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Staatsschutz mittels Vorfeldkriminalisierung Volker Bützler Eine Studie zum Hochverrat, Terrorismus und den schweren staatsgefährdenden Gewalttaten Gießener Schriften zum Strafrecht und zur Kriminologie 49 Nomos

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Staatsschutz mittels Vorfeldkriminalisierung

Volker Bützler

Eine Studie zum Hochverrat, Terrorismus und den schweren staatsgefährdenden Gewalttaten

Gießener Schriftenzum Strafrecht und zur Kriminologie

49

Nomos

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Gießener Schriftenzum Strafrecht und zur Kriminologie

mitbegründet von Prof. Dr. Günter Heine (†)

herausgegegeben von

Prof. Dr. Britta BannenbergProf. Dr. Dr. h.c. Dr. h.c. Walter GroppProf. Dr. Bernd HeckerProf. Dr. Arthur KreuzerProf. Dr. Thomas RotschProf. Dr. Gabriele Wolfslast

Band 49

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Volker Bützler

Staatsschutz mittels Vorfeldkriminalisierung

Eine Studie zum Hochverrat, Terrorismus und den schweren staatsgefährdenden Gewalttaten

Nomos

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Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Zugl.: Gießen, Univ., Diss., 2017

ISBN 978-3-8487-4086-4 (Print)ISBN 978-3-8452-8395-1 (ePDF)

Die Bände 1 – 13 sind erschienen in der Reihe „Nomos Universitätsschriften Recht“

1. Auflage 2017© Nomos Verlagsgesellschaft, Baden-Baden 2017. Gedruckt in Deutschland. Alle Rechte, auch die des Nachdrucks von Auszügen, der fotomechanischen Wiedergabe und der Übersetzung, vorbehalten. Gedruckt auf alterungsbeständigem Papier.

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Vorwort

Die vorliegende Arbeit wurde im Wintersemester 2016/2017 von der Ju-ristischen Fakultät der Justus-Liebig-Universität zu Gießen als Dissertati-on angenommen.

Das Thema trieb mich aufgrund seiner Aktualität an den Rand der Ver-zweiflung. Glaubte ich meinen Weg gefunden zu haben, gab es neue Vor-stöße, die Gesetze zu ändern oder es wurden neue Gesetze eingeführt. Hiermit einhergehend gab es eine Flut von neuen Veröffentlichungen zu dem Themengebiet „Terrorismus“, die kaum zu bewältigen war.

Diese Aufgabe hätte ich nicht zum Abschluss bringen können, wenn ich nicht besondere Unterstützung erhalten hätte. Mein Doktorvater Prof. Dr. Dr. h.c. Dr. h.c. Gropp ließ mir diese immer zukommen. Er hatte stets ein offenes Ohr für meine Belange und half mir auch über Phasen hinweg, in denen ich große Zweifel an der Fertigstellung der Arbeit hegte. Zudem gab er mir durch die Tätigkeit an seinem Lehrstuhl den bestmöglichen Rahmen für die Erstellung der Arbeit. Ich schulde ihm besonderen Dank.

Herzlich danken möchte ich zudem Prof. Dr. Pierre Hauck, LL.M. (Sussex), der nicht nur das Zweitgutachten übernommen und zügig erstellt hat, sondern der mich auch immer wieder mit Anregungen, konstruktiver Kritik und Ermunterung begleitete.

Bedanken möchte ich mich auch bei Prof. Dr. Arndt Sinn, der das Inte-resse für das Thema der Arbeit in mir weckte und insbesondere zu Beginn der Arbeit stets als Ansprechpartner zur Verfügung stand.

Dank gebührt auch den mich am Lehrstuhl für Strafrecht, Strafprozess-recht und Strafrechtsvergleichung von Prof. Dr. Dr. h.c. Dr. h.c. Gropp während meiner Zeit als Wissenschaftlicher Mitarbeiter begleitenden Kol-leginnen und Kollegen. Ganz besonders bedanken möchte ich mich bei Dr. Liane Wörner, LL.M. (UW-Madison) und Dr. Florian Wania für ihre Unterstützung auch in schwierigen Zeiten. In Erinnerung bleiben mir ins-besondere die vielen schönen Tage, die ich mit meiner akademischen „Familie“ am Lehrstuhl und auf Konferenzen im In- und Ausland erleben durfte.

Neben meinen wissenschaftlichen Wegbegleitern möchte ich mich aber auch ganz besonders bei meinen Freunden Dr. Nadine Ruppel, Ralf Evertz, Stefan Weiß und Thorsten Müller bedanken. In der langen Zeit der Erstellung der Dissertation verbrachten wir viele Mittagspausen miteinan-der, tranken abends das ein oder andere Bier, lachten viel und vergossen auch ein paar Tränen. Ganz besonderer Dank gebührt dabei Thorsten

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Vorwort

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Müller für das Korrekturlesen der Arbeit. Durch euch werde ich die Zeit an der Justus-Liebig-Universität Gießen immer in sehr guter Erinnerung behalten.

Auch meinen Eltern, Margret und Heribert Bützler, möchte ich für die emotionale und finanzielle Hilfe danken. Meiner verstorbenen Mutter, die mich stets unermüdlich und liebevoll unterstützte, möchte ich mit meiner Widmung meinen tiefen Dank aussprechen. Ohne sie hätte ich meine Ziele nicht verwirklicht.

Ebenfalls dankend verbunden bin ich meinen Schwestern Astrid und Inga Bützler sowie meiner Tante und meinem Onkel Anneliese und Matthias Nießen, die während der Erstellung meiner Arbeit immer für mich da waren.

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Inhaltsverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis 15

§ 1 Einleitung 19 A. Einführung 19 B. Vorverlagerung des Strafrechtsschutzes,

Vorfeldkriminalisierung, Vorbereitung – Begriffsbestimmungen 23

I. Vorverlagerung des Strafrechtsschutzes 24 II. Vorbereitung als spezieller Teilbereich der

Vorverlagerung 25 1. Die Eigenvorbereitung 27 2. Die Fremdvorbereitung 27 III. Vorfeldkriminalisierung als Teilbereich der

Vorverlagerung 27 IV. Zusammenfassung 29

1. Abschnitt: Die terroristische Vereinigung (§ 129 -StGB) 31

§ 2 Was ist Terror(ismus) – Von der Antike bis zum internationalen Terrorismus 31

A. Von der Antike bis zur französischen Revolution 32 I. Antike 32 II. Die französische Revolution 33 B. Terrorismus nach dem 2. Weltkrieg 35 I. Der Arabisch-Israelische Konflikt 35 II. Linksextremistischer Terrorismus in der Bundesrepublik

Deutschland 36 III. Islamistischer Terrorismus 37 C. Terroristische Beweggründe 38 I. Ethno-nationalistischer Terrorismus 38 II. Sozial-revolutionärer Terrorismus 38 III. Religiös-motivierter Terrorismus 39 D. Abgrenzung: Terrorismus, Staatenkrieg, Guerillakrieg 39 I. Krieg – Terrorismus 40 II. Guerillakrieg – Terrorismus 41 III. Verbrechen (Organisierte Kriminalität) – Terrorismus 44

