermophiler WaldsaumB = Mehlprimel-Kopfbinsenried
C = Kamillen-GesellschaftD = Glatthaferwiese
Definition: Teil einer Pflanzengemeinschaft („undergroundfloristics“); im Boden befindliche keimfähige, aber schlafende („dormante“) DiasporenDormanz: Keimungshemmung durch Dunkelheit, dicke Samenschale, fehlende Wechseltemperaturen usw.Typen von Diasporenbanken:• kurzfristig• persistent (2-5 Jahre)• permanent (> 5 Jahre)
Diasporenbank
Aktuelle Vegetation und Samenbank in zwei Ausbildungen des Perlgrasbuchen-waldes in Hessen
(aus A. Fischer 1987).
1 = Waldarten, 2 = Schlagflur- und Vorwaldarten, 3 = Sonstige
Aktuelle Vegetation (graue Säulen = Deckungsgrad) und Samenbank von gedüngten Kohldistelwiesen im westallgäuer Hügelland
(Pfadenhauer & Maas 1988)
Größe der Samenbank in einigen mitteleuropäischen Vegetationstypen
(aus Fischer 1987)
Lebensdauer von Samen einiger mitteleuropäischer Pflanzenarten
(zusammengestellt nach verschiedenen Autoren)
Keimung:1. Lichtgesteuert: Licht- und Dunkelkeimer2. Temperaturgesteuert: Wärme- und Kältekeimer
Keimung und Etablierung
Das Phytochromsystem
P730P730 stimuliert die Keimung, instabil
P660P660 hemmt die Keimung, stabil
2Umwandlung bei Licht mit höherem
Hellrotanteil (620-680 nm)
1
Umwandlung im Dunkeln mit hohem Dunkelrotanteil (700-760 nm)
Prozent gekeimter bzw. etablierter Arten nach Aussaat von jeweils 50 Samen auf typischen (Fläche a) und ruderalisierten
Pfeifengraswiesen (Fläche b). Nach Maas 1988
0 / 00 / 00 / 00 / 00 / 00 / 0
7 / 00 / 0 0 / 05 / 01 / 01 / 0
28 / 29 / 34 / 211 / 10 / 02 / 2
65 / 418 / 417 / 515 / 75 / 15 / 4
Primula farinosaPinguicula vulgarisSchoenus ferrugin.Molinia caeruleaCarex paniceaCarex flava
nichtgemäht
Keiml./Etabl.
gemähtKeiml./Etabl.
nichtgemäht
Keiml./Etabl.
gemähtKeiml./Etabl.
Fläche bFläche a
Energie-Allokation
Prinzip: Für eine Pflanze stehen an ihrem Standort und im Wettbewerb mit anderen Pflanzen nur begrenzte Ressourcen (Nährstoffe, Wasser, Energie) zur Verfügung.Also kann die Pflanze in verschiedene Abschnitte ihres Lebenszyklus unterschiedlich große Anteile dieser Ressourcen einsetzen. Dies ist genotypisch bedingt.Beispiel:Investition in viele und widerstandsfähige bzw. langlebige Samen: kurzlebig, erfolgreich, opportunistisch (Ratte, ruderale Pflanzen: r-selektioniert)Investition in viel und widerstandsfähige Biomasse: Pflanze lebt lange, braucht also nur wenige, kurzlebige Samen (majestätisch, groß, langlebig, schwer zu ersetzen (Eiche); K-selektioniert
Modulare Struktur von Pflanzen
ramet
module
Genet 1
Genet 2
Genetische und organisatorische Einheit
5 cm 15 m
Definition: äußere, vegetative Gestalt; Lagebezie-hungen der einzelnen Organe zueinander• Bäume
immergrün/saisonal kahlbreitblättrig/schmalblättrigKronenbäume/Schopfbäume usw.
