Von der Schule in die Arbeitswelt -...

15
Jens U. Prager, Clemens Wieland (Hrsg.) Von der Schule in die Arbeitswelt Bildungspfade im europäischen Vergleich

Transcript of Von der Schule in die Arbeitswelt -...

ISBN 3-89204-868-1

Die Zahlen sind alarmierend: Mehr als 500 000 Jugendliche in Deutschland sind arbeitslos, beinahe jeder zweite von ihnen hat keine abgeschlossene Berufsausbildung. Verständlich, dass heute fast vierzig Prozent aller Jugendlichen befürchten, keinen Arbeits- oder Ausbildungsplatz zu finden.

Ein Blick über die deutschen Grenzen zeigt, dass auch in vielen anderen Ländern der Übergang von der Schule in die Arbeitswelt in den Mittelpunkt des Interesses gerückt ist und kontrovers diskutiert wird. Diese Beobachtung war Ausgangspunkt der vor- liegenden Publikation: Sie soll einen Überblick darüber geben, mit welchen Problemen Deutschland im europäischen Vergleich konfrontiert ist, und aufzeigen, mit welchen Strategien und Maßnahmen andere Länder diese Probleme zu lösen versuchen. Aus dieser länder- bzw. maßnahmenspezifischen Betrachtungswei-se allein wird sich sicherlich kein »Königsweg« für den Übergang von der Schule in die Arbeitswelt ableiten lassen. Allerdings zei-gen sich deutliche Entwicklungslinien, die wegweisend für die Integration junger Menschen in das Erwerbsleben sein können.

Der vorliegende Sammelband folgt der Chronologie des Weges, auf dem sich ein junger Mensch von der Schule in die Arbeitswelt bewegt: Ausgangspunkt ist eine Analyse der Problemlage; darauf aufbauend werden in Einzelbeiträgen die Stationen von Schule, Berufs- und Hochschulausbildung näher beleuchtet.

www.bertelsmann-stiftung.de/verlag

Von

der

Schu

le in

die

Arb

eits

wel

t

Jens U. Prager, Clemens Wieland (Hrsg.)

Von der Schule in die Arbeitswelt

Bildungspfade im europäischen Vergleich

Jens U. Prager, Clemens Wieland (Hrsg.)

2005-08-18 15-10-40 --- Projekt: cbp2005deutschTEIL1 / Dokument: FAX ID 01e192366015510|(S. 3 ) 0-2.titel.p - schwarz 92366015950

Von der Schule in die Arbeitswelt

Bildungspfade im europäischen Vergleich

2005-08-18 15-12-44 --- Projekt: cbp2005deutschTEIL1 / Dokument: FAX ID 01e192366050694|(S. 3 ) 0-2.titel.p - pantone285 92366050758

© 2005 Verlag Bertelsmann Stiftung, GüterslohVerantwortlich: Dr. Jens U. Prager, Clemens WielandLektorat: Heike HerrbergHerstellung: Christiane RaffelUmschlaggestaltung: Nadine HumannUmschlagabbildung: PhotoDiscSatz: digitron GmbH, BielefeldDruck: Hans Kock Buch- und Offsetdruck GmbH, BielefeldISBN

www.bertelsmann-stiftung.de/verlag

2005-08-18 15-10-41 --- Projekt: cbp2005deutschTEIL1 / Dokument: FAX ID 01e192366015510|(S. 4 ) 0-3.impressum.p - schwarz 92366016062

978-3-86793-177-9

© 2010 E-Book-Ausgabe (PDF)

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in derDeutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Datensind im Internet unter http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Inhalt

Vorwort 7..........................................................................................................

Einleitung 9......................................................................................................

