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Es ist wie ein Wunder: Aus zwei winzigen Zellen entwickelt sich ein vollständiger Mensch. vive Wissen – Schwangerschaft Ihr vivesco Apotheker präsentiert: Entwicklung, Teil I vive 13_13 43 Ab der fünften Schwan- gerschaftswoche beginnt das Herz zu schlagen. Ab der sechsten Woche ist der Herz- schlag im Ultraschall sichtbar. Ab der vierten Woche bilden sich die inneren Organe wie Lunge, Schild- drüse, Niere und Gallen- blase. Das winzige Gesicht beginnt sich zu formen. Bei der Befruchtung trifft ein Spermium mit einer Größe von 0,05 Millimetern auf die 250.000-mal größere Eizelle. Bereits einen Tag da- nach beginnt sich die befruch- tete Eizelle zu teilen. FOTO: HEMERA / THINKSTOCK

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Es ist wie ein Wunder: Aus zwei winzigen Zellen entwickelt sich ein vollständiger Mensch.

vive Wissen – Schwangerschaft

Ihr vivesco Apotheker präsentiert:Entwicklung, Teil I

vive 13_13 43

Ab der fünften Schwan-gerschaftswoche beginnt das Herz zu schlagen. Ab der sechsten Woche ist der Herz-

schlag im Ultraschall sichtbar.

Ab der vierten Woche bilden sich die inneren Organe wie Lunge, Schild-drüse, Niere und Gallen-blase. Das winzige Gesicht beginnt sich zu formen.

Bei der Befruchtungtrifft ein Spermium mit einer Größe von 0,05 Millimetern

auf die 250.000-mal größere Eizelle. Bereits einen Tag da-

nach beginnt sich die befruch-tete Eizelle zu teilen.

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Alles auf AnfangFreude, Unsicherheit, Glück, Angst – die erste reaktion auf einen positiven Schwangerschaftstest ist ein Wirbelsturm der Gefühle. Bringt doch das neue Leben ziemlich viel im Alltag der Eltern durcheinander. Der Beginn einer spannenden Zeit.

TExT: Dr. PETrA KITTnEr FAcHLicHE prüFUNG: Prof. Dr. mED. Prof. h. c. chrISTof Sohn

Viele frauen spüren schon recht früh, dass etwas anders ist: Sie sind oft müde, haben ein flaues Gefühl im magen oder Übelkeit und die Brüste spannen. Das be-kannteste Anzeichen ei-ner Schwangerschaft ist jedoch das Ausbleiben der regel. Einige Frauen fühlen auch ein Dicker-werden des Halses, was durch die Größenzunah-me der Schilddrüse be-dingt ist. Früher haben Mütter ihren Töchtern des-halb als „überwachung“ ein Samthalsband geschenkt. Saß dieses plötzlich straff am Hals, war das für die Mütter ein Zeichen, dass ein kind unterwegs sein könnte. End-gültige Sicherheit für eine Schwangerschaft bringen letztendlich aber nur Schwangerschaftstest und Ul-traschalluntersuchung beim Arzt.

Die ersten StundenZur Befruchtung kommt es frühestens 24 Stun-den nach dem Sex. Von den circa 100 bis 400 Milli-onen Spermien, die in die Scheide gelangen, stirbt ein Großteil ab, denn das saure Milieu der Scheide ist äußerst „spermienfeindlich“. Nur einige Hundert Spermien erreichen überhaupt den Eileiter und können dort bis zu vier Tage überleben, falls keine Eizelle vor-handen ist. Auf dem Weg zum Eileiter durchlaufen sie einen reifungsprozess, erst dann sind sie tatsäch-lich zeugungsfähig. Wie genau die Spermien die Ei-zelle finden, ist noch nicht bekannt. Vermutlich spie-len spezielle Duftstoffe eine rolle. Das Spermium muss nun zunächst eine Schicht aus Follikelzellen

und Glykoproteinen durchdringen, be-vor es mit der Eizelle verschmelzen

kann. Der männliche und der weibliche chromosomensatz

vereinigen sich, sodass die befruchtete Eizelle (Zygote) das Erbgut beider Eltern in sich trägt. Einen Tag spä-ter beginnt die Zygo-te mit der Zellteilung. Nach circa drei Tagen erreicht sie die Gebär- mutter, wo sie sich ein-

nistet. Nun beginnt die ei-gentliche Schwangerschaft.

