Vollprobetest und Wirkprinzippruefung sicherheitstechnischer...

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1 Vollprobetest und Wirkprinzipprüfung sicherheitstechnischer Anlagen - Wer? Wie? Was? Warum? Dipl.-Ing. Frank Lucka, MEng. Dipl.-Ing. Achim Ernst Kurzfassung In der VDI 6010 Blatt 3 werden sowohl textlich als auch grafisch die Handlungsempfehlungen zur Vorbereitung und Durchführung des Vollprobentestes beziehungsweise bei bauordnungsrechtlichen Erfordernissen der Wirkprinzipprüfung dargestellt. Insbesondere die Anhänge sind ein wirksames Werkzeug zur Vorbereitung und Durchführung der Prüfhandlungen. Ziel ist es dabei, eine einheitliche Herangehensweise der Projektbeteiligten verschiedener Projekte zu erreichen und die Ergebnisse auch nach Jahren reproduzierbar zu machen. Die VDI 6010 Blatt 3 dient der Standardisierung von Prozessabläufen und kann sowohl für privatrechtliche Prüfungen (Vollprobetest) als auch öffentlich-rechtliche Prüfungen (Wirkprinzipprüfungen) benutzt werden. Sie stellt einen von grundsätzlich mehreren möglichen Wegen zur Vorbereitung und Durchführung der Prüfhandlungen dar und stellt die Vergleichbarkeit und Vollständigkeit der notwendigen Handlungen sicher. Nicht erforderliche Mehrfachprüfungen können vermieden werden. Anhand von Beispielen werden Erfahrungen aus der Schweiz und Deutschland dargestellt. 1 Einleitung Moderne, komplexe bauliche Anlagen sind einerseits durch ihre Nutzungsmischung und Größe sowie andererseits durch die Ausstattung mit technischen Anlagen, welche untereinander mehr oder weniger verknüpft sind, geprägt. Als Beispiele seien an dieser Stelle multifunktionale Einkaufszentren, Freizeitanlagen und Krankenhäuser genannt. In diesen baulichen Anlagen sind neben den primären Nutzungseinheiten Versammlungsräume, Bürobereiche, Tiefgaragen und in einigen Fällen Wohnungen angeordnet. In Krankenhäusern sind es Gebäudeteile zur Behandlung, Büros, Patientenzimmer und OP-Einheiten. Diese Nutzungseinheiten sind baulich miteinander verknüpft. Komplexe Strukturen der baulichen Anlagen erfordern komplexe Brandschutznachweise /-konzepte zur Umsetzung der Schutzziele der Musterbauordnung (Landesbauordnung) und der Sonderbauvorschriften. Ein systemübergreifendes Wirken der sicherheitstechnischen Anlagen in Abhängigkeit von der Lage des Brandereignisses in

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Vollprobetest und Wirkprinzipprüfung sicherheitstechnischer Anlagen - Wer? Wie? Was? Warum? Dipl.-Ing. Frank Lucka, MEng. Dipl.-Ing. Achim Ernst

Kurzfassung

In der VDI 6010 Blatt 3 werden sowohl textlich als auch grafisch die Handlungsempfehlungen zur Vorbereitung und Durchführung des Vollprobentestes beziehungsweise bei bauordnungsrechtlichen Erfordernissen der Wirkprinzipprüfung dargestellt. Insbesondere die Anhänge sind ein wirksames Werkzeug zur Vorbereitung und Durchführung der Prüfhandlungen. Ziel ist es dabei, eine einheitliche Herangehensweise der Projektbeteiligten verschiedener Projekte zu erreichen und die Ergebnisse auch nach Jahren reproduzierbar zu machen. Die VDI 6010 Blatt 3 dient der Standardisierung von Prozessabläufen und kann sowohl für privatrechtliche Prüfungen (Vollprobetest) als auch öffentlich-rechtliche Prüfungen (Wirkprinzipprüfungen) benutzt werden. Sie stellt einen von grundsätzlich mehreren möglichen Wegen zur Vorbereitung und Durchführung der Prüfhandlungen dar und stellt die Vergleichbarkeit und Vollständigkeit der notwendigen Handlungen sicher. Nicht erforderliche Mehrfachprüfungen können vermieden werden.

Anhand von Beispielen werden Erfahrungen aus der Schweiz und Deutschland dargestellt.

1 Einleitung

Moderne, komplexe bauliche Anlagen sind einerseits durch ihre Nutzungsmischung und Größe sowie andererseits durch die Ausstattung mit technischen Anlagen, welche untereinander mehr oder weniger verknüpft sind, geprägt. Als Beispiele seien an dieser Stelle multifunktionale Einkaufszentren, Freizeitanlagen und Krankenhäuser genannt. In diesen baulichen Anlagen sind neben den primären Nutzungseinheiten Versammlungsräume, Bürobereiche, Tiefgaragen und in einigen Fällen Wohnungen angeordnet. In Krankenhäusern sind es Gebäudeteile zur Behandlung, Büros, Patientenzimmer und OP-Einheiten. Diese Nutzungseinheiten sind baulich miteinander verknüpft.

Komplexe Strukturen der baulichen Anlagen erfordern komplexe Brandschutznachweise /-konzepte zur Umsetzung der Schutzziele der Musterbauordnung (Landesbauordnung) und der Sonderbauvorschriften. Ein systemübergreifendes Wirken der sicherheitstechnischen Anlagen in Abhängigkeit von der Lage des Brandereignisses in

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der baulichen Anlage ist von großer Bedeutung. Dabei sind Brandabschnitte, Geschosse sowie brandschutztechnisch klassifiziert abgetrennte Bereiche zu beachten.

Die Durchführung von Wirkprinzipprüfungen ist bauordnungsrechtlich vorgeschrieben. Bisher sind jedoch weder die Abläufe für die Planung noch für die Prüfungen einheitlich geregelt bzw. standardisiert.

Um diese Lücke zu schließen wurde zunächst die Richtlinie VDI 6010 Blatt 3 „Sicherheitstechnische Einrichtungen für Gebäude, Vollprobetest und Wirkprinzipprüfung“ erarbeitet und im Januar 2015 in Kraft gesetzt.

Die momentan in Überarbeitung befindliche Richtlinie VDI 6010 Blatt 1 wird sich mit der Planung von Brandfallsteuerungen an Sicherheitstechnischen Anlagen und Einrichtungen für Gebäude beschäftigen. Gleichzeitig wird die VDI 3819-Reihe abgestimmt mit der VDI 6010-Reihe überarbeitet.

2 Funktionen von Gebäudetechniksystemen - öffentlich-rechtliche Anforderungen, Sicherheitsrelevanz, Betriebsnotwendigkeit

2.1 Grundlagen für die gewerkeübergreifende Betrachtung

Es existieren neben den Brandmeldeanlagen weitere sicherheitstechnische Anlagen, die zum anlagentechnischen Brandschutz gehören. Beispielhaft sind dies Anlagen zur Rauchableitung, Anlagen zur Rauchfreihaltung, Sprachalarmierungsanlagen, Feuerlöschanlagen, sicherheitstechnische elektrische Anlagen und so weiter. Des Weiteren gibt es brandschutztechnische Einrichtungen wie Feststellanlagen für klassifizierte Abschlüsse (Brand- und Rauchschutztüren), textile (flexible) Rauch- und Feuerschutzabschlüsse, Einrichtungen (Öffnungen) zur Rauchableitung, Brand- und Rauchschutzklappen in Lüftungsanlagen und so weiter.

Neben den genannten sicherheitstechnischen Anlagen und Einrichtungen können bei einer Verknüpfung der Gewerke auch noch weitere technische Gebäudeausrüstungen Einfluss auf brandschutztechnische Schutzziele haben (zum Beispiel Aufzugssteuerung, raumlufttechnische Anlagen, Anlagen zur Energieerzeugung und –verteilung, Sonnenschutzanlagen mit Einfluss auf die Rauchableitung und so weiter). Unter Umständen müssen Ansteuerungen und Verknüpfungen mit diesen Anlagen in die Schutzzielbetrachtung mit einbezogen werden, um die Sicherheit der Gebäudenutzer zu gewährleisten.

In der Praxis wird derzeit jedes einzelne Gewerk eigenständig geplant, errichtet und betrieben, so dass zum Teil autarke Auslöseeinrichtungen (zum Beispiel Rauchschalter, Handmelder und so weiter) parallel zu Ansteuereinrichtungen (zum Beispiel der BMA) eingesetzt werden. Vor Ort wird dann häufig die so genannte „Melderaustellung“ von den Beteiligten belächelt, bei der an gleichem Standort mehrere Melder mit gleichem Auslösekriterium verschiedener Anlagen angeordnet werden.

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Aufgrund der Komplexität der baulichen Anlagen ist es für viele Anwendungsfälle zweckmäßig, die Gewerke miteinander zu verknüpfen, um wirkungsvoll die bauordnungsrechtlichen Schutzziele zur Gefahrenabwehr zu erreichen. Dadurch werden gegeneinander wirkende Funktionen vermieden. Es ist von entscheidender Bedeutung, das Augenmerk auf die notwendigen Verknüpfungen zu legen und nicht jede mögliche Schnittstelle vorzusehen.

Die Optimierung der Umsetzung der bauordnungsrechtlichen Schutzziele Selbstrettung von Personen und Sicherstellung von wirksamen Löscharbeiten erfolgt im Regelfall durch den schutzzielbezogenen Einsatz von folgenden anlagentechnischen Maßnahmen:

Schnelle und sichere Detektion und Meldung eines Entstehungsbrandes

Optimierte Alarmierung zur Verkürzung der Reaktionszeit der Gebäudenutzer

Zielgerichtete Fluchtwegführung innerhalb der Gehzeiten

Sicherstellung der Rauchfreihaltung in Sicherheitstreppenräumen und Feuerwehraufzügen

Frühzeitige Aktivierung der Rauchableitung in einer bestimmten Zone

Ortsfeste Löschanlagen zur Eindämmung der Brandentwicklung

Der Einsatz von Brandmeldeanlagen in Verbindung mit anderen sicherheitstechnischen Anlagen und Einrichtungen trägt zur Verkürzung der Zeit zur Branderkennung bei. Die damit verbundenen Reaktionszeiten sowohl auf Seiten der Gebäudenutzer als auch auf Seiten der Feuerwehr zur Sicherstellung des abwehrenden Brandschutzes werden verbessert. Maßnahmen des anlagentechnischen Brandschutzes bieten somit Möglichkeiten, in verschiedenen Phasen der Selbstrettung, der Evakuierung von Gebäuden sowie bei wirksamen Löscharbeiten regulierend und / oder unterstützend einzugreifen. Zur Sicherstellung der bauordnungsrechtlichen Schutzziele müssen die sicherheitstechnischen Anlagen aufeinander abgestimmt betriebssicher wirken.

2.2 Bauordnungsrechtliche Grundlagen

2.2.1 Anforderungen aus Regelwerken

In der Musterbauordnung (MBO) sind aktuell keine direkt erkennbaren Anforderungen an die Wechselwirkung von sicherheitstechnischen Anlagen definiert. Auch in Sonderbauvorschriften sind nur wenige eindeutigen Anforderungen an die Wechselwirkungen von sicherheitstechnischen Anlagen beschrieben.

Damit ist der häufig in der täglichen Baupraxis vorkommende Satz „Wo steht denn das?“ für die Beteiligten schwer zu beantworten. Häufig bedarf es der schutzzielorientierten

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Herleitung durch Fachleute. Diese Herleitung wird jedoch häufig in Frage gestellt durch die Bauherren (Laien), durch Architekten, Projektsteuerer oder Juristen.

Nur für einzelne sicherheitstechnische Anlagen sind Anforderungen definiert. Nachfolgend werden Beispiele von Anforderungen aus Sonderbauvorschriften und technischen Regeln herausgestellt.

