Von D wie Dobrudscha bis Z wie Zips

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2013 VON D WIE DOBRUDSCHA BIS Z WIE ZIPS Vergessene Regionen im östlichen Europa

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Vergessene Regionen im östlichen Europa – Jahresschwerpunkt 2013 des Deutschen Kulturforums östliches Europa. Die Vielfalt der Veranstaltungsformate dieses Schwerpunktangebots soll zugleich die Bandbreite des Kulturforums veranschaulichen: eine Spurensuche für deutsche und polnische Schüler, eine Radtour für Studierende, eine Wanderausstellung, Buchpräsentationen, Thementage, Vortragsreisen.

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2013Von D wie DobruDscha bis Z wie ZipsVergessene regionen im östlichen europa

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Um ein Bild für die außergewöhnliche regionale Vielfalt Ostmit-teleuropas zu finden, kann ein Blick auf die alte deutsche Viel-staaterei in einem historischen Atlas helfen: Ähnlich bunt, in vie-len hundert, ja tausend Farbschattierungen, kann man sich eine Regionenkarte zwischen Ostsee, Adria und Schwarzem Meer vorstellen. Allerdings unter einigen wenigen Herrschaften zu-sammengefasst. Auch die heutigen Staaten in diesen Teilen Eu-ropas scheinen oft einheitlich, lassen alte, vielmals über Jahr-hunderte hin gewachsene Besonderheiten einzelner Regionen meist nur blass durchscheinen. Die Farben sind aber noch da, sie müssen nur zum Leuchten gebracht werden.

Dieses will das Deutsche Kulturforum östliches Europa im Jahr 2013 tun: Wir möchten unserem Publikum anhand einiger Bei-spiele Regionen in Erinnerung rufen, die vergessen, auf der Landkarte verblasst zu sein scheinen. Dabei geht die Reise von Kurland, Memelland und Ermland/Masuren im Norden über die Neumark und das Teschener Schlesien bis zur Zips und schließ-lich in die Dobrudscha und nach Slawonien im Süden – durch insgesamt neun heutige Staaten, von denen einer, Kroatien, Mitte des Jahres Mitglied der Europäischen Union werden wird.

Die Vielfalt der Veranstaltungsformate dieses Schwerpunktange-bots soll zugleich die Bandbreite des Kulturforums veranschauli-chen: eine Spurensuche für deutsche und polnische Schüler, eine Radtour für Studierende, eine Wanderausstellung, Buchprä-sentationen, Thementage, Vortragsreisen. Dabei machen diese Angebote zum Jahresschwerpunkt kaum ein Zehntel des Jahres-programms des Kulturforums aus. Weitere Hinweise und Einla-dungen senden wir Ihnen gerne zu, und Sie finden unsere Pro-grammangebote und die unserer Partner stets aktuell auf unserer neu gestalteten Internetpräsenz www.kulturforum.info.

Wir freuen uns darauf, Sie auch 2013 bei den Veranstaltungen des Deutschen Kulturforums östliches Europa begrüßen zu dürfen.

2013Von D wie DobruDscha bis Z wie ZipsVergessene regionen im östlichen europa

VERANSTALTUNgEN

Ermland und Masuren Eine Region, viele gesichterThementag 4

Streifzüge zwischen Oder und Drage Begegnungen mit der NeumarkBuchpräsentation 5

Die NeumarkBegegnung mit einer historischen LandschaftFoto-Ausstellung 6

Die Dobrudschadeutschen und der Erste WeltkriegThementag 7

Die Neumark erfahrenErkundungen zwischen Küstrin und Landsberg a. d. Warthe Exkursion 10

SlawonienKulturelle Vielfalt als Markenzeichen des neuen EU-Mitglieds KroatienThementag 11

KurlandHerzogtum im Norden Europas mit Kolonien in ÜberseeThementag 12

geteilte Städte und RegionenČeský Těšín, Cieszyn und das Teschener Schlesien Exkursion/Thementag 13

Die ZipsSchatzkammer der Ostslowakei Vorträge 14

Deutsch-litauische Erinnerungsorte in Ostpreußen Christian Donalitius und die preußischen Litauer Thementag 15

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Ermland und MasurenEine Region, viele gesichter

Thementag

Mo, 25. 2. 2013 • berlin, Vertretung des Landes sachsen-anhalt beim bund

Ermland, Masuren, Ostpreußen – eine Landschaft zwischen Weichsel und Memel. Eine Region – viele gesichter und Bilder aus Vergangenheit, gegenwart und Zukunft.