• Sträucher (Stämme verzweigt)• Stammsukkulente• Kräuter (breitblättrig)
mit/ohne Rosettenmit/ohne unterirdische/oberirdische Ausläufer
• Gräser und Grasartige (schmalblättrig)
2.2 Physiognomische Merkmale: Wuchsform
Verschiedene Wuchsformen von Bäumen
(aus Vareschi 1980)
Immergrüne Laubhölzer
• Immergrün, Laubabwurf kontinuierlich• Blätter meist kompakt, selten gegliedert, mit mehr oder
minder dicke Cuticula, sklerenchymatische Versteifung. langlebig (bis zu 24 Monate)
• Blüten- und Fruchtentwicklung saisonal oder kontinuierlich (Tropen)
• Durchwurzelung sehr flach (tropische Tieflandsregenwälder) bis tiefgreifend und extensiv (Hartlaubwälder)
• Unterscheidung in– lorbeerartige (lauriphylle) Blätter (Regeltyp) und– sklerophylle Blätter (Hartlaub; Versteifung durch Sklerenchym,
besonders effiziente stomatäre Regelung der Hydratur)• Funktionaler Vorteil: maximale Photosyntheseleistung bei
(thermisch) ganzjähriger Vegetationszeit
Regengrüne Laubhölzer
• Obligater (manchmal auch fakultativer) Laubabwurf während der Trockenzeit (regengrün, trockenkahl)
• Blätter eher weich, häufig gegliedert (Akazia, Prosopis), geringer Sklerenchymanteil, Cuticulaschwach ausgebildet, Stomata
• Bäume oft schirmförmig, Stammmeristeme durch dicke Borken geschützt (Verdunstung, Feuer)
• tiefgreifendes, extensives Wurzelsystem• Funktionaler Vorteil: Optimierung der
Photosyntheseleistung während der (humiden) Vegetationszeit
Sommergrüne Laubhölzer
• Obligater (photoperiodisch gesteuerter) Laubabwurf vor Beginn des Winters (sommergrün, kältekahl)
• Stämme häufig mit Borke, Knospen mit Knospenschuppen
• Blüten- und Fruchtbildung saisonal• Blätter groß, oft gegliedert, weich, wenig
Sklerenchym, ausgeprägte Herbstfärbung• Funktionaler Vorteil: Photosynthese optimiert durch
bestmögliche Nutzung der thermisch günstigen Jahreszeit in humiden Klimaten; morphologischer und physiologischer Frostschutz
Immergrüne Nadelhölzer (moderne Formen: Pinus, Picea, Abies)
• Immergrünn, Laubabwurf kontinuierlich• Blätter nadelförmig, kompakt, mit dicker Cuticula
(eingeschränkte Transpiration in der kalten Jahreszeit), mit Sklerenchym versteift, langlebig (bis vier Jahre)
• Blüten- und Samenbildung saisonal• Stämme mit Borke, Knospen mit Knospenschuppen• Funktionaler Vorteil: Optimale Anpassung an kurze
Vegetationszeiten und lange, strenge Winter (rasches Anspringen der Photosynthese, ausgeprägte Frostresistenz)
Stammsukkulente
• Stammsukkulente ausdauernde Phanerogamen, häufig mit reduzierten Blättern (z.B. Cactaceae, Euphorbiaceae)
• Wasserspeicherung im Stamm• Oft flach streichendes Wurzelwerk• Funktionaler Vorteil: Anpassung an aride
Bedingungen (Halbwüsten) in ganzjährig warmen Klimaten (keine Frostresistenz)
Grasartige
• Gräser (Poaceae) und Grasartige (z.B. Cyperaceae) mit (bei zonalem Vorkommen) intensivem Wurzelwerk und einem Spross-Wurzelverhältnis von weniger als 1:2
• Überwiegend Horst-Hemikryptophyten oder Rhizom-Geophyten
• Transprationsaktiv (keine stomatäre Einschränking der Wasserabgabe)
• Funktionaler Vorteil: Überleben von Trockenperioden unterirdisch, weitgehende Resistenz gegen Feuer
Kräuter
• Breitblättrige, krautige Pflanzen ohne verholzte Sprossachsen, eingeschränkte Höhe
• Unterscheidung nach Sprossarchitektur und Blattinsertion (Schaftpflanzen, Hochstauden, Rosettenpflanzen, Ausläuferpflanzen)
• Vorwiegend in winterkalten Klimaten, im Offenland und in Wäldern (in den Tropen weitgehend fehlend)
• Meist unterirdische Nährstoffspeicher• Funktionaler Vorteil: rasche Entwicklung im Frühling,
Frostschutz im Winter
Zwergsträucher
• Bei zonalem Vorkommen (arktische Tundren und Hochgebirgstundren) immergrün, oft an der Bodenoberfläche kriechend (“Spaliersträucher”), mäßig frostresistent (Schneeschutz), gelegentlich ericoide Blätter
• Extensives, flaches Wurzelwerk• Obligate ektotrophe Mykorhiza• Funktionaler Vorteil: Geeignet für Gebiete mit sehr
kurzer Vegetationszeit und niedriger biologischer Bodenaktiviät
Physiognomische Merkmale
• Wuchsform eines Pflanzenindividuumsäußere, vegetative Gestalt; Lagebeziehungen der einzelnen Organe zueinander
• Struktur der Vegetation innere und äußere Struktur der Pflanzendecke: Aussehen („Nadelwald“, „Laubwald“, „Wiese“ usw.)Schichtung (Baum-, Strauch-, Kraut-, Moosschicht)
Physiognomische Merkmale
Bedeutung:
Klassifikation der Vegetation weltweit ohne Bezug zum Taxon
Ableitung der zonalen Vegetation der Erde nach den charakteristischen Wuchsformen
(nach Dansereau, Whittaker, Holdridgeaus Sitte & al. 2002, verändert)
Charakteristische Wuchsformen
Liste der wichtigsten Typen der zonalen Vegetation der Erde (aktualisierte Begriffe)
1. Tropische Tieflands- und Gebirgsregenwälder
2. Laurophylle Wälder3. Nemorale Regenwälder4. Regengrüne Monsunwälder5. Sommergrüne (nemorale) Laubwälder6. Boreale Nadelwälder7. Dorngebüsche8. Feuchtsavannen9. Hartlaubwälder und -gebüsche10. Waldsteppen11. Trockensavannen12. Steppen13. Tundren14. Hitzewüsten15. Trockenwüsten16. Kältewüsten
Simplified map of the vegetation zones (afterBreckle 2002)
1. Immergrüne tropische Regenwälder2. Halbimmergrüne und Saisonregenwälder2a. Savannen und Trockenwälder3. Hitzewüsten und –halbwüsten4. Hartlaubvegetation5. Laurophylle Wälder 6. Sommergrüne Laubwälder7. Steppen7a. Trockenwüsten und –halbwüsten8. Boreale Nadelwälder9. Polare Tundren10. Gebirgsvegetation (nicht gegliedert)
Vereinfachte Karte der Vegetation der Erde (aus Breckle 2002)
Definition:Merkmale, die eine bestimmte Funktion (z.B. Überdauerungsfähigkeit unter widrigen Umständen) beschreiben. Fachbegriff: Pflanzenfunktionstypen (Plant FunctionalTypes)Bezug: Standortsfaktor, Nutzung, StörungEnge Verbindung mit strukturellen Merkmalen.Beispiele: Lebensformen,
Wasserhaushaltstypen u.v.m.
