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KREUZWEG Jesus der Asylant und Flüchtling

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KREUZWEG

Jesus der Asylantund Flüchtling

Bearbeitung des Kreuzweges “Jesus der Asylant undFlüchtling” der Ecuatorianischen Kommission für

Flüchtlinge, Quito, 2003

Kreuzweg

Jesus der Asylantund Flüchtling

Gerechtigkeit, Frieden uGerechtigkeit, Frieden uGerechtigkeit, Frieden uGerechtigkeit, Frieden uGerechtigkeit, Frieden undndndndndBewahrung der SchöpfungBewahrung der SchöpfungBewahrung der SchöpfungBewahrung der SchöpfungBewahrung der Schöpfung

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EINLEITUNGDer Kreuzweg ist eine unserer zeichenhaftesten religiösenTraditionen. Mit ihm möchte die gesamte christliche Gemeindedie Passion Jesu und seinen schmerzvollen Weg zum Kreuzsymbolisch mitgehen, bei ihm sein und ihn während derentscheidenden Augenblicke seines Lebens begleiten. ImKreuzweg entdecken wir, dass Sein Weg ein Paradigma fürden Weg aller Menschen ist, auf dem das Leid, der Schmerzsowie der Tod existieren, ja Wirklichkeit sind. Er verwandeltuns in der Auferstehung Jesu. Er schenkt uns die Hoffnungauf ein neues Leben.

Jesu Lebensweg und unser Weg vereinen sich im Kreuzweg.Wir bekennen in dieser Feier unseren Glauben an den einenGott, der durch seinen Sohn auch heute noch mit Migranten,Flüchtlingen sowie Asylanten unterwegs ist, den Wanderernpar excelence. Dieses Glaubensbekenntnis an einen Gott dersich mit menschlichem Leid und Schmerz identifiziert, ist nureine Dimension dieser Feier.

Die andere ist die Herausforderung, die Jesus selbst gelebthat: in Solidarität mit den Armen, den Einwanderern undSchutzsuchenden gehen, damit wir in ihren Gesichtern JesuAntlitz wieder entdecken (Matthäus 25, 31-46). So begegnenwir im menschlichen Schmerz einem Gott, der uns einlädt,für das Leben zu kämpfen, sich einzusetzen für die Rechteund die Würde aller Menschen. Wir bauen weiter am Reichdes Friedens, der Liebe, der Gerechtigkeit, der Freiheit, amReich Gottes, das Jesus verkündet.

Die Teilnehmer an diesem Kreuzweg werden feststellen, dasser von der traditionellen Form abweicht. Einige Stationenwurden ausgetauscht, um das ganze Leben Jesu im Blick zuhalten von der Geburt bis zur Auferstehung. Heute durchläuftJesus den schmerzlichen Weg der Einwanderer undSchutzsuchenden. Deshalb wollen wir diese Feier in Solidarität

mit den Personen verwirklichen, die ihr Land, ihre Familieverlassen mussten, um ihr Leben zu schützen oder bessereLebensbedingungen an einem anderen Ort zu suchen.

Der Kreuzweg richtet sich vor allem an Gemeinschaften, diediese harte Realität der Einwanderer oder Asylsuchendendurchleben, an alle, die mit Einwanderern arbeiten, um dieWelt zum Besseren zu verändern, eine Welt ohne Grenzen zuschaffen. Er richtet sich aber auch an alle Frauen und Männerguten Willens, die sich für das Reich Gottes einbringen wollen.

Michael Heinz svd

Koordinator für Gerechtigkeit, Frieden und Bewahrung derSchöpfung,

Steyler Missionare

Rom, Italien

[email protected]

P.S. Die Bibeltexte sind aus der Einheitsübersetzungentnommen http://alt.bibelwerk.de/bibel/

I. Station:

Maria und Josef fliehen mit Jesus nach Ägypten

AUS DEM EVANGELIUM NACH MATTHÄUS (2, 13-15)Als die Sterndeuter wieder gegangen waren, erschien dem Josefim Traum ein Engel des Herrn und sagte: Steh auf, nimm dasKind und seine Mutter, und flieh nach Ägypten; bleibe dort,bis ich dir etwas anderes auftrage; denn Herodes wird das Kindsuchen, um es zu töten. Da stand Josef in der Nacht auf undfloh mit dem Kind und dessen Mutter nach Ägypten. Dortblieb er bis zum Tod des Herodes. Denn es sollte sich erfüllen,was der Herr durch den Propheten gesagt hat: Aus Ägyptenhabe ich meinen Sohn gerufen.

GEDANKEN ZUM TEXTWenn wir unsere Augen öffnen und diese Geschichte mit demin Verbindung bringen, was um uns herum in unserer Weltgeschieht, stellen wir fest, dass die Flucht der Hl. Familie nachÄgypten nicht einfachein schönes Bild inunserer Wohnung oderin unserer Kirche ist,sondern ein aktuellesund reales Bild all derFamilien, die ihreHeimat verlassenmüssen. Jesus, Mariaund Josef sind wieAbertausende vonKindern, Müttern undVätern, die ihr Landverlassen müssen, umzu überleben, daseigene Leben zu

schützen oder bessere Lebensbedingungen zu finden. Die Hl.Familie ist die Flüchtlings- Einwandererfamilie, die wir in denStraßen unserer Stadt gesehen haben, die an unsere Türgeklopft und unsere Unterstützung, unser Verständnis gesuchthat.

Die Flucht nach Ägypten erinnert uns auch daran, dass dieMehrheit der Flüchtlinge und Einwanderer nicht ihr Land fürdie Ferien oder als Touristen verlassen, sondern sie müssenaus ihrer eigenen Heimat „fliehen”, weil ihnen die Umständein denen sie leben keine Alternative lässt. Krieg und Gewalt,sowie soziale, wirtschaftliche, politische und rassistischeDiskriminierung zwingen Millionen von Personen ihrUrsprungsland und oft ihre Familie zu verlassen, um konkreteWege zu suchen, die ungerechten Lebensbedingungen zuverändern damit keiner mehr gezwungen ist, auszuwandern.