Das geplante Zusammenkommen von Historikern, Politologen, Politikern, Autoren, Journalisten, Lehrern und Schülern sieht ei-nen konstruktiven Austausch in Form von Kurzvorträgen sowie mehreren moderierten Dialogen vor. Ins gespräch über die ge-schichte, die Kultur und die Menschen dieser Region sollen möglichst viele »gesichter« sowohl aus dem polnisch- als auch dem deutschsprachigen Raum einbezogen werden.

Während des Thementags werden die Ergebnisse eines deutsch-polnischen Schülerprojekts vorgestellt, das unter dem Motto »den Spuren nach« steht. Im Januar und Februar 2013 begeben sich die Schüler in Ermland und Masuren auf die Suche nach preußischen Spuren. Die Arbeit wird durch Fotos und Videoauf-nahmen dokumentiert. Was daraus entsteht, werden die Schüler in Form einer Ausstellung persönlich präsentieren. Die Eindrü-cke der Schüler sollen als wichtige Stimme zur Diskussion über Vergangenheit, gegenwart und Zukunft Ermlands und Masu-rens beitragen.

In Kooperation mit der Bundeszentrale für politische Bildung

Titelblatt der eingestellten Zeitschrift Warmia i Mazuryaus dem Jahr 1971.Foto: aus dem Archiv der Öffentlichen Bibliothek der ermländisch-masurischen Woiwodschaft

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Streifzüge zwischen Oder und DrageBegegnungen mit der Neumark

Buchvorstellung

so, 17. 3. 2013 • Leipziger buchmesse

Paweł Rutkowski (Hg.)Streifzüge zwischen Oder und DrageBegegnungen mit der Neumark

Mit einer historischen Einführung vonWerner Vogel u. Texten dt. u. poln. Fachleute, zahlr. farb. u. S.-W.-Abb., glossar, Kurzbiogr., Ortsnamen- konkordanz, umfangr. Registern u. zweispr. Karten.256 S., gebunden, m. Lesebändchen€ [D] 19,80ISBN 978-3-936168-44-0

Die historische Landschaft der Neumark, im Mittelalter als terra transoderana bezeichnet, ist im 21. Jahrhundert weitgehend eine terra incognita. Die Kulturgeschichte dieser Region zwi-schen Brandenburg, Pommern, großpolen und Schlesien, die bis 1945 zu Deutschland gehörte, ist dort großenteils in Verges-senheit geraten, während sie in Polen oft unbekannt blieb.

Das vielgestaltige gebiet birgt reiche Spuren der älteren und der jüngsten Vergangenheit Deutschlands und Polens: Städte, Marktflecken und Dörfer, Paläste und Parks, Kirchen und Klöster. Bedeutsame Entwicklungen sind über diese Landschaft hinweg-gegangen und haben sie geprägt: die Bautätigkeit und Alltags-kultur verschiedener Orden, die Sakralarchitektur des Mittelal-ters, die Errichtung von Schlössern und Herrenhäusern. Auch große Namen sind mit der Neumark verbunden: Victor Klempe-rer und Christa Wolf stammten aus Landsberg an der Warthe, an das sich die berühmte Schriftstellerin in ihrem Roman Kindheits-muster erinnerte, Friedrich II. trug dazu bei, Warthe- und Netze-bruch trockenzulegen, um besiedelbares Land zu schaffen, Karl Friedrich Schinkel schuf Kirchenbauten – und nicht zuletzt dreh-te Lars von Trier hier Szenen für seinen Film Europa.

Autor und Herausgeber Paweł Rutkowski stellt mehrere Orte und Persönlichkeiten vor, die gleichzeitig ein Schlaglicht auf die bewegte deutsch-polnische geschichte und gegenwart werfen.