In der Muster-Richtlinie über den Bau und Betrieb von Hochhäusern (MHHR:2008-04) ist Folgendes festgelegt: „6.2.3 Druckbelüftungsanlagen müssen durch die Brandmeldeanlage automatisch ausgelöst werden. Sie müssen den erforderlichen Überdruck umgehend nach Auslösung aufbauen. ….… “ „6.4.5 Aufzüge müssen mit einer Brandfallsteuerung ausgestattet sein, die durch die automatische Brandmeldeanlage ausgelöst wird. …“

Die DIN EN 81-73:2005-08 „Sicherheitsregeln für die Konstruktion und den Einbau von Aufzügen; Verhalten von Aufzügen im Brandfall“ beinhaltet folgende Regelungen: „5.4.1 Bei einem vorhandenen Branderkennungssystem muss der Aufzug eine oder mehrere Bestimmungshaltestellen, wie nachfolgend beschrieben bedienen. Nach Eingang des in 5.1.1 beschriebenen elektrischen Signals muss der Aufzug in die Hauptbestimmungshaltestelle (normalerweise das Erdgeschoss) in Übereinstimmung mit 5.3 zurückkehren. “ „5.4.2 … Wird ein Brand durch das automatische Branderkennungssystem auf Höhe der Hauptbestimmungshaltestelle erkannt, muss der Aufzug ein weiteres elektrisches Signal erhalten, um den Fahrkorb in die alternative Bestimmungshaltestelle(n) zu senden.“

Auch die DIN 14675:2012-04 definiert im Abschnitt 5.1 „Schutzziele“ unter anderem die automatische Ansteuerung von Brandschutz- und Betriebseinrichtungen. Weiterhin sind in der DIN 14675:2012-04 unter anderem folgende Textpassagen in diesem Zusammenhang von Relevanz: „6.1.4 Andere Systeme: … sind solche Einrichtungen und Anlagen des jeweiligen Gebäudes, die keine Bestandteile des Brandmeldesystems (BMS) sind, die aber im Brandfall von der BMA dieses Gebäudes automatisch angesteuert werden müssen (Brandfallsteuerung) oder diese ansteuern, um die nach Abschnitt 5 geforderten Brandschutzfunktionen sicherzustellen. … “ „Brandfallsteuerungen von anderen Systemen erfolgen über Schnittstellen, deren Aus- und Eingänge, elektrische Daten und Signale, Übertragungswege und Überwachung, durch die Hersteller der beiden Systeme aufeinander abgestimmt, spezifiziert und dokumentiert sein müssen. “ „6.2.3 Zusätzliche Einrichtungen: Für die Ansteuerung von Brandschutzeinrichtungen gilt DIN VDE 0833-2 … “ Zusätzlich zu den primären Zwecken der Brandentdeckung und Alarmierung können Brandmeldungen der Anlage zur Ansteuerung zusätzlicher Einrichtungen verwendet werden. …“ „8. Inbetriebsetzung … Die bereichsbezogenen Zuordnungen und Abhängigkeiten zwischen auslösenden Brandmeldern / Meldegruppen und entsprechenden

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Steuerausgängen für Alarmierungseinrichtungen, Brandfallsteuerung und so weiter sind mindestens durch Simulation der Ansteuerung einer Funktionsprüfung zu unterziehen.“

Fazit: Die Ansteuerung von sicherheitstechnischen und gebäudetechnischen Anlagen durch die Brandmeldeanlage im Brandfall ist gemäß DIN 14675:2012-04 zu planen und im Rahmen der werkvertraglichen Abnahme zu prüfen. Die Wechselwirkungen zwischen den sicherheitstechnischen Anlagen sind gemäß DIN 14674:2010-09 zu betrachten, zu planen und auf Wirksamkeit und Betriebssicherheit zu prüfen. Diese technischen privatrechtlichen Abnahmen ersetzen jedoch nicht die bauordnungsrechtliche Prüfung durch Prüfsachverständige.

2.2.2 Musterprüfverordnung

Die Überarbeitung der Muster-Verordnung über Prüfungen von technischen Anlagen nach Bauordnungsrecht -MPrüfVO- (Muster-Prüfverordnung) diente nach Angaben der ARGEBAU sowohl der Anpassung an die MBO, den europäischen Vorgaben im Rahmen der Dienstleistungsrichtlinie als auch der Berücksichtigung bestehender Regelungen der Bundesländer. Der Anwendungsbereich in MPrüfVO:2011-03 ist im § 1 geregelt. Im Wesentlichen sind hier geregelte Sonderbauten betroffen, wobei durch den Hinweis auf § 51 MBO die untere Bauaufsicht im Einzelfall die Möglichkeit hat, auch in anderen nicht geregelten Sonderbauten die Prüfung technischer Anlagen im Einzelfall anzuordnen. Diese Anordnung erfolgt dann im Rahmen der Baugenehmigung.

In § 2 Absatz 1 Satz 1 der MPrüfVO:2011-3 heißt es:

„Durch Prüfsachverständige für die Prüfung technischer Anlagen müssen auf ihre Wirksamkeit und Betriebssicherheit einschließlich des bestimmungsgemäßen Zusammenwirkens von Anlagen (Wirk-Prinzip-Prüfung) geprüft werden...“

Es ist somit eine Wirk-Prinzip-Prüfung durchzuführen, das heißt, durch die Prüfsachverständigen für die Prüfung technischer Anlagen müssen die Wirksamkeit und Betriebssicherheit einschließlich des bestimmungsgemäßen Zusammenwirkens von Anlagen geprüft werden.

Dies wurde 2011 eindeutig formuliert, war aber schon seit Jahrzehnten so interpretierbar in den Prüfvorschriften enthalten.

Im § 2 MPrüfVO:2011-3 sind die prüfpflichtigen Anlagen zur Prüfung durch Prüfsachverständige definiert:

Lüftungsanlagen, ausgenommen solche, die einzelne Räume im selben Geschoss unmittelbar ins Freie be- und entlüften

CO-Warnanlagen

Rauchabzugsanlagen

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Druckbelüftungsanlagen (neu!)

Feuerlöschanlagen, ausgenommen nichtselbständige Feuerlöschanlagen mit trockenen Steigleitungen ohne Druckerhöhungsanlagen

Brandmelde- und Alarmierungseinrichtungen

Sicherheitsstromversorgungen (Definition!)

Gemäß § 2 Abs. 2 MPrüfVO:2011-3 sind die Prüfungen nach Abs. 1

vor der ersten Aufnahme der Nutzung der baulichen Anlagen

unverzüglich nach einer technischen Änderung der baulichen Anlagen sowie

unverzüglich nach einer wesentlichen Änderung der technischen Anlagen sowie

jeweils innerhalb einer Frist von drei Jahren (wiederkehrende Prüfungen)

durchführen zu lassen.

Hinweis: Die Bescheinigung erfolgt jedoch nur für die Einzelanlagen, die Prüfung soll jedoch einschließlich der Wirk-Prinzip-Prüfung erfolgen. Daher wurden in der Vergangenheit häufig die verschiedenen betroffenen Ausführungsfirmen mehrfach für die Prüfung der Brandfallsteuerungen bestellt. Bei wiederkehrenden Prüfungen war auch festzustellen, dass vorherige Prüfsachverständige die Brandfallsteuerungen überhaupt nicht geprüft haben können. Dies erhöht die Risiken, den Aufwand und die Kosten. Es erzeugt Unverständnis bei den Auftraggebern. Hier besteht eine Lücke, die mit Sachverstand durch die Beteiligten zu schließen ist. Daher ist zunehmend in den letzten Jahren das Erfordernis entstanden, gemeinsame Prüfungen durchzuführen

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2.2.3 Prüfgrundsätze

Prüfgrundsätze im Sinne der bauaufsichtlichen Prüfung prüfpflichtiger technischer Anlagen und dem betrachteten Fachgebiet der bauaufsichtlichen Prüfungen ist die Kurzform der „Grundsätze für die Prüfung technischer Anlagen entsprechend der Muster-Prüfverordnung durch bauaufsichtlich anerkannte Prüfsachverständige“ in der Fassung vom 26.11.2010 der ARGEBAU oder mit Zusatz die in einem Bundesland (zum Beispiel NRW und Hamburg) eingeführte Version der Prüfgrundsätze.

Der aktuelle Stand wurde durch Beschluss der 283. Sitzung der Fachkommission Bauaufsicht der ARGEBAU, TOP 11 bekannt gemacht (Redaktionsstand 21.04.2011).

Die Prüfgrundsätze definieren für die Prüfsachverständigen die erforderlichen Prüfhandlungen und legen die Möglichkeiten von stichpunktartigen Prüfungen fest. Für Brandfallsteuerungen ist derzeit eine stichpunktartige Prüfung weder für Erstprüfungen noch für wiederkehrende Prüfungen vorgesehen. Daher ist die Methode der VDI 6010 Blatt 3 ein Weg der Optimierung der in den Prüfgrundsätzen dargestellten 100%-Prüfung.

2.2.4 Bauvorlagenverordnung

Bereits am 01./ 02. Juli 2010 fand die 280. Sitzung der Fachkommission Bauaufsicht statt. Hinsichtlich der Prüfungen von technischen Anlagen wurde eine Überarbeitung der Prüfgrundsätze und eine Ergänzung und Anpassung der Muster-Prüfverordnung besprochen. Im Zusammenhang mit den bereitzustellenden Unterlagen wurde über die Darstellung und Prüfung von Wechselwirkungen von sicherheitstechnischen Anlagen diskutiert.

Gemäß dem Beschluss der Fachkommission Bauaufsicht sind die beschreibbaren, zur Schutzzielsicherstellung erforderlichen Wechselwirkungen als Bestandteil des Brandschutznachweises zu betrachten.

Die Beschreibung der Wechselwirkungen sicherheitstechnischer Anlagen soll in der nächsten Novellierung der Muster-Bauvorlagenverordnung berücksichtigt und zukünftig Bestandteil des Brandschutznachweises werden.

Durch den Obmann des Arbeitskreises Technische Gebäudeausrüstung der Fachkommission Bauaufsicht der Bauministerkonferenz wurde zum Gründruck der VDI 6010 Blatt 3 ein Einspruch eingelegt, der im Gremium bearbeitet wurde und zu grundsätzlichen Änderungen des Weißdruckes geführt hat. Insbesondere wird mit Blick auf die Muster-Prüfgrundsätze der ARGEBAU darauf hingewiesen, dass auch der Gesetzgeber es redaktionell nicht für leistbar erachtet hat, sämtliche Prüfgrundlagen für alle möglichen Anwendungen abschließend aufzulisten. Des Weiteren wird in dem Einspruch darauf verwiesen, dass auch die technischen Regelwerke Informationen enthalten, die für die Prüfungen erforderlich sind.

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Fazit: Die Vorgabedokumente sind projektspezifisch variabel und immer im Einzelfall zusammen zu stellen. Eine vollständige Aufzählung aller Vorgabedokumente in Normen und Regelwerken ist nicht möglich.

2.2.5 Anforderungen aus Baugenehmigungen

In den letzten Jahren erfolgt zunehmend die Forderung zur Erstellung einer Brandfallsteuermatrix als Auflage im Rahmen der Baugenehmigung beziehungsweise als Auflage im Prüfbericht eines Prüfingenieurs für vorbeugenden Brandschutz. In vielen Fällen wird dies im Brandschutznachweis/-konzept schutzzielorientiert benannt. Beispielhaft aus dem Jahr 2011 erfolgte in einem Bericht über die Prüfung des Brandschutzkonzeptes für eine Wohnstätte für Erwachsene mit geistigen und mehrfachen Behinderungen, also einen ungeregelten Sonderbau, folgende Auflage: „Punkt 10 Prüfbemerkungen / Punkt 10.4.16 Die unter Punkt 6.2.5.1 des Brandschutzkonzeptes geforderte Funktionsmatrix für den Brandfall ist vor den Installationsarbeiten dem unterzeichnenden Prüfingenieur zur Prüfung vorzulegen.“

Aufgrund der Praxiserfahrungen ergibt sich grundsätzlich die Anforderung einer Festlegung, wer für die Durchführung von Prüfhandlungen verantwortlich ist. Insbesondere in Brandschutzkonzepten für komplexere Gebäude werden häufig Abhängigkeiten zwischen den einzelnen Anlagen konzeptionell vorgegeben, um im Brandfall die Selbstrettung von Personen sowie den Einsatz der Feuerwehr zu unterstützen. Häufig werden durch eine gezielte Ansteuerung von mehreren Anlagenkomponenten Abweichungen vom Bauordnungsrecht kompensiert, da durch deren Ansteuerung eine zum baulichen Brandschutz gleichwertige Lösung erzielt werden kann. Daher stellt sich die Frage, wer das sicherheitstechnische Steuerungskonzept und/oder die Brandfallsteuermatrix und im Anschluss die tatsächliche Realisierung in den Gebäuden vor Ort auf Umsetzung unter verschiedenen Prüfbedingungen prüft.

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3 Hilfsmittel für die Planung, Durchführung und Dokumentation - SIA-Merkblatt 2046 (Schweiz) und VDI 6010 Blatt 3 (Deutschland)

Die Notwendigkeit zur Durchführung von Wirkprinzipprüfungen ist bauordnungsrechtlich seit einigen Jahren vorgeschrieben, jedoch ausschließlich auf öffentlich-rechtliche bzw. bauordnungsrechtlich geforderte Sicherheitstechnische Anlagen bzw. Einrichtungen beschränkt. Daher werden diese Regelungen den Anforderungen an die heutigen multifunktionalen Gebäude mit komplexer, vernetzter Gebäudetechnik nicht mehr gerecht.

Eine einheitliche Umsetzung der Vorgaben für Wirkprinzipprüfungen war bisher nicht sichergestellt, da weder die Abläufe für die Planung noch für die der Prüfungen einheitlich geregelt bzw. standardisiert waren.

Bei Bestandsgebäuden bestand zudem – trotz vorhandener Regelungen – teilweise Unkenntnis über die Verantwortungen für die Durchführung von Wirkprinzipprüfungen nach wesentlichen Änderungen und wiederkehrenden Wirkprinzipprüfungen.

3.1 Situation in der Schweiz

Zum besseren Verständnis für die Tagungsteilnehmer verwenden wir in den folgenden Punkten im Wesentlichen die deutschen Begriffe. Die deutschen Begriffe sind im Anhang zusammenfassend erläutert. Einige schweizerische Begriffe sind im Text erwähnt, in Abschnitt 3.4 stellt eine Tabelle einige deutsche und schweizerische Begriffe gegenüber.

In der Schweiz wurde im Jahr 2008 die Brandschutzerläuterung „Gewährleistung der Betriebsbereitschaft von Brandfallsteuerungen“ in Kraft gesetzt, welches erstmalig die Abläufe für die Planung und Prüfung von Brandfallsteuerungen beschrieb.

Neben Begriffsdefinitionen und einem groben Ablauf wurden einige Muster von Vorgabedokumenten als Hilfsmittel für die Verantwortlichen zur Verfügung gestellt.

Nach Veröffentlichung dieses Merkblattes wurden die Erstellung von Brandfallsteuermatrizen und die Durchführung von Wirkprinzipprüfungen (in der Schweiz: „Integrale Tests Brandfallsteuerungen“) in den meisten Projekten mit relevanten Brandfallsteuerungen als Auflage durch die Genehmigungsbehörden verfügt.

