Verpackungen – viel Geld für Lut und Plastik · ofen kaufen. 3. Großpackungen, Konzentrate oder...
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44 Verbraucherzentrale Das kommt in die Tüte: Einkaufen und Aubewahren 45
DIE ZaHL
40
Prozent
Lut enthielten
zwölf Lebensmittelverpackungen
durchschnittlich,
zeigt eine Stichprobe der
Verbraucherzentrale Hamburg.
Rechtlich gesehen sind übergroße
Verpackungen nicht verboten.
Die Eichämter tolerieren im Regelfall
einen Lutanteil
von höchstens
30
Prozent.
Konkrete Vorgaben fehlen jedoch.
Verpackungen schützen Waren und infor-
mieren über ein Produkt. Gut und schön. Sie
gaukeln aber auch falsche Mengen vor, ent-
halten problematische Zusatzstofe und sind
am Ende – Müll. Weniger Verpackung ist
deshalb immer mehr.
Mogelpackungen – wenig Inhalt,
viel Hülle, hoher Preis
Große Verpackungen: Sie suggerieren viel
Inhalt. Aber das ist nicht immer der Fall. Die
Hersteller operieren mit doppelten Böden,
kleinen Sichtfenstern, ausgehöhlten De-
ckeln, Luftkammern oder übergroßen Um-
kartons. Das ist doppelt ärgerlich, weil man
weniger Inhalt bekommt als erwartet – und
dafür mehr Müll nach Hause schleppt.
Verpackungen – viel Geld für Lut und Plastik
was TUN?
Immer auf die tatsächliche Füllmenge ach-
ten, nicht auf die Packungsgröße. Verpa-
ckungen mit Sichtfenstern einmal auf den
Kopf stellen. Ot sind sie nur bis zum Rand
des Sichtfensters gefüllt und nach oben hin
leer. Wer sich betrogen fühlt, kann sich
beim Hersteller beschweren, das Produkt
der Verbraucherzentrale, beim Eichamt
oder der zuständigen Lebensmittelüberwa-
chung melden – und sollte es küntig im
Regal stehen lassen.
Neues Design, verbesserte Rezeptur –
höherer Preis
Plötzlich sind zehn Prozent weniger drin:
Die Lebensmittelindustrie verschleiert
Preiserhöhungen, indem sie das Produkt-
design leicht ändert, mit neuen Rezepturen
wirbt oder eine neue Sorte einführt. Plötz-
lich sind die Packungen kleiner – oder der
Inhalt schrumpft zusammen.
Ein Beispiel:
q Der Weichkäse enthält statt 225 nur noch
200 Gramm, der Preis bleibt unverändert:
1,89 Euro. Plus 12,5 Prozent.
Manchmal werden Packungen größer – die
Preise aber leider auch:
q In der Schokoriegelpackung stecken statt
250 jetzt 303 Gramm, der Preis steigt von
2,49 auf 3,29 Euro. Plus 9 Prozent.
was TUN?
Skeptisch sein, wenn etwas „neu“
daherkommt. Immer den Grundpreis für
100 Gramm vergleichen.
p mehr erfahren
Weitere Beispiele zeigt die Verbrau-
cherzentrale Hamburg: www.vzhh.de,
in die Suchmaske „Mogelpackungs-
liste“ eingeben.
46 Verbraucherzentrale Das kommt in die Tüte: Einkaufen und Aubewahren 47
was TUN?
Trockene, haltbare Lebensmittel nach dem
Kauf in Glasbehälter umfüllen. Lebensmit-
tel in Kartons ohne Barriere meiden.
Weißblech, zum Beispiel für Konserven-
dosen
q Aus Konservendosen können Zinn und
andere Metalle auf das Lebensmittel
übergehen.
q Damit sich keine Metalle lösen, werden
die Innenseiten der Dosen ganz oder
teilweise mit einer dünnen Folie aus
Epoxidharz versiegelt.
q Epoxidharz enthält meist Bisphenol A
(BPA), das in Lebensmittel übertreten
kann.
q Ein hoher Fett- und Säuregehalt inten-
siviert den Übergang von BPA in Le-
bensmittel.
was TUN?
Lebensmittel aus Dosen direkt nach dem
Öfnen zubereiten oder in Glas- oder Por-
zellangefäße umfüllen. Nicht in der geöf-
neten Dose stehen lassen. Verpackungen
aus Glas kaufen. Hier ist der Stofübergang
am geringsten.
Glas, zum Beispiel Apfelmus oder Joghurt
q Braunes Glas lässt nahezu keine
UV-Strahlung durch. Es ist gut geeignet
für lichtempindliche Lebensmittel wie
Speiseöl.
q Aus Glas selbst gehen keine uner-
wünschten Stofe in Lebensmittel über.