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Die NeumarkBegegnung mit einer historischen Landschaft

Foto-Ausstellung

Mai 2013 • Küstrin/Kostrzyn

Gewölbe der Kirche in Sonnenburg/Słońsk

Die Neumark als Bezeichnung für ein ehemaliges Teilgebiet der Mark Brandenburg jenseits der Oder ist heute weder Polen noch Deutschen geläufig. Als Ergebnis des Zweiten Weltkriegs in das polnische Staatsgebiet eingegliedert, haben sich dort bis heute zahlreiche Zeugnisse deutscher Kultur erhalten.

Die historische Landschaft umfasst im Wesentlichen das gebiet nördlich der Warthe-Netze-Linie, östlich der unteren Oder und westlich des Flüsschens Drage. Erst ab 1535, als die Region dem jüngeren Sohn des brandenburgischen Kurfürsten Johann I. als selbständiges Fürstentum zugesprochen wurde, galt die Bezeich-nung Neumark für das gesamte gebiet.

Die Kämpfe in der Endphase des Zweiten Weltkriegs kosteten Tausenden der noch verbliebenen Einwohner das Leben. Die Nachkriegszeit führte nach einem fast vollständigen Bevölke-rungsaustausch zu tiefgreifenden Veränderungen. Heute ist die Neumark Teil der polnischen Wojewodschaften Lebuser Land/ Lubuskie und Westpommern/Zachodniopomorskie und gehört zur deutsch-polnischen Euroregion Viadrina.

Die Ausstellung ist thematisch nach den architektonischen Zeug-nissen deutscher Kultur in der Neumark gegliedert. Sie zeigt auf 26 Tafeln ausgewählte neuere und historische Abbildungen von Städten, Klöstern, Kirchen, Schlössern und Herrenhäusern.

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Die Dobrudschadeutschen und der Erste Weltkrieg

Thementag

Mo, 6. 5. 2013 • Freiburg/br., Johannes-Künzig-institut

Der Dobrudschadeutsche Johannes Türk. © Josef Speicher, Dingolfing (aus: Ostdeutsches Schicksal am Schwarzen Meer. Hg. v. Dr. Johannes Florian Müller, Donzdorf 1981)

Deutsche Siedler kamen in der ersten Hälfte des 19. Jahrhun-derts in die Dobrudscha, die Region am westlichen Ufer des Schwarzen Meeres. Als das NS-Regime ihren Fortzug 1940 mit Nachdruck betrieb, waren sie nach etwa hundert Jahren in ih-rem Siedlungsgebiet nicht so stark verwurzelt wie andere deut-sche gruppen der mittelbaren Nachbarschaft. Umso stärker fällt das Ereignis des Ersten Weltkriegs für sie ins gewicht, das bei dem Thementag unter verschiedenen Aspekten beleuchtet wird:

Wie haben die Dobrudschadeutschen den Krieg erfahren? Wie sahen die anderen deutschen Kriegsteilnehmer die deutschen Bewohner der Dobrudscha? Wie wurden sie in dieser Zeit vom Nachbarland Bulgarien in Berichten, im Film, in der Literatur re-zipiert? Was findet sich in den Nachlässen der Dobrudschadeut-schen zu diesem Ereignis?

Februar

25. 2. • Berlin, Vertretung des Landes Sachsen-Anhalt beim Bund Ermland und Masuren Thementag 4

MärZ

17. 3. • Leipziger Buchmesse Streifzüge zwischen Oder und Drage Buchvorstellung 5

Mai

Mai • Küstrin/KostrzynDie Neumark Foto-Ausstellung 6

6. 5. • Freiburg/Br., Johannes-Künzig-InstitutDie Dobrudschadeutschen und der Erste Weltkrieg Thementag 7

9.–12. 5. • NeumarkDie Neumark erfahren Exkursion 10

JuLi

1. 7. • Berlin, Europäische Kommission (Vertretung Berlin) SlawonienThementag 11

2013Von D wie DobruDscha bis Z wie ZipsVergessene regionen im östlichen europa

septeMber

BerlinKurland Thementag 12

11.–15. 9. • Český Těšín/Cieszyn/Teschen, Berlingeteilte Städte und RegionenExkursion/Thementage 13

noVeMber

Pressburg, Budapest, Klausenburg, Temeswar, ReschitzaDie Zips Vortrag 14

DeZeMber

BerlinDie Zips Vortrag 14

BerlinDeutsch-litauische Erinnerungsorte in OstpreußenThementag 15

Stand: 20. 1. 2013. Die genannten Termine verstehen sich vorbehaltlich kurzfristiger Änderungen.