2.3 Funktionale Merkmale
Definition: Überdauerung ungünstiger Jahreszeiten durch unterschiedliche Position der Überdauerungsknospen
Begriffe: PhanerophytenChamaephytenHemikryptophytenKryptophyten
GeophytenHydrophyten
TherophytenEpiphyten
Funktionale Merkmale, Beispiel: Lebensformen nach Raunkiaer
Lebensformen nach Raunkiaer (1910)
Lebensformenspektrum verschiedener Landschaftsräume
PH CH H K TH
Tropen (Seychellen) 61 6 12 5 16
Italien 12 6 29 11 42
Lybische Wüste 12 21 20 5 42
Schweizer Mittelland 10 5 50 15 20
Spitzbergen 1 22 60 15 2
Alpen (alpin, nival) 0 25 68 4 3
Lebensformenspektren verschiedener Pflanzengemeinschaften (% Gesamtartenzahl)
aus Pfadenhauer 1997, vereinfacht
125776Glatthaferwiese
92340Kamillengesellschaft
014824Mehlprimel-Kopfbinsenried
33869Mittelklee-Odermennig-Saum
ThGHCh
VorlesungAllgemeine
Vegetationsökologie2. Teil: Vegetation und Standort
KlimafaktorenJörg Pfadenhauer
Vegetationsökologie
©Jörg Pfadenhauer
Standort:Gesamtheit aller naturgegebenen, für das Leben einer Pflanze oder Pflanzengemeinschaft wichtigen Eigenschaften einer bestimmten Stelle der Erdoberfläche
Standortfaktoren:Unmittelbar auf die Pflanze oder Pflanzengemeinschafeinwirkende Faktoren:
• Strahlung (Licht und Temperatur)• Wasser• Chemische Faktoren• Mechanische Faktoren• Biotische Faktoren Überschuss = Stress
Mangel = Stress
2.1 Licht
StrahlungsangebotSolarkonstante 1390 W m-2 (± 3,5 %): auf die Atmosphäreauftreffende EnergieGlobalstrahlung: auf die Erdoberfläche oder ein Blattauftreffende EnergiePhotosynthetisch aktive Einstrahlung PAR: Wellenlängenbereich zwischen 0,4 und 0,7 µmWärmeeinstrahlung (thermisches Infrarot): Wellenlängenbereich zwischen 3 und 14 µmStress erzeugende Strahlung: UV-B 0,28-0,32 µm
Reaktion der PflanzendeckeLicht: innere Struktur und biologische ProzesseTemperatur: Hitze und Kältestress
2.1 Licht
1. Innere Struktur (Schichtung von Pflanzenbeständen; Epiphyten in tropischen Wäldern)Vertikale und horizontale Musterbildung („pattern“)
Licht: Wirkung auf die innere Struktur der Pflanzendecke: Schichtung, Blattflächenindex, Photosysnthese(vertikale Musterbildung)
Links: Schichtung einer Mähwiese und eines borealenBirken-Fichten-Mischwalds (nach Kairiukstis aus Larcher1994) und Strahlungsgenuss
Schichtung eines Trespen-Trockenrasens (Xerobrometum), oben, und einer Glatthaferwise(Alchemillo-Arhenatheretum), unten.
Niedrig wachsende Pflanzen mit Lichtbedarf für die Samenkeimung haben in der Glatthaferwiese keine Chance.
gap detection
gap detection ?