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Inhaltsverzeichnis

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E. Terroristische Merkmale 45 F. Moderner Terrorismus vs. Klassischer Terrorismus 46 G. Definitionsversuche zum Begriff Terrorismus 48 I. Definitionen aus dem Völkerrecht, Europarecht und dem

nationalen Recht 48 1. Definitionen aus dem Völkerrecht 48 2. Definitionen aus dem Europarecht 50 3. Definition aus dem deutschen StGB 53 II. Ergebnis 53

§ 3 Entstehungsgeschichte des § 129a StGB 57 A. Geschichte der Organisationsdelikte bis zum

Anti-Terror-Gesetz 57 B. Das Anti-Terror-Gesetz von 1976 64 I. CDU-Entwurf zur Einführung eines neuen § 129a StGB 64 II. Regierungsentwurf zur Bekämpfung terroristischer

Vereinigungen 67 III. Ergebnis 68 C. Das Gesetz zur Bekämpfung des Terrorismus vom

19. Dezember 1986 68 D. Das Gesetz zur Umsetzung des Rahmenbeschlusses des Rates

vom 13. Juni 2002 zur Terrorismusbekämpfung und zur Änderung anderer Gesetze vom 22.12.2003 71

E. Zusammenfassung 77

§ 4 Das (Straf-)rechtsgut des § 129a StGB und sein Verhältnis zur tatbestandsmäßigen Handlung 79

A. Das Rechtsgut 79 I. Die Bestimmung des Straf(rechtsguts) des § 129a StGB 80 1. Die Rechtsgutslehre 80 2. § 129a StGB und die Frage nach dem (Straf)rechtsgut 84 a.) Die Innere Sicherheit als (Straf)rechtsgut 84 (1) Staatstheoretische Grundlagen 86 (2) Verfassungsrechtliche Grundlagen 88 (3) Das Sicherheitsgefühl als Bestandteil der

inneren Sicherheit 91 b.) §§ 129, 129a StGB als Vorverlagerungstat-

bestand 93 3. Kritische Analyse 93 a.) Gesetzgebungsmaterialien 94 b.) Rechtsprechung 95

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Inhaltsverzeichnis

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c.) Europarecht 103 II. Ergebnis 104 B. Der Tatbestand des § 129a StGB 107 I. Deliktsnatur 107 II. Der objektive Tatbestand 108 1. Die (terroristische) Vereinigung 108 a.) Personales Element 108 b.) Organisatorisches Element 109 c.) Organisierte Willensbildung 110 d.) Zeitliches Element 111 e.) Organisationsabsicht 114 (1) § 129a Abs. 1 StGB 114 (2) § 129a Abs. 2 StGB 114 (a) Einschüchterung der Bevölkerung

auf erhebliche Weise 116 (b) Rechtswidrige Nötigung einer

Behörde oder einer internationalen Organisation mit Gewalt oder durch Drohung mit Gewalt 117

(c) Beseitigung oder erhebliche Beein-trächtigung der politischen, verfas-sungsrechtlichen, wirtschaftlichen oder sozialen Grundstrukturen eines Staates oder einer internationalen Organisation 118

(d) Objektive Schädigungseignung 120 (e) Fazit 122 (3) § 129a Abs. 3 StGB 123 2. Vereinbarkeit des deutschen Vereinigungsbegriffs

mit dem EU-Rahmenbeschluss 123 3. Tathandlungen 129 a.) Das Gründen einer terroristischen Vereinigung 129 b.) Beteiligung als Mitglied 130 c.) Das Werben um Mitglieder oder Unterstützer 131 d.) Unterstützung einer Vereinigung 133 III. Subjektiver Tatbestand 133 IV. Strafschärfungs- und Milderungsgründe 134 1. Rädelsführer und Hintermänner 134 2. Strafmilderung 135 V. Versuch und Rücktritt 135

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VI. Tätige Reue 136 VII. Täterschaft und Teilnahme/§ 30 StGB 137 1. Täterschaft/Teilnahme 137 2. Anwendbarkeit von § 30 StGB 138

§ 5 Die §§ 129, 129a StGB und ihre Vereinbarkeit mit den Prinzipien des Strafrechts 139

A. §§ 129, 129a StGB – Legitimation als besonderes Strafrecht? 139 I. §§ 129, 129a StGB als Feindstrafrecht 139 1. Feindstrafrecht 139 2. Präzisierung und Radikalisierung 141 II. Feindstrafrecht als Recht bzw. Prüfungsmaßstab? 143 1. Strafrecht als gesellschaftliche Kommunikations-

form 143 2. Der „Feind“ im System Jakobs 144 3. Kritik am Feindstrafrecht 145 a.) Feindstrafrecht als Unrecht 145 b.) Das kritische Potential des Feindstrafrechts 146 B. § 129a StGB als Tat- bzw. Täterstrafrecht 147 I. Tat-/Täterstrafrecht – Eine Abgrenzung 147 II. §§ 129, 129a StGB: Eine kritische Würdigung 149 1. Einleitung 149 2. Das Rechtsgut der „inneren Sicherheit“ als

Auslegungskriterium 150 3. Destabilisierung der inneren Sicherheit als

subjektives Merkmal 151 C. Verstoß gegen das Zurechnungsprinzip – Verantwortlichkeit

für ein Systemunrecht 153 I. Verantwortungssysteme im StGB 154 II. Voraussetzungen für Verantwortungssysteme 155 III. Kritische Würdigung 157 D. Freiheit vs. Sicherheit 159 E. Symbolisches Strafrecht 160

§ 6 Zwischenergebnis 163

§ 7 Exkurs: Das ungarische Terrorismusstrafrecht 165 A. § 261 uStGB – Terrorakt 165 B. Rechtsgut und Systematik 167 C. Rechtsvergleichende Überlegungen 169

 

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Inhaltsverzeichnis

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2. Abschnitt: Hochverrat und schwere staatsgefähr- dende Gewalttaten 171

§ 8 Einleitung 171

§ 9 Hochverrat – Gesellschaftliche Grundlagen und Geschichte 173

A. Gesellschaftliche Grundlagen und Begriffsbestimmung 173 I. Gesellschaftliche Grundlagen 173 II. Modernes Verständnis des Hochverrats in der BRD 175 B. Historische Entwicklung der Hochverratsvorschriften 175 I. Der Hochverrat in der griechischen Antike 176 II. Der Hochverrat im römischen Recht 177 III. Der Hochverrat in den deutschen Territorien bis zum