Informationen zu den zahlreichen

weiteren Veranstaltungen des

Deutschen Kulturforums östliches

Europa im Jahr 2013 finden sie unter

www.kulturforum.info

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Die Neumark erfahrenErkundungen zwischen Küstrin und Landsberg a. d. Warthe

Exkursion

9.–12. 5. 2013 • neumark

Mit dem Rad durch die Neumark – dies scheint ein angemesse-nes Fortbewegungsmittel in dieser Kulturlandschaft zu sein, wenn man nicht nur gezielt Kirchen, Herrenhäuser und andere Baudenkmäler in Dörfern und Städten besuchen, sondern auch die Warthe und ihre Ufer, die Entwässerungskanäle und ihre Mündung in die Oder sehen will.

Die Exkursion führt von Küstrin/Kostrzyn bis Santoch/Zantok am Fluss entlang, mit Abstechern nach Vietz/Witnica, wo der Regio-nalhistoriker Zbigniew Czarnuch mit seinem »Park der Wegwei-ser« der deutschen, jüdischen und polnischen geschichte der Region ein Denkmal gesetzt hat, und nach Landsberg a. d. War-the/gorzów Wielkopolski, wo im Jahr 1929 Christa Wolf geboren wurde. Weitere Besichtigungen sind geplant in Tamsel/Dabro-szyn, dem Künstlersitz, den Theodor Fontane als einzige am rechten Ufer der Oder gelegene Schlossanlage in seinen Wande-rungen durch die Mark Brandenburg würdigt, sowie in Zorndorf/Sarbinowo, auf dessen Schlachtfeld König Friedrich II. schon im Angesicht der Niederlage siegte. Darüber hinaus wird es eine Führung durch das Vogelschutzgebiet geben.

Landsberg an der Warthe. Julius Gottheil, kolorierter Stahlstich, 1850

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SlawonienKulturelle Vielfalt als Markenzeichen des neuen EU-Mitglieds Kroatien

Thementag

Mo, 1. 7. 2013 • berlin, europäische Kommission (Vertr. berlin)

Luftaufnahme der Festung (Tvrða) in Osijek, Barockes Verwaltungszentrum, © Donauschwäbisches Zentral- museum (Foto: Damir Rajle), 1999

Wo liegt Slawonien? Oder ist doch Slowenien gemeint, nicht zu verwechseln mit der Slowakei? Nein – Slawonien bezeichnet heute die historische Region im Nordosten Kroatiens, zwischen Südungarn und Bosnien, geformt von den Flüssen Drau, Donau und Save. In diesem fruchtbaren Tiefland wurde hauptsächlich getreide angebaut, und die reichen Ernten schlugen sich in der Architektur der Städte wie Esseg/Osijek oder in den üppig deko-rierten Trachten der Bewohner nieder. Im Mittelalter Teil des Kö-nigreichs Dalmatien, Kroatien und Slawonien (ab dem 12. Jahr-hundert in Personalunion mit Ungarn), wurde die Region im 16. Jahrhundert durch die Osmanen und Ende des 17., Anfang des 18. Jahrhunderts von habsburgischen Truppen erobert – der Süden Slawoniens bildete einen Abschnitt der sogenannten Mi-litärgrenze der Habsburgermonarchie zum Osmanischen Reich.

Vor allem seit Mitte des 19. Jahrhunderts gründeten die später sogenannten Donauschwaben hier ihre Dörfer – mit der deutschsprachigen Bevölkerung in den Städten Slawoniens wie Esseg/Osijek, Djakowar/Đakovo oder Poscheg/Požega hatten sie nicht viel zu tun. In Esseg, dem antiken Mursa, entwickelte sich aufgrund des starken lokalen Bewusstseins sogar ein spezifi-scher deutscher Dialekt mit kroatischem und ungarischem Ein-schlag, das Esseger Deutsch.