Zwischen Wunsch und Wirklichkeit – Beschäftigungsfähigkeitund berufliche Orientierung Jugendlicher im Spiegelempirischer Untersuchungen 15......................................................................Jens U. Prager, Clemens Wieland

Arbeitslosigkeit von Jugendlichen und Maßnahmender Arbeitsmarktpolitik in europäischen Staaten 31.......................................Hans Dietrich

Herausforderungen beim Übergang von der Schule zum Beruf –der Kompetenzbegriff bei PISA 49...................................................................Margit Stein

Berufsorientierung in der Schule im europäischen Vergleich 75..................Peter Härtel

Institutionelle Perspektiven der Berufsbildungspraxis 99..............................Philipp Gonon

Berufsausbildung in Europa – auf dem Weg zu einergemeinsamen Strategie 113................................................................................Colin McCullough, Eleonora Schmid,Manfred Tessaring, Johan van Rens

5

2005-08-18 15-10-43 --- Projekt: cbp2005deutschTEIL1 / Dokument: FAX ID 01e192366015510|(S. 5- 6) 0-4.inhalt.p - schwarz 92366016102

Inhalt

Von der Schule in die Arbeitswelt

Beschäftigungsfähigkeit und Hochschulpolitik –Trends und Perspektiven im Bologna-Prozess 135...........................................Lars Hüning, Florian Buch

Die Autorinnen und Autoren 153.......................................................................

6

2005-08-18 15-10-44 --- Projekt: cbp2005deutschTEIL1 / Dokument: FAX ID 01e192366015510|(S. 5- 6) 0-4.inhalt.p - schwarz 92366016102

Vorwort

»Die Grundlage eines jeden Staates istdie Ausbildung seiner Jugend.«

Diogenes von Sinope (um 412 bis 323 v. Chr.)

Der Übergang von der Schule in Beruf und Arbeitswelt ist für junge Men-schen eine der großen Weichenstellungen für ihr weiteres Leben. In diesemZeitraum fallen Entscheidungen, die von zentraler Bedeutung für die berufli-che Zukunft sind. Umso Besorgnis erregender ist es, dass eine wachsendeZahl von jungen Menschen erhebliche Schwierigkeiten hat, diesen Über-gang, die so genannte erste Schwelle erfolgreich zu meistern. Diese Entwick-lung stellt die Gesellschaft vor große Herausforderungen, denen nur mitinnovativen Lösungswegen begegnet werden kann. Der vorliegende Band soll dazu dienen, die Übergangsproblematik auseuropäischer Perspektive zu betrachten: Wie wird in anderen Ländern Be-rufsorientierung in den Schulunterricht integriert? Welche Entwicklungengibt es im Berufsbildungswesen einzelner Länder? Welche arbeitsmarktpoli-tischen Strategien bewähren sich im europäischen Vergleich, um jungenMenschen den Weg in das Berufsleben zu erleichtern? Die Vielzahl der möglichen Fragestellungen zeigt: Der Übergang von derSchule in die Arbeitswelt wird von einem komplexen Gefüge individuellerund gesellschaftlicher Einflussgrößen geprägt. Erziehung und Schulunter-richt, konjunkturelle Lage und institutionelle Rahmenbedingungen müssenebenso berücksichtigt werden wie Gestaltung und Qualität der Ausbildungs-wege, unternehmerische Entscheidungen, Engagement und Verantwor-tungsbewusstsein der beteiligten Akteure sowie eine Vielzahl weiterer priva-ter und öffentlicher Maßnahmen, Projekte und Initiativen. All diese Faktorenbeeinflussen Erfolg und Misserfolg der Einzelnen auf ihrem Weg in dasBerufsleben. Mit dieser Veröffentlichung werden die verschiedenen Einflussgrößen

7

2005-08-18 15-10-44 --- Projekt: cbp2005deutschTEIL1 / Dokument: FAX ID 01e192366015510|(S. 7- 8) 0-6.vorwort.p - schwarz 92366016142

Vorwort

Von der Schule in die Arbeitswelt

und Stationen näher beleuchtet. Darüber hinaus ermöglicht die grenzüber-schreitende Betrachtung – ganz in der Tradition der Arbeit der BertelsmannStiftung – ein »Lernen von den Besten«. Wir freuen uns, dass sich interna-tionale Expertinnen und Experten bereit erklärt haben, aus Sicht ihrer jewei-ligen Fachdisziplin Beiträge zu dieser bedeutsamen Thematik zu liefern.Unser besonderer Dank gilt allen an dieser Publikation Beteiligten. UnserWunsch ist es, durch den Blick über die Grenzen hinweg der Diskussion uminnovative Lösungsansätze neue Impulse zu geben.