Vaterunser

GEBETJesus, in Begleitung deiner Eltern Maria und Josef lerntest dudas Leid der Asylanten im Land deiner Verbannung Ägyptenkennen. Wir bitten dich für die unzähligen Auswanderer- undFlüchtlingskinder, die dir so gleichen. Lass ihre Eltern Arbeit,Brot und eine Wohnung finden. Lass sie überall erfahren, dasssie willkommen sind.Lass sie Menschen finden, die ihnenhilfsbereit zur Seite stehen. Lass alle, die von woanders herzu uns kommen, in uns Schwestern und Brüder finden, die sielieben, wie du sie liebst. Befreie sie, Jesus, von allen Gefahrenfür Seele und Leib. Christus höre uns.

A: Christus erhöre uns.

LIED

II. Station:

Jesus wird in der Wüste vom Teufel versucht

AUS DEM EVANGELIUM NACH MATTHÄUS (4, 1-11)Dann wurde Jesus vom Geistin die Wüste geführt; dortsollte er vom Teufel inVersuchung geführt werden.Als er vierzig Tage undvierzig Nächte gefastet hatte,bekam er Hunger. Da trat derVersucher an ihn heran undsagte: Wenn du Gottes Sohnbist, so befiehl, dass ausdiesen Steinen Brot wird. Eraber antwortete: In der

Schrift heißt es: Der Mensch lebt nicht nur von Brot, sondernvon jedem Wort, das aus Gottes Mund kommt.

Darauf nahm ihn der Teufel mit sich in die Heilige Stadt, stellteihn oben auf den Tempel und sagte zu ihm: Wenn du GottesSohn bist, so stürz dich hinab; denn es heißt in der Schrift:Seinen Engeln befiehlt er, dich auf ihren Händen zu tragen,damit dein Fuß nicht an einen Stein stößt. Jesus antworteteihm: In der Schrift heißt es auch: Du sollst den Herrn, deinenGott, nicht auf die Probe stellen.

Wieder nahm ihn der Teufel mit sich und führte ihn auf einensehr hohen Berg; er zeigte ihm alle Reiche der Welt mit ihrerPracht und sagte zu ihm: Das alles will ich dir geben, wenn dudich vor mir niederwirfst und mich anbetest. Da sagte Jesuszu ihm: Weg mit dir, Satan! Denn in der Schrift steht: Vor demHerrn, deinem Gott, sollst du dich niederwerfen und ihm alleindienen. Darauf ließ der Teufel von ihm ab und es kamen Engelund dienten ihm.

GEDANKEN ZUM TEXTWie jeder andere Mensch wurde Jesus in seinem Leben auchVersuchungen ausgesetzt, die wir alle kennen und die wir inverschiedener Weise in unserem Leben umsetzen: derEgoismus, die Macht des Reichtums, das Unrecht, die Lüge…Auf ihren langen Wegen und besonders am Zielort sehen sichdie Einwanderer oder Flüchtlinge mit Situationen konfrontiert,die ihre Familie und sie selbst in Lebensgefahr bringen. DieRisiken denen sie gegenüberstehen sind viele: Diebstahl,Unfälle, Gewalt, Ausbeutung, Korruption, strenge klimatischeBedingungen, die Verachtung durch die Menschen, Fehlen vonVerständnis und Gastfreundschaft ihnen gegenüber. Unterdiesen Bedingungen gerät man schnell an den Abgrund derFrustration, der Hoffnungslosigkeit und der Depression, diedann ab und an in der Drogenszene oder im Alkoholismusendet. Andere große Versuchungen für die Neuankömmlingesind die Besessenheit der Suche nach Geld und Erfolg, egalwas es kostet, das sie ihre Pflicht gegenüber der Familie, ihremUrsprung und ihren kulturellen Werten vergessen lässt.Jesus lehrt uns, dass es nur eine Möglichkeit gibt, diese Prüfungenzu bestehen: „Vor dem Herrn, deinem Gott, sollst du dichniederwerfen und ihm allein dienen.” Nur im Hl. Geist findenwir die Kraft, die uns hilft, alle Hindernisse zu überwinden, diewir auf dem Weg in das verheißene Land finden.VaterunserGEBETGuter Vater, schenke uns allen die Kraft, dass wir diekurzlebigen Versuchungen des Geldes, des Erfolges, derVerbitterung und der Hoffnungslosigkeit überwinden können,die uns hindern unseren Weg zu Deinem Reich fortzusetzen.Führe uns alle, besonders aber alle Einwanderer undFlüchtlinge, auf dem Weg der Hoffnung und den wahrenWerten des menschlichen Lebens. Das erbitten wir durchChristus, unseren Herrn. Amen.LIED

III. Station:

Jesus geht nach Galiläa, um dort zu leben

AUS DEM EVANGELIUM NACH MATTHÄUS (4, 12-16)

Als Jesus hörte, dass man Johannes ins Gefängnis geworfenhatte, zog er sich nach Galiläa zurück. Er verließ Nazaret, umin Kafarnaum zu wohnen, das am See liegt, im Gebiet vonSebulon und Naftali. Denn es sollte sich erfüllen, was durchden Propheten Jesaja gesagt worden ist: Das Land Sebulonund das Land Naftali, die Straße am Meer, das Gebiet jenseitsdes Jordan, das heidnische Galiläa: das Volk, das im Dunkellebte, hat ein helles Licht gesehen; denen, die im Schattenreichdes Todes wohnten, ist ein Licht erschienen

GEDANKEN ZUM TEXTGaliläa war nicht nur eine Region am Rande Israels sonderngalt auch als Land der Heiden, weil sich dort die jüdischeBevölkerung mit Völkern anderer Rassen und Regionenvermischt hatten. So verstehen wir besser die prophetischeWahl Jesu mit jenen zu leben, die vermutlich keine eigene

Identität besaßen, oder weil sie Mischlinge waren verachtetund als Leute 2. Klasse angesehen wurden. Ist die Lage derGaliläer nicht wie die der Einwanderer oder Flüchtlinge, dieschon einige Zeit in einem Land gelebt haben? Oder derenKinder dort geboren sind, aber sich weder in diesem noch inihrem Ursprungsland zu Hause fühlen und deshalb auf beidenSeiten mit Verachtung bedacht werden? Die Entscheidung Jesubei diesen Menschen zu bleiben offenbart uns einen Gott, derdie falschen Konzepte der Perfektion der Rasse, derNationalität, des sozialen oder wirtschaftlichen Status verwirft,weil alle, egal welcher Hautfarbe auch immer, seine Kindersind, geschaffen nach seinem Ebenbild!