Dörfer und Städte, Alltags- und Hochkultur, Bau- und Natur-denkmäler dieser Region sowie die Folgen des Ersten und Zwei-ten Weltkriegs und die heutige Situation der Minderheiten sol-len auf einem Thementag von Experten erkundet werden.

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KurlandHerzogtum im Norden Europas mit Kolonien in Übersee

Thementag

september 2013 • berlin

Schloss Ruhenthal/Rundāle

Kurland, lettisch Kurzeme, im Südwesten Lettlands ist eine der vier historischen Landschaften des Landes. Zu Beginn des 13. Jahrhunderts wurde das gebiet vom Schwertbrüderorden erobert und Teil des Ordenslandes Altlivland. Die in Altlivland entstandene deutsche Ritterschaft prägte in politischer und so-zialer Hinsicht die Region bis ins 20. Jahrhundert.

Nach dem Zusammenbruch des Ordensstaates im 16. Jahrhun-dert gelang es dem letzten Landmeister von Livland, gotthard Kettler (1517–1587), ein Herzogtum Kurland unter polnischer Lehnshoheit zu errichten, das Kurland und Semgallen mit der Hauptstadt Mitau/Jegala umfasste. Unter Herzog Jakob Kettler (1610–1682) erreichte Kurland seine höchste wirtschaftliche Blü-te, besaß eine große Handelsflotte und hatte zeitweilig Kolonien in Tobago und guinea. Während seiner Regierungszeit ließ Her-zog Ernst Johann von Biron (1690–1772), ein günstling der russi-schen Zarin, in Ruhenthal/Rundāle und Mitau Schlösser von dem zaristischen Hofarchitekten B. F. Rastrelli errichten, die heu-te zu den größten und bedeutendsten des Baltikums gehören.

Ende des 18. Jahrhunderts wurde das Herzogtum schließlich eine der drei »Ostseeprovinzen« des Russischen Reiches. Die deutschbaltischen Stände (Ritterschaft, grundbesitzer und Bür-gergemeinden) behielten ihre Rechte und Privilegien.

Nach dem Ersten Weltkrieg wurde Kurland Teil der selbstständi-gen Republik Lettland.

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geteilte Städte und RegionenČeský Těšín, Cieszyn und das Teschener Schlesien

Exkursion/Thementag

11.–15. 9. 2013 • teschen/Český tĕšín/cieszyn, berlin

Blick vom Piasten- turm: Grenzverlauf entlang der Olsa – Cieszyn links, Český Těšín rechts, Foto: © Darwinek/GNU

Das gebiet um die Stadt Teschen (tschech. Tĕšín, poln. Cieszyn) mit früher gemischt tschechisch-polnisch-deutscher Bevölke-rung wird auch als Olsagebiet bezeichnet. Im frühen Mittelalter selbstständiges Herzogtum, kam es ab 1327 an die böhmische Krone und verblieb nach der Eroberung Schlesiens durch Preu-ßen beim Habsburgerreich. Nach 1918 war das gebiet wegen seiner polnischen und tschechischen Bevölkerungsanteile um-stritten und wurde 1919 geteilt, die Stadt Teschen fiel an Polen. 1920 kam es zu einer erneuten Teilung entlang des Flusses Olsa (tschech. Olše, poln. Olze): Der Westteil von Teschen und das Kohlegebiet um Ostrau (tschech. Ostrava, poln. Ostrawa) gin-gen an die Tschechoslowakei. Erst 1958 erkannten die ČSSR und die Volksrepublik Polen diese grenze vertraglich an.

Bis heute führt die grenze durch die Stadt Teschen, und auf bei-den Seiten leben Angehörige der jeweils anderen Volksgruppe; die Deutschen wurden überwiegend vertrieben. Die wenigen Verbliebenen können sich heute wieder um den Erhalt ihrer Sprache und Kultur bemühen. Als Kulturlandschaft präsentiert sich diese Region in jeder Hinsicht reichhaltig – mit einem der ältesten jüdischen Friedhöfe Polens, dem Theater der Architek-ten Fellner & Helmer und einer evangelischen gnadenkirche, die als Zugeständnis der katholischen Habsburger an die Pro-testanten errichtet wurde, von 1740 bis 1781 die einzige recht-lich anerkannte evangelische Kirche in den westlichen habsbur-gischen Ländern war und den Evangelisch-Lutherischen bis heute als gotteshaus dient.