Prof. Dr. Dr. h. c. mult. Heribert Meffert Dr. Stefan EmpterVorsitzender des Vorstandes Leiter des Themenfeldesder Bertelsmann Stiftung Wirtschaft und Soziales

8

2005-08-18 15-10-45 --- Projekt: cbp2005deutschTEIL1 / Dokument: FAX ID 01e192366015510|(S. 7- 8) 0-6.vorwort.p - schwarz 92366016142

Einleitung

Mehr als 500 000 Jugendliche in Deutschland sind arbeitslos, beinahe jederZweite von ihnen hat keine abgeschlossene Berufsausbildung. Weit mehr alsein Drittel der Jugendlichen in Deutschland macht sich große Sorgen da-rüber, überhaupt einen Arbeits- oder Ausbildungsplatz zu finden. Dies sindalarmierende Zahlen – weitaus alarmierender sind jedoch die individuellenSchicksale, die sich hinter der Statistik verbergen. Ein Blick über die deutschen Grenzen zeigt, dass auch in vielen ande-ren Ländern der Übergang von der Schule in die Arbeitswelt kontrovers undzunehmend öffentlich diskutiert wird. Diese Beobachtung war Ausgangs-punkt bei der Konzeption der vorliegenden Publikation: Sie soll einen Über-blick geben, mit welchen Problemlagen Deutschland im europäischen Ver-gleich konfrontiert ist, und aufzeigen, mit welchen Strategien in anderenLändern versucht wird, Lösungen für diese Probleme zu finden. Aus derländer- bzw. maßnahmenspezifischen Betrachtungsweise allein wird sichsicherlich nicht der Königsweg für den Übergang von der Schule in die Ar-beitswelt ableiten lassen, doch zeigen sich hierbei bestimmte Trends undEntwicklungslinien, die wegweisend für den künftigen Umgang mit derThematik sein können. Der methodische Ansatz dieses Sammelbandes ist deskriptiv und folgt imAufbau der Chronologie des Weges, auf dem sich ein junger Mensch von derSchule in die Arbeitswelt bewegt. Diesem Gedanken folgend, wird zunächstdie Problemlage analysiert. Darauf aufbauend werden in Einzelbeiträgen dieStationen von Schule, Berufs- und Hochschulausbildung näher beleuchtet. In ihrem einleitenden Aufsatz nehmen die Herausgeber eine Bestands-aufnahme der Ausbildungssituation in Deutschland vor. Zunächst wird dieaktuelle Situation von Jugendlichen an der Schwelle zu Ausbildung undBeruf mittels empirischer Erhebungen sowie Einschätzungen aus Sicht derWirtschaft skizziert. Im Zentrum des Beitrags steht eine von der Bertels-mann Stiftung in Auftrag gegebene Befragung junger Menschen, die in

9

2005-08-18 15-10-45 --- Projekt: cbp2005deutschTEIL1 / Dokument: FAX ID 01e192366015510|(S. 9- 13) 0-7.einleitung.p - schwarz 92366016222