Die Rolle der Geneim menschlichen Erbgut – in den Ge-

nen – liegt der Bauplan des Lebens. Von jedem Elternteil werden je 23 chromosomen an das kind weitergegeben, auf denen sich insgesamt cir-ca 25.000 Gene befinden. Sie sind u. a. für das äu-ßere Erscheinungsbild zuständig, entscheiden also darüber, welche Haarfarbe und Augenfarbe das kind später haben wird, für welchen körperbau oder wel-che Größe es veranlagt ist. Auch die Ursache vieler krankheiten liegt in den Genen. So weiß man inzwi-schen, dass die Veranlagung für familiär bedingten Brustkrebs genetisch bedingt ist. Dank moderner Di-agnosemöglichkeiten kann eine Frau heute mittels Gentest ihr individuelles Brustkrebsrisiko bestimmen lassen. Auch die pränataldiagnostik macht sich das Wissen um die Gene zunutze: Mithilfe einer Frucht-wasser-Untersuchung können Embryonen ab der 13. Schwangerschaftswoche auf genetische krank-heiten wie Trisomie 21 untersucht werden. Seit knapp zwei Jahren ist auch ein Bluttest möglich, der Trisomie 13, 18 und 21 beim Ungeborenen feststellen

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kann. ist die Schwangere über 40 Jahre alt, ist das ri-siko für genetische Erkrankungen erhöht.

Mädchen oder Junge?Ob das kind ein Junge oder Mädchen wird, entschei-det sich durch die Zusammensetzung der Geschlechts-chromosomen. Der Mensch besitzt zwei Arten von Geschlechts-chromosomen: Das x-chromosom und das Y-chromosom. Jede körperzelle des Menschen enthält neben den sogenannten Autosomen (chromo-somen, die nicht an der Geschlechtsbestimmung be-teiligt sind) zwei Geschlechts-chromosomen: Männer ein x-chromosom und ein Y-chromosom, Frauen zwei x-chromosomen. Eizellen und Spermien enthalten nur die Hälfte an chromosomen und somit auch nur jeweils ein Geschlechts-chromosom. im Moment der Befruchtung verschmelzen die chromosomensätze von Ei und Spermium. Genau genommen bestimmt nun der Mann das Geschlecht des kindes, denn die Ei-zelle besitzt immer ein x-chromosom. Trägt das Sper-mium, das die Eizelle befruchtet, ein x-chromosom, hat der Embryo zwei x-chromosomen und entwickelt sich zum Mädchen. Trägt das Spermium hingegen ein Y-chromosom, so hat der Embryo ein x- und ein Y-chromosom und entwickelt sich deshalb zum Jungen.

Bei einem kleinen Teil der Befruchtungen kann es zu fehlverteilungen der chromosomen kommen. Die häufigste chromosomenanomalie ist die Trisomie 21, das Down-Syndrom. Das chromosom 21 ist hierbei dreifach in den körperzellen vorhanden. Die kinder haben typischerweise einen kleinen kopf, schräge Lid-spalten und eine verdickte Zunge. Menschen mit Tri-somie 21 sind in der regel geistig und körperlich ein-geschränkt.

Auch bei den Geschlechts-chromosomen können Fehlverteilungen vorkommen. Fehlt ein x-chromo-som spricht man vom Turner-Syndrom (oder x0-Mo-nosomie). Weil in den körperzellen nur ein einzelnes x-chromosom existiert, sind alle betreffenden perso-nen weiblich – mit einigen körperlichen Besonderhei-ten. Frauen mit Turner-Syndrom können ein normales Leben führen, bleiben jedoch aufgrund nicht funkti-onsfähiger Eierstöcke unfruchtbar.