Das Merkblatt war in der Darstellung aber noch zu oberflächlich und damit nicht in der Lage eine Standardisierung zu erreichen.

Daher wurde in der Schweiz das SIA-Merkblatt „Integrale Tests von Gebäudetechniksystemen“ erarbeitet, das die Vorbereitung und Durchführung von Vollprobetests (in der Schweiz: „Integraler Tests von Gebäudetechniksystemen“) konkretisiert.

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In Deutschland wurde parallel die Richtlinie VDI 6010 Blatt 3 erstellt, welche das Vorgehen für Vollprobetests sicherheitstechnischer Anlagen und Einrichtungen definiert.

Aktuell wird in Deutschland die Richtlinie VDI 6010 Blatt 1 überarbeitet, welche ein strukturiertes Vorgehen zur Planung und Darstellung von sicherheitstechnischer Anlagen und Einrichtungen vorschlägt.

3.2 Entstehung des SIA-Merkblattes 2046 und der VDI 6010 Blatt 3

Aufgrund der Erfahrung aus Großprojekten, bei welchen Fertigstellungstermine aufgrund von Schnittstellenproblemen bei Planung und den notwendigen Prüfungen nicht eingehalten werden konnten, wurde die Notwendigkeit einer Standardisierung der Planung, aber auch der Prüfungen erkannt.

Während die Richtlinie VDI 6010 Blatt 3 durch eine Kommission von Brandschutz- und Gebäudetechnikexperten sowie Prüfsachverständigen und Bauherrenvertretern erarbeitet wurde, setzte sich die Kommission des SIA mehrheitlich aus Gebäudetechnikexperten zusammen. Die Erarbeitung der VDI-Richtlinie und des SIA-Merkblattes waren nicht koordiniert und somit auch nicht aufeinander abgestimmt.

Obwohl die Kommissionen, die die Richtlinie VDI 6010 Blatt 3 und das SIA-Merkblatt 2046 erstellt haben, sich nicht ausgetauscht haben, unterschiedlich zusammengesetzt waren und aus zwei unterschiedlichen Ländern stammten, kamen sie zu denselben grundlegenden Schlussfolgerungen:

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Es ist eine Standardisierung der Abläufe bei der Vorbereitung und Durchführung von Vollprobetests und Wirkprinzipprüfungen notwendig.

Es muss die Vergleichbarkeit verschiedener Prüfungen am selben Gebäude bzw. technischen System sichergestellt werden.

Es muss eine klare Beschreibung der Verantwortungen für die öffentlich-rechtlich notwendigen Sicherheitsfunktionen und die durchzuführenden Prüfungen zur Verfügung stehen.

Im September 2014 trafen sich in der Schweiz Vertreter aus Deutschland, der Schweiz und Österreich, um insbesondere über die Ergebnisse der beiden Dokumente einen Austausch im deutschsprachigen Raum vorzunehmen. Dieser Dialog ergab Zustimmung zu dem begonnenen Weg und muss entsprechend fortgesetzt werden.

3.3 Gemeinsamkeiten

Beide Kommissionen kamen zu folgenden gemeinsamen Schlussfolgerungen:

Die bisher auf die öffentlich-rechtlichen geforderten, sicherheitsrelevanten Funktionen beschränkte Betrachtung ist auf weitere betriebsnotwendige bzw. „normale“ Funktionen von Gebäudetechniksystemen zu erweitern.

Der Vollprobetest bzw. Integrale Test von Gebäudetechniksystemen muss neben der Wirkprinzipprüfung auch die Prüfung weiterer betriebsnotwendiger Funktionen wie Security (Einbruchmeldeanlagen, Zutrittskontrolle, etc.), Gebäudeautomation (Raumklima, Sonnenschutz, etc.) und eine Vielzahl weiterer gebäude- und kommunikationstechnischer Funktionen bzw. Anlagen beinhalten.

Die Planung, Durchführung und Dokumentation der notwendigen Prüfungen in einem Gebäudekomplex sind zu standardisieren und mit entsprechenden Hilfsmitteln zu unterstützen.

Es sind einheitliche Prozesse und Verantwortlichkeiten für reine Wirkprinzipprüfungen aber auch die umfassenderen Vollprobetests zu definieren.

Die Verantwortungen für die Prüfungen in Bestandsgebäuden sind klar zu thematisieren.

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3.4 Unterschiede

Wesentliche Begriffe unterscheiden sich, jedoch lediglich in der Wortwahl, kaum aber im Inhalt.

Begriffsunterschiede in Deutschland und der Schweiz

Besonderheiten der VDI 6010 Blatt 3:

Sie orientiert sich im Wesentlichen an Dokumentvorlagen

Die Zuordnung zu den Leistungsphasen ist nicht ganz klar

Die dargestellten Prozesse beginnen erst in der Prüfungs- und Abnahmephase für die Planung wird die Richtlinie VDI 6010 Blatt 1 erarbeitet

Das Blatt 3 stützt sich auf die Blätter 1 und 2 ab und konzentriert sich auf die Prüfungs- und Abnahmephase, weshalb die dargestellten Prozesse auch erst in dieser Phase beginnen

Nach Fertigstellung der Blätter 1 und 2 ist wahrscheinlich eine redaktionelle Anpassung der Blattes 3 erforderlich

Besonderheiten des SIA-Merkblattes 2046:

Das Merkblatt ist stark prozessorientiert geprägt

Die Prozessschritte werden klar den Projektphasen zugeordnet

Der Prozess beginnt bereits in der Planungsphase durchgängiges Dokument über alle Phasen

Die Fristen bzw. Zyklen für die wiederkehrenden Wirkprinzipprüfungen sind nicht einheitlich:

VDI 6010 Blatt 3: max. 3 Jahre

SIA-Merkblatt 2046: abhängig von der Komplexität des Gesamtsystems (siehe Qualitätssicherungsstufe gemäß Brandschutzrichtlinie „Qualitätssicherung im Brandschutz“)

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3.5 Welche Unterstützung bieten die beiden Hilfsmittel

Die VDI-Richtlinie liefert – vor Allem in den Anhängen – viele Muster, um die Verantwortlichen zu unterstützen, während das SIA-Merkblatt lediglich 2 Beispiele enthält. Es werden reproduzierbare Prozessabläufe beschrieben, die auf Bauvorhaben aller Größen übertragbar sind.

Hinweis: im Kommentar zur VDI 6010 Blatt 3 sind weitere Muster und Beispiele enthalten. Als Autoren wünschen wir uns weitere Praxiserfahrungen aus dem Kollegenkreis, um in der nächsten Auflage umfangreiche Ergänzungen zu ermöglichen.

3.6 Die VKF-Brandschutzrichtlinie „Qualitätssicherung im Brandschutz“

Anfang 2015 wurden die aktualisierten schweizerischen Brandschutzvorschriften in Kraft gesetzt. Diese enthielten auch die neue Brandschutzrichtlinie „Qualitätssicherung im Brandschutz“.

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Diese Brandschutzrichtlinie definiert Qualitätssicherungsstufen in Abhängigkeit von der Komplexität des betrachteten Gebäudes:

„Qualitätssicherungsstufe (QSS)

1 Neubauten sowie bauliche oder nutzungsbezogene Änderungen an allen Bauten und Anlagen werden in eine der vier Qualitätssicherungsstufen (QSS) eingeteilt.

2 Die Anforderungen an die Qualitätssicherung richten sich nach den Kriterien für Brandschutzanforderungen, Einrichtungen für den technischen Brandschutz sowie verwendeter Nachweisverfahren im Brandschutz. Die Einstufung erfolgt nach Nutzung, Gebäudegeometrie (Gebäudehöhe, Ausdehnung), Bauweise und besonderen Brandrisiken.“

Aus den Qualitätsstufen resultieren die notwendigen Qualifikationen des QS Verantwortlichen Brandschutz:

„Anforderungen QS Verantwortlicher Brandschutz

1 Angewandtes Fachwissen Qualitätssicherung bei Projektierung, Ausschreibung und Realisation von Bauten und Anlagen. Der Qualitätssicherungsstufe entsprechende Kenntnisse der Brandschutzvorschriften, der behördlichen Abläufe und für das Erstellen oder Prüfen auf Plausibilität von Dokumenten (z. B. Brandschutzkonzepte, Brandschutzpläne, Brandschutznachweise).

2 In Abhängigkeit der Qualitätssicherungsstufe muss der QS Verantwortliche Brandschutz über eine Anerkennung zum Brandschutzfachmann VKF, respektive Brandschutzexperten VKF oder über eine gleichwertige Ausbildung verfügen.

Außerdem ergeben sich folgende Vorgaben

Planung: Erstellung Konzept Brandfallsteuerungen und Brandfallsteuermatrix durch den QS Verantwortlichen Brandschutz (ab Qualitätssicherungsstufe 2)

Wirkprinzipprüfung: Organisation, Planung und Durchführung Integraler Tests durch den QS Verantwortlichen Brandschutz (ab Qualitätssicherungsstufe 1)

3.7 Von der Funktions- und Schnittstellenmatrix über die Brandfallsteuerung bis zum Prüfplan

3.7.1 Gebäudefunktionalität

Die VDI 6010 Blatt 3 bietet standardisierte Prozessabläufe für die Vorbereitung, Durchführung und Dokumentation von Wirkprinzipprüfungen und der umfassenderen Vollprobetests. Durch die Standardisierung der Prozesse wird die Vergleichbarkeit und

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Vollständigkeit der notwendigen Handlungen sichergestellt. Nicht erforderliche Mehrfachprüfungen können vermieden werden.

Die Planung der Verknüpfungen und Wechselwirkungen sicherheitstechnischer Anlagen und Einrichtungen ist je nach Komplexität des Gebäudes ein mehrtägiger bis mehrmonatiger Prozess. Nach der Beschaffung und Auswertung der Grundlagen (Pläne, Listen, Schemata, etc.) sind die Verknüpfungen und Wechselwirkungen in geeigneter Form zu dokumentieren.

Da zu den Gesamtfunktionen eines Gebäudes auch normale Sicherheits- und Nutzungsfunktionen gehören, welche nicht durch das Bauordnungsrecht abgedeckt werden, wurde die Richtlinie VDI 6010 Blatt 3 nicht auf die bauordnungsrechtlichen Sicherheitsfunktionen begrenzt, sondern betrachtet die gesamte Gebäudefunktionalität inklusive der normalen Nutzungsfunktionen.

Gebäudefunktionalität

normale Nutzungsfunktionen

bauordnungsrechtlicheSicherheitsfunktionen

Gebäudefunktionalität

Gebäudefunktionalität während der normalen Nutzung eines Büroraumes, © Jörg Balow VDI

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3.7.2 Situation in Deutschland

Eine „einheitliche“ Praxis war lediglich in Forderungen über die Darstellung der Ansteuerungen von technischen Anlagen bzw. Einrichtungen eines Gebäudes bei einem Brandfall inklusive zugehöriger Steuerungskomponenten und Verknüpfungsfunktionen in einer Brandfallsteuermatrix und der Prüfung der bauordnungsrechtlichen Sicherheitsfunktionen im Rahmen einer Wirkprinzipprüfung zu erkennen.

Die Art und Weise der Darstellung, d.h. der Aufbau und Inhalt der Brandfallsteuermatrix sowie die Abläufe bei der Vorbereitung, Durchführung und Dokumentation zu realisierender Brandfallsteuerungen erfolgte jeweils im Rahmen der bauordnungsrechtlichen Vorgaben nach bestem Wissen und Gewissen der Verantwortlichen. Es entstanden unterschiedliche Formen und Bearbeitungstiefen.

Als Grundlage der Brandfallsteuermatrix dienten die verfügbaren Grundlagen (Pläne, Listen, Schemata, etc.) und die Wirkprinzipprüfung wurde auf Basis der Brandfall-steuermatrix mit individuellen Instrumenten vorbereitet, durchgeführt und dokumentiert.

Eine Funktions- und Schnittstellenmatrix und ein Prüfplan kamen nur zum Einsatz, wenn diese Instrumente zum Standard-Repertoire der jeweils Verantwortlichen gehörten. Die vorhandenen Regelwerke wurden nur durch einen kleinen Teil der Baubeteiligten angewendet.

Erst durch das Vorliegen der Richtlinie VDI 6010 Blatt 3 werden diese Instrumente als Hilfsmittel gemeinsam mit weiteren Tools als Standardinstrumente empfohlen.

Zukünftig werden standardisierte Abläufe, welche u.a. die Funktions- und Schnittstellenmatrix, die Brandfallsteuermatrix und den Prüfplan enthalten, in den Richtlinienreihen VDI 3819 und 6010 beschrieben.

Vereinfacht können die Kernprozessschritte wie folgt dargestellt werden:

Funktions‐ und Schnittstellenmatrix 

Brandfallsteuermatrix

Sicherheitstechnisches Steuerungskonzept (sSK)

Prüfplan nach VDI 6010‐3

Beginn in der Regel in LP 2 – 3 HOAI (Vorplanung/Entwurf)anzustreben ist Bestandteil der Bauvorlagen

Beginn in LP 3 ‐ 4 HOAI (Entwurf/Genehmigung),Fortschreibung in allen weiteren Phasen

Erstellung in LP 5 HOAI (Ausführungsplanung – Besondere Leistung), Fortschreibung in allen weiteren Phasen

LP 8 HOAI (Objektüberwachung)Abnahmephase / Prüfung

LP = Leistungsphase gemäß HOAI vom sSK zum Prüfplan

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Es ist Aufgabe aller an der Planung Beteiligten, sich eingehend mit den Wechsel-wirkungen und den Schnittstellen der Anlagentechnik und deren Planung auseinander zu setzen. Die Maßnahmen des anlagentechnischen Brandschutzes werden eine immer größere Bedeutung zur Sicherstellung der bauordnungsrechtlichen Schutzziele erhalten.