Einleitung

Von der Schule in die Arbeitswelt

eindrucksvoller Weise deren Erwartungen und Ängste in Bezug auf ihreberufliche Zukunft beleuchtet. Die Ergebnisse geben Aufschluss über die Selbstwahrnehmung der Ju-gendlichen sowie ihre Vorstellungen und Wünsche. Zudem wird sichtbar,welche beruflichen Zukunftsperspektiven die jungen Menschen für sichselbst sehen, welche Grundhaltungen, Sorgen und Hoffnungen sie damitverbinden und von welchen Akteuren sie sich Unterstützung beim Übergangvon der Schule in die Arbeitswelt wünschen. Vor dem Hintergrund dieserGegenüberstellung der Einschätzungen von Wirtschaft und Jugend werdenschließlich Schlussfolgerungen und Handlungsempfehlungen entwickelt. Das Problem der Jugendarbeitslosigkeit greift Hans Dietrich (Institut fürArbeitsmarkt- und Berufsforschung, Nürnberg) in seinem Beitrag auf undstellt es in einen europäischen Kontext. Er untersucht die Maßnahmen, dieeuropaweit jungen Menschen die Integration in den ersten Arbeitsmarkterleichtern sollen. Im Zentrum seiner Analyse steht die Phase des Über-gangs, also die Zeit zwischen Schule und Eintritt in das Erwerbsleben, die fürviele Jugendliche zu einer oft unüberwindbaren Schwelle wird. Wenngleich die europäischen Mitgliedstaaten gerade bei der Ausgestal-tung dieses Übergangs sehr unterschiedliche Strategien verfolgen, haben siemit den »Beschäftigungspolitischen Leitlinien« aus dem Luxemburger Pro-zess gemeinsame Ziele definiert, die zur Grundlage nationaler Aktionsplänewurden. In diesem Rahmen gab es spezifische Maßnahmenangebote, die zueiner verstärkten Institutionalisierung des Übergangs von der Schule in dasErwerbssystem führten. Dietrich unterzieht diese Phase einer differenzierten Analyse und leitetdaraus Übergangsbedingungen ab, die in unterschiedlichem Umfang mitdem Risiko der Arbeitslosigkeit verbunden sind. Mit Blick auf den europä-ischen Kontext weist der Autor darauf hin, dass die Maßnahmen zur Bewäl-tigung der Jugendarbeitslosigkeit national sehr verschieden sind. Noch lässtsich kein klarer Zielkatalog der Staaten, etwa mit Blick auf finanzielle oderpsychosoziale Stabilisierung, ausmachen. Da wesentliche Bereiche des Über-gangs zunehmend stärker durch arbeitsmarktpolitische Maßnahmen erfasstwerden, spricht Dietrich von der wachsenden Ausprägung eines »System ofSchemes«: Ein zunächst zahlenmäßig begrenztes und relativ lose verknüpf-tes Angebot von Unterstützungsmaßnahmen wurde in einzelnen Ländernschrittweise zu einem umfangreichen Ergänzungssystem ausgeweitet. An den Beitrag von Dietrich anknüpfend, wendet sich Margit Stein (Leib-niz-Institut für die Pädagogik der Naturwissenschaften, Kiel) einer der Haupt-ursachen für Jugendarbeitslosigkeit zu: der fehlenden Allgemeinbildung.Nach den Erfahrungen mit den verschiedenen PISA-Studien, die der bisherumfassendste Versuch waren, die Kompetenzen von 15-jährigen Jugendli-chen einem internationalen Vergleich zu unterziehen, wirft die Autorin dieFrage auf, warum es dem deutschen Schulsystem relativ gesehen schlechter 10

2005-08-18 15-10-45 --- Projekt: cbp2005deutschTEIL1 / Dokument: FAX ID 01e192366015510|(S. 9- 13) 0-7.einleitung.p - schwarz 92366016222