Vaterunser

GEBETGott, Vater aller Völker, du hast dich in Jesus mit denen amRand der Gesellschaft solidarisiert und zum Einwanderer unterEinwanderern gemacht. Hilf uns, dass auch wir uns mit denLeidenden identifizieren, mit denen, die durch die Gesellschaftan den Rand gedrängt wurden, mit denen die misstrauischbeäugt werden, weil sie anders sind, sowie mit den Migranten,auch wenn sie anders leben, weil sie aus einem anderen Landkommen, auch wenn sie anders reden, auch wenn sie andereGesichtszüge und Charaktereigenschaften haben oder ihrerHaut eine andere Farbe als die unsere hat. Hilf uns einemenschlichere Welt aufzubauen, in der wir Schwestern undBrüder sind, Mitglieder der einen Menschenfamilie, die dugeschaffen hast. Das erbitten wir durch Christus, unserenHerrn. Amen.

LIED

IV. Station:

Jesus wird von Judas verraten

AUS DEM EVANGELIUM NACH MATTHÄUS (26, 14-16)Darauf ging einer der Zwölf namens Judas Iskariot zu denHohenpriestern und sagte: Was wollt ihr mir geben, wenn icheuch Jesus ausliefere? Und sie zahlten ihm dreißigSilberstücke. Von da an suchte er nach einer Gelegenheit, ihnauszuliefern

GEDANKEN ZUM TEXTJesus durchlebt hier tragische Momente. Es ist nicht so sehrder Verrat, der ihn so betroffen macht, sondern dass einer seiner

engsten Vertrauten,den er berufen hatte,mit ihm seinenAuftrag und seinLeben zu teilen. Esist einer seinerJünger, der ihn jetztan die Gegnerverkauft. Es gibtnichts Grausameresund Bedrück-enderes, als vonMenschen verratenzu werden, denenman blind vertraut.

Wenn wir uns in Jesu Lage versetzen, werden wir seinenSchmerz und seine Enttäuschung spüren.

Das ist die gleiche Trauer, der gleiche Schmerz, die gleicheEnttäuschung, die du spürst, wenn du hörst, es sind selbst dieAsylanten, die aus Eifersucht oder Neid die eigenen Leute beiden Behörden verraten. Oder, wenn Menschen Asylanten

anzeigen, damit sie verhaftet werden, um sie abzuschieben,weil sie sie in ihrem Freiraum einschränken, weil sie ihreBräuche oder ihre Sprache nicht verstehen. Diese Menschenhaben ihre Wurzeln vergessen, ignorieren, dass sie oder ihreVorfahren auch einmal in gleicher Situation waren. Wirvergessen, dass die Welt Gott gehört, vergessen, dass wir allein ihr wie Einwanderer und Gäste leben sollen Lev 25, 23).

Vaterunser

GEBETJesus, du weist, was es heißt, von einem seiner besten Freundeverraten zu werden. Hilf den Verratenen zu vergeben und lassdie Verräter den Weg der Bekehrung, der Wahrheit und desLichtes finden. Wandle du unsere Herzen, damit wir Raumfür Mitgefühl und Solidarität in ihnen haben.

Christus höre uns.

A: Christus erhöre uns

LIED

V. Station:

Jesus betet am Ölberg

AUS DEM EVANGELIUM NACH MATTHÄUS (26, 36-39)Darauf kam Jesus mit den Jüngern zu einem Grundstück, dasman Getsemani nennt, und sagte zu ihnen: Setzt euch undwartet hier, während ich dort bete. Und er nahm Petrus unddie beiden Söhne des Zebedäus mit sich. Da ergriff ihn Angstund Traurigkeit, und er sagte zu ihnen: Meine Seele ist zuTode betrübt. Bleibt hier und wacht mit mir! Und er ging einStück weiter, warf sich zu Boden und betete: Mein Vater, wennes möglich ist, gehe dieser Kelch an mir vorüber. Aber nichtwie ich will, sondern wie du willst.

GEDANKEN ZUM TEXTZum ersten Mal ist Jesus sichvoll bewusst, dass sein Todunmittelbar bevorsteht.Obwohl seine Jünger bei ihmsind, weiß er, dass er in dieserStunde allein sein wird. DieEinsamkeit, die Erfahrungdes Verlassen-werdens imAngesicht der Gegner, dieTodesangst und dieTodestrauer über-wältigenihn. Aber im Augenblickseiner tiefsten Trostlosigkeitzeigt Jesus, dass seinVertrauen in Gott noch tieferist als seine Qual. Nie verliertJesus seinen Glauben, dassGott gegenwärtig ist und ihnbegleitet, selbst wenn es soschein als wäre er abwesend.

Der Asylant fühlt sich oft wie Jesus am Ölberg; er fühlt sichallein, verlassen, verraten, frustriert, hoffnungslos, weil erniemanden kennt und seine Familie weit fort lebt. Er weiß,was er verlassen hat, aber nicht, was ihm die Zukunft bringenwird. Die Einwanderer und die Flüchtlinge würden gernUnterstützung sowie Begleitung erfahren, doch bleiben sietrotz all derer, die sie umgeben, allein, weil man ihnen nichttraut oder weil man sie an den Rand drängt und diskriminiert.Wie Jesus finden sie im Gebet die Kraft ihre Einsamkeit undihren Frust ehrlich Ausdruck zu verleihen, finden aber auchdie Kraft trotz aller Schwierigkeiten und Problemevoranzuschreiten. Dabei entdecken sie, dass sie nur in Gottdie Energie finden, ihren Weg hoffend fortzusetzen.

