Vertragsrecht in agilen Softwareprojekten › veranstaltungen › vortraege › 2013 ›...

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Vertragsrecht in agilen Softwareprojekten Prof. Ursula Sury, RA 1

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Vertragsrecht in agilen Softwareprojekten

Prof. Ursula Sury, RA

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• Die zentrale Frage/ Grundelemente des Softwarevertrags

• Ablauf der Softwareentwicklung

• Ziele der agilen Software

• Besonderheiten der Verträge

• Verantwortung der Parteien

• Die Nicht- oder Schlechterfüllung

• Urheberrechte

• Schlusswort und Fragen

RA Ursula Sury Folie 2

Agenda

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WER will WAS von WEM bis WANN?

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Die zentrale Frage

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Qualifikation des Vertrages: Bei der klassischen Softwareentwicklung handelt es sich um einen Werkvertrag Art. 363 ff. OR

• Anforderung ans Werk (also Software) werden in Lasten – und Pflichtenheft festgelegt das WAS wird also klar umschrieben

• Der Softwareersteller ist alleine dafür verantwortlich, dass die Software den Anforderungen entspricht

• Bei der Abnahme wird geprüft, ob die erstellte Software (Ist-Zustand) die festgelegten Anforderungen (Soll-Zustand) enthält

• Der Preis wird je nach Abmachung fest vereinbart oder nach Aufwand berechnet

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WAS (klassische Softwareentwicklung)?

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Qualifikation des Vertrages: Da das Endergebnis zu Beginn nicht festgelegt werden kann, stellt der Vertrag kein Werkvertrag dar. Die Anforderungen an die zu erstellende Software werden laufend festgelegt.

• Der Sollzustand wird jedoch Schritt für Schritt erörtert und präzisiert, die Frage nach dem „WAS“ kann somit zu Beginn nur vage beantwortet werden.

• Somit wird erst im Laufe der Projektphase klar, welche Eigenschaften das zu erstellende Werk aufzuweisen hat.

• Die agile Softwareentwicklung zeichnet sich durch spezifisches Projektvorgehen mit einzelnen Teilschritten (sog. Sprints) aus

• Die einzelnen „Sprints“ stellen für sich betrachtet Werkverträge dar.

• (Kommunikation, eingesetzte Ressourcen etc.)

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WAS (agile Softwareentwicklung)?

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• Die Rollenteilung bei der klassischen Softwareentwicklung ist klar aufgeteilt.

• Der Softwareentwickler trägt die Verantwortung, dass die Software den gewünschten Anforderungen Rechnung trägt.

• Der Softwarebesteller bezahlt dafür den Werklohn.

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WER WILL VON WEM (klassische Softwareentwicklung)?

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• Entscheidendes Element agiler Softwareentwicklung ist der sehr starke Einbezug und die dauernde Interaktion mit dem Kunden.

• Der Kunde gibt die SW in Auftrag & trägt Mitverantwortung für das Gelingen der SW-Entwicklung

• Beim Anbieter müssen folgende Rollen unterschieden werden: – Product Owner: Eruiert die Bedürfnisse des Kundens, bespricht mit

ihm die gewünschten Funktionalitäten der SW und steht im engen Kontakt mit Kundem.

– Entwicklungsteam des Anbieters: Entwickelt die SW unter Einhaltung der Qualitätsanforderungen und gemäss Inputs des Product Owner

– Scrum Master: ist dafür verantwortlich, dass die Scrummprozesse gelingen und beseitigt allfällige Probleme.

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WER WILL VON WEM (agile Softwareentwicklung)?

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Product Owner (Repräsentiert den

Kunden & kommuniziert

Produktvision ins Team)

Entwicklungsteam (Realisierung

Software)

Scrumm Master (Coach und

Moderator fürs Team)

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WER WILL VON WEM (agile Softwareentwicklung)?

Kunde

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In der Regel wird der Zeitpunkt der Abnahme der Software zum Voraus bestimmt.