Beim klinfelter-Syndrom gibt es im Zellkern ne-ben dem Y-chromosom zwei x-chromosomen. Die kinder entwickeln sich durch das Y-chromosom zu Jungen. Das zweite x-chromosom führt jedoch zu einer Störung der Hodenfunktion, wodurch zu we-nig Testosteron gebildet wird und Störungen in der Geschlechtsent wickung resultieren. Die Betroffenen sind meist nicht zeugungsfähig.

Bestimmung des GeburtsterminsJe nachdem, ob man vom ersten Tag der Periode oder vom Zeitpunkt der Empfängnis an rechnet, ergibt sich eine durchschnittliche Schwangerschaftsdauer von 280 bis 282 Tagen beziehungsweise 266 bis 267 Tagen. Da man den Zeitpunkt der Befruchtung nicht genau be-stimmen kann, zieht man zur Berechnung des Geburts-termins meist den ersten Tag der letzten Regelblutung heran. Allerdings bietet der errechnete Geburtstermin lediglich einen Anhaltspunkt: Nur etwa vier Prozent al-ler Geburten finden am errechneten Termin statt, 90 Pro-zent erfolgen bis zu drei Wochen davor und bis zu zwei Wochen danach und 9 Prozent aller Kinder kommen als Frühgeburt, vor Ende der 37. Schwangerschaftswoche, zur Welt. Die Terminberechnung nach der Naegele-Regel setzt vo-raus, dass das Datum der letzten Regelblutung bekannt ist und ein regelmäßiger Zyklus vorliegt. Bei einer Zykluslänge von 28 Tagen errechnet sich der Ter-min wie folgt: errechneter Geburtstermin = 1. Tag der letzten Regelblutung + 7 Tage − 3 Monate + 1 JahrBeispiel: 1. Tag der letzten Menstruation: 20.7.2012 plus 7 Tage = 27.7.2012 minus 3 Monate = 27.4.2012 plus 1 Jahr = 27.4.2013 (= voraussichtlicher Geburts termin).

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Vom Zweizeller zum BabyDas Wunder ist geschehen: Ein neuer und einzigartiger Mensch wächst heran. Bis zur Geburt hat das neue Leben neun monate Zeit, sich zu entwickeln und zu wachsen. Eine Zeit mit faszinierenden Vorgängen.

Weil die Schwangerschaft meist ab dem ersten Tag der letzten Periode berechnet wird, ist der Embryo beziehungsweise fötus zwei Wochen jünger, als es die Anzahl der Schwangerschaftswochen (SSW) ver-muten lässt.

1. Trimenon: Monate 1 bis 3Die ersten vier Wochen der Schwangerschaft werden auch als Blastemzeit bezeichnet. Während dieser Zeit teilt sich die befruchtete Eizelle und nistet sich in der Gebärmutter ein. Am Ende dieser phase ist der winzi-ge Embryo etwa drei Millimeter groß.

Ab der 5. Woche beginnt die eigentliche Embryo-nalzeit: Organanlagen entstehen, ab dem 22.Tag be-ginnt das Herz zu schlagen. kurz darauf bilden sich weibliche und männliche Urkeimzellen und wandern in den Eierstock beziehungsweise in die Hoden. Ab dem 26. Tag entstehen sich erste motorische Nerven-zellen; erste Synapsen sind ab dem 33. Tag vorhan-den. Am 28. Tag formen sich Armknospen, an denen sich Hände und Finger entwickeln. in der 9. bis 12. Woche werden die Formbildungsvorgänge der Emb-

ryonalzeit fortgesetzt. Der Fötus beginnt, Blut zu bil-den. Bis zum Ende der 10. Woche sind alle Organan-lagen vorhanden. Erste reaktionen auf reize sind möglich (zum Beispiel Saugreflex). Die Geschlechts-organe differenzieren sich. Am Ende des dritten Mo-nats misst das kind 5 Zentimeter und wiegt circa 30 Gramm.

2. Trimenon: Monate 4 bis 6Zu Beginn des 4. Monats sind alle organe ausgebil-det und müssen nur noch wachsen und ausreifen. Ein kleines Gesicht hat sich gebildet und das kind beherrscht bereits komplexe Bewegungsabläufe wie Schlucken, Daumen lutschen oder Stirn runzeln. Die proportionen passen sich an: Der bisher verhältnis-mäßig große kopf wächst langsamer als der restliche körper. Ab der 14. Schwangerschaftswoche sind die äußeren Geschlechtsorgane im Ultraschall erkennbar.