In der täglichen Planungs- und Baupraxis werden die sicherheitstechnischen Anlagen jeweils als autarke, in sich geschlossen wirkende Systeme betrachtet. Wechselwirkungen und funktionale Abhängigkeiten werden meistens nicht oder falsch eingeschätzt. Meldungen, Steuerung, An- und Abschaltung von technischen Anlagen werden in der Planung nur bedingt berücksichtigt. In der Folge funktioniert das Zusammenwirken mit Maßnahmen anderer Gewerke nicht zuverlässig oder es werden bei bestimmten Brandszenarien gefährliche Situationen hervorrufen.

Daher muss bereits in der Entwurfsphase mit der Erstellung einer gewerkeübergreifenden Dokumentation begonnen werden, in der über die Ausstattung des Gebäudes und über die Brandschutzmaßnahmen entschieden wird. Diese Dokumentation muss dann im weiteren Planungsprozess beziehungsweise der Ausführung und während des gesamten Lebenszyklusses des Gebäudes fortgeschrieben und verfeinert werden. Die Dokumentation beinhaltet sowohl Funktionen der Anlagen im Brandfall als auch Funktionen für andere Prozesse und normale Nutzungen.

Nachfolgend werden die einzelnen Prozessschritte der Planung der Funktionen und Wechselwirkungen im Brandschutz dargestellt:

Konzeptionelle Überlegungen (Brandschutzkonzept)

Aufstellung des sicherheitstechnischen Steuerungskonzeptes (sSK)

Erstellung einer Schnittstellen- und Funktionsmatrix mit verbaler Beschreibung für die gesamte Gebäudefunktionalität

tabellarische Brandfallsteuermatrix („Kreuzchentabelle“), entstanden aus der Schnittstellen- und Funktionsmatrix

3.7.3 Sicherheitstechnisches Steuerungskonzept (sSK)

Sind die Verknüpfungen und Wechselwirkungen komplex, ist es empfehlenswert - als Grundlage für die Funktions- und Schnittstellenmatrix (siehe nächster Abschnitt) - ein Sicherheitstechnisches Steuerungskonzept (sSK) zu erstellen. Für die prüfpflichtigen Anlagen wird in den Prüfgrundsätzen die Vorlage eines sSK gefordert.

In der Schweiz wird seit diesem Jahr ab einer definierten Komplexität des Gebäudes (ab Qualitätssicherungsstufe 2) als konzeptionelle Grundlage zur Planung der Brandfallsteuerungen ein Konzept Brandfallsteuerungen gefordert. Es dient der Darstellung der Ansteuerung von Komponenten eines Gebäudes bei einem Brandfall inklusive zugehöriger Steuerungskomponenten und Verknüpfungsfunktionen in Prosa (Ansteuerungsphilosophie und Zonierung) sowie der Dokumentation der relevanten Grundlagen und Rahmenbedingungen.

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Die Erstellung des sSK erfolgt durch den Fachplaner Brandschutz im Rahmen der verbalen Beschreibungen des Brandschutzkonzeptes. Dabei sind zu berücksichtigen:

Beschreibung der Abhängigkeit von bestimmten Brandszenarien und Brandorten

Beschreibung der Abhängigkeiten der Brandschutzfunktionen einzelner sicherheitstechnischer Anlagen sowie die Funktionalitäten der sicherheitstechnischen Anlagen (Wechselwirkungen, zum Beispiel Ansteuerung von Türöffnungen, Türschließungen, Aktivierung von Druckbelüftungsanlagen und so weiter)

In der darauf folgenden Planung werden weitere Untersuchungen und Planungsschritte erforderlich, um die konzeptionelle Vorgaben im Detail umzusetzen. Hierfür sind die Fachplaner der jeweiligen Gewerke verantwortlich. Die Wechselwirkungen und Schnittstellen für den Gebäudebetrieb sind zu dokumentieren. Die Koordination aller an der Planung Beteiligten erfolgt durch den Entwurfsverfasser. Der Entwurfsverfasser ist verantwortlich für alle Bauvorlagen im Sinne der jeweiligen Landesbauordnung.

In den Fällen, wo die Überlegungen den Gewerkeplanern oder sogar den ausführenden Firmen überlassen werden, fehlt oftmals der Blick auf das gesamte Projekt beziehungsweise die Sensibilität für die konkrete bauliche Anlage. In der Praxis ist diese Aufgabe ein interaktiver und mehrstufiger Prozess. Die enge Abstimmung mit Planern, Bauherrn und Behörden ist zwingend erforderlich, um allen Belangen gerecht werden zu können.

3.7.4 Funktions- und Schnittstellenmatrix

Liegen alle Informationen vor, ist eine Schnittstellen- und Funktionsmatrix durch einen der Planungsbeteiligten oder einen externen beteiligten Matrixersteller aufzustellen, die die Planungsergebnisse im Ganzen abbildet. Erfahrungsgemäß ist es in den meisten Fällen erforderlich, die Schnittstellen- und Funktionsmatrix bis zur Fertigstellung des Objektes und während des späteren Gebäudebetriebes mehrfach anzupassen beziehungsweise fortzuschreiben. Grundsätzlich gilt immer das Erfordernis, so einfach wie möglich und so komplex wie nötig.

In der Funktions- und Schnittstellenmatrix werden die im Sicherheitstechnischen Steuerungskonzeptes (sSK) beschriebenen Funktionen und Wechselwirkungen von sicherheitstechnischen Anlagen und Einrichtungen aller Gewerke im Gebäude tabellarisch dargestellt. Einrichtungen und Bauteile ohne brandschutztechnische Anforderungen sind ebenfalls Bestandteile der Funktions- und Schnittstellenmatrix.

Erfahrungsgemäß bildet die daraus entstehende Brandfallsteuermatrix eine wesentliche Teilmenge der gesamten Funktions- und Schnittstellenmatrix.

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In der Praxis besteht die Funktions- und Schnittstellenmatrix oft aus mehreren Instrumenten, der Brandfallsteuermatrix und weiteren Darstellungen für die nicht brandschutztechnisch relevanten Verknüpfungen und Wechselwirkungen.

In der nachfolgenden Grafik sind die Verantwortlichkeiten beziehungsweise Beteiligten bei der Erstellung für eine gewerkespezifische Funktions- und Schnittstellenmatrix für den Brandfall dargestellt.

Funktions‐ und Schnittstellenmatrix (z.B.: Brandfallsteuermatrix)

Fachplaner nach MBO für Technische Ausrüstung

(Elektrotechnik)Aufgaben:

Planung der beauftragten Anlagentechnik

Planung der Schnittstellen der eigenen Anlagen mit den anderen Anlagen

Fachplaner nach MBO für Technische Ausrüstung

(Mechanik)Aufgaben:

Planung der beauftragten Anlagentechnik

Planung der Schnittstellen der eigenen Anlagen mit den anderen Anlagen 

Eigentümer / Betreiber / NutzerAufgaben:

Erstellung Raumprogramm

Vorgaben an die FunktionalitätVorgaben über eigene Anlagen 

(Medizintechnik, Produktion)

Fachplaner nach MBO für BrandschutzAufgaben:

Erstellung Brandschutznachweis / Brandschutzkonzept

Definition der SchutzzielePrüfung der Übereinstimmung der 

Funktionsmatrix mit den Schutzzielen

Bauvorlageberechtigter Entwurfsverfasser 

nach MBOAufgaben:

Erstellung Raum‐ und Entfluchtungskonzept

Planung der Ausbaugewerke

Planung der Fassade

Funktions- und Schnittstellenmatrix am Beispiel einer Brandfallsteuermatrix – Aufgaben der Beteiligten © Dipl.-Ing. (FH) F. Lucka, MEng., Dipl.-Ing. St. Tietze, MEng.

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3.7.5 Brandfallsteuermatrix

Eine Brandfallsteuermatrix soll durch eine vereinfachte Darstellung notwendige Steuerungen und insbesondere die möglichen Wechselwirkungen von Sicherheitskomponenten im Brandfall darstellen. Sie unterscheidet Quellen (Sensoren) und Senken (Aktoren).

Brandmeldung Quelle 1 Quelle 2 Quelle 3 Quelle n

Senke 1 X X

Senke 2 X X X

Senke 3 X

Senke n X X Variante der Grundstruktur einer Brandfallsteuermatrix

Eine Quelle (z.B. Sensoren, Melder, Meldegruppen usw.) ist gemäß VDI 6010 Blatt 3 ein Bauteil oder Gruppe von Bauteilen, über die ein Ereignis erfasst wird. Eine Senke (Einschalten von Entrauchungsanlagen, Abschalten von Lüftungsanlagen, Einschalten von Signalleuchten, Absetzen von Notrufsignalen, Brandfallsteuerung von Aufzügen, usw.) ist gemäß VDI 6010 Blatt 3 ist ein Bauteil oder Bauteile, die durch ein Ereignis in einen definierten Betriebszustand versetzt werden.

Die Brandfallsteuerungsmatrix kann aus der Funktions- und Schnittstellenmatrix, welche zusätzlich Einrichtungen und Bauteile ohne brandschutztechnische Anforderungen enthält, erstellt werden oder ist deren Teilmenge.

Durch die Brandmeldetechnik können aufgrund der heutigen Ringbustechnik mit Kopplern und potentialfreien Kontakten im Brandfall eine Vielzahl von technischen Anlagen in das brandschutztechnische Gesamtkonzept als aktive Sicherheitskomponenten (Senken) eingebunden werden. Die Steuerung dieser Senken erfolgt in diesem Fall über eine Programmierung in der dazugehörigen Brandmeldezentrale. Dabei wird die Systemkonformität gemäß der DIN EN 54-Reihe vorausgesetzt. Es müssen jedoch die Grenzen der Brandmeldetechnik bewusst erkannt werden. Durch eine Brandmeldeanlage können nicht umfangreiche Gebäudeautomationssysteme ersetzt werden. Das heißt, bei komplexen Gebäuden kann man nicht jede Steuer- oder Auslösefunktion über die Brandmeldetechnik realisieren. Alternativ können sicherheitsgerichtete Steuerungen der Gebäudeautomation verwendet werden, wie sie in der Industrie üblich sind.

Als Vorbereitung auf die Programmierung müssen für alle Senken (aktive Sicherungskomponenten) die erforderlichen Aktionen im Brandfall auf Grundlage des Brandschutznachweises/-konzeptes in der Brandfallsteuermatrix definiert werden.

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Wie an der Darstellung im folgenden Bild erkennbar ist, wird durch die BMZ sowohl die Brandmeldung erfasst, als auch die Brandfallsteuerung ausgelöst. Für einige Komponenten (zum Beispiel Feuerlöschanlagen) sind beide Möglichkeiten gegeben. Dies ist bei der Definition von Quellen und Senken zu beachten.

Sonstige Brandfall‐steue‐rungen

Brandmeldung BrandfallsteuerungSystemgrenze der gebäudetechnischen Anlage

Brandfallsteuermatrix mit Brandmeldeanlagen © Dipl.-Ing. (FH) F. Lucka, MEng., Dipl.-Ing. St. Tietze, MEng.

3.7.6 Planung von Übertragungswegen

Die DIN 14674:2010-09 beschreibt die Planung von Übertragungswegen zwischen sicherheitstechnischen Anlagen. Hier werden die Arten der Übertragungswege klassifiziert und Arbeitsabläufe beschrieben zur Durchführung dieses Planungsprozesses. In der VDI 6010 Blatt 3 wurden im Anhang D Beispiele für Funktionsprinzipien von Übertragungswegen dargestellt. Diese Beispiele sind mit Bezug auf DIN 14674:2010-09 Vorschläge für verschiedene Anwendungsfälle und die erforderlichen Funktionsprüfungen. Im Rahmen der Reaktionen auf die VDI 6010 Blatt 3 kann es unter Umständen erforderlich sein, diese Anforderungen in die Teile 1 oder 2 der VDI 6010 zu übertragen.

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3.7.7 Erfolgsfaktoren für die Planung

Die Planung der Verknüpfungen und Wechselwirkungen sicherheitstechnischer Anlagen und Einrichtungen hat in Bezug auf den Prozessablauf immer dann gute Erfolgsaussichten, wenn es gelingt:

alle Schnittstellen zu berücksichtigen und zu regeln

alle Projektbeteiligten ins Boot zu holen

3.8 Vollprobetests und Wirkprinzipprüfungen nach VDI 6010 Blatt 3

3.8.1 Vollprobetest / Wirkprinzipprüfung – Ablaufschema

In der VDI 6010 Blatt 3 werden sowohl textlich als auch grafisch die Handlungsempfehlungen zur Vorbereitung und Durchführung des Vollprobentestes beziehungsweise bei bauordnungsrechtlichen Erfordernissen der Wirkprinzipprüfung dargestellt. Insbesondere die Anhänge sind ein wirksames Werkzeug zur Vorbereitung und Durchführung der Prüfhandlungen. Ziel ist es dabei, eine einheitliche Herangehensweise der Projektbeteiligten verschiedener Projekte zu erreichen und die Ergebnisse auch nach Jahren reproduzierbar zu machen. Die VDI 6010 Blatt 3 dient der Standardisierung von Prozessabläufen und kann sowohl für privatrechtliche Prüfungen (Vollprobetest) als auch öffentlich-rechtliche Prüfungen (Wirkprinzipprüfungen) benutzt werden. Sie stellt einen von grundsätzlich mehreren möglichen Wegen zur Vorbereitung und Durchführung der Prüfhandlungen dar. Dadurch wird die Vergleichbarkeit und Vollständigkeit der notwendigen Handlungen gewährleistet und nicht erforderliche Mehrfachprüfungen können vermieden werden.