19. Jahrhundert 179 IV. Der Hochverrat in den deutschen Partikulargesetz-

büchern im 19. Jahrhundert 181 1. Bayrisches Strafgesetzbuch vom 6. Mai 1813 182 2. Strafgesetzbuch für das Königreich Württemberg

vom 1. März 1839 183 3. Criminalgesetzbuch für das Herzogthum Sachsen-

Altenburg vom 3. Mai 1841 184 4. Strafgesetzbuch für die preußischen Staaten

vom 14. April 1851 185 5. Zusammenfassung 187 a.) Das Bayrische StGB – Vorbereitung eines

Hochverrats als formell vollendetes Delikt 189 b.) Straffreier Raum im politischen

Meinungskampf 190 c.) Die hochverräterische Verschwörung 191 d.) Liberale Einflüsse – Die Entwicklung bis zum

Reichsstrafgesetzbuch von 1871 192 V. Das Reichsstrafgesetzbuch von 1871 193 VI. Der Hochverrat in der Weimarer Republik 197 VII. Der Hochverrat im Nationalsozialismus 198 VIII. Der Hochverrat in der Bundesrepublik Deutschland 203 1. Strafrechtsänderungsgesetz vom 30. August 1951 203 2. Gesetz zur Regelung des öffentlichen Vereinsrechts

(Vereinsgesetz) 210 3. Achtes Strafrechtsänderungsgesetz vom

25. Juni 1968 211

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Inhaltsverzeichnis

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C. Zusammenfassung 214

§ 10 Rechtsgut und Tatbestand der §§ 81, 83 StGB 219 A. Das Rechtsgut 219 I. Der Bestand des Staates 219 II. Der Verfassungshochverrat 220 B. Der Tatbestand des § 81 StGB 222 I. Objektiver Tatbestand 222 1. Gewalt 223 2. Drohung 224 3. Gewaltopfer bzw. Nötigungsopfer 225 4. Kollektivangriffe 225 II. Subjektiver Tatbestand 226 III. Täterschaft und Teilnahme 226 1. Täterschaft 226 2. Teilnahme 227 IV. Der Versuch des § 81 StGB 227 C. Der Tatbestand des § 83 StGB 228 I. Objektiver Tatbestand 229 1. Bestimmtes hochverräterisches Unternehmen 229 2. Vorbereitungshandlungen 231 3. Gefährlichkeit von Vorbereitungshandlungen 232 II. Subjektiver Tatbestand 233 III. Täterschaft und Teilnahme 233 IV. Der Versuch des § 83 StGB 234 D. Tätige Reue gem. § 83a StGB 234 E. Terrorismus als Hochverrat 235 F. Fazit 236

§ 11 Exkurs: § 90a StGB in der Fassung des Strafrechtsänderungsgesetzes von 1951 239

A. Der Tatbestand des § 90a a.F. StGB 240 I. Objektiver Tatbestand 240 II. Subjektiver Tatbestand 242 B. Kritische Würdigung 242

§ 12 Das Gesetz zur Verfolgung der Vorbereitung von schweren staatsgefährdenden Gewalttaten (§§ 89a, 89b, 89c und 91 StGB) 245

A. Historie und kriminalpolitische Bedeutung 245 B. Rechtsgut und Systematik der §§ 89a, 89b, 89c und 91 StGB 247 C. Tatbestand der §§ 89a, 89b, 89c und 91 StGB 248

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I. Schwere staatsgefährdende Gewalttat 248 II. § 89a StGB 249 1. Objektiver Tatbestand 249 2. Subjektiver Tatbestand 250 3. Kritik 250 III. § 89b StGB 252 1. Objektiver Tatbestand 252 2. Subjektiver Tatbestand 252 3. Kritik 253 IV. § 91 StGB 253 1. Objektiver Tatbestand 254 2. Subjektiver Tatbestand 255 3. Kritik 255 V. § 89c StGB 256 D. Zusammenfassung 256 I. Ziel des Gesetzgebers 257 II. Kritische Würdigung 258

1. Verstoß gegen das Bestimmtheitsgebot und das Schuldprinzip 258

2. Die Einzeltätervorbereitung – Keine Ausnahme vom Grundsatz der Straflosigkeit von Vorbereitungshandlungen 259

3. Ergebnis 261

§ 13 Zwischenergebnis 263  

3. Abschnitt: Vergleich und Endergebnis 265

§ 14 Grundsätzliche Überlegungen und Änderungsvorschläge 265 A. Allgemeines 265 B. Änderungsvorschläge 268 I. §§ 81, 83 und 129a StGB 268 II. §§ 89a, 89b, 89c und 91 StGB 269 III. Systematische Erwägungen 270 IV. Strafrahmen 271 V. Schlussfazit 271

Literaturverzeichnis 273

 

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Abkürzungsverzeichnis

a.A. andere Ansicht

Abl. EU Amtsblatt der Europäischen Union

Abs. Absatz

Abschn. Abschnitt

a.F. alte Fassung

AK-StGB Alternativ Kommentar zum Strafgesetzbuch

AKW Atomkraftwerk

AT Allgemeiner Teil

Az. Aktenzeichen

BayObLG Bayrisches Oberlandesgericht

Bd. Band

BGBl. Bundesgesetzblatt

BGHSt Bundesgerichtshof für Strafsachen

BRD Bundesrepublik Deutschland

BVerfGE Bundesverfassungsgericht

CDU Christlich Demokratische Union

CSU Christlich Soziale Union

DDR Deutsche Demokratische Republik

ders. derselbe

dies. dieselbe/dieselben

DJT Deutscher Juristentag

DÖV Die Öffentliche Verwaltung

DStrZ Deutsche Strafrechtszeitung

DuR Demokratie und Recht

DVBl. Deutsches Verwaltungsblatt

EG Europäische Gemeinschaft

ETA Baskenland und Freiheit

EU Europäische Union

EuGH Europäischer Gerichtshof

f. folgende

ff. fortfolgende

FS Festschrift

GA Goltdammer´s Archiv

GS Gerichtssaal

Hb. Handbuch

HRRS Höchstrichterliche Rechtsprechung im Strafrecht

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Abkürzungsverzeichnis

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Hrsg. Herausgeber

IRA Irisch Republikanische Armee

IRB Irisch Republikanische Bruderschaft

JA Juristische Arbeitsblätter

JR Juristische Rundschau

JuS Juristische Schulung

JZ Juristen Zeitung

KJ Kriminologisches Journal

KPD Kommunistische Partei Deutschlands

Krim. Journal Kriminologisches Journal

KritV Die Kritische Vierteljahresschrift für Gesetzgebung und Rechts-wissenschaft