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BIS WANN (klassische Softwareentwicklung)?

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Weil das Vertragsziel bei der agilen Softwareentwicklung nur ungefähr vorgegeben werden kann, so wird auch der Zeitpunkt der Realisierung bei Projektbeginn nur ungefähr festgelegt.

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BIS WANN (agile Softwareentwicklung)?

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• Der Preis wird zu Beginn entweder fix vereinbart (Festpreis) oder

• der Softwareentwickler stellt Rechnung nach dem erbrachten Aufwand (mit oder ohne Kostendach)

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ZU WELCHEM PREIS (klassische Softwareenwticklung?)

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• Ebenso wird der Preis bei der agilen Softwareentwicklung zu Beginn nur ungefähr festgelegt

• Er wird in Relation zur Dauer und zum Vertragsziel angepasst

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ZU WELCHEM PREIS (agile Softwareentwicklung?

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1. Lasten- und Pflichtenheft erstellen und in Vertrag festhalten

2. Programmieren und Testen der einzelnen Module

3. Integration und Systemtest

4. Abnahme

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Ablauf der klassischen Softwareentwicklung

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Vertragsab-

schluss Installation Abnahme

Abnahme-

periode

Garantiefrist Wartung

t

Abnahmeprotokoll

Stimmt Soll-Zustand

beim Objekt mit Ist-

Zustand überein?

Ablauf der klassischen Softwareentwicklung

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1. Lasten- und Pflichtenheft sind nicht abschliessend, es wird ein Rahmenvertrag mit den wichtigsten Eckpunkten festgelegt.

2. Erstellung eines Grobkonzepts, welcher der Auftrag beinhaltet

3. Kurze Entwicklungsphasen der einzelnen Etappenziele (sog. Sprints) mit starker Mitwirkung des Kunden.

4. Die Etappenziele werden abgenommen.

5. Die Softwareinkremente können nach Erreichung der einzelnen Etappenziele sofort eingesetzt und werden laufend verbessert.

6. Die neuen Etappenziele werden mittels Sprints erreicht

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Ablauf der agilen Softwareentwicklung

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Vertragsab-

schluss Installation und Abnahme

einzelner Sprints

Wartung

t

Ablauf der agilen Softwareentwicklung

Präzisieren Inhalt in Zusammenarbeit

(Besteller und Ersteller)

Bei Abnahme einzelner Sprints Konzentration auf

Qualität des Prozesses und Methodenkompetenz der

involvierten Personen

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Die Dynamik des Projekts muss im Vertrag abgebildet werden.

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Grundelemente des Softwarevertrags

Spannbreite

mögliche Wege

ENDE

START

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Die Zwischenresultate präzisieren laufend den Vertrag und müssen deshalb zum Vertragsgegenstand erklärt werden. Der ursprüngliche Vertrag muss mit den während dem Projekt entstehenden Dokumenten und Softwarereleases verknüpft werden.

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Grundelemente des Softwarevertrags

START

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Ziele der agilen Softwareentwicklung

Individuals and interactions over processes and tools

Working software over comprehensive documentation

Customer collaboration over contract negotiation

Responding to change over following a plan

Auch wenn die Punkte auf der rechten Seite durchaus wichtig sind, so sind die Punkte links doch wichtiger.

(www.agilomainfest.org)

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Enge Zusammenarbeit als Besonderheit der agilen Softwareentwicklung

Die Selbstorganisation der Teams

Das Team organisiert sich

während des Projekts

selbständig.

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Enge Zusammenarbeit als Besonderheit der agilen Softwareentwicklung

„Mit dem richtigen Freund kann man Pferde stehlen!“

• Ist es denn auch der richtige Freund?

• Kann er Pferde stehlen?

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Selbstorganisation als Besonderheit der agilen Softwareentwicklung

Die Selbstorganisation der Teams Auswirkungen auf den Vertrag

• Der Mensch und die aktive Kommunikation steht im

Vordergrund.