Vaterunser

GEBETGuter Gott, wir danken dir für den unerschütterlichen Glaubendeines Sohnes Jesus, der sich im Glauben der Einwandererund Flüchtlinge widerspiegelt und die nicht aufhören gegenalle Hindernisse ihres Weges anzukämpfen. Hilf uns ihremBeispiel zu folgen, damit wir nicht vor den Problemen unseresLebensweges aufgeben. Das erbitten wir durch Christus,unseren Herrn. Amen

LIED

VI. Station:

Jesus wird gefangen genommen

AUS DEM EVANGELIUM NACH MATTHÄUS (26, 47-50)Während er noch redete, kam Judas, einer der Zwölf, mit einergroßen Schar von Männern, die mit Schwertern und Knüppelnbewaffnet waren; sie waren von den Hohenpriestern und denÄltesten des Volkes geschickt worden. Der Verräter hatte mitihnen ein Zeichen verabredet und gesagt: Der, den ich küssenwerde, der ist es; nehmt ihn fest. Sogleich ging er auf Jesus zuund sagte: Sei gegrüßt, Rabbi! Und er küsste ihn. Jesuserwiderte ihm: Freund, dazu bist du gekommen? Da gingensie auf Jesus zu, ergriffen ihn und nahmen ihn fest.

GEDANKEN ZUM TEXTJesus, ein friedfertiger Mensch, ein Mensch der mit Wortenund Taten die Liebe Gottes zu allen Menschen predigte, istwie ein Verbrecher, ein Krimineller verhaftet worden. Mitanderen Worten Jesus ist ungerechterweise gefangengenommen. Die Behörden präsentieren ihn als einenMenschen, der den Namen Gottes profanisiert und das Volkverführt. Aber was Jesus tat, war lediglich, die Güte und dasunendliche Erbarmen Gottes zu verkünden, das sich in einemReich der Gerechtigkeit, des Friedens, der Freiheit und derHarmonie verwirklicht.

Asylanten erleben häufig ähnliche Situationen derGewalttätigkeit. Wie viele von ihnen verlassen nicht ihreHäuser, weil sie befürchten, verhaftet zu werden? Wie vielemachen die traurige und erniedrigende Erfahrung gefesselt undverhaftet zu werden, wie Kriminelle behandelt zu werden ohnezu verstehen, warum dies alles mit ihnen geschieht? Warumwerde ich gefangen genommen? Ich habe doch nichts Bösesgetan! Warum?

Vaterunser

GEBETGott, Vater der Freiheit, wir bitten dich für die Einwandererund die Flüchtlinge, die ungerechterweise verhaftetet wurdenso als wären sie Kriminelle, und für jene, die in Angst leben,verhaftet zu werden. Erfülle sie mit der Kraft und dem Trostdeines Geistes. Tröste die Angehörigen, die mit derBeklemmung leben müssen, dass einer ihrer Lieben gefangengenommen wurde. Gib ihnen den Mut sich für diese Personeneinzusetzen, die in der Gesellschaft keine Stimme haben, weilsie als „Illegale” gelten. Das erbitten wir durch Christus,unseren Herrn. Amen

LIED

VII. Station:

Jesus wird vom Hohenpriesterund den Ältesten verhört

AUS DEM EVANGELIUM NACH MATTHÄUS (26, 59-63)Die Hohenpriester und derganze Hohe Rat bemühtensich um falscheZeugenaussagen gegenJesus, um ihn zum Todverurteilen zu können. Sieerreichten aber nichts,obwohl viele falscheZeugen auftraten. Zuletztkamen zwei Männer undbehaupteten: Er hat gesagt:Ich kann den Tempel Gottesniederreißen und in dreiTagen wieder aufbauen. Dastand der Hohepriester aufund fragte Jesus: Willst dunichts sagen zu dem, wasdiese Leute gegen dichvorbringen? Jesus aberschwieg. Darauf sagte derHohepriester zu ihm: Ichbeschwöre dich bei dem lebendigen Gott, sag uns: Bist du derMessias, der Sohn Gottes?

GEDANKEN ZUM TEXTJesus steht vor dem Hohen Rat. Er hört die falschenAnschuldigungen, die gegen ihn erhoben werden. Auf diegekauften Zeugen, auf ihre Lügen antwortet Jesus mitSchweigen. Er findet keine Worte mehr für so vielUngerechtigkeit und Korruption. Die Worte haben ihren Sinn

verloren, weil sie nicht der Wahrheit sondern dem Betrugdienen.

Im Verhör Jesu spiegeln sich die Verhöre so vieler Asylanten,die Opfer falscher Beschuldigungen sind, die tausende vonFragen durch die Polizei. Sie werden gefangen gehalten, bisRichter einen legalen Weg gefunden haben, sie abzuschieben.Dann die Befragung durch Intellektuelle, um Statistiken undStudien zur Einwanderung erstellen zu können. Die einzigeMöglichkeit gegen eine solche Behandlung zu protestieren istoft nur das Schweigen der Asylanten, weil sie müde sind undnicht verstehen, warum die Menschen ihre Situation, ihrenSchmerz und ihre Leiden nicht verstehen.