LK-StGB Leipziger Kommentar zum Strafgesetzbuch

MDR Monatsschrift für Deutsches Recht

MschrKrim Monatsschrift für Kriminologie

MüKo-StGB Münchener Kommentar zum Strafgesetzbuch

mwN mit weiteren Nachweisen

NATO Organisation des Nordatlantikvertrags

Nomos-StGB Nomos Kommentar zum Strafgesetzbuch

NJW Neue Juristische Wochenschrift

Nr. Nummer

NStZ Neue Zeitschrift für Strafrecht

NStZ-RR Neue Zeitschrift für Strafrecht – Rechtsprechungsreport

OLG Oberlandesgericht

PA Parlamentsarchiv des Deutschen Bundestages, Bonn/Berlin

PKK Arbeiterpartei Kurdistan

PLO Palästinensische Befreiungsorganisation

RAF Rote-Armee-Fraktion

RG Reichsgericht

RGBl. Reichsgesetzblatt

Rn. Randnummer

Rz. Randziffer

S. Seite

Sp. Spalte

SPD Sozialdemokratische Partei Deutschlands

SK-StGB Systematischer Kommentar zum Strafgesetzbuch

StaatsR Staatsrecht

StGB Strafgesetzbuch

StR Strafrecht

StV Strafverteidiger

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Abkürzungsverzeichnis

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UNO Organisation der Vereinten Nationen

vgl. vergleiche

v. Chr. vor Christus

VereinsG Vereinsgesetz

Vorbem. Vorbemerkungen

WaffG Waffengesetz

wistra Zeitschrift für Wirtschafts- und Steuerstrafrecht

z.B. zum Beispiel

Ziff. Ziffer

ZIS Zeitschrift für internationale Strafrechtsdogmatik

ZJS Zeitschrift für das juristische Studium

ZRP Zeitschrift für Rechtspolitik

ZStW Zeitschrift für die gesamte Strafrechtswissenschaft

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§ 1 Einleitung

A. Einführung

Nur eine sozial unerträgliche, besonders anstößige Verletzung der Ge-meinschaftsordnung ist ein Verbrechen, so Welzel bereits 1947 in der 1. Auflage seines Lehrbuchs Das Deutsche Strafrecht.1 Nicht jedes beliebige Tun, in das sich der böse Entschluss umsetze, sei schon ein Verbrechen. Daher bahne sich das Verbrechen erst da an, wo die besondere Anstößig-keit der Tat beginne. „Vorbereitungshandlungen sind daher wegen ihres unzulänglichen verbrecherischen Gehalts und ihrer geringen realen Fass-barkeit grundsätzlich straflos, cogitiationis poenam nemo patitur.“2

Inwieweit stimmt diese Aussage mit der Realität im deutschen Straf-recht überein? Das deutsche Strafgesetzbuch beinhaltet eine Vielzahl von Vorschriften, die Verhaltensweisen unter Strafe stellen, die vor der Ver-wirklichung eines materiellen Unrechts liegen. Nicht verwirklichtes Un-recht, sondern zukünftiges Unrecht stellt hier die Grundlage für eine Be-strafung dar. Der Blick in die Zukunft und nicht in die Vergangenheit be-stimmt die Strafe. Die repressive Ahndung einer Tat, die ursprüngliche Aufgabe des Strafrechts, scheint in diesen Normen der Verhütung sozial-schädlicher Handlungen durch das Strafrecht gewichen zu sein. Auch wenn es allgemein anerkannt ist, dass Strafnormen und Strafe auch den Zweck erfüllen, Verbrechen vorzubeugen,3 ist hiermit jedoch nicht die Durchmischung straf- und polizeirechtlicher Elemente gemeint. Die Vor-beugung von Verbrechen soll durch die Abschreckung der Allgemeinheit durch die Strafe (Generalprävention) und die Resozialisierung des Täters (Spezialprävention) erfolgen. Diese präventiven Elemente beziehen sich darauf, wie die Strafe wirken und nicht darauf, welches Verhalten der Staat bestrafen soll.4 Die hier gemeinten Delikte stellen jedoch Handlun-gen unter Strafe, die gefährlich sein könnten. Die Abwehr von gefährli-chen Handlungen ist indessen Gefahrenprävention, eine traditionelle Auf-

____________________

1 Welzel, Das Deutsche Strafrecht, § 22 I Nr. 2. 2 Welzel, Das Deutsche Strafrecht, § 22 I Nr. 1, 2. 3 Vgl. Gropp, StR AT, § 1, Rn. 106ff.; Roxin, StR AT I, § 1, Rn. 181ff.; Schmid-

häuser, Vom Sinn der Strafe, S. 53ff.; zur Verankerung der Spezialprävention im StGB Dölling, in: FS-Lampe, S. 597 (598ff.); Hassemer, in: Positive General-prävention, S. 29ff.

4 Vgl. Mitsch NJW 2015, 209 (211).

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§ 1 Einleitung

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gabe des Polizeirechts. Die strafrechtliche Verantwortung beginnt norma-lerweise erst mit einer Tat oder einem Tatverdacht. Die Mischung straf- und polizeirechtlicher Elemente im Strafrecht führt dazu, dass die An-nahme eines Anfangsverdachts bereits bei Bestehen einer vermuteten Ge-fahr unproblematisch bejaht werden kann. Das Strafrecht entwickelt sich auf diese Weise weg von einem Schuldstrafrecht hinzu einem Sicherheits-recht.5 Je früher das Strafrecht eingreift, desto stärker wird die Bevölke-rung vor sozialwidrigen Handlungen geschützt, so der Hintergrund vieler Normen, die Vorbereitungshandlungen bestrafen. Dass hiermit aber auch die Freiheitssphären der Bürger eingeschränkt werden, ist die Kehrseite der Sicherheit. Ein Maximum an Freiheit und Sicherheit kann es nicht gleichzeitig geben.6

Die Tendenz der Ausdehnung des strafrechtlichen Schutzes in das Vor-feld einer materiellen Gefährdung eines Angriffsobjekts gibt es in vielen Bereichen des Strafrechts und sie ist dort teilweise eine moderne Entwick-lung, wie z.B. im Bereich des Umwelt- und des Wirtschaftsstrafrechts.7 Vorliegend soll die Vorverlagerung des Strafrechtsschutzes jedoch nur für den Bereich des Staatsschutzes betrachtet werden.

Das einleitende Zitat Welzels entspricht damit scheinbar nicht der Rechtswirklichkeit, wenn eine Vielzahl von Vorbereitungshandlungen im deutschen Strafgesetzbuch normiert ist. Insbesondere die strafrechtlichen Staatsschutzvorschriften der §§ 81, 83, 89a, 89b, 89c, 91, 129, 129a StGB bilden hierbei ein Paradebeispiel für die Vorverlagerung des Strafrechts-schutzes. Jedoch wäre Welzel hiermit Unrecht getan, schreibt er doch zum Schluss seiner Ausführungen: „Ausnahmen können sich aus dem Gedan-ken eines möglichst umfassenden Schutzes besonders wichtiger Güter er-geben.“8

In einer Demokratie ist ein solch wichtiges Gut der Schutz des Staates und seiner Verfassung.9 Eine Vorverlagerung der Strafbarkeit erscheint gerade in diesem Bereich legitim zu sein. Jedoch bleibt die Ungewissheit,

____________________

5 Vgl. Hawickhorst, § 129a StGB – Ein feindstrafrechtlicher Irrweg zur Terroris-musbekämpfung, S. 196; Lisken/Denninger, in: Handbuch des Polizeirechts, C, Rn. 101ff.