• Dem Kunden kann ein Vetorecht für die Personen im Team

garantiert werden, sofern er für die Kosten des

Personalwechsels aufkommt.

• Wichtig sind Transparenz und Aufrichtigkeit Soft Skills aller

Beteiligten treten in den Vordergrund!

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RA Ursula Sury Folie 23

Zeit als Besonderheit der agilen Softwareentwicklung

Der Umgang mit der Zeit

Es besteht kein genaues

Abgabedatum. Zeit steht aber

auch nicht unbeschränkt zur

Verfügung, weshalb es Sinn

macht, Zeitlimits für die

einzelnen Arbeiten/die

einzelnen Zwischenziele

festzusetzen.

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Der Kunde wird sehr stark in das Projekt eingebunden, wodurch er auch eine Mitwirkungspflicht und dadurch eine Mitverantwortung erhält. Es entsteht eine starke Vergemeinschaftung zwischen dem Softwareanbieter und dem Kunden (sog. Zusammenarbeitsmodell). Die genauen Aufgaben der beiden Parteien werden erst während des Projektes genau definiert.

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Verantwortung der Parteien als Besonderheit der agilen Softwareentwicklung

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Eine eigentliche „Nicht- oder Schlechterfüllung“ im Sinne eines Abweichens des Ist vom Soll-Zustand ist bei dieser Art der Softwareentwicklung schwer nachzuweisen, da der Soll-Zustand nicht genau definiert wurde.

Es sollten deshalb laufend messbare Qualitätskriterien vereinbart werden welche gemeinsam zu prüfen sind. Insbesondere sollten auch die Konsequenzen einer Nicht- oder Schlechterfüllung geregelt werden. Insbesondere die Möglichkeit einer Zahlungsverweigerung muss bestehen.

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Keine «Nicht- oder Schlechterfüllung» bei agilen Softwareentwicklung

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• Einseitiges Recht der Annahmeverweigerung einer gewissen Anzahl von Iterationen des Kunden, danach wird das Projekt beendet. Die Rechte bleiben beim Kunden welcher das Projekt mit einem anderen Dienstleister zu Ende führen könnte (Problem: Ausscheiden des Kunden am Ende des Projektes damit er einen Preisvorteil erhält.

• Der Lieferant erhält einen Grundlohn und bei Erreichen bestimmter Erfolgskriterien zusätzliche Prämien.

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Besonderheit der verschiedenen Abrechnungsmodelle bei agiler Softwareentwicklung

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• Wie bereits erwähnt, arbeiten der Softwarebesteller und Softwareentwickler eng zusammen.

• Haben Personen miteinander ein Werk geschaffen, so steht ihnen das Urheberrecht am Werk gemeinsam zu (Art. 7 URG).

• Die einzelnen Sprints (Teiletappen) stellen Werke dar und somit gehört das Urheberrecht ohne spezielle Regelung dem Besteller und Entwickler gemeinsam.

• Dies hat zur Konsequenz, dass beide nur im gegenseitigen Einvernehmen über diese verfügen dürfen. dies möchte der Besteller jedoch gerade nicht!

• Deshalb ist es wichtig, dass von Beginn an klar geregelt wird, wem die Urheberrechte an den einzelnen Sprints zustehen!

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Urheberrechte bei agiler Softwareentwicklung

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www.dieadvokatur.ch

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Publikationen unter

Fragen?

Prof. Ursula Sury, RA Die Advokatur Sury GmbH, Alpenquai 4, 6005 Luzern Neu erschienen: Informatikrecht, Sury Ursula, Stämpfli-Verlag, ISBN 978-3-7272-7996-6

Kurzeinführung Arbeitsrecht – von der Vertragsanbahnung bis zur Kündigung,

Sprenger/Sury/Seger, Stämpfli-Verlag, ISBN 978-3-7272-7997-3