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Vorgabedokumente auf Vollständigkeit prüfen

Vollprobetestist erforderlich.

Verantwortliche für Vollprobetest festlegen; gegebenenfalls leitenden Prüfsachverständigen bestellen 

PrüferGewerk A

PrüferGewerk B

PrüferGewerk C

PrüferGewerk n

Sichtung der Vorgabedokumente,Identifizierung möglicher Abhängigkeiten

Prüfanleitung erstellen,Geeignete Simulationen für Auslösungen auswählen und weitere Beteiligte festlegen

Vorbereitung der Prüfung,mögliche kritische Situationen mit Beteiligten 

abstimmen und Vorkehrungen fürFehlreaktionen treffen.

Durchführung der Prüfung

Wirkprinzipprüfung Schwarzschaltung zusätzliche Prüfungen

Bewertung, Dokumentation und Diskussion der Ergebnisse

4.1

5.2 und 5.3

5.4

5.2

5.4

5.2 und 5.5

5.6

5.7

6

Abschnitt in der Richtlinie

Arbeitsschritte Vollprobetest gemäß VDI 6010 Blatt 3 © VDI 6010 Blatt 3 / Dipl.-Ing. H. Berger, Dipl.-Ing. (FH) F. Lucka, MEng.

1:1 Test der Anlagen

Erstprüfung durchPrüfsachverständige / 

Sachkundige

Fertig gestellte Anlagen

Ohne wesentliche Mängel

Wirkprinzipprüfung

Vorbereitung der Wirkprinzipprüfung, © VDI 6010 Blatt 3 / Dipl.-Ing. (FH) F. Lucka, MEng.

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Zur Durchführung des Vollprobetestes, dessen Bestandteil die Wirkprinzipprüfung nach Bauordnungsrecht sein kann, sind Vorbereitungen erforderlich, um den Erfolg der Prüfhandlungen sicherzustellen.

Nachfolgend werden die einzelnen Prozessschritte der Vorbereitung, Durchführung und Dokumentation eines Vollprobetests dargestellt:

Festlegung und Bestellung der Verantwortlichen

Zusammenstellung und Prüfung der Vorgabedokumente

Erstellung der Prüfanleitung

Vorbereitung der Prüfpläne

Vorbereitung der Prüftermine und Prüfhandlungen

Vorbereitungen mit dem Gebäudebetreibern

Durchführung des Vollprobentestes (Wirkprinzipprüfung)

Bescheinigung der Prüfsachverständigen für die prüfpflichtigen Anlagen

Abschließende Konformitätserklärung durch den Brandschutzkonzeptersteller

Je nach Bundesland abschließender Prüfbericht des Prüfingenieurs für vorbeugenden Brandschutz oder der unteren Bauaufsicht

3.8.2 Vorgabedokumente

Die Aufstellung einer Prüfanleitung mit Prüfplänen muss auf der Basis aller relevanten Vorgabedokumente erfolgen. Daher werden in der VDI 6010 Blatt 3 die notwendigen Vorgabedokumente beispielhaft beschrieben. Die erforderlichen Unterlagen sind für die Prüfung des Gesamtsystems in einer Dokumentation zusammenzuführen. Zum Zusammenstellen der Prüfanleitung können die Muster aus dem der VDI 6010 Blatt 3 Anhang A benutzt werden.

Vor der Durchführung eines Vollprobetestes muss der Nachweis der erfolgreichen Prüfung der Teilsysteme vorhanden sein.

Anmerkung gemäß VDI 6010 Blatt 3: Ein geeigneter Nachweis der erfolgreichen Prüfung eines Teilsystems ist die Bescheinigung durch einen Sachverständigen bzw. Sachkundigen über die Wirksamkeit und Betriebssicherheit des jeweiligen Teilsystems.

In Ausnahmefällen kann es erforderlich sein, den Nachweis der Wirksamkeit und Betriebssicherheit von Teilsystemen (zum Beispiel Stromerzeugungsaggregate) im Rahmen des Vollprobetests zu erbringen. Diesen Ausnahmen ist vom Prüfverantwortlichen des Vollprobetests zuzustimmen.

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3.8.3 Prüfanleitung mit Prüfplänen

Eine vollständige Prüfanleitung mit Prüfplänen ist eine unverzichtbare Voraussetzung für die Durchführung eines Vollprobetests. Prüfanleitung und Prüfpläne sind vor dem Vollprobetest zu erstellen. Zur Erstellung der Prüfanleitung und der Prüfpläne sind die Vorgabedokumente heranzuziehen. Der Verantwortliche für den Vollprobetest bestimmt, welche Prüfszenarien zu prüfen sind. Bei der Aufstellung der Prüfanleitung mit den Prüfplänen für die einzelnen Prüfszenarien sind verschiedene Prüfbedingungen zu beachten, dies sind beispielhaft:

Brand/Explosion

Bombenalarm/Amokalarm

Ausfall der Energieversorgung

Witterungseinflüsse (Wind, Hochwasser, Blitzschlag- und Überspannungen)

Nutzungsbezogene Betreiberanforderungen.

Prüfanleitung

Die Prüfanleitung umfasst folgende wesentlichen Vorgaben und Dokumente:

Deckblatt für Prüfunterlagen

Prüfplan mit festgelegten Auslöseszenarien (Prüfgruppen und zugehörige Auslösemuster)

Anlagen zu den Prüfplänen (z.B. aus Vorgabedokumenten erstellte Hilfsmittel für den Test wie Übersichts- oder Türenpläne)

Verhaltensregeln für nicht an den Tests Beteiligte

Geeignete Darstellung von Schnittstellen und Verantwortungen

Terminplan

Vorgabedokumente

Ablaufplan für die Vorbereitung des Vollprobetests

Ablaufplan für die Durchführung des Vollprobetests

Durch die Prüfanleitung für den Vollprobetest werden keine neuen Anforderungen an die Systeme gestellt. Mit den Einzelprüfungen und der erforderlichen Dokumentation der Teilsysteme gemäß Abschnitt 5.4 der VDI 6010 Blatt 3 wird die Prüfgrundlage für das Gesamtsystem lediglich zur Verfügung gestellt.

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Beispiel für ein Deckblatt der Prüfunterlagen

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Prüfplan (gemäß VDI 6010 - Blatt 3)

Der Prüfplan ist nach VDI 6010 Blatt 3 die Einzelbeschreibung von Szenarien innerhalb eines Gesamtsystems zur Durchführung und Dokumentation des Vollprobetests. Er ist ein Teil der Prüfanleitung

Ja Nein

Senke 1 X

Senke 2 X

Senke 3

Senke 4 X

Senke n

Prüfszenario für Auslöseszenario: Nr.

Prüfgruppe: Quellen 1‐3

Senken Auslösemuster Bem.Prüfergebnis 

Grundstruktur für einen Prüfplan

Die Prüfpläne sind die Handlungsanleitung für die Durchführung des Vollprobetests und gleichermaßen das Arbeitsprotokoll für die Dokumentation der Feststellungen bei der Abarbeitung der Prüfschritte im Vollprobetest. In diesen Prüfplänen werden alle Sollfunktionen der Anlagen und Komponenten erfasst und deren Funktion wiedergegeben. Für jedes Prüfszenario ist somit in Abhängigkeit von einer Quelle sowie einer oder mehrerer Senken die Sollfunktion des Auslösemusters einer Prüfgruppe zugeordnet. Aus der Summe der Sollfunktionen der Auslöseszenarien ergibt sich die Gesamtfunktionalität für das Gebäude. Ein Prüfplan ist für alle erforderlichen Szenarien aufzustellen. Dabei sind Brandorte und Auslösearten zu benennen.

Die folgende Darstellung beinhaltet gemäß VDI 6010 Blatt 3 die Zusammenhänge zwischen Prüfgruppe und dem Auslösemuster. Dies beschreibt die Entstehung eines Auslöseszenarios.

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Brandmeldung 0112/1‐10(Quelle)

Übertragungseinrichtung

Brandmeldung 0113/1‐5(Quelle)

Entrauchungsventilator 34/2

Abschalten Lüftungsanlage

Prüfgruppe 112

Brandmeldung 0116/1‐17(Quelle)

Optischer Signalgeber

Aufzug 6

Alarmierungsgruppe 15

Löschbereich 12/5

Auslöseszenario 23‐1

Auslösemuster 15

Senke(n):

Grafische Darstellung eines Auslöseszenarios © VDI 6010 Blatt 3 / Dipl.-Ing. H. Berger

Die folgende Darstellung beinhaltet gemäß VDI 6010 Blatt 3 ein ausgewähltes Prüfszenario, welches tabellarisch durch einen Prüfplan dargestellt wird. Dabei wird durch Auslösung einer Quelle unter bestimmten Randbedingungen das geplante Auslösemuster im Bereich der Senke(n) angesprochen. Alle Prüfergebnisse sind dann in dem tabellarischen Prüfplan zu dokumentieren.

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Brandmeldung 0112/1‐10(Quelle)

Übertragungseinrichtung

Brandmeldung 0113/1‐5(Quelle)

Entrauchungsventilator 34/2

Abschalten Lüftungsanlage

Prüfgruppe 112

Brandmeldung 0116/1‐17(Quelle)

Optischer Signalgeber

Aufzug 6

Alarmierungsgruppe 15

Löschbereich 12/5

Auslöseszenario 23‐1

Auslösemuster 15

Senke(n):

: ausgewähltes Prüfszenario

Grafische Darstellung eines Prüfszenarios innerhalb eines Auslöseszenarios © VDI 6010 Blatt 3 / Dipl.-Ing. H. Berger

Das folgende Bild beinhaltet gemäß VDI 6010 Blatt 3 den Vorschlag für einen Prüfplan. Dieser Prüfplan ist auch elektronisch Bestandteil der Richtlinie. Der Prüfplan beschreibt in komprimierter und verständlicher Form die erforderlichen Anlagenfunktionen. Anhand des Prüfplanes können die Beteiligten bei dem Vollprobetest oder im Rahmen der bauordnungsrechtlich erforderlichen Wirkprinzipprüfung die ihnen durch den Verantwortlichen für den Vollprobetest (zum Beispiel leitender Prüfsachverständiger) zugewiesenen Aufgaben erfüllen. Die Beteiligten können ihre Prüfergebnisse in den Prüfplänen vermerken und die Funktionen der Ansteuerungen sowie die Wirkungen aller Senken darstellen (Wirkprinzip). Damit ist der Prüfplan das wesentliche Dokument für die Wirkprinzipprüfung und ein Vorgabedokument für alle zukünftigen wiederkehrenden Prüfungen im laufenden Betrieb. Am Ende werden alle Listen durch den Verantwortlichen für den Vollprobetest (zum Beispiel dem leitenden Prüfsachverständigen) ausgewertet und zusammengeführt. Nach allen Prüfungen wird ein abschließender Prüfbericht erstellt und dem Bauherrn/Betreiber übergeben. Der Prüfbericht dient dem Bauherrn/Betreiber als Nachweis der Einhaltung der Schutzziele und der Gewährleistung der Anlagenfunktionen im Brandfall, die sich aus den Vorgabedokumenten ergeben haben. Gleichzeitig kann der Prüfbericht Feststellungen und Hinweise enthalten, die im Weiteren bei der Inbetriebnahme des Gebäudes noch zu beachten sind.

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Beispiel für einen Prüfplan

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3.8.4 Weitere Vorbereitungen

Weitere Vorbereitungsschritte für den Vollprobetest sind in der Richtlinie VDI 6010 Blatt 3 ausführliche beschrieben.

3.8.5 Prüfverantwortung

Gemäß VDI 6010 Blatt 3 ist der Verantwortliche für die Koordinierung und Durchführung des Vollprobetests durch den Auftraggeber festzulegen. Handelt es sich um bauordnungsrechtlich prüfpflichtige Anlagen, sollte hierfür ein „leitender Prüfsachverständiger“ benannt werden. Dabei sind Vorgaben aus dem regionalen Bauordnungsrecht oder Vorgaben aufgrund besonderer Anlagentechnik zu berücksichtigen. Der Verantwortliche für den Vollprobetest (leitender Prüfsachverständiger) stellt entsprechend den Anforderungen ein Team zusammen und legt damit die Teilnehmer an der Prüfung fest.

Der Verantwortliche für den Vollprobetest sollte folgende Qualifikationen besitzen:

Grundlegende Kenntnisse bauordnungsrechtlicher Anforderungen

Grundlegende Kenntnisse über Anlagenfunktionen der anzusteuernden Systeme

Besondere Kenntnisse im Bereich der BMA, Gebäudeautomation, Anlagen zur Rauchableitung und im Besonderen der Schnittstellen.

Das überdurchschnittliche Wissen im Bereich der zentralen Anlagentechnik beim Verantwortlichen für den Vollprobetest kann sich sowohl auf die Brandmeldetechnik oder sicherheitsgerichtete Steuerungen der Gebäudeleittechnik je nach Anwendungsfall beziehen.

Gemäß VDI 6010 Blatt 3 wird im Anhang A4 eine Musterliste der Beteiligten am Vollprobetest vorgeschlagen. Im konkreten Anwendungsfall ist zu prüfen, welche der vorgeschlagenen Beteiligten erforderlich sind beziehungsweise welche im besonderen Einzelfall darüber hinaus noch verantwortlich sind.