Es ist als Verpackung erste Wahl.
q Problematisch sind die Drehver-
schlüsse, weil die Dichtungen PVC und
Weichmacher enthalten können. Mitt-
lerweile gibt es Drehverschlüsse mit
Dichtungen ohne diese Problemstofe,
die Deckel eines Herstellers sind an ih-
rer blau eingeärbten Dichtung zu er-
kennen.
was TUN?
Glas kaufen, auch wenn es schwerer ist.
Im Zweifel nachfragen, welches Dichtungs-
material der Hersteller verwendet.
Kunststof, zum Beispiel für Sahne, Schin-
kenverpackungen, Getränkelaschen
q Es werden verschiedene Kunststofe für
unterschiedliche Lebensmittel einge-
setzt.
q Die Verpackungen sind für eine be-
stimmte Anwendung wie Tiekühlkost
und auf das entsprechende Lebensmit-
tel (zum Beispiel fettig oder sauer) ab-
gestimmt. Werden sie wieder- oder an-
ders verwendet, kann der Kunststof in
größerem Umfang Chemikalien an das
Lebensmittel abgeben.
q Ready-to-heat-Verpackungen können
bei falscher Anwendung (zu hohe Tem-
peratur oder Wattzahl) unerwünschte
Stofe abgeben.
q Lebensmittelverpackungen enthalten
nur noch selten problematische Weich-
macher: Sie sind vor allem in Deckel-
dichtungen und PVC-Folien zum Verpa-
cken von Frischleisch zu inden.
q Kunststofe können unbeabsichtigt
hinzugefügte Substanzen (NIAS) ent-
halten. Sie gelangen durch verunrei-
nigte Rohstofe, Reaktions- und Abbau-
produkte bei der Herstellung in die Ver-
packung.
Ein bisschen Verpackung im Essen?
Klebstofe, Druckfarben, Metalle – das alles
steckt in Lebensmittelverpackungen. Laut
EU-Verordnung müssen Verpackungen so be-
schafen sein, dass sie die Gesundheit nicht
geährden können. Aber nicht nur Mineralöl-
bestandteile aus Karton- und Papierverpa-
ckungen machen Probleme, auch Weichma-
cher oder BPA. Lecker? Nein! Deshalb sind
Gesetzgeber und Hersteller in der Plicht, da-
ran etwas zu ändern. Aber auch jeder Ein-
zelne kann etwas dafür tun, die Belastungen
gering zu halten.
Papier, Karton, Pappe, zum Beispiel für
Nudeln, Reis oder Grieß
q Enthält unter anderem Reste von
Druckfarben und Klebstofen.
q Viele Lebensmittel in Recyclingkartons
sind am Ende des Mindesthaltbarkeits-
datums deutlich mit Mineralöl- und
Druckfarbenbestandteilen sowie
Weichmachern belastet, ergab ein For-
schungsprojekt des Bundesernährungs-
ministeriums.
q Eine Kunststobarriere – ein Kunst-
stobeutel oder die Beschichtung der
Innenseite – soll verhindern, dass
Stofe von der Verpackung ins Lebens-
mittel übergehen.
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Farben und Lacke, zum Beispiel auf Gebäck-
tüten oder bedruckten Papierservietten
q Druckfarben können gesundheits-
geährdende Substanzen enthalten.
was TUN?
Keine Lebensmittel auf die Außenseite von
bedruckten Verpackungen legen, das Bröt-
chen also nicht auf die Bäckertüte. Am bes-
ten einen Brotbeutel mit zum Bäcker neh-
men. Keine Snacks in bedruckte Papier-
servietten einwickeln.
p mehr erfahren
Alles Wichtige dazu steht hier:
www.verbraucherzentrale.de/wissen,
Stichwort „Lebensmittel“ – „Lebens-
mittelverpackungen“.
was TUN?
Aufwendige Verpackungen meiden. Je grö-
ßer die Kontaktfläche zwischen Lebensmit-
tel und Verpackung, umso größer das Risi-
ko, dass unerwünschte Stofe übergehen.
Deshalb hat Käse am Stück ein geringeres
Risiko als einzeln verpackte Scheiben. Le-
bensmittel nach dem Öfnen in Glasbehäl-
ter umfüllen. Plastikverpackungen nicht für
andere Lebensmittel weiternutzen: also
weder zum Einfrieren, noch zum Erwärmen
in Ofen oder Mikrowelle.