Vaterunser

GEBETGuter Gott, befreie uns von der Versuchung die Asylanten alsSündenböcke, als Objekte unserer Anklagen oder sie fürpolitische und soziale Kampagnen zu missbrauchen. Schenkeuns den Geist des Mitgefühls, damit wir das Leid dieserMenschen besser verstehen, die Heimat und Familie verlassenhaben, um eine bessere Zukunft zu suchen. Das erbitten wirdurch Christus, unseren Herrn. Amen

LIED

VIII. Station:

Jesus wird zum Tod verurteilt

AUS DEM EVANGELIUM NACH MARKUS (15, 6-15)Jeweils zum Fest ließ Pilatus einen Gefangenen frei, den dieMenge sich ausbitten durfte. Damals saß gerade ein Mannnamens Barabbas im Gefängnis, zusammen mit anderenAufrührern, die bei einem Aufstand einen Mord begangenhatten. Die Volksmenge zog(zu Pilatus) hinauf und bat,ihnen die gleiche Gunst zugewähren wie sonst. Pilatusfragte sie: Wollt ihr, dass ichden König der Judenfreilasse? Er merktenämlich, dass dieHohenpriester nur aus NeidJesus an ihn ausgelieferthatten. Die Hohenpriesteraber wiegelten die Mengeauf, lieber die Freilassungdes Barabbas zu fordern. Pilatus wandte sich von neuem ansie und fragte: Was soll ich dann mit dem tun, den ihr denKönig der Juden nennt? Da schrieen sie: Kreuzige ihn! Pilatusentgegnete: Was hat er denn für ein Verbrechen begangen?Sie schrieen noch lauter: Kreuzige ihn! Darauf ließ Pilatus,um die Menge zufrieden zu stellen, Barabbas frei und gab denBefehl, Jesus zu geißeln und zu kreuzigen.

GEDANKEN ZUM TEXTDie Strafe Jesu überrascht nicht. Der Unschuldige erhält dieHöchststrafe durch ein soziales und religiöses System, dasdurch und durch blind und korrupt ist.

Die Todesstrafe wiederholt sich, wenn unzählige Arbeiter undihre Familien von der Möglichkeit ein menschenwürdigesLeben in ihrem Land führen zu können, ausgeschlossenwerden. Das Todesurteil wird erneut angewandt, wennBehörden Beschlüsse fassen, welche die Arbeiter dazuverurteilen, durch Hunger, Kälte, Müdigkeit undFlüssigkeitsmangel in den Bergen oder Wüsten, erstickt in denWasserkanälen und in den Grenzflüssen zu sterben. DasTodesurteil wird in den offiziellen Einwanderungsgesetzen inKraft gesetzt, die den Asylanten Grundrechte undMenschenwürde verweigern, sie zu einem Leben imUntergrund und von Gesetzlosen verurteilen, sie öffentlich inVerruf bringen.

Paradoxerweise merken wir nicht, dass in der Verurteilung Jesuzum Tode es die gleichen Machtsysteme, die andere an denRand drängen und ausschließen. Sie stellen sich selbst aberdamit bloß, weil sie es sind, die gegen den Willen Gotteshandeln, der das Leben in Fülle für alle Menschen ist (Joh 10,10).

Vaterunser

GEBETGerechter Vater, wir bitten dich für die Regierenden unsererGesellschaft, für jene, welche die Macht haben Entscheidungenzu treffen und die Regeln festlegen, die unsere Gemeinschaftbestimmen. Wecke in ihnen den Geist der Gerechtigkeit, damitunsere Gesetze allen ein Leben in Recht und Würde, wie esjeder Person entspricht, ermöglichen. Hilf uns, dass wir inunserer Gesellschaft vor allem das Leben der Armen, derSchwächsten und der Bedeutungslosen schützen. Das erbittenwir durch Christus, unseren Herrn. Amen

LIED

IX. Station:

Jesus fällt unter der Last des Kreuzes

AUS DEM EVANGELIUM NACH LUKAS (23, 27-28.32)Es folgte eine große Menschenmenge, darunter auch Frauen,die um ihn klagten und weinten. Jesus wandte sich an sie undsagte: Ihr Frauen von Jerusalem, weint nicht über mich; weintüber euch und eure Kinder! Zusammen mit Jesus wurden auchzwei Verbrecher zur Hinrichtung geführt

GEDANKEN ZUM TEXTUngerecht verurteilt, mussJesus selbst das schwereKreuz tragen, an dem ersterben wird. Aber mehr alsdas Kreuz lasten die hartenSchläge, die er erhält; er derBetrug, Verrat, dieMutlosigkeit, die Feigheitseiner eigenen Jünger unddie grausamenErniedrigungen. Der Weghinauf zum Kalvarienbergist lang und furchtbar; Jesuserträgt den Schmerz nichtmehr: er fällt.

Wie oft sind die Asylanten auf ihrem Weg gefallen? Wie vieleOpfer mussten sie bringen? Wie oft brachten sie ihr Leben inGefahr, um ihr Ziel zu erreichen? Oft verwandelt sich der Wegins Land der Verheißung in einen Kreuzweg, in einen Wegvoller Hindernisse und Gefahren. Nur der lebendige Glaubean Gott, gibt uns Kraft, das erdrückende Schicksal zu ertragenund auf unserem Weg voranzugehen.

Vaterunser

GEBETGott des Lebens, beschütze deine asylsuchenden Töchter undSöhne auf ihrem risikoreichen und schwierigen Weg. Hilf ihnendie Hindernisse, denen sie begegnen, zu überwinden und lasssie gute und würdige Arbeit mit einem gerechten Lohn finden.Lass nicht zu, dass die Familien der Asylanten getrennt oderauseinander gerissen werden. Begleite sie und inNiedergeschlagenheit richte du sie wieder auf, damit sie ihrZiel erreichen und ihre Träume verwirklichen können. Daserbitten wir durch Christus, unseren Herrn. Amen

LIED

X. Station:

Simon von Zyrene hilft Jesus das Kreuz tragen

AUS DEM EVANGELIUM NACH LUKAS (23, 26)Als sie Jesus hinausführten, ergriffen sie einen Mann ausZyrene namens Simon, der gerade vom Feld kam. Ihm ludensie das Kreuz auf, damit er es hinter Jesus hertrage.