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3.8.6 Muster-Verhaltensregeln

In der VDI 6010 Blatt 3 sind im Anhang B Muster-Verhaltensregeln aufgestellt, die sowohl die an den Prüfhandlungen beteiligten Personen als auch nicht direkt beteiligte Personen während des Vollprobetests betreffen. Es ist zu empfehlen, gebäudeabhängig Regeln aufzustellen. Dies gilt insbesondere für Gebäude mit besonderen Sicherheitsvorkehrungen, besonderen Zugangsberechtigungen oder erhebliche Beeinflussungen zum Beispiel eines Produktionsprozesses durch die Prüfhandlungen.

3.8.7 Vorbereitung des Vollprobetests

In der VDI 6010 Blatt 3 sind im Anhang C Beispiele zur Vorbereitung eines Vollprobetests benannt. Hier werden sowohl Inhalte als auch mögliche Einflüsse bei der Durchführung des Vollprobetests beispielhaft aufgeführt. Des Weiteren werden die zum Teil über mehrere Monate erforderlichen Vorbereitungsarbeiten und Klärungen der Grundlagen eines Vollprobetests oder einer Wirkprinzipprüfung beispielhaft aus Erfahrungen verschiedener Projekte im In- und Ausland beschrieben und dargestellt.

3.8.8 Durchführung und Dokumentation

Auf der Basis der beschriebenen Vorbereitungen wird der Vollprobetest oder die Wirkprinzipprüfung mit mehreren Beteiligten begonnen. Nach einer Einweisung und Vorbesprechung werden nacheinander die Prüfszenarien gemäß den Prüfplänen geprüft. Dabei wird die Funktion aller Senken eines Auslösemusters an den Anlagen vor Ort geprüft. Hierfür wird aus der Prüfgruppe eine Quelle ausgelöst. Die zum Vollprobetest durchgeführten Prüfungen müssen in schriftlicher Form in einem zusammenfassenden Prüfbericht dokumentiert und bewertet werden. Bestandteil des Prüfberichtes werden die Prüfpläne mit der Darstellung aller Prüfschritte, den Prüfbedingungen, den Teilnehmern und der Prüfergebnisse.

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4 Praxiserfahrungen und Anwendungsbeispiele in der Schweiz und in Deutschland

4.1 Praxiserfahrungen und Anwendungsbeispiele aus der Schweiz

Bei Gruner AG werden die im SIA Merkblatt 2046 vorgeschlagenen Prozesse schon seit einigen Jahren sowohl für die Planung als auch die Wirkprinzipprüfungen angewandt. Lediglich die Form der angewandten Hilfsmittel entspricht nicht genau den Mustern des neuen Merkblattes.

Es gibt langjährige Erfahrungen mit über die Wirkprinzipprüfungen hinausgehenden Vollprobetests. Diese beziehen sich unter anderem auf nutzerspezifische Ansteuerungen im Brandfall (z.B. verschieden Alarmierungssysteme zur internen Alarmierung, Entriegelung von Türen in Fluchtwegen, die auch ohne diese Ansteuerung die Anforderungen erfüllen, Einbruchmeldesysteme, Kassensysteme usw.), welche nicht behördlich gefordert sind.

Das in der VKF-Brandschutzrichtlinie beschriebene Vorgehen in Bezug auf das Planungshilfsmittel „Konzept Brandfallsteuerungen“ wird durch die Gruner AG ebenfalls seit mehr als 10 Jahren bei komplexen Gebäuden angewandt.

Aus unserer Sicht haben sich diese standardisierten Prozessstrukturen sowohl für komplexe Gebäude als auch für einfachere Bauwerke bewährt. Es sind jedoch noch einige zusätzliche Faktoren zu berücksichtigen, um Projekte in Bezug auf die Brandfallsteuerungen erfolgreich begleiten zu können. Diese werden in den Folgeabschnitten beschrieben. Außerdem werden einige komplexe aber auch einfache Projekte vorgestellt, die unter Einhaltung der erwähnten Prozesse erfolgreich begleitet werden konnten.

4.1.1 Planung von Brandfallsteuerungen

Die Planung von Brandfallsteuerungen kann nur erfolgreich bewältigt werden, wenn

die Entscheidungsträger (Bauherren) sich ihrer Verantwortung bewusst sind, die Prozesse wollen und unterstützen sowie die erforderlichen Mittel und Ressourcen zur Verfügung stellen. Ausserdem müssen sie dafür sorgen, dass die Auftragnehmer (Generalplaner, Generalunternehmer) mit den notwendigen Aufträgen ausgestattet sind.

ein geeignetes Informationsmanagement etabliert werden kann, welches dafür sorgt, dass Informationen und Fachwissen rechtzeitig zugänglich gemacht und nachhaltig gesichert wird. Hierzu kommt neben einem entsprechenden Dokumentationskonzept der Bindung von Fachwissen bei den Knowhowträgern hohe Bedeutung zu.

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In der Europaallee in Zürich haben wir in 2 Gebäudekomplexen mit je 4 Hochhäusern und Tiefgarage sowie 2 Gebäudekomplexen mit 2 Hochhäusern und Tiefgarage die Brandfall-steuerungen geplant und die Wirkprinzipprüfungen bereits erfolgreich abschließen können.

In einem weiteren Gebäudekomplex mit 2 Hochhäusern läuft momentan die Planung.

Die Gebäude beherbergen multifunktionale Nutzungen wie Shopping, Büroflächen, Kinos, Wohnungen, Hochschule, Alterswohnen, etc.

Europaallee Zürich, Planung von Brandfallsteuerungen (Konzepte, Matrizen) von 5 Hochhauskomplexen mit jeweils 2 bis 4 Hochhäusern und Tiefgaragen

Im Projekt „Gewerbehaus Vorderi Böde“, Oberrohrdorf wurde gerade die Brandfallsteuermatrix für ein einfaches Gewerbegebäude erstellt. Die Matrix setzt sich aus 2 Auslösebereichen mit knapp 30 angesteuerten Lüftungsanlagen, Aufzügen und Einzelalarmen zusammen. Auf ein Konzept Brandfallsteuerungen konnte verzichtet werden.

Gewerbehaus „Vorderi Böde“, Oberrohrdorf, Erstellung einer Brandfallsteuermatrix

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4.1.2 Vorbereitung und Durchführung von Wirkprinzipprüfungen

Wirkprinzipprüfungen können nur erfolgreich durchgeführt und termingerecht abgeschlossen werden, wenn

diese – inklusive aller vorgelagerten Vorbereitungsschritte – frühzeitig und seriös in die Gesamtterminplanung integriert und die richtigen Rahmenbedingungen geschaffen werden. Hierzu gehören zunächst die Durchsetzung und konsequente Kontrolle der Vorbe-reitungen mit rechtzeitig durchgeführten Zwischenschritten wie Inbetriebsetzung, Tests, Prüfungen und Abnahmen der einzelnen Teilsysteme, z.B. Linientests (Brandmelde-anlage – Einzelsysteme), interne Wirkprinzipprüfungen (Generalprobe). Des Weiteren ist ein professionelles Mängelmanagement zur Mängelerkennung und -behebung zu etablieren und frühzeitig als der zeitkritische Faktor in den Focus der Bauaufläufe zu setzen. Hierzu empfehlen wir einen, wenn möglich unabhängigen Technischen Fachkoordinator mit der Koordination der Prozesse (Mängelmanagement, Durchsetzung der richtige Prioritäten, Überwachung der Prüfbereitschaft für die einzelnen Prüfungen bzw. Tests) zu beauftragen.

ein professionelles Testmanagement installiert wird. Hierzu ist ein weitgehend flexibler Umgang mit Terminen und Prüfumfängen durch kurzfristig erstellbare Prüfpläne (u.a. durch Einsatz von entsprechenden EDV-Tools) notwendig. Für die einzelnen Prüfungen selbst ist in der Vorbereitung auf eine bestmögliche Optimierung der Testabläufe in Bezug auf Zeit- und Personalbedarf zu sorgen.

Beim Neubau der Messe Basel waren – nach erfolgter Planung und Umsetzung aller Brandschutzmaßnahmen – zahlreiche Integrale Vor-, Haupt- und Nachtests der Brandfallsteuerungen (Wirkprinzipprüfungen) durchzuführen, bevor das Objekt rechtzeitig zur Basel World die Nutzungsfreigabe erhielt.

Neubau Messe Basel, mehrstufige Wirkprinzipprüfungen für Messehallen inkl. Tiefgarage und Anlieferung unter hohem Zeitdruck

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Neubau Messe Basel, Impressionen

Der Neubau Fifty One, im ehemaligen Maag-Areal (Zürich West) ist ein Bürogebäude mit einem natürlich entrauchten Foyer und einer geringen Anzahl an Auslösebereichen und brandfallgesteuerten Systemen. Für die Planung war eine überschaubare Brandfallsteuermatrix im Format A3 ausreichend, ein Konzept Brandfallsteuerungen war aufgrund der einfachen Verknüpfungen nicht notwendig. Die Wirkprinzipprüfungen dauerten 2 Stunden (interne Vorprüfung) bzw. 1 Stunde (bei der Prüfung mit den Brandschutzbehörden).

Neubau Fifty One, Zürich (ehemaliges Maag-Areal)

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4.1.3 Brandfallsteuerungen im Bestand / Wiederkehrende Wirkprinzipprüfungen

Die Pflege der Brandfallsteuerungen im Bestand inklusive der wiederkehrenden Wirkprinzipprüfungen kann nur dann erfolgreich sein, wenn

sich Eigentümer und Betreiber zur Erhaltung des Sicherheitsniveaus (nachhaltige Kontinuität) bekennen. Hierzu ist es notwendig, sich das Knowhow intern (möglichst mehrere Knowhowträger im Facility Management aufbauen) wie extern zu sichern und die Dokumentation stets aktuell zu halten. Aus unserer Sicht ist es ab einer gewissen Komplexität der Sicherheitsanlagen unumgänglich, Brandschutzbetreuung, Pflege der Brandfallsteuerungen und die Begleitung wiederkehrender Prüfungen bzw. Tests in eine Hand zu geben. Eine seriöse, professionelle Wartung ist aus unserer Sicht eine Selbstverständlichkeit.

die Brandfallsteuerungen und die einzelnen Sicherheitsanlagen in der vorgegebenen Periodizität (Frist) geprüft werden. Hierdurch werden die einzelnen Systeme und deren Funktionen sowie das Gesamtsystem inklusive aller Verknüpfungen auch langfristig funktionstüchtig und die Sicherheit, in diesem Fall der technische Brandschutz erhalten. Die wiederkehrenden Wirkprinzipprüfungen werden sinnvoller genutzt, um das Thema Brandfallsteuerungen und Technischer Brandschutz aufzufrischen, u.a. um die Mitarbeiter des Facility Managements zu schulen.

Im Sihlcity in Zürich, für welches wir im Jahr 2006 die Planung und bis 2007 die Wirk-prinzipprüfungen erfolgreich abgeschlossen haben, führen wir seit 7 Jahren wieder-kehrende Wirkprinzipprüfungen (inzwischen in der 3. Periode) durch. In diesem multifunktional genutzten Gebäudekomplex (Shoppingmall, Kinos, Gastronomie, Büros, etc.) befinden sich über 50 Entrauchungsabschnitte mit maschinellen sowie über 20 Abschnitte mit natürlichen Rauch- und Wärmeabzugsanlagen. Es finden alle 3 - 4 Monate Prüfungen statt. Die Erfahrung zeigt, dass sich der Aufwand lohnt: die Prüfungen sind nie mängelfrei, obwohl die Instandhaltung seriös und professionell durchgeführt wird. Somit leisten die wiederkehrenden Prüfungen einen wertvollen Beitrag zum Erhalt des Sicherheitsniveaus. Zusätzlich zur Vorbereitung und Durchführung der Wirkprinzipprüfungen betreuen wir den Gebäudekomplex, der multifunktional genutzt wird. Diese Betreuung umfasst die Begleitung brandschutztechnisch relevanter Projekte (z.B. Mieterwechsel oder Nutzungsänderungen) und das Pflegen der brandschutz- und brandfallsteuerungs-technischen Grundlagen (Konzepte, Pläne, Brandfallsteuermatrix).

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Sihlcity Zürich, wiederkehrende Wirkprinzipprüfungen in multifunktional genutztem Gebäudekomplex mit über 50 maschinellen Rauch- und Wärmeabzügen

Im St. Jakob Park in Basel wurde vom Betreiber der Auftrag erteilt, wiederkehrende Wirkprinzipprüfungen vorzubereiten und durchzuführen.

Der ältere Gebäudeteil wird multifunktional genutzt. Rund um das Fußballstadion des FC Basel wurde eine Mantelnutzung mit einer Shopping-Mall, einer 2-geschossigen, großflächigen Tiefgarage, einer Altersresidenz (Hochhaus), Büro-, Gastronomiebereichen und einem Fitnesscenter angeordnet.

Einige Jahre später wurde der Gebäudekomplex um eine Shopping-Mall, einen Büro- und Wohnturm (Hochhausbereich) mit Tiefgarage und ein Autohaus mit unterirdischem Reifenlager erweitert.

Die Analyse der über 10 Jahre alten Brandfallsteuerungen für den älteren Gebäudeteil zeigte, dass knapp 300 Auslösebereiche mit jeweils individuellem Auslösemuster programmiert waren. Im neuen Gebäudeteil waren trotz Hochhausbereich weniger als 90 Auslösebereiche programmiert.

Nach Abstimmung mit dem Auftraggeber und der zuständigen Brandschutzbehörde wurden die Ansteuerungen deutlich vereinfacht und an die Ansteuerungsphilosophie des neueren Teils angeglichen, Dies führte zu einer Reduktion auf 70 Auslösebereiche.