Ab dem 5. Monat ist die Haut vollständig mit einem Flaum (Lanugobehaarung) bedeckt, auf dem kopf ha-ben sich bereits Haare gebildet. Das Skelett verfestigt sich und die Zahnhartsubstanz (Zahnschmelz, Zahn-

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Eine Schwangerschaft wird in drei Drittel, sogenannte Trimena (Einzahl Trimenon), eingeteilt, also in drei Abschnitte von je etwa drei Monaten Dauer. Als Embryo bezeichnet man das Leben in der ersten Lebensphase, die bis zum Ende der 8. Woche dauert. Ab der 9. Woche spricht man vom Fötus.

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bein, Wurzeln) bildet sich aus. Das kind kann nun auch hören. Ab der 17. Woche nehmen manche Frau-en bereits erste Kindsbewegungen wahr.

Mit dem 6. Monat wird die Schwelle der Erleb-nisfähigkeit erreicht: Hirnströme sind messbar, das kind kann Schmerz, Druck, Vibration und Temperatur empfinden. Die Bewegungen werden kräftiger. Am Ende des 6. Monats ist das kind 28 Zentimeter groß und wiegt 500 bis 600 Gramm.

3. Trimenon: Monate 7 bis 10im letzten Drittel der Schwangerschaft nimmt das Baby weiterhin an Größe und Gewicht zu. Der Fötus lagert vermehrt Fett in das Unterhautfettgewebe ein, das nach der Geburt für die Wärmeisolierung wichtig ist. Ab der 27./28. Woche reagiert der Fötus auf akusti-sche reize. Jetzt ist das Baby prinzipiell lebensfähig, falls es als frühgeburt zur Welt kommen sollte. Das Ungeborene kann nun auch Stimmen unterscheiden und sich an diese erinnern. Die Augen sind beweg-lich und im EEG können Schlaf- und Wachphasen festgestellt werden. Viele Babys nehmen jetzt ihre Geburtsposition ein. Am Ende des 9. Monats bildet sich der letz-te Sinn aus: das Kind kann se-hen. im 10. Monat finden die finalen reifungsprozesse statt. Am Ende der Schwangerschaft ist das kind circa 50 Zentimeter groß und 3.500 Gramm schwer.

Frau und MutterDie Schwangerschaft ist auch für die Mutter eine Zeit großer Verände-rungen. Wachstum und Entwick-lung des kindes werden erst möglich, weil sich der weibli-che körper den Anforderun-gen der Schwangerschaft anpasst.

Beispielsweise nimmt die gesamte Flüssigkeits-menge im körper einer schwangeren Frau um rund acht Liter zu. Davon befin-

den sich 1 bis 1,5 Liter zusätzliches Blut im weibli-chen Blutkreislauf, um das ungeborene kind mit zu versorgen. Durch das erhöhte Blutvolumen steigt der puls der werdenden Mutter um fünf bis zehn Schläge pro Minute an. im ersten Schwangerschaftsdrittel be-ginnt das Milchdrüsengewebe zu wachsen, die Brust nimmt an Größe zu. im zweiten Drittel beginnen sich die Drüsenzellen auf die milchbildung umzustellen.

Gesteuert werden die Veränderungen im Wesentli-chen durch die hormone hcG (humanes choriongo-nadotropin), Östrogen und Progesteron.

Enorme Anforderungen werden an die Gebärmut-ter gestellt: Dieser kleine Muskel hat im Normalzu-stand einen Durchmesser von 10 Zentimetern und ein Gewicht von 50 Gramm. Bis zur Geburt steigt das Gewicht auf sagenhafte 1,5 kilogramm an. Um genü-gend kraft bei der Entbindung aufzubringen, trainie-ren die Muskeln der Gebärmutter schon recht früh: Erste, meistens nicht spürbare Kontraktionen begin-nen spätestens in der 20. Woche. Gegen Ende der Schwangerschaft sind die kontraktionen als Übungs-wehen deutlich zu spüren.