Einleitung

1als anderen gelingt, die Schüler mit Kernkompetenzen auszustatten, die füreine erfolgreiche Lebensführung notwendig sind. Im Zentrum der schuli-schen Ausbildung sollte weniger die bloße Wissensvermittlung stehen; viel-mehr sind den jungen Menschen Werkzeuge an die Hand zu geben, die siein die Lage versetzen, die Herausforderungen der sich immer schnellerwandelnden Wissensgesellschaft zu bewältigen. Der Beitrag von Stein gibt einen umfassenden Überblick über den Kom-petenzbegriff im Allgemeinen und die drängende Frage, welche Kompeten-zen ein Mensch besitzen muss, um sich in der heutigen Arbeitswelt behaup-ten zu können, und welche Rolle der Schule zukommt, um die Jugendlichenmit diesen Kompetenzen auszustatten. Das deutsche Schulsystem wird sichkünftig verschiedenen Herausforderungen stellen müssen: Eine zentraleAufgabe wird sein, insbesondere leistungsschwache Schülergruppen stärkerals bislang zu fördern. Eine Heterogenität, wie sie derzeit in Berufsschulklas-sen mit leistungsstarken Schülern von Gymnasien und eher schwächerenSchülern anderer Schultypen besteht, würde den Kompetenzrückstand derLetzteren nur noch verstärken. Es gilt, die Schüler mit fundierter Beratung zubegleiten und systematisch zu fördern. Der Aspekt einer gezielten Berufsorientierung wird von Peter Härtel (Stei-rische Volkswirtschaftliche Gesellschaft, Graz) im europäischen Kontextbeleuchtet, insbesondere mit Blick auf die Anstrengungen der EU. Berufsori-entierung bzw. Berufsberatung sind nach Ansicht Härtels Schlüsselelementeder Strategie des lebenslangen Lernens und müssen im Zentrum der Bil-dungs- und Gesellschaftspolitiken stehen. Dabei stärkt eine gelungene Be-rufsorientierung die Fähigkeit junger Menschen, eigenständige und selbstverantwortete Bildungs- und Berufswege zu beschreiten. Werden dabei ersteinmal Fähigkeiten und Motivationen geweckt, die Jugendlichen in einemsich rasch verändernden Arbeitsumfeld Perspektiven auf persönlichen undberuflichen Erfolg geben, so wird dies auch positive Effekte für die Wirtschaftund Gesellschaft eines Landes haben. Härtel stellt die Worte von Comenius »Alle alles zu lehren und zwar sogründlich wie möglich« zur Diskussion. Alles, was gelehrt wird, sollte jedochBezug zum Leben haben. Dann kann Bildung und Wissen auch für weitereBerufs- und Lebenswege Nutzen stiften. Philipp Gonon (Universität Zürich) schließt in seinem Beitrag an die vonHärtel aufgeworfene Frage nach dem Inhalt von Wissensvermittlung an,indem er die Begriffe Bildung und Ausbildung einer genaueren Analyseunterzieht. Er geht der Frage nach, ob die Aufrechterhaltung einer striktenTrennung noch zeitgemäß ist, und legt Tendenzen dar, die auf eine Entwick-lung hin zu einer gleichen Wertschätzung der Begriffe schließen lassen. Die

1 Aus Gründen der besseren Lesbarkeit verwenden wir bei Berufs- und Funktionsbezeichnungen

in der Regel keine geschlechtergerechte Sprache und verzichten auf die weiblichen Nennungen.

11

2005-08-18 15-10-45 --- Projekt: cbp2005deutschTEIL1 / Dokument: FAX ID 01e192366015510|(S. 9- 13) 0-7.einleitung.p - schwarz 92366016222