Dadurch entstand ein Konzept mit klarer, eindeutiger Philosophie, mehr Flexibilität für Anpassungen und mehr Transparenz. Außerdem wurde der zeitliche und damit auch finanzielle Aufwand für die Wirkprinzipprüfungen deutlich reduziert.

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St. Jakob Park, Basel, Gebäudekomplex mit Fußballstadion, Mantelnutzung und Büro-Wohnhochhaus

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4.2 Praxiserfahrungen und Anwendungsbeispiele aus Deutschland

In Deutschland sind neben negativen Schlagzeilen um Großprojekte wie dem Berliner Flughafen BER und der Hamburger Elbphilharmonie auch erfolgreich Wirkprinzipprüfungen und Vollprobetests erfolgt.

Wenn die in der Schweiz bekannten Randbedingungen von Beginn an beachtet wurden, sind sowohl in großen als auch kleinen Projekten gute Erfolge feststellbar.

Wenn erst während der Prüfhandlungen die Stellschrauben für den Erfolg nachjustiert werden, ist der Aufwand deutlich größer.

Anhand eines größeren Pflegeheimes im Bestand mit 5 Geschossen und 5 Brandabschnitten, sowie nahezu allen möglichen technischen Anlagen haben wir festgestellt, dass die Schaffung einer kleinen Brandfallsteuermatrix (A3-Blatt) lediglich mit den nötigen Brandfallsteuerungen das wesentliche Erfolgsrezept für wirtschaftlichen und mangelfreien Brandschutz darstellen kann. Dies setzt eine professionelle Brandschutzplanung in der Konzeptphase sowie eine qualifizierte Begleitung durch den Prüfingenieur und die Bauaufsicht voraus.

5-geschossiges Pflegeheim mit 5 Brandabschnitten im Bestand

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Für die Sicherstellung der vertikalen Evakuierung nach der horizontalen Evakuierung in den nicht vom Brandereignis betroffenen Brandabschnitt sind im Bereich der Aufzugsanlagen beziehungsweise der Aufzugsvorräume sogenannte Sicherheits- und Wartezonen vorhanden, die der vertikalen Evakuierung mit den Aufzugsanlagen ins Freie dienen. Vor der Aufzugsanlage des Flügels D ist der Gemeinschaftsraum mit dem notwendigen Flur in den Obergeschossen und dem Eingangsbereich im Erdgeschoss als Sicherheitszone realisiert. Der Gemeinschaftsraum in den Obergeschossen dient als Wartebereich vor den Aufzugsvorraum.

Sicherheitszone im Erdgeschoss

Der zentrale Flurbereich im Bereich der Schwesternzimmer (Sicherheitszone) im Brandabschnitt 3 wird über eine maschinelle Entrauchungsanlage entraucht. Im Brandfall wird der Rauch aus dem Brandgeschoss und aus dem darüber liegenden Geschoss durch einen Entrauchungsventilator mit 16.000 m³/h über eine Entrauchungsleitung aus den Geschossen abgesaugt. Die Entrauchung erfolgt durch das Öffnen der motorischen Entrauchungsklappen, die sich am Eintritt der Entrauchungsleitung in das Geschoss befinden. Die Zuluftführung in den zu entrauchenden Geschossen erfolgt über Öffnungen in der Fassade.

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Sicherheitszone in den Obergeschossen

Der Vorraum des Aufzuges D im Brandabschnitt 3 vor dem zentralen Flurbereich (Sicherheitszone) wird über eine Überdrücklüftungsanlage rauchfrei gehalten. Im Brandfall wird Zuluft über einen im Kellergeschoss befindlichen Zuluftventilator in die Geschosse geführt. Die maschinelle Entrauchung und die Überdrucklüftungsanlage werden über die Brandmeldeanlage angesteuert.

Es ist eine Brandmeldeanlage Kategorie 1 „Vollschutz“ gemäß DIN 14675:2000-06 im gesamten Gebäude vorhanden. Die Brandmeldeanlage ist auf die Leitstelle aufgeschaltet.

Die notwendigen Treppenräume und der Laubengang sind als Ausnahme von der Überwachung nach Punkt 6.1.3.2 DIN VDE 0833-2:2000-06 und DIN VDE 0833-2:2009-06 nicht mit automatischen Meldern überwacht. Die Alarmierung des Pflegepersonals und des Empfanges in den Pflegegeschossen erfolgt per „stillem“ Alarm, der optisch und akustisch im Dienstzimmer und personengebunden erfolgt. Für den Küchenbereich und das Kellergeschoss ist eine akustische Alarmierung vorgesehen.

In der baulichen Anlage sind folgende zwei raumlufttechnische Anlagen angeordnet

Raumlufttechnische Anlage I – Versorgungsbereich Speisesaal

Raumlufttechnische Anlage II – Versorgungsbereich Küche

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Es erfolgt die Abschaltung der Zu- und Abluftgeräte und Schließen der Brandschutzklappen bei Brandereignissen in der Lüftungszentrale und im Versorgungsbereich der raumlufttechnischen Anlagen. Es sind keine weiteren Ansteuerungen notwendig, da die Versorgungsbereiche und die Lüftungszentrale nur durch die Geschossdecke getrennt sind. Es erfolgt keine Querung von Brandwänden. Die Patientenzimmer und Pflegebäder werden durch Lüftungsanlagen nach DIN 18017 entlüftet.

Die Aufzugsanlagen sind mit einer Brandfallsteuerung versehen. Die Brandfallsteuerung erfolgt durch die automatische Brandmeldeanlage, wobei die Aufzüge bei Brandalarm im entsprechenden Brandabschnitt in die primäre Brandfallhaltestelle fahren. Sollte ein Brand im Bereich der Flucht- und Rettungswege der primären Brandfallhaltestelle detektiert werden, so muss dieser Aufzug die sekundäre Brandfallhaltestelle anfahren und halten. Die Aufzüge gehen nach Erreichen der Bestimmungshaltestelle außer Betrieb. Die Türen des Aufzuges öffnen.

Trotz der aus der Baugenehmigung im Bestand vergleichsweisen umfangreichen Anforderungen an die Brandfallsteuerungen ist es gelungen, die Prüfgruppen und Auslösemuster gut zu strukturieren und anzupassen. Unterstützend war in diesem Fall der anstehende 8-jährige Meldertausch, der aufgrund des unwirtschaftlichen Angebotes der ursprünglichen Brandmeldewartungsfirma zu einer vollständigen Erneuerung der BMA bei Nutzung der vorhandenen Verkabelung geführt hat. Damit wurden die erforderlichen Koppler (Schnittstellen) grundsätzlich erneuert und optimiert.

Brandfallsteuermatrix im A3-Format geprüft und genehmigt durch den Prüfingenieur

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Nach Abschluss der Brandschutzsanierung erfolgte in 1,5 Nächten die Wirkprinzipprüfung und konnte durch den Prüfsachverständigen gegenüber dem Prüfingenieur bescheinigt werden.

Koppler für die Zuluftöffnungen in den Sicherheitszonen

Fazit: Es ist ein gutes Beispiel für ein größeres Gebäude in dem durch Optimierung der Prüfgruppen und Auslösemuster eine wirtschaftliche Brandfallsteuerung realisiert wurde und bei dem nachhaltig sowie mit angemessenem Aufwand auch die wiederkehrenden Wirkprinzipprüfungen durchgeführt werden können.

Beispiel für eine Checkliste zur Prüfungsdurchführung und Vorbereitung der Wirkprinzipprüfung

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5 Ausblick

Die Anforderungen im anlagentechnischen Brandschutz in Verbindung mit erforderlichen Ansteuerungen verschiedener Anlagen und Einrichtungen nehmen zunehmend breiteren Raum in der Gebäudeplanung, insbesondere bei der Erstellung von Brandschutznachweisen/-konzepten ein.

Neben dem Bauordnungsrecht (Personenschutz) können Umweltschutz oder Sachschutz eine vertragliche Rolle spielen. Häufig werden zusätzliche Schnittstellen zu anderen Anlagen (Kassensysteme, Einbruchmeldeanlagen usw.) durch Bauherrn gefordert. Dies kann, über die bauordnungsrechtlich erforderliche Wirkprinzipprüfung hinausgehend, detailliertere Prüfungen im Rahmen eines Vollprobetests nach sich ziehen.

Die VDI-Richtlinie als auch das SIA-Merkblatt werden den Verantwortlichen eine gute Hilfestellung sein, die Vollprobetests und Wirkprinzipprüfungen standardisiert vorbereiten und durchführen zu können. Dadurch werden die bestehenden Unsicherheiten beseitigt und eine Standardisierung der Prozesse erreicht. Dies wird die Prozesseffizienz erhöhen und die Verantwortlichen in die Lage versetzen, die notwendigen Prüfungen mit vertretbarem Aufwand durchführen zu können.

Bezüglich Tests zusätzlicher betriebsnotwendiger Funktionen geben Richtlinie bzw. Merkblatt Hinweise und Anregungen für die Planungs- und Ausführungsverantwortlichen. Somit können Leistungen bereits in der Angebotsphase klar definiert werden, was den Anbietern hilft, die erforderlichen Leistungen zu definieren und zu rechtfertigen. Bauherren, Betreibern bzw. Generalunternehmern wird der Angebotsvergleich erleichtert und das in Mode gekommene "Nachtragsmanagement" eingedämmt.

Die Standardisierung der Dokumentation wird für eine Vergleichbarkeit der Testresultate und eine deutlich verbesserte Nachvollziehbarkeit sorgen.

Die heute noch stiefmütterliche Umsetzung der Anforderung, dass bei wesentlichen Systemanpassungen und Erneuerungen von Hard- und Software zwingend Wirkprinzipprüfungen nach wesentlichen Änderungen durchzuführen sind, wird zukünftig verbessert.

In Bestandsgebäuden, die in der Vergangenheit in Bezug auf die wiederkehrenden Wirkprinzipprüfungen häufig vernachlässigt worden waren, werden die verabschiedeten Fassungen der neuen VDI Richtlinie bzw. des SIA Merkblatts Klarheit in Bezug auf die durchzuführenden wiederkehrenden Wirkprinzipprüfungen schaffen. Wiederkehrende Prüfungen werden bei relevanten Brandfallsteuerungen flächendeckend für alle betroffenen Gebäude zu etablieren sein.

Die Anforderungen an Qualitätssicherung für alle Brandschutzmassnahmen und damit auch für die Brandfallsteuerungen werden zunehmend an Bedeutung gewinnen.

Wir als Brandschutzingenieure werden in Bezug auf die Erfolgsfaktoren verstärkt bei der Sensibilisierung der Bauherren und Betreiber sowie Generalplanern und Generalunternehmern gefordert sein.

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Zukünftig werden die Anforderungen an die bei der Planung und Verwaltung der Brandfallsteuerungen verwendeten Werkzeuge steigen. Die EDV-Tools der Zukunft müssen durchgängig sein, damit sie eine effiziente Informationserfassung, -verarbeitung und -bewirtschaftung ermöglichen und zwar von der Planung bis zum Betrieb.

6 Definitionen

Aufgrund der normativen Änderungen der Vorschriften des Bauordnungsrechtes als auch der Technischen Regeln innerhalb der letzten Jahre ist es erforderlich, die Anwendung von bestehenden Begriffen zu ordnen. Es gibt den Fall, dass unterschiedliche Begriffe für gleiche Dinge verwendet werden. Dies wird bezüglich der Brandfallsteuerungen auch in der Schriftenreihe Nr. 17 der AHO Fachkommission Brandschutz „Leistungen für Brandschutz, Stand 06/2015 festgestellt. Häufig wird von Projektbeteiligten der eine oder andere Begriff anders interpretiert als der Verwendende dies vorausgesetzt hat. Daher wurde im Zuge der Bearbeitung der VDI 6010 Blatt 3 im Rahmen der Begriffsdefinitionen eine Vereinheitlichung begonnen. Diese Klarstellung der Begriffe wird derzeit im Rahmen der Bearbeitung der VDI 6010 und der VDI 3819, insbesondere Blatt 1, fortgesetzt. Hierbei ist zu beachten, dass in dem bereits benannten Einspruch zur VDI 6010 Blatt 3 durch den Obmann des Arbeitskreises TGA der Fachkommission Bauaufsicht darauf hingewiesen wurde, dass bauordnungsrechtliche Begriffe ausschließlich inhaltsidentisch mit den Vorgaben des Gesetzgebers zu verwenden sind und in den Richtlinien nicht deren Ausdehnung auf andere Sachverhalte erfolgen darf. Daher ist die Unterscheidung zwischen Vollprobetest und Wirkprinzipprüfung ein wesentliches Kriterium bei der Anwendung der Richtlinien und der Verwendung von Begriffen.

Nachfolgend werden einige Begriffe, die im Vortrag und diesem Handout verwendet werden, definiert. Weitere Begriffsdefinitionen finden Sie in den oben erwähnten Richtlinien und im Kommentar zur VDI 6010 Blatt 3.

Auslösebereich ist nach VDI 6010 Blatt 3 ein örtlicher Bereich in einem Gebäude für ein definiertes Auslöseszenario. Anmerkung 1: Dieser Bereich wird in Plänen visualisiert, so dass die Auslöseszenarien während des Vollprobetests schneller aufzufinden sind. Anmerkung 2: Vgl. Auslösemuster.

Auslösemuster ist nach VDI 6010 Blatt 3 die Zusammenfassung aller Steuerfunktionen, die von einer Prüfgruppe angesteuert werden. Anmerkung: Vgl. Auslösebereich.