VorsorgeuntersuchungenNeben der Erstuntersuchung sieht die Schwanger-schaftsvorsorge regelmäßige Untersuchungen vor, die bis zur 32. Schwangerschaftswoche alle vier Wochen, danach alle zwei Wochen stattfinden:¡ Gewichts- und Blutdruckmessung¡ Untersuchung des Urins auf Blut-, Eiweiß-, Ni-

trit- oder Zuckergehalt und ggf. auf Bakterien¡ Bestimmung des Hämoglobingehaltes, Bestim-

mung der Erythrozyten, wenn der Hämoglobin-gehalt zu niedrig ist (< 11,2 g/ml)

¡ Feststellung des Höhenstandes des Gebärmut-terfundus

¡ Kontrolle der Herztöne des Kindes ¡ Feststellung der Lage des KindesDaneben führt der Arzt im Schwangerschaftsver-lauf drei große Ultraschalluntersuchungen durch: ¡ zwischen Beginn der 9. und Ende der 12. SSW¡ zwischen der 19. und der 22. SSW ¡ zwischen der 29. und der 32. SSWIn der 24. bis 27. Schwangerschaftswoche wird ein erneuter Antikörpersuchtest durchgeführt und ge-gebenenfalls Anti-D-Immunglobulin verabreicht.

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Eine tragende RolleDie Ernährung, der Verzicht auf Alkohol und Zigaretten spielen in der Schwan-gerschaft eine wichtige rolle. So fördern Mütter die Entwicklung ihres Babys.

nicht nur die Ernährung, auch der Lebensstil und die Umwelt üben durch die mutter indirekten Einfluss auf das Ungeborene aus. Deshalb ist es wichtig Al-kohol, Nikotin, Drogen, Strahlung, Stress, infektio-nen und bestimmte Medikamente in dieser Zeit zu meiden. Denn sie können zu schweren Missbildun-gen führen, besonders wenn sie in den ersten drei Schwangerschaftsmonaten auf die werdende Mutter einwirken.

in den ersten vier Wochen der Schwangerschaft gilt das Alles-oder-nichts-prinzip: Entweder ist die Störung schwerwiegend und es kommt zu einem Ab-ort (Fehlgeburt). Oder die geschädigten Zellen kön-nen durch andere Zellen ersetzt werden, dann kann sich das kind ganz normal weiterentwickeln.

rauchen ist in der Schwangerschaft tabu. Denn die im Tabakrauch enthaltenen Schadstoffe gelangen

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über den Mutterkuchen (plazenta) in den Blutkreis-lauf des kindes. kohlenmonoxid ist hochgiftig und reduziert die Versorgung des Ungeborenen mit Nähr-stoffen und Sauerstoff. krebserzeugende Stoffe wie polyzyklische aromatische kohlenwasserstoffe und Nitrosamine können genetische Schäden beim kind hervorrufen. Die Minderdurchblutung aller Gewebe führt zu Wachstums- und Entwicklungsstörungen des kindes und zu einer eingeschränkten Funktionsfähig-keit des Herzens. Weil das ungeborene kind Schad-stoffe weniger schnell abbauen kann und sein Stoff-wechsel beschleunigt ist, nimmt es vergleichsweise viel mehr Schadstoffe auf als ein Erwachsener. Die Folge ist ein erhöhtes risiko für Früh-, Fehl- und Tot-geburten, Missbildungen, Entwicklungsstörungen, Wachstumsstörungen, plötzlichen kindstod und ver-mutlich auch bösartige Erkrankungen wie Leukämie.

Die Gesundheit der Mutter, ihr Verhalten und ihre Ernährung in der Schwanger-schaft wirken sich maßgeblich auf das Wohl des ungeborenen kindes aus

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Auf Alkohol verzichtenÄhnliche Auswirkungen kann Alkoholkonsum wäh-rend der Schwangerschaft haben: Er ist heute häu-figste Ursache für kindliche Schäden. Entgegen der landläufigen Meinung, ein gelegentliches Gläschen könne nicht schaden, weiß man mittlerweile sicher, dass bereits kleine mengen Alkohol in der Schwan-gerschaft die körperliche und geistige Entwicklung des Kindes gefährden. Deshalb ist ein absoluter Ver-zicht in der Schwangerschaft unumgänglich.