Von der Schule in die Arbeitswelt

Reformbedürftigkeit des Berufsbildungssystems resultiert seiner Ansichtnach nicht nur aus einem internationalen, sondern auch aus einem internen,nationalen Druck. Ausbildung darf nicht praxisfern erfolgen. Gonon stellt die Herausforderung dar, mehr junge Leute in das Bildungs-system einzubeziehen. Obwohl Deutschland mit seinem Modell der dualenAusbildung für diese Herausforderung gewappnet ist, gibt es auch hier Re-form- und Modernisierungsbedarf. So gilt es, Industrie und Unternehmennoch stärker in die Ausbildung einzubinden, die Allgemeinbildung zu stär-ken und eine Zusammenarbeit aller gesellschaftlichen Institutionen einzu-fordern. Aus institutioneller Perspektive betrachten Colin McCullough, EleonoraSchmid, Manfred Tessaring und Johan van Rens (European Centre for theDevelopment of Vocational Training, Thessaloniki) die europäischen Strate-gien zur Modernisierung der Berufsbildung. Sie berichten über die unter-schiedlichen Anstrengungen auf europäischer Ebene und über Tendenzenund Entwicklungen im Berufsbildungswesen der einzelnen Mitgliedstaaten.Auch sie fordern Innovationsstrategien vor dem Hintergrund der Herausfor-derungen, denen sich der (Aus-)Bildungssektor zu stellen hat: demographi-scher Wandel, eine hohe Zahl gering Qualifizierter und unterschiedlichleistungsfähige Bildungssysteme. Eine Chance, diesen Herausforderungen zu begegnen, sehen die Autorenin einer engeren europäischen Zusammenarbeit im Bildungsbereich. Bil-dung und Ausbildung sind die Grundlage für ein verstärktes wirtschaftlichesWachstum, für Wettbewerbsfähigkeit und sozialen Zusammenhalt. Um die-se Ziele zu erreichen, ist eine kohärente Vorgehensweise der Mitgliedstaatenin Zusammenarbeit mit allen Akteuren – insbesondere den Sozialpartnern –notwendig. Bereits heute kann auf Erfolge einer solchen Zusammenarbeit verwie-sen werden, wie etwa die Einführung des »Europasses« und des »Europä-ischen Lebenslaufes«. Schließlich wird ein Ausblick auf die Bereiche gege-ben, in denen zukünftig Schwerpunkte in der Zusammenarbeit gesetztwerden müssen. So soll das Hauptaugenmerk auf die Entwicklung eineseuropäischen Qualifikationsrahmens gelegt werden, der die auf nationalerEbene existierenden Qualifikationsrahmen miteinander verknüpfen und dieAbstimmung zwischen Bildungs-, Ausbildungs- und Hochschulbereich för-dern soll. Die engere Zusammenarbeit im Hochschulsektor ist eines der Ziele desBologna-Prozesses. Vor dem Hintergrund europäischer Zielsetzungen unter-ziehen Lars Hüning und Florian Buch (Centrum für Hochschulentwicklung,Gütersloh) die akademische Ausbildung einer differenzierten Analyse. Siezeigen die steigende Bedeutung universitärer Ausbildung im Vergleich zumdualen Bildungsweg auf sowie die Rahmenbedingungen, die zu dieser Ent-wicklung geführt haben. So ist die Bedeutung von Wissenschaftssystemen in 12

2005-08-18 15-10-46 --- Projekt: cbp2005deutschTEIL1 / Dokument: FAX ID 01e192366015510|(S. 9- 13) 0-7.einleitung.p - schwarz 92366016222

Einleitung

der globalen Wissenschaftsgesellschaft für wettbewerbsfähige Volkswirt-schaften wesentlich. Der rasante technologische Fortschritt führt zu einerimmer kürzeren Halbwertszeit von Wissen. Der Bedarf an hoch qualifizier-ten Fachkräften steigt ständig. Diese Entwicklung macht es notwendig, dass Hochschulen neben Wissenauch die Fähigkeit lehren, sich selbst weiterzubilden. Schüler und Studieren-de müssen lernen zu lernen, um den Prozess des lebenslangen Lernenserfolgreich zu bewältigen. Dies gilt umso mehr mit Blick auf die Bevölke-rungsentwicklung. Der demographische Wandel erhöht die Bedeutung eineradäquaten Hochschulausbildung für den zukünftigen Arbeitsmarkt. DieseEntwicklungen machen eine Reform des deutschen Hochschulsystemsunumgänglich. Hüning und Buch diskutieren in ihrem Beitrag verschiedene Strategien,die zu einer Akademisierung der Gesellschaft führen können: Erhöhung desAkademikeranteils, Förderung des Fachkräftezuzugs und eine vermehrteDurchlässigkeit des tertiären Bildungssystems. Mit dem Bologna-Prozessverändern sich Studienstrukturen und Inhalte hin zu einer stärkeren Orien-tierung am Kompetenzerwerb. Die Universitäten müssen diese Entwicklungim Blick behalten und zeitgemäße akademische Bildungskonzepte anwen-den. Wir danken den beteiligten Autorinnen und Autoren für ihr großes Enga-gement und die konstruktive und vertrauensvolle Zusammenarbeit. Unserbesonderer Dank geht darüber hinaus an Barbara Pöggeler, die sich uner-müdlich und erfolgreich der aufwändigen redaktionellen Arbeit für diesenBand gewidmet hat.