Klebstofe, zum Beispiel in wiederver-
schließbaren Verpackungen für Fleisch-
und Wurstwaren sowie Käse
q Für die meisten Lebensmittelverpa-
ckungen wird Klebstof eingesetzt.
q Jeder Klebstof besteht aus vielen Ein-
zelkomponenten.
q Probleme mit Rückständen aus Kleb-
stofen gibt es vor allem dann, wenn
der Klebstof nicht genügend Zeit zum
Aushärten hatte.
was TUN?
Aus wiederverschließbaren Verpackungen
können mehr Klebstofbestandteile in Le-
bensmittel übergehen als aus anderen Ver-
packungen. Deshalb eher meiden.
●B HINTERGRUND
Plastik in Kosmetika
Viele Kosmetikprodukte enthalten Mik-
roplastik als Schleif-, Binde- oder Füll-
mittel. Diese Kunststoteilchen können
nicht ausreichend aus dem Abwasser ge-
iltert werden, gelangen in die Umwelt
und werden von Tieren mit der Nahrung
aufgenommen. Mikroplastik indet sich
in Muscheln, Würmern, Seevögeln. Und
Fischen, die wiederum von Menschen
gegessen werden. Da schwierig zu er-
kennen ist, ob ein Produkt Mikroplastik
enthält, hat der BUND einen Einkaufsrat-
geber zusammengestellt. Er listet Kos-
metika mit Mikroplastik auf:
www.bund.net/meere/mikroplastik,
Stichwort „BUND-Einkaufsratgeber:
Mikroplastik“.
q Zertiizierte Naturkosmetik stellt
deutlich strengere Anforderungen
an Kosmetikprodukte als gesetzlich
vorgeschrieben. Zum Beispiel sind
fast alle chemisch hergestellten
oder aus Erdöl gewonnenen Stofe
wie Silikone und Mineralöle verbo-
ten. Erkennbar ist zertiizierte Na-
turkosmetik zum Beispiel am BDIH
oder NaTrue-Siegel.
q Ob in einem Kosmetikprodukt ei-
nige hormonell schädigende Stofe
stecken, zeigt die App Toxfox vom
BUND an. Einfach den Barcode
scannen. Vorsicht: Grün bedeutet
leider nicht, dass keine weiteren
Schadstofe enthalten sind.
● FRaGE
Warum schmeckt das Wasser aus
PET-Flaschen manchmal süß?
Das liegt daran, dass Acetaldehyd in
das Wasser übergehen kann. Es ent-
steht bei der Herstellung von PET und
ist laut der Stitung Warentest gesund-
heitlich unbedenklich. Bei Wärme kann
es passieren, dass größere Mengen
Acetaldehyd ins Wasser überwandern –
das dann chemisch-süßlich schmeckt.
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So viel Müll steckt in meinem Einkauf
Gurke in Plastikfolie, 3,6 Gramm Plastik:
Wenn jede Gurke, die in Deutschland pro Jahr
gegessen wird, eingeschweißt wäre, könn-
ten mit der Plastikfolie 6500 Fußballfelder
ausgelegt werden.
Einweg-Plastiklasche, 25,5 Zentimeter
hoch: wenn jeder Orangensaft, der in
Deutschland pro Jahr getrunken wird, aus ei-
ner Plastiklasche käme, ergäben die anein-
andergereihten Flaschen fast die halbe
Strecke zum Mond (ca. 164 000 Kilometer).
Obsttüte im Supermarkt, 0,17 Quadratme-
ter Fläche: Wenn alle Plastiktüten, die in
Deutschland pro Jahr verbraucht werden,
ausgebreitet würden (870 Quadratkilometer),
wäre die Fläche größer als die Stadt Hamburg.
Eis zum Rausdrehen, ca. 10 Gramm Plastik
auf 50 Gramm Inhalt: Wenn jedes Kind un-
ter 14 Jahren in Deutschland pro Jahr ein
Eis dieser Sorte essen würde, entstünden
100 Tonnen Plastikmüll – so viel, wie ein
Blauwal wiegt.
DIE ZaHL
Deutschland ist europaweit
Spitzenreiter beim Verpackungsmüll:
Jährlich pro Kopf
219,5 Kilogramm.
Italien oder Frankreich liegen
deutlich unter
200 Kilogramm
pro Kopf.
Am häuigsten werden Lebensmittel
in Kunststof verpackt,
ot weit üppiger als nötig.
Käse im Block, ca. 30 Gramm Plastik auf
200 Gramm Inhalt: Wenn statt der Plastik-
verpackung Wachspapier von der Käsetheke
verwendet würde, könnte man den Käse
zehnmal einpacken.