Häufig werden die Folgen erst im Laufe der kind-heit sichtbar: intellektuelle und motorische Fehlent-wicklungen sowie Entwicklungsverzögerungen, die zu dauerhaften Beeinträchtigungen führen können. Die schwere Form einer alkoholbedingten Schädi-gung wird als Fetales Alkoholsyndrom bezeichnet und ist durch ein geringes Geburtsgewicht, körperli-che Missbildungen (Nierenschäden, Herzfehler), Ge-sichtsdeformationen, Verhaltens- und Entwicklungs-störungen gekennzeichnet. Etwa 4.000 kinder pro Jahr kommen mit fetalem Alkoholsyndrom zur Welt und sind lebenslang körperlich und geistig schwer-behindert.

Schwangere sollten sich daher bewusst machen, dass ihr ungeborenes kind völlig abhängig von ihnen ist und sich gegen schädliche Substanzen nicht weh-ren kann. Deshalb ist es wichtig, dass die werdende Mutter schädigende Stoffe meidet, um das Ungebo-rene zu schützen. Durch eine gesunde Lebensweise mit ausgewogener Ernährung, leichtem Sport und

psychischer Ausgeglichenheit können werdende Mütter die Entwicklung ihres kindes zusätzlich unter-stützen.

Gesund essenFür die Ernährung gilt: „für zwei denken, aber nicht für zwei essen!“ Der kalorienbedarf ist mit 2.200 bis 2.500 kilokalorien pro Tag nämlich nicht wesentlich höher als vor der Schwangerschaft, jedoch steigt der Bedarf an Vitaminen und Mineralstoffen (siehe kasten).

Eine ausgewogene Ernährung mit viel frischem obst und Gemüse, fettarmer milch und milchproduk-ten, fisch, magerem fleisch und Vollkornprodukten reicht in der regel aus, um den Großteil des zusätz-lichen Nährstoffbedarfs zu decken. Lediglich bei Fol-säure, Jod und gegebenenfalls Eisen wird Schwan-geren empfohlen, den Bedarf zusätzlich zu decken. Wer sich vegan ernährt – also auf tierische Lebens-mittel wie Fleisch, Milch und Eier komplett verzich-tet , kann übers Essen allein eine ausreichende Nähr-stoffversorgung nicht sicherstellen. Dann ist eine ernährungsmedizinische Beratung und die Einnah-me von Nahrungsergänzungsmitteln wichtig.

Wegen der infektionsgefahr mit Toxoplasmose und Listerien sollten Schwangere generell auf rohe tierische Lebensmittel verzichten, vor allem auf pro-dukte aus rohmilch, rohem Fleisch und rohem Fisch. Weichkäse wie camembert, Harzer roller, eingeleg-ter käse oder offener Frischkäse können ebenfalls Listerien enthalten und sollten gemieden werden.

¡ Folsäure für die Entwicklung von Rückenmark und Gehirn, Verhinderung von Neuralrohrdefekten. Steckt in grünem Blattgemüse, Hefe, Vollkorngetreide, Spargel, Eigelb. Bedarf: 600 μg pro Tag, bis zur 12. Schwanger-schaftswoche zusätzlich 400 μg pro Tag in Form von Fol-säuretabletten. ¡ Jod für die Bildung von Schilddrüsenhormonen, Ent-wicklung des zentralen Nervensystems, Körperwachs-tum und -reifung. Steckt in Seefisch, z. B. Kabeljau, Hering oder Scholle. Bedarf: 230 μg pro Tag. ¡ Magnesium für den Aufbau von Knochen. Zähnen, Nägeln, Muskelfunktion. Steckt in Sonnenblumenker-nen, Sesam, Hirse, Erdnüssen, Haselnüssen. Bedarf: 310 mg pro Tag.