2.1 Licht
1. Innere Struktur (Schichtung von Pflanzenbeständen; Epiphyten in tropischen Wäldern)Vertikale und horizontale Musterbildung („pattern“)
2. Blattflächenindex und Sonnen-/Schattenblätter bzw. -pflanzen
Blattflächenindex (leaf area index LAI)
Ausdruck der Licht-Ausnutzungseffizienz einer Pflanzendecke. Gemessen als m2 Blattfläche pro m2 BodenoberflächeBeispiele:
typischer Wert ExtremeTropischer Tieflandsregenwald 8 6-16Lorbeerwald 12 5-14Sommergrüner Wald 5 3-12Borealer Nadelwald 12 7-15Wiesen und Steppen 4 2-9Tundren 2 0,5-2,5Getreide 9 6-11
Aus Frey & Lösch 2004
Licht- und Schattenblätter bzw. Licht- und Schattenpflanzen
10-165-7
10-153-6
600-1500200-300
600-> 1000200-500
15-25unter 10
20-5010-15
Bäume tropischer RegenwälderLichtblätterSchattenblätter
Sommergrüne LaubbäumeLichtblätterSchattenblätter
30-6015-2020-305-10
> 1500300-1000
1000-1500100-200
20-5010-2020-405-10
C4-Pflanzen FrühlingsgeophytenSonnenkräuter (C3)Schattenkräuter
Netto-CO2-Aufnahme
µmol CO2 m-2s-1
Licht-Kompensationspunktµmol Photonen m-2s-1
Vereinfacht aus Larcher (1994)
2.1 Licht
1. Innere Struktur (Schichtung von Pflanzenbeständen; Epiphyten in tropischen Wäldern)Vertikale und horizontale Musterbildung („pattern“)
2. Blattflächenindex und Sonnen-/Schattenblätter bzw. –pflanzen
3. Biologische Prozesse; Beispiel Samenkeimung
Das Phytochromsystem
P730P730 stimuliert die Keimung, instabil
P660P660 hemmt die Keimung, stabil
2Umwandlung bei Licht mit höherem
Hellrotanteil (620-680 nm)
1
Umwandlung im Dunkeln mit hohem Dunkelrotanteil (700-760 nm)
2.2 Temperatur
Wirkung auf die horizontale Vegetationsgliederung1. Direkte Effekte:
a. Wärmeoptimum für Entwicklung und Reproduktion b. Fähigkeit, Temperaturstress zu ertragen (Hitze, Kälte)
2. Indirekte Effekte:a. Einfluss der Temperatur auf den Wasserhaushaltb. Einfluss der Temperatur auf die Nährstoffverfügbarkeit
Temperaturgrenzen für Organismen (aus Lexikon der Biologie 1992)
Max. Temp.Resistenzin
gut wasserversorgtem Zustand
Assimil.organeditoditoditoditodito
35-4570-10040-50
45-5545-4858-6550-5540-5244-50
a) –80/-196b) –196-15/-25
5/-25/-2
-5/-10-6/-13-10/-20-40/-90
Flechten
Moose (Waldboden)
Trop. BäumeTrop. BlütenpflanzenTrop. SukkulentenMediterr. Hartlaubpfl.Kräuter MiEursubalp. Koniferen
BemerkungenMaximumMinimum
Baumgrenze: Ursachen (nach Körner 1999)
1. Stress-Hypothese: Schäden durch Gefrieren, Frosttrocknis oder/und phototoxische Effekte
2. Störungshypothese: Mechanische Schäden durch Wind, Eisschliff, Schneebruch, Pilzinfektionen, Herbivorie schädigen Meristeme so, dass sie nicht erneuert werden können
3. Reproduktions-Hypothese:Pollenschlauchwachstum, Samenentwicklung, Samenausbreitung, Keimung, Etablierung sind gehemmt und verhindern die Verjüngung
Baumgrenze: Ursachen (nach Körner 1999)
4. Kohlenstoffbilanz-Hypothese:C-Aufnahme oder C-Bilanz reichen nicht aus für minimales Wachstum
5. Wuchsbegrenzungs-Hypothese:metabolische Prozesse (Zucker – Aminosäuren) erreichen nicht die minimalen Raten, die für Wachstum und Erneuerung nötig sind
4+5 verhindern Gewebereifung (Frosthärte) bei zu kurzer Vegetationszeit
Temperaturen in einer alpinen Rosettenpflanze, in vollem Sonnenlicht; Minimumtemperaturenam frühen Morgen, Maximumtemperaturmittags, Hitzeresistenz: TL0 = höchste lebend überstandene Temperatur, TL100 = nur noch einzelne Zellgruppen überlebend (aus Körner 2002, ergänzt aus Larcher 1994)
Hitze-resistenz
48/52 0
50/54
48/5256/5852/54
52/56
Temperaturgrenzen für die Keimung von Samen (aus Lerch 1991)
35-4015-2520-30
4-10unter 10
Gehölze (Mittelbreiten):NadeläumeLaubbäume
um 3020-3010-2015-30