6 Vgl. Graulich, in: Terrorismus und Rechtsstaatlichkeit, S. 389 (406); Kniesel ZRP 1992, 164 (167); Masing JZ 2011, 753ff.

7 Vgl. Chou, Zur Legitimität von Vorbereitungsdelikten, S. 13; Petzsche, Straf-recht und Terrorismusbekämpfung, S. 78.

8 Welzel, Das Deutsche Strafrecht, § 22 I Nr. 2. 9 Vgl. Griesbaum/Wallenta NStZ 2013, 369 (371).

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§ 1 Einleitung

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welchen Grenzen die Vorverlagerung des Strafrechtsschutzes unterliegt. Auf diese Frage gibt Welzel nämlich keine Antwort.

Die Verfolgung eines Hochverräters erscheint aus heutiger, deutscher, Perspektive nahezu wie ein Märchen aus vergangenen Zeiten. Die Gefähr-dung von Staat und Verfassung durch ein hochverräterisches Unterneh-men ist einer anderen Gefahr gewichen. Der sogenannte „Feind“ der mo-dernen Staaten ist der Terrorist, eingebunden in eine terroristische Zelle.10 Die Bekämpfung des Terrorismus und nicht die Verfolgung terroristischer Taten ist Leitmotiv der handelnden Ministerien und Behörden.11 Die Vor-schriften der §§ 81, 83 StGB werden bei der Verfolgung terroristischer Anschläge nicht in Betracht gezogen, obwohl dies nahe liegt.12 Die Justiz stellt nur auf die Vorschriften der §§ 129, 129a StGB und neuerdings auch auf die §§ 89a, 89b, 89c und 91 StGB ab.

Der Terrorismus scheint ständiger Begleiter unserer heutigen Zeit zu sein und die Gefahr, Opfer eines terroristischen Anschlags zu werden, all-gegenwärtig. Die erheblichen Folgen, die ein terroristischer Anschlag ver-ursachen kann, sind den Menschen mit den Bildern der kollabierenden Twin Towers des World Trade Centers von den Anschlägen in New York am 11. September 2001 ins Gedächtnis gebrannt worden. Terroristische Anschläge wirken nicht wie ein modernes Märchen, sondern wie ein fass-bar gewordener Horror-Thriller aus den Drehbüchern Hollywoods. Die Staaten scheuen die Gefahr, dass ihr Land Opfer eines terroristischen An-schlags wird und mit einem solchen das Gefühl der Rechtssicherheit und das Vertrauen der Bürger in die Fortdauer des Friedenszustandes nachhal-tig beeinflusst wird. Sie machen sich die Ängste der Bevölkerung und die möglichen Gefahren durch Terroristen zunutze, bereits Risikozusammen-hänge als strafrechtsrelevantes Verhalten zu normieren.13 Zu groß ist der Anreiz, mit strafrechtlichen Sanktionen nicht abzuwarten, bis es zu hand-festen materiellen Gefährdungen gekommen ist, und groß ist die Gefahr, dass demgegenüber der ultima ratio-Gedanke zurücktritt.14 Ein solches Vorgehen besteht im strafrechtlichen Staatsschutz jedoch bereits seit An-

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10 Beispielhaft Depenheuer, Selbstbehauptung des Rechtsstaates, S. 55ff. 11 Beispielhaft die Formulierung: Gesetz zur Umsetzung des Rahmenbeschlusses

des Rates vom 13. Juni 2002 zur Terrorismusbekämpfung. 12 Vgl. Lampe/Hegmann in: MüKo-StGB, Vor §§ 81ff., Rn. 10. 13 Vgl. Puschke StV 2015, 457 (458). 14 Vgl. Weber, in: Die Vorverlagerung des Strafrechtsschutzes durch Gefährdungs-

und Unternehmensdelikte, S. 1 (2).

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beginn der Bildung von Gesellschaften.15 Dies beruht auf der Prämisse, dass der Schutz einer Gesellschaft ihre Zerstörung nicht abwarten kann, sondern bereits der Gefährdung entgegenwirken muss, weil sonst mit der Strafe nichts auszurichten wäre.16 Denn „vollendet ist die Verfassungsän-derung bekanntlich eine glorreiche Tat“17 und „entworfen bloß, ist‘s ein gemeiner Frevel, vollführt, ist‘s ein unsterblich Unternehmen, und wenn es glückt, so ist es auch verziehn“18, so Frank 1931 in seinem Kommentar Das Strafgesetzbuch für das deutsche Reich. Staatsschutzdelikte erfassen daher in erster Linie Vorbereitungs- und Gefährdungshandlungen. Bereits die ersten bekannten Staatsschutzvorschriften aus der griechischen Antike verlagerten die strafrechtliche Verantwortung im Staatsschutzstrafrecht in den Bereich vor der konkreten Verletzung des Staates.19 Eine solche Vor-gehensweise ist im Bereich des strafrechtlichen Staatsschutzes somit kein Ergebnis der „modernen Strafrechtsentwicklung“20 oder der sogenannten „Risikogesellschaft“21, sondern ist dem Strafrecht eigen.22 Es wird also nicht erst die Verwirklichung eines Unwerts sanktioniert, sondern bereits eine abstrakte oder konkrete Gefährdung. Die §§ 89a, 89b, 89c, 91, 129, 129a StGB folgen dieser Art des strafrechtlichen Staatsschutzes und deh-nen die Strafbarkeit in Bereiche weit vor die Verletzung bzw. Gefährdung eines Angriffsobjekts aus.

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15 Vgl. Knitschky, Das Verbrechen des Hochverrats, S. 4. 16 Vgl. Laufhütte/Kuschel, in: LK-StGB, Vor § 80, Rn. 21; Jescheck/Weigend,

Strafrecht AT, § 49 VI 2. a.); Čopić, Grundgesetz und politisches Strafrecht, S. 13; Schafheutle JZ 1951, 609 (610).

17 Vgl. Weber, in: Die Vorverlagerung des Strafrechtsschutzes durch Gefährdungs- und Unternehmensdelikte, S. 1 (9).

18 Frank, Das Strafgesetzbuch für das deutsche Reich, § 82, IV. 19 Vgl. Schultz, Staatsauffassung und Staatsverbrechen, S. 9ff. 20 Vgl. Nestler-Tremel, in: Modernes Strafrecht, S. 13 (13). 21 Hierzu Kim, in: FS-Hassemer, S. 85ff.: Die Risikogesellschaft ist durch ein man-

nigfaltiges Zerstörungspotential gekennzeichnet, welches der technische Fort-schritt herbeigeführt hat. Als Beispiele nennt er die Gefährdung des Ökosystems Erde, die Eingriffsmöglichkeiten in die genetischen Grundlagen des Lebens, die Gefahr eines atomaren Krieges, die zunehmende Risikodichte, sowie die wach-sende Komplexität der sozialen Systeme; vertiefend Prittwitz, Strafrecht und Ri-siko.