Auslöseszenario ist nach VDI 6010 Blatt 3 das Auslösemuster mit einer zugehörigen Prüfgruppe.

Brandfallsteuermatrix ist die Darstellung der Ansteuerung von technischen Anlagen bzw. Einrichtungen eines Gebäudes bei einem Brandfall inklusive zugehöriger Steuerungskomponenten und Verknüpfungsfunktionen (siehe „Brandfallsteuerung“). Die

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Brandfallsteuermatrix kann nach VDI 6010 Blatt 3 aus der Funktions- und Schnittstellenmatrix erstellt werden. (siehe „Funktions- und Schnittstellenmatrix“).

Anmerkung: Sind weitere Einrichtungen und Bauteile zu berücksichtigen, die nicht über die Brandmeldeanlage angesteuert werden, werden diese in der Funktions- und Schnittstellenmatrix dargestellt.

Brandfallsteuerung ist nach zukünftiger VDI 3819 Blatt 1 die Ansteuerung von technischen Anlagen bzw. Einrichtungen eines Gebäudes bei einem Brandfall inklusive zugehöriger Steuerungskomponenten und Verknüpfungsfunktionen. Anmerkung: Zur Brandfallsteuerung von Aufzügen siehe VDI 6017.

Funktionsmatrix ist nach zukünftiger VDI 3819 Blatt 1 die Erfassung und Darstellung der Anforderungen an die jeweils betrachtete sicherheitstechnische Einrichtung auf Basis der zuvor festgelegten Kommunikationsbeziehung aus der Schnittstellenmatrix.

Funktions- und Schnittstellenmatrix: Die Funktions- und Schnittstellenmatrix ist laut VDI 6010 Blatt 3 ein Planungswerkzeug zur tabellarischen Darstellung der Funktionen und Wechselwirkungen von sicherheitstechnischen Anlagen und Einrichtungen aller Gewerke in einem Gebäude. Anmerkung 1: Die Funktionsmatrix und die Schnittstellenmatrix werden in VDI 6010 Blatt 1 getrennt dargestellt. Der Prüfplan nach VDI 6010 Blatt 3 basiert im Wesentlichen auf der zusammengefassten Funktions- und Schnittstellenmatrix. Anmerkung 2: Eine Brandfallsteuermatrix kann aus der Funktions- und Schnittstellenmatrix erstellt werden. Anmerkung 3: Es können Einrichtungen und Bauteile ohne brandschutztechnische Anforderungen in die Funktions- und Schnittstellenmatrix zusätzlich integriert werden.

Anmerkung 4: In der Praxis besteht die Funktions- und Schnittstellenmatrix oft aus mehreren Instrumenten, der Brandfallsteuermatrix und weiteren Darstellungen für die nicht brandschutztechnisch relevanten Verknüpfungen und Wechselwirkungen.

Prüfanleitung gemäß VDI 6010 Blatt 3 ist die Beschreibung, wie ein Vollprobetest durchzuführen ist mit Nennung aller Dokumente zur Vorbereitung und Durchführung eines Vollprobetests.

Prüfbedingung gemäß VDI 6010 Blatt 3 ist die Rahmenbedingung für ein Prüfszenario.

Prüfgruppe gemäß VDI 6010 Blatt 3 ist die Zusammenfassung von Quellen (Meldern, Meldegruppen, Sensoren), die das gleiche Auslösemuster ansteuern. Anmerkung: Die Erstellung von Prüfgruppen und Auslösemustern ist eine wesentliche Planungsleistung.

Prüfplan ist nach VDI 6010 Blatt 3 die Einzelbeschreibung von Szenarien innerhalb eines Gesamtsystems zur Durchführung und Dokumentation des Vollprobetests. Anmerkung: Der Prüfplan ist Teil der Prüfanleitung nach Anhang A der VDI 6010 Blatt 3.

Prüfszenario gemäß VDI 6010 Blatt 3 ist eine ausgewählte Quelle mit entsprechendem Auslösemuster und gegebenenfalls zusätzlichen Rahmenbedingungen (z.B. Auslösung bei Schwarzschaltung).

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Quelle gemäß VDI 6010 Blatt 3 ist ein Bauteil oder Gruppe von Bauteilen, über die ein Ereignis erfasst wird. Anmerkung: Quellen können z.B. Sensoren, Melder, Meldegruppen usw. sein.

Schnittstellenmatrix laut zukünftiger VDI 3819 Blatt 1 ist die Erfassung und Darstellung der Kommunikationsbeziehungen der einzelnen sicherheitstechnischen Einrichtungen zum Managementsystem oder untereinander (mit Kommunikationsrichtung).

Schwarzschaltung gemäß VDI 6010 Blatt 3 ist eine Prüfbedingung der Wirkprinzipprüfung oder der zusätzlichen Prüfungen, die nach vollständiger Trennung des Objekts von der allgemeinen Netzversorgung und nach deren Wiedereinschaltung hergestellt wird. Anmerkung: Dabei wird z. B. die Gesamtfunktion der Systeme bei „Übernahme der Energieversorgung durch eine Stromversorgung für sicherheitstechnische Einrichtungen“ geprüft.

Senke gemäß VDI 6010 Blatt 3 ist ein Bauteil oder Bauteile, die durch ein Ereignis in einen definierten Betriebszustand versetzt werden. Anmerkung: Beispiele sind: Einschalten von Entrauchungsanlagen, Abschalten von Lüftungsanlagen, Einschalten von Signalleuchten, Absetzen von Notrufsignalen, Brandfallsteuerung von Aufzügen.

sicherheitstechnisches Steuerungskonzept (sSK) Das sicherheitstechnische Steuerungskonzept (sSK) und der Prüfplan sind die wesentlichen Dokumente welche für den technischen Prüfsachverständigen die Prüfgrundlage der Wirkprinzipprüfung darstellen. Anforderungen an das sSK werden bauordnungsrechtlich noch nicht gestellt.

Das sSK wird erwähnt in den Musterprüfgrundsätzen. Eine Definition, was die ARGEBAU unter dem sSK versteht, ist derzeit nicht bekannt. Daher sollte eine Präzisierung dieses Begriffes und des Inhaltes erfolgen. Gegebenenfalls ist das sSK Grundlage der Funktions- und Schnittstellenmatrix (z.B.: gemäß VDI 6010 Teil 1 und Teil 2) oder kann Bestandteil dieser Planungsunterlage/Bauvorlage werden. Das sSK ist vom Brandschutzkonzeptersteller auf Einhaltung der aufgestellten Schutzziele des Brandschutzkonzeptes zu prüfen und zu bestätigen oder von ihm zu erstellen. Dadurch wird sichergestellt, dass die technische Umsetzung des Schutzzieles mit dem Brandschutzkonzept übereinstimmt. Das sSK muss, wie das Brandschutzkonzept, eine genehmigungspflichtige Bauvorlage werden einschließlich der schriftlichen Bestätigung des Brandschutzkonzepterstellers auf Einhaltung und Übereinstimmung mit den Schutzzielvorgaben des Brandschutzkonzeptes. Dies ist erforderlich zur Erlangung der entsprechenden Rechtssicherheit und Schaffung einer verbindlichen Prüfgrundlage für die Prüfsachverständigen. Eine klare Abgrenzung als planerische Leistung und mit den entsprechenden Verantwortlichkeiten ist nur so möglich.

Vollprobetest (integrated system test) ist nach VDI 6010 Blatt 3 ein gewerkeübergreifender Funktionsnachweis für sicherheitsrelevante Anlagen oder Anlagen mit hohem Verfügbarkeitsanspruch und Anlagen mit benutzerspezifischen Anforderungen, der aus Wirkprinzipprüfung, Schwarzschaltung und zusätzlichen Prüfungen bestehen kann [in Anlehnung an VDI 3814 Blatt 3 und VDI 6010 Blatt 2].

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Vorgabedokumente sind nach VDI 6010 Blatt 3 Dokumente, aus denen die Anforderungen an das Gesamtsystem und ihr gefordertes Zusammenwirken eindeutig hervorgehen. Anmerkung: Vorgabedokumente können z. B. aus bauordnungsrechtlichen sowie versicherungsrechtlichen Auflagen, Festlegungen des Betreibers und/oder Anforderungen sonstiger zuständiger Stellen bestehen. Zum Vollprobetest müssen die Prüfergebnisse der Teilsysteme bereits vorliegen.

Wirkprinzipprüfung (system interaction test) ist nach VDI 6010 Blatt 3 die Prüfung auf Wirksamkeit und Betriebssicherheit sicherheitsrelevanter Anlagen zur Erfüllung der geforderten Schutzziele aus den bauordnungsrechtlichen Forderungen unter besonderer Berücksichtigung aller hiermit in Abhängigkeit stehender technischer Gewerke.

7 Literatur

[1] Zukünftige VDI 3819 - Blatt 1

[2] VDI 3819 Blatt 2:2013-07, Brandschutz in der Gebäudetechnik - Funktionen und Wechselwirkungen

[3] VDI 6010:2005-09 Sicherheitstechnische Einrichtungen - Systemübergreifende Funktionen

[4] VDI 6010 Blatt 2: 2011-05, Sicherheitstechnische Einrichtungen - Ansteuerung von automatischen

Brandschutzeinrichtungen

[5] VDI 6010 Blatt 3:2015-01: Sicherheitstechnische Einrichtungen für Gebäude, Vollprobetest und

Wirkprinzipprüfung

[6] Kommentar zu VDI 6010 Blatt 3: 2015-04 Wirkprinzipprüfungen und Vollprobetest für Gebäude

[7] Musterbauordnung – MBO:2012-09

[8] Muster-Richtlinie über den Bau und Betrieb von Hochhäusern (MHHR:2008-04)

[9] DIN EN 81-73:2014-05 Sicherheitsregeln für die Konstruktion und den Einbau von Aufzügen; Verhalten

von Aufzügen im Brandfall

[10] DIN 14674:2010-09 Brandmeldeanlagen - Anlagenübergreifende Vernetzung

[11] DIN 14675:2012-04 Brandmeldeanlagen - Aufbau und Betrieb

[12] Brandschutzerläuterungen 118-15d der Vereinigung Kantonaler Feuerversicherer – Gewährleistung

der Betriebsbereitschaft von Brandfallsteuerungen (BFS) vom 01.01.2015

[13] SIA 2046 Integrale Tests von Gebäudetechniksystemen, Stand Januar 2015

[14] TRVB S 151 Technische Richtlinien vorbeugender Brandschutz – Brandfallsteuerungen, Ansteuerung

von automatischen Brandschutzeinrichtungen durch Brandmeldeanlagen gemäß TRVB S 123 von

1994, Ausgabe 2014 im Stellungnahmeverfahren

[15] Technische Richtlinie des Österreichischen Bundesfeuerwehrverbandes und der österreichischen

Brandverhütungsstellen

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Autoren

Frank Lucka

Dipl.-Ing. (FH), MEng.

seit 1993 Gründer und Geschäftsführer der PVT mbH,Projektingenieur und freier Sachverständiger fürHaustechnik

seit 1997 Prüfsachverständiger für Lüftungsanlagen, CO-Warnanlagen, Rauchabzugsanlagen, Rauchschutz-druckanlagen, sicherheitstechnische elektrische Anlagen, Feuerlöschanlagen, Brandmelde- und Alarmierungsanlagen,

seit 2004 Sachverständiger für vorbeugenden Brandschutz(EIPOS/IHK Bildungszentrum Dresden,Registriernummer 1298-12-2004)

seit 2004 Mitglied im Prüfungsausschutz zur Prüfung von Prüfsachverständigen bei der BrandenburgischenIngenieurkammer (BBIK)

seit 2005 Dozent bei EIPOS

seit 2006 Gruppenführer Freiwillige Feuerwehr Prenzlau

seit 2006 ö.b.u.v. Sachverständiger für Heizungstechnik

seit 2008 Honorardozent an der Landesschule und TechnischeEinrichtung für Brand- und Katastrophenschutz Eisenhüttenstadt (LSTE)

seit 2010 Master of Engineering für vorb. Brandschutz

Mitglied in den Richtlinienausschüssen VDI 6010 Blatt 3 und Blatt 1

Mitglied im Richtlinienausschuss VDI 3819 Blatt 1

Autor des Kommentars „Wirkprinzipprüfungen und Vollprobetestfür Gebäude“ – Kommentar zur VDI 6010 Blatt 3

Mitglied in der Vereinigung zur Förderung des Brandschutzes(vfdb)

Vorsitzender der Fachsektion Brandschutz in der BBIK

Stellvertretender Vorsitzender in der Fachgruppe TechnischeGebäudeausrüstung im Verband Beratender Ingenieure (VBI)

Page 51: Vollprobetest und Wirkprinzippruefung sicherheitstechnischer ...pvting.de/downloads/Skript_Vollprobetest_WPP_151123.pdfVollprobetest und Wirkprinzipprüfung sicherheitstechnischer

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Achim Ernst

Dipl.-Chem. Ing. (TU), Dipl.-Wirtschaftsing. (FH)

von 1989 bis 1993 Tätigkeit in der Projektierung

von 1994 bis 1999 Leiter einer Entsorgungsanlage

seit 2001 Sicherheitsingenieur und Projektleiter Gruner AG

seit 2012 Leiter Team Brandfallsteuerungen

seit 2009 Dozent an der Schweizerischen TechnischenFachschule in Winterthur

Mitglied in den Richtlinienausschüssen VDI 6010 Blatt 3, Blatt 1 und Blatt 4

Autor des Kommentars „Wirkprinzipprüfungen und Vollprobetest für Gebäude“ – Kommentar zur VDI 6010 Blatt 3