Dr. Jens U. PragerClemens Wieland

13

2005-08-18 15-10-46 --- Projekt: cbp2005deutschTEIL1 / Dokument: FAX ID 01e192366015510|(S. 9- 13) 0-7.einleitung.p - schwarz 92366016222

2005-08-18 15-10-46 --- Projekt: cbp2005deutschTEIL1 / Dokument: FAX ID 01e192366015510|(S. 14 ) vakat 014.p - schwarz 92366016302

Zur Lage auf dem Ausbildungsmarkt

Kaum ein Thema treibt Deutschland derzeit mehr um als die kritische Lageauf dem Arbeitsmarkt. Es vergeht kein Monat, in dem nicht die Bekanntgabeder Arbeitslosenzahlen durch die Bundesagentur für Arbeit für neue Schre-ckensmeldungen sorgt. »Sichere Arbeitsplätze« gibt es kaum noch, selbsteine gute Ausbildung scheint heute kein Garant mehr für eine Arbeitsstellezu sein. Mehr und mehr zeichnet sich eine Entwicklung ab, die ein Konflikt-potenzial in sich birgt, das in den nächsten Jahren zu dramatischen Entwick-lungen auf dem Arbeitsmarkt und damit auch – und dort besonders – bei derjungen Generation führen wird. Dies zeigt: Gerade im Übergang zur Wissensgesellschaft des 21. Jahr-hunderts ist die Entwicklung und kontinuierliche Sicherung der Beschäf-tigungsfähigkeit mehr denn je gefordert und setzt nicht nur bei jedem Ein-zelnen ein höheres Maß an Eigeninitiative und Eigenverantwortung in derLebensplanung voraus. Die Grundlagen für die individuelle Beschäftigungs-fähigkeit in der Jugend zu legen und zu fördern wird zu einer der großenHerausforderungen unserer Gesellschaft – insbesondere dort, wo die Heran-führung und Integration junger Menschen in sich verändernde Arbeitsmärk-te bzw. in das Erwerbsleben aus eigenen Anstrengungen nicht gelingen will. Die Integration Jugendlicher in das Erwerbsleben und den Arbeitsmarktsteht ganz oben auf der Agenda fast aller gesellschaftspolitischen Institutio-nen: Europäische Kommission, Bund, Länder, Kommunen, Arbeitsmarkt-und Bildungspolitik, Arbeitgeber und Gewerkschaften, Verbände und Kam-mern – alle versuchen, sich gegenseitig mit umfangreichen Programmen,Initiativen und Fördermaßnahmen zu übertreffen, mit denen Jugendliche andas Erwerbsleben herangeführt und beim Eintritt in den ersten Arbeitsmarktunterstützt werden sollen. Den Diskussionen darüber, mit welchen Maßnahmen, Strategien oder

1 Unter Mitarbeit von Maximilian Freier, Malte Peters und Barbara Pöggeler.

15

2005-08-18 15-10-47 --- Projekt: cbp2005deutschTEIL1 / Dokument: FAX ID 01e192366015510|(S. 15- 29) 1-0.prager.p - schwarz 92366016446

Zwischen Wunsch und Wirklichkeit –Beschäftigungsfähigkeit und beruflicheOrientierung Jugendlicher im Spiegelempirischer Untersuchungen