22 Vgl. Günther/Prittwitz, in: FS-Hassemer, S. 331 (348); Wilms, in: LK-StGB, 9. Auflage (1974), Vorbem. § 80, Rn. 28 führt eine immer weitere Ausdehnung des Strafrechtsschutzes auch im Staatsschutzstrafrecht auf die tiefgreifenden Strukturwandlungen der Gesellschaft, die er mit den Stichworten technischer Fortschritt, Arbeitsteilung und Vermassung beschreibt, zurück.

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Aber wann ist eine solche Vorverlagerung des Strafrechtsschutzes noch legitim und welchen Grenzen unterliegt die Vorverlagerung? Was bedeu-tet Vorverlagerung, in welchen Formen findet sie sich im Strafgesetzbuch wieder und welche Begründungen liefert der Gesetzgeber für diese? Die Arbeit soll diese Fragen beantworten. Dabei ist gerade der strafrechtliche Staatsschutz durch internationale und europäische Initiativen beeinflusst worden, sodass der Blick auch auf die Vorgaben und Grenzen dieser Rechtsinstrumente gerichtet sein muss.

Wesentlicher Aspekt und damit Mittelpunkt der Arbeit wird dabei der Vergleich zwischen den §§ 81, 83 StGB und den §§ 129, 129a StGB sein. Die Vorverlagerung der Strafbarkeit erfolgt in beiden Bereichen dogma-tisch auf unterschiedliche Weise. Bei den §§ 81, 83 StGB handelt es sich um Unternehmensdelikte, bei den §§ 129, 129a StGB um Organisations-delikte. Unternehmensdelikte stellen den Versuch mit der Vollendung gleich. Als Unternehmen einer Tat gilt gem. § 11 Abs. 1 Nr. 6 StGB „de-ren Versuch und deren Vollendung“. Organisationsnormen sind solche, die Betätigungen in verbotenen Kollektiven betreffen.23 Sie stellen die Bildung von und die mitgliedschaftliche Betätigung in Vereinigungen so-wie deren Aufrechterhaltung unter Strafe.24 Auf diese Weise wird einer eindimensionalen Betrachtungsweise Einhalt geboten.

B. Vorverlagerung des Strafrechtsschutzes, Vorfeldkriminalisierung, Vorbereitung – Begriffsbestimmungen

Die Vorverlagerung des Strafrechtsschutzes ist ein Themenfeld, demge-genüber seitens der Literatur stets ein kritischer Blickwinkel eingenom-men wird.25 Dem Begriff ist der Vorwurf immanent, dass sich der Gesetz-geber oder die Rechtsprechung jenseits der Grenzen des zu Bestrafenden begeben.26 Die vielen Auseinandersetzungen27 mit dem Forschungsgegen-

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23 Vgl. Beck, Unrechtsbegründung und Vorfeldkriminalisierung, S. 202. 24 Vgl. BGHSt 30, 328 (329ff.); Sternberg-Lieben, in: Schönke/Schröder, § 129,

Rn. 2, 12ff. 25 Vgl. Zaczyk in: Nomos-StGB, § 22, Rn. 3; Beck, Unrechtsbegründung und Vor-

feldkriminalisierung; Grenzen der Vorverlagerung in einem Tatstrafrecht (Hrsg. Sinn/Gropp/Nagy); und viele mehr.

26 Vgl. Sinn, in: Grenzen der Vorverlagerung in einem Tatstrafrecht, S. 13 (14). 27 Vgl. Beck, Unrechtsbegründung und Vorfeldkriminalisierung; Chou, Zur Legi-

timität von Vorbereitungsdelikten; Schindler, Die Strafbarkeit der Vorbereitung

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stand der Vorverlagerung der Strafbarkeit deuten darauf hin, dass diesem ein strafrechtsdogmatisches oder kriminalpolitisches Potential immanent ist, nämlich die Begrenzung des strafrechtlichen Schutzes.28

Zu diesem Themenbereich fallen auch häufig die Begriffe Vorfeldkri-minalisierung und Vorbereitung. Dabei werden die Vorverlagerung, Vor-feldkriminalisierung und Vorbereitung nicht genau umschrieben. Der all-gemeine Wortsinn der Begriffe ist der Silbe „vor“ zu entnehmen. Die Sil-be „vor“ weist ein zeitliches Moment auf. Die Begriffe müssen sich dem-nach auf etwas beziehen und diesem Bezugspunkt zeitlich vorgelagert sein. Als Anhaltspunkt kann das Delikt als Geschehensablauf genommen werden. Jedes deliktische Verhalten hat seinen oft ganz kurzen, oft auch sehr langen Ablauf in der Zeit.

„Dieser Zeitablauf reicht von der Planung über die verschiedenen Stadien der Vorbereitung bis zum eigentlichen Ausführen und zum schließlichen Erreichen des Zieles, das der Täter sich gesetzt hat, oder auch von der ersten leichten Ge-fährdung durch verfehltes Handeln bis zur letzten Realisierung der Gefahr und zum Eintritt des schädigenden Ereignisses.“29

I. Vorverlagerung des Strafrechtsschutzes

Vorverlagerung des Strafrechtsschutzes betrifft alle Normen des Strafge-setzbuches, die eine Strafbarkeit bereits vor der Verwirklichung eines ma-teriellen Schadens normieren. Dies ist dem Element „des Strafrechtsschut-zes“ zu entnehmen. Strafrechtsschutz bedeutet „die Gesamtheit aller be-stehenden Strafrechtsnormen“. Die geschützten Strafrechtsgüter oder auch Achtungsansprüche stellen den Bezugspunkt dar. Mithin fallen alle Delik-te in diese Kategorie, die in jedweder Form den Strafrechtsschutz vorver-lagern. Die „Vorverlagerung des Strafrechtsschutzes“ stellt somit den Oberbegriff dar. Dabei muss die Verwirklichung eines Unwertes der Be-zugspunkt sein, da die Tatvollendung lediglich ein formelles Kriterium ____________________

in rechtsstaatlicher Sicht; Weinert, Vorbereitungsdelikte und tätige Reue; Gren-zenlose Vorverlagerung des Strafrechts (Hrsg. Hefendehl); Grenzen der Vorver-lagerung in einem Tatstrafrecht (Hrsg. Sinn/Gropp/Nagy); Die Vorverlagerung des Strafrechtsschutzes durch Gefährdungs- und Unternehmensdelikte (Hrsg. Jescheck); Sieber NStZ 2009, 353ff.; und viele andere.

28 Vgl. Sinn, in: Grenzen der Vorverlagerung in einem Tatstrafrecht, S. 13 (14); ders., in: Neujustierung des Strafrechts durch Terrorismus und Organisierte Kri-minalität, 147 (147, 148).

