Vertriebscontrolling Kundenscore

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Der Umsatz eines Kunden sagt noch nichts über seine Profitabilität. Um die Schwächen einer eindimensionalen, rein umsatzbezogenen ABC-Analyse zu vermeiden, lässt sich diese zusätzlich um den Bewertungsmaßstab "Deckungsbeitrag" erweitern.

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Page 1: Vertriebscontrolling Kundenscore

Vertriebscontrolling Kundenscore

Jörg Becker www.beckinfo.de

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Es soll die Wirtschaftlichkeit von Geschäftsbeziehungen analysiert werden.

Anhand der Informationen über Nutzen und Kosten lassen sich Kundenbin-

dungsstrategien zielgenauer umsetzen. Schwierigkeiten für die Ermittlung

von Kundenwerten ergeben sich u.a. dadurch, dass

die Daten im Rechnungswesen eher abteilungs- und produktorientiert als

kundenorientiert aufgebaut sind

in der Kundendatenbank nur wenig Informationen über Kosten und Nut-

zen von Geschäftsbeziehungen gespeichert werden.

Kundenwertbezogene Außendienststeuerung

Star-

kunde

Fragezeichen-

kunde

Ertrags-

kunde

Mitnahme-

kunde

Besuchs-

häufigkeit

Muster-

versand

Kulanz-

regelung

Preisstellung/

-staffel

Anwendungs-

technik

Präsente,

Bewirtung

6 x

im

Jahr

6 x

im

Jahr

3 x

im

Jahr

alle

2 Jahre

kostenlos

bei Bedarf

kostenlos

anbieten

ggf. mit

Kosten-

beteiligung

gegen

Berechnung

groß-

zügighöchste geringer gar nicht

viel,

kostenlos

viel

mittel,

kostenlos

wohlabgewogen

dosiert

nur wenn

notwendig

wenig

gegen

Kostenbeteiligung

gar nicht

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In einem Scoring-Modell können sowohl monetäre als auch nicht-monetäre Größen

der Kundenbeziehung durch die Vergabe von Punkten bewertet werden die dann

zum Kunden-Score-Gesamtwert aufsummiert werden. Mit der RFMR-Methode

(Recency Frequency Monetary Ratio) werden die Kunden zunächst nach dem

Merkmal Kaufverhalten klassifiziert. Ausgehend von einem Basiswert werden

Kunden mit nur kurz zurückliegenden Käufen Punkte gutgeschrieben, Kunden mit

längere Zeit zurückliegenden Käufen (Recency) erhalten dagegen einen Punkteab-

zug. Kunden mit Mehrfachbestellungen innerhalb einer Periode erhalten mehr

Punkte als Einmal-Käufer (Frequency). Käufer mit höherem Bestellwert erhalten

ebenfalls mehr Punkte (Monetary Ratio), während Kosten der Kundenbeziehung

wie z.B. Versand von Katalogen oder Warenrücknahmen mit einem Punkteabzug

bewertet werden:

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I. Startwert = 25 Punkte

Letztes Kaufdatum bis 6 > 6 - 9 > 9 - 12 > 12 - 18 > 18 -24 > 24

zurückliegend: Monate Monate Monate Monate Monate Monate

II. Punkte

Zuschlag 40 25 15 5 Abzug -5 -15 Einkaufs- häufigkeit letzte

III. 18 Monate = Zahl der Aufträge multipliziert mit Faktor: 6

Durchschnittl. Auftragswert bis 100 > 100-250 >250-500 >500-1000 >1000-5000 >5000 letzte drei Einkäufe

IV. Punkte

Zuschlag 5 15 25 35 50 75 Abzug Anz. Retouren 0-1 2-3 4-6 7-10 11-15 > 15

V. Punkte

Abzug 0 -5 -10 -20 -30 -40 Anzahl je Haupt- je Sonder- je Mailing Werbe- katalog katalog