um 10um 0
um 10
Wüstenpflanzen:SommerkeimerWinterkeimerKakteen
35-4520-3020-30
2-55-10
WiesenkräuterTundra, Hochgebirge
um 3045-50
um 2532-40
3-410-20
Wiesengräser (C3)trop. Gräser (C4)
Hitze-grenze
OptimumKälte-grenze
Keimraten eines Kältekeimers (oben) und eines Wärmekeimers (unten) in mitteleuropäischen Äckern bei verschiedenen Temperaturen und bei Wechseltemperatur (WT) (nach Otte n.p. aus Pfadenhauer 1997)
2.3 Wasser
1. Direkte Effektea) Wasserbedarf der einzelnen Art für ihre
Entwicklung und Reproduktionb) Fähigkeit höherer Pflanzen, Wasserstress zu
ertragen (Trockenheit, Nässe)2. Indirekte Effekte
a) Einfluss des Wassers auf Bodenbildung und Nährstoffverfügbarkeit
b) Zusammenspiel von Niederschlag und Temperatur: Klimaeffekt
Wasserpotentiale der Pflanze zwischen Atmosphäre und Boden
(nach Larcher 1994 & Frey & Lösch 2002)
Trockene Luft: -100 mPa
Blatt: bis -4 mPa
Feuchte Luft: -10 mPa
Trockener Boden: -2,5 mPa
Feuchter Boden: bis 0 mPa
Wasserabgabe einer Pflanze(Schema, in Anlehnung an Larcher 1994)
morgens mittags abends
Transp. Evaporation
Transpiration poikilohydrerOrganismen
Transpiration homoiohydrerOrganismen ohne (a) und mit partiellem Spaltenschluss (b, c)
KutikuläreTranspiration
Wasserhaushalts-typen
I. PoikilohydrePflanzen
II. HomoiohydrePflanzen1. Xerophyten2. Mesophyten3. Hygrophyten4. Helophyten5. Hydrophyten
1 Trichocereusatacamensis
1 Sedum sexangulare
3 Impatiensnoli tangere
4 Typha latifolia
5 Nuphar lutea
Xerophyten
dürreempfindlich dürreresistent
dürremeidend
arido-passivPluviotherophyten
Geophyten
Austrockung ver-zögernd
arido-aktivVerbesserte
Wasseraufnahme
Leistungsfähige Wasseraufnahme
Transpirations-einschränkung
Wasserspeicherung
Austrockungertragend
arido-tolerantPoikilohydre Arten
undStadien in
Trockenstarre
Pflanzen unter Wasserüberschuss im WurzelraumHypoxie, Anoxie
Vermeidung Toleranz
Internodienstreckung(Pflanze kommt rasch in sauerstoffreiches Milieu)
„anaerobic retreat“(Überlebensfähigkeit von Wurzeln für eine beschränkte Zeit; artspezifsich)
Genetisch bedingtes Aerenchym
Lysigene Aerenchymbildung(Induktion von Durchlüftungsgewebe durch Äthylen)
Umschalten auf anaerobe Atmung (Gärungsstoffwechsel)
Beispiel: Wurzelsysteme von Pflanzen in ariden Gebieten
Gräser Bäume, Kräuter
Sukkulente
Beispiel: Wurzelsysteme von Pflanzen in ariden Gebieten
• Sommerregen-Steppengebiete:Feuchtigkeit verdunstet rasch, dringt nicht tief in den Boden ein: Gräser mit dichtem Wurzelfilz von Vorteil.Kräuter nur dann, wenn sie Wasser unterhalb des Wurzelfilz der Gräser erschließen können. Für Bäume reicht die Feuchtigkeit nicht aus.
• Winterregen-HartlaubgebietSommerliche Trockenzeit verhindert Graswuchs.Kräuter behaupten sich nur, wenn sie die Frühjahrsfeuchtigkeit des Bodens ausnutzen können.Winterlicher Regen dringt tief in den Boden ein: Bäume mit ihrem extensiven Wurzelwerk profitieren.
Fallbeispiel:Wasserexudation bei Bäumen in semiariden Gebieten: inversehydraulic lift
Erklärung: Aufnahme von Wasser aus dem Grundwasser und Wasserabgabe an die oberen Bodenschichten,
die dann der Bodenvegetation zugute kommt („hydraulic lift“).Beleg: Deuterium-Isotopenverhältnisse (δD im Boden und in Pflanzen sowie im Grundwasser und im Regen; δD = D/H-Verhältnis im Vergleich zu einem Standard (Tiefenwasser des Ozeans). Nach Dawson (1993) ausSchulze & al. (2002)
Daten zur Wasserabgabe der Vegetationa = Evapotranspiration (mm), b = Niederschlag (mm), c % a von b
160-120135505023624677
12-235
800860800800860800
1250650
8701100
1300-16001160400400200500580500
100-20050
MiEurMiEurMiEurMiEurMiEurMiEurMiEurIsrael
Zentr.alp.Zentr.alp.