1Jens U. Prager, Clemens Wieland

BeunruhigendeEntwicklung

Akuter Handlungsbedarf

Sicht der Betroffenen

Beschäftigungsfähigkeit und berufliche Orientierung Jugendlicher

Initiativen hier wirksam Abhilfe geschaffen werden kann, liegen primär zweiBlickwinkel zugrunde: die vehementen Klagen der Wirtschaft über die man-gelnde Ausbildungsfähigkeit junger Menschen sowie die PISA-Ergebnisse,die den Schülern diesen Mangel in Bezug auf ihre formalen Kompetenzenattestieren. Zu wenig beleuchtet erscheint uns in diesem Zusammenhang dieSichtweise der Jugendlichen selbst, die ja für eine differenzierte Einschät-zung der Problemlage und möglicher Lösungsstrategien maßgebliche Bedeu-tung haben sollte. Aus diesem Grund hat die Bertelsmann Stiftung eine repräsentative Um-frage in Auftrag gegeben, die über die Selbstwahrnehmung der Jugendlichensowie ihre Vorstellungen und Wünsche Aufschluss gibt. Dieses Stimmungs-bild zeigt ferner, welche beruflichen Zukunftsperspektiven die jungen Men-schen sehen, welche Grundhaltungen, Sorgen und Hoffnungen sie damitverbinden und von welchen Akteuren sie sich (mehr) Unterstützung imÜbergangsprozess von der Schule in die Arbeitswelt wünschen. Im Folgenden wird zunächst die aktuelle Situation von Jugendlichen ander Schwelle zu Ausbildung und Beruf mittels Zahlen und Fakten sowieEinschätzungen aus Sicht der Wirtschaft skizziert. Dem werden in einemzweiten Schritt die Ergebnisse der von der Bertelsmann Stiftung initiiertenUmfrage gegenübergestellt. Hieraus werden dann Schlussfolgerungen füreine Erfolg versprechende Verbesserung von Strategien zur Integration jun-ger Menschen in die Arbeitswelt abgeleitet.

Heute sind mehr als eine halbe Million junge Menschen unter 25 Jahrenarbeitslos. Beinahe jeder Zweite von ihnen (44,7 Prozent) hat keine abge-schlossene Berufsausbildung (BMWA 2005: 6). Schlimmer noch: Jederzehnte Schüler verlässt die Schule ohne einen Abschluss und damit auchohne Aussicht auf einen Ausbildungsplatz. Die Arbeitsnachfrage gibt eben-falls keinen Anlass zu großer Hoffnung, dass sich die Lage auf dem Ausbil-dungsmarkt kurzfristig verbessern könnte. Vielmehr ziehen sich die Unter-nehmen in Deutschland verstärkt aus der Ausbildung zurück: Allein zwi-schen Oktober 2004 und Mai 2005 verzeichnete die Bundesagentur für Ar-beit einen zehnprozentigen Rückgang bei den gemeldeten Ausbildungs-plätzen (Bundesagentur für Arbeit 2005). Angesichts dieser bedrohlichen Lage ist die Verminderung und Verhinde-rung von Jugendarbeitslosigkeit eine der drängendsten Herausforderungenfür unsere Gesellschaft und wird dies in den kommenden Jahren bleiben:Das Internationale Standort-Ranking der Bertelsmann Stiftung, das diewirtschaftliche Entwicklung der 21 wichtigsten Industrienationen im Hin-blick auf Wachstum und Beschäftigung vergleicht (Bertelsmann Stiftung 16

2005-08-18 15-10-47 --- Projekt: cbp2005deutschTEIL1 / Dokument: FAX ID 01e192366015510|(S. 15- 29) 1-0.prager.p - schwarz 92366016446

Schritte der Untersuchung

Zur Lage auf dem Ausbildungsmarkt

Bedrohliche Lage

Jugendarbeitslosigkeitverfestigt sich