VI. sendungen -12 -6 -2

Kunden-

VII. Gesamtscore:

Kalkulations-Schema für Kunden-Scorewert

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Kunde letztes Kauf- Einkaufs- Durchschn. Anzahl Anzahl

datum häufigkeit Auftragswert Retouren Werbe- Gesamt

zurück- letzte letzte drei sendungen Score

liegend 18 Monate Einkäufe des Kunden

Monate Aufträge Anzahl Anzahl

Kunde A -5 4 520 0 0

Punkte: 40 24 35 0 0 99

Kunde B -15 1 7000 1 2

Punkte: 5 6 75 0 -12 74

Kunde C -30 0 400 3 0

Punkte: -15 0 25 -5 0 5

Kunden D -1 12 400 0 1

Punkte: 40 72 25 0 -12 125

Kunde E -1 5 1500 3 5

Punkte: 40 30 50 -5 -10 105

Kunde F -7 35 40 0 10

Punkte: 25 210 5 0 -20 220

Kunde Z -3 5 6000 3 3

Punkte: 40 30 75 -5 -18 122

220

125

122

105

99

74

5

0 50 100 150 200 250

Kunde F

Kunde Z

Kunde A

Kunde C

Punkte

Punkte

Beispiel für nach Kalkulationsschema berechnete Kunden-Scorewerte

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Nur wenige Unternehmen wissen überhaupt, welche ihrer Kunden profitabel

sind und welche negative Effekte auf das Ergebnis auslösen. Die häufig

praktizierte Bewertung der Kunden nach A-, B-, C- und D-Umsatzgrößen ist

als scheinrationales Raster als Steuerungsinstrument wenig geeignet: der

Umsatz des Kunden sagt allein wenig über die Profitabilität des Kunden

aus. Oft sind es die umsatzstärksten Kunden, die ohne Be- oder

Verrrechnung überproportional Serviceleistungen in Anspruch nehmen. Um

die Schwächen der eindimensionalen, rein umsatzbezogenen ABC-Analyse

zu vermeiden, läßt sich diese zusätzlich um den Bewertungsmaßstab De-

ckungsbeitrag erweitern. Daraus lassen sich 9 mögliche Kundenklassen ab-

leiten: Die AA-Kunden mit hohem Umsatz- und DB-Anteil haben den

höchsten Kundenwert, die CC-Kunden demgegenüber den niedrigsten Kun-

denwert:

Kunden ABC-Analyse kombiniert aus Umsatz und Deckungsbeitrag

Der Konzentrationsgrad wird rechnerisch aus Deckungsbeitrags- und Kundenanteil ermittelt:

Deckungsbeitragsanteil

Konzentrationsgrad = ----------------------------

Kundenanteil

Umsatz

DeckungsbeitragKunden mit

A-Umsatz

Kunden mit

B-Umsatz

Kunden mit

C-Umsatz

Kunden mit A-DB

Kunden mit B-DB

Kunden mit C-DB

AA BA CA

AB BB CB

AC BC CC

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ABC-Kundenwerte

Kundenklasse A B C

I. Anzahl Kundenl in %

II. Deckungsbeitrags-

anteil in %

III. = Konzentrationsgrad

= II. : I.

25 30 45

75 15 10

3,00 0,50 0,22

GESAMT

100

100

1,00

CBA

Kundenmerkmale (Beispiel:Versicherung)

o hohe Referenzwirkung

o > 3 Verträge

o hohes Prämienvolumen

o hohes Potential

o 2-3 Verträge

o große Chance zur zu-

künftigen Geschäfts-

ausweitung

o 1-2 Verträge

o keine o. nur geringe

Chancen zur Auswei-

tung des zukünftigen

Geschäfts

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ROC-Analyse nach Deckungsgrad des Kunden und Forderungs-Umschlagshäufigkeit

Kundenklassen nach Rentabilität und Bonität

Umschlagshäufigkeit Forderg.

Deckungsgrad DG

Umschlag-

häufigk.

hoch

Umschlag-

häufigk.

niederig

DG = Hoch

DG = niedrig

DG = negativ

A B

C D

E F

A-Kunde

B-Kunde

C-Kunde

D-Kunde

E-Kunde

F-Kunde

hinsichtlich Absatz/Wirtschaftlichkeit höchster Kundenwert

Absatz optimal, Zahlungsverhalten verbesserungsfähig

finanzwirtschaftl. optimal, Deckungsgrad verbesserungsfähig

absatz- und finanzwirtschaftl. unbefriedigend

problemtatisch, ROC-Wert ist negativ

problematisch, ROC-Wert ist negativ

Bonität

ROC

hoch mittel niedrig

hoch

mittel

niedrig

A 1 A 2 A 3

B 1 B 2 B 3

C 1 C 2 C 3

negativ

schlecht

D 1 D 2 D 3

B 4

C 4

D 4

A 4

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Die nachfolgende Analyse basiert auf a) der Attraktivität der Kunden, ge-

messen anhand von

effektivem Umsatzpotential

Bonität

Rentabilität

Leistungszahl

sowie basiert auf b) dem eigenen Exklusivitätsgrad, gemessen anhand von

Zahl der Lieferanten des Kunden

eigener Lieferanteil beim Kunden.