RöhrichtNasswieseGetreidefeldGrünlandTrockenrasenBuchenwaldNadelwaldMatorralAlp. Zwerg-strauchheideAlp. Rasen
cbaGebietBestand
2.4 Klimaeffekte
• Temperatur: thermische JahreszeitenMonate mit Mitteltemperatur > 5 0C
• Humidität und Aridität: hygrischeJahreszeiten
Humide Monate: Verhältnis zwischen mittlerer Monatssumme des Niederschlags (mm = L m-2) zu monatlicher MitteltemperaturVerhältnis >2: humidVerhältnis <2: arid
• Kontinentalität und Ozeanität
Klimadiagramme nach Walter & Lieth
Beispiel für globale Auswirkung der Temperatur und des Niederschlags:
Die Vegetationszonen der Erde
Beispiel für regionale Auswirkungen von Ozeanität und Kontinentalität sowie der Meereshöhe:
Die Vegetation des Alpenraums (Querschnitt durch die Schweizer Alpen)
Beispiel für globale Auswirkung der Temperatur: Streuzersetzungsgeschwindigkeit
(nach Swift & al. 1997)
100144
21,00,5
0.030,210,77
1,53,26,0
TundraBoreale ZoneFeuchte MittelbreitenTrockene Mittelbreiten (Steppe)sommerfeuchte Tropenimmerfeuchte Tropen
Zersetzungs-dauer
Zersetzungsindex
Beispiel großskalischesMesoklima: Wirkung verschiedener Klimafaktoren auf das Mosaik der alpinen Vegetation der Ötztaler Alpen
(aus Larcher 1994)
Komplexer Winterstress in Mitteleuropäischen Gebirgen oberhalb der Baumgrenze (sonnseitig)
LuvEinstrahlung starkWind starkSchneedecke dünn, oft fehlendSprosstemp. nachts >-200CWurzeltemp. –5 bis 100CFrostwechsel häufig
Vorrangige Stressfaktoren:Tiefe TemperaturenFrosttrocknisFrostwechselStrahlung/Wind
LeeEinstrahlung starkWind schwachSchneedecke mittelSprosstemp. nachts 0 bis –20CWurzeltemp. 0 bis –20CFrostwechsel häufig
Vorrangige Stressfaktoren:Tiefe TemperaturenFrosttrocknisFrostwechselSchneedecke
Komplexer Winterstress in Mitteleuropäischen Gebirgen oberhalb der Baumgrenze (schattenseitig)
LuvEinstrahlung schwachWind starkSchneedecke dünn, oft fehlendSprosstemp. nachts >-200CWurzeltemp. –5 bis 100CFrostwechsel selten
Vorrangige Stressfaktoren:Tiefe TemperaturenWindFrosttrocknis selten
LeeEinstrahlung schwachWind schwachSchneedecke hoch (über sechsMonate anhaltend)Sprosstemp. nachts 0 bis –100CWurzeltemp. 0 bis –20CFrostwechsel selten
Vorrangige Stressfaktoren:Geschlossene, langwährendeSchneedecke
Auswirkungen von Kaltluftseen auf die Vegetation im NationalparkBayerischer Wald
VorlesungAllgemeine
Vegetationsökologie2. Teil: Vegetation und Standort
Chemische und mechanische Faktoren
Jörg Pfadenhauer
Vegetationsökologie
©Jörg Pfadenhauer
2.4 Chemische Faktoren
1. Direkte Effektea) Nährstoffversorgung der Pflanzen (Mangel,
Optimum, Überschuss)b) Toxische Effekte von Schadstoffen
2. Indirekte EffekteWirkung von chemischen Faktoren auf (pflanzenwirksame) Prozesse im Boden (z.B. auf die Humusform)
Vegetationsökologie
©Jörg Pfadenhauer
Prinzipielle Gesichtspunkte
• Stoffe:Hauptnährstoffe N, P, KIn geringeren Mengen essentiell: K, Ca, Mg („Basen“), S, Fe, Mg und verschiedene SpurenelementeEssentiell für einzelne Pflanzengruppen: Co für Leguminosen, Na für Chenopodiaceae
• Benötigte Mengen:Unterschiedlich je nach ArtUnterschied zwischen Vorrat und VerfügbarkeitAusgewogenes Verhältnis der Nährstoffe zu einanderStress bei Mangel und Überschuss
Mangel:Strategie ist die Aktivierung von Mechanismen der
effizienten Aufnahme und Verwendung der Nährstoffe.
1. Nährstoffaufnahme-Effizienzaktive physiologische Aufnahme-Mechanismen z.B. durch Vergrößerung des Wurzelsystems, Carnivorie, Mykorhiza
Mangel:Strategie ist die Aktivierung von Mechanismen der
effizienten Aufnahme und Verwendung der Nährstoffe.
1. Nährstoffaufnahme-Effizienzaktive physiologische Aufnahme-Mechanismen z.B. durch Vergrößerung des Wurzelsystems, Carnivorie, Mykorhiza
2. Nährstoffgebrauchs-EffizienzVerlagerung von Nährstoffen aus Organen, die nicht mehr gebraucht werden, in Speicherorgane
Interner (links) und externer (rechts) Nährstoffkreislauf
Nährstoffverlagerung von N und P bei verschiedenen Niedermoorpflanzen im Herbst
Überschuss:Vermeidung zu hoher und deshalb physiologisch schädlicher
Konzentrationen von Stoffen im Pflanzenkörper
1. Aktive Bremsung der Aufnahme des Überschussions(Ca++ in Kalkböden: Gräser mit Wurzelmembran-Filterung)
2. Speicherung in physiologisch inaktiver Form(Nitrat in Vakuolen von Urtica dioica, Ca-Oxalat in Arummaculatum, Schwermetalle in Chelat-Komplexen bei Schwermetallpflanzen (Viola calaminaria)
3. Sukkulenz als VerdünnungseffektSalzpflanzen wie Salicornia europaea
4. Abwurf belasteter Organe(Organe als Deponie für Überschuss-Stoffe)
5. Ausscheidung durch DrüsenSalzdrüsen bei Salzpflanzen
Verfügbarkeit
Ionen frei beweglich oder nur mit geringen Bin-dungskräften an Bodenkolloide (Tonmineralien, Humus) absorbiert