29 Schmidhäuser, Strafrecht AT, 15 II, 7a).

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darstellt.30 Die formelle Vollendung stimmt nämlich nicht immer mit der materiellen Verwirklichung eines Unwertes überein, dessen Verhinderung letztlich nur Zweck des Tatbestandes ist.31 Der Gesetzgeber ist nicht daran gehindert, Handlungen, die, gleich einem Versuch,32 noch keine materielle Gefährdung eines Angriffsobjekts bewirken, als vollendetes Delikt zu normieren. Ein formell als vollendete Straftat zu qualifizierendes Verhal-ten stellt dann materiell betrachtet nur einen Straftatversuch dar, weil trotz vollständiger Verwirklichung des Tatbestandes noch keine Verletzung des Angriffsobjekts eingetreten ist.33 Die Festlegung der tatbestandlich rele-vanten Beeinträchtigung eines Angriffsobjekts und damit des Vollen-dungszeitpunktes richtet sich nämlich ausschließlich nach kriminalpoliti-schen Gesichtspunkten, die Vorbereitungshandlung wird tatbestandlich erheblich, die tatsächliche Gefährdung des Angriffsobjekts tatbestandsun-erheblich.34 Ein Beispiel hierfür ist die Urkundenfälschung gem. § 267 Abs. 1, 1. und 2. Variante des Strafgesetzbuches. Diese Varianten normie-ren die Herstellung einer unechten Urkunde und die Verfälschung einer echten Urkunde als vollendete Straftat, obwohl diese nicht genutzt wird. Eine Handlung, die materiell-rechtlich hier ein unmittelbares Ansetzen zum Gebrauchen einer solchen unechten Urkunde darstellen könnte, ist formell ein vollendetes Delikt.

II. Vorbereitung als spezieller Teilbereich der Vorverlagerung

Vorbereitungshandlungen im engeren Sinne stellen Vorgänge unter Strafe, die an eine bestimmte Tat anknüpfen, die im Vollendungszeitpunkt straf-bar wäre.35 Dabei wird das geschützte Angriffsobjekt selbst noch nicht be-einträchtigt, sondern die zukünftige vorsätzliche Beeinträchtigung eines Angriffsobjekts bestraft.36 Vorbereitungen sind demgemäß alle Tätigkei-

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30 Vgl. Mitsch, Straflose Provokation strafbarer Taten, S. 148. 31 Vgl. Mitsch, Straflose Provokation strafbarer Taten, S. 148. 32 Vgl. Wörner, in: Grenzen der Vorverlagerung in einem Tatstrafrecht, S. 135ff.,

die die Vorverlagerungstendenzen des strafbaren Versuchs darstellt; siehe hierzu auch Jakobs, Strafrecht AT, Abschnitt 25, Rn. 4.

33 Vgl. Herzberg ZStW 88 (1976), 68 (95); Weber ZStW 96 (1984), 376 (383). 34 Vgl. Schröder, in: FS-Kern, S. 457 (465); Weber ZStW 96 (1984), 376 (383). 35 Vgl. Seligmann, Delictum sui generis, S. 41; Schindler, Die Strafbarkeit der

Vorbereitung in rechtsstaatlicher Sicht, S. 84. 36 Vgl. Puschke, in: Grenzenlose Vorverlagerung des Strafrechts, S. 9 (11, 12).

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ten, die objektiv darauf hinzielen, den Ausführungsbeginn des ins Auge gefassten Delikts zu schaffen, ohne dass die aus ihnen folgende Gefähr-dung schon den Grad des Versuchs, Beginn der adäquaten Kausalität, er-reicht hat. Der Gesetzgeber kennt verschiedene Möglichkeiten, besonders gefährliche Vorbereitungshandlungen unter Strafe zu stellen: Die eigentli-che Tatbestandsausdehnung, die Vertypung von Vorbereitungshandlungen zu einem Delictum sui generis und die Erfassung bestimmter gemein-schaftlich begangener Vorbereitungshandlungen zu Verbrechen.

Die Vorbereitungshandlung verlangt dabei Vollendungsvorsatz bezüg-lich der Durchführung der Haupttat. Die Vorbereitungshandlung bleibt nur in objektiver Hinsicht hinter der Vollendung der Haupttat zurück. Das Handlungsunrecht muss bereits zum Zeitpunkt der Vorbereitungshand-lung, wie auch beim Versuch, voll verwirklicht sein. Die Pönalisierung soll sich nämlich aus der Beziehung der vorbereitenden Handlung mit der zukünftigen Beeinträchtigung durch die subjektive Verknüpfung rechtfer-tigen. Dogmatisch stellen sich diese Straftatbestände als unvollkommene zwei- oder mehraktige Delikte dar.37 Objektiv ist die Vorbereitung durch bloße Zurichtungen für die Tatausführung, von der konkretisierenden Pla-nung bis zur Beschaffung der Tatmittel, Aufsuchen des Tatorts usw. ge-kennzeichnet. Grundsätzlich ist die bloße Vorbereitung straflos, da die Handlungen, wie z.B. der Einkauf von Rattengift, strafrechtlich indifferent sind.38 Auch hier bestehen jedoch Ausnahmen bei Vorbereitungshandlun-gen, die mit Rücksicht auf den Wert des durch sie mittelbar bedrohten Gu-tes, mit Rücksicht auf die Gefährlichkeit der Handlung selbst oder schließ-lich mit Rücksicht auf die persönliche Gefährlichkeit des Vorbereitenden schon als solche eine aktuelle Bedrohung des Rechtsfriedens darstellen.39 Bei Handlungen, die bereits im Vorbereitungsstadium strafbar sind, han-delt es sich um Gefährdungsstrafrecht.40 Hierbei kann zwischen der Vor-bereitung der eigenen Tat und der Vorbereitung der zeitlich nachfolgenden Schädigungshandlung eines anderen unterschieden werden. Zudem gibt es vertypte und unvertypte Vorbereitungshandlungen, d.h. solche bei denen nur bestimmte Vorbereitungshandlungen strafbar sind (z.B. die §§ 30, 89a

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37 Vgl. Schroeder, Schutz von Staat und Verfassung, S. 303f.; Roxin, StR AT I, § 10, Rn. 84.

38 Vgl. Maurach/Gössel/Zipf, Strafrecht AT, Teilband 2, § 39, Rn. 43. 39 Vgl. Maurach/Gössel/Zipf, Strafrecht AT, Teilband 2, § 39, Rn. 44. 40 Vgl. Puschke, in: Grenzenlose Vorverlagerung des Strafrechts, S. 9 (10).