GEDANKEN ZUM TEXTJesus ist geschwächt, so entkräftet durch all das, was ihmwiderfahren ist, dass er das Kreuz nicht mehr allein zu tragenvermag. Da kommt Simon von Zyrene vorbei: er macht nichtviel Aufhebens oder Außergewöhnliches, sondern hilft aufstille Weise Jesus seinen qualvollen Weg zu gehen. Dieseschlichte Tat des Simon ist wichtig, weil sie uns an all diePersonen erinnert, die im Verborgenen ihren Glaubenkonsequent leben sowie anderen konkret helfen. Es gibt gute

Menschen in der Welt, es gibt einfache Menschen, die ihremLeben Gutes tun, die ein Gespür für die Asylanten entwickeln,sie unterstützen, indem sie ihnen zu essen geben, sie gastlichaufnehmen, und ihnen vor allem die Hoffnung geben, dass sienicht allein sind, weil Liebe und Mitmenschlichkeit existieren.Mit Simon von Zyrene lädt Gott uns ein, „Zyrener derGegenwart” zu sein, Personen mit offenen und mitfühlendenHerzen.

Vaterunser

GEBETBarmherziger Gott, lass uns die Asylanten nicht in Einsamkeit,Verlassenheit und Hoffnungslosigkeit alleine lassen. Lehre uns,mit Solidarität, Mitgefühl und Offenherzigkeit zu leben. Lehreuns, den Egoismus zu überwinden, damit wir im Geiste derDemut bereit sind, die Asylanten, die unter uns leben, zubegleiten. Das erbitten wir durch Christus, unseren Herrn.Amen

LIED

XI. Station:

Jesus wird seiner Kleider beraubt

AUS DEM EVANGELIUM NACH JOHANNES (19, 23-24)Nachdem die SoldatenJesus ans Kreuz geschlagenhatten, nahmen sie seineKleider und machten vierTeile daraus, für jedenSoldaten einen. Sie nahmenauch sein Untergewand, dasvon oben her ganzdurchgewebt und ohneNaht war. Sie sagtenzueinander: Wir wollen esnicht zerteilen, sonderndarum losen, wem esgehören soll. So sollte sichdas Schriftwort erfüllen: Sie verteilten meine Kleider untersich und warfen das Los um mein Gewand.

GEDANKEN ZUM TEXTJesus ist auf dem Kalvarienberg, dem Ort seiner Hinrichtung,angekommen. Auch hier findet die Erniedrigung undEntwürdigung des zum Tod verurteilten kein Ende. Sie raubenihm auch noch das Letzte, was ihm geblieben war, seinerKleider. Diese Handlung sagt mehr aus als es scheint: DenVerurteilten seiner Kleider berauben, bedeutet nicht nur seinewenigen Habseligkeiten, die ihm noch geblieben sind, zunehmen, sondern zeigt in aller Öffentlichkeit, dass man imdie Würde, die Ehre, die Rechte eines Menschen abspricht.

Im entblößten Herr spiegelt sich das Bild unserer Schwesternund Brüder, die bei uns Asyl suchen und auf ihrem Weg zuuns alles verloren haben: Geld, Ausweis durch

Schleußerbanden und Diebe, durch Polizei oder korrupteBehörden, die angeblich die Verantwortung tragen, ihre Rechtezu schützen. Mit Abscheu denken wir daran, dass Frauen, dieAsyl suchen, Gewalt angetan wurde und die mit ihremphysischen und seelischen Schmerz in einer Gemeinschaftleben, die zu alledem schweigt. Oft sind wir es sogar wir selbst,die Asylanten entblößen, sie auf legalem Weg ihrer Würdeberauben. So manches Mal verachten wir sie, beschuldigensie öffentlich, diskriminieren oder erniedrigen sie. Wir habenes verlernt hinter all dem den entblößten Herrn zu sehen.

Vaterunser

GEBETEinfühlsamer Gott, wir legen das Leben der Asylanten in deineHände, besonders das derjenigen die am meisten an denKonsequenzen und Kosten der Einwanderung leiden, dievollständig auf diesem Weg entblößt wurden. Du weißt umdie Ausbeutung, die Erniedrigung und den Missbrauch, densie erlitten haben. Du kennst ihre Traurigkeit die der TraurigkeitJesu gleicht, als er in aller Öffentlichkeit seiner Kleider undseiner Würde beraubt wurde. Heile ihre Wunden durch dieKraft deiner Liebe. Verwandle unsere Herzen aus Stein inHerzen aus Fleisch, damit wir das Schweigen über die legaleEntblößung brechen, welches die Asylanten am meistenverwundet. Das erbitten wir durch Christus, unseren Herrn.Amen

LIED

XII. Station:

Jesus wird mit zwei Verbrechern gekreuzigt

AUS DEM EVANGELIUM NACH MARKUS (15, 25-27)Es war die dritteStunde, als sie ihnkreuzigten. EineAufschrift (auf einerTafel) gab seine Schuldan: Der König derJuden. Zusammen mitihm kreuzigten sie zweiRäuber, den einenrechts von ihm, denandern links.

GEDANKEN ZUM TEXTWir haben uns so daran gewöhnt Kreuze in Kirchen, inHäusern, an Halsketten zu sehen, dass wir den ursprünglichenSinn dieses so alltäglichen Gegenstandes manchmal vergessenund er sich in ein sinnloses Symbol verwandelt. Das Kreuzwar das Zeichen tiefster Verachtung und der öffentlichenRache, weil die Kreuzigung die Todesstrafe für Kriminelleund Sklaven war. Jesus wurde bis zum Schluss als Kriminellerbehandelt und, um dies noch zu unterstreichen, kreuzigten ihnseine Gegner zwischen zwei Verbrechern. Jesus, demPropheten der Liebe und der Gerechtigkeit, blieb nicht einmalder gute Ruf, den er beim Volk genoss, vor dem er tagtäglichvom Kommen des Reiches Gottes gesprochen hatte.