Beispiel MooreBeispiel Stickstoff: Ammonium-, NitratpflanzenIndikator für Verfügbarkeit von Nährstoffen: pH
pH und Verfügbarkeit von Nährstoffen
Beispiel Stickstoff
Atmosphärischer Stickstoff N2
Pflanzenbestand
NH4 NO3
Streu
Biomasse Bodenorganis-
men
Aufnahme
Ammonni-fikation
Aminosäuren
Mykorrhiza
DenitrifikationN2, N2O, NO
Anthropogener Stickstoffeintag
Nitrifikation
N2-Fixierung
Stickstoffaufnahme und -ernährung
• AminosäurenV.a. in borealen Nadelwäldern (ammonifizierendeund nitrifizierende Bakterien nicht aktiv)
• AmmoniumAufnahme durch Wurzelhaare oder über Mykorrhizabei Abgabe von Protonen (Ammoniumpflanzen auf saueren und/oder nassen Standorten)
• Nitrat(Reduzierung mit Hilfe des Enzyms Nitratreduktasenötig: Nitratpflanzen)
Induktion von Nitratreduktase bei Heidepflanzen (µmol Nitrit/h g Frischsubstanz
(nach Stewart & al. 1974 aus Kinzel 1982)
1,13,2
<0,1<0,11,64,36,82,67,2
0,1-0,60,2-0,7
<0,1<0,1
0,1-0,60,8-1,10,7-1,01,2-1,60,9-1,3
Calluna vulgarisAvenella flexuosaErica tetralixVaccinium myrtillusMolinia coeruleaFestuca ovinaKoeleria cristataAsperula cynanchicaHelianthemum nummularium
Zusatz von Nitrat
nachvor
Aktivität von Nitratreduktase
Nährstoffgehalte einiger mitteleuropäischer Pflanzen als Maß für den Nährstoffbedarf
7,43,928,89,4
8,051
0,80,33,52,0
1,40,90,6
13534
22,7
11,31311
Schoenus ferrugineusSphagnum magellanicumLolium multiflorumBuchenblätter (Fagus sylvatica)Fichtennadeln (Picea abies,1-jährig)Buchenstreu (Fagus sylvatica)Fichtenstreu (Picea abies)
mg/g Trockengewicht
KPN
Mineralstoff-Vorräte und -umsätze tropischer Regenwälder
9528591Mineralstoffzufuhr Streufall
1564224Mineralstoffzufuhr Leaching(Kronen)
480,57Mineralstoffzufuhr Niederschlag
9612591Streuauflage
1270333
668186
376
683137
Phytomasse oberirdischPhytomasse unterirdisch
Kg/ha
CaKPN
Walter & Breckle 1984; Neuguinea
Fallbeispiel
Warum sind Pflanzengemeinschaften in Mitteleuropa auf karbonatreichen Böden
artenreicher als auf Silikatböden?
(Ewald, J., 2003: The calcareous riddle: why are there so manycalciphilous species in the Central European Flora? Folia
Geobotanica 38, 357-366)
pH und ArtenvielfaltPärtel 2002, Schuster & Diekmann 2003
pH und ArtenvielfaltPärtel 2002, Schuster & Diekmann 2003
371
36100
141 171 161236
648 632
230
0
100
200
300
400
500
600
700
800
indi
ffere
nt 1 2 3 4 5 6 7 8 9
Ellenbergs R-Zeigerwert
Arte
nzah
l
0102030405060708090
100
indi
ffere
nt 1 2 3 4 5 6 7 8 9
Ellenbergs R-Zeigerwert
kum
ulat
iver
Ant
eil d
er A
rtenpH und Artenvielfalt:
Zeigerwerte(Ellenberg et al. 1991, Ewald 2003)
0 20 40 60 80 100
Coniferousforest
Anthropogenicheaths andmeadows
Freshwaterand bogs
Deciduousforest and
scrub
Tall herbvegetation
Ruderal
Talus andalpine
meadow
Halophytic
% species R > 6
0 100 200 300 400
Coniferousforest
Halophytic
Tall herbvegetation
Freshwaterand bogs
Deciduousforest and
scrub
Talus andalpine
meadow
Anthropogenicheaths andmeadows
Ruderal
# species R > 6
0 100 200 300 400 500 600 700
Halophytic
Coniferousforest
Tall herbvegetation
Freshwaterand bogs
Deciduousforest and
scrub
Talus andalpine
meadow
Ruderal
Anthropogenicheaths andmeadows
# species
pH und Artenvielfalt: Verteilung von Arten auf verschiedene Formationen Deutschlands
(aus Ewald 2003)
positiv (p < 0,05)positiv (n. s.)negativ (p < 0,05)negativ (n. s.)unabhängig
pH und Artenvielfalt: Korrelation zwischen pHund Artenzahl weltweit
Pärtel 2002
pH in 0-10 cm Bodentiefe
0 20 40 60 80
2.5-5.0
5.0-6.5
6.5-8.5
% Waldfläche
natürliche Vegetation
0 20 40 60 80
unbekannt
azidophytisch
basiphytisch
calciphytisch
% Landesfläche
R-Zeigerwerte
0 100 200 300
indif ferent
1-3
4-6
7-9
Anzahl Waldarten
Artenzahl-Flächen-Beziehung
Waldbodenzustands-erhebung 1987-93 Bohn et al. 2003
2. Begründungen
„Ökologischer Siebsatz“
Flora
a b c d e
Ausbreitung(Populationsökologie)
a b d e
a eb
a e
physiologische Amplitude(abiotischer Filter)
ökologische Amplitude (biotischer Filter)
Hab
itat
Pflanzengemeinschaft
2. Begründung 1: physiologischer und ökologischer Filter
Begründungen 1:Konkurrenz, physiologische Ansprüche
blau: biotischer Filterrot: abiotischer Filter
Gigon 1987
individuenbasierte ArtengemeinschaftenArten gleichberechtigt, keine Konkurrenzzufällige Störung entfernt Individuen
Neutrales Simulationsmodell:
Lücken werden durch lokalen Nachwuchs und Einwanderer aufgefüllt
Hubbell 2001Populationsgröße
IndividuumStörung entfernt Individuen
eingewanderte Art
Begründung 2: . Paläoökologische
Drift
kalkreich
Calciphyten
Arte
nzah
l
Azidophyten
Hab
itatfl
äche
Tertiär
sauer
PostglazialEiszeit
ökologischerFlaschen-
hals
Begründung 2: Paläoökologische Drift
4. Schluss
• pH bei allen Vergleichen der Artenvielfalt berücksichtigen!