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Die Zips Schatzkammer der Ostslowakei

Vorträge

november 2013 • pressburg/bratislava, budapest, Fünf- kirchen/pécs, Klausenburg/cluj-napoca, temeswar/timişoara, reschitza/reşiţaDezember 2013 • berlin

Leutschau/Levoča, Kirche St. Jakob und Rathaus Foto: © Arne Franke

Die malerisch in die Vorgebirgslandschaft südlich der Hohen Ta-tra eingebettete Zips (slow. Spiš, ung. Szepes, poln. Spisz) zählt zu den noch immer wenig bekannten Kulturlandschaften Ost-mitteleuropas, nachdem sich die bis 1918 zu Ungarn gehörende Region seit dem Zweiten Weltkrieg hinter dem Eisernen Vor-hang verbarg. Damit schwand auch die Kenntnis um die reichen Kunst- und Kulturschätze, die von einer multiethnisch gepräg-ten Bevölkerung – neben Slowaken vor allem Ungarn und Deut-sche, den »Zipser Sachsen« – geschaffen worden waren.

Letztere kamen, gerufen durch die ungarischen Könige, seit dem 12. Jahrhundert als Siedler in das Land und gründeten zahlreiche Dörfer und Städte, die sich zu blühenden gemeinwe-sen und wesentlichen Kulturträgern entwickelten. Noch heute lässt sich deren Bedeutung an den renaissancezeitlichen und barocken Bürgerhäusern sowie den reich ausgestatteten goti-schen Kirchen in Städten wie Leutschau/Levoča oder Kesmark/Kežmarok ablesen.

Die Vortragsreihe des Denkmalpflegers Arne Franke führt zu-nächst an deutschsprachige Lehrstühle, an germanistik-Institu-te sowie an Kulturzentren des Donau-Karpatenraums – von der slowakischen Hauptstadt Pressburg/Bratislava über Budapest und Fünfkirchen/Pécs in Ungarn nach Klausenburg/Cluj-Napo-ca, Temeswar/Timişoara und Reschitza/Reşiţa in Rumänien. Ab-schließend wird diese Kulturlandschaft dem Berliner Publikum vorgestellt.

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Deutsch-litauische Erinnerungsorte in OstpreußenChristian Donalitius und die preußischen Litauer

Thementag

Dezember 2013 • berlin

Auch in sowjetischer Zeit wurde Christian Donalitius als »Klassiker der litauischen Literatur« gefeiert. Die Briefmarke erschien 1964 zum 250. Geburtstag.

Am 1. Januar 2014 jährt sich der geburtstag von Christian Donali-tius (lit. Kristijonas Donelaitis, gest. 1780) zum 300. Mal. Er ist der Verfasser des ersten schöngeistigen literarischen Werks in litaui-scher Sprache. Donalitius, der in Königsberg Theologie studiert hatte, war evangelischer Pfarrer in der ostpreußischen Landge-meinde Tollmingkehmen, wo er 37 Jahre lang in litauischer und deutscher Sprache predigte. Seine umfangreiche Versdichtung »Die Jahreszeiten« (Metai), die erst 1818 postum veröffentlicht wurde, markiert die geburtsstunde der neuzeitlichen litauischen Literatur. Donelaitis stand in einer Tradition der litauischen Sprachpflege, die im protestantischen Ostpreußen mit der Praxis der kirchlichen Arbeit in den litauischsprachigen gemeinden ver-bunden war.

In der Veranstaltung wird diese sprachlich-literarische Tradition in Verbindung mit einem Porträt der heute weithin vergessenen Heimat der preußischen Litauer präsentiert.

Bild vorderer Umschlag: Blick von Kirchdrauf/Spišské Podhradie auf die Zipser Burg/Spišský hrad Foto: Th. Voßbeck, © Deutsches Kulturforum östliches Europa

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