Was damals mit Jesus geschah, wiederholt sich heute mit denAsylanten. Die Begriffe, die man verwendet, hinterlassen denEindruck, als wenn nicht von Menschen gesprochen würde,als hätten sie als Illegale keine Existenzberechtigung. Sie sindKriminelle, denen man alles Übel unserer Gesellschaft in die

Schuhe schiebt. Wir erinnern uns der Worte des ProphetenJesajas, der über den Gottesknecht sagt: „Er wurde verachtetund von den Menschen gemieden, ein Mann voller Schmerzen,mit Krankheit vertraut. Wie einer, vor dem man das Gesichtverhüllt, war er verachtet, wir schätzten ihn nicht” (Jes 53, 3).Wir bitten um Vergebung für so viele Male wo wir durchegoistisches oder gleichgültiges Verhalten den Asylanten dieMenschenwürde abgesprochen haben.

Vaterunser

GEBETGott der Wahrheit, gib uns neue Augen und neue Worte, damitwir unsere Asyl suchenden Schwestern und Brüder nicht mehrals Verbrecher betrachten. In deinen Vateraugen sind nur derEgoismus, die Gewalt, das Unrecht und die Ausbeutung illegal.Gib uns den nötigen Mut, den eigenen Egoismus zu besiegen.Das erbitten wir durch Christus, unseren Herrn. Amen

LIED

XIII. Station:

Frauen stehen unter dem Kreuz

AUS DEM EVANGELIUM NACH JOHANNES (19, 25-27)Bei dem Kreuz Jesu standen seine Mutter und die Schwesterseiner Mutter, Maria, die Frau des Klopas, und Maria vonMagdala. Als Jesus seine Mutter sah und bei ihr den Jünger,den er liebte, sagte er zu seiner Mutter: Frau, siehe, dein Sohn!Dann sagte er zu dem Jünger: Siehe, deine Mutter! Und vonjener Stunde an nahm sie der Jünger zu sich.

GEDANKEN ZUM TEXTJesus hängt sterbend am Kreuz, verlassen von seinen Freundenmit Ausnahme einiger Frauen, die den Mut hatten bis zumbitteren Ende bei ihm zu bleiben. Hier, am Fuße des Kreuzesfinden wir eine „Mama”, die aufblickt zu ihrem geliebten,sterbenden Sohn, der von den Menschen verachtet, in allerÖffentlichkeit entehrt und von seinen besten Freunden

verlassen wurde. Diese Mutter versteht nicht, warum ihr Sohnin der Fülle seines Lebens so grundlos, so sinnlos, sterbenmuss. Ihr Kummer, ihr Schmerz sind so groß, dass sie keineWorte findet; aber ihre mütterliche Liebe, eine zärtliche unddoch unbesiegbare Liebe, geben ihr die Kraft mutig unter demKreuz bei ihrem Sohn auszuharren bis zur letzten Minute.Bei dieser Station erinnern wir uns all der Frauen, die wie dieMutter Jesu mutig in Richtung des gelobten Landes alsEinwanderer weitergehen. Wir erinnern uns der Mütter, dieihre Kinder gehen sehen und beten, es möge ihnen nicht Bösesgeschehen. Wir erinnern uns derer, die nicht wissen, wo ihreKinder sind, darunter leiden, nicht zu wissen, ob sie vermisstoder tot sind. Wir erinnern uns der Frauen, die zu Hausebleiben, um die Familie zu ernähren, sich aufopfernd derErziehung der Kinder widmen, ohne mit der moralischenUnterstützung oder der Gegenwart ihrer Männer rechnenkönnen. Wir erinnern uns der Frauen, die sich mit ihrenSäuglingen und Kindern auf den Weg machen, um mit ihrenMännern vereint wieder den Traum der familiären Einheit zuverwirklichen. Wir erinnern uns der Mädchen, die ohne dieLiebe und Zuneigung ihrer Väter aufwachsen müssen.

Vaterunser

GEBETMaria, Mutter von Guadalupe und unsere Mutter, beschützemit deiner mütterlichen Liebe die Frauen, die mit ihren Kindernauf dem Weg sind. Begleite alle Frauen, die allein gebliebensind und sich einsetzen, um ihre Kinder zu versorgen. Lassnicht zu, dass die Einheit der Familie auf Grund der Entfernungoder der Trennung zerstört wird. Deine mütterliche Zuneigungsei das unüberwindliche Band der Einheit zwischen denAsylanten und ihren Familien.Du, unsre Mutter, erhöre uns!LIED

XIV. Station:

Jesus stirbt am Kreuz

AUS DEM EVANGELIUM NACH MATTHÄUS (27, 45-50)Die anderen aber sagten: Lass doch, wir wollen sehen, ob Elijakommt und ihm hilft. Jesus aber schrie noch einmal laut auf.Dann hauchte er den Geist aus.

GEDANKEN ZUM TEXTJesus stirbt in totaler Verachtung. Seine Gegner machen sichüber ihn lustig. Jesus stirbt und schreit sein Leid, seineEinsamkeit in der sie ihn gelassen haben und dieGleichgültigkeit gegenüber unverschuldetem Leiden in dieWelt hinaus. Sein Schrei steht für den Schrei der gekreuzigtenVölker, die in Armut, Elend, Unterdrückung und Ausbeutungleben, während einige wenige Reiche reicher werden.Egoismus, Verrohung sowie Unmenschlichkeit ziehen immerweitere Kreise. Wo ist da Gott? Gott, der abwesend scheint,ist genau da, wo wir ihn nicht vermuten oder nicht antreffenmöchten: er hängt am Kreuz, verblutet. Er leidet mit Jesus

und mit der gesamten, verwundeten Menschheit. Denken wirin Stille an alle verstorbenen Asylanten, vor allem jener, dieauf ihrem Weg umgebracht wurden.

In und mit ihnen stirbt Jesus auch heute noch.