• Wichtiges Muster der Artenvielfalt unverstanden!?• Biodiversität = historisches Erbe
2.5. Mechanische Faktoren
• FeuerDirekt (Hitzstress, Zerstörung lebender Phytomasse, Keimungsstimulation) und indirekt wirksam (Veränderung des Bodenlebens). Boreale Nadelwälder, Steppen, Matorral der winterfeuchten Subtropen, subtropische Grasländer, tropische Savannen
Pflanzenfunktionstypen bezogen auf Feuer im Grasland (in Anlehnung an Wein & McLean 1983, verändert)
1. InvadersPioniere mit leichten, anemochoren Samen, die sich auf frischen Brandflächen oft massenhaft ansiedeln
2. EvadersArten mit feuerresistenten Diasporen im Boden
3. AvoidersArten ohne Anpassung an Feuer (Arten später Regenerationsstadien)
4. ResistersDie oberirdischen Teil der Arten können Feuer widerstehen (z.B. Schutz der Meristeme bei Horstgräsern)
5. EndurersRegeneration aus unterirdischen Pflanzenteilen (Rhizome, Wurzeln; = „resprouters“)
Einschränkung Streuanfall, Minderung
StreuqualitätAufbau einer
mächtigen Streu-
/Rohhumus-decke
Verzögerung sommerli-
cher Boden-erwärmung
Ausbreitung des
Permafrostsnach oben
Vernässung des
OberbodensFestlegung vonNährstoffen
Engpässe bei der
N-Versorgung
Abnehmende PPN
Brand-dispositionnimmt zu
Lichtverfüg-barkeit unter Kronenraum
reduziert
Blätter mit geringer
Assimilations-leistung
Boreale Nadelwälder: Prozess A (vor Feuer)
Hoher Anfall leicht zersetzlicher und
mineralstoff-reicher Streu
Tierfraßdurch
herbivore Vertebraten
Erhöhung sommerlicher Bodenerwär-
mungnach Feuer
Absinken des Permafrosts
Austrocknung des Oberbodens
Rasche Freisetzung von
Nährstoffen
N2-Fixierungdurch Alnus-
Arten
Hohe PPNvorwiegend oberirdisch
Hoher Lichteinfall auf
Boden-oberfläche
Blätter mit hoher
Assimilations-leistung
Auftreten von Laubbäumen
Weiterentwicklung zu Nadelholzwäldern
Boreale Nadelwälder: Prozess B: Nach Feuer
Regenerations-stadium aus
LaubholzBetula
pubescens, Populus tremula
Pionierstadium nach Brand
Jungpflanzen von
Laubbäumen
Reine Nadelholz-bestände
Picea obovata, Pinus sibirica
Feuer
Prozess A
Prozess B
Regenerations-prozess borealerNadelwälder in Sibirien durch
Feuer
Mechanische Faktoren
• WindDirekt (Verformung von Pflanzen, Erhöhung des Wasserstress) und indirekt wirksam (Materialtransport: Dünen). Ausbreitungsvektor
• WasserDirekt (Helophyten, Hydrophyten) und indirekt (Materialtransport: Auen, Küsten) wirksam
4. Mechanische Faktoren
• SchneeDirekt (Schneeschub und –bruch) und indirekt (Schutz vor tiefen Temperaturen) wirksam: Zwergstrauchheiden im Hochgebirge
• Verbiss und TrittDirekt (Abreißen von Pflanzen) und indirekt (Bodenverdichtung) wirksam
Herbivorie und Pflanze
• Toleranz: Kompensation und Überkompensation
• Resistenz (mechanische und chemische Abwehr)
Toleranz: Kompensation und Überkompensation(nach Crawley 1997 aus Nentwig & al. 2004)
Performance
Intensität des Herbivorenbefalls
keine Kompensation
teilweise Kompensation
Überkompensation
ohne Herbivorie
Tod der Pflanze
Resistenz (mechanische und chemische Abwehr)
• Mechanische Abwehr: Dornen, Stacheln, Trichome
• Chemische Abwehr durch sekundäre Pflanzenstoffe: Toxine, Repellents, verdauungshemmende Substanzen
Permanente oder induzierte Resistenz (plastische Verteidigung)?