Kundenanalyse anhand Attraktivitätsgrad des Kunden und eigenem Exklusivitätsgrad

eigener Exklusivitätsgrad

Attraktivitätsgrad Kunde

hoch mittel gering

hoch

mittel

niedrig

A 1 A 2 A 3

B 1 B 2 B 3

C 1 C 2 C 3

A1-Kunde

C3-Kunde

Verteidigungskunde

Desinvestitionskunde

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Im Zusammenhang mit Konzepten für eine Wissensbilanz finden

sich detaillierte Ausführungen bei Becker, Jörg: Wissensbilanz

mit Kundenbarometer – Kapital der Kundenbeziehung, 2009,

ISBN 9783837051773.

Geschäfte mit bereits existierenden Kunden werfen oft den höchsten Ge-

winn ab. An kaum einer anderen Stelle finden sich ähnlich hohe Gewinnpo-

tentiale im Vergleich zu denen beim Ausbau des Geschäfts mit den eigenen

Kunden. Neben den Potentialen der bestehenden Kundenbasis spielt insbe-

sondere auch das Kostenverhältnis im Vergleich Kundengewinnung zu

Kundenbindung eine Rolle: Statistisch gesehen kann jede ernsthafte Störung

der Kundenbeziehung zum Verlust von 3-15 weiteren, potentiellen Käufern

führen. Es kostet fünf- bis zehnmal mehr, einen neuen Kunden zu gewinnen,

als einen bestehenden Kunden durch dessen Zufriedenheit an sich zu bin-

den. Diese banale, allseits bekannte Feststellung hat es trotzdem verdient,

sie sich von Zeit zu Zeit wieder ins Gedächtnis zu rufen. Voraussetzung für

eine Stärkung von Kundenbindungsfaktoren ist die Verfügbarkeit detaillier-

ter Informationen. Wichtig ist deshalb ein laufendes Monitoring der beste-

henden Geschäftsbeziehungen, aus dem mit kontinuierlicher Datenerfassung

sukzessive trennscharfe Kundenprofile aufgebaut werden können.

- Strategiethema Kundenbindung

- Zielgruppenbewusstes Segment-Vorgehen

- Kaufkraft und andere Kennziffern

- Andocken am Gerüst der Wissensbilanz

- Ausgangslage: Bewertung Wissensfaktoren

- Ausgangslage: Wissensbilanz-Ampeldiagramme

- Ausgangslage: Wissensbilanz-Portfolios

- Wissensbilanz-Beziehungsfaktor: Kundenzufriedenheit

- Kunden binden statt finden

- Kundenklassifizierung und –struktur

- Auftragsdaten mit Informationspotential

- Betrachtung des Kundenwertes

- Kundenbeziehung im Potential-Portfolio

- Kundenbeziehung im Wissensbilanz-Wirkungsgeflecht

- Im Lifecycle der Kundenbeziehungen

- Ausblick

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Offensive Strategien zur Gewinnung von Neukunden sind teuer, Defen-

sivstrategien zur Bindung treuer Käufer versprechen bei gleichem Mit-

teleinsatz mehr an Wirkungen. Große Teile des Umsatzes setzen sich oft

aus Wiederholungskäufen zusammen. Ergebnis: Kundenbindung geht

vor Kundenfindung. Stärkere Kundenbindung bedeutet für das Unter-

nehmen gleichzeitig mehr Sicherheit. D.h. weniger Risiko, dass der

Kunden beim geringsten Anlass zur Unzufrieden-heit gleich zu einem

anderen Lieferanten wechselt. Höhere Kundenbindung bedeutet gleich-

zeitig auch bessere Kenntnisse der Kundenbedürfnisse und –wünsche,

daraus folgend wiederum geringere Risiken bei Produktinnovationen. In

einem Scoring-Modell können sowohl monetäre als auch nicht-monetäre

Größen der Kundenbeziehung durch die Vergabe von Punkten bewertet

werden, die dann zum Kunden-Scorewert aufsummiert werden. Neben

Mechanismen der Kundenklassifizierung und –portfolios wird die Ar-

beits-weise von Lifecycle-Rechnungen für Kundenbeziehungen erörtert.