Vaterunser

GEBETGott des Lebens, nimm die Frauen, Männer und Kinder indeine Arme auf, die sich Asyl suchend auf den Weg gemachthaben und starben. Tröste die zurückbleibenden Angehörigen,damit der Tod ihren Lieben ihnen nicht die Hoffnung auf dasLeben raubt. Hilf uns, dass wir das Leben schützen und unsallen Gesetzen entgegenstellen, die den Tod vonAsylsuchenden verursachen. Das Kreuz deines Sohnes sei füruns ein Protestschrei gegen jedes ungerechte Sterben. Es istein Symbol neuen Lebens für alle. Das erbitten wir durchChristus, unseren Herrn. Amen

LIED

XV. Station:

Der auferstandene Herr begleitet seine Jünger

AUS DEM EVANGELIUM NACH LUKAS (24, 13-32)Am gleichen Tag waren zwei von den Jüngern auf dem Wegin ein Dorf namens Emmaus, das sechzig Stadien vonJerusalem entfernt ist. Sie sprachen miteinander über all das,was sich ereignet hatte. Während sie redeten und ihreGedanken austauschten, kam Jesus hinzu und ging mit ihnen.Doch sie waren wie mit Blindheit geschlagen, sodass sie ihnnicht erkannten. Er fragte sie: Was sind das für Dinge, überdie ihr auf eurem Weg miteinander redet? Da blieben sie traurigstehen, und der eine von ihnen - er hieß Kleopas - antworteteihm: Bist du so fremd in Jerusalem, dass du als einziger nichtweißt, was in diesen Tagen dort geschehen ist? Er fragte sie:Was denn? Sie antworteten ihm: Das mit Jesus aus Nazaret.Er war ein Prophet, mächtig in Wort und Tat vor Gott und demganzen Volk. Doch unsere Hohenpriester und Führer habenihn zum Tod verurteilen und ans Kreuz schlagen lassen. Wiraber hatten gehofft, dass er der sei, der Israel erlösen werde.Und dazu ist heute schon der dritte Tag, seitdem das allesgeschehen ist. Aber nicht nur das: Auch einige Frauen ausunserem Kreis haben uns in große Aufregung versetzt. Siewaren in der Frühe beim Grab, fanden aber seinen Leichnamnicht. Als sie zurückkamen, erzählten sie, es seien ihnen Engelerschienen und hätten gesagt, er lebe. Einige von uns gingendann zum Grab und fanden alles so, wie die Frauen gesagthatten; ihn selbst aber sahen sie nicht.

Da sagte er zu ihnen: Begreift ihr denn nicht? Wie schwerfällt es euch, alles zu glauben, was die Propheten gesagt haben.Musste nicht der Messias all das erleiden, um so in seineHerrlichkeit zu gelangen? Und er legte ihnen dar, ausgehendvon Mose und allen Propheten, was in der gesamten Schriftüber ihn geschrieben steht. So erreichten sie das Dorf, zu dem

sie unterwegs waren. Jesus tat, als wolle er weitergehen, abersie drängten ihn und sagten: Bleib doch bei uns; denn es wirdbald Abend, der Tag hat sich schon geneigt. Da ging er mithinein, um bei ihnen zu bleiben. Und als er mit ihnen bei Tischwar, nahm er das Brot, sprach den Lobpreis, brach das Brotund gab es ihnen. Da gingen ihnen die Augen auf und sieerkannten ihn; dann sahen sie ihn nicht mehr. Und sie sagtenzueinander: Brannte uns nicht das Herz in der Brust, als erunterwegs mit uns redete und uns den Sinn der Schrifterschloss?

GEDANKEN ZUM TEXTNach Jesu Tod bleibt seinen Jüngern ein Gefühl von Schuld,Verwirrung und Enttäuschung. Die Jünger, die auf dem Wegnach Emmaus sind, glaubten, dass Jesus der große Befreiersei, den sie schon so lange erwarteten. Aber der Tod am Kreuz,dieser Tod der Schande scheinbar so sinnlos, zerstörte all ihreHoffnungen. Jesu Tod lässt sie ohne jeglichenOrientierungspunkt, ohne Enthusiasmus zurück. Auch dieNachricht der Frauen, dass sie den Körper Jesu nicht fanden,sondern ihnen nur ein Engel erschienen sei, der sagte, er lebe,ließ sie verwirrt zurück. Jesus nähert sich ihnen und erklärtihnen den Sinn dieser menschlich so absurden Vorkommnisse.Er teilt das Brot mit ihnen. In diesem Moment erkennen sieihn und begreifen, dass der Gott des Lebens den Tod besiegthat. Entgegen allem Anschein hat er sie nie verlassen.

Der auferstandene Herr ist auch heute noch mit uns, seinempilgernden Volk unterwegs, aber manchmal spüren wir seineGegenwart nicht. Er zeigt uns den Weg zum gelobten Landund erläutert uns den tieferen Sinn des Geschehens. Er machtsich selbst für uns zum Weg, damit wir fähig werden, alles mitden Augen des Glaubens sehen.

Vaterunser

GEBETGott, unser Wegbegleiter, wirdanken dir, dass wir dich heutebegleiten durften. Du gehst mitAsylanten auf dem schmerz-vollen Weg, der sich imKreuzweg deines Sohneswiderspiegelt. Hilf uns, alle, dieunterwegs sind, in ihrer Situationbesser zu verstehen, damit wir siemit Liebe begleiten können.Wir wissen, dass der Tod nichtdas letzte Wort hat, sondern in dirdas Leben triumphieren wird.Hilf uns, deinen auferstandenenSohn in unseren wanderndenSchwestern und Brüdern zuerkennen.Erwecke in uns den Wunsch,geschwisterlicher zu leben.Wecke in uns die Liebe, mit derdu uns geliebt hast, eine Liebe,die keine Grenzen kennt, dienicht nach Rassen, Kulturen,Nationalität oder Religionenunterscheidet.Lenke unsere Schritte deinemReich entgegen, wo niemandfremd ist, weil wir alle eineMenschheitsfamilie sind: du derdu wie eine gute Mutter und guterVater für uns da bist. Das erbittenwir durch Christus, unserenHerrn. Amen.

LIED