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StGB) und Delikte, bei denen die Vorbereitung allgemein strafbar ist (z.B. § 83 StGB).41

1. Die Eigenvorbereitung

Die Eigenvorbereitung betrifft die Fälle, in denen derjenige, der die Haupttat später ausführt, selbst die Vorbereitungshandlungen vornimmt. Die strafbare Eigenvorbereitung ist der Ausnahmefall im Strafgesetzbuch. Ein Beispiel dafür bietet § 89a StGB. In § 89a Abs. 1, 2 Nr.2 StGB wird z.B. derjenige bestraft, der eine schwere staatsgefährdende Gewalttat vor-bereitet, indem er sich Waffen verschafft und sein Vorsatz darauf gerichtet ist, dass diese Handlung auf die Vorbereitung einer schweren staatsge-fährdenden Gewalttat gerichtet ist.42

2. Die Fremdvorbereitung

Zur Fremdvorbereitung gehören alle Akte, die darauf hinzielen, die Vo-raussetzungen des Ausführungsbeginns eines Delikts zu schaffen, das von einem anderen begangen werden soll. Hierunter fällt die versuchte Anstif-tung gem. § 30 StGB. Der Vorbereitung ist es immanent, dass sich diese an der sachlichen Natur der Tätigkeit und nicht an der ausführenden Per-son der Haupttat orientiert.43 Zur Ausführung der Haupttat trägt eine sol-che Handlung noch nicht bei, da sie nur auf die Schaffung der Vorausset-zungen für diese abzielt.

III. Vorfeldkriminalisierung als Teilbereich der Vorverlagerung

Die Vorfeldkriminalisierung ist im Gegensatz zu den Vorbereitungsdelik-ten im engeren Sinn nicht von einem im Strafgesetzbuch vorhandenen Vollendungsdelikt abhängig. Die inkriminierte Handlung orientiert sich also nicht an einem Delikt, welches im Vollendungszeitpunkt bereits

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41 Vgl. Chou, Zur Legitimität von Vorbereitungsdelikten, S. 20ff. 42 Vgl. Sternberg-Lieben, in: Schönke/Schröder, § 89a, Rn. 14, 17. 43 Vgl. Coester, Die Vorbereitungshandlung, S. 98; Schindler, Die Strafbarkeit der

Vorbereitung in rechtsstaatlicher Sicht, S. 84.

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strafbar ist, sondern erfasst einen komplett eigenen Unrechtsgehalt. Die Vorfeldkriminalisierung ist allein an einer eigenen Verwirklichung eines vorgelagerten Unwertes orientiert. Es gibt folglich keine Haupttat, die auf einer Zeitskala die Vollendung darstellt. Die Vorverlagerung des Straf-rechtsschutzes stellt einen Oberbegriff für das Phänomen der Strafbarkeit von Handlungen bereits im Bereich vor der Verletzung eines konkreten Angriffsobjekts und dessen Wirkungen allgemein dar. Das Strafrecht wird als kriminalpolitisches Mittel gegen ein zunehmendes Gefühl von Bedro-hung und für die Befriedigung eines hiermit einhergehenden Sicherheits-bedürfnisses eingesetzt.44 Der Begriff des Vorfelds deutet damit das Legi-timationsproblem einer Vorschrift an, die bloße Risikozusammenhänge normiert.45 Können Handlungen, die an sich ungefährlich sind, mit Rück-griff auf einen nichtvorhersehbaren Geschehensablauf kriminalisiert wer-den? Solche Normen bedürfen einer besonderen Legitimation in rechts-gutsbezogener Hinsicht und müssen strengen Grenzen unterliegen. Es werden Verhalten kriminalisiert, die ohne nachfolgendes und seinerseits deliktisches Zutun des Täters oder einer anderen Person überhaupt nicht oder allenfalls minimal gefährlich sind. So evident es einerseits sein mag, dass mit dem Verhalten ein gefährlicher Verlauf beginnt, so evident ist es andererseits, dass die Realisierung der Gefahr erst von Taten droht, die vielleicht noch nicht einmal geplant sind.46 Gemutmaßte Gefährlichkeit wird damit zum Anknüpfungspunkt der Regelungen.47

Es handelt sich hierbei einerseits um abstrakte Gefährdungsdelikte, die die Schaffung eines unbeherrschbaren Risikos pönalisieren und damit Strafrechtsschutz durch Zufallsbeherrschung erreichen wollen.48 Beispiele hierfür sind die Trunkenheit im Verkehr gem. § 316 Abs. 1 und 2 StGB, aber auch § 52 WaffG, in dem der Besitz, der Erwerb, die Überlassung ei-ner Waffe und weitere ähnliche Handlungen geahndet werden. Anderer-seits handelt es sich um Verhalten, die selbst bei Voraussicht der mögli-chen Folgen noch keine Deliktsausführung wären, sondern allgemeine Vorbereitungshandlungen, die keinem bestehenden Delikt zuzuordnen sind. Mit anderen Worten: Die Strafbarkeit wird ins Vorbereitungsstadium

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44 Vgl. Puschke, StV 2015, 457 (458). 45 Vgl. Beck, Unrechtsbegründung und Vorfeldkriminalisierung, S. 30. 46 Vgl. Jakobs, Strafrecht AT, Abschnitt 6, Rn. 86a. 47 Vgl. Puschke StV 2015, 457 (458). 48 Vgl. Kratzsch, Verhaltenssteuerung und Organisation im Strafrecht, S. 119;

Sieber NStZ 2009, 353 (358).

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vorverlagert.49 Die §§ 129, 129a StGB sind dabei ein klassisches Beispiel für diese Deliktsgruppe. Strafbare Handlung ist nicht die Vorbereitung ei-ner bestimmten Tat, sondern die Schaffung eines Kriminalumfeldes aus dem strafbare Handlungen begangen werden können. Erfasst wird die Vorbereitung einer Vorbereitung, jedoch mit einem eigenständigen Rechtsgut und nicht einem vollendeten Delikt als Bezugspunkt. Vorfeld-normen weisen typischerweise Rechtsgüter der Allgemeinheit oder Rechtsgüter mit Staatsschutzbelangen als Bezugspunkt auf. Diese sind in-haltlich oft schwer zu konkretisieren. Beispiele hierfür sind die „innere Si-cherheit“, die „Straßenverkehrssicherheit“ und die „Volksgesundheit“.

IV. Zusammenfassung

Die Vorverlagerung des Strafrechtsschutzes erfolgt mithin in unterschied-licher Art und Weise. Der Begriff der Vorverlagerung ist zunächst nur der Oberbegriff für das Phänomen als solches. Unterscheiden lässt sich die Vorverlagerung in die Vorbereitung eines ins Auge gefassten Delikts und die Bestrafung von Handlungen im Vorfeld einer Unwertverwirklichung, die keinen Bezug zu einem Delikt im Vollendungszeitpunkt aufweisen. Anknüpfungspunkt kann jedoch für beide Arten nur die strafrechtlich ver-typte Schädigung oder Gefährdung eines Achtungsanspruchs sein. Die Pönalisierung von Handlungen weit im Vorfeld jener Schädigung oder Gefährdung muss dabei einer sehr strengen Legitimationsprüfung unter-zogen werden.

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49 Vgl. Jakobs, Strafrecht AT, Abschnitt 6, Rn. 86a.

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