Cofee-to-go-Becher, 12 Zentimeter hoch:
Wenn alle in Deutschland pro Tag ver-
brauchten 17,5 Millionen Plastikbecher an-
einandergelegt würden, ergäbe das eine Stre-
cke von Hamburg bis nach Madrid.
p mehr erfahren
Die Verbraucherzentrale Hamburg
hat noch mehr Beispiele zusammen-
gestellt: www.vzhh.de, in die Such-
maske „Plastikalarm im Supermarkt“
eingeben.
Hamburg
Madrid
52 Verbraucherzentrale Das kommt in die Tüte: Einkaufen und Aubewahren 53
q Mehrweglaschen kaufen. Hier gilt:
Kunststoflaschen sind leichter und
benötigen beim Transport weniger
Energie als Glaslaschen. Kommen die
Getränke von weither, sind sie die bes-
sere Wahl. Gegen Glas-Mehrwegla-
schen aus der Region können sie aller-
dings nicht punkten.
q Mehr Leitungswasser trin-
ken: total gesund, total billig, immer
verfügbar.
Wie kommt weniger Müll in meinen Einkauf?
q Schon im Laden nach Alternativen
ohne oder mit weniger Verpackung su-
chen. Das spart Geld, denn prunkvolle
Verpackungen fordern oft einen höhe-
ren Preis.
q Überlüssige Verpackungen im La-
den lassen. So bleibt der Müll zwar
Müll, aber zumindest nicht der eigene.
q Obst, Gemüse, Käse, Fleisch und
Wurst auf dem Markt oder beim Einzel-
händler in möglichst wenig Verpa-
ckung kaufen.
q In einigen Städten gibt es inzwi-
schen verpackungsfreie Supermärkte.
Die Waren können in mitgebrachte Be-
hälter oder Pfand-Boxen abgefüllt wer-
den. Eine Übersicht an Unverpackt-Lä-
den steht hier: wastelandrebel.com/
de/liste-unverpackt-laeden. Wichtig:
Wer solche Läden extra mit dem Auto
anährt, macht den Ökobonus zunichte.
Zero Waste zu leben, ist ein Prozess. Jeder fängt mal klein an
Trau dich! Das ist der erste Schritt zum
Zero Waste, was übersetzt heißt: null
Müll, null Verschwendung. Anfangs haben
wir Zero Waste als utopisch abgetan. Das
ist es auch. Aber nach einem Jahr Projekt
konnten wir feststellen, dass sich der all-
tägliche Müll stark reduzieren lässt –
ohne aus der Gesellschat auszusteigen,
sich zu verschulden oder keine Zeit mehr
zu haben, weil man alles selbst macht.
Deshalb machen wir weiter: Es lohnt sich,
es macht Spaß, wir sind zufriedener.
Anfangen kann man mit ein paar Wochen
Plastikfasten. Plastik ist zwar überall und
deshalb ist es für die meisten nicht mög-
lich, wirklich darauf zu verzichten. Trotz-
dem kann man es stark einschränken. Un-
ser Vorschlag für den Anfang: Wegwerf-
plastik zu reduzieren!
Wegwerfplastik macht den größten Plas-
tikberg aus, den wir produzieren. Man
kann ihn relativ leicht mit diesen 10 Tipps
verringern:
1. Stotaschen/Körbe statt Plastiktüten
für den Einkauf, auch für Gemüse.
2. Obst und Gemüse nach Möglichkeit
ofen kaufen.
3. Großpackungen, Konzentrate oder
Nachfüllpacks kaufen.
4. Milch, Joghurt, Limo, Bier, Sat, Sahne
und Essig gibt es in Glaspfandfla-
schen.
5. Bei Wurst, Käse, Kuchen schon bei der
Bestellung darum bitten, auf Zwi-
schenplastiklagen zu verzichten.
6. An der Frischetheke: Produkte können
in mitgebrachte Gefäße gepackt wer-
den.
7. Selbst kochen statt Fertigessen.
8. Beim Cofee-to-go den eigenen Becher
mitbringen. Manchmal gibt es das Ge-
tränk sogar billiger.
9. Als Brotzeit für Kindergarten, Schule,
Uni, Arbeit wiederverwendbare Pau-
senbrotboxen und Flaschen füllen.
10. Essig, Zitronensäure, Natron, Alkohol
oder Seife eignen sich zum Putzen.
Manche glauben, es bringe nichts, wenn
man versucht, auf Plastik zu verzichten.
Was kann der Einzelne schon ausrichten?
… fragten sich 80 Millionen Deutsche.
bLoG-TIpp ZERowasTEFamILIE.DE