¡ Eisen für Blutbildung und Sauerstoffversorgung. Steckt in Fleisch, Fenchel, Spinat, Hirse, Roggen. Bedarf: 30 mg pro Tag.¡ Omega-3-Fettsäuren für die Entwicklung des Zentral-nervensystems und des Sehvermögens. Steckt in fet-tem Seefisch, z. B. Makrele, Hering, Lachs, Sardine. Be-darf: 200 mg pro Tag. ¡ Kalzium für Knochenbau, Zahnbildung, Nerven- und Zellfunktion. Steckt in Milch und Milchprodukten sowie in Käse. Bedarf: 1.000 mg pro Tag. ¡ Vitamin B12 für Blutbildung, Nervensystem, Zelltei-lung, Regulierung zahlreicher Vitamin-B12-abhängiger Stoffwechselprozesse. Steckt in Fleisch, Eiern, Milch, Milchprodukten. Bedarf: 3,5 μg pro Tag.

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Wichtige Nährstoffe in der Schwangerschaft

Was dem Baby vor und nach der Geburt guttut

Univ.-Prof. Dr. med. Prof. h. c. christof Sohn, Mediziner aus Heidelberg

Die Schwangerschaft und Geburt erleben Eltern als eine der spannendsten phasen ihres Lebens. Schon vor dem ersten Atemzug des Babys werden wichtige Weichen für eine gesunde Entwicklung gestellt.

1. Welche Störungen in Schwangerschaft und kind-licher Entwicklung beobachten Sie zunehmend?Die Zahlen für Gestationsdiabetes sind gestiegen – auch in Zusammenhang mit der alarmierenden Zu-nahme von Typ-2-Diabetes und übergewicht in der Bevölkerung. Bei immer mehr Schwangeren werden zudem Störungen der Blutgerinnung entdeckt. Welt-weit nimmt die Frühgeburtlichkeit zu. Erfreulicher-weise hat sich die prognose – gerade auch die der sehr frühen Frühgeburten unter 28 Schwanger-schaftswochen – durch Fortschritte bei der präventi-on und Versorgung der Neugeborenen stetig weiter verbessert.

2. Wie kann es vorkommen, dass Frauen eine Schwangerschaft lange Zeit nicht bemerken?Durch Zyklusstörungen oder Fortsetzung der pillen-einnahme bei unbekannter Schwangerschaft kön-nen das Ausbleiben der regel oder eine veränder-te Menstruation verschleiert werden. Auch starkes übergewicht, die Fehlinterpretation von kindsbewe-gungen und Uninformiertheit können Faktoren sein. im klinischen Alltag erleben wir am häufigsten Situa-tionen, in denen die Frauen zwar Anzeichen bemerkt,

jedoch aus verschiedenen Gründen dennoch keinen Arzt aufgesucht haben.

3. Was lernt das Kind schon im Mutterleib?Neben allgemeinen körperbewegungen können auch Schluckbewegungen und Gähnen bereits im Mutter-leib beobachtet werden. Sinneswahrnehmungen wie das Hören ab der 24. Schwangerschaftswoche ver-mitteln dem kind schon im Mutterleib Geräusche der Umgebung sowie Stimme und Herzschlag der Mut-ter. Die moderne Wissenschaft beschäftigt sich inten-siv mit dem „fetal programming“ – also der bereits im Mutterleib stattfindenden prägungen bestimmter kör-perfunktionen und Organe. So weiß man heute, dass dies bis zur Weichenstellung bezüglich späterer Stoff-wechselvorgänge und Erkrankungen wie Diabetes, übergewicht und Herz-kreislauf-Beschwerden gehen kann. körperliche Aktivität in der Schwangerschaft mit einer ausgewogenen gesunden Ernährung stellen also bereits im Mutterleib wichtige Gesundheitsfakto-ren auch für das spätere Leben des kindes dar.

Experten-Interview

IN DER NÄCHSTEN AUSGABE: vive Wissen: Entwicklung, Teil II Kindheit

Univ.-Prof. Dr. med. Prof. h. c. christof Sohn, Ärztlicher Direktor des Universitätsklinikums Heidelberg Frauenklinik, Allg. Frauenheilkunde und Geburtshilfe und poliklinik

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